eladen. Nachmittags besuchten Ihre Majestät die w Ausstellung und kehrten später nach dem Neuen Palais zurück. 1 Heute Morgen besichtigten Ihre Majestät die Ausstellung 3 e Krankenpflege in der Philharmonie und statteten hierauf
em Zufluchtshause Sichar bei Plötzensee einen Besuch ab. 11““ inlem 3, bIüüiete
1““ v“ 1 Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr. v11““ vi Fbchi k. gtsgaht armtuhl; un uehr i ne ch i11n shh
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließ⸗ lich Bayerns — im Monat April d. J. vorgekommenen Betriebsunfälle waren zu verzeichnen: 2289
Entgleisungen auf freier Bahhn . 6 (davon 1 bei Personenzügen) 8 in Stationen ;57 1 (davon 4 bei 1. hat Zusammenstöße auf freier Bhhn . 2 (davon 1 bei Personenzügen) 88 in Stationen . . 10 (davon 2 bei Personenzügen) 88
sonstige Vorkommnisse knr
. 121 68 zusammen 152 Die Betriebslänge betrug 41 055 km, an Zugkilometern wurden geleistet 30 750 372, sodaß je ein Unfall auf 270 km Betriebslänge oder auf 202 305 Zugkilometer entfällt.
Bei den Unfällen wurden: toõ ttet letzt 9
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Bahnbeamte und Bahnarbeiter im Dienst.. 23 66 Post⸗, Steuer⸗, Telegraphen⸗, Polizei⸗Beamte ꝛc.
remde Personen, einschließlich der nicht im
Dienst befindlichen Beamten und Arbeiter,
aber ausschließlich der Selbstmörder . .. 15 12
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Der bei der Königlichen Ansiedelungskommission zu Posen beschäftigte Regierungs⸗Assessor Dr. Hugenberg ist dem Königlichen Ober⸗Präaͤsidium in Cassel zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Henneberg ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Wehlau, Regierungsbezirk Königsberg, zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt
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Bayern. Der Landtag ist vorgestern Mittag in feierlicher Weise durch Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten ge⸗
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schlossen worden. Nachdem Höchstderselbe vor dem Throne Aufstellung genommen hatte, verlas der Ministerial⸗Kommissar, Ober⸗Regierungsrath Kratzenstein den Landtags⸗Abschied. In demselben wird der wichtigen Reformen gedacht, welche in der abgelaufenen Legislatur⸗Periode auf den verschiedenen Gebieten durchgeführt worden sind, insbesondere auch der großen Arbeiten, die mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zusammenhängen. Der Abschied berührt ferner die günstige Finanzlage, die Erweiterung des Eisenbahn⸗ netzes, die Förderung der landwirthschaftlichen Interessen und die Hebung der Industrie sowie die Bewilligung nam⸗ hafter Mittel zur Pflege der Kunst u. a. Der Landtags⸗Ab⸗ schied spricht sich schließlich dahin aus, daß es ein wohlthuendes Gefühl sei, durch fortdauerndes Zurücktreten der Parteigegen⸗ sätze jenen inneren Frieden gestärkt und garantiert zu sehen, welcher die Vorbedingung zu einer ersprießlichen Entwickelung der Verhältnisse des Landes bilde. Nach Verlesung des Ab⸗ schieds sprach Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent mit lauter Stimme:
„Ich erkläre die Sitzung der zum gegenwärtigen Landtag ver⸗ sammelten Mitglieder der Kammer der Reichsräthe und der Kammer
IZ im Namen Seiner Majestät des Königs für ge⸗ ofsen.
Der Erste Präsident der Kammer der Reichsräthe Graf von Lerchenfeld brachte darauf ein Hoch auf den Prinz⸗ Regenten aus, in welches die Mitglieder der beiden Kammern und die übrige Versammlung begeistert einstimmten. Der Prinz⸗Regent dankte huldvoll, stieg sodann die Stufen des Podiums herab, sprach noch mit einigen Herren und verließ hierauf den Saal.
Die Urwahlen zum Landtag sind auf den 10. Juli und die Abgeordnetenwahlen auf den 17. Juli anberaumt
worden. 1n C1A““ .“. EEE“ Seeine Königliche Hoheit der Großherzog ist nicht, wie anfangs angenommen wurde, an den Masern, sondern an Varioloiden erkrankt. Nach dem gestern von der „Darmstädter Zeitung“ veröffentlichten Bulletin nimmt die Krankheit einen normalen Verlauf, das Allgemeinbefinden ist gegenwärtig befriedigend. i2t migrdir T. „ P. . i oll nacg ns [Cau chil zmorz As vn8
ODesterreich⸗Ungarn. 5
Die vorgestrige Konferenz der österreichischen und ungarischen Minister hat zu einem vollen Einver⸗ ständniß in der Ausgleichsfrage geführt. Der ungarische Minister⸗Präsident von Szell, welcher am Sonnabend von dem Kaiser empfangen wurde, theilte Allerhöchstdemselben die ei Sn mit, daß ein Kompromiß zu stande gekommen sei. e in den Blättern über den Inhalt desselben erschienenen Angaben sind jedoch, dem „W. T. B.“ zufolge, unzutreffend. Authentisches ist nicht vor den Mittheilungen zu erwarten, welche der Minister⸗Präsident von Szell im ungarischen Unterhause machen wird. s
Großbritannien und Irland.
Vorgestern ist eine Kompagnie Pioniere von Southampton
nach Natal abgegangen.
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artige Ovation.
Frankreich. † Auf den Zufahrtsstraßen zum Bois de Boulogne, in diesem selbst und in Longchamps waren, wie „W. T. B.“ meldet, bereits gestern Mittag alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen worden. An der Cascade, am Ein⸗ gang zum Renuplatz, hatten sich viele Sozialisten angesammelt, welche an der rothen Rose im Knopfloch kenntlich waren. Die Wagen der Minister wurden mit Beifallsrufen begrüßt; beim Passieren der uͤbrigen Equipagen wurden Rufe gegen die Geistlich⸗ keit laut. Beim Beginn der Rennen versammelten sich die Minister und die Mitglieder des diplomatischen Korps nach und nach auf der Präsidententribüne. Auf dem Wiegeplatz bemerkte man eine große Zahl von Mitgliedern aller Parteien des Parlaments und der Gemeindeverwaltung von Paris. Der Präsident Loubet wurde auf dem Wege vom 8 nach Longchamps von der dicht gedrängt stehenden Menschen⸗ menge mit den sich immer wiederholenden Rufen „Es lebe Loubet!“, „Es lebe die Republik!“ be⸗ grüßt. An der Cascade, wo die Menge am dichtesten war, wurden Loubet begeisterte Ovationen bereitet. Als der Prä⸗ sident auf der Tribüne erschien, ertönte es aus der ungeheuren Menschenmenge wie ein einziger Ruf „Es lebe Loubet!“, „Es lebe die Republik!“; nur ganz vereinzelt wurden einige Rufe „Es lebe die Armee!“ laut. Als der Präsident Longchamps verließ, ertönten überall auf dem Rennplatz Hochrufe auf Loubet, die Republik, auf Zola und Picquart; die Menge schwenkte Hüte und Taschentücher und bereitete dem Präsidenten eine groß⸗ Als die Menge des Wagens des Ministers
des Aeußern Delcassé ansichtig wurde, brach sie in die Rufe
die Republik!“ „Nieder mit Dérouléde!“
„Es lebe Delcassé!“ „Es lebe Auch den übrigen Ministern, besonders dem Kriegs⸗Minister Krantz, wurden ähnliche Ovationen bereitet. Dem Präsidenten Loubet wurde die wärmste Ovation vor der Cascade zu theil, wo die Menge die von Polizisten gebildete Sicherheitskette durch⸗ brach und unter Hochrufen auf Loubet, die Republik und auf Picquart den Wagen des Präsidenten umringte. Auf dem Rennplatz selbst kamen nur einige persönliche Streitigkeiten vor. Kurz vor 5 Uhr traf der Präasident wieder im Elvsée ein, nachdem er auch auf dem ganzen Rückwege fort⸗ während mit den Rufen „Es lebe Loubet!“, „Es lebe die Republik!“ begrüßt worden war. Bald nach 5 Uhr kam es vor dem Pavillon Armenonville zu einem lärmenden Zusammenstoß. In dem dicht besetzten Eta⸗ blissement machte einer der Gäste mißfällige Be⸗ merkungen über den Präsidenten Loubet; andere Gäste nahmen für oder gegen ihn Partei, und es fielen be⸗ leidigende Worte, welche bald in Thätlichkeiten ausarteten. In demselben Augenblick begann eine große Volksmenge Hochrufe auf die Republik und Schmährufe auf die Geistlichkeit auszustoßen, und es kam zu einem regelrechten Angriff auf den Pavillon. Mehrere Tausend Menschen rotteten sich zusammen und zertrümmerten die Scheiben, während im Innern der Kampf seinen Fortgang nahm. Mehrere Personen, darunter ein “ wurden ver⸗ wundet. Schließlich flüchteten die Gäste, und das Lokal wurde geschlossen.
Um 6 Uhr zog ein Trupp von mehreren Tausend Personen über die Champs Elysées zum Elysée und brachte Hochrufe auf Loubet und die Republik aus. Bald darauf hatte der dortige Stadttheil sein gewohntes Aussehen wiedergewonnen. — Um 7 Uhr wurde eine große Menge, die vor dem „Intransigeant“ eine Kundgebung veranstaltete, von der Polizei zurückgedrängt; es kam zu einem Zusammenstoß, bei welchem mehrere Journalisten, die übel zugerichtet waren, verhaftet und bis auf weiteres auf der Polizeiwache behalten wurden. Auch vor der „Libre Parole“ wurde eine Kund⸗ gebung veranstaltet. Dort wurden gleichfalls mehrere Personen verhaftet. Bei den darauf folgenden Zusammenstößen erlitten mehrere Personen Verletzungen. — Die Polizei⸗Präfektur giebt an, daß im Laufe des Tages etwa 30 Personen verhaftet und etwa 10 Polizisten verwundet worden seien.
In Poitiers wurde gestern der Ackerbau⸗Minister Viger bei seiner Ankunft daselbst von vielen Seiten mit den Rufen: „Es lebe Loubet!“, „Es lebe die Republik!“ begrüßt. Eine Anzahl dem „Cercle catholique“ angehörender Personen machte eine Gegenkundgebung. Zwölf von ihnen wurden verhaftet.
Nach einer Meldung aus Nizza wurden dort am Sonn⸗ abend Abend zwei Jäger⸗Offiziere verhaßtet, welche beim Zapfenstreich eine Kundgebung des Publikums für die Revision des Dreyfus⸗Prozesses mit den Rufen: „Es lebe das Heer, nieder mit den Verräthern!“ beantwortet hatten. Man brachte die Verhafteten zu dem Polizeiposten und sodann in ihre Kaserne, wo sie interniert wurden.
Das „New York Journal“ meldet aus Cayenne, daß der Kreuzer „Sfax“ mit Dreyfus an Bord am Freitag von dort direkt nach Brest abgegangen sisiie.
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Der persische Minister des Auswärtigen Muschir⸗ed⸗ Dauleh ist, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, in St. Petersburg eingetroffen.
aus: „Nieder mit Rochefort!“
8 — Italien. Der König hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Dekrete unterzeichnet, durch welche Strafen für Vergehen gegen die Steuergesetze und gegen die öffentliche Sicherheit sowie Strafen für Desertionen aus der Handelsmarine erlassen werden. Auch für Personen, welche sich der Wehrpflicht in der Armee oder der Marine enthogen haben, ist ein Amnestie⸗Erlaß ergangen, der die Jahresklassen 1859 bis 1878 umfaßt.
Die Deputirtenkammer setzte vorgestern die Be⸗ rathung der innerpolitischen Maßnahmen fort. Der Deputirte Colajanni (Sozialist) hielt eine Rede zum Zwecke der Obstruktion; darauf ergriff der Deputirte Morgari (Sozialist) das Wort und sagte, er habe den Vorsatz, bis ½ 7 Uhr zu reden. Der Präͤsident Chinaglia erhob gegen dieses un⸗ gehörige Benehmen ginpruch. Morgari fuhr fort, er sehe nicht die Nothwendigkeit eines Gesetzes ein, das gegen das Versammlungsrecht gerichtet sei, da die Polizei unzählige Vorwände finde, um Versammlungen der extremen Parteien zu verbieten. Redner verlas Zeitungsartikel über verbotene Versammlungen. Der Präsident Chinaglia rügte dies und forderte den Redner auf, nicht von dem vorliegenden Gegenstande F sondern seine Anträge zu Artikel I. zu erläutern. orgari erwiderte, er glaube, das Recht zu haben, Zeitungsartikel zu verlesen, welche Thatsachen enthielten, die mit dem Gegenstard⸗ der Erörterung in Zusammenhang ständen. Der Präsident Chinaglia erklärte nunmehr, er
werde diese Art, die Erörterung forzusetzen, nicht länger dulden und hebe daher die Sitzung auf. hierauf geschlossen. Hmnrwit en
ESpanien. vnis., I o
Die Deputirtenkammer berieth, wie „W. T. B.“ berichtet, vorgestern über die Wahl Morayta's. Mehrere Redner verlangten die Ungültigkeitserklärung derselben, weil die Freimaurerei auf den Philippinen von Morayta organisiert worden sei, was den Aufstand auf denselben zur Folge gehabt habe. Der Minister⸗Präsident Silvela erklärte auf
Heine Anfrage, er wolle sich enthalten, seine Ansicht zu äußern.
Die Kammer verlangte namentliche Abstimmung. Hierbei stimmten 50 für und 15 gegen die Gültigkeit der Wahl. — Heute wird der Minister⸗Präsident im Senat die Vorlage, betreffend die Abtretung der Marianen⸗, Carolinen⸗ und Palau⸗ Inseln an Deutschland, einbringen. v“ Portugal. 8 “ Bei der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Reorganisation des Heeres, in der Pairskammer verließ die konservative Minorität unter Führung von Hintze Ribeiro den Saal. Der Gesetzentwurf wurde alsdann angenommen.
Niederlande.
Aus dem Haag berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß die Sektion der Konferenz, welche sich mit der Brüsseler Konferenz⸗Akte von 1874 zu beschäftigen hat, am Sonn⸗ abend zu einer Sitzung zusammengetreten sei. Artikel 2 sei in neuer Redaktion, Arkikel 3 und 5 in der bisherigen Fassung angenommen und Artikel 4 gestrichen worden. Der britische Delegirte Sir John Ardagh erklärte, Großbritannien könne sich durch Unterzeichnung eines aus der Brüsseler Konferenz von 1874 rS Abkommens nicht binden, aber es behalte sich vor, lich nach den Abmachungen jener und nach den Arbeiten der gegenwärtigen Konferenz bei den allgemeinen Instruktionen zu richten, die es seinen Heeren im Falle eines Feldzuges ertheilen würde. Der Präsident der Sektion, Pro⸗ fessor von Martens erwiderte, Rußland begehre nicht, daß die Mächte ein auf Grund der Brüsseler Konferenz⸗Akte aufgestelltes Abkommen unterzeichneten; es wünsche vielmehr, daß die Mächte sich verpflichteten, die gegenwärtig festgestellten Abmachungen
auf die Instruktionen anzuwenden, die den Truppen beim
Ausmarsch in den Feldzug ertheilt würden. Sir John Ardagh bemerkte hierauf, er habe in seiner Erklärung nur sash⸗ persönliche Ansicht ausgesprochen und werde über diesen o wichtigen Punkt seine Regierung alsbald befragen. — Vorgestern V1Svöee. bei dem Präsidenten, Botschafter von Staal auf Ersuchen des Botschafters Grafen zu Münster eine Versammlung der Hauptdelegirten statt, um die Frage wegen der Mittheilungen an die Presse zu regeln. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen, da die Versammlung nicht vollzähli war. Heute sollen die Berathungen hieruͤber wieder 8. genommen und alsdann festgestellt werden, welche Mittheilungen den Berichterstattern der Zeitungen zugänglich gemacht werden könnten. 12Kih. In 1st “ 1 Nach einer Meldung des Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗ Bureaus“ aus Konstantinopel vom 10. d. M. sind zur Vertheidigung der Küste von Tripolis verschiedene Maß⸗ nahmen getroffen worden. Insbesondere sollen die wichtigsten Punkte vertheidigungsfähig gegen Angriffe von der See⸗ seite gemacht werden, zu welchem Zwecke Festungsgeschütze und andere Kriegsmaterialien sowie Festungs⸗Artillerie⸗ Truppen von Konstantinopel dorthin entsandt werden sollen. Ueber den Antrag des Vali und des Militär⸗Kommandanten von Tripolis auf Verstärkung der dortigen Division und über die analogen Anträge, welche von verschiedenen maßgebenden Faktoren in Konstantinopel gemacht und in letzter Zeit be⸗ rathen wurden, ist bisher keine definitive Entschließung erfolgt.
Griechenland. Bei den Ersatzwahlen zur Kammer wurde, dem „W. T.
B.“ zufolge, der ehemalige Minister des Aeußern Skuzes gewählt, während der General Smolenski unterlag.
Schweden und Norwegen.
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Nach einer dem „W. T. B.“ zugeganhener Meldung aus
Christiania ist daselbst gestern der frühere norwegische
Minister Bischof Sverdrup gestorben.
Asien.
Die „Times“ meldet aus Peking von gestern, die dortige britische Gesandtschaft habe am Sonnabend bei der chinesischen Regierung die Forderung gestellt, den Gouverneur von Kwei⸗tschou hines Postens zu entheben. Die Ange⸗ legenheit hänge mit der Ermordung des Missionars Fleming in der genannten Provinz zusammen.
Nach einer Meldung desselben Blattes aus Shanghai von gestern hat der Vize⸗König von Nanking ohne vorherige Ankündigung die Reisausfuhr aus der Provinz untersagt. Der wirkliche Grund zu diesem Vorgehen soll der Wunsch sein, den Markt im Interesse der Provinzialbehörden zu kon⸗ trolieren. Ein Gesuch des britischen Konsuls in Shanghai, eine geringe Quantität Reis an die britische Garnison in Wei⸗Hai⸗ Wei hee zu dürfen, wurde zunächst veeebe später aber
enehmigt, als der russische Konsul für Port Arthur ähnliche Fugeständnisse verlangte. Afrika.
Die „Agenzia Stesani“ meldet aus Aden: Türkische Küstenwachtschiffe ätten im Rothen Meer Barken, die unter italienischer Flagge segelten, in Beschlag genommen. Daraufhin sei das italienische Schiff „Volturno“ eigens von Massowah nach Mokka gekommen. Der Gouverneur von Mokka habe von Ra. Regierung den Befehl erhalten, dem „Volturno“ die Barken auszuliefern.
Wie die „Agence Havas“ aus Pretoria meldet, machen dort eingetroffene Nachrichten aus Kapstadt es wahrscheinlich, daß das Ministerium der Kapkolonie, unterstützt von Jean Hofmeyr und der Liga der Afrikander, sich in einem dem Frieden günstigen Sinne aussprechen werde.
Aus Bloemfontein wird dem „Reuter'schen Bureau“ vom 9. d. M. gemeldet, daß man in amtlichen Kreisen zu wissen glaube, der Präsident Krüger habe bei dem Volksraad die Abschaffung des Dynamit⸗Monopols in Vorschag gebracht und der Oranfe⸗Freistaat werde seinen Einfluß in Pretoria für die Erlangung von Reformen geltend machen. 1b
In Johannesburg fand am Sonnabend Abend eine von etwa 5000 Uitlanders besuchte Versammlung statt, in welcher die Vorschläge des Präsidenten Krüger als ganz un⸗
8
.“ eend bezeichnet wurden. Die Sitzung wurde hin
Dem Gouverneur der Kap⸗ olonie Sir Alfred Milner sprach die Versammlung ihren Dank für seine Bemühungen aus, die Lage der Uitlanders zu sichern. Das Meeting verlief in vollkommener Ruhe.
Parlamentarische Nachrichten. “““
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In der heutigen (90.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Kriegs⸗Minister, Gencralleutnant von Goßler, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗ Minister von Bülow, der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding, der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatz⸗ amts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, nahm das Haus zunächst in dritter rathung den Gesetzentwurf, betreffend die Gebühren für die Benutzung des Kaiser Wilhelm⸗Kanals, nach den Beschlüssen der zweiten Lesun an. Danach wird Seiner Majestät dem Kaiser die Besugni zur Feststellung der Gebühren bis zum Jahre 1902 ertheilt; nach der Vorlage sollte die Befugniß bis 1904 dauern.
Es folgte die zweite Berathung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für 1899 und zu dem Haushalts⸗ Etat der Schutzgebiete.
In der Debatte nahmen außer dem Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Grafen von Posadowsky und dem Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherrn von Thielmann bis zum Schlusse des Blattes die Abgg. Dr. Lieber (Zentr.), Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.), Bebel (Soz.) und Hoch (Soz.) das Wort.
— Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet scch in der Ersten Beilage.
Bei der am Sonnabend im 12. Düsseldorfer Wahl⸗
kreise (Neuß, Grevenbroich) vorgenommenen Ersatzwahl
zum ecse wurde, wie „W. T. B.“ meldet, der Rechts⸗ anwalt am Zehnhoff⸗Köln (Zentr.) gewählt.
Nr. 24 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 9. Juni, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat⸗Wesen: Ernennung; — Einziehung eines Vize⸗ Konsulats und Bestellung eines Konsular⸗Agenten; — Entlassung; — Ableben eines Konsuls; — Exequatur⸗Ertheilungen. — 2) Bank⸗ Wesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Mai 1829. — 3) Allgemeine Verwaltungs⸗Sachen: Einreihung der Beamten der Verwaltung des Reichsheeres in die nach der Verordnung, betreffend die Ee ꝛc., aufgeführten Beamtenklassen; — Bekanntmachung, betreffend die Gewährung von Fahrprämien an Lootsen des Kaiser Wilhelm⸗Kanals. — 4) Zell⸗ und Steuer⸗Wesen: Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — 5) Polizei⸗Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Statistik und Volkswirthschaft.
Deutschlands neue Erwerbungen in der Südsee.
(Stat. Korr.) Spanien bat, vorbehaltlich der Zustimmung der Parlamente, die Karolinen⸗, Palau⸗ und Marianen⸗Inseln gegen Geld⸗ entschädigung an das Deutsche Reich abgetreten, dessen Kolonialbesitz in der Südsee darurch erheblich vergrößert und abgerundet wird. Zu den bisherigen deutschen Kolonien im Großen Ozean mit ins⸗ gesammt 252 400 qkm Fläche und 516 000 Bewohnern (Deutsch⸗ Neuguinea mit 252 000 qkm und 500 000 Einwohnern, Marschall⸗, Brown⸗ und Providence⸗Inseln mit 400 qkm und 16 000 Einwohnern) treten durch diese neue Erwerbung 2076 qkm mit 37 600 Ein⸗ wohnern binzu. Hiervon entfallen auf die Karolinen 1007 qkm mit 26 000 Einwohnern, auf die öö 443 qkm mit 10 000 Einwohnern und auf die arianen (abzüglich der den Vereinigten Staaten von Amerika gehörigen südlichsten und be⸗ deutendsten Insel Guam mit 514 qkm und 8543 Bewohnern) 626 qkm msit 1629 Einwohnern. Die folgenden Angaben sind dem von J. Scott Keltie herausgegebenen Statesman's Yoarbook ent- nommen.
Die nördlichste der neu erworbenen Inselgruppen sind die Marianen, früher auch Ladronen genannt, welche 1668 von Spanien in Besitz genemmen worden sind und damals diesen Namen nach der Königin Maria Anna von Oesterreich erhalten haben. Es sind (ohne die nunmehr amerikanische Insel Guam) 14 Inseln, von denen die 10 nördlich gelegenen vulkanisch sind und ohne vorliegende Küstenriffe steil aus dem Meere aufsteigen; sie sind unbewohnt und schwer Faaeeeng. Die vier südlich gelegenen Inseln sind niedriger und bewohnt; ihre böchsten Berge erreichen 800 m Höhe; auch sind Küstenriffe vorhanden Saipan, Hauptort Garapanay (886 Ein⸗ wohner), besitzt den brauchbaren Hafen Tanapag; die Inseln Rota (491 Einwohner) und Tinian mit großer Viehzucht und Export von getrocknetem Fleisch (234 Einwohner), sowie Agrigan (18 Ein⸗ wohner) haben schechte Häfen Die Marianen haben ein gesundes Klima, 270 mittlere Luftwärme und genügende, über das ganze Jahr ziemlich gleichmäßig vertheilte Feuchtigkeit, haben daher üppisen Pflanzenwucht, ausgezeichnetes Weideland und dichte Waldungen. Es Feeise die Kokos⸗ und Arekapalme, Reis und Zuckerrohr, und die
Zevölkerung der ganzen Inselaruppe hat eine halbe Million betragen, als die Spanier von ihr Besitz nahmen. 1
Die Karolinen wurden 1686 von den Spaniern in Besitz ge⸗ nommen und nach ihrem König benannt. Sie bestehen aus 500 meist flachen, von Korallenriffen umgebenen Inseln; vier davon sind größer, höher und pulkanischen Ursprungs; doch sind die Vulkane erloschen. Alle Inseln besitzen üppigen Pflanzenwuchs, und auf den bhohen Inseln sind selbst die höchsten Gipfel der Berge (bis zu 900 m hoch) bewaldet. Das Klima ist tropisch und feucht, die Luftwärme geringen Schwankungen (25 bis 31⁰) unterworfen; aber zur Zeit der Aeguinoktien treten bisweilen heftige Stürme, namentlich in den östlichen Karolinen, auf. Die vier größten Inseln sind Kusaie (112 qkm, 400 E.) mit zwei guten Häfen Chabrol im NO. und Coquilla im SW., ferner noch die Häfen Bérard im Westen und Lottin im Suͤden, Ponape (347 qkm, 2000 E.) mit den guten Häfen Metalanim im NO., Jokoits im NW., Ronkiti im SW. und Ponatik im 8., ausgezeichnet durch die Fruchtbarkeit seiner gut bewässerten Küstenebenen, Ruk (132 qkm, 5000 E.) mit mehreren wegen der Foßen Wassertiefe für die Schiffahrt beschwerlichen Häfen und Jap 207 qkm, 2750 E.) mit dem Hafen Tomil im 80., dessen Zugang durch ein Küstenriff von einer halben Meile Breite führt.
Die Palau⸗Inseln sind 1543 entdeckt worden und bestehen aus 6 Inseln, von denen Baobeltaob von 300 qkm Fläche mit rund 8000 Bewohnern die wichtigste ist. Die ganze Gruppe
von einem breiten Riff umschlossen, durch welches mehrere Durchfahrten, die besten im N. und W. fübren, vulkanischen Ursprungs, reich bewässert und mit sehr gutem Ackerboden, fruchtbar. Gute Häfen sind Korror, Malakol, Erakong und English Parbour.
“ Zur Konkursstatistik.
Nach der vorläufigen Mittheilung des Kaiserlichen Statistischen Amts zur Konkursstatistit gelangten im ersten Vierteljahr 1899 im Deutschen Reiche 2182 neue Konkurse zur Zählung gegen 2006 im ersten Vierteljahr 1898.
Es wurden 215 Anträge auf Konkurseröffnung wegen Mangels eines auch nur die Kosten des Verfahrens deckenden Massebetrages abgewiesen und 1967 Konkursverfahren eröffnet; von den letzteren hatte in 1252 Fällen der Gemeinschuldner ausschließlich die Konkurs⸗ eröffnung beantragt.
Beendet wurden im ersten Vierteljahr 1899: 1500 (l. Viertel⸗ jahr 1898: 1430) Konkursverfahren, und zwar durch Schluß⸗ vertheilung 982, durch Zwangsvergleich 364, infolge allgemeiner Ein⸗ willigung 50 und wegen Maossenmangels 104. In 507 beendeten Konkursverfahren war ein Gläubigerausschuß bestellt. 1 11MX
Die Durchschnittspreise der wichtigsten Lebens⸗ und Futtermittel betru in den bedeutenderen preußischen Marktorten laus⸗ fölieblich von Trier) im Monat Mai 1899, der „Stat. Korr“ zufolge, für 1000 kg: Weizen 158 ℳ (im April d. J. 156, im Mai des Vorjahres 234 ℳ), Roggen 145 (139 bezw. 169) ℳ, Gerste 142 (142 bezw. 164) ℳ, Hafer 141 (139 bezw. 171) ℳ, Erbsen zum Kochen 224 (224 bezw. 228) ℳ, Speisebohnen 252 (251 bezw. 267) ℳ, Linsen 419 (421 bezw. 413) ℳ, Eßkartoffeln 49,2 (49,3 bezw. 56,5) ℳ, Richtstroh 35,8 (36,2 bezw. 40,7) ℳ, Heu 51 2 (51,6 bezw. 54,4) ℳ, Rindfleisch im Großhandel 1066 (1059 bezw. 1051) ℳ; im Kleinhandel für 1 kg: Rindfleisch von der Keule 1,35 (1,34 bezw. 1,36) ℳ, vom Bauch 1,15 (1,15) ℳ, Schweinefleisch 1,34 1,34 bezw. 1,36) ℳ, Kalbfleisch 1,33 (1,32 bezw. 1,28) ℳ, Hammel⸗ eisch 1,29 (1,27) ℳ, inländischer geräucherter Speck 1,58 (1.60 bezw. 1,59) ℳ, Eßbutter 2,18 (2,19 bezw. 1n8 ℳ, inländisches Schweine⸗ schmalz 1,57 (1,57 bezw. 1,59) ℳ, Mehl zur Speisebereitung aus Weizen 30 (31 bezw. 39) ₰, aus Roggen 26 (25 bezw. 30) ₰; für ein Schock Eier 2,86 (3,03 bezw. 2,83) ℳ Die meisten Preisänderungen gegen den Monat April d. J. weisen die vier Getreidearten auf, besonders der Roggen, für welchen an allen Marktorten Preiserhöhungen stattfanden. Am groöͤßten ist die Preissteigerung: beim Weizen in Stralsund um 6, in Gleiwitz und Kiel um je 5, in Bromberg, Magdeburg, Hannover, Paderborn, Neuß und Aachen um je 4 %, beim Roggen in Köslin um 11, in Stralsund um 10, in Königsberg i. Pr. um 9, in Kiel um 8, in Danzig, Bromberg und Stettin um je 7, in Halle a. S, und Cassel um je 6, in Posen, Gleiwitz, Berlin, Hannover, Osnabrück, Hanau und Aachen um je 5 ℳ, bei der Gerste in Paderborn um 17 und in Köͤnigsberg i. Pr. um 8 ℳ, beim Hafer in Königsberg i. Pr. um 10, in Aachen um 5, in Breslau und Kiel um je 4 ℳ — An Preisermäßigungen sind beim Weizen 2, bei der Gerste 7 und beim Hafer 1 eingetreten.
Zur Arbeiterbewegun
In Viersen sind, der „Köln. Ztg.“ zufolge, 300 Arbeiter der Seidenweberei von Schiffer u. Hamers ausständig.
Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.“ zum Ausstande der FSssne⸗ und Gießereiarbeiter der Firma Becker u. Co. in
eutzsch, daß die zwischen dem Comité der Ausständigen und dem Fabrikinhaber gepflogenen Verhandlungen gescheitert sind. Der Arbeit⸗ geber verlangte die bedingungslose Wiederaufnahme der Arbeit am 12. Juni und erklärte sich bereit, mit 20 seiner ältesten Arbeiter zu verhandeln. Die ausständigen Gebilfen lehnten dieses Anerbieten aber mit der Begründung ab, daß die Geschͤfte der Gehilfen aus⸗ schließlich das Ausstands⸗Comité zu führen habe. Inzwischen haben die Former von Leipzig und Umgebung in einer Versammlung be⸗ schlossen, gegen die Arbeitgeber entsprechende Gegenmaßregeln zu er⸗ greifen, insbesondere durch Aufstellung veuer Forderungen und event. durch Eintritt in eine Lohnbewegung, wenn der Verbandder Metall⸗ industriellen im Bezirk Leipzig seinen Beschluß aufrecht erhalten und durchführen sollte, wonach die bei der 85 Becker u. Co. in den Aus⸗ stand getretenen Arbeiter auf zwei Jahre ausgesperrt werden sollen, wenn sie nicht bis zum 12. Juni die Arbeit wieder aufnehmen sollten. Zugleich wird der Fabrikleitung als letzter Termin für die Bewilli⸗ gung der Gehilfenforderungen der 15. Juni gestellt.
Hier in Berlin haben die Steinsetzer den Ver⸗ gleichsvorschlag des E“ (vgl. Nr. 135 d. Bl.) einftimmig angenommen. Die Arbeitgeber lehnten die Forderungen der Gesellen und deren Lohntarif aufs neue ab. Der Ausstand der Steinsetzer ist damit auf unbestimmte Dauer verlängert. Das Einigungsamt des Gewerbegerichts wird, der „Voss. Ztg.“ zufolge, am Mittwoch einen Schiedsspruch fällen. .
In Verviers baben die Arbeiter der Aktien⸗Kammgarn⸗ spinnerei La Vervistoise die Arbeit eingestellt; sie verlangen 15 %, Lohnerhöhung. .““
Kunst und Wissens
Deutsche Kunstausstellung der Berliner Sezession. I.
L. K. — Es wäre voreilig, aus dem andauernd lebhaften Besuch der Sezessions⸗Ausstellung auf einen plötzlichen Umschlag der all⸗ gemeinen Meinung zu Gunsten der modernen Kunstrichtung zu schließen. Mode, Neugier und Sensationsbedürfniß führen sicher die Mehrzahl der Besucher in die Ausstelung hinein; wenn aber auch nur die Hälfte sie mit dem Bewußtsein verläßt, daß die hier zum Ausdruck kommende Sonderbestrebung lediglich auf eine schärfere Betonung des echt Künstlerischen im Kunstwerk gerichtet ist, dürfen die Veranstalter bereits mit dem Erfolg ihres Unternehmens zufrieden sein. Urtheils⸗ fähigkeit bildet und vertieft sich nur durch ruhiges und unbefangenes Betrachten sorgsam ausgewählter Kunstwerke. Dazu bietet eine kleine Ansstellung, die Minderwerthiges und Gleichgültiges ausschließt, ünstigere Gelegenheit als die Massenaufhäufung ungleichwerthiger Arbeiken, ebenso wie eine stilvolle Kammermusikaufführung den musikalischen Geschmack des Hörers eher wird als ein Monstrekonzert. 1.
Man hat in dieser ersten Ausstellung eine programmatische Ver⸗ ständigung mit dem Publikum angestrebt über das, was man für echte deutsche Kunst und als ihr Ziel ansieht. Daher sind auch eine Reihe älterer Arbeiten ausgestellt, an denen sich dies besonders gut demonstrieren läßt. Fünfzehn Bilder des Bauernmalers Wilhelm Leibl rücken die Bedeutung dieses konsequenten Realisten stark in den Vordergrund. Leibl, ist zwar in Köln zeboren, stammt aber aus einer bayerischen Familie und lebt seit langer Zeit in bäuerlicher Abgeschlossenheit in dem oberbayerischen Gebirgsflecken Aibling. Er ist völlig mit seiner Um⸗ gebung verwachsen und malt außer Bildnissen fast nur Gestalten und Scenen aus dem bayerischen Bauernleben. Das Bild, mir dem Leibl 1878 allgemeines Aufsehen erregte durch die minutiöse Realistik in Auffassung und Technik, „die Dorfpolitiker’“, ist am Tage der Er⸗ öffnung der Sezessions⸗Ausstellung für 83 000 ℳ an einen Berliner Kunstsammler verkauft worden und damit für Deutschland wiedergewonnen, nachdem es sich lange Zeit in amerikanischem Besitz befunden hatte. Schon der ungewöhnlich hohe Preis lenkt die Aufmerksamkeit der Besucher auf diese Schöpfung. Verwunderlicher als der Preis aber ist das Bild selbst: eine Meisterleistung exaktester Naturwiedergabe, etragen von feinstem malerischen Empfinden. Die „Malerei an sich 8 nicht weiter getrieben werden als hier. Ein Bild, an dem der Handwerker wie der Künstler stets neue Feinheiten entdeckt, an dem man jahrelang studieren kann, ohne damit fertig zu werden, und trotzdem — oder deshalb? — ein Kunstwerk, das mit dem ersten Anblick packt und sich unauslöschlich in die Erinnerun eingräbt. Man hat gelegentlich in Leibl's Köpfen den Ausdru feelischen Lebens vermißt, ihnen eine gewisse Starrheit vergeno hen angesichts dieses Bildes richten sich solche Bedenken selbst. Das, Maler hier schildert, ist nicht nur beobachtet, sondern mit⸗ erlebt.
läutern
wenigen Pinselhieben eutstanden scheinen (Nr. 102, 99, 107) von innerem Leben, welch ein echter und doch nicht aufdringlicher Humor lebt in einzelnen seiner Interieurs, z. B. dem „Sparpfennig“ (104)! vars von Leibl's Feinmalerei, wie das Bauernmädchen im weißen Kopftuch (103), rechtfertigen, wie wenige andere moderne Bilder, das oft mißbrauchte Schlagwort von holbeinischer Glätte und Durch⸗ sichtigkeit. Die malerische Delikatesse, mit der nur ein Streifen des h Mieders noch in den Bildrahmen einbezogen ist, die große Wirkung dieser kleinen und scheinbar zufälligen Ursache, das alles sind Wunder der Genuialität, die immer wieder und wieder den Sinn und die Gedanken des Beschauers gefangen nehmen und festhalten. Gerade weil der Gegenstand keine besondere Anforderung an den Geist des Betrachters stellt, kann dieser sich mit den rein künstlerischen Qualitäten eingehend beschäftign. Wenn es gälte, den Begriff des Malerischen in allen Einzelheiten zu erläutern, könnte man kein besseres Beispiel wählen, als eine Arbeit Leibl's. Von seinen Pariser Studien, aus denen Ribera, Frans Hals und Goya hervordlicken, sind besonders das Bild einer alten Frau (96) und der französische Revolntionsheld (97) zu nennen, und es hat einen besonderen Reiz, zu verfolgen, wie der Maler allmählich auf dem seragen Wege, den ihm seine Begabung vorschreibt, zum Ziele schreitet.
An Leibl haben sich — obwohl er niemals Schüler hatte — zahl⸗ reiche Münchener inspiriert und gebildet, und man kann in dem Atelier⸗ ton, den fast keiner der Münchener Sezessionisten ganz zu über⸗ winden vermag, die guten und bösen Wirkungen des großen Vorbildes studieren. Am engsten schließt sich ihm Wilhelm Trübner an, dessen weiblicher Studienkopf (173) dafür als Zeuge aufgeführt werden kann. Trübner ist derber und flotter, sein Fleischton röͤthlich durchleuchtet, im übrigen die Gesammthaltung seiner Bilder mit fast eigensinniger Vorliebe auf ein dunkles Grün gestimmt. In seiner 9. entlich recht brutalen Technik (171) kommt ein starkes, vom Augenblick inspiriertes Temperament zum Ausdruck. Sebr ernst, fast schroff und dennoch durch seine Größe und Innigkeit des Naturgefühls fesselnd wirkt die Landschaft von Charles Tooby (170) Auch Hugo Frei⸗ bderrn von Habermann's weibliche Bildnisse mit ihrem grün⸗ lichen Helldunkel und ihrer pariserischen Pikanterie, geistreich bei aller Häßlichkeit, verleugnen den Münchener Dunstkreis, in dem sie entstanden, nicht. Trotz aller Selbständigkeit, deren man sich rühmt, ist hier doch mehr Gemeinsames, mehr Zusammenhang mit den alten Meistern, ja auch eine gewisse Gleichartigkeit im Aufnehmen fremder Einflüsse wahrnehmbar als an anderen Kunststätten. Die Porträts von Carl Marr (122a) Leo Samberger (143 —145), die zierlichen Empire⸗Interieurs von Hans Borchardt (19), aber auch die handfertigen, in ihrer Phantastik etwas äußerlichen Bacchanalien von Franz Stuck (164, 163), ebenso wie die des noch weniger geschmackvollen, aber geschickten Louis Corinth (31, 32): sie alle kann man sich schlechterdings nur in München entstanden denken. Auch der Parisismus eines Schlittgen (146), an dem sich Ferdinand Melly (224), Robert Breyer (23) und Hierl Deronco (70) Pe haben, behaält immer einen Stich ins spezifisch Münchnerische.
as bedeutet keine Schwäche des Einzelnen, sondern zeugt von der Intensität der dortigen Kunstatmosphäre, der sich auch Fritz vos Uhde (175) nicht zu entziehen vermag. Nur die starke An⸗ lebnung an Whistler unterscheidet das weibliche Porträt von Winternitz (185) augenfällig von seinen Genossen. Hubert von Heyden (69) und Franz Grs ssel (54) vertreten die Münchener Thiermalerei mit vielem Glück, Geschmack und koloristischem Können. Ein noch wenig abgeklärtes, aber starkes Talent offenbart Max Slevogt in seinem Triptychon des „verlorenen Sohnes“ und in einem „Todtentanz“: herausfordernd häßlich, übertrieben in der Betonung des Charakteristischen, sodaß der Beschauer zuerst sich abgestoßen fühlt, dabei aber von einer staunenswerthen Kraft farbiger Illusion und einem Temperament der Einbildungskraft, das schließlich auch den Widerstrebenden mit in seinen krausen Wirbel reißt. Man darf auf die Entwickelung dieses noch ungeberdigen Talents gespannt sein.
Am Donnerstag, den 8. d. M., ist hier in Berlin der Maler, Professor Otto von Kameke plötzlich verstorben. Er war am 2. Februar 1826 zu Stolp in Pommern geboren, widmete sich An⸗ fangs dem Militärdienst und hatte bereits den Dienstgrad eines Haupt⸗ manns erreicht, als er sich im Jahre 1860 ganz der Kunst zuzuwenden beschloß. Er siedelte zunächst nach Rom über, um dort zwei Jahre dem Studium der Natur obzuliegen, und trat dann in die Kunstschule zu Weimar ein, wo er eine Zeit lang Schüler von Böcklin und Michaelis und Feae des Grafen Kalckreuth wurde, nach dessen Landschaften er sich am meisten bildete. Er malte vorzugsweise Gegenden aus dem Hoch⸗ gebirge in Oberbayern, der Schweiz und Tirol, aber auch aus dem norddeutschen Flachland. Seine Auffassung hatte den Cha⸗ rakter des Großartigen, EFrhabenen; seine Pinselführung war kräftig und breit. Zu den bedeutenderen seiner Landschaften gehören: „Am Obersee bei Berchtesgaden“, „St. Bartholomä am Königssee“, „Der Vierwaldstäͤtter See“, „Das Wetterhorn“, „Wengern⸗Scheideck“, „Der Hintersee mit Alpenglühen“, „Der Urirothstock“, „Sisenhammer bei Kufstein“, „Große Scheideck“, „Am Genfer See“, „Die Engsteler Alp“, „Die St. Gott⸗ bardstraße“ (1879, in der Berliner National⸗Galerie), „Trafoi und das Stilfser Joch“, „Die drei Zinken im Ampezzo⸗ thal“, „Schloß Runkelstein im Sarnthal“, „Blick ins Chamonixthal“, „Via mala“ und „Bernina“. — Der Verstorbene, welcher seinen Wohnsitz in Berlin hatte, erhielt im Jahre 1879 die kleine goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft, wurde im Jahre 1886 Mitglied der Akademie der Künste und im Jahre 1889 zum Professor ernannt.
Theater und Musik.
Kbnigliches Opernhaus. ..X
Fräulein Fritzi Scheff vom Hoftheater in München eröffnele am Sonnabend in der Titelrolle von Friedrich von Flotow’s Oper „Martha“ ein auf Engagement abzielendes Gastspiel. Ihre zierliche Gestalt und ihre muntere Beweglichkeit im Spiel ließen sie für die Darstellung der Rolle der übermüthigen Lady Durham äußerlich recht geeignet erscheinen; gesanglich war sie ihrer Aufsabe dagegen weniger gewachsen, denn weder reichte ihre nicht besonders ausgiebige Stimme für den weiten Raum des Opernhauses aus, noch konnte ihre Art zu singen, ins⸗ besondere die Neigung, die Koloraturen zu verwischen, recht befriedigen. Auch den Lyonel gab ein Gast, der hier bereits bekannte Herr Burrian vom Stadt⸗Theater in Hamburg, welcher aufs neue von seinen gesang⸗ lichen und darstellerischen Vorzügen Zeugniß ablegte. Die Besetzung der übrigen Partien war die hier übliche.
Königliches Schauspielhaus.
Die erste Aufführung des Lustspiels „Auf Strafurlaub“ von Gustav von Moser und Thilo von Trotha fand am Sonn⸗ abend die freundliche und fröhliche Aufnahme, welche den Arbeiten Moser's erfahrungsmäßig zu tbeil zu werden pflegt. Wenn der greise Luftspieldichter auch nicht mehr viel Neues zu sagen hat, so weiß er, im Verein mit seinem jängeren Mitasbeiter, die alten ihm läͤufigen Lustspielmotive so geschickt zu variieren und den heiteren Theaterfiguren immer neue belustigende Charaktereigenthümlichkeiten zu verleihen, daß die Zuschauer ihm stets mit Interesse folgen. In kluger Selbstbeschränkung halten sich die Verfasser auch in dem neuen Lustspiel innerhalb der Grenzen der gewohnten Erfolge Moser’s, der hier wieder jene Kreise der Gesellschaft zeichnet, in denen er sich voll⸗ ständig heimisch fühlt, und welche er mit feinem Blick vorurtheilsfrei beobachtet hat. Dadurch gewinnen seine Bühnenhelden und ⸗Heldinnen, die verabschiedeten und aktiven höheren Offiziere, die Leutnants und ihre Burschen, die gutmüthigen Tanten, fürsorglichen Mütter und kecken jungen Mädchen höherer Stände eine anheimelnde Natürlichkeit und Frische des Wesens, durch welche sie den Zuschauern immer wieder gefallen. Am Sonnabend war es nament⸗ lich der liebenswürdige Leutnant Waldy von Felsen, der die Herzen der Zuschauer für sich gewann, obgleich er seiner Schulden wegen
Und wie sprühen nicht seine Bildnißköpfe, die oft nur aus
„auf Strafurlaub“ auf das väterliche Gut geschickt wird. Der kecke