1899 / 154 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Jul 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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28. Februar erreichten wir die kleine Inkel Nusa, wo ein Händler der Firma Hernsheim u. Co. seinen Sitz hat. Im Nusafahrwasser sitzt eine ganze Reihe von Händlern. Das Verhältniß Europäaern und Eingeborenen schien durchweg gut zu sein. Die Kriegszüge der Eingeborenen untereinander haben freilich auch hier noch nicht auf⸗ ehört. So hatten in letzter Zeit die Leute von Bagail (Neu⸗

ecklenburg) einige zu Nusa gehörige Eingeborene auf der Insel Limelon überfallen und zwei derselben getödtet. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Rachezug für frühere Tödtung von Bagail⸗ leuten durch Eingeborene von Rusa, weshalb von einer Bestrafung der Eingeborenen von Bagail abgesehen wurde. Es gzelang mir, die Häuptlinge und ältesten Leute beider Parteien zusammen⸗ zubringen und einen förmlichen Friedensschluß herbeizuführen. Von Nusa begab sich die „Alexandra“ am 3. März nach der Insel Kaboteron, wo die Neu⸗Guinea⸗Kompagnie eine Pflanzung und Handelsstation unter einem Malaien angelegt hat. Von hier be⸗ suchte ich mit einem Boot die Insel Enok, deren Bewohner auf Kaboteron Kokosnüsse gestohlen und die dortigen Arbeiter bedroht hatten. Die Eingeborenen waren bei meiner Ankunft geflüchtet, doch gelang es, eines alten Mannes habhaft zu werden, durch dessen Ver⸗ mittelung dem Stamme eine bei Vermeidung der Nieder⸗ brennung ihrer Hütten binnen 24 Stunden zu zahlende Strafe von einigen Faden Tapsoka (Muschelgeld) auferlegt wurde. Die Strafe wurde mir innerhalb der festgesetzten Zeit nach Kaboteron überbracht. Weiterhin besuchte ich mit dem Boot einige bisher herrenlose, von der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie occupierte Inseln sowie die im Eigenthum des Händlers Ruge stehende Insel Nusaum.

Am 5. März fuhr die „Alexandra“ auf mein Ersuchen nach Kabien (Neu⸗Mecklenburg). Nach Aussage der Eingeborenen im Nusafahrwasser sollten die Kabienleute vor zwei Monaten die Insel Lelikon überfallen und einige Leute getödtet haben. Die übrig⸗ gebliebenen Lelikonleute waren nach Kaboteron geflüchtet. Ich nahm drei der letzteren, von denen einer noch eine frische, von einem Ge⸗ wehrschuß herrührende Narbe aufwies, mit nach Kabien. An letzterem

latz waren alle Eingeborenen mit Einschluß der eingeborenen

rbeiter des dortigen weißen Händlers bei meiner Ankunft ge⸗ flüchtet. Von einem Vorgehen gegen dieselben oder ihr Eigen⸗ thum nahm ich Abstand, da einmal Europäer nicht un⸗ mittelbar durch den Ueberfall geschädigt sind, andererseits aber den Kriegszügen der Eingeborenen meist alte Fehden zu Grunde liegen, und ein einseitiges Vorgehen daher möglicherweise ungerechtfertigt sein würde. Die Kämpfe der Eingeborenen unter⸗ einander durch Bestrafung eines jeden Friedensbruchs zum Aufhören zu bringen, war bei den bisherigen Machtmitteln der Verwaltung unmöglich. Am 6. März kamen wir mit der „Alexandra“ in Lawangat Neu⸗Hannover) an, wo die Neu⸗Guinea⸗Kompagnie einen chinesischen

ändler eingesetzt hat. Die Eingeborenen machten hier einen ugänglichen und liebenswürdigen Eindr ck. Ich besuchte die nächstgelegenen Plätze an der Küste. Am 10. März lief die „Alexandra“ die kleine Insel Kung an, die im Besitz des Händlers Gangloff steht. Von hier aus besuchte ich einige andere kleine Inseln, wo ich überall eine freundliche Bevölkerung vorfand. Von Kung aus fuhr die „Alexandra“ nach der Insel Zeni, einer mit zwei Chinesen besetzten Häindlerstation der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie.

Auf Neu⸗Mecklenburg Ostseite wurden die Händlerstationen Lanan und Fissaug angelaufen. Die Eingeborenen zeigten überall ein ugäagliches, friedliches Wesen. Die fast beständig währenden Kämpfe der Eingeborenenstämme untereinander in dieser Gegeud sind durch die Vermittelung des der Sprache kundigen Händlers Wagenbrett in Fissaua vor einigen Monaten zum theil zu einem Abschluß gelangt. Es ist zwischen mehreren feindlichen Stämmen ein förm⸗ licher Friede durch Uebersendung eines zerbrochenen Speers und Aus⸗ tausch von Tapsoka geschlossen und durch ein großes gemein⸗ sames Festessen besiegelt worden. In dem urnweit Fissau ge⸗ legenen Leinern waren 1897 zwei weiße Händler angegriffen worden. Beide waren verwundet entkommen. Eine spätere Unter⸗ suchung durch Herrn Dr. Hahl hatte ergeben da die Händler durch unvorsichtiges Benehmen den Angriff selbst ver⸗ schuldet hatten, weshalb von einer Bestrafung der Eingeborenen ab⸗ gesehen war. Jetzt befindet sich dork ein chinesischer Händler. Der Menschenfraß gilt in diesen Gegenden noch als etwas Selbstverständ⸗ liches. In Leinern sah ich unter anderem auf einem Baum neben einem Schweinsschädel einen Menschenschädel aufgestellt. Auf mein Befragen wurde mir gesagt, daß es der Schädel eines im letzten Kampf getödteten Feindes wäre, der beim darauf solgenden Festmahl verzehrt sei. Es wurde mir sogar der Name des Verzehrten, eines früher im Herbertshöher Laden beschäftigt gewesenen Eingeborenen, genannt, den nach seiner Rückkehr in die Heimath dies Schicksal ereilt hatte. Aus dem Benehmen der Leute, welche sich gegen uns freundlich und entgegenkommend zeigten, ging hervor, daß sie das Verzehren des getödteten Gegners als ihr gutes Recht betrachteten. Die Unsitte wird erst dann ausgerottet werden können, wenn die Verwaltung in der Lage ist, häufiger in Neu⸗ Mecklenburg Macht zu zeigen. Eine mir in Fissaua von Eingeborenen semachte Anzeige, wonach die Lauanleute mit Gewehren des dortigen

ändlers auf sie einen Ueberfall gemacht haben sollten, konnte ich nicht mehr untersuchen, da bei den herrschenden Winden an eine Um⸗ kehr des Schiffes im Augenblick nicht zu denken war.

Am 17. März langte die „Alexandra“ in Teripax auf den Gar⸗ dener⸗Inseln an, wo sie ziemlich dicht am Ufer ankerte. Die beiden auf der Karte verzeichneten großen Inseln scheinen noch durch enge Kanäle durchschnitten zu sein. Durch einen solchen von Mangrove eingefaßten Kanal der nöcdlichen Insel, der auf der Karte nicht angegeben ist, fuhren wir mit dem Boot durch. Auf Teripax sitzt ein chinesischer Händler. Ich drang von dort aus ein Stück ins Innere vor, zum theil unter Be⸗ nutzung des Bettes eines Gebirgsbaches, der köstlich kühles Wasser enthielt. Der Boden war, soweit ich kam, fetter Lehmbvoden, auf dem eine üppige Vegetation wucherte. Die Boden⸗ gestaltung und der Pflanzenwuchs erinnerte mich in manchen Beziehungen an die Molukken⸗Insel Amboina, auf der ich bei meiner Ausreise einige Fußtouren zu machen Gelegenheit gehabt hatte. Die Eingeborenen machten einen friedlichen Eindruck. Das Stammes⸗Ober⸗ haupt übt hier im Sens zu Neu⸗Pommern und guch den berührten V. Neu⸗Mecklenburgs anscheinend eine große Gewalt aus, die sich ogar auf das Privateigenthum seiner Stam mesangehörigen zu erstrecken scheint. In Lakurufanga auf Neu⸗Mecklenburg sollen vor einiger 10, Bukas, welche von dem bedeutend nördlicher in

apfu sitzenden Händler zum Koprahandel die Küste hinab⸗

esandt waren, erschlagen sein. Da ich schon in Lanan die

Kachricht erhalten hatte, daß der Eingeborenenstamm, der die That vollbracht hatte, auf die Kunde vom Nahen der Poltzeitrnppe in den Busch geflüchtet sei, nahm ich von einer Landung an dem Platze umsomehr Abstand, als bei den wenig günstigen Winden und dem starken, dort herrschenden Strom im Fall eines nochmaligen Anlaufens der Küste eine Verzögerung unserer Fahrt zu befürchten war. Vom 18. bis 28. März kreuzten wir zwischen Neu⸗Mecklenburg und den Gardener⸗Inseln, ohne bei dem starken Strom auch nur eine Seemeile zu gewinnen. clehle ließ der Kapitän das Schiff umdrehen. Mit günstigem Winde fuhren wir in einem Tage bis Nusa, hatten aber auf der weiteren Fahrt zum theil wieder Windstille. Am 4. April, Vormittags 3 Uhr, beben wir endlich mit Hilfe eines heftigen Nordwestwindes in Herberts⸗ e an.

Aus meiner Fahrt habe ich bezüglich einer künftigen Gestaltung der Verwaltung folgende Eindrücke gewonnen: Bei Stationierung einer Truppe im nördlichen Theil Neu⸗Mecklenburgs, welche mit einem Kutter und mehreren Booten auszurüsten wäre, sowie bei regelmäßig alle drei bis vier Monate wiederkehrenden Rundfahrten des Gouverneurs um die von der Station aus nicht erreichbaren Theile Neu⸗Mecklen⸗ burgs, würden die Kämpfe der Eingeborenen auf Neu⸗Mechlenburg und den kleineren Felenn allmählich zum Aufhören gebracht und das Land damit einer friedlichen Entwickelung erschlossen werden können.

Ueber einen Zug gegen die Anapaparleute auf der Gazelle⸗Halbinsel erstattet der stellvertretende Kaiser⸗

theuert

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e Schnee unter dem 8. April d. J. folgenden ericht:

Die Eingeborenen von Anapapar im Innern der Gazelle⸗Halb⸗ insel westlich von Varzin, welche bereits früher wiederholt mit anderen Stämmen im Kampf gewesen waren, hatten Weihnachten v. J. die an der Küste des Weberhafens, nicht weit von der vdehauns des weißen Händlers Strasser in Kabaira, wohnhaften Eingeborenen überfallen und drei Leute getödtet. Der Händler in Kabaira fühlte sich in seiner Sicherheit bedroht und wandte sich an das Kaiserliche Gericht um Hilfe. Ich beschloß, aus folgenden Gesichtspunkten eine Züchtigung der Anapapar⸗ leute vorzunehmen. In Kabaira sind nach den mir gemachten An⸗ gaben im Laufe der Jahre bereits 14 Europäer erschlagen worden. Nachdem eine Zeit lang Kabaira von Europäaern verlassen geblieben war, ist vor etwa Jahresfrist wieder eine Händlerstation dort eingerichtet worden. Gleichfalls am Weberhafen, in Mandres, hat die katholische Mission vom heiligen Herzen Jesu eine Nieder⸗ lassung eröffnet. Am Massavahafen ist von der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie mit der Anlegung einer Pflanzung begonnen worden. Alle diese Unter⸗ nehmungen erschienen, wenn auch die letztgenannte nur indirekt, be⸗ droht, wenn die That der Anapaparleute, welchen ein Theil der früheren Ermordungen von Europäern zugeschrieben wird, ungesühnt blieb. Außerdem würde im Fall des Nichteinschreitens bei einem solchen nicht sehr weit vom Sitz der Verwaltung ausgeführten Ueberfall das Ansehen der Verwaltung bei den übrigen Eingeborenen leicht eine Schädigung erfahren haben.

Am 15. Februar d. J. warschierte ich mit einem Theil der Polizeitruppe von Malagunan (Blanchebucht) nach Kabaira, wohin sich der Polizei⸗Unteroffizter Schuberth mit dem Rest der Truppe vermittels des mir von der katholischen Mifsion zur Verfügung ge⸗ stellten Kutters „Zevelde“ bereits begeben hatte. Seitens der Anapaparleute war bereits die Nachricht nach Kabaira gesandt, sie würden vor uns nicht davonlaufen, sondern uns erwarten und alle tödten. Da unter diesen Umständen an irgend welche Ver⸗ handlungen nicht zu denken war, marschierte ich am anderen Morgen mit Sonnenaufgang unter Führung einiger Eingeborener sowie in Begleitung des Herrn Strasser mit dem Polizei⸗Unteroffizier und der Polizeitruppe in den Busch. Meine Truppe bestand aus 21 Mann. Nach fünfstündigem ununter⸗ brochenem Marsch durch den Busch auf Kanakerpfaden, streckenweise in seichten Bächen watend, erreichten wir die ersten Anpflanzungen der Anapaparleute. Letztere waren auf unser Kommen vorbereitet, wir hörten schon von Weitem den Klang ihrer Trommeln. Auf schmalem Pfade durch das hohe Gras, welches stellenweise von Anpflanzungen unterbrochen war, ging es weiter. Ein Kanaker wurde unterwegs von der Spitze überrascht und erschossen. Die Anaxaparleute schienen vor uns eine Stellung eingenommen zu haben, warteten aber unser Näherkommen nicht ab, sondern umgingen uns pläötzlich auf beiden Seiten, was wir des Busches und hohen Grases wegen nur hören konnten. Ich ließ auf einer Erhöhung Halt machen, welche wenigstens nach der Seite, von welcher wir gekommen waren, verhältnißmäßig freies Schußfeld gewährte. Von dieser Richtung erfolgte nunmehr der feindliche Angriff, während der erwartete Angriff von den Seiten unterblieb. Die Eingeborenen rückten mit Kriegsgeschrei, ihre Speere schwingend und eine Art Kriegstanz aufführend, heran, wurden aber durch Gewehr⸗ feuer bald zurückgetrieben und eilten in wilder Flucht seitwärts an unserer Stellung vorbei zurück. Ich benutzte dies zu einem Vorstoß nach der Seite, der durch den Poltizeiunteroffizier mit einigen Mann erfolgreich durchgeführt wurde. Im Ganzen hinter⸗ ließen die Kanaker sieben Todte. Wie groß die Zahl der Angreifer war, läßt sich bei dem unübersichtlichen Gelände auch nicht annähernd angeben. An Waffen waren außer den Speeren und einigen Schüssen nach zu urtheilen ein oder zwei alte Schrotgewehre vorhanden. Die Truppe hatte keine Verluste. Nach kurzer Mittagsrast wurde der Rückmarsch angetreten. Wir langten noch vor Sonnenuntergang in Kabaira wieder an. Auf dem Rückwege von Kabaira hielt ich an der Nordküste Gerichtstag ab. Die Bukas und Neu⸗Mecklenburger der Polizeitruppe benahmen sich, was persönlichen Muth anbetrifft, vorzüglich. Die von der Gazelle⸗Halbinsel stammenden Polizeisoldaten zeigten sich fast durchweg feige. Nach dieser Züchtigung haben sich die Anapaparleute ruhig verhalten. Da der Häuptling derselben inzwischen schon persönlich, um Waaren zu kaufen, in Kabaira gewesen sein soll, steht zu hoffen, daß die Anknüpfung friedlicher Beziehungen mit den Eingeborenen von Anapapar der Ver⸗ waltung bald gelingen wird. Damit dürfte, nachdem Herr Dr. Hahl im vorigen Jahre die in der Gegend am Varzin ausgebrochenen Ein⸗ geborenenkämpfe durch thatkräftiges Eingreifen zum Aufhören gebracht hat, für die Gazelle⸗Halbinsel, soweit die Interessen von Europäern in Frage kommen, der Frieden vorläufig gesichert sein. 1““ Sd e .. 1 Fta Ses. 8 h111“” Oesterreich⸗Ungarn. 8 1111“]

Der Kaiser hat sich heute früh von Wien zum Sommer⸗ aufenthalt nach Ischl begeben. 1

An den diesjährigen großen Kaisermanövern, die in der Gegend von Böhmisch⸗Leipa stattfinden, nehmen theil: das VIII. (Prager) Korps, unter dem Kommando des Feldzeug⸗ meisters Fabini, mit zwei Infanterie⸗ und einer Landwehr⸗ Division und das IX. (Josephstädter) Korps, unter dem Befehl des Feldmarschall⸗Leutnants von Klobus, eben⸗ falls mit drei Divisionen. Die eegren wird sich auf 57 Linien⸗ und 26 Landwehr⸗Bataillone beziffern. Außer der in Böhmen liegenden Kavallerie (drei Dragoner⸗ und einem Landwehr⸗Ulanen⸗Regiment) wird voraussichtlich noch ein Kavallerie⸗Regiment des II. Korps, das nach Galizien verlegt wird, zu den Manövern herangezogen werden. Die Artillerie umfaßt acht Regimenter mit 128 Ges ügen. Außerdem werden noch Telephon⸗, Telegraphen⸗ und Luftschiffer⸗Abtheilungen an den Manövern theilnehmen. Die Kaisermanöver im Puster⸗ thal finden unter Theilnahme aller in Steiermark, Kärnten, Krain, Küstenland, Tirol, Oberösterreich und Salzburg liegenden Truppen zwischen dem III. (Feldzeugmeister von Succovaty) und dem XIV. (Feldzeugmeister von Hold) Armee⸗Korps statt. Die Infanterie wird durch 35 Bataillone Linien⸗Infanterie, 13 Kaiserjäger⸗ und 5 Feldjäger⸗, 3 Bosnische, 14 Landwehr⸗ und 10 Landesschützen⸗Bataillone, zusammen 80 Bataillone, vertreten sein; Kavallerie und Artillerie werden wegen der Geländeschwierigkeiten in geringerem Umfang zugezogen.

Großbritannien und Irland. Cecil Rhodes ist am Sonnabend von London nach Afrika abgereist.

Frankrer In Saint⸗Cloud wurde, wie „o. I1. d.“ Sec-chten, estern für Déroulède von den Zeugen in seinem jüngsten Prozesse ein Ehrenpunsch veranstaltet. Dérouléde

Ferklärte in einer Ansprache, daß er Dreyfus für schuldig

halte, doch werde er sich, falls das Kriegsgericht in Rennes Dreyfus für unschuldig erkläre, vor diesem Urtheils⸗ spruch beugen. Wenn das Kriegsgericht in Rennes die Un⸗ schuld Dreyfus' ausspreche, sei keine Strafe zu streng für jene sechs Kriegs⸗Minister, welche die Schuld Dreyfus’ be⸗ ätten. Schließlich forderte Déroulède, daß die ganze Wahrheit in der Verhandlung in Rennes zu Tage komme, denn es bestehe nicht die Möglichkeit eines Krieges,

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desorganisieren strebe. hanneang ber ger R.

egierung bei der Rückkunft Dreyfus' ergriffenen Maßnahmen Die Ordnung wurde nicht gestört; nur wurden zwei Persone wegen aufrührerischer Nufe verhaftet.

Italien.

Es wurden noch weitere Reden ge⸗

geschlossen worden ist, hat, wie „W. T. B.“ erfährt, die äußerste Linke ein von 65 Deputirten unterzeichnetes Ma⸗ nifest an das Land gerichtet, in welchem sie über ihre Arbeiten während der letzten Session des Parlaments Rechenschaft giebt. Der sozialistische Deputirte Andrea Costa wurde vo Püse Abend, als er das Parlamentsgebäude verließ, ver⸗ haftet. Derselbe hat noch wegen eines im Jahre 1894 be⸗ gangenen Preßvergehens eine Gefängnißstrafe von 2 Monaten zu verbüßen.

Spanien.

Der Kriegs⸗Minister, General Polavieja hat, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, in einer Unterredung mit dem Minister⸗Präsidenten Silvela erklärt, daß er geneigt sei, die Friedenspräsenzstärke des Heeres auf 80 000 Mann festzusetzen, anstatt auf 108 000 Mann, worden sind.

In Barcelona ist es am Sonnabend zu Ausschreitungen senammnen. Bei dem Amtsantritt des neuen Munizipalraths and ein Zusammenstoß zwischen den verschiedenen Parteien statt.

durch welche drei Personen getödtet wurden. einer vorgestern Abend zu Gunsten der Revision des Prozesses der Gefangenen in Montjuich abgehaltenen Versammlung

anstalteten dort eine Kundgebung. welche hiergegen einschritt, wurde von der Menge mit Steinen beworfen und machte infolge dessen von der Waffe Gebrauch. Die Gesammtzahl der Verwundeten beläuft sich auf 50. Auch in Valencia fanden in der Nacht zum Scrirteg Excesse statt. Die Unruhen begannen damit, daß zahlreiche Gruppen den Verkehr der Pferdebahn⸗ wagen zu stören suchten. Als dann die Gendarmerie ein⸗ schritt, wurde sie von der Menge mit Steinwürfen empfangen. Die Gendarmerie und die Truppen waren infolge dessen ge⸗ nöthigt, zu schießen, wobei mehrere Personen verwundet wurden. Abends nahmen die Unruhen noch größere Di⸗ mensionen an. Truppen besetzt.

beiden Seiten lebhaft gefeuert worden war. wollten auch gegen ein Kloster wenrdee von den Truppen und der Gendarmerie daran ehindert.

die Lage zusammen. Der Bürgermeister veröffentlichte eine Proklamation, in welcher er die Bevölkerung zur Ruhe auf⸗ fordert. Gestern kam es zu weiteren Unruhen. Eine Menschen⸗ menge bewarf die Gendarmerie⸗Kaserne mit Steinen. Dabei soll ein Hauptmann der Gendarmerie verwundet worden sein.

Schweiz.

abend geschlossen worden.

Niederlande.

Die zweite Unterkommission der II. Kommission der Fon esens hielt, wie „W. T. B.“ aus dem Haag meldet, vorgestern unter dem Vorsitz des russischen Geheimen Raths von Martens eine Sitzung ab und nahm in zweiter Süan eine Erklärung, betreffend Vorschriften und Gebräuche für den Landkrieg, an. Der Ausschuß für die Redaktion des Schiedsgerichtsvorschlages ist vor⸗

gestern Nachmittag wieder zusammengetreten und hat auf dem Kodex

Antrag des amerikanischen Delegirten über das schiedsgerichtliche Verfahren noch eine Bestimmung hinzugefügt, welche von der Zulässigkeit der Revision schieds⸗ gerichtlicher Entscheidungen handelt. Der Ausschuß ging

während die Campagne für Dreyfus die Landesvertheidigung zu eorges Thiébaud wandte sich gegen die von der

Infolge des Dekrets, durch welches die Parlamentssession

88 die im Budget en

Aus der Mitte der Menschenmenge wurden Schesfe abgggeben⸗ m usse

zogen die Theilnehmer nach einem Jesuitenkloster und ver⸗ Die Gendarmerie,

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Die Hauptpunkte der Stadt wurden von

Die Aufrührer errichteten Barrikaden, von denen eine von der Kavallerie genommen wurde, nachdem von Die Aufrührer einen Angriff richten,

Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. n der Nacht traten die Generale zu einer Berathung über

848 er.

Die Session der Bundesversammlung ist am Sonn-⸗

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dann zur zweiten Lesung des von dem britischen Dele⸗

girten Sir Julian Pauncefote gestellten Antrages über. In

tribunal den Namen „Ständiger Schiebsgerichtshof“ tragen solle. Die von den amerikanischen Delegirten aufgeworfene Frage des Schutzes des Privateigenthums auf der See wird vielleicht in der nächsten Woche in der Plenarkommission vor⸗

Belgien.

Die Bürgermeister von Brüssel, Antwerpen, Lüttich und Gent wurden vorgestern Mittag von dem König in Audienz empfangen und erklärten Allerhöchstdem⸗ selben, wie „W. T. B.“ berichtet, daß sie nicht mehr für die Aufrechterhaltung der Ordnung einstehen könnten, wenn das Ministerium die Wahlvorlage nicht füscmühe. In seiner Antwort stützte sich der König auf die Konstitution, welche ihm sein Verhalten vorzeichne. Später hatte der König eine längere Unterredung mit dem Minister⸗Präsidenten

Vandenpeereboom.

Der Präsident der Repräsentantenkammer Beernaert wird heute aus dem Haag nach Brüssel zurückkehren und nicht mehr an den Arbeiten der Friedenskonferenz theilnehmen.

In Brüssel veranstalteten gestern Nachmittag zahlreiche Sozialisten im Park eine Kundgebung. Sie sangen die Makseillaise und stießen Rufe gegen das Ministerium aus. Ein Sozialist richtete eine Ansprache an die Menge und forderte das Volk zu weiterem Widerstande auf. Die Sozialisten durchzogen sodann singend die Stadt und begaben sich nach dem Voltshause, nachdem sie unter⸗ wegs vor den Gebäuden der klerikalen Blätter feindselige Kundgebungen veranstaltet hatten. In Antwerpen zog am Sonnabend Abend eine Menge von etwa 9000 Personen unter der Führung von liberalen und swialistischen Deputirten durch die Stadt. Vor den Häusern 2., kl. ka

dem Bürgermester . or seiner Wohnung eine Huldigung

dargebracht. Später „anden nehrere Versammlungen statt, in denen die Redner dazu riethen, nicht abzurüsten, bis man den Versöhnungsvorschlag des Minister⸗Präsidenten kenne. Es kam zu keinem Zwischenfall Nach einer gestern in Lüttich abgehaltenen sarade der Bürgergarde begaben sich etwa 250 Bürgergardisten 12“ und die Gewehrkolben schwingend nach einem Versammlungs⸗ lokal der Sozialisten. Dort wurde sofort eine FSeüenbang ahee⸗ halten, in welcher die Redner, unter denen sich auch mehrere Bürger⸗ ardisten befanden, die Wahlvorlage der Regierung mißbilligten und auf⸗ orderten, die Agitation gegen diese Vorlage fortzusetzen. Mehrere Bürgergardisten richteten vom Balkon herab Ansprachen an die auf

der Straße befindliche Menge. Es kam zu keiner Ruhestörung. In

diesem wurde die Aenderung getroffen, daß das Schiedsgerichts⸗

'gebracht werden, eine Verhandlung dürfte aber nicht stattfinden.

u ter worden Schmähkundgebungen veranstaltet;

Nach einer Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“ aus

veranstaltete gestern nach einem Konzert des dortigen katholischen ein Theil der Zuhörer eine Kundgebung und rief: „Es lebe das allgemeine Stimmrecht!“ Die Polizei zerstreute die Manifestanten und nahm mehrere Verhaftungen vor. Eiwa zehn Personen wurden durch Säbelhiebe verwundet. In Mons heschloß gestern Abend eine im Volkshause abgehaltene sozialistische Versammlung, daß, wenn die Regierung am Dienstag die Wahlvorlage de zurückziehe, oder wenn sie eine neue Vorlage einbringe, welche nicht das allgemeine Wahlrecht einführe, sofort der Ausstand im Kohlenbecken von Mons werde er⸗

““ ““

Die Pforte beantwortete vorgestern, wie das Wiener Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ meldet, die serbische Note vom 66. vor. M. mit einer Note, in welcher sie erklärt, sie habe aus Anlaß der Grenzvorsälle keine Zirkularnote an die Botschafter, sondern auf Ersuchen einiger Botschafter eine Notiz an dieselben gerichtet, welche auf dem Ergebniß der Unter⸗ suchung und den amtlichen Mittheilungen des türkischen Ge⸗ sandten in Belgrad und des Vali von Kossowo basiere. Die Notiz habe nicht besagt, daß der König sein Bedauern aus⸗ gedrückt und an den Sultan telegraphiert habe, sondern daß der König seine Befriedigung über die Untersuchung aus⸗ gedrückt habe. Die Pforte sei für Meldungen der Zeitungen nicht verantwortlich. Es liege kein Grund vor, den türkischen Truppen und den Albanesen die Schuld an den Grenzvorfällen uzuschreiben; im Gegentheil, die Haltung der Truppen sei sodrekt gewesen, und von seiten der Albanesen seien keine Provokationen erfolgt, wohl aber von seiten der Serben; auch habe der serbische Kommissar, Oberst Oeschitsch, dem türkischen Kommissar gegenüber sein Bedauern über die Uebertreibungen der Presse ausgedrückt. Im übrigen hält die Note die in der Notiz an die Botschafter gemachten An⸗ gaben aufrecht.

Der serbische Gesandte hat in Beantwortung der Note der Pforte vom 22. vor. Mts. der Pforte eine Note über⸗ reicht, welche besagt, daß die an der Grenze angestellten Unter⸗ suchungen zu Ergebnissen geführt hätten, welche weit entfernt seien von den Angaben, auf welche die Note der Pforte sich stütze. Das vorläufige Ergebniß habe gezeigt, daß der Angriff gegen die serbischen Wachthäuser vorbereitet gewesen und von türkischen Soldaten und Albanesen im Einvernehmen ausgeführt worden sei. In Erwartung des definitiven Ergeb⸗ nisses halte die serbische Regierung ihren in der Note vom 16. vor. Mts. erhobenen Protest vollinhaltlich aufrecht.

Rumänien. .—

Das Bureau des Senats wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern von dem König zur Ueberreichung der Adresse empfangen. .b-

Die Deputirtenkammer nahm nahezu einstimmig die Adresse an den König an, in welcher Befriedigung über die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Staaten sowie über die Erhaltung des Friedens ausgesprochen wird. 11I11“*“*“ 1 Amerika.

Ein Gegenseitigkeitsvertrag zwischen den Ver⸗ einigten Staaten und Jamaica ist, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, vorgestern in Washington abgeschlossen worden.

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Afrika. In Pretoria ist, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern ein Grünbuch veröffentlicht worden. Dasselbe enthält eine Depesche des britischen Staatssekretärs für die Kolonien Chamberlain vom 15. Dezember v. J,, in welcher es heißt, die britische Regierung sei nicht in der Lage, den von Dr. Leyds aufgestellten Satz, daß es keine britische Suzeränetät gebe, und daß die Einleitung der Konvention von 1881, die sich mit der Frage der Suzeränetät befasse, durch die Konvention von 1884 .92. sei, als richtig anzuerkennen. 1 Aus Kapstadt berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß Hofmeyr und der Minister Hertholt vorgestern früh von dort nach Bloemfontein abgereist seien. Der Minister Hertholt gehe an Stelle te Water's, welcher durch Unpäßlichkeit an der

eise verhindert sei.

8 Polynesien.

Washington nehmen die Arbeiten der Samoa⸗Kom⸗ mission einen befriedigenden Fortgang. Sollte das Ab⸗ kommen der Foremissare auch den Rücktritt des Oberrichters Chambers einschließen, so würde derselbe wahrscheinlich für einen anderen Posten bestimmt werden. Es werde indessen vermuthet, daß Chambers freiwillig zurücktreten werde. Be⸗ treffs der Abschaffung des Königthums werde in amtlichen Seacss eine Uebereinstimmung der Mächte als wahrscheinlich angesehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die vesgeftrigen Sitzungen des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (14.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein, der Justiz⸗Minister Schönstedtund der Minister des Innern Freiherr von der Recke beiwohnten, wurde zunächst in die Statistische Zentral⸗Kommission an Stelle des verstor⸗ benen öö Geheimen Raths Dambach Herr von Rochow gewählt.

Alsdann folgte die Verlesung folgender Inter⸗ pellation der Herren Graf zu Lynar, Graf von Houwald, Freiherr von Wackerbarth und Graf von der Schulenburg⸗Lieberose:

„Veranlaßt durch die großen Wasserschäden des Jahres 1897, hatte die Staatsregierung eine Regulierung des Spreegebiets in Aussicht

enommen, einen diesbezüglichen Plan vom Meliorations⸗Bauinspektor

egner ausarbeiten und viesen Plan auch einer größeren Versammlung von Interessenten vorlegen lassen. Seitdem scheinen seitens der Staatsregierung weitere Schritte nach dieser Richtung hin nicht gethan zu sein. Die in diesem Jahre erneut und vergrößert auf⸗ getretene Wassersnoth im Spreegebiete zwingt uns zu der Anfrage:

Was gedenkt die Königliche Staatsregierung zu thun, um das „Spreegebiet, insonderheit die Gegenden des Ober⸗ und Unter⸗Spree⸗ waldes vor ferneren Schäden zu schützen?“

Nachdem der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr vomn Hammerstein sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit erklärt hatte, erhielt zur Begründung der⸗ selben Graf von Houwald das Wott, dessen Rede bei

Auf der Tagesordnung der heutigen (87.) Sitzung des Hauses der 2 1 Minister Schönstedt beiwohnte, stand zunächst die zweite Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs, enthaltend die landesgesetz⸗ lichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichtsvollzieher.

der Vorlage, gegen die Abg. Krawinkel (nl.) Widerspruch

bgeordneten, welcher der Justiz⸗

Abg. Dr. Porsch (Zentr.) beantragt die en bloc Annahme

erhebt. Der Antrag des letzteren, in Artikel 8, 9 und 10 die Regierungsvorlage wiederherzustellen, wird abgelehnt und die Vorlage unverändert nach den Beschlüssen der Kommission an⸗ genommen.

Es folgt sodann die dritte Berathung des Entwurfs eines preußischen Gesetzes über die freiwillige Ge⸗ richtsbarkeit. Die Vorlage wird auf Antrag des Abg. Dr. Porsch mit Ausnahme der Artikel 78, 83 und 126 en bloc angenommen.

Art. 78 enthält die Bestimmung, daß in der Regel nur Rechtsanwälte zu Notaren zugelassen werden sollen. Der zweite Theil des Artikels, wonach im Bezirk des Oberlandes⸗ gerichts Köln Rechtsanwaltschaft und Notariat getrennt werden können, ist gestrichen worden. 8 1

Im Einverständniß mit dem Justiz⸗Minister Schönstedt wird auch der bestehen gebliebene Rest des Artikels gestrichen. Nach Art. 83 sollen Notare zur Uebernahme eines Ge⸗ meindeamts der Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht be⸗ dürfen. Auf Antrag des Abg. Kolisch (fr. Pgg.) wird auch die Genehmigung zur Uebernahme eines Amts bei einer E1“ auf Gegenseitigkeit oder bei einer Ge⸗ sellschaft mit beschränkter Häaftung für unnöthig erklärt. Der Justiz⸗Minister Schönstedt hatte dem Hause die Beschluß⸗ fassung anheimgestellt. 1 Zu Art. 126 beantragt Abg. Dr. Hahn (b. k. P.), nicht bloß für Ostfriesland und Harlingerland, sondern (wie auch in der Regierungsvorlage schon vorgeschlagen war) auch im Regierungsbezirk Osnabrück vereidete Auktionatoren zuzulassen, ferner in dem Regierungsbezirk Stade und in den Graf⸗ schaften Hoya und Diepholz.

Justiz⸗Minister Schönstedt erklärt sich für die Wiederherstellung der Fieoeerlale. aber gegen jede weitere Ausdehnung des Art. 126.

Nach kurzer Debatte wird der Antrag Hahn in seinem ersten Theile angenommen, der zweite Theil aber abgelehnt. Im übrigen wird die Vorlage unverändert angenommen. Eine von der Kommission vorgeschlagene Resolution, welche eine thunlichst baldige spezielle Revision des dritten Theils der Allgemeinen Gerichtsordnung verlangt, wird ge⸗

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. 1“ Zum Ausstande der Bergarbeiter in Herne wurde dem „W. T. B.“ vom Sonnabend aus Essen a. d. Ruhr ge⸗ meldet: Auf den Zechen „Julia“, „Constantin der Große“, „Shamrock“ und „Pluto“ sind bei der Mifttagsschicht alle Arbeiter angefahren. Auf der Zeche „v. d. Heydt“ fehlten 42 von 350 Mann, auf der Zeche „Friedrich der Große“ 39 von 550, auf „Mont Cenis“ 37 von 722, auf „König Ludwig“ 584 von 725 und auf „Blu menthal“ 300 von 500 Mann. Aus Dortmund wurde gleichzeit ig berichtet: Ein Bataillon des 39. Infanterie⸗Regiments ist, wie der „Dortm. Gen.⸗Anz.“ meldet, nach Recklinghausen abge⸗ gangen, weil in dem dortigen Revier Unruhben befürchtet werden. Vom heutigen Tage wird aus Herne telegraphiert, daß auf allen Zechen sämmtliche Arbeiter an gefahren sind. Aus M.⸗Gladbach wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Nachdem die Weberei von Movritz Steinberg ihren Arbeitern eine zehn⸗ prozentige Lohnerhöhung und die zehnstündige Arbeitszeit bewilligt hatte, zogen diese ihre Kündigung zurück. Aus Augsburg schreibt man den „Münch. N. N.“ unter dem 28. v. M.: In der Acetylenfabrik von Keller u. Knappich im benachbarten Oberhausen haben heute Morgen 21 Arbeiter die Arbeit aus dem Grunde niedergelegt, weil ihr Werkmeister mit einem Magazinbeamten Streitigkeiten gehabt und deshalb um seine Ent⸗ lassung nachgesucht hat. Einigungsversuche sind im ange.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Oesterreich.

Triest, den 23. Juni 1899. Von den Wintersaaten hat Roggen

gut geblüht. In Dalmatien geht er der Reife entgegen. Weizen

erweckt gute Hoffnungen, in den südlichen Distrikten steht er theils in

Blüthe, theils ist dieselbe schon vorüber. In den Alpenländern setzt er Aehren an.

Die Sommersaaten standen weniger günstig als die Wintersaaten, haben sich aber durch neuerdings eingesetzte anhaltende Regen sehr erholt. Hafer zeigt in Görz ein gutes Aussehen. Mais steht eben⸗ falls in Görz gut, während man in den Alpenländern nur eine Mittelernte erwartet. Von der Wiesenheuernte ist man in den Alpenländern befriedigt 1 -

Die Weinstöcke haben in Dalmatien trotz Einsetzens von Wind und Regen zur Blütbezeit reichlich angesetzt und zeigen meist einen recht betriedigenden Stand. An einigen Orten wurden indessen die günstigen Aussichten durch Hagelschauer vernichtet. Oidium und Peronospora machen sich bemerkbar, wogegen durch häufiges Einspritzen mit Schwefel und Kupfervitriol vorgegangen wird. Von Ungeziefer hat der Heuwurm einigen Schaden angerichtet. -

In Görz und den übrigen Theilen des Küstenlandes gedeiht der Wein gut. Die Fruchtansätze sind infolge häufigen Regens zwar nicht düewad gen schön entwickelt.

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1“ 1 Ernteergebniß des Jahres 1898 in der Türkei. Konstantinopel, den 20. Juni 1899. Das Gesommt⸗ ergebniß der Getreideernte des Jahres 1898 war in fast allen Theilen der Türkei ein schlechteres als in früheren Jahren. Infolge dessen zeigte der einheimische Markt eine Aufwärtsbewe ung der Preise, die Aussuhr ging zurück und in einigen Gegenden wurden sogar nicht unbeträchtliche Mengen Getreide und Mehl vom Auslande bezogen. Der Grund für das schlechte Ergebniß der vorjährigen Ernte liegt fast durchweg in der trockenen Witterung; in den Bezirken Mossul und Jerusalem vernichteten außerdem Heuschreckenschwärme einen be⸗ trächtlichen Theil der Ernte. ʒInm einzelnen ist Folgendes zu bemerken: DWDie Ernte des Bezirks Adrianopel war nicht im stande, den Lokalbedarf zu decken. Es mußten erhebliche Mengen Getreide, namentlich Weizen, Mais und Hirse, aus Ostrumelien bezogen werden, und Frankreich lieferte über Merseille größere Quantitäten Mehl. Für die Vilajeis Aidin, Konia und die zum Vilajet Brussa ge⸗ hörenden Bezirke von Uschak und Afium Karahissar ergab die Ernte nur etwa zwei Drittel des vorjährigen Ertrages, und der Export

Ernte davon Eyxport

10 000 5 990 dz

5 000 465 000 152 000 1 250 000 834 300 —. 200 000 152 370 8 50 000 24 230 8 3 17 000 2 840 MW 1111“ 2 500 zusammen 1 999 500 An der Ausfuhr war in erster Linie Großbritannien mit

1 en E1““ Reoggen Weizen Gerste.

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Weißer Mais sogen. Dari Hirse. 11“

1 041 730 dz betheiligt; nach den türkischen Inseln wurden 25 000 d verladen, der Rest mit 105 000 dsz entfiel auf Frankreich, Oesterreich Belgien und Griechenland.

8 Die Ernte in den Provinzen Beirut und Syrien war gleichfalls

eine mittelmäßige und überstieg den lokalen Bedarf nur um ei Geringes.

In den nördlich von Beirut gelegenen Distrikten von Homs,

Hama und Tripolis zeigte die Ernte einen Ausfall von 10 % gegen⸗ über 1897 und von 60 % gegenüber dem Durchschnitt der früheren Jahre; der Export von den Häfen Tripolis und Lathakia ging auf

80 000 dz Weizen und 35 000 dz Gerste zurück. 1 In der Provinz Aleppo verminderte sich die Ernte infolge großer

Kälte im Winter und anhaltender Dürre im Frühling um 50 %. gegen den Durchschnitt früherer Jahre. Es wurden im Ganzen geerntet:

2 000 000 dz 740 000 110 000 138 000

89. 62900 1 375 818 86 250 1288090

zusammen 3 084 250 dz

Fr Die verhältnißmäßig günstigsten Nachrichten liegen aus dem Vilajet Adana vor. Die Weizenernte wird mit dem zwölffachen Ertrage der Aussaat als befriedigend bezeichnet, und auch die übrigen Getreldearten fielen derart aus, daß beträchtliche Weüsshen nach aus⸗ wärts verladen werden konnten. Die Ernte von alästina wird im allgemeinen als mittelmäßig bezeichnet. Für den Bezirk Jaffa wird der Ertrag an Weizen auf rund 910 000 dz angegeben. In den Beitfsen fehlt jeder Anhalt, welcher auch nur eine ungefähre ung zuließe. 1 Sehesa Sngasti sen lagen die Verhältnisse des Vilajets Mossul, das sich seit drei Jahren in einem nahezu an Hungersnoth grenzenden Zustande befindet. Eine kleine Heuschreckenart, „Soon“ genannt, hat dort seit 1896 in inam von Por. Maße die Weizenfrucht heimgesucht und fast völlig vernichtet. vns e Vilajet Bagdad lauten die Nachrichten erfreulicher. Die Ernte ist dort bedeutend günstiger ausgefallen als im Jahre 1897. Doch lassen sich über die Höhe derselben keine genauen Angaben machen. den den in Nord⸗Afrika gelegenen Gebietstheilen des türkischen Reichs liegen Exportziffern vor, aus welchen erhellt, daß die Ernte dort gut ausgefallen ist. Es gelangten über die Häfen Tripoli, Homs, Zliten, Misrata 40 000 dz Braugerste im Werthe von 550 000 Fr. zur Ausfuhr nach England. Ueber Bengasi wurden 101 250 dz Brau⸗ gerste im Werthe von 1 512 ˙500 Fr. nach England und 5000 dz im Werthe von 72 500 Fr. nach Kreta ausgeführt.

auf 13 750 qkm

5000

1250 375

Weizen.. Gersite1 Witee11“ Watk 58 Malh .1565 Hanf 8

.“ c 5 8 ven UHeber Grootfontein in Deutsch⸗Südwestafrika berichtet der Bezirkshauptmann von Estorff im „Deutschen Kolonialblatt

Folgendes: Die planmäßig und sorgfältig ausgeführten Entwässerungen der Sümpfe haben bis jetzt einen überraschend guten Einfluß auf die Gesundbheit der Weißen wie Eingehorenen ausgeübt. Der Gesund⸗ heitszustand der Mannschaft kann im Vergleich mit 1896/97 als vor⸗ trefflich bezeichnet werden. Fieber gehören jetzt zu den Seltenheiten. Ein anderer großer Erfolg der Alrbeiten ist bier in den Gartenanlagen zu erkennen. Das durch die Entwässerung gewonnene Wasser hat jene ermöglicht und bei dem guten Boden ebenfalls überraschende Erfolge gezeitigt. Z. B. Mais gedeiht in außerordentlicher Ueppigkeit, und Kartoffeln in der Größe von zwei Fäusten sind keine Seltenheit. Bei diesem Erfolge ist zu erwarten, daß in nicht allzulanger Zeit die Anlagekosten gedeckt sein werden und in weiterer Zukunft der Distrikt Ueberschüsse abwerfen kann. Diese Gartenanlagen sind mit der gewonnenen Wassermenge stetig vergrößert worden und können noch viel weiter ausgedehnt werden. Wie Oberarzt Dr. Kuhn sich seinerzeit ein großes Verdienst durch die Bekämpfung der Rinderpest er⸗ warb, so beschäftigt er sich jetzt mit der Bekämpfung der Pferdesterbe und bat bereits die Hoffnung, zu einem guten Ergebniß zu kommen. Alle diese Erfolge, die in so kurzer Zeit gezeitigt wurden, veranlassen mich, dem Kaiserlichen Gouvernement einen Plan vorzulegen, von dem

hoffe, daß er dem Schutzgebiet viel Nutzen bringen würde: nämli

den, in Grootfontein eine botanische und landwirthschaftliche Versuchs⸗ station in größerem Umfange anzulegen. Das Gebiet von Groot⸗ fontein ist, wie kein anderes im Schutzgebiete, geeignet für eine landwirthschaftliche Besiedelung, und sobald erst die South West Africa Co. günstige Bedingungen gewährt, wird sie sicher ohne besonderes Zuthun in kürzester Frist vollzogen sein. Dann würde eine landwirthschaftliche und botanische Versuchsstation außer⸗ ordentlich belebend einwirken. Schon j tzt sieht man das Beispiel von Grootfontein Früchte tragen. Die Wirksamkeit wird sich äußern als Anleitung in Entwässerungen, Gemüse⸗, Korn⸗ und Baumanlagen, Viehzucht und Bekämpfung von Viehkrankbeiten. Hier kommt mit in erster Linie die dauernde Bekämpfung der Lungenseuche in Betracht, die ab und zu noch in Erscheinung tritt. 1

I

Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 1 Masrregihunu. Türkei.

Der internationale Gesundheitsrath in Konstanti⸗ nopel hat folgende Bestimmungen getroffen.

1) Die S von Cholera, Pest oder Gelb⸗ fieber verseuchter Herkunft werden nur eingetheert zugelassen und nur in den Lazarethen in Empfang genommen. Sie werden geöffnet, und die darin enthaltenen Briefe, Packete und Zeitungen in hermetisch verschlossenen Kasten während 12 Stunden Formoldämpfen ausgesetzt. Die Säcke, Felleisen ꝛc., welche die Post enthalten, werden in gle scher Weise desinfiziert. Die Desinfektion findet mittels des Schering'schen Apparats statt.

2) Schiffe aus Egypten. welche sich einer elftägigen Quarantäne in dem Lazareth von Delos (Griechenland) unterzogen haben, und deren Schiffsräume vorber desinfiziert und versiegelt worden sind, können ihre für Konstantinopel bestimmten Getreide⸗ ladung in Leichtern je nach Belieben in dem Lazareth von Monastir⸗ Aghii oder in dem von Tuzla löschen.

I111 8 dn

Kairo, 1. Juli. 1 T. B.) In den letzten dre sieben neue Pesterkrankungen gemeldet worden; kranke sind gestorben und zwei als geheilt entlassen.

Spanien. 8. Juli. Direccién general de Correos y Telégrafos in Madrid, Calle Carretas 10: Lieferung von 16 t Kupfervitrtol. Der Preis per Tonne ist von 820 auf 861 Pesetas erhöht worden.

ging um ein Driltel zurück. Das ziffernmäßige Ergebniß war un⸗

Schluß des Blattes noch fortdauerte.

gefähr das folgende:

IIIII

An⸗ gebote auf spanischem Stempelpapier an die ausschreibende Stelle.

*1

8 8