einander, wobei mehrere Personen, darunter eine des Wege
kommende alte Frau, verwundet wurden. Ein anderer Trupp von Theilnehmern an der Protestversammlung, welcher etwa 150 Personen zählte, war inzwischen über den Ring gezogen, um nach dem Rathhaus zu marschieren, wurde aber auf dem Ring von der Polizei zerstreut. Hierbei wurden zwei Per⸗ sonen wegen Widersetzlichkeit verhaftet.
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses brachte der Minister⸗Präsident von Szell den Ge⸗ setzentwurf, betreffend die Ordnung des Zoll⸗ und Handelsverhältnisses zu Oesterreich und einige damit zusammenhängende Fragen, ein.
In dieser Vorlage wird darg legt, daß, da es nicht gelungen sei, das Zoll⸗ und Handelsbündniß mit Oesterreich uvnter Mitwirkung des österreichischen Reichsraths zu schließen, die gesetzlichen Zustände be⸗ züglich des Zoll⸗ und Handelswesens auf Grundlage des selbständigen Verfügungsrechts, jedoch mit einigen Abänderungen, bis zum 31. De⸗ zember 1907 aufrecht erhalten würden. Die in diesem Zeitraum abzu⸗ schließenden Handelsverträge würden namens der beiden Stagten der Monarchie durch den Minister des Aeußern in der bisherisen Weise abge⸗ schlossen werden. Eine wesentliche Abänderung der Bestimmungen über die Zollgemeinsamkeit besteht darin, daß von den Steuerrestitutionen und Ausfuhrbonifikationen, welche nach den über die Zollgrenze ausgeführten verzehrungssteuerpflichtigen Gegenständen zu leisten sind, Ungarn vom 1. Januar 1900 ab nur jenen Antheil zu tragen hat, welcher auf seine Ausfuhr, statt wie bisher auf seine Produktion, entfällt. Da gesetzlich nur eine Zollgemeinsamkeit und nicht ein verfassungsmäßig zugestandenes Zollbündniß geschlossen wird, so ordnet § 3 an: Die Re⸗ gierung wird angewiesen, wegen Abschlusses eines Zoll⸗- und Handelsbüad⸗ nisses mit den übrigen Königreichen und Ländern Seiner Majestät, sowie zu dem Zwecke, daß in den mit den fremden Staaten zu schließenden Hanrelsverträgen die Interessen des Landes gehörig zur Geltung ge⸗ langen, mit der österreichischen Regierung spätestens im Jahre 1901 Verhandlungen einzuleiten. § 4 bestimmt: Insofern bis zum Jahre 1903 ein Zoll⸗ und Handelsbündniß im Sinne des § 61 des Gesetzartikels 12 vom Jahre 1867 nicht zu stande kommt, können die internationalen Handelsverträge auf keine längere Zeit, als auf die Gültiskeitsdauer dieses Gesetzes, d. i. bis Ende 1907, abgeschlossen werden. Der autonome Zolltarif muß vor Beginn der Verhandlungen mit dem Auslande durch einen neuen Zolltarif ersetzt werden, durch welchen die landwirthschaftlichen und industriellen Interessen beider Staaten in gleicher Weise F. werden. Jeder der beiden Staaten hat das Recht, die Kündigung der ablaufenden Handels⸗ verträge im Sinne der Artikel 3 und 20 des Gesetzes vom Jahre 1878 zu fordern. Die Handelsverträge ohne Ablaufstermin sind auf Verlangen eines jeden der beiden Staaten auf den Termin von 1903 zu kündigen. § 5 bestimmt: Falls während der Geltungsdauer dieses Gesetzes die Reziprozität in den übrigen Ländern Seiner Majestät, aus welchem Grunde immer, eine Veränderung erleiden sollte, wird die Regierung angewiesen, die zur Wahrung und Geltendmachung der finanziellen und wirthschaftlichen Inter⸗ essen des Landes erforderlichen Gesetzentwürfe unverzüglich dem Reichstage vorzulegen. Insoweit zu diesem Zwecke die Nothwendig⸗ keit sofortiger Maßnahmen sich ergeben sollte, kann die Regierung die als nothwendig erscheinenden Maßregeln im Verordnungswege ins Leben treten lassen. Diese Verordnungen sind jedoch dem Reichstage, wenn er versammelt ist, binnen 14 Tagen, wenn er nicht versammelt ist, sofort nach dem Zusammentritt desselben vorzulegen. Das Nicht⸗ einhalten einer der im § 4 festgesetzten Bedingungen hat die Rechts⸗ wirkung des Nichteinhaltens der Reziprozität. § 6 bestimmt: Dieses Gefetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Wirksamkeit. Mit dem Vollzuge ist die Regierung betraut.
Der Minister⸗Präsident von Szell begleitete die Ein⸗ bringung des Gesetzentwurfs mit einer längeren Rede, in welcher er nach dem Bericht des „W. T. B.“ sich, wie folgt, äußerte:
Er babe sich besonders zwei Gesichtspunkte bei dem Abschluß des Ausgleichskompromisses vor Augen gehalten: Einerseits sei er ent⸗ schlossen gewesen, dem bereits vier Jahre dauernden Ausgleichshader ein Ende zu machen, andererseits sei er sorgfältig darauf bedacht gewesen, daß die Lösung aller Fragen im Sinne sowohl seines Pro⸗ gramms, als auch in Uebereinstimmung mit dem zwischen den Parteien des Abgeordnetenhauses geschlossenen Pakt erfolge. Der Minister⸗ Präsident erörterte biesas die dem Hause unterbreitete Gesetzesvorlage, die an die Stelle einer anderen Vorlage über ein Zoll⸗ und Handels⸗ bündniß trete, welche ein parlamentarisches Uebereinkommen mit Oesterreich vorausgesetzt habe, und die hiermit zurückgezogen werde. Die anderen Ausgleichevorlagen, welche von der Konsumsteuer, der Durchführung der Valutaregulierung und der Bankorganisation handelten, würden jedoch aufrechterhalten. Bezüglich des Bank⸗ statuts, dessen Gültigkeit bis zum Jahre 1910 festgesetzt sei, werde ein Amendement beantragt werden, welches dahin gehe, daß die Bankgemeinschaft aufhöre, falls eventuell die Zoll⸗ gemeinsamkeit im Fale 1907 aufhören sollte. Zugleich werde die für diesen Fall eintretende Entschädigungspflicht an die öͤsterreichisch⸗ungarische Bank in ihrem Umfang festgesetzt werden. Die Vereinbarung über die Zoll⸗ und Handelssachen gelte bis zum Jahre 1907, während sie früher im Jahre 1903 respektive 1904 geendigt haben würde, somit mit dem Ablaufstermin der internationalen Handels⸗ verträge zusammengefallen wäre. Der Minister⸗Präsident wies so⸗ dann darauf hin, daß die Aktionsfreiheit, die durch die Identität des Ablauftermins der österreichisch⸗ungarischen Zollgemeinsamkeit und der internationalen Handelsverträge vollständig gewährt sei, sogar mit starken Garantien gesichert worden sei. Die Monarchie werde neue Handelsverträge nur bis zum Jabre 1907 schließen; es könne Kündigung auf einseitigen Wunsch, sei es Ungaens, sei es Oesterreichs, erfolgen, auch werde der autonome Zolltarif, der bei Nichtzustandekommen von Handelsverträgen mit dem Ausland in Kraft trete, im Sinne der gleichmäßigen Berücksichtigang der landwirthschaftlichen und industriellen Fnteressen neu umgearbeitet werden. Der Minister⸗Präsident erklärte ferner, das Kompromis enthalte gleichmäßig Vortheile für beide Staaten. Man könne weder von einem Triumph Ungarns noch von einem solchen Oesterreichs sprechen. Es sei thatsächlich ein Ausgleich der Interessen, ein Ausgleich im wahren Sinne des Wortes getroffen worden, in dessen Gefolgschaft hoffentlich der Geist des gegenseitigen Sichverstehens und der Eintracht die Herrschaft
sewinnen werde, und der im Interesse der Machtstellung der Monarchie
ehufs Entfaltung der wirthschaftlichen Kräfte so wünschenswerth er⸗ scheine. Der Minister⸗Präsident ersuchte das Haus, darüber sein
Urtbeil abzugeben, ob er bei der Führung der schwierigen Vechandlungen sich stets von dem Gefühl der Verantwortlichkeit für die Interessen des Landes babe leiten lassen. Er beanztage die dringliche Be⸗ handlung der Vorlage, welche sofort dem Ausschuß überwiesen und Mitte nächster Woche im Plenum verhandelt werden solle.
Der Minister⸗Präsident von Szell beendete seine Rede, die an vielen Stellen von lebhaftem Beifall, auch seitens der Opposition, unterbrochen wurde, unter großen Ovationen. Der Antrag des Minister⸗Präsidenten wurde darauf vom ganzen Hause angenommen. Namens der Unabhängigkeitspartei erklärte der Abg. Kossuth, der Minister⸗Präsident habe die Vereinbarung mit der Oppofition nicht verletzt. Seine Partei werde, obwohl sie ein selbständiges Zollgebiet anstrebe, das Zustandekommen des Ausgleichs nicht verhindern. In gleich zustimmendem Sinne äußerten sich die Führer der anderen oppositionellen Fraktionen. Im Namen der klerikalen Volkspartei erklärte ihr Führer Rakovszky, den Ausgleich unterstützen zu wollen.
In parlamentarischen Kreisen wird angenommen, daß sämmtliche Ausgleichsvorlagen in spätestens drei Wochen im Plenum erledigt sein würden. 186 Serameeewm nmnenen
rüsten.
Großbritannien und Irland.
Der Wortlaut der Antwort des Staatssekretärs für die Kolonien Chamberlain auf die Petition der Uitlanders ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern amtlich veröffentlicht worden. Die Antwort bildet eine Anklage gegen die politische, Finanz⸗ und Justiz⸗Verwaltung der Südafrikanischen Republik.
Das „Reuter’sche Bureau“ erfährt, daß in der Alaska⸗ Grenzfrage ein zeitweiliges Abkommen getroffen worden sei, welches bis zum Wiederzusammentritt der britisch⸗ amerika⸗ nischen Kommission im August d. J. Geltung habe.
Frankreich. 29196 11c Ueber die Lage der ministeriellen Krisis am gestrigen Abend macht die „Agence Havas“ folgende Mittheilungen: Bestimmte Anzeichen für die Lösung der Krisis sind noch nicht vorhanden, doch scheint Poincaré mit den von ihm gethanen Schritten zufrieden zu sein. Auf Befragen erklärte Poincaré, er sei eifrigst beschäftigt mit der Feststellung eines Programms für das neue Ministerium. In der Unterhandlung Poincaré’s mit den Präsidenten der Kammer und des Senats, sowie mit Brisson und Barthou kam auch die Zutheilung von Portefeuilles an Delcassé und Krantz zur Erörterung. Die republikanische Mehrheit des Senats und eine große Anzahl Radikaler der Kammer wünschen den Senator Monis zum Justiz⸗Minister. Del⸗ cassé erklärte in unzweideutiger Weise, daß er nur das Porte⸗ feuille der auswärtigen Angelegenheiten annehmen würde. Bourgeois ließ Poincaré wissen, er könne seine Mission im Haag nicht aufgeben. Der Kreuzer „Sfax“ wird Dreyfus in Brest landen. Die Direktion des Kriegshafens hat gestern den Befehl er⸗ halten, den Kreuzer nach seiner Ankunft sofort wieder auszu⸗
Italien.
8 In der Deputirtenkammer beklagte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern bei der Berathung der Vorlage, betreffend Bewilligung eines Budget⸗Provisoriums, der Deputirte Fnwarbeih die Obstruktion, welche die parlamentarischen Einrichtungen diskreditiere, und maß dem Ministerium die größere Schuld für diese neue Erscheinung zu. Dasselbe hätte, um die Obstruktion zu bekämpfen, mit offenem Visier fechten und Ideen ebenfalls Ideen entgegenstellen müssen. Redner bekämpfte die politischen Maßnahmen und erinnerte daran, daß er, L“ dem Ministerium Rudini aus⸗ geschieden sei und eine Krise herbeigeführt habe, gerade weil er durchaus nicht die Einbringung politischer Maßnahmen, welche di Rudini beabsichtigt habe, hätte billigen können. Zanardelli bedauerte es, daß die politischen Meßnahehen ge⸗ sondert von den die wirthschaftliche Entwickelung betreffenden vor das Parlament kämen, und bekämpfte die Politik des Minister⸗Präsidenten Pelloux. Redner schloß mit der Erklärung, er könne die Forderung, das provisorische Budget zu votieren, nur als einen Ausweg ansehen, um das Ministerium aus einer unhattbaren Position zu befreien; er vermöge indeß dem Ministerium kein Vertrauensvotum zu er⸗ theilen. Der Deputirte Giolitti betonte die Nothwen⸗ digkeit der die wirthschaftlichen Verhältnisse betreffenden Maßnahmen und bedauerte, nnß das Ministerium die vom letzten Kabinet beaantragten Maßnahmen habe fallen lassen. Redner drang auf die schleunige Einführung von Re⸗ formen, welche die Unzufriedenheit verringern würden. Gewalt sei noch niemals von Nutzen gewesen. Der Deputirte Prinetti trat Giolitti entgegen und be⸗ tonte die Nothwendigkeit der politischen Maßnahmen sowie der Steuerreformen, machte bezüglich’ mehrerer Punkte des Programms des Kabinets Vorbehalte und schloß mit den Worten, es sei die Pflicht Aller, sich um die Regierung zu schaaren, um ihr die Kraft zur Vertheidigung der bestehenden Einrichtungen zu verleihen. Der Deputirte di Rudini äußerte seinen Unwillen darüber, daß die Be⸗ rathung 25* benutzt worden sei, politische Animositäten kund⸗ zuthun, welche sich sogar bis zu respektloser Sprache gegenüber Mitgliedern der Königlichen Familie, die dem Herzen des Volkes theuer seien, verstiegen hätten. (Di Rudini hatte hierbei die Angriffe der sozialistischen Abgg. Bissolati und Ferri gegen die Prinzen des Königlichen Hauses im Auge.) Der Minister⸗Präsident Pelloux schloß sich den Aus⸗ führungen di Rudini's, welche dessen vornehmen Sinn be⸗ zeugten, an und sprach seine Freude über die Aufnahme aus, welche dieselben im Hause gefunden hätten. Die politische Lage habe sich seit der Abgabe der Erklärungen des Ministeriums am 25. Mat nicht verändert, er habe somit heute nichts hinzuzufügen. Der Minister⸗Präsident betonte, daß die Regierung sich eifrig bemühe, die siskalischen Härten zu beseitigen, und den Vorlagen finanzieller Natur die Priorität eingeräumt haben würde, wenn sie in der Kammer die erforderliche Zustimmung gefunden hätte. Das Parlament habe wenig zu stande gebracht; wen treffe aber die Schuld? Er verlange die Bewilligung des provisorischen Budgets ohne Vorbehalt. Pelloux schloß mit der Erklärung, die Regierung stelle die Vertrauensfrage. Der Deputirte Pantano brachte nunmehr namens der aͤußersten Linken eine Tagesordnung ein, welche das provisorische Budget auf einen Monat bewilligt. Der Deputirte Frascara und Genossen brachten eine Tagesordnung ein, welche besagt: Die Kammer geht nach Anhörung der Regierungserklärungen zur Spezialberathung der Vorlage über. Der Minister⸗Präsident Pelloux lehnte die Tagesordnung Pantano ab, während er die Tagesordnung Frascara, durch welche der Regierung Vertrauen bekundet werde, annahm. Hierauf erfolgte die Abstimmung. Zunächst verwarf das Haus mit sehr großer Mehrheit durch Aufstehen und Sitzenbleiben die Tagesordnung Pantano. Sodann wurde die Tagesordnung Frascara in namentlicher Abstimmung mit 252 gegen 88 Stimmen ange⸗ nommen. S wurde zuerst der einzige Artikel der Vor⸗ lage, betreffend ein sechsmonatiges Budgetprovisorium, durch Aufstehen und Sitzenbleiben und sodann der Gesetzentwurf als solcher in geheimer Abstimmung mit 203 gegen 85 Stimmen angenommen. Die Sitzung wurde dann geschlossen. 5 Spanien. F Der Senat verhandelte gestern über den Vertrag, be⸗ treffend die Abtretung der Südsee⸗Inseln an Deutsch⸗ land. Der Senator Campogrande sprach, wie „W. T. B.“ meldet, gegen bven von der Kommission erstatteten Bericht und gab eine historische Uebersicht über die Entwickelung der Handelsbeziehungen zwischen Spanien und Deutsch⸗ land, um nachzuweisen, daß es für Spanien nicht angezeigt erscheine, die in dem Entwurf des Abkommens festgesetzten Handelsvortheile zu gewähren. Der Senator Ochoa (ultra⸗ montan) bekämpfte ebenfalls heftig die Abtretung der Südsee⸗
Inseln. Der Senator Lugue brachte ein Amendement zu dem Artikel 4 des Vertrages ein, welches dahin lautete: die deutsche Regierung solle 20 Millionen Mark in Gold zahlen statt 25 Millionen Pesetas. Das Mitglied der Kommission Senator Toca bekämpfte dieses Amendement, indem er auf die Handels⸗ bchishunaen hinwies und betonte: Deutschland habe seine Ver⸗ pflichtungen Spanien gegenüber loyal erfüllt, jetzt biete es Spanien die Behandlung als meistbegünstigte Nation an. Nachdem noch der Minister⸗Präsident Silvela in demselben Sinne gesprochen und die unveränderte Annahme des Berichts verlangt hatte, wurde der Vertrag angenommen.
8 Amerika.
Aus Manila ist folgendes Telegramm des Generals Otis in Washington eingetroffen: Die Truppen des Generals Lawton, welche das Land südlich von Bacor besetzt halten, unternahmen eine Rekognoszierung westlich und südlich auf der Linie des Zapotflusses und auf der Straße nach Bacor. Die Aufständischen zogen sich nach Imu zurück. Am 13. d. M. fand ein hesicgen Gefecht statt, bei welchem die Amerikaner 10 Todte und 40 Verwundete hatten. Die Verluste der Aufständischen sind sehr schwere. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dieselben in den südlichen Provinzen weiter keinen entschiedenen Widerstand leisten werden.
Hn Afrika. Aus Pretoria vom gestrigen Tage berichtet das „Reuter'sche Bureau“: der Volksraad habe beschlossen, die Vorlage, betreffend das Wahlrecht, anzunehmen, jedoch vor Inkraftsetzung derselben das Volk zu befragen. Der Präsident Krüger habe dem Volksraad in einer Rede gedankt, in welcher er sagte: es seien unruhevolle Zeiten; er wisse nicht, was kommen werde. Die andere Seite habe kein Tüpfelchen zugestanden; er habe nicht mehr zugestehen können. Er wünsche den Krieg nicht, habe aber nicht mehr weggeben wollen. Gott habe den Boeren stets beigestanden und die 1.“ obgleich sie einmal verloren gegangen, wieder⸗ ergestellt.
Wie dasselbe Bureau aus Johannesburg meldet, wird das Hauptverfahren in dem Verschwörungsprozeß eröffnet werden. Die Staatsanwaltschaft habe erklärt, sie wolle der britischen Regierung nicht unterstellen, Mitwisser der Ver⸗ schwörung gewesen zu sein. de., Hrnterke, Katasttran. 86
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88sg Parlamentarische Nachrichten.
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Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (93.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, wurde die dritte Lesung des Entwurfs eines Invalidenversicherungs⸗ gesetzes fortgesetzt.
Die Berathung ist bis zum § 130 gelangt, hinter dem die Sozialdemokraten den in zweiter Lesung abgelehnten Abschnitt IVa („Schutzvorschriften“, §§ 130a bis 130 e) wiedereinzufügen beantragen.
An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes, außer dem sächsischen Ministerial⸗Direktor Dr. Fischer, die Abgg. Roesicke⸗Dessau (b. k. F., Wurm (Soz.), Dr. Lehr (nl.), Zeidler (d. kons.) und Dr. Hitze (Zentr.).
— In der heutigen 885) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel, der
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister für
Landwirthschaft ꝛc. Fesherr von Hammerstein, der Minister des Innern Freiherr von der Recke, der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld, der Kriegs⸗Minister, Generalleutnant von Goßler und der Staats⸗Minister, Staats⸗ sekretär des Reichs⸗Marincamts, Kontre⸗Admiral Tirpitz beiwohnten, sollte der von der Kommission abgelehnte Gesetz⸗ entwurf, betreffend den Bau eines C. hbpflehete aesebs vom Rhein bis zur Elbe, zur zweiten Berathung gelangen. 1 23 Nachdem der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichs⸗ kanzler Fürst zu Hohenlohe im Namen der preußischen Staatsregierung eine Erklärung abgegeben hatte, die morgen im Wortlaut mitgetheilt werden wird, nahm jedoch das
Haus mit 240 gegen 160 Stimmen einen Antrag des Abg.
Freiherrn von Heereman (Zentr.) an, die Vorlage an die Kommission zurückzuverweisen. Schluß 12 ½ Uhr. S.z1t se E. Hi im nn6⸗
Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure vom 12. bis 14. Juni in Nüruberg2). Fiäniuh
1“ Mittwoch, den 14. Juni.
In der beutigen dritten Sitzung sprach zuerst Professor E. Meyer⸗Göttingen „über große Gasmaschinen“, Der Gas⸗ motor, der eine sehr viel günstigere Wärmeausnutzung besitzt als die Dampfmaschine, bekam, wie der Redner ausführte, erst dann als Be⸗ triebskraft für größere Anlagen Bedeutung, als es dem Eng⸗ länder Dowson geiang, ihn mit dem billigen Kraftgas zu speisen. So entwickelte sich ungefähr seit dem Jahre
gün
1886 der Bau größerer Gasmaschinen; doch kam man erst anfangs 88 der neunziger Jahre dazu, 100 PsS sicher in einem Zylinder zu V“ In der letzten Zeit hat aber die Gasmotorenindustrie wieder
wickeln. einen mächtigen Ansporn zur Ausgestaltung großer und größter Gas-⸗ motoren erhalten, seit man den Versuch gemacht hat, an Stelle des Leucht⸗ oder Kraftgases die den Hochofen verlassenden brennbaren Gichtgase zur Speisung der Gasmotoren zu verwenden. Ein Theil derselben wurde bis zuletzt ins Freie geblasen, ein anderer Theil in Dampfanlagen zur Heizung der Dampfkessel nur schlecht ausgenu t. Die seit ungefähr drei Jahren mit Gichtgasmotoren gemachten Er⸗ fahrungen lassen die Hoffnung gerechtfertigt erscheinen, daß es ge⸗ lingen wird, auf einem Hochofenwerke von 600 t täglicher Eisen⸗ erzeugung ungefähr 10⸗ bis 12 000 PsS lediglich durch die vorhandenen Gichtgase in Gasmotoren zu erzeugen., während in Dampfmaschinen nur etwa 4000 PsS geleistet werden können. Dies ist einerseits für die Eisenindustrie von großem Gewinn, andererseits aber für das Auf⸗ blühen der Gasmotorenindusftrie von außerordentlicher Bedeutung. vgasens tig nstgsc A. amknnonsch ck..
*) S. a. Nr. 138 d. Bl.
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Redner besprach dann die Schwierigkeiten, die sich dem Bau roßer Gasmotoren entgegengestellt haben, und wie es gelungen ist, e mehr und mehr 8. überwinden. Der hewährte Viertaktmotor wird
zum Bau von Maschinen bis zu 1000 PS heute schon verwender, indem vier Zylinder, deren jeder 250 PS entwickelt, auf eine gemeinschaftliche Kurbelwelle arbeiten. Es werden aber auch die Zweitaktmaschinen, die sich für Kleinmotoren als zu tbeuer erwiesen hatten, nach neuen Grundgedanken wieder gebaut. Die erste große (600 pferdige) Gicht⸗ gasmaschine, die überhaupt zur Aufstellung kam, ist nach dem von Oechelhäuser'schen Zweitaktivstem im vorigen Jahre in Hörde in Betrieb gesetzt worden. Für dieselben Leistungen fallen bier die Abmessungen der Arbeitszylinder kleiner aus als beim Viertakt, wofür dann besondere Gemengepumpen vorhanden sind, die ihnen das aus Luft und Gas bestebende explosible Gemenge zufübren. Einen theoretischen Vortbeil besitzt der Zweitakt vor dem Viertakt nicht; es muß sich vielmebr erweisen, ob sich die Zweitaktmaschine billiger herstellen und dem Hüttenbetriebe besser anpassen läßt als die recht zuverlässige Viertaktmaschine. 1 1
Hierauf ging Redner auf die Theorie der Gasmotoren über und erörterte die Gesichtspunkte, die für die Beurtheilung des Gas⸗ verbrauchs und der Wärmeausnutzung maßgebend sind. Dabei wies er nach, daß der unpollständigen Verbrennung im Gasmotor ein viel größerer Einfluß zukommt, als öfters angenommen wird. Sie rührt von einer schlechten Mischung von Gas und Luft her, und das Hauptaugenmerk ist daber auf sorgfältige Mischung zu richten. Fals die spezifischen Wärmen der Gase von Mallard und Lechatelier richtig angegeben sind, so läßt sich berechnen, daß durch die Wärmeabfuhr an die Wandungen und andere Unvollkommenheiten nur ungefähr 15 % der Arbeit verloren geben, die in einer verlust⸗ losen Maschine geleistet würde. Als Gasverbrauch bester Leuchtgas⸗ maschinen, die mit hoher Kompression arbeiten, wurden vom Redner in mehreren Fällen 440 bis 450 1 pro Bremspferdekraft und Stunde ermittelt, was einer Wärmeausnugung von 29 % entspricht.
Mit sorgfältig konstewierten Gasmaschinen kann heute eine ebenso große Gleichförmigkeit und Regulterfähigkäit des Ganges erzielt werden wie mit Dampfmaschinen, sodaß sie, mit Kraftgas gespeist, insbesondere zum Betrieb elektrischer Zentralen sehr geeignet sind. Die Bedienung solcher Maschinen ist sehr bequem, die Reparaturbedürftigkeit gering; Anzeichen dafür, daß ihre Lebensdauer beschränkt sei, sind auch nicht vor⸗ handen. Die Nachbarschaft wird durch Rauch nicht belästigt. Was aber die Kraftgasmaschinen vor allem auszeichnet, ist der geringe Koblenverbrauch. Während bei kleineren elektrischen Zentralen mit Dampfmaschinenbetrieb für die Kilowattstunde erzeugter klektrischer Energie im Durchschnitt ungefähr 3 kg Kohle verbraucht werden, genügen bier bei entsprechenden Gasmaschinenanlagen nach genauen Aufzeichnungen der Elektrtzitätswerke 1 bis 1,7 kg Kohle (deutscher und belsischer Anthrazit, Gaskoks); dabei sind die Koften für die Amortisation, Verzinsung und Bedienung nicht größer als bei der Dampfmaschine. Bei Leitern von Elektrizitätswerken, die mit Gasmaschinen ausgerüstet sind, herrsche daher, soweit dem Redner bekannt, die Ueberzeugung, daß bis zu Anlagen von etwa 500 PS die Gasmaschine der Dampfmaschine vorzuziehen sei, und es sei zu erwarten, daß sie sich in diesen Werken immer mehr Eingang verschaffe. Da auch für Hättenwerke gegenwärtig eine größere Anzahl von fünfhundert⸗ bis tausendpferdigen Gasmotoren auf Gichtgasbetrieb ausgeführt wird, so sei kein Zweifel darüber vorhanden, daß der Gas⸗ motor künftig als bequeme und sparsame Betriebskraft in großen Betrieben eine stets wachsende Bedeutung erhalten werde.
Darauf sprach Ober⸗Ingenieur Friese⸗Nürnberg über die An⸗ forderungen der Elektrotechnik an die Kraftmaschinen. Wie der Redner ausführte, muß eine Dynamomaschine, damit sie gleichmäßig brennendes Licht erzeugen kann, mit so gut wie unveränderlicher Ge⸗ schwindigkeit laufen, d. b. also in jeder Minute dieselbe Anzahl Um⸗ drebungen machen. Die zum Antrieb der Dynamomaschine dienende Kraftmaschine, sei sie nun eine Dampfmaschine, eine Gasmaschine oder eine Turbine, würde nun aber ihre Geschwindigkeit ändern, wenn ihr eine erhöbte oder verminderte Leistung zugemuthet wird, im vorliegenden Fall also die Zahl der brennenden Lampen vergrößert oder verkleinert wird. Dieser Geschwindigkeits⸗ änderung muß durch Reguliervorrichtungen an den raft⸗
aschinen begegnet werden, die zwar bereits früher vorhanden waren, durch die hohen Anforderungen der Clektrotechnik indeß in manchen Beziehungen beeinflußt worden sind. Insbesoudere der Wechselstrombetrieb stellt ungemein weitgebende Ansprüche an die Gleichmäßigkeit. Schließlich erörterte der Redner noch, inwieweit die in Frage kommenden Kraftmaschinen diesen Ansprüchen nachzu⸗ kommen vermögen. G
Sodann schloß der Vorsitzende die 40. Hauptversammlung mit dem Ausdruck des Dankes an Alle, die sich um dieselbe verdient gemacht haben.
Statistik und Volkswirthschaft.
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ins 8 Zur Arbeiterbewegung. Aus Aachen wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet: Sämmtliche
Arbeiter der Motorfahrrabwerke Eudell u. Co. sind seit
gestern Vormittag ausständig, weil einzelne Arbeiter vom Betriebs⸗ leiter entlassen worden waren; die Ausständigen fordern die Kündigung des Betriebsleiters; die bisherigen Verhandlungen blieben erfolglos. In Liegnitz haben nach demselben Blatt die Zimmerleute den allgemeinen Ausstand erklärt; die Maurer wollen sich anschließen. — Hier in Berlin fällte das Einigungsamt des Gewerbegerichts gestern in der Angelegenheit des Ausstandes der Steinsetzer einen Schiedsspruch, wonach den Steinsetzern ein Maximallohn von 65 ₰ bei neunstündiger Arbeitszeit zu gewähren ist. Die Arbeilgeber lehnten, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, den Schiedsspruch ab, während die Ausständigen ibm bewegung der Maurer wird mitgetbeilt: Am Dienstag wurden rund 1000 Maurer und gestern früh etwa 6000 „ausgesperrt“, sodaß etwa 7000 Arbeiter auf etwa 350 Bauten feiern. Infolge dieser Maß⸗ nahme der Arbeitgeber hat auch die Entlassung einer größeren Zahl von Hilfsarbeitern stattgefunden. Die Berliner Mörtelwerke und mehrere
degen jetzt noch gearbeitet wird, zum Stillliegen kommen Das Berliner Gewerbegericht hat an die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer eisn und seine Vermittelung zur Beilegung des Streits an⸗ geboten. Aus Prag berichtet die „Wiener Abdp.“ zur Ausstandsbewegung in Böhmen und Oesterreschisch⸗Schlesien: In der Leinen⸗ bleiche der Firma S. W. Hundan in Jungbuch sind wegen Ent⸗ assung eines Arbei ters 42 Arbeiter in den Ausstand getreten. — Die Webereien der Tannwalder Baumwollspinnfabrik sowie jene der Firma W. Neumann in Dessendorf stehen wieder stil. In Schumburg sind bei der Firma August Stumpe u. Söhne 21 Weber mit zehn Vorarbeitern in den Ausstand getreten. Die ausständigen Weber hielten am Montag unmittelbar an der Reichsgrenze in Schreiberhau (Preußisch⸗Schlesien) eine Versammlung ab. Es wurde beschlossen, im Ausstand auszuharren. Die Bewegung erstreckt sich nun auch auf die Webefabrik der vergenannten ma Stumpe in Seifenbach bei Neuwelt. — Aus Tachau wird vom 13. d. M. berichtet: Im Ausstand der Ba u⸗Arbeiter ist keine wesentliche Aenderung eingetreten. Wie amtlich festgestellt wurde, arbeiten auf den verschiedenen Bauplätzen und in den Ziegeleien im Ganzen 79 Arbeiter, 90 sind fortgezogen, um anderwäris Arbeit zu suchen, sodaß noch im mer über 300 Arbeiter ausständig sind. —, „Aus Monceau⸗les⸗Mines meldet „W. T. B.“: Nach dem Schluß einer am Dienstag Abend abgehaltenen Versammlung vertrieben die ausständigen Bergleute die in Kessel⸗ 88 Maschinenräumen beschäftigten Arbeiter, welche dort Lüftungsarbeiten ausführten. Dieser Lage gegenüber hat der
bedingungslos zustimmten. — Zur Lohn⸗
Polizei⸗Präsident die nöthigen Anordnungen getroffen, um die Gruben gegen Feuer und Ueberschwemmung zu schützen. Von den zu diesen Arbeiten aufgeforderten Einwohnern haben sich aber nur neun ein⸗
gestellt. Kuust und Wissenschasft.
Die Sammlungen der älteren Königlichen Museen haben in dem Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1899. folgende Vermehrungen zu verzeichnen gehabt:
In die Gemälde⸗Galerie wurden durch Ueberweisung zu dauernder Aufstellung seitens des Kaiser Friedrich⸗Museums⸗Vereins nachstehende Werke aufgenommen: 1) Jan van Eyck: Christus am Kreuze mit Maria und Johannes 2) Quinten Massis: Die heilige Magdalena. Aus der Sammlung Marsi zu Lucca. 3) Rembrandt: Des Meisters Bruder (gest. 1654) mit einem reich vergoldeten Helm. Bildnißstudie, um 1650 gemalt. 4) Quiryn Brekelenkam: Interieur mit einer Frau und ihrer Magd, mit dem Initial „Q“ bezeichnet und datiert 1661. Aus der Samm⸗ lung M. Heckscher. Das Gegenstück kam aus derselben Sammlung in die Hamburger Kunsthalle. 2b 3
Für die Sammlung der Gipsabgüsse wurden Abgüsse des Wagenlenkers aus Delxrhi und eines in Liverpool im Privatbesitz befindlichen Athletenkopfs erworben.
Für die Sammlung der Bildwerke aus der christlichen Epoche wurden angekauft: die lebensgroße 88. einer sitzenden Madonna aus Sandstein, mit Spuren von Bemalung, fränkische Arbeit des XIV. Jahrbunderts, (aus der Nähe von Würzburg, angeb⸗ lich aus derselben Klosterkirche von Zell stammend, wie die alterthuͤm⸗ licheren Gestalten zweier heiligen Könige, die vor einigen Jahren erworben wurden) und die zierliche Statue einer stehenden Ma⸗ donna in drei Viertel der natürlichen Größe, aus weichem Kalkstein, mit schwachen Spuren von Vergoldung (diese französische Arbeit von 1530 etwa erscheint um so wickkommener, als Schöpfungen der französischen Renaissance in der Sammlung fast ganz fehlen). — Durch ein Geschenk des General⸗Konsuls H. Rosenberg wurde die Samm⸗ lung der byzantinischen Kleinkunst um fünf Stücke bereichert: drei Glaspasten mit figürlichen Darstellungen, das Fragment eines kleinen Steinreliefs mit Scenen aus der Jugendgeschichte Christi und mit der Taufe Christi, sowie eine Bleiampulle. — Als Geschenk des Herrn Julius Wernher in London kam in die Sammlung ein sehr interessantes, aus der Sammlung des Konsuls Becker slammendes Elfenbeinreltef mit den Gestalten Christi und der Evangelisten. Die höchst individuelle Art des westrheinischen Meisters aus dem Ende des X. Jahrhunderts wird in anderen Elfenbeinarbeiten wiedererkannt. — Durch Ueberweisung zu dauernder Auf⸗ stellung seitens des Kaiser Friedrich⸗Museums⸗Vereins kam in die Sammlung die altbemalte Stuckstatuette des beiligen Bernhardin, eine Arbeit des Niecolo da Bari, genannt Dell'Arca. Die höchst eschlossene und eindruckevolle Figur ist eng verwandt mit den Marmor⸗ samnetlen die der Meister auf sein berühmtes Hauptwerk, den Aufsatz der Arca des heiligen Dominicus stellte. * 3
Im Antiquarium wurden als Leihgabe Seiner Majestät des Kaisers und Königs aufgestellt vier schwarz gefirnißte, mit aufgemaltem Halsschmuck verzierte Hydrien und eine mit weißer Farbe überzogene Hydria aus Rhodos. — Als Geschenk Seiner Majestät des Kaisers und Königs gingen der Samm⸗ lung die bishber auf dem nach dem Heimgang Mariä be⸗ naunten Grundstück „Dormition“ in Jerusalem gemachten Funde zu. Sie bestehen aus sieben gläsernen und zwei bronzenen woblerhaltenen Armspangen, zwei fast intakten Glatfläschchen, zwei fragmentterten Glasgefäßen von schöner Irisierung, zwei Bronzenadeln, einem kleinen Perlmutterkreuz, dem Fragment einer Thonvase und dreizehn Kupfer⸗, Silber⸗ und Goldmünzen. Diese Münzen stammen aus den ver⸗ schiedensten Zeiten. Die älteste ist eine syrische Königsmünze, die etwa dem I. Jabrbundert v. Chr. angehört, die jüngste eine türkische Goldmünze aus dem XIX. Jahrhundert. Die übrigen vertheilen sich auf das I. bis XV. Jahrhundert n. Chr. Die Funde sind in einem besonderen Schaukasten im Sternsaal aufgestellt. — Für die Vasen⸗ und Terrakottensammlung wurden erworben: eine Schale und ein Skyphos von frühböotischem Stil, beide mit linearen Ornamenten verziert; ein in Form und Dekoration den Kabirion⸗ vasen ähnlicher kleiner Napf aus Egypten; ein kleines Gefäß in Form einer Ente von bervorragender Feinheit der Arbeit mit Bemalung in protokorinthischem Stil; eine Kröte von bewundernswürdiger Lebenswahrheit, altkorinthisch; ein alterthümliches sitzendes weibliches Figürchen mit wohlerhaltener Bemalung aus Athen. — Der Samm⸗ lung antiker Bronzen und Miscellaneen gingen als Geschenke zu: von Herrn Amtsrath Meyer in Adersleben eine Platte mit der Darstellung einer Eberjagd in durchbrochener Arbeit, von einem Pferdegeschirr herrührend, und eine Büste des Apollon, die als Schmuck eines Geräths gedient hat; von Herrin Dr. Pernice neun römische Gewichte aus Bronze und Stein, darunter eins mit der silbereingelegten Inichrift EX- A CA d. h. ex(actum) (ad) a(edem) Ca(storis). Erworben wurden füͤr diese Abtheilung: eine Bronzescheibe mit Inschrift, eine Proxenieliste der Luseaten enthaltend; ein kleines schlauchförmiges Gefäß mit Deckel, die Statuette eines nackten Jünglings mit langem Haar und die Statnette eines Zwerges aus Kairo. 1 8 Wwrta Ihn. 1n
Dem Münzkabinet hat eine Allerhöchste Bewilligung Seiner Majestät des Kaisers und Konigs es ermöglicht, aus der Sammlung des Kammerherrn H. von Heyden 48 deutsche Verdienst⸗ Medaillen des XIX. Jabhrhunderts zu erwerben, unter denen die hervorragendste die von Brehmer geschnittene große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft des Königs Ernst August von Hannover ist. Außerdem sind der Sammlung drei Medaillen und 14 Münzen als Geichenk überwiesen worden, und zwar seitens der Herren Pro⸗ sessor Conze, Hofrath Dressel in Madrid, Banquier Hablo, Amts⸗ gerichtsrath Kirsch in Düsseldorf (Mitglied des Reichstages und Ab⸗ geordnetenhauses), Bildhauer Kowarzik in Frankfurt a. M. (wei von ibm im Auftrage der Familien Oppenheim und Rorhhan gefertipte Medaillen), C. Knab in Lehesten und A. Weyl (ein vom Sultan Mustas II. überprägter oldenbargischer Thaler). b .
Die Egpptische Abtheilung erhielt an Geschenken im ersten Vierteljahr 1889 von den Herren DDr. Borchardt und von Bissing in Kairo: das Bruc⸗stück eines Denksteins, merkwürdig als einziges
große Ziegeleien wollen, da es sich nicht lohnt, den Betrieb jetzt aufrecht bisher bekanntes Denkmal, auf dem der König Tuetanch⸗amen, der
zu erhalten, diesen gänzlich einstellen, wodurch auch viele Bauten, auf
Schwiegersohn Amenophis’ IV., noch mit seinem ursprünglichen ketzerischen Namen Tuet⸗ancheaten erscheint; ferner mehrere Kalkstein⸗ figuren aus dem mitileren Resch, unter denen besonders hervorzuheben ist ein sestgefahrenes Boot, das die Schiffer von einer Sandbank abschieben; endlich zwei elfenbeinerne Zauberstäbe, der eine mit Inschriften, die den Zweck dieser Stäbe außer Zwerffel setzen; — von Herrn Professor Flinders⸗Petrie: Gipsabgusse zweier bei Hierakonpolis in Ober. Egypten gefundenen Schieferplatten der ä testen Zeit mit Reliefdarstellungen, die inhaltlich vnd künst⸗ lerisch sehr merlwürdig sind; — von Herrn Dr. von Bissing in Kairo: zwei kleine Bronzefiguren; — von Herrn Buchorucker Rabe in
Stralau: drei Todtenfiguren saitischer Zeit. — Erworben wurden ein arabisches Siegel und eine egyptische Gußform aus christlicher Zeit.
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Im Königlichen Kunstgewerbe, Museum ist zur Zeit eine Anzahl von Wandbildern nebst Entwürfen der Malerin Fräulein Grete Waldau (Berlin, Lützowplatz 13) in dem von der vorderen Treppe zugänglichen Oberlichtraume zur Ausstellung gelangt. Die Bilder sind als Wandschmuck für den Festsaal im Hause des Ge⸗
heimen Kommerzienraths Heimann in Breslau bestimmt und bieten
Ansichten von älteren malerischen Theilen der Stadt sowie von einer
Besitzung und Stiftung des Bestellers. — Gleichzeitig aus zestellt ist über, 8 Reichshauptstadt Berlin, des Königreichs Sachsen, des oberschlesischen
im Haupttreppenhause ein von dem Maler H. Anker, Schüler der Unterrichtsanstalt des Museums, für den Wintergarten der Villa Steinthal in Steglitz entworfenes Fenster in moderner Kunst⸗
verglasung, ausgeführt von J. Schmidt (Berlin, Genthinerstr. 3). bel 8, und in Bezug auf Wiedergabe der Zeichnung, gefällige Kolorierung
In Cassel ist gestern der Geheime Justizrath Dr. Wilhelm Endemann, seit 1876 ordentlicher Professor der Rechte an der Universität Bonn, im Alter von 74 Jahren gestorben. Er war neben Thöl und Goldschmidt, der vor zwei Jahren in Wilhelmshöhe bei Cassel starb, eine der ersten Autoritäten auf dem Gebiete des Handels⸗ rechts, sein 1865 (in vierter Auflage 1887) erschienenes Lehrbuch des deutschen Handelsrechts war die erste vollständige Bearbeitung vom modernen, praktischen Standpunkte aus. Von seinen zahlreichen anderen haadelsrechtlichen Schriften seien hervor⸗ gehoben: „Die Haftpflicht der Eisenbahnen, Bergwerke ꝛc.“ (1871), dritte Auftage 1885), „Das Recht der Aktiengesellschaften“ (1873), „Der Markenschutz“ (1875), „Das Recht der Eisenbahnen“ (1886). Auch gab er mit Anderen das „Handbuch des deutschen Handels⸗, See⸗ und Wechselrechts“ (1881 — 83, vier Bände) heraus. Aber nicht nur das Handels., sondern auch das Zivilproz ßrecht hat durch Endemann eine erhebliche Förderung erfahren. 1860 schrieb er „Die Beweislehre des Zivilprozesses’ (in zwei Abtheilungen), 1868, nachdem er im vorhergehenden Jahre in die Bundes⸗ kommission für die Ausarbeitung einer allgemeinen Zövin- prozeßorgnung gewählt worden war, „Das deutsche Zivil⸗ prozeßrecht“, 1870 „Die Rechtsbilfe im Norddeutschen Bund“, 1878 — 79 sein Handbuch des deutschen Zivilprozesses (drei Bände), 1889 „Das deutsche Konkursverfahren“ und 1890 „Das Zivilprozeß⸗ verfahren nach der kanonistischen Lehre’“. Bekannt sind endlich noch eine nationalökonomischen Arbeiten, namentlich die „Studien in der romanisch⸗kanonistischen Wirthschafts⸗ und Rechtslehre (1874 — 83, zwei Bände). Von 1871 bis 1873 gehörte er auch dem Reichstage als Abgeordneter für Eisenach an. Ein Sobhn des Verstorbenen 88 der ordentliche Professor der Rechte an der Universität Halle Dr. Friedrich Endemann, dessen Lehrbuch des neuen bürgerlichen Rechts in juristischen Kreisen berechtigte Anerkennung gefunden hat.
Aus München berichtet „W. T. B.“: Seine Königliche Hobeit der Prinz⸗Regent genehmigte, daß die Büste des Stenographen Gabelsberger in der Bayerischen Ruhmeshalle bei der Bavaria in München aufgestellt werde.
In Ma drid fand, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern die feier⸗ liche Entbüllung der Statue des Malers Velasquez statt. Die Königliche Familie und das diplomatische Korps wohnten der Feier bei. Der deutsche Botschafter von Radowitz legte einen Kranz an der Statue nieder.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Saatenstand und Getreidehandel in Rußland.
Nicolajew, den 20. Mai 1899. Seit Ende Avpril ist die Witterung zwar etwas kühler geworden, ausreichende Niederschläge haben sich indessen nicht eingestellt. Der für die Saaten außer⸗ ordentlich nöthige Regen ist leider nur strichweise gefallen und zwar für Winterweizen und Roggen zu spät, da die genannten Getreide⸗ sorten bereits verdorrt und somtt als verloren anzusehen sind; dies bezieht sich besonders auf die nähere Umgegend von Nicolajew, — weiter nördlich ist der Schaden bis jetzt nicht so groß; auch die Sommersaaten bedürfen jetzt eines reichlichen Regens.
Unter dem Einfluß der anbaltenden Trockenheit zeigten sich die Verkäufer am hiesigen Platze reserviert und sind die Preise infolge dessen und angesichts der Preisbewegungen in Amerika etwas gestiegen. Die Zufuhren bleiben immer noch schwach, da die Landleute bei den unsicheren Ernteaussichten mit ihrem Getreide zurückhalten.
Angeführt wurden seit 1. Januar bis 25. Mai 1899: 7 862 010 Pud. Ausgeführt „ W. „ 25. „ 1899: 14 847 057 „ Der augenblickliche Lagerbestand stellt sich, wie 1 870 000 Pud, und zwar Bestand am 1. Januar 1899: 8 855 047 Pud Angeführt per 25. Mai 1899. 7 862 010 1“ 18717057 Pud
Aluegeführt per 25. Mat 1899.: 14 847 057 1 8“ ZBestand: I87o) Fud.
folgt, auf
Saatenstand und Getreidehandel in Polen. Warschau, den 7. Juni 1899. Der Stand des Winter⸗ und Sommergetreides ist im allgemeinen recht befriedigend; der strichweise niedergegangene Hagel hat verhältnißmäßig wenig Schaden verursacht. Stellenweise, insbesondere im Kreise Nieszawa, wird über Mäuseschaden geklagt. Unter den reichlichen Niederschlägen im Mai haben vor⸗ nehmlich die Kartoffeln gelitten, welche theilweise verfault sind und zum zweiten Male gesetzt werden mußten. Der Stand der Gräser und Futterkräuter ist gut. Mangel an Feldarbeitern macht sich schon jetzt fühlbar, was eine Steigerung der Löhne zur Folge hat. Die Getreidepreise auf dem Warschauer Markte blieben ziemlich unverändert. Es wurden gezahlt für das Pud: f 8 Sae am 5. Mai d. J. am 6. Inni d. S. Ffr Weizen 0,75 — 0,94 Rbl. 0,72 — ),94 Rbi. füfür Roggen 0,65 — 0,73 „ 0,60 — 0,75 .„ 0,70 — 0,93 „ 0,63 — 0,88
für Hafer
Inu Kekn
Fim Fase Saatenstand in Nord⸗Italien.
Mailand, den 7. Juni 1899. Durch die in der zweiten Hälfte
in Ober⸗Italien eingetretenen starken und anhaltenden Regengüsse, theilweise verkunden mit Hagel, und den starken Temperatur⸗Rückgang, welcher kurz nach dem Verblühen eintrat, ist die Aussicht auf eine ergiebige Weizenernte in der Lombardei geschwunden. Man hofft indessen, daß ein warmer und sonniger Juni den Schaden verringern wird.
Aus Piemont und Venetien sind im Großen und Ganzen die Nachrichten über den Stand des Winterweizens gute und berechtigen zur Hoffnung auf ein Erträgniß über den Durchschnitt. Allerdings sollen die starken Regengüsse, verbunden mit Sturm, in den beiden letzten Wochen des Mai streckenweise Schavden angerichtet haben, aber auch diese Beschädigungen koͤnnen durch fortdauerndes warmes und trockenes Wetter noch gehoben werden.
Der Hafer ist gut entwickelt, droht aber gelb zu werden.
Mais und Reis sind gut aufgegangen; das Behacken und Be⸗ häufeln derselben ist im Gange.
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des Mai
98 ““ 1 Verkehrs⸗Anstalten. b —
Laut Telegramm aus Goch ist die erste englische Post über Vlissingen vom 14. Juni ausgeblieben. Grund: Schiff defekt. 111““ 1u“
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Die im Reichs⸗Eisenbabnamt bearbeitete Uebersichts⸗
karte der Eisenbahnen Deutschlands (in sechs Blättern, Maßstab 1:1 000 000) nebst zugehörigem Verzeichniß der deutschen Eisenbahnen und ihrer Stationen ist in neuer Auflage erschien en. Gegen das Vorjahr hat die Karte durch Aufnahme der neu eröffneten Linten und Stationen sowie der inzwischen durch Landesgesetze oder durch Konzessioͤnen zur Ausführung genehmigten und der zur Her⸗ stellung aus Staatsmitteln in Aussicht genommenen Eisenbahn⸗ projekte eine erhebliche Erweiterung erfahren. Vier Nebenkarten in größerem Maßstabe veranschaulichen, wie früher, die Eisenbahnnetze der
Berg⸗ und Hüttenrepiers und des rheinisch⸗westfälischen Koblenreviers.
Auch die neue Auflage der Karte ist, wie die vorangegangenen, in dem Lithographischen Instilut von Wilbelne Greve bierselbst bergestellt
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