—.— —
—E
8 nn⸗ 11u —
Westermann einen Zusatz beantragt, wonach dieses Ge die Provinz Westfalen keine Anwendung finden soll.
auszulegenden Rentengüter. Daraus folgt doch von selbst, daß man derjenigen Behörde, welche Partei ist, nicht auch die Entscheidung über die hier in Betracht kommenden Fragen übertragen kann.
Meine Herren, dann hat Graf Kanitz daraus, daß der Unter⸗ Staatssekretär im Justiz⸗Ministerium den authentischen Erlaß von 1892 unterzeichnet hat, und nicht der Justiz⸗Minister selbst, Folgerungen gezogen, die nach meiner Meinung unbegründet sind. Die volle Verantwortung für jeden Erlaß — mag darunter der Justiz⸗ Minister selbst oder sein Vertreter stehen — trägt der Justiz⸗Minister selbst, und die Annahme, daß der Justiz⸗Minister sich um die Sache nicht bekümmert hätte, wo es sich um die Auslegung einer schwierigen Frage handelte, halte ich nicht für berechtigt.
Sodann hat Herr Graf Kanitz darauf hingewiesen, eine Ent⸗ scheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, aus der man habe folgern können, daß die Auslegung des § 12 des Gesetzes von 1891 zu Zweifeln Anlaß biete, liege nicht vor.
Meine Herren, die Staatsregierung ist verpflichtet und berufen, die Gesetze auszuführen und zu prüfen, ob die Bestimmungen des Gesetzes so klar sind, daß sie zu Zweifeln keinen Anlaß geben können. Wenn die Staatsregierung zu der Ansicht kommt, daß die Bestim⸗ mungen des Gesetzes zu Zweifeln Anlaß geben, so ist sie verpflichtet, auf zulässigem Wege die Zweifel zu heben, um das Gesetz aus⸗ führbar zu machen. Wenn ich wiederholt den Ausdruck „authentische Interpretation“ gebraucht habe, so muß ich anerkennen, daß eine solche, streng genommen, nur im Wege der Gesetzgebung möglich ist. Ich habe aber mit dem Ausdruck authentische Interpretation — sachlich dasjenige bezeichnen wollen, was sonst unter dem Ausdruck „Auslegung der Gesetze“ verstanden wird.
Schließlich bedauere ich, daß Herr Graf Kanitz einen außer⸗ gewöhnlich scharfen Angriff gegen die General⸗Kommission in Königs⸗ berg in einem speziellen Falle erhoben hat. Ich bin deshalb zu meinem Bedauern genöthigt, um den Vorwurf gegen die General⸗ Kommission zu entkräften, diesen Fall, um den es sich hier handelt, in extenso vortragen zu lassen. Mir thut das leid, denn ich fürchte, daß an diese Mittheilung sich allerlei Ver⸗ handlungen im Hause und in der Presse knüpfen können, die mir wenigstens im hohen Grade unerwünscht sind. Nachdem ein so scharfer Angriff gegen die General⸗Kommission erfolgt ist, muß ich dem Hause selbst Gelegenheit geben, zu entscheiden, ob dieser Angriff sachlich berechtigt gewesen ist. Das bin ich der Stellung der mir nachstehenden Behörde schuldig. Ich werde also den Herrn Regierungskommissar beauftragen, die Sachlage hier mitzutheilen.
Abg. Graf von Kanitz (kons.) beschwert sich darüber, daß er und andere Nachbarn in einem Fall, der sich in Ostpreußen abgespielt habe, gar nicht in die Lage gesetzt worden seien, von ihrem Einspruchs⸗ recht Gebrauch zu mwachen. Das Verfahren der General⸗Kommission sei weder mit dem Gesetze, noch mit dem Ministerialreskript in Ein⸗ klang zu bringen. Er frage, ob es zulässig sei, öffentlich zur Renten⸗ gutsbildung und erst hinterher, als es zu spät gewesen sei, die Ein⸗ spruchsberechtigten zum Einspruch aufzufordern. Das Staats⸗ Ministerium solle den Ministerialerlaß außer Kraft setzen; dann würden die Ungerechtigkeiten aufhören.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Sachs weist darauf hin, daß die Ansiedelungsgenehmigung erst ertheilt werden konnte, nachdem auch gegen die Käufer kein Einspruch erhoben war. Der Kommissar hätte vielleicht für die Einladung die richtigere Fefmn wählen können. Die Grundstücksauftheilung der Rentengüter sei eingeleitet.
Artikel I wird angenommen.
Zum Artikel II haben die Abgg. Schmieding und
ses auf
Abg. Westermann (nl.) führt aus, daß für diese Gesetzes⸗
novelle zwar in Schlesien, aber nicht in Westfalen ein Bedürfniß orliege und auch nicht hervortreten werde. Das bestehende Berggesetz eiche vollständig aus. Würde die Vorlage Gesetz, so würden die Grundbesitzer dadurch geschädigt werden, daß Ansiedelungen erschwert und der Grund und Boden entwerthet werde.
dinister für Handel und Gewerbe Brefeld: Meine Herren! Bei der Einbringung dieser Vorlage haben wir uns selbstverständlich auch die Frage vorgelegt, ob es nicht angängig
wäre, die Bestimmungen dieses Gesetzes in ihrer Geltung auf den
oberschlesischen Bergbau zu beschränken. Wir sind aber zu der Er⸗ eenntniß gekommen, daß es sich doch empfehlen möchte, dem Gesetz ine allgemeine Fassung zu geben. Es empfiehlt sich das schon aus
demm formalen Grunde, weil wir ja diese Bestimmungen, da sie eine Be⸗
schränkung der Ansiedelungsbefugniß enthält, in die Form einer Novelle zum Ansiedelungsgesetz bringen mußten und es doch wunderbar aus⸗ gesehen hätte, wenn diese Novelle nur für eine Provinz, das ganze Gesetz dagegen für die übrigen Provinzen gegolten hätte. Wir sind aber auch der Meinung gewesen, daß, wenn auch das Bedürfniß solcher Bestimmungen vorzugsweise und in erster Linie für den oberschlesischen Bergbau hervorgetreten sei, es doch keineswegs aus⸗ geschlossen wäre, daß diese Bestimmung in der Folge auch für die übrigen Provinzen anwendbar werden würde, und daß, wo gleiche Voraussetzungen bestehen, auch die gleichen Bestimmungen zur Anwendung kommen müssen. Die Sache liegt ja doch so, daß in Oberschlesien thatsächlich gegenwärtig zum Schutz gegen Tagebrüche die Sicherheitspfeiler noth⸗ wendig sind; es ist das System der Sicherheitspfeiler ganz allgemein; die Gefahr der Tagebrüche ist aber, je mehr man in dem Bergbau nach Westen hin kommt, viel geringer, sie ist in Sachsen viel geringer, noch geringer in Westfalen, sie ist am geringsten im äußersten Westen. Das liegt in den Lagerungsverhältnissen des Minerals in den verschiedenen Provinzen. Gleichwohl ist niemand zu überfehen im stande, ob nicht die Gefahr der Tagebrüche auch in den übrigen Provinzen in einem solchen Maße hervortreten könne, daß es nöthig würde, von dem Bergversatz, den man jetzt anwendet, zu den Sicherheitspfeilern überzugehen. Tritt dieser Fall ein, dann müssen diese Bestimmungen zur Geltung kommen.
Nun, meine ich, würde man das hohe Haus doch in eine schwierige Lage setzen, wenn es hier unterscheiden soll: die Gefahr ist so groß in Oberschlesien, daß dort die Bestimmungen zur Anwendung kommen müssen; sie ist minder groß in Sachsen, noch weniger groß in West⸗ falen. Sollen nun diese Bestimmungen nur gelten in Oberschlesien, oder sollen sie auch gelten in Sachsen, oder endlich sollen sie auch gelten in Westfalen? Daß wir aber, wenn wir hier Ausnahmen für Westfalen machen wollten, demnächst vor der Frage stehen würden, auch eine Ausnahme zu Gunsten von Sachsen zu machen, das halte ich für höchst wahrscheinlich. (Sehr wahr! linke.) Gerade deshalb habe ich die Befürchtung, daß diese Vorlage, auf die wir so großes Gewicht legen, die für die Erhaltung des ungeheuren Nationalreichthums, der in unseren Kohlenwerken liegt, von so großer Bedeutung ist, gefährdet wird in den weiteren
Stadien der Berathung durch den Antrag, der hier gestellt ist. Das ist der Hauptgrund, warum ich bitten möchte, den Antrag nicht an⸗
zunehmen.
Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, daß die Befürch⸗ fungen, die der Herr Vorredner hier vorgetragen hat und die ja gerade zum Schutz und im Interesse der westfälischen Landwirthschaft vorgetragen sind, thatsächlich doch übertriebene sind. Denn darüber hat ja auch die Vorlage selbst Zweifel nicht gelassen, daß die Gefahr von Tagebrüchen in Westfalen eine sehr viel geringere ist, wie der Herr Vorredner selbst angenoͤmmen hat. Es ist sogar garnicht unwahrscheinlich, daß mit der Erstreckung des Berg⸗ baues nach Norden die Gefahr noch weiter abnimmt. Die Möglichkeit also, daß künftig einmal ein Bergwerksbesitzer sagt: ich halte es doch für richtig, hier Sicherheitspfeiler stehen zu lassen, und bitte deshalb, die auf der Oberfläche geplanten Anstedelungen nicht zuzulassen, — diese Gefahr ist, glaube ich, sehr gering. Sie können sich wohl vor⸗ stellen, daß kein Bergwerksbesitzer aus reiner Luxuria einen derartigen Antrag stellen wird, daß er ihn vielmehr nur stellen wird, wenn er sich sagt: die Gefahr, die ich leide, ist so groß, daß ich auch die Kosten dafür zahlen will; denn die Kosten sind gerade in diesem Bezirk sehr belangreich, und ich glaube, kein Bergwerksbesitzer wird verständigerweise ohne zwingenden, dringenden Grund sich bereit finden, Einspruch gegen solche Ansiede⸗ lungen zu erheben, die ihn in solche erhebliche Kosten verwickeln. Ich glaube deshalb die Gefahr, die der Herr Vorredner befürchtet, ist tbatsächlich sehr gering. Die Gefahr, die ich aber befürchte, daß es nicht bloß, wenn wir hier Westfalen ausnehmen, dabei bewendet, sondern daß wir es auch mit Sachsen zu thun haben werden, und daß wir diese ganze Vorlage, die so hochwichtig ist, gefährden, ist eine sehr große. Deshalb bitte ich Sie, den Antrag des Herrn Westermann bei aller wohlwollenden Berücksichtigung der Interessen, die er vertritt, abzulehnen.
Abg. Freiherr von Plettenberg (kons.) beantragt, die Vor⸗ lage an die Kommission zu dem Zwecke zurückzuverweisen, eine Lücke in dem Gesetze nach der Richtung auszufüllen, daß die westfälischen Grundbesitzer auch für den entgangenen Verkaufswerth im Falle eines Einspruchs entschädigt werden. Sollte dies nicht geschehen, so werde er für den Antrag Westermann stimmen.
Abg. Dr. Ostrop (Zentr.) erklärt sich für den Antrag Westermann.
Geheimer Ober⸗Bergrath Dr. Fürst weist darauf hin, daß der Bergwerksbesitzer schon heute verpflichtet sei, für alle durch sein Berg⸗ werk entstebenden Schäden aufzukommen.
Abg. Freiherr von Buddenbrock (konf.) wendet sich gegen den Antrag. Die Vorlage verfolge mit Recht den Zweck, das in den Bergwerken enthaltene Nationalvermögen zu erhalten und der Grund⸗ stückspekulation die Spitze abzubrechen.
Abg. Gothein (fr. Vgg.): Der Bergwerksbesitzer muß bei seinem Einspruch doch beweisen, daß durch sein Werk die Niederlassung ge⸗ fährdet ist. Wenn in Westfalen solche Gefahren nicht vorliegen, so wird das Gesetz dort auch keine Anwendung sinden. “
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld: S
Meine Herren! Nur eine kurze Bemerkung, um die Befürchtung des Herrn Vorredners zu zerstreuen. Der Herr Vorredner ist der Meinung, daß die Entschädigung, die nach diesem Gesetzentwurf event. demjenigen gewährt werden soll, der verhindert ist, auf seinem Grundstück die in Aussicht genommene Ansiedelung zu errichten, nur beurtheilt werden sollte nach dem reduzierten Nutzungswerth. Das ist nicht richtig. Es steht garnichts entgegen, auch die Minderung des Kaufwerths zu berücksichtigen, sofern nur zuverlässige Anhaltspunkte vorgebracht werden können, aus welchen man Schlüsse auf eine solche Minderung ziehen kann. Thatsächlich wird der Kaufwerth der Grund⸗ stücke dadurch in einer bestimmten Weise heruntergedrückt, daß die An⸗ siedelung nicht stattfinden kann.
In der Kommission werden wir keine andere Form finden; wir brauchen sie auch nicht zu finden; denn thatsächlich ist die Möglichkeit der Würdigung einer Reduktion des Kaufwerthes bei Festsetzung der Entschädigung in vollem Maße gegeben.
Ich möchte glauben, daß diese meine Erklärung dem Herrn Vor⸗ redner genügen wird, um ihm über dieses besondere Bedenken hinweg⸗ zuhelfen, welches er ausgesprochen hat.
Abg. Westermann ziebt seinen Antrag in der Voraussetzung zurück, daß die Vorlage an die Kommission zurückverwiesen wird.
Der Rest der Vorlage wird, dem Antrage von Pletten⸗ berg gemäß, an die Kommission zurückverwiesen.
Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Anstellung und Versorgung der Kom⸗ munalbeamten. .
Abg. Hausmann (nl.): Die Berathung dieses Gesetzes wird uns außerordentlich erleichtert durch die sorgfältigen Arbeiten des Herrenhauses. In Bezug auf die Pensionsverhältnisse der Kommunal⸗ beamten enthält die Vorlage sehr erhebliche Verbesserungen gegenüber dem bestehendeg Zustande. Ganz ohne Einmischung in die kommunale Selbstverwaltung wird die Sache allerdings nicht gemacht werden. Ich habe aber das Vertrauen, daß die Auf⸗ sichtsbehörden von den ihnen zustehenden Befugnissen uur in den dringendsten Fällen Gebrauch machen werden, und daß der Minister die Behörden mit einer entsprechenden Anweisung versehen wird. Es ist ein Fortschritt, daß über die Anstellung in Zukunft eine Ur⸗ kunde ausgefertigt wird, die als formeller Akt zu gelten hat. Was als Nebenamt zu betrachten ist, wird in der Kommission noch näher zu definieren sein. Wünschenswerth wäre es, daß die Kommunal⸗ beamten sich von dem Zeitpunkte ihres Amtsantritts an bis zu dem Zeitpunkt, wo sie pensioniert werden, gegen Unfall und Invalidität versichern müssen. Im großen Ganzen stimme ich dem Gesetze zu, in der Hoffnung, daß die Kommunen und kommunalen Verbände sich den ihnen gestellten Aufgaben unterziehen und daß auch die Beamten damit zufrieden sein werden.
Abg. Schaube (fr. kons): Ich freue mich, daß der Vorredner, obgleich er sich gegen die Vorlage hat einschreiben lassen, sich so warm derselben angenommen hat. Wir sind damit einverstanden, daß auch die auf Kündigung angestellten Kommunalbeamten berücksichtigt werden sollen. Die Beamten wünschen eine Sicherung gegen ungerechtfertigte Künrigungen. Eine solche mag oft vorkommen, und es wäre angemessen, ienen eine gewisse moralische Sicherheit zu geben. Daß ihnen ein Grundgebalt mit Dienstaltersstufen garantiert wird, ver⸗ langen die kommunalen Beamten nicht. Eine Kommissionsberathung wird sich nicht vermeicen lassen, scon um zu erfahren, in welcher Richtung sich die Ausführungsbestimmungen in bewegen haben. Ich beantrage die Verweisung an eine besondere Kommission von 21 Mit⸗
liedern.
w Abg. Wintermever (fr. Volkep): Auch wir können uns mit dem Gesetz im großen Ganzen einverstanden erklären. Wir freuen uns insbesondere darüber, daß die Pensionierung und Relikienversor⸗ ung auch für die auf Kündigung angestellten Beamten hier vorge⸗ sörseben wird. Andererseits müssen wir uns klar machen, daß hier eine Beschränkung der Selbstverwaltung in Aussicht genommen ist. Die größeren Gemeinden und Städte haben bereits alles gethan, was hier in der Vorlage verlangt wird. Darum müssen wir uns bemühen, zu weit gehende Bestimmungen über den Einfluß der höheren Be⸗
hörden in Bezug auf die Besoldung zu verbessern. Zuzugeben 88
ist, daß das Herrenhaus in dieser Beziehung schon manches verbessert hat. Es wird Aufgabe der Kommission sein, diese Sachen eingehend zu prüfen. Ich wünsche nicht, daß der Schutz der Selbstverwaltung ausschließlich den Ausführungsbestimmungen des Ministers überlassen wird. Es freut mich, daß es dem Ortsstatut überlassen ist, zu be⸗ stimmen, welche Beamten lebenslänglich und welche auf Kündigung angestellt sind. Hierdurch wird eine Reihe von Mißständen, die durch ein Reichsgerichts⸗ Erkenntniß herbeigeführt worden sind, aus der Welt geschafft. Daß die Betriebsbeamten von der lebenslänglichen Anstellung ausgeschlossen sind, ist. durchaus richtig. In dieser Beziehung muß überhaupt den Städten ein größeres Maß von Freiheit gelassen werden. Diese Betriebsbeamten können überall bei svaten und Aktiengesellschaften lohnende Be⸗ schäftigung finden. n der Kommission werden wir beantragen, daß die Kündigung der Beamten nur erfolgen kann mit Genehmiaung der Gemeindevertrelung, nicht bloß des Magistrats. Das Herrenhaus hat die Pensionsverhältnisse der Bürgermeister anders geregelt als die Vorlage. Dam lag kein Bedürfniß vor. Für Landgemeinden halten wir es ebenfalls für nothwendig, daß die Beamten lebenslänglich an⸗ gestellt und pensisniert werden können. Zu diesem Zwecke sollten Bezirkskassen errichtet werden. Was in E ist, wird auch in den anderen Tbeilen des Landes möglich sein.
Abg. Klausener (Zentr.): Der Gesetzentwurf bleibt doch noch hinter den Wünschen der kommunalen Beamten zurück, namentlich hinter dem Wunsch, daß den Bürgermeistern ein Mindestgehalt von 2400 ℳ garantiert werde. 3 1
Abg. Hackenberg (nl.) begrüßt es mit Freuden, daß ein Theil der gefetzlichen Vorschriften auch auf die Gemeinde⸗Forstbeamten aus⸗ gedehnt werden soll, und empfiehlt besonders die weitergehenden Wünsche der rheinisch⸗westfälischen Forstbeamten. Was für den Staatswald gelte, gelte auch für den Gemeindewald: er werde ge⸗ sichert durch einen treuen, zuverlässigen Beamtenstand, und die Ge⸗ meinde⸗Forstbeamten müßten den Staatsförstern gleichgestellt werden.
Abg. Schilling (kons.) spricht sich für Einsetzung einer Kom⸗ mission von 14 Mitgliedern aus. Die Vorlage sei in der Fassung des Herrenhauses durchaus annehmbar, wenn sie auch im einzelnen noch verbesserungsfähig sei. Alle Wünsche der Kommunalbeamten, fährt der Redner dann fort, können freilich nicht berück⸗ sichtigt werden. Bei der außerordentlichen Verschiedenheit der Kommunen und kommunalen Verbände wird überhaupt eine allgemeine Regelung der Kommunal⸗ Beamtenverhältnisse nicht möglich sein. Den Einfluß der Aufsichtsbehörden auf die Besoldungs⸗ verhältnisse möchten wir nicht beschränken. Der Werth des Entwurfs liegt in erster Linie darin, daß im § ·1 die Frage entschieden ist, wer als Kommunalbeamter zu betrachten ist. Vielleicht hätte man sagen können, welche Personen die Gemeinden anzustellen verpflichtet sind, statt dies ins Belieben der kommunalen Verbände zu stellen. Der Minister hat in dieser Beziebung in der Herrenhauskommission Aus⸗ führungsbestimmungen in Aussicht gestellt. Das Gesetz ist aufgebaut auf den Verhältnissen von Hessen⸗Nassau, ein Beweis dafür, wie gut sich das Gesetz für Hessen⸗Nafsau bewährt hat. Die Regelung aller Gehälter, insbesondere der Bürgermeistergehälter, wäre in diesem Gesetz nicht möglich. In Bezug auf die Beamten der Landgemeinden giebt der Entwurf das Aeußerste, was zu geben ist. Eine große Zahl dieser Gemeinden kann nicht Beamte mit hohen Gehältern fest an⸗ stellen. Für größere Landgemeinden ist aber Fürsorge getroffen durch die Möglichkeit der Regelung durch Ortsstatut. ie Gleichstellung der f.aen und Gemeindebeamten mit den städtischen Beamten ist nur zu billigen.
Abg. Ehlers (fr. Vgg.): Die vom Herrenhause amendierte Vorlage würde ich für meine Person ohne j de weitere Abänderung en bloc annehmen. Ich begreife aber, daß das Haus die weiter⸗ gehenden Wünsche der Kommunalbeamten prüfen möchte. Bedauern würde ich es, wenn die Kommission den Entwurf in wesentlichen Punkten änderte. Es wäre Gefahr, daß man, dem Besseren zu Liebe, Kothwendiges fallen ließe. Dieser erste Schritt muß mit Vorsicht gethan werden. Die Befürchtung, daß die Freiheit der Selbstverwaltung in Frage gestellt ist, theile ich nicht. Mitunter sieht es aus, als ob die Beamten nicht der Gemeinde, sondern die Gemeinden der Beamten wegen da wären. Alle Wünsche der Kommunalbeamten können wir unmöglich erfüllen. Ein Fort⸗ schritt ist es, daß die Verhältnisse der nebenamtlich beschäftigten Personen genau geregelt werden. Ich kann Sie nur bitten, die Herrenhaus⸗Vorlage möglichst unverändert und baldigst anzunehmen, damit die Gemeinden in kürzester Frist sie durchführen können.
Die Vorlage wird an eine Kommission von 14 Mit⸗ gliedern verwiesen. u
Ueber den Antrag des Abg. von Mendel⸗Steinfels, betreffkend die Förderung der Landeskultur, ins⸗ besondere der Viehzucht, berichtet Abg. von Arnim und schlägt namens der Kommission vor, die Staatsregierung zu ersuchen, für das Etatsjahr 1900 zur Förderung der Landes⸗ kultur und insbesondere der Viehzucht sowie des Molkerei⸗ wesens und des landwirthschaftlichen Unterrichtswesens größere, den Anforderungen der Gegenwart entsprechende Mittel in Aussicht zu nehmen. 8 1
Nachdem Abg. Klose (Zentr.) diesen Antrag befürwortet hat, wird der Antrag angenommen.
Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. (Zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Wohnungs⸗
verhältnisse der Arbeiter in staatlichen Betrieben; kleinere Vor⸗
lagen; Petitionen.) P
“ Parlamentarische Nachrichten. Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Versetzung
richterlicher Beamten in den Ruhestand, zugegangen:
2Q
§ 1.
Richterliche Beamte, welche vor dem 1. Januar 1900 das fünf⸗ undsechzigste, aber noch nicht das fünfundstebenzigste Lebens jahr voll⸗ endet haben werden, können mit ihrer Zustimmung durch Koͤnigliche Verfügung mit dem Ablaufe des 31. Dezember 1899 in den einst⸗ weiligen Ruhestand versetzt werden
Sie beziehen in diesem Falle bis zum 31 Dezember 1902, längstens jedech bis zam Ablaufe des Vierteljahrs, in dem sie das fünfundsiebenzigste Lebensjahr vollenden, auch wenn sie vorher dienst⸗ unfähig werden, das Diensteinkommen, welches ihnen vom 1. Jnnuar 1900 ab zustehen würde, einschließlich des bisherigen Wohnungsgeld⸗ zuschusses unverkürzt als Wartegeld. 1 1
Als Verkürzung des Diensteinkommens ist es nicht anzusehen, wenn die Gelegenheit zur Wahrnehmung von Nebenämtern oder zum Bezuge von Nebeneinnahmen entzogen wird. 1
Das Wittwen⸗ und Waisengeld für die Hinterbliebenen solcher Beamten wird in jedem Falle unter Zugrundelegung von drei ierteln des pensionsberechtigten Diensteinkommens gewährt.
§ 2. Nach Ablauf der Zeit, während deren sie das Wartegeld beziehen (§ 1 Abs. 2), treten die in § 1 bezeichneten Beamten kraft Gesetzes ganzlich in den Ruhestand und erhalten die gesetzliche Penston s der Maßgabe, daß diese ohne Rücksicht auf die Dauer der Dienftze auf drei Viertel des pensionsberechtigten Diensteinkommens zu be⸗
“
E1“ r iman gi1HLchn.:
Die dem Gesetzentwurf beigegebene Begründung lautet:
Die am 1. Januar 1900 in Kraft tretende Gesetzgebung, das Bürgerliche Gesetzbuch, die daran sich anschließenden Reichsgesetze und die für Preußen in der Vorbereitung begriffenen landesrechtlichen Vorschriften stellen den deutschen Richterstand vor eine schwierige Aufgabe. Es kang keinem Zweifel unterliegen, daß deren Lösung den Vollbesitz der geistigen und körperlichen Kräfte erfordert, und daß auch manche Richter ihr nicht gewachsen sein werden, die bei fort⸗ dauernder Geltung des gegenwärtigen Rechts zur erfolgreichen Ver⸗ waltung ihres Amtes noch im stande gewesen wären. Dies gilt namentlich auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wo eine ungenügende Vertrautheit des Richters mit dem Rechtzstoffe die Interessen der Parteien schwer schädigen kann. Dem vielfach laut gewordenen Verlangen ¹), den älteren Richtern die Möglichkeit zu gewähren, auch ohne eigentliche Dienstunfähigkeit die Pensionierung unter günstigeren Bedingungen zu erlangen, ist daher eine gewisse Be⸗ rechtigung nicht abzusprechen. Das Abgeordnetenhaus hat jenem Ver⸗ langen in der Sitzung vom 21. Februar d. J. (Stenogr. Ber. S. 787) dach den Beschluß Ausdruck gegeben, ““ die Königliche Staatsregierung aufzufordern, 8
nooch in dieser Tagung einen Gesetzentwurf vorzulegen, welchen unter voller Wahrung der dienstlichen Interessen den
8 b älteren Richtern aus Anlaß des Inkrafttretens des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs, seiner Nebengesetze und der Ausführungs⸗
gesetze der Uebertritt in den Ruhestand erleichtert wird.
Die Königliche Staatsregierung giebt dieser Aufforderung Folge, indem sie nicht verkennt, daß ein Festhalten an dem formalen Rechts⸗ standpunkt, wonach jeder Beamte die Pflicht hat, sich bei einem Wechsel der Gesetzgebung mit den neuen Vorschriften vertraut zu machen, in diesem außergewöhnlichen Falle zu einer unbilligen Härte gegen die Richter und zu einer Schädigung der Rechtspflege führen würde. Man wird sich bei diesem Vorgehen gegenwärtig zu balten haben, daß es sich um eine durch besondere Umstände gerechtfertigte Ausnahmemaßregel handelt, auf welche Berufungen in anderen Fällen kaum werden erfolgen können.
Bei den bisherigen Erörterungen über die zur Erreichung des bezeichneten Zieles geeigneten Wege ist vielfach auf Vorschriften anderer Gesetze verwiesen worden, durch welche die Behandlung der in den Ruhestand tretenden Beamten bei einschneidenden Aenderungen in der Behörden⸗Organisation geregelt wurde, wie 1879 bei der Justiz⸗Organisation, 1880 und 1883 bei der Umgestaltung der allgemeinen Landesverwaltung, 1895 bei der Umbildung der Eisen⸗ bahnbehörden und bei der Uebertragung der Erhebung von direkten Steuern auf die Gemeinden, 1896 bei der Aufhebung der rheinischen Hypothekenämter. Allein eine Organisationsänderung steht gegenwärtig nicht in Frage; die Wirkung einer solchen auf die Richter zu bestimmen, würde auch durch § 8 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Landes⸗ sesetoebung entzogen sein. Im übrigen besteht der wesentliche Unter⸗ chied, daß in jenen Fällen infolge einer Umgestaltung der Behörden⸗ verfassung an sich noch dienstfähige und dienstbereite Beamte entbehrlich wurden, während hier der Grund zu dem Ausscheiden der Richter in einer Rücksicht auf ihre persönliche Leistungsfähigkeit liegt, und daß in jenen Fällen die Beamten sich zeitweilig noch behufs anderweiter Verwendung zur Verfügung halten mußten, während hier der Natur der Sache nach eine solche Verwendung ausgeschlossen ist. Nur soweit aus der gegenwärtigen Sachlage heraus ähnliche Einzelbestimmungen getroffen werden, wie sie in den erwähnten Gesetzen für zweckentsprechend erachtet worden sind, erscheint eine Benutzung dieser Gesetze als Vorbilder nicht ausgeschlossen. ²) zm übrigen sind die setzt beabsichtigten Maßnahmen durch den be⸗ sonderen Zweck der Vorlage bestimmt und in den durch diesen ge⸗ botenen Grenzen zu halten. Die in dem Entwurfe gemachten Vor⸗ schläge sind von diesen Erwägungen geleitet und bieten nach der Auffassung der Königlichen Staatsregierung alles, was innerhalb jener Grenzen gewährt werden kann, um die erstrebten Ziele zu etreichen und den Charakter einer besonderen Ausnahmemaßregel zu wabren.
Jene Vorschläge gehen dahin, daß Richter, welche vor dem
1. Jmuar 1900 das 65., aber noch nicht das 75. Lebensjahr vollendet haben werden, mit ihrer Zustimmung in den Ruhestand versetzt werden können, daß sie alsdann drei Jahre lang, jedoch nicht über jene Höchstgrenze hinaus, ihr volles Gehalt als Wartegeld beziehen und hierauf die höchste gesetzlich zulässige Pension erhalten. Die Nothwendigkeit der Zustimmung des Richters folgt aus § 8 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzs. Die untere Altersgrenze von 65 Jahren beruht darauf, daß, wie auch der Beschluß des Abgeordnetenhauses anerkennt, nur ältere Richter in Frage kommen können, und daß dem vollendeten 65. Lebensjahre im Pensionsgesetze vom 27. März 1872 auch nach anderen Richtungen entscheidende Bedeutung als durchschnittlicher Grenze der vollen Dienstfähigkeit beigelegt wird (§§ 1 Abs. 3, 30 in der Fassung des Gesetzes vom 31. März 1882, Gesetz⸗Sammwl. S. 133). Die obere Altersgrenze soll, im Anschluß an eine im Abgeordnetenhause gegebene Anregung, verhüten, daß die Wohlthaten des Gesetzes Beamten zu gute kommen, auf deren Pensionierung auch ohne die Rechtsänderung hätte Bedacht genommen werden müssen. Die Dauer der Zeit, für welche der volle Gehaltsbezug gewährt werden soll, ist 5— in Uebereinstimmung mit Anschauungen bestimmt, denen ei Berathung der oben mitgetheilten Resolution im Abgeordneten⸗ hause Ausdruck gegeben worden ist. Ein Recht der Richter, einseitig ihre Versetzung in den Ruhe⸗ stand zu verlangen, wäre ohne jeden Vorgang und würde weder durch die Billigkeit geboten sein, noch auch den Interessen der Justiz⸗ verwaltung entsprechen, welcher daran gelegen sein muß, daß einzelne, hierzu noch befähigte ältere Richter ihre reichen Erfahrungen in den Dienst der neuen Gesetzgebung stellen. Die Befugniß eines Richters, nach vollendetem fünfundsechzigsten Lebensjabre auch ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit seine Versetzung in den Ruhestand nach Maß⸗ gabe des Pensionsgesetzes (§ 1 Abs. 3 in der Fassung des Gesetzes vom 31. März 1882 (Gesetz⸗Samml. S. 133) zu verlangen, wird durch den vorliegenden Gesetzentwurf selbstverständlich nicht berührt.
Um einen ungefähren Ueberblick über die Wirkungen des Gesetzes zu gewinnen, ist unter Mittheilung seiner Grundzüge an alle richter⸗
—1) Vergl. auch Verhandlungen des Abgeordnetenhauses in den Sitzungen vom 16. und 21. Februar 1899, Stenogr. Ber. S. 633, 634, 641 bis 643, 782 bis 787. ¹) In Betracht kommen: die §§ 99 bis 105 des Ausführungs⸗ doeb zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom 24. April 1878 G.⸗S. S. 230); die §§ 83 bis 87 des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung, vom 26. Jali 1880 (G.⸗S. S. 291); die 8§ 147 bis 151 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwal⸗ tung vom 30. Juli 1883 (G.⸗S. S. 195); das Gesetz, betreffend bie Regelung der Verhältnisse der bei der Umgestaltung der Eisenbahn⸗ . nicht zur Verwendung gelangenden Beamten, vom 4. Juni ’8 4 (G.S. S. 89); das Gesetz, betreffend die von der Umgestaltung der Kassen im Bereich der Verwaltung der direkten Steueen be⸗ toffenen Beamten, vom 1. April 1895 (G.⸗S. S. 87). die §§ 6 bis Geldes Gesetzes, betreffend die Aufhebung der Hypothekenämter im Sö des Rheinischen Rechts, vom 18. Juli 1896 (G.⸗S.
6 8
Zweite Beilage Anzeiger und Königlich Preußisch
Berlin, Donnerstag, den 18. Maii⸗
lichen Beamten im Alter von 65 bis 75 Jahren die Anfrage gerichtet worden, ob sie, falls ein Gesetz auf diesen Grundlagen erlassen würde, zum Uebertritt in den Ruhestand bereit seien. Von den angefragten Richtern haben genau zwei Drittel die — selbstverständlich für ihre demnächstige endgültige Entschließung nicht bindende — Erklärung einer solchen Bereitwilligkeit abgegeben. Die auf diesen Grundlagen vorgenommenen Ermittelungen haben ergeben, daß die Durchführung des Gesetzes auf der vorgeschlagenen Grundlage einen Gesammtauf⸗ wand von 3 500 000 ℳ ersordern würde.
Was die einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs betrifft, so bringt zunächst der
die Zulässigkeit der Versetzung von richterlichen Beamten in den einst⸗ weiligen Ruhestand mit ihrer Zustimmung zum Ausdruck. Die in ihm enthaltenen Altersgrenzen finden durch das in der allgemeinen Begründung Gesagte ihre Rechtfertigung. Die Frage, wann das 65. bezw. 75. Lebensjahr als vollendet zu erachten ist, bestimmt sich nach dem zur Zeit der Wirksamkeit dieses Gesetzes bereits in Kraft ge⸗ tretenen Bürgerlichen Gesetzbuche (§§ 187, 188).
In Abweichung von den oben erwähnten anderen Ge⸗ setzen muß zum Ausdruck gebracht werden, daß die Richter in den Ruhestand treten, da von ihrer anderweiten Verwendung und folge⸗ weise von einer Verfügung des Justiz⸗Ministers über sie, wie bereits dargelegt, nicht die Rede sein kann. Damit fällt auch die Nothwendigkeit fort, sie auf einem besonderen Etat zu führen; der Wartegelderfonds wird entsprechend zu bemessen sein. Der Ruhestand wird ferner als ein einst. weiliger bezeichnet, um außer Zweifel zu stellen, daß den Dienstbezügen während desselben die Natur eines Warte⸗ geldes zukommt. Dies hat zur Folge, daß die Zahlung nicht, wie beim Ruhegehalt, monatlich (§ 25 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872, Gesetz⸗Samml. S. 268), sondern Uncgtshekich im voraus erfolgt (§ 4 des Gesetzes vom 6. Februar 1881, Gesetz⸗ Samml. S., 17). Dataus ergiebt sich weiter, daß im Falle des Ablebens eines Beamten während des Wartegeldbezugs den snadenbezugsberechtigten Hinterbliebenen die Gnadenbezüge noch auf ein volles Vierteljahr (§§ 3, 4 des angeführten Ge⸗ setzes vom 6. Februar 1881) und nicht bloß, wie bei den Pensionen, auf einen Monat zustehen (§ 31 Abs. 1 des Pensions⸗ gesetzes). Endlich gewährt die Versetzung in den einstweiligen Ruhe⸗ stand nach der bestebenden Uebung die Möglichkeit, ein etwa in diese Zeit fallendes Dienstjubiläum der Beamten als solches in der her⸗ kömmlichen Weise amtlich zu berücksichtigen.
Der Ausschluß der über 75 Jahre alten Richter vor der Anwen⸗ dung des Gesetzes nöthigt dazu, auch den auf Grund des Gesetes in den Ruhestand versetzten Beamten den Fortbezug des vollen Dienst⸗ einkommens nur bis zur Vollendung des 75. Lebensjahres zu gewähren, weil eine andere Behandlung eine Unbilligkeit gegen diejenigen Richter enthalten würde, die das 75. Lebensjahr schon vor dem 1. Januar 1900 zurückgelegt haben. Daß als Grenze des Bezugsrechts in diesem Falle nicht der 75. Geburtstag, sondern der Quartalsschluß gewählt ist, entspricht der Billigkeit und schließt Gehaltsrückzahlungen aus.
Das fortzugewͤährende Diensteinkommen ist an sich das des 31. Dezember 1899. Bei einigen Richtern würde aber der Fall ein⸗ treten, daß sie dadurch einer Zulage verlustig gingen, auf die sie vom 1. Januar 1900 ab Anspruch hätten. Es ist um so mehr gerecht⸗ fertigt, diese Härte zu vermeiden, als bei den Beamten, deren Ge⸗ hälter nach Dienstaltersstufen geregelt sind, die den Zulageanspruch begründende Thatsache bereits in das abgelaufene Vierteljahr fällt.
Unter dem „bisherigen Wohnungsgeldzuschuß“ ist der thatsächlich gewährte, nicht der durchschnittliche Wohnungsgeldzuschuß, zu ver⸗ steben. Einer Hervorhebung des Ersatzes für eine Dienstwohnung be⸗ darf es nicht, da unter den Beamten, auf welche das Gesetz anzu⸗ wenden sein wird, solche mit freier Dienstwohnung sich nicht befinden, für die Inhaber einer nicht freien Dienstwohnung aber die Ein⸗ behaltung des Wohnungsgeldzuschusses sich als Entgelt für die Woh⸗ nung darstellt, woraus folgt, daß beim Wegfall der letzteren der Anspruch auf den Wohnungsgeldzuschuß von selbst wieder auflebt (§ 4 Abs. 2 des Gesetzes vom 12. Mai 1873, Gesetz⸗Samml. S. 209).
Der zweite Absatz entspricht ähnlichen Vorschriften der oben (Anm. 2) angeführten Gesetz⸗; der Bezug an Nebeneinnahmen ist außer den Nebenämtern erwähnt, um klar zu stellen, daß auch die in Kap. 74 Tit. 3 des Staatshaushalts⸗Etats ausgebrachten Zulagen in Wegfall kommen.
„Auch der dritte Absatz findet sein Vorbild in jenen Gesetzen; er hängt auf das engste zusammen mit dem
§ 2, welcher den Beamten in allen Fallen den Bezug der höchsten zuläfsigen Pension nach dem Ablauf des Wartegeldbezugs zusichert. Wird auch die ganz überwiegende Zahl der Richter, auf welche das Gesetz Anwendung finden soll, schon vor dem 1. Januar 1900 — 40 Dienstjahre vollendet und somit den Anspruch auf den Höchstbetrag der Pension bereits erworben haben (§ 8 des Pensionsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 31. März 1882), so empfiehlt es sich doch, auf die Fäͤlle billige Rücksicht zu nehmen, in denen wegen verspäteten Eintritts in den Staatsdienst oder längerer Unterbrechung desselben (z. B. durch Ausübung der Rechtsanwaltschaft) ein über 65 Jahre alter Richter noch nicht 40 Dienstjahre zurückgelegt haben möchte.
Die Fassung des § 2 soll zugleich klarstellen, daß der Uebertritt der Richter in den dauernden Ruhestand sich ohne eine Pensionierungs⸗ verfügung kraft Gesetzes vollzieht, sobald die Zeit des Wartegeldbezugs
abgelaufen ist. 11.“ ö111
8 1 “ “ 1
Die Abgg. von Pappe heim⸗Liebenau (kons.) und Genossen Seeh., Hause der Abgeordneten folgenden Antrag ein⸗ gebracht:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Königliche
Staatsregierung zu ersuchen, baldigst einen Gesetzentwurf, betreffend
Fürsorge für Arbeitslose, vorzulegen, welcher auf der Grundlage
a. der Einführung von Arbeitsnachweisen für Arbeitslose an den Orten, an denen ein Bedürfniß besteht,
b. sowie der Bestrafung des Mißbrauchs solcher Einrichtungen seitens der Arbeitslosen,
c. endlich einer Betheiligung des Staats, der Provinzen und der
9 in den Feeece e
n Bedenken Rechnung trägt, welche seiner Zeit der Verabschiedun
des Gesetzentwurfs von 1895 entgegenstanden. 3 g egr
8 1 et 8 5
8
7 5
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, 8c Nr. 20 vom 17. Mai 18899.)
b Pest und Cholera. ritisch⸗Ostindien. Kalkutta. In der Zeit vom 2. bis
15. April sind 27 Personen an Cholera, 3 an Pocken und 398 an
Fiebern ge orben; an
ist erkrantten 287 und starben 269 Personen.
8
Pest.
Britisch⸗Ostindien. In der Woche vom 1. bis 8. April ist im allgemeinen eine merkliche Abnahme in der Pest⸗ sterblichkeit eingetreten. Es erlagen der Seuche
Stadt Bombay 726 Personen (in der Vorwoche 992) und in der Präsidentschaft gleichen Namens 981 (1051). In Kurrachee mit 279 (213), sowie in Kalkutta mit 134 Sterbe⸗ fällen und 144 Erkrankungen hat dagegen die Seuche noch weitere Fortschritte gemacht.
„Aus den Bezirken der Provinz Bengalen sind nur vereinzelte Fälle zur Meldung gelangt. Im Sylhet⸗Bezirk der Provinz Assam kamen 4 als verdächtig bezeichnete Fälle vor. In der Provinz Madras ist, abgesehen vom Nord⸗Arcot⸗Bezirk, keine Veränderung im Stande der Pest eingetreten, während auf den Kolar⸗ Goldfeldern im Staate Mysore und im Staate Hydera⸗ bad eine Besserung stattgefunden hat. Im Jullunder⸗ Bezirk im Punjab sind einige weitere Dörfer befallen worden, auch hat die Zahl der dortigen Todesfälle sich erhöht. Aus dem Hoshiarpur⸗Bezirk gelangten 3 Fälle zur Meldung.
„Einer anderen Mittheilung zufolge sind in Kurrachee in den beiden Wochen vom 5. bis 18. April 412 bezw. 399 Erkrankungen (und 269 bezw. 279 Todesfälle) festgestellt worden, in den 5 vorher⸗ gegangenen Wochen 315, 304, 175, 100 und 83 (259, 178, 123, 68 und 56); seit Ausbruch der Seuche zählte man 1884 Erkrankungen und 1301 Todesfälle.
8
Gelbfieber.
In Bahia wurden in der Woche vom 12. bis 18. März 3 Todesfälle angezeigt, in Rio de Janeiro vom 25. Februar bis 3. März 51, ferner 32 an accesso pernicioso. Außerdem wurde aus unter dem 18. April gemeldet, daß auf einem aus Zaltimore über Santiago gekommenen Schiffe 2 Gelbfieberfälle er⸗- mittelt wurden. b
Zufolge einer Mittheilung vom 2. Mai sind in Paranagua mehrere Gelbfieberfälle vorgekommen. 1
Pocken.
Rußland. Zufolge einer Mittheilung vom 16. April haben seit dem Herbst v. J. in dem dicht an der preußischen Grenze liegenden Kreise Bendzin und zwar in Sosnowice und Umgegend die Pocken recht erheblich um sich gegriffen. Von Ende Oktober bis Mitte März betrug in dem genannten, etwa 150 000 Ein wohner zählenden Kreise die Zahl der Erkrankungen 197, die der Todesfälle 71. Davon kamen auf Huta⸗Bankowa 53 Er⸗ krankungen (darunter 37 bei nicht geimpften Personen) und 14 Todes⸗ fälle, ferner auf die Gemeinden Gorna, Gzichow, Kromolow und Olkuszko⸗Siewierska mit zusammen 59 000 Einwohnern 108 Erkrankungen und 48 Todesfälle. Seit der letzten starken Blattern⸗ Epidemie im Jahre 1892, wo im Kreise Bendzin 2297 Personen erkrankten und 686 starben, hatte die Krankheit dort stetig abgenommen; sie verursachte von 1893 bis 1897 jahrweise 103, 24, 25, 14 und 17 Erkrankungen, 18, 1, 1, 2 und 1 Todesfälle. Um der Weiter⸗ verbreitung der Krankheit Einhalt zu thun, ist in 19 Ortschaften eine Zwangsimpfung angeordnet worden. 8 Außerdem sind, von Beginn dieses Jahres an gerechnet, in Warschau 30, im Gouv. Warschau 119, ferner in den Gouvperne ments Lublin 21, Lomza 60, Plock 17, Radom 54, Kalisch 1, Kielce 120 Todesfälle an Pocken bisher zur amtlichen Kenntniß
gekommen. Verschiedene Krankheiten.
Pocken: Antwerpen 3, Moskau, Odessa je 2, St. Petersburg 3 Todesfälle; Hamburg (Krankenhäuser) 3, Antwerpen (Kranken⸗ häuser) 14, New York 20, St. Petersburg 25, Warschau 4 Erkran kungen; Flecktyphus: Warschau 2 Todesfälle; St. Petersburg 2, Warschau 30 Erkrankungen; Genickstarrre: New York 16 Todes⸗ fälle; Kopenhagen 3 Erkrankungen; Varizellen: Wien 63 Er⸗ krankungen; Keuchhusten: London 47 Todesfälle, Reg.⸗Bez. Schleswig 64, Hamburg 34, Wien 87 Erkrankungen; Influenza: Berlin 9, Hamburg 8, Braunschweig, Lübeck, Kopenhagen je 2, London 5, New York 8, Paris 20, St. Petersburg 4, Rom 2 Todes⸗ fälle; Nürnberg 40, Kopenhagen 26 Erkrankungen; Lungen⸗ entzündung: Reg.⸗Bez. Schlerwig 121, München 33 Eckrankungen. — Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1886 95: 0,91 %): in Triest. — Erkrankungen kamen zur Anmeldung in Berlin 69, Breslau 38, Hamburg 26, Budapest 47, Christiania 30, Kopenhagen 50, London (Krankenhäuser) 219, New York 227, Paris 130, Wien 95 — desgl. an Masern in Berlin 62, Breslau 32, in den Reg.⸗Bezirken Aachen 438, Arnsberg 95, Hannover 231, Königsberg 176, Posen 256, in Budapest 159, Edinburg 89, Kopenhagen 46, New York 270,
St. Petersburg 98, Prag 36, Stockholm 30, Wien 526 — desgl. an
Dipbtherie und Croup in Berlin 57, im Reg⸗⸗Bez. Arnsberg 98. in München 22, Hamburg 33, Budapest 31, Kopenhagen 41, London (Krankenhäuser) 182, New York 214, Paris 66, St. Petersburg 54 Stockholm 78, Wien 74 — desgl. an Unterleibstyphus in Budapest 22, Paris 58, St. Petersburg 92.
11“ Handel und Gewerbe.
hsh rihi benn Konkurse im Auslande.
1111“ Finland. ö“ In dem Konkurse der Firma C. Göhle (Inhaber Carl Göhle)
zu Helsingfors ist der gerichtliche Prüfungstermin, welcher vor dem
Rathhausgericht zu Helsingfors stattfindet, auf Montag, den 14. Auguf
d. J., 11 Uhr Vormittags, festgesetzt worden.
Rumänien.
1 Anmeldung Schluß der
1i un Fulllt. ehm der Verifizierung
Handelsgericht.
Jo⸗ 17./29. Mai 11./23. Juni
18./30. Mai 9./21. Juni 22. Mai / 10./22. Juni 3. Juni
Bukarest. Mihalache hntt!s nescu. „ Rudolf Zilzs.
Abram Schwartz.
M. Tiches. 17 /29. Mai 3./15. Juni
Jordan Stefö⸗ nicht bekannt 11./23. Jun
nescu in Urzicenl.
Anghelescu u. 1ü4./26. Mai 29. Ma Taubmann. 10. Jun
haa. amg; Cklaraschi. Tuͤrgoviste.
e, she 1““ Toaͤgliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 1 „An der Ruhr sind am 17. d. M. gestellt 14 704, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 17. d. M. gestellt 5015, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.