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Qualität
gering
mittel gut Verkaufte
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner
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ℳ ℳ
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Bemerkungen. Die verkaufte Perke.nn auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet
Ein liegender Strich (—) in den
n für Preise hat die Bedeutung,
daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
“ G Deutscher Reichstag.
8 Sitzung vom 10. Mai 1899, 1 Uhr. u Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Entwurfs eines eeeeea 3 Ueber den Anfang der Sitzung wurde am Mittwoch berichtet. Zu § 1 (Versicherungspflicht) liegt ein Antrag der
Abgg. Antrick (Soz.) und Genossen vor,
„die Versicherungspflicht auf die Hausgewerbetreibenden aus⸗ zudehnen und denjenigen Unternehmern, welche Hausgewerbetreibende beschäftigen, die Verpflichtungen aufzuerlegen, welche sonst den Arbeit⸗ gebern obliegen, nämlich die Gehilfen, Gesellen und Lehrlinge der Hausgewerbetreibenden zu versichern.“
Abg. Stadthagen (Soz.) empfiehlt den Antrag, weil ohne Zweifel die Hausgewerbetreibenden ihrer ganzen sozialen Stellung nach als Arbeitnehmer zu betrachten seien. Die Kolonnenführer bei
den Bauarbeitern habe man früher auch als Arbeitgeber angesehen, in der neueren Rechtsprechung sei aber diese Auffassung immer mehr verschwunden. Als Arbeiter müßten auch die in der Hausindustrie beschäftigten Personen betrachtet werden, die darin nicht ihren ganzen Lebensberuf und ihren ganzen Erwerb fänden, so z. B. die Töchter von Beamten, die sich durch Stickereien und ähnliche Arbeiten für Geschäfte ein Taschengeld verdienten, die aber am meisten auf den Lohn drückten. Es müsse endlich Klarheit in dieser Sache ge⸗ schaffen und nicht die Entscheidung dem Bundesrath überlassen werden, diejenigen Arbeiter der Hausindustrie für versicherungspflichtig zu er⸗ klären, die ihm dafür passend erschienen.
Mit 180 gegen 39 Stimmen wird dieser Antrag ab⸗ gelehnt und § 1 unverändert angenommen, ebenso § 2, welcher darüber Vorschriften giebt, welche Personen vom Bundes⸗ rath in die Versicherungspflicht eingeschlossen werden können, und § 3, wonach auch Tantiéèmen und Naturalbezüge als Lohn oder Gehalt gelten, nicht aber die bloße Gewährung freien Unterhalts. b b Nach § 32 der Vorlage sollten Personen, welche nicht mehr als zwölf Wochen im Jahr versicherungspflichtig be⸗ schäftigt werden, von der Versicherungspflicht befreit sein. Diese Vorschrift hat die Kommission gestrichen, dagegen die Bestimmung, daß Ausländer, welche nur vorübergehend im Reiche sich aufhalten, von der Versicherung befreit sein sollen, dahin geändert, daß für diese Arbeiter die Arbeitgeber die Sein der Beiträge an die Versicherungsanstalt zu zahlen
aben.
Abg. Molkenbuhr (Sol.) bemängelt, daß schon bezüglich der Seeleute eine Prämiierung der Beschäftigung ausländischer Arbeiter eingeführt sei. Die Kommission habe zwar den Beschluß gesaßt, daß für die Ausländer die Hälfte der Beiträge gezahlt werden sollte; aber
die ferneren Bestimmungen enthielten keine Vorschrift darüber, wie diese halben Beiträge eingezogen werden sollten. Der Redner be⸗ antragt, den § 3a ganz zu streichen, oder den Arbeitgebern, die Ausländer beschäftigen, den doppelten Beitrag, also sowohl den auf - Arbeitgeber, wie den auf die Arbeiter entfallenden Antheil auf⸗ zulegen.
Abg. von Loebell (d. kons.) bittet, die Anträge abzulehnen. Es sei eine vollständig falsche Auffassung der Verhältnisse, wenn man
so darstelle, als ob die Arbeitgeber auf dem Lande die Annahme ausländischer Arbeiter als eine Annehmlichkeit betrachteten. Sie be⸗ fänden sich in einer wahren Nothlage wegen der großen Landflucht er Arbeiter. Wer das nicht anerkennen wolle, der sei blind gegen die ganzen Verhältnisse. Für die ausländischen Arbeiter würden bis⸗ her Beiträge entrichtet, obwohl die Versicherung niemals hätte in Wirk⸗ samkeit treten können, denn die ausländischen Arbeiter könnten niemals Rentenansprüche erwerben. Wenn die Kommission den Arbeitgebern die Zahlung des auf sie entfallenden Beitragsantheils auferlegt habe, so liege kein Grund mehr iu irgend welchen Klagen über Begünsti⸗ ungen der Agrarier vor. Die Bestimmung gehe schon über
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das Prinzip hinaus; denn es sei eigentlich kein Versicherter, der einen Rentenanspruch erhalte, vorhanden. Wenn dieses Opfer gebracht werde, kein Grund vor, von einer agrarischen Begehrlichkeit zu sprechen.
Abg. Molkenbuhr: Wenn wir die Zahlung der vollen Beiträge verlangen. so liegt das nur im Interesse der in eine Nothlage ge⸗ rathenen Versicherungsanstalt Ostpreußen; in Ostpreußen werden aber vornehmlich ausländische Arbeiter verwendet. (Zuruf rechts: Es sind keine anderen da!) Behandeln Sie die Leute nur so, wie es sich gehört. Des Vergnügens wegen wandern die Leute doch von dort nicht aus.
Abg. von Loebell: Wenn keine anderen Arbeiter da sind, muß man russische Arbeiter nehmen; es wäre eine ungerechte Bestrafung der Arbeitgeber, wenn sie nun die vollen Beiträge bezahlen sollten.
Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) bestreitet, daß die Arbeiter aus ö1. nach dem Westen gingen; sie würden verlockt durch die höheren
ne.
Abg. Stadthagen: Geben Sie doch den Arbeitern höhere Löhne. Bei 50 ₰ Tagelohn können die Leute natürlich nicht be⸗ stehen. Man will ausländische Arbeiter haben, um sich die Armen⸗ last zu ersparen. (Zuruf rechts: Da hört doch alles auf!) Ja, da hört alles auf! Es unterbleibt eben jegliche sozialpolitische Fürsorge für die ausländischen Arbeiter. Und zwar sind es gerade die Großgrund⸗ besitzer, die die ausländischen Arbeiter haben wollen. Ich sebe es nicht ein, wes⸗ balb durch die Gesetzgebung die ausländische Schmutzkonkurrenz be⸗ günstigt werden soll. Es würde eine Phrase sein, wenn Sie unter solchen Umständen von „national“ reden. (Präsident Graf von Ballestrem: Wenn Sie unter „Sie“ Reichstagsmitglieder meinen 2) Nein! Ich hoffe, daß der Reichstag diese Zumuthung ablehnen wird, die in der Kommission in der ersten Lesung abgelehnt worden ist. Man möchte noch mehr Ausländer hereinziehen, um die noch einigermaßen selbständigen ländlichen Arbeiter zu verjagen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Vorredners waren etwas vielseitig, und deshalb wird es mir nicht möglich sein, die weit⸗ gehenden politischen Gesichtspunkte, die er hier geäußert hat, alle zu widerlegen. Ueberraschend ist es mir, daß ein Mitglied der sozial⸗ demokratischen Partei, die auf allen Gebieten internationale Be⸗ siehungen anzuknüpfen sucht (sehr gut! rechts), von der internationalen Brüderschaft aller Arbeiter spricht (sehr richtig! rechts), Arbeiter anderer Länder so behandelt; und vor allen Dingen hat es mich wirklich überrascht, daß der Herr Abgeordnete deutsche, preußische Staatsbürger polnischer Nationalität in eine Reihe stellt mit indischen Kulis. Ich halte diesen Vergleich für recht unglücklich. Es ist mir nicht verständlich, weshalb der Herr Ab⸗ geordnete gegen diesen Paragraphen überhaupt sich ereifert. In Zu⸗ kunft soll nach der Fassung der Kommissionsvorlage der Arbeitgeber, der einen polnischen oder überhaupt ausländischen Arbeiter beschäftigt, seine Beitragshälfte für diesen Arbeiter entrichten. Das stand in der Regierungsvorlage nicht, aber gerade diese Bestimmung ist von agrarischer Seite in die Vorlage hineingebracht worden aus dem Gesichtspunkte, daß man auch nicht den Schein erwecken wollte, als ob die Arbeitgeber dadurch, daß sie fremde, ausländische Ar⸗ beiter beschäftigten, irgendwelche Vortheile in Bezug auf die Arbeiter⸗ Versicherungspflicht genießen wollten und sollten. Daß man aber den ausländischen Arbeiter von der Beitragspflicht freiläßt, scheint mir doch nur gerecht zu sein aus dem einfachen Grunde, weil der Mann nie in der Lage sein wird, eine Rente zu bekommen. Der Arbeitgeber bleibt also, ganz gleichgültig, ob er einen ausländischen Arbeiter annimmt oder einen einheimischen, gegenüber der Ver⸗ sicherungsanstalt belastet, und der Arbeiter wird nicht herangezogen aus dem einfachen Grunde, weil er keine Rente bekommen kann.
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Dann hat der Herr Abgeordnete Vergleiche angestellt über die Löhne im Osten und Westen. Meine Herren, wenn die Arbeiter im Westen besser gelohnt sind, so liegt das doch an wirthschaftlichen Verhältnissen, welche von dem Arbeitgeber vollkommen unabhängig sind. Der Arbeitgeber im Westen kann seine Arbeiter besser lohnen, weil er eine bessere Erwerbsgelegenheit hat, weil er seine Produkte besser verwerthen kann. Im Osten sind die Arbeitslöhne niedriger, weil dort die Erwerbsgelegenheit geringer ist, die Produkte nur niedriger zu verwerthen sind, weil infolge dessen die Reinerträge geringer sind, und das wirkt ganz automatisch auf die Höhe der Löhne zurück.
Im übrigen kann ich nur sagen, ich werde mich sehr freuen, wenn der Herr Abgeordnete und seine Partei dazu die Hand bieten wollen, auch die Verhältnisse der Landwirthschaft im Osten zu verbessern. Ich werde den Herrn Abgeordneten an diese Rede erinnern, und er wird reichlich Gelegenheit haben, mit mir zusammen für die Verbesserung der ländlichen Verhältnisse im Osten seiner Zeit einzutreten. (Beifall rechts.)
Abg. von Staudy (d. kons.): Der Antrag der Sozialdemo⸗ kraten ist unverständlich; er zeigt ein hohes Maß von Uebelwollen gegen die Landwirthe. Nachdem ich Herrn Stadthagen gehört habe, bin ich über den Ursprung solcher Anträge im Klaren. Die Herren kennen die Landestheile im Osten nicht. Von einer Unterdrückung oder Mißhandlung der Arbeiter ist nicht die Rede. Die Arbeiter im Westen stehen sich nicht besser als die im Osten; sie verelenden und verlumpen im Westen. Wohnungen und Naturalien haben die Arbeiter im Osten billiger und besser als im Westen. Ein gewisser Zug nach Freiheit und Ungebundenheit treibt die Arbeiter vom Lande fort; auch gewisse Verlockungen spielen dabei wohl eine Rolle. Für die Armenfrage können die Städte garnicht so viel leisten, wie auf dem platten Lande. Gerade die Invalidenversicherung hat die Landwirthschaft besonders belastet.
Abg. Dr. von Jazdzewski spricht seine Verwunderung darüber aus, daß der Abg. Stadthagen den Arbeitern gegenüber von „Schmutz⸗ konkurrenz“ sprechen könne. Die ausländischen Arbeiter träten nur an die Stelle der weggewanderten deutschen Arbeiter. Auch die Ver⸗ gleichung der ausländischen Arbeiter mit Kulis sei energisch zurück zuweisen.
Abg. Molkenbuhr: Wir vberletzen die Internationalität nicht wenn wir die Zulassung der ausländischen Arbeiter nicht besonders begünstigen. enn die ausländischen Arbeiter mit den deutschen Arbeitern sich koalieren, so werden sie sofort ausgewiesen, weil sie vollständig rechtlos sind.
Abg. Haase (Soz.) behauptet, kein Arbeiter befinde sich in einer so schlechten Lage wie gerade der ostpreußische. Die Sozial⸗ demokraten könnten die Arbeiter nicht unzufrieden machen, wenn diese Unzufriedenheit nicht bei ihnen vorhanden wäre. Redner geht auf die Statistik der Reichstagswahlen ein, die ein Anwachsen der sozial⸗ demokratischen Stimmen zeige, obwohl die Arbeiter auf dem Lande keine politischen Rechte hätten. Der Abg. Graf Klinckowstroem habe ja sogar die Richter veranlassen wollen, gegen die Arbeiter besonders scharf vorzugehen. ☛☚NM
bg. Graf von Klinckowstroem (Lo. kons.): Wenn jemand anders diese Angriffe vorgebracht hätte, so wäre das nicht ver⸗ wunderlich. Aber Herrn — der in Ostpreußen wohnt, bestreite ich, daß er derartige Erfa rungen gemacht hat. Die Leute werden bei uns so gut behandelt, wie überall. Wenn Sie uns auch für kleine Tyrannen halten, so werden Sie uns nicht für so dumm halten, daß wir uns die Arbeiter selbst wegjagen. Die Arbeiter haben freien Arzt und freie Medizin. Wenn die Krankenversicherung eingeführt wird, sollen die Arbeiter neben ihrem Lohne auch noch das Krankengeld bekommen. Oder sollen die Arbeitgeber das Krankengeld bekommen? Dann möchte ich einmal das Geschrei hören. Sollte es Herrn Haase nicht bekannt sein, daß
bei einem soztaldemokratischen Arbeitgeber ein Arbeiter verunglückte, daß der Arbeitgeber sich weigerte, die Fuhre ins Krankenhaus zu stellen,
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daß eine Wittwe sich des Arbeiters endlich erbarmte, und daß trotzdem der Arbeiter infolge der Vernachlässigung starb, daß endlich der sozialdemo⸗ kratische Arbeitgeber zur Zahlung der Kurkosten erst im Zwangsverfahren angehalten werden mußte? Wir nehmen russische Arbeiter aus Noth, nicht um die Lage unserer Arbeiter herunterzudrücken. Die sozialdemokratische Agitation bringt die Leute zur Auswanderung. Als die Agitatoren in großer Anzahl in die einzelnen Kreise kamen, da war ich erstaunt über das geringe Resultat. Wo der Kandidat bekannt war, bekam er keine Stimme; die Zahl der Stimmen mehrte sich mit der Ent⸗ fernung von dem Wohnsitz des Kandidaten.
Abg. Stadthagen weist auf die niedrigen ortsüblichen Tage⸗ löhne und auf die schlechten Wohnungen auf dem platten Lande hin.
Abg. Haase: Graf Klinckowstroem kann den von ihm vor⸗ gebrachten Spezialfall nur als Landrath kennen; er hat selbst den Antrag eingebracht, daß die Beamten bestraft werden sollten, welche Mittheilungen aus amtlichen Akten machen. Wir rügen es auf das schärfste, wenn ein Parteigenosse sich so etwas zu schulden kommen läßt. Sie wissen ja garnicht, wie wir mit dem Herrn Braun ge⸗ sprochen haben. Es handelte sich nicht um einen ständigen Arbeiter des Herrn Braun. Herr Braun stellte sich auf den Standpunkt, den seine früheren agrarischen Freunde in solchen Dingen immer einnahmen. Diese üble agrarische Gewohnheit hätte er ablegen sollen. Jetzt wird das Ergebniß der Wahlen für die Sozialdemokraten als ein jämmerliches angesehen; gleich nach den Wahlen war aber die Trauer bei den Konservativen groß. Wenn die Arbeiter aus Ost⸗ preußen noch weiter auswandern, so wird das lediglich die Schuld der letzten Debatten im Abgeordnetenhause sein.
Um 6 Uhr wird die weitere Berathung bis Freitag 1 Uhr vertagt.
3 Herrenhaus. 10. Sitzung vom 10. Mai 189.
Von den Herren von Rheden und Ober⸗Bürgermeister Struckmann ist eine Interpellation, betreffend die durch die Zunahme der Kali⸗Industrie verursachte Verunreinigung der
asserläufe, eingegangen.
Auf der Tagesordnung stehen Kommissionsberichte über Petitionen.
Ortsvorstand und Gemeindevertretung zu Ranies, Kreis Jerichow I, bitten um Abbilfe der ihrer Gemeinde durch das Pretziener Wehr verursachten Schädigung. 3
Die Agrarkommission beantragt, über die Petition zur Tages⸗ ednung überzugehen und die Regierung aufzufordern:
a. in Erwägung zu ziehen und nöthigenfalls durch erneute Unter⸗ suchungen festzustellen, ob durch das Wehr nicht derartige Verschiebungen herbeigeführt sind, daß dadurch eine Aenderung des Deichkatasters nothwendig geworden ist, und
b. im Falle, daß der Deichverband sodann die als nothwendig erkannte Aenderung des Deichkatasters nicht beschließen sollte, denselben eventuell von Aufsichtswegen dazu zwangsweise anzuhalten.
Die Kommissionsanträge werden ohne Debatte angenommen.
Ueber die Petitionen von mehreren pensionierten Beamten um Erhöhung der Ruhegehälter der vor dem 1. April 1897 in den Pensionsstand übergetretenen Beamten geht das Haus zur Tages⸗ ordnung über, ebenso über die Petition aus Sorenbohm (Kreis Köslin) um auf Staatskosten zu bewirkende Herstellung von Uferschutzbauten für die am Ostseestrande gelegenen Gemeinden Sorenbohm, Bornhagen und Funkenhagen.
ie Petition des landräthlichen Bureaugehilfen Becker in Lüchow um Uebernahme der landräthlichen Privatbureaubeamten in den un⸗ mittelbaren Staatsdienst und um Einführung von Bestimmungen über die Annahme landräthlicher Bureaugehilfen war an die Petitions⸗ kommission zurückverwiesen worden. Die Kommission beantragt wiederum Uebergang zur Tagesordnung. 3 B
Ober⸗Bürgermeister Struckmann⸗Hildesheim ält eine Rege⸗ lung im Sinne der Petition im Staatsinteresse für durchaus nothwendig. Ein Theil dieser Personen, obwohl bei der Ausübung amtlicher Funktionen direkt betheiligt, sei bis jetzt ohne Beamten⸗ qualität; ihre Annahme bvänge lediglich vom Landrath ab, und sie seien nichts als Privatangestellte desselben. Das sei ein sehr un⸗ erwünschter Zustand. Redner beantragt die Ueberweisung des ersten Theils der Petition an die Regierung zur Erwägung.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Brandt ersocht um Ab⸗ lehnung dieses Antrages, da die Regierung für absehbare Zeit nicht in Aussicht stellen könne, daß sie das empfohlene System adoptiere.
Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrage. e
Namens der Kommunalkommission berichtet Herr von Levetzow über die Petition des Magistrats und des Stadtverordneten⸗ Kollegiums zu Kiel um Aufhebung des Gemeindesteuer⸗ Privilegs der unmittelbaren und mittelbaren Staats⸗ beamten. Die Kommission beantragt die Ueberweisung der Petition an die Regierung als Material. 1
Ober⸗Bürgermeister Fuß⸗Kiel weist als Mitunterzeichner der Petition darauf hin, daß nicht bloß etwa das materielle Interesse Kiels hier in Frage komme, sondern daß die alsbaldige Lösung dieser schon lange die Oeffentlichkeit beschäftigenden Frage bereits gesetzlich ver⸗ sprochen sei. Groß seien ja die Schwierigkeiten, die dieser Lösung entgegenstehen, aber der Ausgleich für die nachtheiligen Wirkungen des Privilegs müsse gefunden werden. Die Erwägung, daß die Städte, vor die Alternative gestellt, ob sie das Privileg bestehen lassen oder die Behörden verlieren wollen, sich ohne Zandern für das erstere entscheiden würden, könne für die Staatsverwaltung und für die Gesetzgebung nicht ausschlaggebend sein. Mindestens sollten die betheiligten Ressorts zu Besprechungen über die beste Möglichkeit der Lösung zusammen⸗ treten. Der Grund, daß der Beamte sich sein Domizil nicht wählen könne, sei auch nicht durchschlagend; große Kategorien von Beamten könnten bekanntlich ohne ihre Zustimmung nicht versetzt werden. Andererseits seien gerade die Beamten keineswegs träge darin, ihre besonderen, oft unglaublich wertgehenden Wünsche bezüglich kommunaler Verbesserungen zur Geltung zu bringen. Auch zahlreiche staatliche Beamte selbst wünschten die Beseitigung dieses Privilegs, das in der Bevölkerung theilweise einen Agitationsstoff unliebsamster Art gegen die Beamten überhaupt abgebe. Redner bittet um Annahme des Kommissionsantrages.
Geheimer Regicrungs⸗Rath Dr. Freund: Die Schwierigkeiten, die sich der Erfüllung der im Kommunalabgabengesetz von 1893 gegebenen Zusage entgegenstellen, sind sehr beträchtlich. Fast alle preußischen und Reichsressorts müßten an der Lösung betheiligt werden. Am Ernste der Erwägung fehlt es bei der Regierung nicht; auch dürften kommissarische Besprechungen in der angeregten Richtung in nicht zu langer Zeit in Aussicht genommen werden. Dem Beamten⸗ privileg steht in den Städten doch z. B. auch das Privileg der Haus⸗ besitzer für die 1 der Gemeindevertretung gegenüber; es genügt, darauf hinzudeuten, um die Schwierigkeit der Frage zu 2 Den Beamten fehlt ja auch die passive Wahlfähigkeit in der Kommune.
DOber⸗Bürgermeister Bender⸗Breslau: Letzteres ist kein Privileg ür die Städte. Auch würden zahlreiche Beamte, Geistliche und
ndere gern auf ihr Steuerprivileg verzichten, wenn sie in der Ge⸗ meinde mitrathen dürften. *&
Der Kommissionsantrag wird angenommen.
Die Vorstandsmitglieder des Vereins Berliner Wohnungsmiether, Redakteur Horn und Genossen, und Rechtsanwalt Sucker, Vorsitzender des Liegnitzer Miethervereins, petitionieren um Aufhebung des § 16 der Städteordnung, welcher für die Hälfte der Stadtverordneten die Wahl von Hausbesitzern vorschreibt.
Der Referent der Kommunalkommission, Herr von Breiten⸗ bauch, empfiehlt Uebergang zur Tagesordnung. demgemäß ohne Debate.
Das Haus beschließt
Auch die Petition des Vorstands des Grund⸗ und Hausbesitzer⸗ vereins zu Aachen um Abänderung des Kommunalabgabengesetzes von 1893 zur Vermeidung der steuerlichen Ueberbürdung des Haus⸗ und Grundbesitzes wird nach dem Antrage derselben Kommission durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Schluß 4 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Inter⸗ pellation von Rheden⸗Struckmann; Antrag der Herren von Below, von Levetzow und Graf Pfeil, betreffend Schank⸗ stättenverbot für die Jugend; Petitionen.)
1 us der Abgeordneten. 66. Sitzung vom 10. Mai 1899.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Lehrer an öffentlichen Volksschulen.
u § 14 liegen mehrere Anträge vor. Nach dem Beschlusse zweiter Lesung soll der Staat zu den Bezirks⸗ Wittwen⸗ und ⸗Waisenkassen einen jährlichen Beitrag in Höhe von %¾ der erforderlichen Aufwendungen leisten. Die Abgg. Freiherr von Zeelif und Neukirch (fr. kons.), Hacken⸗ berg (nl.) und Genossen beantragen dafür:
„Das Wittwen⸗ und Waisengeld wird bis zur Höhe von 400 ℳ, das Waisengeld für Halbwaisen bis zur Höhe von 80 ℳ, für Voll⸗ waisen bis zur Höhe von 134 ℳ jährlich aus der Staatskasse ge⸗ zahlt. Diese Vorschrift findet auf die Relikten der Lehrer eines einer Bezirks⸗Wittwen⸗ und⸗Waisenkasse nicht angeschlossenen Schul⸗ verbandes keine Anwendung.“
Die Abgg. Dr. Dittrich (Zentr.) und von Kessel (kons.) beantragen, in dem Antrage von Zedlitz 420 statt
400, 84 statt 80 und 140 statt 134 ℳ zu sagen.
In der Generaldiskussion bemerkt der
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗M. Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich glaube, es wird die Debatte über die Ent⸗ schlüsse des hohen Hauses erleichtern, wenn ich die Stellung der Re⸗ gierung zu den Beschlüssen zweiter Lesung gleich von vornherein in bestimmter Weise erkläre.
Meine Herren, für uns, für die Staatsregierung, ist, wie wir, der Herr Kultus⸗Minister und ich, schon bei der zweiten Lesung ausgeführt haben, der Beschluß des hohen Hauses in Betreff des Quotisierung der Beiträge des Staates unannehmbar. Die Gründe habe ich schon früher entwickelt. Wir sind der Ansicht, daß diese Art der Beitragsnormierung des Staates zu einer unzweifelhaften Ge⸗ meindelast verfassungewidrig ist. Wir sind zweitens der Meinung, daß diese Art der Vertheilung der Last zwischen Staat und Gemeinde den kleinen wenig leistungsfähigen Gemeinden zur Last und den großen Gemeinden zu unberechtigten Vortheilen gereicht. Wir halten es auch nicht für richtig, daß die Lasten des Staates normiert werden durch die Gemeindebeschlüsse in Beziehung auf die Höhe der Lehrer⸗ gehalte. Eine solche Stellung kann der Staat nicht einnehmen.
Das sind, glaube ich, doch sehr gewichtige Gründe, und ich würde hoffen, daß in dieser Beziehung das hohe Haus sich auf den Stand⸗ punkt der Staatsregierung stellt.
Ebenso unannehmbar und im Ganzen aus denselben grundsätz⸗ lichen Bedenken ist die Hineinbeziehung der kreisfreien Städte in die Subvention der Relikten durch den Staat. Meine Herren, bei der Lehrerbesoldungsfrage sind wir doch wieder dahin zurückgekommen, uns der Verfassung und deren Grundsätzen wieder mehr zu nähern (Heiter⸗ keit), von der, wie ich zugebe, im Jahre 1888 einigermaßen zweifelhafterweise abgewichen ist. Wir haben da die Leistungen des Staats für die Besoldungen der Lehrer auf eine bestimmte Zahl von Lehrerstellen beschränkt. Hier soll nun nach den Anträgen dieser gewonnene Stand⸗ punkt wieder verlassen werden und eine doch verhältnißmäßig für die großen kreisfreien Städte unbedeutende Last ohne Rücksicht auf deren Leistungsfähigkeit wieder dem Staate zugeschoben werden. Hier walten also im wesentlichen dieselben Bedenken ob. Wir können nicht die Leistungsfähigkeit oder das Bedürfniß für jede einzelne Ge⸗ meinde ermitteln, wie das streng genommen nach der Verfassung geschehen müßte; aber wir können soviel thun, daß wir zweifellos leistungsfähigen Gemeinden nicht entgegen den Grundsätzen der Ver⸗ fassung aus Staatsmitteln gewissermaßen Schenkungen machen. Es handelt sich hier doch auch um ganz erhebliche finanzielle Dis⸗ positionen; denn es handelt sich hier schließlich um eine Summe von jährlich zwei bis drei Millionen. Wir können keine genügenden Gründe finden, in dieser Beziehung offenbar leistungsfähigen Ge⸗ meinden Zuwendungen aus Staatsmitteln zu machen.
Meine Herren, es bleibt wesentlich die Frage der Höhe des Zu⸗ schusses aus Staatsmitteln zu den Wittwen⸗ und Relikten⸗ geldern der übrigen Gemeinden übrig. In dieser Beziehung bleiben wir auf dem Standpunkt stehen, daß das, was der Staat offeriert hatte, mehr ist als diejenige Betheiligung des Staates, die er von den Schullasten auch nach den neueren Ge⸗ setzen trägt. Also der Staat war hier schon recht weit gegangen. Aber da wir ja den Grundsatz haben, daß hier der Staat noch einigermaßen mitwirken muß, um einer Reihe zweifellos bedürftiger Gemeinden in dieser Beziehung zu helfen, so würde der Herr Kultus⸗Minister und ich im Staats⸗ Ministerium die Annahme des Antrags Ehlers vertreten. (Aha!) Weiter kann ich aber nicht gehen, denn ich bin dazu nicht ermächtigt, in einem so wichtigen Punkt eine Vorlage der Staatsregierung hier meinerseits zu modifizieren. Meine Herren, der Antrag Ehlers würde schließlich doch schon zu Lasten des Staats auf 2 360 000 ℳ rund gerechnet werden können — man kann das nicht ganz auf Heller und Pfennig berechnen —, während der Antrag Zedlitz unter A eine Mehrausgabe für den Staat im Normalzustand von 3 140 000 ℳ beträgt und der Antrag Dittrich von 3 500 000 ℳ Dazu würden in allen Fällen, wenn das hohe Haus — was ich aber mit dem Scheitern des Gesetzes für gleich⸗ bedeutend erachte — die kreisfreien Städte auch noch hineinzöge, etwa 2 bis 3 Millionen hinzukommen.
Meine Herren, ich glaube, Sie wenden die Stellung der Staats⸗ regierung doch billigen und objektiv würdigen müssen. Wir sind schon bei der Vorlage recht weit gegangen. Jetzt übernehmen wir noch eine erheblich weitere Leistung, wenigstens soweit wir hier uns erklären können, und ich hoffe, daß das Staats⸗Ministerium sich dazu anschließen wird; — bestimmt kann ich das natürlich auch nicht erklären; denn es liegt kein Beschluß des Staats⸗Ministeriums vor. “
Nun, meine Herren, die Staatsregierung würde es aufs tiefste bedauern, wenn dieses allseitig als nothwendig erkannte Gesetz an der noch bestehenden Differenz scheitern würde. Insofern können die Lehrer im Lande sich jedoch beruhigen, als mit einem etwaigen Scheitern in dieser Session die Staatsregierung die Frage nicht als ab⸗ gethan erachten, sondern sich entschließen würde, in der nächsten Session dieses Gesetz wieder vorzulegen. Aber, meine Herren, es wäre doch höchst bedauerlich, wenn um einen Finanzstreit nicht zu großer Bedeutung (Na also! links), der aber in gewisser Beziehung eine prinzipielle Bedeutung hat, die Wittwen und Relikten der Lehrer noch ein Jahr vergeblich warten müßten. Ich kann Ihnen nur dringend rathen: die Staatsregierung hat jetzt im letzten Augenblick noch ein erhebliches Entgegenkommen bewiesen; thun Sie nun auch das Ihrige!
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Unser Wunsch, die Vorlage zu stande zu bringen, ist ebenso lebhaft wie der der Staatsregierung. Es herrscht, glaube ich, jetzt Ueberein⸗ stimmung im Hause, die Qyuotisierung fallen zu lassen. Es kann zweifelhaft sein, ob die estimmung der Ver⸗ fassung auf die Pensionen und Reliktenbezüge Anwendung findet. Ich kann aber dem Gedankengange des Ministers so weit folgen, daß ich die großen, leistungsfähigen Städte nicht ohne Gegenleistung subventionieren möchte. Subvention soll ihnen nur gewährt werden, wenn sie an die Bezirks⸗Wittwen⸗ und⸗Waisenkassen angeschlossen 8 Die großen Städte erhalten also kein Benefizium, sondern sie
aben unter Umständen recht beträchtliche Lasten zu tragen. Ich empfehle Ihnen unseren Antrag.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Ich wollte nur ein Versprechen berichtigen. Ich habe vorhin von dem Antrag Zedlitz B gesprochen. Das war ein Irrthum, ich wollte den Antrag Dr. Dittrich bezeichnen.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Das Gesetz würde für uns unannehmbar sein, wenn die Gemeinde be⸗ trächtlich überlastet würde. Von diesem Standpunkt aus haben wir das Quotensystem befürwortet. Der Schutz der Gemeinde kann aber auch auf anderem Wege gefunden werden, und einen solchen Ausweg bietet der Antrag des Zentrums, der eine nennenswerthe Belastung der Gemeinden ausschließt. Deshalb werden wir für diesen Antrag stimmen und hoffen, daß die Regierung sich ihm anschließen wird. Ich halte es für bedenklich, die kreisfreien Städte auszunehmen und hier rein schematisch vorzugehen. Ich kann in dieser Beziehung nur von Zedlitz Recht geben. Anders liegt es bei Berlin. iese Stadt ist in der That leistungsfähig und verdient eine andere Behandlung. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß der Finanz⸗Minister uns wird. und darum bitte ich das Haus, sich durch seine Erklärung nicht in Schrecken jagen zu lassen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich möchte einige Worte auf diese Ausführungen erwidern. Die Herren wollen die Gemeinden nicht unzufrieden machen. Am zufriedensten werden die Gemeinden ja sein, wenn der Staat die ganze Schullast übernimmt! (Heiterkeit.) Diese Last kann die Gemeinden nicht besonders unzufrieden machen. Es handelt sich hier im ganzen Staat in Betreff der Leistungen der Gemeinden um 4 700 000 ℳ nach 50 Jahren. Da ist doch die Frage wohl sehr stark übertrieben, wenn man hier bei diesem Gesetz von einer gewaltigen Ueberlastung der Gemeinden spricht.
Meine Herren! Man muß dabei auch bedenken, daß unter diesen Gemeinden, die verhältnißmäßig gering belastet werden, doch eine große Anzahl ist, die vollkommen leistungsfähig ist, und für diejenigen, die in Betreff ihrer Schulunterhaltung in allen Formen nicht leistungsfähig sind, haben wir ja ganz bedeutende Unterstützungsfonds. Der Herr Vor⸗ redner spricht von „Handeln“. Vollkommen richtig, meine Herren! Aber von beiden Seiten wird gehandelt: von seiten derjenigen, die die Gemeinden vertreten, und von demjenigen, der nach seiner ganzer Stellung verpflichtet ist, die Staatsinteressen zu hüten. Ich habe schon hervorgehoben: das ist keine bloß finanzielle Frage. Jd könnte mich ja damit trösten, wenn ich sage: ja, wenn erst nach 50 Jahren der Staat 11 oder 12 Millionen mehr be⸗ zahlen muß, das ist am Ende nicht so gefährlich. Aber glauben Sie nicht, daß das bloß meine Ansicht ist. Das ganze Staats- Ministerium erblickt in dem steigenden Andrängen zur Ueberwälzung von Lasten von Verbänden, die sie gesetzlich oder herkömmlich tragen, auf die Staatskasse geradezu eine Gefahr für unsere politische Ent⸗ wickelung.
Nun hat der Herr Vorredner aber doch schließlich nach diesen Aeußerungen der Unzufriedenheit anerkannt, daß es doch wohl rath⸗ sam sei, die Quotisierung fallen zu lassen. Ich möchte dabei doch bemerken, daß die unterschiedliche Behandlung der großen, zweifellos leistungsfähigen Verbände von den Herren von der konservativen Partei bei der Normierung der Lehrerbesoldung auf das entschiedenste ver⸗ treten ist und der Verfassung entspricht. Ich kann also nicht einsehen, wie bei einer viel geringeren Last nun plötzlich eine andere Stellung eingenommen wird. Ich will weiter auf die Diskussion nicht ein gehen; denn wenn man über das Ende einverstanden ist, so braucht man sich nicht über die verschiedenartigen Motive zu streiten.
Nun sagt der Herr Abg. von Zedlitz: Die großen Städte werden garnicht in die Verbände eintreten, aber davon macht er ihre Frei⸗ lassung abhängig. Wenn das wahr wäre, brauchte er keinen Antrag zu stellen, dann hat ein solcher überhaupt keinen Werth. Aber die Sache liegt nicht so. Die großen Verbände werden eintreten, weil es sich hier nicht um eine Verminderung ihrer Ver⸗ waltungsbefugnisse in der Schule handelt, sondern einfach um ein Rechenexempel. Dabei verlieren sie in ihrer Selbst⸗ verwaltung nichts; aber sie gewinnen einen sehr erheblichen finanziellen Vortheil. Ich glaube so nicht, daß die großen Städte sich sträuben werden, in diese neuen Bezirksverbände einzutreten. Ich bleibe bei der Auffassung des Staats⸗Ministeriums stehen: wir würden uns hier wieder weiter entfernen ohne irgend einen dringenden Grund, ohne irgend befürchten zu müssen, daß wir den großen Gemeinden unrecht thun oder ihnen einen übermäßigen Druck auflegen.
Nun sagt Herr von Heydebrand: „und wie ich schon anerkannt habe bei der zweiten Lesung, mit Recht, daß doch unter den kreisfreien Städten solche sind, die allerdings eine neue, von ihnen garnicht oder sehr schwer zu erbringende Last auferlegt bekämen.“ Das habe ich schon früher anerkannt und ich habe gesagt: in solchen Fällen kann man entweder direkt oder indirekt helfen. Eine solche Stadt ist vorhanden, die schon jetzt bedeutende Sub⸗ ventionen für ihr ganzes Schulwesen aus Staatsmitteln bezieht. Sieht man, daß sie die neue unbedeutende Last vorläufig nicht tragen
kann, so müßte sie in dieser Beziehung Subvention erhalten. Ich