1899 / 142 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jun 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Preußen. Berlin, 19. Juniij. Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern Mittag um 12 Uhr an Bord der Yacht „Hohenzollern“ bei Brunsbüttel eine Abordnung ehemaliger hannoverscher Offiziere, bestehend aus dem General der Infanterie z. D. von „Schaumann, den Generalmajors z. D. von Sichart, von Ludowig und Dommes, dem Obersten a. D. von Poten und dem Oberstleutnant a. D. Knauer, welche Seiner Majestät eine Nachbildung der Waterloo⸗Säule zu Hannover überreichten.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchten am Sonnabend Vormittag in Potsdam die Hasenheyer⸗ Stiftung und Nachmittags das Pfingsthaus und die daselbst befindliche Gemeinde⸗Pflegestation. Zur Frühstückstafel bei Ihrer Majestät waren geladen der Minister des Königlichen Hauses von Wedel, der General der Infanterie von Strub⸗ berg und der Staats⸗Minister von Hofmann.

An der gestrigen Abendtafel bei Ihrer Majestät nahm

Seine Königliche Hoheit der Prinz Joachim Albrecht theil.

8 1 „Wolff s Telegraphisches Bureau“ berichtet aus Bruns⸗ üttel:

Seine Majestät der Kaiser wohnte am Sonnabend der Elb⸗Regatta bei und begab Sich sodann an Bord des Schnell⸗ dampfers SI Im Damensalon dieses Dampfers nahm Seine Majestät die Preisvertheilung vor. Um 8 Uhr Abends begann in dem prächtig mit Blumen geschmückten Speisesaal das Diner, zu dem 180 Einladungen an die Herren aus der Um⸗

ebung Seiner Majestät, an die Gäste des Norddeutschen egatta⸗Vereins und der Hamburg⸗Amerika⸗Linie, an die Besitzer der konkurrierenden Nachten u. A. ergangen waren. Seine Maäjestät der Kaiser hatte zwischen dem Direktor Ballin und dem Bürgermeister Dr. Mönckeberg Platz genommen. Letzterer brachte das Hoch auf Seine Majestät aus, wobei er hervorhob, daß die Entwickelung des Segelsports in den letzten Jahren dem Kaiser zu danken sei. Redner zog dann eine Parallele zwischen der Entwickelung der Seemacht der deutschen Nation und dem Segelsport und wies dann auf den jüngsten Erwerb neuer Kolonien hin, wodurch dem deutschen Unternehmungsgeist ein weites Feld fruchtbringender Thätigkeit eröffnet sei. Seine Majestät der Kaiser erwiderte hierauf nach dem Bericht des „W. T. B.“ etwa Folgendes:

In zündender Rede, mit schwungvollen Worten hat Seine Magnificenz, Ihr verehrter Herr Bürgermeister, soeben im Namen aller Versammelten Mich begrüßt. Ich danke Ihnen von Herzen für diesen freundlichen Empfang. Es ist durchaus keine Schmeichelei, wenn Ich erkläre, daß der Tag der Elb⸗Regatta für Mich immer ein Tag der Freude ist, dem Ich mit Ungeduld entgegensehe, denn er bedeutet für Mich immer einen Feiertag nach schwerem Bemühen. Das Zusammensein mit Herren, die gleichen Zielen entgegenstreben, mit Männern von Kopf und beseelt von dem Geist, der über die Welt dahinschwebt, und die schon manches gesehen und erlebt haben, ist für Mich ein Labsal und regt auch Mich zu neuen Ge⸗ danken, zu frischem Thun an. Sie haben freundlicherweise bei Ihrem Rückblick der Anstrengungen und Arbeiten gedacht, die Ich unter⸗ nommen habe, um auch bei uns den Segelsport vorwärts zu bringen. Meine Herren, das ist eine von den Künsten so will Ich es einmal nennen —, die wir pflegen können, weil wir in gesichertem Frieden zu leben im stande sind, und wir können das bloß, weil wir nunmehr auf der Basis stehen, die Mein seliger Großvater und Mein seliger Vater uns erstritten haben. Seitdem nun aber ein Deutsches Reich besteht und unser gesammtes deutsches Volk unter ein⸗ heitlichem Banner seinem Ziele entgegenarbeitet, und seitdem wir wissen, daß durch unser festes Zusammenstehen wir eine unüberwind⸗ liche Macht in der Welt darstellen, mit der gerechnet werden muß, seitdem haben wir auch den Frieden bewahren können. Und keine Kunst ist wohl so geeignet, den Muth zu stählen und das Auge zu klären, wie die Fahrt auf dem Wasser. Ich hoffe, daß Jahr aus Jahr ein vom Innern des Landes mehr und mehr ein starker Zuzug hieher stattfinden werde, um immer mehr die Reihe der Segelsportfreunde zu stärken und zu vermehren und nicht

loß den Kampf mit den Elementen aufzunehmen, der Geschicklichkeit fordert, sondern Ich verspreche Mir auch von dem Verkehr des Inlandes mit der „Wasserkante“ große Vortheile und befruchtende Gedanken für Mein Volk. Meine Herren! Sie haben es soeben gehört, und Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mit Freuden und Anerkennung unserer Politik folgten. Es ist Mein Grundsatz, überall, wo Ich kann, neue Punkte zu finden, an denen wir einsetzen können, an denen in späteren Zeiten unsere Kinder und Enkel sich ausbauen und das zu Nutzen machen können, was wir ihnen erworben haben. Langsam nur hat das Verständniß für Wasser⸗ und Seewesen, für die Wichtigkeit des Meeres und seiner Beherrschung bei unseren Landsleuten Platz gegriffen; aber das Verständniß ist er⸗ wacht, und wenn einmal beim Deutschen eine Idee, ein Gedanke Funken gefangen hat, so wird selbiger auch bald zu lodernder Flamme. So wird es auch hier sein. Das deutsche Volk ist wie ein edles Vollblutpferd, es duldet nicht, daß ihm einer an die Gurten herankommt, sondern will seinen Platz vorne behaupten, und das ist Mein Wunsch: Mögen wir mit unseren sämmtlichen Bestrebungen und mögen Sie in Hamburg mit Ibren Gedanken und Ihren vor⸗ wärtsgehenden Bestrebungen an der Spitze marschieren wie bisher, darauf leere Ich Mein Glas!

Nach dem Diner blieb Seine Majestät der Kaiser in leb⸗ hafter Unterhaltung bis 1 Uhr auf Deck und kehrte dann auf die Nacht „Hohenzollern“

89

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Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer veß. Uigns Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für

oll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für echnungswesen.

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Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Betriebs⸗Ergebnisse deutscher Eisenbahnen im Monat Mai 1899 ergiebt für 67 Bahnen, die schon im Mai

1898 im Betriebe waren, Folgendes: n9 826 1

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Gesammtlänge: 42 461,92 km.

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Ganzen das Vorjahr 1 km. für alle Bahnen im Mai 1899

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sonenverkehre 46 173 708 +. 3 038 275 1111 50 + 4,71 aus dem Güter⸗

verkehre . . . 85 767 369 + 5 562 2 026 + 89 + 4,59

für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April 31. März in der Zeit vom 1. April bis Ende Mai 1899

aus dem Per⸗ . sonenverkehre 71 170 205 + 3 541 871 2 010 †£ 56/ 2,87 aus dem Güter⸗ verkehre . 147681853 + 8 736 099] 4 094 + 153 + 3,88 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. Januar 31. Dezember in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Mai 1899

aus dem Per⸗ V sonenverkehre 27 183 666 + 1 907 971]/ 4 445 + 240 + 5,71

aus dem Güter⸗ verkehre .. .54 218 277 + 942 795] 8 721 27 0,31 Eröffnet wurden: am 1. Mai Mülhausen Nord nach Rix⸗ heim und Mülhausen Wanne 7,57 km (Reichseisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen), am 18. Mai Kolberg Köslin 42,30 km (Alt⸗Damm⸗Kolberger Eisenbahn).

gegen das Vorjahr

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Der Präsident des Ober⸗Landeskulturgerichts Rintelen hat sich nach Ostpreußen begeben.

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Laut telegraphischer Mittheilung ist S. M. S. „Irene“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Obenheimer, am 18. Juni in Shanghai angekommen und beabsichtigt, am 21. Juni wieder in See zu gehen.

S. M. S. „Jaguar“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän Kinderling, ist am 18. Juni in Palermo angekommen und beabsichtigt, am 23. Juni wieder in See zu gehen.

S. M. S. „Gefion“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän Rollmann, ist am 18. Juni in Kiautschou eingetroffen.

S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“, Kommandant: Korvetten⸗ Kapitän zur See Truppel, ist am 18. Juni in Suez an⸗ fe anieß und hat an demselben Tage die Heimreise fort⸗ gesetzt.

Hannover, 18. Juni. Die heutige Waterloo⸗Feier der Regimenter der hiesigen Gaxnison, welche laut Allerhöchsten Erlasses vom 24. Januar mit den althannoverschen Regi⸗ mentern verbunden wurden, nahm, dem „W. T. B.“ zufolge, einen glänzenden Verlauf. Auf dem Waterloo⸗Platz fand eine Parade sämmtlicher Regimenter statt. Der kommandierende General des X. Armee⸗Korps, General der Infanterie von Bomsdorff hielt eine Ansprache, welche in ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser ausklang. An Seine Majestät wurden Telegramme der Festtheilnehmer von der alt⸗ hannoverschen Armee abgesandt. siiru. c 8

Bayern. wünd 1919 92 22

Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este ist, wie, T. P. meldet, gestern früh von Wien in München eingetroffen und tauschte im Laufe des Vormittags Besuche mit Ihren Königlichen Heititen dem Prinz⸗Regenten und den Prinzen aus.

ittags war Höchstderselbe bei dem Prinz⸗Regenten zur Tafel ge⸗ laden und besuchte Nachmittags die Münchener Rennen in Riem. Von dort begab sich der Erzherzog mit dem Prinz⸗Regenten in die Allgemeine deutsche Sportausstellung, wo Beide etwa eine Stunde verweilten. Abends fand bei dem Prinz⸗Regenten Tafel statt. Bei dem Rennen stürzte Seine Königliche Hoheit der Herzog Sieg fried in Bayern und wurde be⸗ wußtlos vom Platze getragen; die Aerzte konstatierten eine Gehirnerschütterung, welche indeß zu Besorgnissen keinen Anlaß giebt.

Sachsen.

Före ve iestas die Königin hat sich, wie dem „W. T. B.“ aus Dresden berichtet wird, von ihrem Falle erholt. Aller⸗ höchstdieselbe wird jedoch dem Vernehmen nach Seine Majestät den König am 24. d. M. nicht nach Stettin begleiten.

Baden.

Bei der gestrigen Einweihung des Krieger⸗Denkmals im Dorfe Kehl erwiderte Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog auf die Dng mit einer Ansprache, in welcher Höchst⸗ derselbe, wie „W. T. B.“ berichtet, sagte, daß das Denkmal auch die Erinnerung an weiland Seine Majestät den Kaiser Wilhelm den Großen in sich schließe; ihm sei zu verdanken, was die Armee geleistet habe, denn n er ihr oberster Führer gewesen, habe ihm immer nur daran gelegen, die Armee zu stärken und so auszubilden, daß sie im stande sei, für die Kraft und die Macht Deutschlands einzu⸗ treten. Ihm verdanke man die vortreffliche Organisation der Armee, ihm verdanke man den Geist, welcher die Armee er⸗ fülle, ihm verdanke man Alles, was die Fücxung des Heeres angehe. Insofern sei es besonders werthvoll, seiner zu ge⸗ denken, denn ohne Heer würde das, was erreicht worden, nicht zu stande gekommen sein. Nur der Sieg der Waffen habe eschaffen, daß man heute das Deutsche Kaiserreich feiern önne. Der Großherzog schloß mit einem Appell an die Jugend, sich von demselben Geist tragen zu lassen, wie die Feseration von 1870.

Sachsen⸗Altenburg.

Seine Hoheit der Herzog hat sich vorgestern von Alten⸗ burg nach der Sommer⸗Residenz Hummelshain begeben. nl* ase Ir2n Neno

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Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser ist, wie „W. T. B.“ meldet, infolge von Erkältung an Lumbago erkrankt und wird dadurch für einige Tage an das Zimmer gefesselt sein.

Gestern Vormittag wurden in Wien 55 sozialdemo⸗ kratische Protestversammlungen gegen die neue Ge⸗

meinde⸗Wahlordnung abgehalten. Dieselben verlief ohne besonderen Zwischenfall. Zehn Verhaftungen wurden vor⸗ genommen.

Der Klub der czechischen Abgeordneten des mährischen Landtages hat einstimmig eine Resolution angenommen, in welcher er davor warnt, daß das zu Pfingsten vereinbarte Programm der deutschen Oppositionsparteien die Grundlage irgend welcher neuen Verhandlungen zwischen den Deutschen und Czechen bilde, da dasselbe sowohl in seinem allgemeinen, als auch in dem auf Mähren bezüglichen Theile im Widerspruch mit der von den Deutschen im mährischen Landtage abgegebenen Erklärung stehe. Der Klub hat daher den Vorstand beauftragt, baldmöglichst die Einberufung einer Ausgleichskommission zu bewirken, damit die deutschen Mit⸗ glieder erklären könnten, ob sie sich mit den in dem Programm ausgesprochenen Wünschen der Oppositionsparteien identifizierten, woraus der Klub die gebührenden Konsequenzen ziehen werde.

((Großbritannien und Irland.

Campbell⸗Bannerman hielt am Sonnabend Abend in Ilford (Essex) eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, erklärte, es sei nichts geschehen, was eine kriegerische Aktion oder auch nur militärische Rüstungen Transvaal gegen⸗ über rechtfertige. Das britische Volk wünsche nicht, das Volk von Transvaal zu demüthigen. Redner wies auf die Loyalität der holländischen Mitbürger der Kapkolonie hin, erkannte die Beschwerden der Uitlanders an, meinte aber, dieselben könnten auf dem Wege friedlicher Verhandlungen beseitigt werden. 8 Schtiudn 919 n 890

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abend Vormittag Besprechungen mit dem Senats⸗Präsidenten Fallières und dem Kammer⸗Präsidenten Deschanel und am Nachmittag solche mit Brisson, Méline, Ribot und Rouvier. Um 9 Uhr Abends wurde Waldeck⸗ Rousseau von dem Präsidenten empfangen und mit der Bildung des Ministeriums betraut. Waldeck⸗ Rousseau, welcher während der ganzen Woche von Paris ab⸗ wesend gewesen war, erhat sich Bedenkzeit für seine Entschlüsse, Gestern Vormittag besprach der Mräsibent die politische Lage mit Casimir⸗Périer. Später wurde Waldeck⸗ Rousseau mpfangen, welcher die endgültige An⸗ nahme des Auftrags zur Kabinetsbildung davon abhängig machte, daß er die Zusicherung der Erfüllung bestimmter Wünsche empfange, die er für durchaus nothwendig halte. Dem Vernehmen nach ist das wichtigste Zugeständniß, daß Casimir⸗Périer das Ferkff gege des Krieges übernehme.

Wie „W. T. B.“ berichtet, ist Waldeck⸗Rousseau, trotz der großen Schwierigkeiten, welche sich ihm entgegenstellen von drei früheren Ministern hat nur ein einziger, Ro uvier, das Anerbieten, in das Kabinet einzutreten, angenommen —, est entschlossen, seine Mission zu erfüllen. Waldeck⸗

ousseau hat alle Mühe aufgewandt, Casimir⸗Pöérier zu gewinnen, dessen Freunde der Ansicht waren, daß die Uebernahme des Kriegs⸗Ministeriums durch ihn die Schwierigkeit der Lage vereinfachen könne. Casimir⸗Pörier suchte darauf den Präsidenten Loubet nochmals auf, welcher ihm aus⸗ einandersetzte, daß er die größte Autorität den Generalen gegenüber besitze, um die Keime eines sich unter denselben geltend machen⸗ den gereizten Gefühls zu ersticken. Casimir⸗Périer wandte da⸗ gegen ein, daß er sich vom politischen Leben zurückgezogen habe, um nicht mehr in dasselbe serüchntegten vase in⸗ dessen, sich die Sache noch einmal zu überlegen. Im Laufe des Abends erhielt aber Waldeck⸗Rousseau die Nachricht, daß Casimir⸗Pörier definitiv ablehne. Da diese Ableh⸗ nung Waldeck⸗Rousseau vollkommene Freiheit gebe, werde er ein Kabinet der republikanischen Vereinigung bilden. Es frage sich, ob er bis zu den Sozialisten gehen werde. Waldeck⸗ Rousseau neige zu einer Verneinung dicgen Frage und dürfte damit zweifellos durchdringen. Der Präsident des Senats Füistes stattete gestern Nachmittag dem Präsidenten

oubet einen Besuch ab. Man versichert, er habe ihm mit⸗ getheilt, daß der Senat einem Eintritt Millerand's in das Kabinet ungünstig gegenüberzustehen scheine.

Wie der „Temps“ meldet, hat das Zollamt von Arcachon (Departement ann die von Dartmouth kommende britische Nacht „Firefly“, welche 3000 Chassepotgewehre und Bajonette an Bord hatte, mit Beschlag belegt. Dem enannten Blatte zufolge werde vermuthet, daß die Gewehre für die Karlisten⸗Comités bestimmt seien, und daß die „Firefly“, von einem spanischen Kriegsschiff verfolgt, in Arcachon Zuflucht gesucht habe. chse 3088 d nadluch

ARußtland.

Wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg vom gestrigen Tage gemeldet wird, berichtet der „Regierungsbote“, daß die Arbeiten der im Jahre 1894 unter dem Kaiser Alexander III. eingesetzten Kommission zur Revision der Gesetze über die Gerichtsordnung am Sonnabend zu Ende geführt worden seien. Aus diesem Anlaß habe der Kaiser der Kommission seine völlige Zufriedenheit ausgedrückt und dem Justiz⸗Minister befohlen, ihr seinen aufrichtigen Dank für die Erfüllung dieser umfangreichen und wichtigen gesetz⸗ geberischen Arbeit auszudrücken. Faqgeg .

tossa⸗ Italien. In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer legte, wie „W. T. B.“ meldet, der Deputirte Cambray⸗ Digny den Aüteeüsct Eh⸗h über das Reglement der Kammer vor, durch welches der Obstruktion Einhalt gebeten werden soll. Der Minister⸗Präsident Pelloux beantragte, daß der Bericht am Sonntag berathen werde. Der Deputirte 1 tano (radikal) verlangte, daß die Berathung erst am Dienstag stattfinde. Nachdem der Antrag Pantano durch Aufstehen und 4 bleiben abgelehnt war, wurde der Antrag des Minister⸗ Präsidenten Pelloux angenommen und alsdann die der Vorlage, be end die politischen Maßnahmen, wieder auf⸗ genommen. Nach einer längeren Erörterung stellte der Minister⸗Präsident Pelloux hinsichtlich des Wort⸗ lauts des Artikels 1 die Vertrauensfrage. Derselbe be⸗ stimmt, daß die öffentliche Sicherheitsbehörde mit Rück⸗ sicht auf die öffentliche Ordnung Zusammenrottungen sowie öffentliche Versammlungen verbieten könne. Zuwiderhandelnde sollten nach Artikel 434 des Strafgesetzbuchs bestraft werden. Die äußerste Linke verlangte namentliche Abstimmung; be⸗ derselben wurde Artikel 1 mit 180 gegen 113 Stimmen an⸗ genommen. Bei der e über ein Amendement der äußersten Linken stellte sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Die Sitzung wurde hierauf aufgehoben.

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In der gestrigen Sitzung bestritten die Deputirten Ferri und Genossen, daß dieselbe zu Recht einberufen sei, da der Schluß der beeßeütrigen Sitzung ergeben habe, daß das Haus nicht beschlußfähig gewesen sei. Der Präsident Chinaglia legte demgegenüber dar, daß die Sitzung ordnungsmäßig einberufen sei, da die Kammer in dem Augenblick, wo dafegiofsen worden sei, am Sonntag eine Sitzung abzuhalten, beschlußfähig gewesen sei. Die Devputirten Ferri und Genossen brachten hierauf einen An⸗ trag ein, welcher die Sehung für illegal erklärt, und verlangten namentliche Abstimmung. Da die Abstimmung ergab, daß die Deputirten nicht in beschlußfähiger Zahl anwesend waren, wurde die Sitzung aufgehoben.

Der Papst ließ am Sonnabend dem Dr. Mazzoni sein Portrait mit Widmung und eigenhändiger Unterschrift über⸗ reichen und ernannte ihn gleichzeitig zum konsultierenden Arzt.

Spanien.

Der Finanz⸗Minister Villaverde brachte am Sonnabend in der Deputirtenkammer das Budget ein. PVorher hielt der Minister eine Rede, in welcher er die finanzielle Lage des Landes darlegte und, dem „W. T. B.“ zufolge, erklärte:

Die Liquidation des vorigen Budgets sei geradezu kläglich gewesen. Die schwebende Schuld betrage gegenwärtig 1326 Millionen Pesetas. Er beabsichtige, die Amortisationen der tilg⸗ baren Schulden abzüschaffen, wogegen den Inhabern dieser Schulden eine Vergütung zu theil werden solle. Bezüglich der Schulden der Kolonien sagte er, man hätte annehmen können, daß die Amerikaner dieselben übernehmen würden. Dieselben hätten sich indessen geweigert, und so sei Spanien verpflichtet, sie zu bezahlen. Der Minister tbeilte mit, daß auf die cubanische Schuld eine Steuer von 20 % und auf die⸗ jenige der Philippinen eine solche von 15 % werde gelegt werden. Außerdem würden dieselben von einem Abzug von 20 % betroffen werden. Trotz dieser Verminderung der genannten Schuldposten würden die genannten Papiere bei dem gegenwärtigen Kursstand noch immer mehr als 5 % Zinsen bringen. Der Minister fügte hinzu, die Regierung werde die Schaffung einer 50 %igen Schuld vorschlagen, um hierdurch einen Effektipbestand von 300 Millionen Pesetas unter Verpfändung der Tabackeinnahmen zu gewinnen, und führte weiter aus, der Regierung habe es an Zeit gefehlt, um die Renten zu reorgani⸗ sieren. Die traurige Lage der Lanewirthschaft habe ihn veranlaßt, von einer Erhebung jeder Grundsteuer abzusehen. Eine Einkommen⸗ steuer, wie in anderen Ländern, sei nicht angängig. Auf Salz, mit Ausnahme des für die Landwirthschaft und Industrie bestimmten, werde eine Steuer gelegt werden; man bezwecke, hierdurch die Ein⸗ nahmequellen zu vermehren. Die Einführung eines Monopols auf Zündhölzer und Explosivstoffe sei beabsichtigt. Indem er dem Lande diese Opfer zumuthe, verfolge er das Ziel, ein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben berbeizuführen. Alle Vorlagen seien abänderungsfähig, er sei bereit, auf Aenderungen ein⸗ zugehen, werde aber unbeugsam bleiben bezüglich der Frage des Gleichge wichts im Budget. Schließlich bat der Minister, man möge jede Kritik verschieben, bis man von den Vorlagen Kenntniß genommen habe. Sein Wunsch sei, daß die drei Vorlagen, welche für die Zahlung der Kupons der Schuld noth⸗ wendig seien, vor dem 1. Juli Gesetzeskraft erlangen möchten. Bezüg⸗ lich der äußeren Schuld erklärte der Finanz⸗Minister, das Recht der ausländischen Gläubiger, den Kupon in derselben Währung aus⸗ gezahlt zu erhalten, bleibe unverändert. Es entstehe nun die Frage, ob eine Steuer auf die Schuld auch diejenige äußere Schuld treffen solle, welche für einen im Auslande wohnenden Gläubiger ab⸗ gestempelt sei. Im Grunde genommen, sehbe er im Hinblick auf die Natur der Steuer und die in anderen Ländern befolgte 88 nicht ein, warum dies nicht der Fall sein sollte. Aber da in

ngland eine schriftliche Erklärung vorliege, durch welche die spauische Regierung sich verpflichte, die ausländischen Gläubiger durch keine Steuer zu belasten, so könne man von dieser internationalen Ver⸗ pflichtung nicht einseitig abgehen. Deshalb bitte die Regierung die Kammer um die Ermächtigung, Schritte thun zu dürfen, um mit der Vertretung der auswärtigen Gläubiger in London eine Vereinbarung zu treffen, in der Hoffnung, von derselben die Zustimmung zur Be⸗ steuerung der Schuld zu erlangen. 3

„Das Budget ist, der „Agencia Fabra“ zufolge, von einer aus⸗ führlichen Finanzdarlegung begleitet. In derselben werden zunächst die Zahlungen mitgetheilt, welche vom Kolonial⸗Ministerium in der Zeit vom Peginne der cubanischen Erhebung bis zum März 1899 ausgeführt wurden. Sie belaufen sich im Ganzen auf 1 969 355 214 Pe⸗ setas; davon entfallen auf Cuba 1 796 269 462, auf Portorico 7097 493 und auf die Philippinen 165 988 257 Pesetas. Sodann folgt eine Aufzählung der zur Bestreitung dieser Ausgaben unternommenen Kreditoperationen bezw. der ausgegebenen Anleihen. Danach wird die Lage, in welcher sich diese Staatspapiere gegenwärtig befinden, fest⸗ gestellt und die Erbschaft, welche dem Staat aus den Kolonialkriegen und dem Kriege mit dem Auslande in finanzieller Hinsicht erwachsen ist, zusammensassend dargelegt. Die Spanien hinterlassene Schuld beläuft sich auf 1 445 279 787 Pesetas, bestehend in Verpflichtungen des Kolonial⸗Ministeriums und in Obligationen verschiedener Sorten, die zum Nominalbetrage zurückzuzahlen sind; die kubanischen Pfandbriefe, die Philippinen⸗Obligationen und die Zollobligationen beziffern sich zu⸗ sammen auf 146 942 625 Pesetas. Der Jahresaufwand für Verzinsung und Tilgung dieser Schulden beträgt 211 012 806 Pesetas. Diese Summe stellt zusammen mit den 48 044 154 Pesetas der Verpflich⸗ tungen, die früher die Kolonien bezahlten und die jetzt auf das allge⸗ meine Budget übergehen, darunter der Aufwand für die Pensionen der Offiziere und Mannschaften des Heeres und der Flotte und die Intschädigungen an die „Compania Trasatlantica“ für Schiffahrts⸗ dienste, eine jährliche Belastung von 259 056 960 Pesetas dar. Die schwebende Schuld beläuft sich, wenn die von den Vereinigten Staaten bezahlten 119 Millionen Pesetas abgezogen werden, auf 252 Millionen; zusammen mit dem Defizit, das sich aus der Abwickelung des Budgets ergiebt, erhöht sich diese Summe auf über 300 Millionen Pesetas. In der Finanzdarlegung heißt es weiter, man werde zu einem Gleichgewicht kommen durch Verminde⸗ 8 der Ausgaben und namentlich durch Abwickelung der Kon⸗ vertierung der Schulden, ferner durch Schaffung einiger neuen und Umgestaltung gewisser anderer Einnahmequellen, durch Aufhebung belscht dener Amortisierungen und Herabsetzung der Kupons der bibanischen Schuld sowie derjenigen der Philippinen. Unter den neuen Einnahmequellen ist zu nennen eine Steuer auf die⸗ aus Kapital und Arbeit herrührenden Einnahmen. Von jeser Steuer sollen die Zinsen der öffentlichen Schuld, die Pktien von Banken, Gesellschaften und die Werthe von General⸗ räthen und Munizipalräthen, wie auch die üerten derselben ge⸗ bensten werden. Die Landwirtzschaft soll mit Rücksicht auf ihre be⸗ 86 8.8 von jedem Steuerzuschlag befreit sein, auf den Gewinn 88 ndustrie und Handel soll eine Steuer von 2 Zehntel erboben perdgn Man beabsichtigt, Ausfuhrzölle auf Eisen⸗ und Kupfererze Prunführen und auch den Verkauf des Tabacks zu reformieren, dessen el erhöht werden sollen. Ferner foll die Nachlaßstempelsteuer wgeündert und sollen besondere Zölle auf die Erzeugung von Zucker

Alkohol gelegt werden. Jede dieser Reformen ist Gegenstand ner besonderen Vorlage. geft ie Kommission der Deputirtenkammer erstattete 55 ihren Bericht über die Abtretung der Karolinen⸗ 8 au⸗ und Marianen⸗Inseln. Der Bericht spricht sich

unsten der Vorlage aus. 88 18b litr;

Niederlande. vrDer zweite Unterausschuß für die Berat ung der meüsfeler Konvention“ trat, wie das „Reuter'sche Bureau“ zuse em Haag meldet, am Sonnabend zu einer Sitzun Nammen. Artikel 5, welcher

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pationsarmee in dem von ihr besetzten Gebiete die dort bestehenden Abgaben erheben könne, wurde angenommen. Sodann wurden vier neue Artikel angenommen, in welchen festgesetztt wird, daß andere Kontributionen in Geld in dem besetzten Gebiete nur für wecke der Armee oder der Verwaltung erhoben werden dürften. Ferner dürfe keine Kontribution anders erhoben werden als auf Grund eines schriftlichen Befehls und unter Verantwortlichkeit eines kommandierenden Generals. Requisitionen in natura und Dienstleistungen dürften von Gemeinden oder Einwohnern nur für die Bedürfnisse der Occupationsarmee verlangt werden. Zu Artikel 6 wurden verschiedene Abänderungsanträge einge⸗ bracht und dem Redaktions⸗Comité überwiesen.

Wie das Blatt „Het Vaderland“ vernimmt, haben die katholischen Abgeordneten die Einladung zu dem den Delegirten zur Konferenz von der Regierung gegebenen Feste abgelehnt, um dadurch erneut gegen den Ausschluß des Papstes von der Konferenz zu protestieren.

„W. T. B.“ meldet aus dem Haag: Der deutsche Delegirte, Professor Dr. Zorn hat sich nach einer längeren Besprechung mit dem Grafen Münster nach Berlin begeben. Es verlautet, er werde dort über die Stellung der Konferenz zum Schiedsgericht einen mündlichen Bericht erstatten. In dieser Frage sei in den letzten Tagen der Versuch gemacht worden, die Möglichkeit einer Verständigung durch einen neuen Vorschlag zu finden, der dahin gehe, im Haag ein Bureau mit beschränkten Befugnissen einzurichten, welches nicht die Autorität der eigentlichen Vertreter der Mächte besitze. Dieses Bureau würde im Falle eines Konflikts zwischen zwei Mächten und auf Wunsch dieser Mächte verpflichtet sein, ein Schiedsgericht zur Schlichtung der Streitigkeiten zu berufen. Es würde also kein ständiges Schiedsgericht bestehen. Man werde ein Verfahren festsetzen, welches innegehalten werden müsse, um vorkommenden Falls das Schiedsgericht zu bilden. Dieses Gericht werde in sedem Fall fakultativ sein. Es sei aller Grund zu der Annahme vorhanden, daß die übrigen Mächte, wenn die Antwort Deutschlands günstig laute, ent⸗ schlossen seien, diesen neuen Vorschlag als Grundlage der Unterhandlungen anzunehmen. 1“

Türkei. 1ö“ 8;

Aus Konstantinopel vom 17. d. M. meldet das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“, daß die österreichisch⸗ ungarische Botschaft im Auftrage des Grafen Golu⸗ chowski bei der Pforte freundschaftliche Vorstellungen wegen des Vorfalls an der serbisch⸗türkischen Grenze bei Jablanitza gemacht habe. Dasselbe sei seitens der österreichisch⸗ungarischen Gesandtschaft in Belgrad geschehen.

„Als Antwort auf die Note der Pforte über die Grenz⸗ Vorfälle bei Jablanitza hat die serbische Regierung vorgestern abermals eine Note an die Pforte gerichtet, in welcher an die zahlreichen serbischen Noten der letzten Zeit sowie an die fort⸗ dauernden Gewaltthaten im Vilajet Kossowo erinnert und erklärt wird, der Einbruch an der Grenze vom 14. d. M. sei viel ernsterer Natur gewesen, da sich auch Soldaten betheiligt hätten. Ferner wird betont, die serbische Regierung habe wirksame Maßnahmen zu treffen beschlossen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten; sie hoffe, die Pforte werde durch energische Maßnahmen einem Zustande ein Ende bereiten, der mit den zwischen den beiden Staaten bestehenden freundschaft⸗ lichen Beziehungen nicht zu vereinbaren sei.

Die „Agence de Constantinople“ meldet: Amtliche tür⸗ kische Kreife erklärten, die Vorfälle an der serbischen Grenze seien von türkischer Seite nicht provoziert worden; sie seien dadurch entstanden, daß serbische Soldaten auf türkische Soldaten des Blockhauses in Prohnik, welche von einem nahe gelegenen anderen Blockhause Wasser holten, geschossen hätten. Als Gendarmen hierauf die Gewehre der Eeschossenen hätten holen wollen, sei ein Angriff seitens der Serben erfolgt. Zur Zeit herrsche nach den Meldungen des Valis von Kossowo und des Kommandanten von Mitrowitza in dem Grenzgebiete vollständige Ruhe. Der Grenz⸗Inspektor Oberst Ahmed Hamdi habe die Untersuchung begonnen.

Gegenüber der aus Konstantinopel gemeldeten Darstellung des Zwischenfalles bei Jablanitza verharrt man, dem Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ zufolge, in serbischen Re⸗ gierunaskreisen bei der Behauptung, es stehe absolut fest, daß Nizams und Albanesen das serbische Gebiet verletzt und daselbst, ohne provoziert zu sein, blutige Ausschreitungen begangen hätten. Es werde hinzugefügt, daß der Ernst der in den letzten Tagen vorgekommenen Zwschenfelle und die große Zahl der Angreifer hinlänglich den Mangel genügender Autorität der Pforte gegenüber ihren eigenen Truppen sowie die Unbotmäßigkeit der albanesischen Bevölkerung bewiesen.

Wie dasselbe Bureau weiter meldet, besagen der serbischen Regierung zugegangene Nachrichten, daß die Unruhen an der Grenze, welche man nach der bei der Annäherung der serbischen Truppen am 14. d. M. erfolgten Zurückziehung der Angreifer für beendigt gehalten habe, sich in der Nacht vom 14. bis zum 15. d. M. mit größerer Heftig⸗ keit wiederholt hätten. Zahlreiche reguläre türkische Truppen und albanesische Banden hätten neuerdings die Grenzlinie an anderen Punkten verletzt und den serbischen Posten Propachtitza angegriffen, geplündert und in Brand gesteckt. Hierauf häͤtten sie mehrere strategisch wichtige Posi⸗ tionen besetzt. Gegenwärtig sollten ernste Kämpfe in der Umgebung der Wachkorps von Braina und Gubavtzi im Gange sein.

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Montenegro. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Cetinje, hat die montenegrinische Regierung die Handels verträge mit Italien und Großbritannien gekündigt, um über den Abschluß neuer Verträge in Unterhandlungen treten zu können. 21. Amerika. . Ei8ne der „Times“ aus New York zugegangene Depesche weist auf Anzeichen einer Spaltung in der republi⸗ kanischen Partei hin, die durch die Fragen der Phil ppinen⸗ Politik des Präsidenten MeKinley und sein neuerliches Vorgehen bezüglich der Zivilanstellungen veranlaßt sei. Einer der Führer der republikanischen Partei, Whitelaw⸗Read (seinerzeit Mitglied der Pariser Kommission zum Abschluß des riedens mit Spanien), werfe dem Präsidenten vor, daß er ssene Pflichten vernachlässige. 19G1 Asien. Das „Reuter’sche Bureau“ meldet aus

g Fonse ihe. einer bestimmt, daß eine Occu⸗ Nachricht aus Fu⸗tsch ou zufolge seien der Missionar Phillips,

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dessen Frau und eine andere Dame sowie sieben christlich Chinesen in Kien⸗ning⸗fu ermordet worden. ““ Afrika. y“ In Pardekraal hat, wie das „Reuter’sche Bureau“ aus Johannesburg meldet, vorgestern eine Versammlung der Burghers unter Betheiligung von 4000 Personen statt⸗ efunden. Dieselbe ist in aller Ordnung verlaufen. Ale Redner sprachen zu Gunsten der Vorschläge des Präsidenten Krüger. Schalk⸗Burger sagte, wenn der Krieg erklärt werde, würde dies ein großes Unglück für Süd⸗Afrika sein; er halte die Kriegsgerüchte aber für un⸗ begründet. Die Versammlung nahm Resolutionen an, welche die Vorschläge des Präsidenten billigen und erklären, das die⸗ selben angesichts der vielen feindseligen fremden Elemente im Lande so liberal seien, als ohne Gefährdung der Sicherheit zu⸗ gestanden werden könne. Die Versammlung war einhellig dathi daß keine weiteren Zugeständnisse gemacht werden ürften.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (96.) Sitzung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister von Bülow, der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieber⸗ ding und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Frei⸗ herr von Thielmann beiwohnten, stand zunächst die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Han⸗ delsbeziehungen zum britischen Reiche, auf der Tagesordnung.

Nach dem Beschlusse der zweiten Lesung sollte der Bundes⸗ rath bis zum 30. Juli 1900 die Ermächtigung haben, den An⸗ gehörigen und den Erzeugnissen des britischen Reiches und der britischen Kolonien die Meistbegünstigung zu gewähren.

Der Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.) be⸗ antragt, hinzuzufügen, daß diese Ermächtigung nur den⸗ jenigen Gebietstheilen gegenüber gelten solle, welche den deutschen Angehörigen und Erzeugnissen ebenfalls die Meist⸗ begünstigung gewähren.

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes, außer dem Antragsteller, der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Graf von Posadowsky, Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister von Bülow, sowie die Abgg. Dr. Lieber (Zentr.), Broemel (fr. Vgg.), Dr. Roesicke⸗Kaiserslautern (b. k. F.), von Kardorff (Rp.), Liebermann von Sonnenberg (Reformp.) und Dr. Hahn (b. k. F.). G

Das Haus der Abgeordneten nahm in der heutigen 709 Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die An⸗ tellung und Versorgung der Kommunalbeamten, in dritter Lesung auf Antrag des Abg. Ehlers (fr. Vgg.) en bloc an und trat dann in die zweite Berathung des An⸗ trages des Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.) und Ge⸗ nossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Verpflichtung der bürgerlichen Gemeinden be⸗

üglich der Bauten und Reparaturen von Kirchen⸗, eee und Küstergebäuden, ein.

Die Kommission hat mit Stimmengleichheit die Ablehnung des Antrages vorgeschlagen. 1

Zum einzigen Paragraphen des Gesetzentwurfs nimmt das Wort

Abg. Dr. Irmer (kons.): Er verzichtet darauf, die schon wieder⸗ bolt berührte Materie nochmals näher zu erörtern. Grundsätzlich halte die konservative Partei die Verpflichtung der bürgerlichen Ge⸗ meinden zur Tragung der kirchlichen Baulasten für antiquiert. Die Sache müsse aber von Fall zu Fall und dürfe nicht ohne Entschädi⸗ gung geregelt werden, und zwar durch die Königliche Staatsregierung.

Abg. Dr. Langerhans l(auf der Journalistentribüne schwer ver⸗ ständlich) weist auf den Umstand hin, daß sein Antrag diesmal in der Kommission mit Stimmengleichheit abgelehnt worden, während er vor 2 Jahren mit 8 gegen 6 Stimmen zur Annahme gelangt sei. Das Verlangen nach einer Entschädigung sei weder gerecht noch zulässig, nachdem 1880 für das Rheinland eine solche Entschädigung nicht zugebilligt, nicht einmal verlangt worden sei. Es sei die höchste Un⸗ gerechtigkeit, die Dissidenten und jüdischen Mitbürger, auch die Katho⸗ liken, zu diesen Lasten heranzuziehen. Es sei höchst wahrscheinlich, daß die Stadt Berlin in dem neuen Prozeß obsiegen werde. In der Konsistorialordnung von 1573 sei die Baupflicht der kirchlichen Ge⸗ meinde statuiert worden. Es sei Pflicht der Regierung, die Sache zu ordnen.

Gehrimer Ober⸗Regierungsrath Steinhausen: Die Staats⸗ regierung hat sich dieser Aufgabe nicht entzogen. Ich verweise nur auf das Gesetz von 1880 bezüglich der kirchlichen Baulast auf dem linken Rheinufer. Dort wurde aber der Grundsatz anerkannt, daß dem Betechtigten eine gewisse Abfindung zugestanden würde. Es ging das Eigenthum an den betreffenden Gebäuden und an dem Grund und Boden auf die Kirchengemeinden über, wodurch ihnen für die Baulast ein gewisses Korrelat gewährt und im übrigen ein Ab⸗ lösungsverfahren vorgesehen wurde.

Abg. Dr. Stockmann (fr. kons.) hält eine allgemeine, ein⸗ heitliche gesetzliche Regelung dieser Materie nach der Richtung für noth⸗ wendig, daß Entschädigungen in allen den Fällen gezahlt werden, in denen es sich um wohlerworbene Rechte der kirchlichen Gemeinden handle. Das sei auch in Berlin der Fall, und wenn der Antragsteller glaube, daß Berlin demnächst seinen Prozeß gewinnen werde, so hätte er erst garnicht seinen Antrag einzubringen brauchen. Ob die Verpflichtung auf Gesetz oder Observanz beruhe, sei vollständig gleichgültig. Er bitte, den Antrag Langerhans abzulehnen, da derselbe sich nur auf ein beschränktes Gediet beziehe. .

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) beantragt, dem Antrage Langerhans für den Fall seiner Annahme einen Zusatz zu geben, wo⸗ nach die auf Observanz beruhenden Verpfl’ichtungen unberührt bleiben sollen. Gegen eine generelle Regelung zei nichts einzuwenden. Aber dieser einzelne hier vorliegende Fall müsse endlich entschieden werden.

Geheimer Ober⸗Regierungsrath Steinhausen sprich: sich gegen den Antrag Schmidt aus. Es sei rein theoretische Unterscheidung, ob eine Verpflichtung auf Gesetz ober auf Observanz beruhe.

Aba. Schall (kons.) bittet dat Zentrum, diese Frage nicht vom juristischen Standpunkt, sondern vom Standpunkt der Parität aus zu beurtheilen. Würde der Antrag Langerhans angenommen, so müßte er auch auf das Gebiet der Schule ausgedehnt weroen. Einen ein⸗ zelnen Fall herauszugreifen und gesetzlich zu regeln, sei nicht rathsam.

Der Antrag Langerhans wird abgelehnt, ebenso der Zusatzantrag Schmidt⸗Warburg.

Es folgt die erste Berathung des Antrages der Abgg. Graf von Kanitz el.2 und Genossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs über die Ergänzung des Gesetzes, betreffend die Beförderung der Errichtung von Rentengütern, vom 7. Juli 1891.

(Schluß des Blattes.)

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