1899 / 236 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Oct 1899 18:00:01 GMT) scan diff

bringen. S rden insbesondere die endgültige Beilegung des Sprachenstreites auf Grund der verfassungsmäßig ge⸗ währleisteten Gleichberechtigung aller Völker Oesterreichs, owie die Bildung einer den Majoritätsverhältnissen ent⸗ prechenden Regierung anstreben. 11““

Großbritannien und Irlandz. Der General Sir Redvers H. Buller, welcher das Ober⸗Kommando über die Truppen in Süd⸗Afrika übernimmt, at sich, wie „W. T. B.“ meldet, nach Balmoral begeben, um iich bei der Königin zu verabschieden. Heute ist demselben Bureau zufolge in London eine Be⸗ kanntmachung veröffentlicht worden, wonach eine gewisse Anzahl Reservisten für den 15. d. M. zu den Fahnen einberufen

wird. 8 Frankreich. Die Budgetkommission hat mit 13 gegen 5 Stimmen den Beschluß gefaßt, die Streichung des Kredits für die Botschaft beim Vatikan zu beantragen.

8 Italien. Deer deutsche Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat, wie „W. T. B.“ aus Palermo berichtet, an Crispi an⸗ läßlich des 80. Geburtstages desselben ein herzliches Glück⸗ wunsch⸗Telegramm gerichtet. Im Ganzen sind bei Crispi mehrere Tausend Glückwunsch⸗Depeschen eingelaufen. Das Fest⸗Comité für die Feier bewirthete gestern Nachmittag 250 Arme; Abends fand im Foyer des „Victor Emanuel⸗ Theaters“ ein Bankett zu Ehren Crispi's statt, an welchem die Behörden, 11 Senatoren, 21 Deputirte, sowie die Bürgermeister der bedeutendsten Städte Siziliens, im Ganzen 250 Personen theilnahmen. Der Senator Herzog della Verdura brachte einen Trinkspruch aus, in welchem er Crispi und Italien, dessen Glück immer mehr wachsen möge, beglückwünschte und der mit einem Hoch auf Italien, den König und Crispi schloß. Crispi hob in seiner Erwiderung hervor, er wolle das Verbrüderungsfest, welches von allen Sizilianern ohne Unterschied der politischen Parteien veranstaltet sei nicht durch politische Erörterungen stören. Die Festtlichkeiten bezweckten, die von ihm dem Vaterlande und Sizilien während 56 Jahren geleisteten Dienste zu ehren. Er erinnere daran, daß die sizilianische Revolution im Jahre 1848 talien und Europa das Beispiel gegeben habe, er erinnere erner daran, daß Sizilien zuerst das italienische Königthum roklamiert habe. Crispi hob semes alten Wahlspruches: „Die Monarchie vereint uns, die Republik würde uns trennen!“ hervor, man müsse sich um die Monarchie schaaren, welche ein Symbol der Untrenn⸗ barkeit des Vaterlandes gegenüber den Bestrebungen der Reaktion und der Anarchie sei. Der Redner forderte schließ⸗ lich die Versammlung auf, den König Humbert und sein Haus telegraphisch zu begruͤßen. Die Rede wurde sehr beifällig auf⸗ genommen. 1 Der Ständerath hat das Kranken⸗ und Unfall⸗

obdann unter Bekräftigung

versicherungsgesetz ebenfalls angenommen und das In⸗

krafttreten des Gesetzes auf den 1. Januar 1903 festgesetzt. Türkei.

Wie die „Russische Telegraphen⸗Agentur“ meldet, ist die

Griechenland auf dem russischen Kreuzer Czar Alexander“ am Mittwoch Abend von Kreta nach Athen abgereist. Die christliche und die mohamedanische Be⸗ völkerung gab den Sympathien, welche sich die Königin auf Kreta erworben hat, durch lebhafte Huldigungen bei der Ab⸗

se Ausdruck. Afrika.

53 Mitglieder des Kap⸗Parlaments hatten, wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, durch Vermittelung des Gouver⸗ neurs Sir Alfred Milner an die Königin Victoria eine Petition gerichtet, in welcher cs hieß:

Die Petenten seien durch Bande des Bluts, der Verwandtschaft und der Verschwägerung mit den Bewohnern von Transvaal en verknüpft. Sie seien an dem Frieden in Süd⸗Afrika e.. interessiert und überzeugt, daß eine aktive britische Inter⸗ vention unnöthig sei. ransvaal habe für die Vertretung der Goldfelder in seiner gesetzgebenden Versammlung liberale Vorschläge gemacht und sich mit einer Untersuchung durch eine gemischte Kommission einverstanden erklärt. Die Petenten bäten die Königin daher, sofort die betreffenden Kommissare zu ernennen. Wenn die Untersuchung ergebe, daß das gegenwärtige Wahlrechtsgesetz unzulänglich sei, so sei ja Transvaal bereit, anderweltige Vorschläge zu machen. Schließlich wird erklärt, daß die Petenten der Königin treu ergeben seien. 11

Gestern traf die von dem Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain unterzeichnete Antwort auf diese Petition ein. Dieselbe besagt:

Die britische Regierung beachte wohl die Sympathien und Inter⸗ essen der britischen Staatsangehörigen holländischer Abkunft. Eines der Hauptziele der Regierung sei es gewesen, den nicht holländischen Bewohnern von Transvaal ähnliche Rechte und Vorrechte zu

chern wie diejenigen, welche die Holländer in der Kapkolonie ätten. Großbritannien habe Transvaal jegliche Rücksicht, die mit dem obigen Ziele vereinbar sei, erzeigt, aber die Bemühungen, eine

iedliche Regelung zu sichern, seien bisher erfolglos gewesen. Mit

ücksicht auf die Weigerung Transvaals, das versöhnliche Anerbieten Großbritanniens anzunehmen, sei letzteres gezwungen, eigene Vorschläge zu formulieren.

Demselben Bureau wird aus Pretoria gemeldet: In der Sitzung des Volksraads vom 3. Oktober waren nur 14 Mitglieder anwesend. Der Vorsitzende theilte mit, daß unter den jetzigen Umständen der Volksraad bis auf weiteres aufgelöst werde. Der Präsident Krüger hielt eine Rede, in welcher er sagte, er wisse und könne Gott dafür in. Zeugen anrufen, daß alles geschehen sei, um den Aus⸗ ändern das Bürgerrecht zu geben; diese hätten aber gezeigt daß sie es nicht wünschten. Sollten ernste Ereignisse ein⸗ treten, so sei auf jeden Fall die F der Republik gerecht, und Gott werde ihr seinen Beistand leihen.

Der Staatssekretär Reitz theilte mit, daß die Proklamie⸗ rung des Kriegsrechts noch um einige Tage werde verschoben

werden. In amtlichen Kreisen ist von einem Besuche

Schreiner’'s und Hofmeyr'’s nichts bekannt.

In Pretoria sind Goldbarren im Werthe von

800 000 Pfd. Sterl. beschlagnahmt worden. Es heiße, daß

2 zweite Sendung im Betrage von 1 Million erwartet

werde.

Aus Johannesburg meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß daselbst eine Abtheilung bewaffneter berittener Polizei vor den Bureaux der Kriegskommission stationiert sei, welche 88 in Thätigkeit treten werde, sfalls es zu Unruhen kommen sollte. Die Kaffern plünderten Geschäftsplätze und Häuser im östlichen Theil des Randgebietes; weiße Beamte hätten

Königin von

auf dieselbe gefeuert; eine besondere Abtheilung Polizei sei entsandt worden, um die Eingeborenen zu zerstreuen.

Gestern Nachmittag sind in Durban vier Truppen⸗ Transportschiffe aus Indien eingetroffen. Die Truppen wurden sofort gelandet und mit der Eisenbahn weiter befördert. Das 5. Lanciers⸗Regiment ist in Ladysmith angekommen.

In Newcastle (Natal) war gestern infolge eines Telegramms des Premier⸗Ministers von Natal, in welchem es hieß, Truppen könnten Newcastle nicht zu Hilfe kommen, die Boeren hätten die Absicht anzugreifen, Widerstand sei unnütz, eine Panik ausgebrochen. JSge und Kinder verließen die Stadt; die Einwohner beruhigten sich indessen, nachdem ein Telegramm der Regierung eingetroffen war, worin gesagt wurde, daß keine unmittelbare Ursache zu einer Panik vor⸗ handen sei.

Der „Standard“ meldet aus Newcastle von vorgestern, es werde berichtet, daß die Boeren nunmehr in geschlossener Reihe bis auf sieben Meilen von Charlestown vorgerückt seien. berichteten, daß 40 t Dynamit zur Zerstörung der

isenbahnbrücke über den Oranjefluß bei Norvals⸗Ponts, der

Grenzstation zwischen der Kapkolonie und dem Oranje⸗Freistaat, gelegt worden seien. .“

Australien.

Der Regierung der Kolonie Queensland ist, „W. T. B.“ zufolge, die telegraphische Aufforderung zu⸗ gegangen, das Kontingent der Kolonie vor dem 31. Oktober nach Süd⸗Afrika zu senden. Die hierzu nöthigen Vor⸗ bereitungen sind bereits eingeleitet.

Aus Melbourne meldet das „Reuter'sche Bureau“, es sei in einer Versammlung der Militär⸗Kommandanten der australischen Kolonien die Bildung einer nach Süd⸗Afrika abzusendenden Streitmacht von 2000 Mann empfohlen worden. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain habe telegraphisch die Aufforderung an die Kolonien Victoria und Neu⸗Südwales gerichtet, je 250 Mann, und an Süd⸗ Australien, 125 Mann, und zwar vorzugsweise Infanterie, als Verstärkung des Kontingents von Queensland nach Süd⸗ Afrika zu senden. Alle diese Truppen müßten vor dem 31. Oktober eingeschifft werden. Die Kabinette der betreffenden Kolonien beriethen jetzt über diese Angelegenheit.

VII. Internationaler Geographen⸗Kongreß.

F. Am vorletzten Sitzungstage eröffnete den Reigen der Vorträge der Geheime Medizinalrath, Professor Dr. Virchow, indem er an Stelle des auf der Heimreise anfgehaltenen und gegenwärtig erst in Konstantinopel eingetroffenen Dr. Lehmann auf Grund brief⸗ licher Mittheilungen desselben und seines Reisegefährten Dr. Belck über die Ergebhnisse einer von beiden Herren unter⸗ nommenen Expedition nach Armenien berichtete. Die sich vom Schwarzen Meer nach Mesopotamien und zurück erstreckende Reise hat 1 ½ Jahre beansprucht. Wäbrend dieser Zeit ist es gelungen, das politisch und kulturell, aber nicht archäologisch und nur ungenügend geographisch bekannte Land zu durchsorschen und befriedigende Er⸗ gebnisse zu erzielen. Eine leichte Aufgabe war es nicht; denn der Be⸗ griff „Armenien steht keineswegs fest. Armenier wohnen unter russischer und türkischer Herrschaft, und zur genauen Bestimmung ihrer Wohn⸗ sitze hilft selbst die Sprache nicht, weil Armenier als kleinere und größere Bruchtheile der Bevölkerung im Lande zerstreut wohnen. Die Armenier bilden eine indogermanische Sprachinsel, außer Zusammen⸗ hang mit allen ihren Nachbarn gegen Ost, Süd und West. Sie sind ein ebenso interessantes, weil körperlich und geistig gut ausgestattetes, als ein von Unglück verfolgtes Volk. Politisch fast allezeit abhängig, wurden sie zu Zeiten von Naturereignissen schwer heimgesucht, von Erdbeben und Hungersnoth. Auch während des Aufenthalts der beiden Forschungsreisenden im Lande berrschte dort schwere Theuerung, vermehrt durch außerordentlich starke Schneefälle, welche zu den Eigen⸗ thümlichkeiten des armenischen Winters gehören. Es ist den Armeniern niemals gelungen, eine gewisse Kontinuität der Entwickelung zu er⸗ reichen, trotzdem der Begriff „Armenien“ schon zur Römerzeit mit einer gewissen Bestimmtheit auftritt. Daß es dem wohl veranlagten Volk nicht geglückt ist, die gewöhnlichen Elemente der Bildung festzuhalten, gehört zu den Klagen der zahlreichen Armenier, die im Dienst der be⸗ nachbarten Staaten oder im Handel oder auch in der Wissenschaft häufig zu bedeutenden Lebensstellungen gelangt sind. Für die Begabung des Volkes spricht es auch, daß das Christenthum dort frühzeitig Wurzel geschlagen und sich dauernd behauptet hat. Dieser Umstand war von besonderer Bedeutung für die beiden Forschungsreisenden, weil ihnen, als die Nachricht ihres Vorhabens bekannt wurbde, leb⸗ hafte Sympathie namentlich von der Geistlichkeit entgegengebracht wurde So gelang es ihnen, eine Reihe der werthvollsten Dokumente zu sammeln, die, in die Fundamente der Kirchen eingemauert, niemals ohne dieses freundliche Entgegenkommen der Geistlichkeit zu haben ge⸗ wesen wären, namentlich wenn es zuweilen galt, zur Erlangung einer werthvollen Stele, deren beschriebene Seite im Innern der Mauer steckte, beinahe ein Sakrileg an geweihter Stätte zu begehen. Was mit vieler Mühe und großem Scharfsinn aus diesen Dokumenten ermittelt worden ist, bezieht sich nun allerdings nicht auf die Geschichte der Armenier, sondern auf ein ganz anderes Volk, das einst an diesen Stätten ein großes Reich gebildet und wichtige Kulturarbeit verrichtet hat, auf die Chaldäer. Strabon spricht von ihnen an drei Stellen. Sie waren nach ihm Träger der höchsten Kenntnisse zu Babylon, ferner ein Volksstamm an der Mündung von Guphrat und Tigris und endlich ein Velk, das am. Schwarzen Meer in der Nähe von Trapezunt saß. Wahrscheinlich hatte das an dritter Stelle genannte Volk mit dem zu 1 und 2. nichts zu thun, und es lag bei Strabon die Verwechselung glrich⸗ klingender Namen vor; es fehlt vorläufig wenigstens jede Brücke. Dieses dritte Volk, dessen Dokumente die Reisenden ans Licht gezogen, bieß „Chalder“ nach ihrem Reiche „Chaldia“. Es ist gelungen, die Grenzen dieses häufig im Kampfe mit den Assyrern begriffen ge⸗ wesenen Reiches festzustellen; denn in seiner geordneten Verwaltung hatte es an seinen Grenzen Steine mit Inschriften errichtet, die jetzt zur Fnsgab. seiner Geschichte werden. Wiederum hat, wie zur Entzifferung der Hieroglyphen, so auch hier eine zweisprachige Stele zum Lesen der bisher unbekannten chaldischen Sprache und, wie in Egypten, so auch hier mit Hilfe der Eigennamen in den Inschriften verholsen. Diese Stele wurde tief im Gebirge entdeckt, nachdem den Reisenden von ihrer Existenz berichtet worden war; sie enthält die inbaltlich gleiche Inschrift in Assyrisch und Chaldisch, beides in Keil⸗ schrift. Die alten Chalder waren ein von den semitischen Assyrern ganz verschiedenes Volk, weder semitisch, noch indogermanisch, also auch nicht im Zusammenhang mit den Armeniern, die heute an ibrer Stelle wohnen. Sie baben sehr viele Inschriften auf Steinblöcken, an Felswänden, seltener gleich den Assyrern auf Thontafeln hinter⸗ lassen, deren genaues Studium noch bevorsteht. Ihr Reich „Chaldia“ deckte sich ungefäͤhr mit dem „Taurien“ des Strabon, nur war die Grenze auf der Pöccobe der Grenzgebirge. Dr. Belck bezweifelt auf Grund einer Inschrift, daß der Ararat in Nord⸗Armenien den Ruhm behalten wird, die Landungsstelle für die Arche Noah's gewesen zu sein. Als solche wird der Berg Nisim im Lande Lulu in einer schon bekannten assyrischen Inschrift bezeichnet. Die gleiche Angabe wieder⸗ holt sich in chaldischen Inschriften unter genauerer Ortsangabe, wonach der Berg Nisim als ein isolierter, in den Grenzgebirgen gelegener

*) S. die Nrn. 230 bis 235 des „R.⸗ u. St.⸗A.“.

dem

Berg kenntlich gemacht ist, der viel geeigneter erscheint, die Arche aufs Trockene gesetzt zu baben. Die Chalder haben eine ungewöhnliche Energie im Wasserbau entwickelt. Sie holten mittels Tunnel das Quellwasser aus den Gebirgen nach ihren Städten. Die Hauptstadt Armeniens Van ist noch heute Zeuge dessen, sie ist eine Gartenstadt, deren Gärten durch Kanäle beriesekt werden. Vielleicht erklärt sich so die Sage von den hängenden Gärten der Semiramis, deren Name in der Tradition fortlebt, während die Inschriften den chaldischen König Menas als den Urheber der kunstreichen Wasserwerke feiern. Der Vortragende be⸗ antwortete schließlich die naheliegende Frage nach dem Ur⸗ sprung der Armenier, wenn sie als die Nachkommen der Chalder nicht angesprochen werden könnten, dahin, daß sie wahr⸗ scheinlich Einwanderer aus dem Westen seien und ihre Rundköpfe die größte Aehnlichkeit mit den Bewohnern der Gebirge von der Auvergne bis nach den julischen Alpen besäßen, die auch gleich den Armeniern schwarzhaarig und dunkeläugig seien. Wann die Einwanderung und Verdrängung der Chalder stattgefunden, bleibe im Dunkel.

Aus dem Vortrage von Professor Dr. W. Sieglin⸗Berlin (Nachsolger von Kiepert) über „Entdeckungsgeschichte von England im Alterthum“ ging hervor, daß England nicht weniger als dreimal von den Alten entdeckt und zweimal wieder vollständig vergessen worden ist. Da das zur Bearbeitung der Bronze nöthige Zinn nur aus Spanien, der Bretagne und Cornwall geholt werden konnte, so dehnten sich die Fahrten der Phönicier, die um 1200 v. Chr. Cadix (Gades) gegründet, schon frühzeitig dahin aus. Erst nach dieser Niederlassung in Spanien aber begannen sie mit der Ausbeutung der dortigen Gruben. Da nun in egyptischen Gräbern aus älterer Zeit Bronze gefunden ist, mußte das dam verwendete Zinn aus der Bretagne oder Cornwall stammen. Die erste sichere Erwähnung der Zinninseln rührt her aus dem Jahre 475 v. Chr. Danach lagen diese

nseln vor der Westküste der Bretagne, wohin das kostbare Metall von Albion hinübergeschafft wurde. Bald nach 475 besetzten die Karthager die Meerenge von Gibraltar und verhinderten die Griechen am Besuch des westlichen Meeres. Um 465 entsandten die Karthager eine Expedition unter Himilco nach den Zinninseln, die aber so unglücklich verlief, daß der Verkehr aufgegeben worden zu sein scheint und bald die Kunde von den Zinninseln in der alten Welt nur noch als eine Sage galt, wie dies aus Pindar und Herodot hervorgeht. Zum zweiten Mal war es ein kühner Massiliote, der Grieche Pytheas, welcher es von Massilia aus unternahm, dem geheimnißvollen Zinnlande nachzu⸗ spüren, auch mit gutem Erfolge, da er bis in die deutsche Nordsee vordrang. Doch glaubten die Zeitgenossen dem Zurückgekehrten nicht, weil seine behaupteten Entdeckungen der damals ver⸗ breiteten und anerkannten Zonenlehre, wonach der Norden unbewohnbar sei, widersprachen. So geriethen die Britischen Inseln aufs Neue in Vergessenbeit, der sie endlich für immer durch Caesar auf seinem berühmten Zuge nach Britannien entrissen wurden. Der Redner schloß mit dem Hinweis, daß, wenn es den Völkern am Mittelmeer so sewer geworden, Britannien endlich zu entdecken, heute dessen Bewohner sich rühmen könnten, die Zurückeroberung der Länder des östlichen Mittelmeers für die Kultur am lebhaftesten gefördert zu haben.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. Die Berliner Töpfer haben, der „Voss. Ztg.“ zufolge, be⸗

schlossen, am nächsten Montag in den Ausstand einzutreten, wenn

ihnen bis zum Sonnabend ihre Forderungen, betreffend Verkürzung der Arbeitszeit, Lohnerhöhung und verschiedene Aenderungen bei den Arbeiten auf Bauten, nicht bewilligt werden. (Vergl. Nr. 187 d. Bl.)

In Köln ist, wie die „Germ.“ mittheilt, am 5. d. M. in er⸗ neuter vor dem Gewerbegericht zwischen den aus⸗ ständigen Zimmerleuten und den Meistern eine Einigung erzielt worden (vergl. Nr. 233 d. Bl.). Pie Meister nahmen die vorgestern in einer Versammlung der Ausständigen aufgestellten For⸗ derungen an. Danach erhalten die Gesellen in den ersten zwei Jahren nach beendeter Lehrzeit 47, die übrigen 50 Mindeststundenlohn, unter der Bedingung, daß bis zum 1. April 1901 keine weiteren er⸗ höhten Lohnforderungen gestellt werden. Damit ist der Ausstand beendet. Heute sollte überall die Arbeit wieder aufgenommen werden.

Die in der Uhrgehäusebranche in Leipzig beschäftigten Tischler, Drechsler, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen waren, nach der „Leipz. Ztg.“, am 3. d. M. von der von ihnen vor kurzer Zeit ein⸗ gesetzten Lohnkommission zu einer öffentlichen Versammlung einberufen worden, in der über die von ihr aufgestellten neuen Forderungen berichtet wurde. Dieselben betreffen 54 stündige wöchentliche Arbeitszeit, 40 Mindeststundenlohn für Tischler und Drechsler, 36 Mindest⸗ stundenlohn für Maschinenarbeiter der Branche, 33 ½ % Zuschlag auf Ueberstunden, 50 % Zuschlag auf Sonntagsarbeit, Lohnaus⸗ zahlung an jedem Freitag, Anerkennung des gemeinschaftlichen Arbeitsnachweises der Holzarbeiter ꝛc. Es wurde beschlossen, diesen Tarif sofort den Arbeitgebern zur Anerkennung vorzulegen und dort, wo er nicht anerkannt werden sollte, am 7. d. M. die Arbeit niederzulegen, und zwar selbst dann, wenn angefangene, aber noch nicht vollendete Accordarbeit vorliegt. Den Gehilfen wurde noch zur Pflicht gemacht, sich auf keine Unterhandlungen mit den Arbeitgebern einzulassen, sondern dies lediglich der Ausstands⸗ Kommission zu überlassen, die alsbald ernannt wurde Außerdem sollen die Gehilfen bis zur Erledigung der Sache nicht mehr über

eierabend hinaus arbeiten.

RKunst und Wissenschaft..

Die sogenannten leuchtenden Nachtwolken, deren Er⸗ scheinen in den letzten Jahren seltener und lichtschwächer geworden war, sind in neuerer Zeit in den russischen Ostseeprovinzen wiederum deutlich wahrgenommen worden. Im Interesse der Erforschung der sehr SS.r Erscheinung erachtet es die Königliche Sternwarte für angezeigt, die Aufmerksamkeit der weitesten Kreise auf diese Wahr⸗ nehmung zu richten, indem sie schreibt: Jene Wolken, die in ihrer Struktur den feinsten Federwolken ähneln, sind in den Sommer⸗ nächten von Ende Juni bis Anfang Auguft in der Näbe des nördlichen Horizonts gegen Mitternacht in eigenthümlich weißem Glanze zu erblicken, und zwar leuchten sie in der Regel am hellsten etwas nach Mitternacht am nord⸗nordöstlichen Himmel. Bedingung der Sichtbar⸗ keit in unseren Breiten ist es, daß nicht nur für uns der Himmel in der Nähe des d⸗Horizonts völlig frei von tiefer liegenden Wolken⸗ bildungen ist und uns so den Ausblick auf jene in großer Höhe über der Erdoberfläche über den mittleren Parallelkreisen von Schweden und Norwegen schwebenden Gebilde öffnet, sondern daß auch der Weg von der über den nördlichsten Regionen der Erde die Nacht hindurch leuchtenden Sonne bis zu jenen hohen Wolken ebenfalls nicht durch tiefer liegende Wolkenbildungen im höheren Norden verlegt ist. Man darf sich daher nicht irre machen lassen, immer und immer wieder in hellen Nächten nach der eigenthümlich eindrucksvollen Erschei⸗ nung zu spähen, wenn man auch wiederholt bei einer am Beobachtungs⸗ ort ganz durchsichtigen Him melsbeschaffenheit nichts davon erblickt hat. Es hat eben dann infolge von Trübungen der Luft im höheren Norden die zehörige Beleuchtung der Wolken durch die Mitternachts⸗ sonne gefehlt. Wodurch neuerdings eine abermalige größere Aus⸗ debnung und HKelligkeit jener Wolken verursacht sein könnte, steht noch dahin. Offenbar können sie sowohl durch vulkanische Emporschleuderungen wie durch Seec en sge von Massentheilchen aus dem Himmelsraum Zuzug empfangen. Es ist festgestellt worden, daß jene Wolkengebilde seit 1885 anhaltend in einer und derselben Höhe, nämlich 82 km über der Erdoberfläche, geschwebt haben, und daß sie in dieser hohen Region eigenthümliche Bewegungen erfahren, die auf die Zustände in den Grenzschichten der Atmosphäre ein völlig neues Licht werfen, das möglicherweise zur Aufhellung des Prohlems der gesammten Bewegungserscheinungen in unserer Atmosphäre beitragen

88

ist von solcher Wichtigkeit, daß die

wird. Schon die zweifellos erwiesene Thatsache, daß Stofftheilchen,

e das Sonnenlicht in äbnlicher Weise reflektieren wie die Eis⸗ rystalle der tiefer (unterhalb 30 km) gelegenen sogenannten Cirrus⸗ wolken, sich jahrelang in jener großen Pöbe schwebend erhalten, Fortführung und Be⸗ sätigung jener Ergebnisse durch alljährlich wiederholte Be⸗ obachtungen und Messungen nicht genug empfohlen und gefördert werden kann. Noch wichtiger wird aber die Fortführung und Ver⸗ vollständigung der Messungen hinsichtlich der Geschwindigkeiten und Richtungen der Wolkenbewegungen in jenen großen sahben sein. Gerade die Gegenden zwischen Mitteldeutschland und dem südlichen Schweden sind hierfür sehr geeignet. Wer für photographische Meßbild⸗

ufnahmen, bei deren Ausführung die Berliner Sternwarte gern athen und helfen würde, nicht eingerichtet ist, wird schon einen werth⸗ Ulen Beitrag liefern, wenn er in einem möglichst genau präussierten eitpunkt die Lage der Wolken zu bestimmten Punkten des Nord⸗ Horizonts, womöglich durch sorgfältige Zeichnung, unter genauer An⸗ gabe seines eigenen Standort

g feststellt

Bezüglich der Bildung der Gewitter⸗Elektrizität wurde ieher gewöhnlich angenommen, daß die Elektrizität in der Atmosphäre us der Reibung des aufsteigenden Luftstroms an den Cirruswolken utstehe, während Dr. A. Krebs auf Grund langjähriger Beobach⸗ ungen zu dem Schluß gekommen ist, daß sie auf die Umwandlung

der in den Gewitterwolken vorhandenen Wärme in Elektrizität urückzuführen sei. Neuerdings hat der Pariser Gelehrte ellat über den Ursprung der Elektrizität in der Atmo⸗ sülbe⸗ eine Erklärung gegeben, deer. ehehecesen ch Richtigkeit er urch ein einfaches Experiment nachweisen konnte. as Experiment es französischen Gelehrten stützt sich auf die Wahrnehmung, daß der Wasserdampf, der infolge Verdunstung dem Erdboden entsteigt, der Atmosphäre eine ziemlich bedeutende Menge von Elektrizität zuführt. Pellat benutzte zwei Schalen aus Messing, deren Metall er mit Elektrizität lud und isolierte; die Elektrizitätsmenge jedes dieser Gefäße konnte durch einen Elektrometer ständig gemessen werden. Das eine dieser Gefäße wurde mit Wasser gefüllt, das andere blieb leer, und so wurden beide anderthalb Stunden lang bei ewöhnlicher Temperatur in Ruhe belassen. Nach Ablauf dieser Zeit jellte sich heraus, daß die mit Wasser gefüllte Schale den größten Theil hrer elektrischen Ladung verloren harte, während die andere ihre Elektri⸗ ität noch bis auf eine kaum merkbare Einbuße besaß. Diese Thatsache kann nicht anders erklärt werden als durch die Annahme, daß der Wasserdampf, der aus der gefüllten Schale verdunstete, die Elektrizität mit sich nahm. Dadurch wird der Schluß nahegelegt, daß auch der von der Erdoberfläche aufsteigende Wasserdampf sich der dem Erdkörper an⸗ haftenden Elektrizität bemächtigt und sie der Atmosphäre mittheilt. in weiterer Beweis für die Richtigkeit dieses Satzes ist darin zu sehen, daß der elektrische Zustand der Erde während der wärmsten Stunden des Tages am schwächsten ist, weil dann die Verdunstung er in der Erde enthaltenen Feuchtigkeit sich am stärksten vollzieht. Da der Ursprung der atmosphärischen Elektrizität seit Jahren eine ielumstrittene physikalische und meteorologische Frage bildet, so ist ie von Pellat gelieferte Erklärung von Wichtigkeit. Uebrigens machte der Gelehrte noch darauf aufmerksam, daß der aus den Schornsteinen in die Luft entsandte Rauch ebenfalls ein ansehnlicher Elektrizitätsträger ist, und zwar ist der Rauch gewöhnlich mit negativer Elektrizität

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8 Ernteschätzung Frankreichs.

Havre, den 29. September 1899. Nach der im gestrigen Journal Officiel“ von dem Ackerbau⸗Ministeriura veröffentlichten Schätzung stellt sich die diesjährige Winterkornernte Frankreichs, ie folgt: 1A1“ 11

Anbaufläche 8

Hektare Meter⸗Zentner 8

99 732 500 99 312 290

Hektoliter

6 919 400 12829 005 500 gegen im Jahre 1898

6 963 711 128 096 149 8 Mengekorn. *) 1 4 221 800 4 gegen im Jahre 1898

4 225 674

1“ Roggen. 1 478 10 24 052 800 17 510 100

gegen im Jahre 1898

1 474 915 23 524 318 16 998 775

Somit erreicht die diesjährige Weizenernte in Frankreich mit gut 99 Millionen Doppelzentnern vollauf den vorigjährigen Ernteertrag.

3 153 200 3 143 552

Der Strobertrag wird geringer, die Beschaffenheit des Korns eher

eine bessere als im letzten Jahre sein. Da der Jahresbedarf an

Weißzen in Frankreich 95 Millionen Doppelzentner kaum übersteigt, so bleibt ein Ueberschuß zur Ausfuhr. Dieselbe dürfte in der Haupt⸗ sache als Mehl stattfinden, zur Pi gfeng beim Vermahlen aber etwas amerikanischer Weizen bester Qualität eingeführt werden, um den Ab⸗ nehmern in England zu genügen.

Der Ertrag an Roggen und an Gemenge von Roggen und Weizen steht ebenfalls hinter dem vorigjährigen Ertrage nicht zurück. 8 Der Doppelzentner Weizen ist zur Zeit in Paris mit 19,— und der Doppelzentner Weizenmehl mit 28,50 Franken notiert, gegen

22,20 bezw. 30,50 Franken Ausgangs September vorigen Jahres.

Roggen gilt dort 14.10 und Hafer 16,80 16,90 Franken gegen 14,—

bezw. 16,75 17,— Franken im Vorjahre. Beim Weizen und Hafer

128 die Notierungen für die näͤchsten Monate eine etwas steigende ung.

Der amtlichen Schätzung der Sommerkornernte kann man Mitte

Obktober entgegensehen. Sie wird erheblich geringer als die 1898 er

Ernte ausfallen. In 8 letzten Wochen haben die langersehnten Regen statt⸗

efunden, welche ihren günftigen Einfluß auf die noch auf dem Felde efindlichen Früchte, insbesondere auf die Zuckerrüben, sowie auf die Weiden nicht verfehlen, auch die Bestellung des Bodens für die Wintersaaten erleichtern werden. Dagegen beeinträchtigt das regnerische Wetter die Einbringung der Wiesen⸗ und Kleenachmahd, soweit dieselbe

och zu beschaffen ist.

Se—.

11“ Ernteaussichten in Finland. u 8 elsingfors, den 25. September 1899. Ueber die Ernte⸗ anefideen in Püaland liegen jetzt für 6 Läne des Landes Berichte der Gouverneure, für die zwei übrigen aber nur die von dem Landwirth⸗ 8 veröffentlichten, weniger vollständigen und positiven Ueber⸗ ten vor. ierna at der Weizen, abgesehen von einem wenig um⸗ fänglichen 2 5o wo die Ernte unter Mittel bleiben wird, in Nylands⸗ Län und ebenso in St. Michels⸗Län einen theils guten, theils mittleren Ertrag ergeben, in Tavastehus⸗Län im Ganzen einen mittelguten, ellenweise guten, in Kuopio⸗Län einen theils mittleren, theils darunter leibenden Arsea.

Der Roggen weist, wie in Wiborgs⸗ und in Abo. und Björne⸗ borgs⸗Län, so auch, abgesehen von dem überschwemmt gewesenen umene Flugthal⸗ in Nplands Lan eine theils gute, theils mittlere Ernte auf, in Tavastehus⸗Län und St. Mhcels gn eine lokal zwischen gut und unter mittel wechselnde, in Wasa⸗Län, mit Aus⸗ nahme einer Stelle, wo sie gut, und einer solchen, wo Mißwachs ist, eine mittlere, in Kuopio⸗Län, mit Ausnahme eines einzigen Be⸗ zirks mit mittlerem Ertrage, eine unter mittel bleibende und stellen⸗ weise sogar schlechte Ernte, in Uleäborgs⸗Län (abgesehen von zwei Gemeinden mit schlechtem und einer solchen mit gutem Ertrage) eine theils mittlere, theils darunter bleibende Ertntnie.

*) Weizen und Roggen gemischt.

Der Ertrag der Gerste wird, abgesehen von zwei Gemeinden, ro er unter mittel bleiben, und von zwei Kirchspielen, wo er schlecht aus⸗ fallen dürste, in Nylands⸗Län theils ein mittlerer, theils ein besserer sein, ebenso in Tavastehus⸗Län, abgesehen von einigen Bezirken, wo er noch besser sein wird, ferner ein meist mittelguter, bloß stellen⸗ weise darunter bleibender, aber auch stellenweise selbst guter in St. Michels⸗Län, Wasa⸗Lan, Kuopio⸗Län, Wiborgs⸗Län und Ulez⸗ borgs⸗Län, in welchem letzterer, er nur an einer Stelle schlecht aus⸗ fallen dürfte, während in Abo⸗ und Björneborgs⸗Län die Gerste theilweise unreif geerntet werden muß.

Vom Hafer gilt dasselbe wie von der Gerste: nur in Kuopio⸗ Län und Uleäborgs⸗Län erwartet man bei einem im allgemeinen mittleren, aber nirgends besseren Ertrage für einen größeren Bezirk eine Ernte unter mittel, in dem letztgenannten Gouvernement sogar stellenweise eine schlechte Ernte.

Der Gouverneur von St. Meenh spricht seine Ueberzeugung aus, daß, falls nicht Fröste der noch nicht gereiften Frühjahrsaussaat schaden, der Bedarf der Bevölkerung bis zur nächsten Ernte gedeckt sein wird. Der Gouverneur von Kuopio dagegen ist der Ansicht, daß bei der in diesem Jahre sich so sehr verspätenden Ernte noch nicht mit Sicherheit abzusehen ist, ob nicht für die ärmere Bevölkerung ein Nothstand entstehen wird, dem durch besondere Maßregeln abgeholfen 1““ ver emszmh e

Gesundheitswesen,

Maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 40 vom 4. Oktober 1899.)

Pest.

Portugal. Zufolge einer Mittheilung vom 27. September ist die Seuche während der letzten Tage in Porto mit größerer Heftig⸗ keit aufgetreten. Vom 23. September wurden 3 Pesterkrankungen mit 2 Todesfällen gemeldet, am 24. September erkrankten 4 und starben 2 Personen, am 25. kam 1 Erkrankung vor und am 26. 4. Auch sind außerhalb des Militärkordons und zwar in Vendanova 10 Pesterkrankungen mit 5 Todesfällen vorgekommen.

Egypten. In Alexandrien ist während der 2 Wochen vom 9. bis 22. September kein Pestfall zur amtlichen Kenntniß gekommen; am 23. September aber sind wieder 2 Neuerkrankungen (davon 1 mit tödtlichem Ausgang) gemeldet worden.

Britisch⸗Ostindien. Während der Woche vom 19. bis 26. August hat die Pest in Indien zugenommen. In der Provinz Punjab, woselbst die Seuche seit Mitte Juli erloschen war, ist sie zufolge einer Mittheilung vom 26. August von neuem ausgebrochen, und zwar in dem im Jullunder⸗Bezirke belegenen Dorfe

Karnana.

Japan. Auf Formosa sind in der Zeit vom 29. Juni bis 12. Juli 111 und vom 13. bis 26. Juli 13 Personen an Pest erkrankt. Die Gesammtzahl der Erkrankungen (der Todesfälle) betrug bis zum 12. Juli 2481 (1886).

Madagaskar. In der in Tamatave 3 Pestfälle mit tödtlichem Ausgang vorgekommen.

Cholera.

Britisch.Ostindien. Kalkutta In der Zeit vom 20. August

bis 2. September sind 9 Personen an Cholera gestorben. Gelbfieber. .“

Einer Mittheilung vom 23. August zufolge sind in Panama seit dem 4. Mai insgesammt 111 Fälle von Gelbfieber zur amtlichen Kenntniß gekommen; der Seuche sind bisher 51 Personen erlegen, davon 10 vom deutschen Schiff „Coriolanus“, Heimath Elsfleth.

Der Dampfer „Sirio“ der Navigazione generale italiana hat auf der Fahrt von Rio de Janeiro nach Genua 8 Fälle von Gelb⸗ fieber, darunter 6 mit tödtlichem Ausgange, gehabt; er ist am 23. Sep⸗ tember in Genua eingetroffen und nach Ausschiffung der Post nach Asinar (Sardinien) in Quarantäne geschickt worden.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Madrid 2, Warschau (Krankenhäuser) 4 Todesfälle; Antwerpen (Krankenhäuser) 2, St. Petersburg 8, Warschau (Kranken⸗ häuser) 2 Erkrankungen; Flecktyphus: Warschau (Krankenhäuser) 4 Todesfälle; St. Petersburg 8, Warschau (Krankenhäuser) 5 Er⸗ krankungen; Rückfallfieber: St. Petersburg 5 Erkrankungen; Tollwutb: Berkin 1 Todesfall; Genickstarre: New Yort 14 Todesfälle; Keuchhusten: Reg.⸗Bez. Schleswig 52, Kopen⸗ hagen 21, Wien 53 Erkrankungen; Influenza: Fürth 4, Ham⸗ burg 2, London (Krankenhäuser) 4 Todesfälle; Ruhr: Reg.⸗Bezirke Arnsberg 259, Düsseldorf 263 Erkrankungen; Brechdurchfall: München 70, Nürnberg 23, Hamburg 30 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deulschen Berichtsorte 1886/95: 0,91 %): in Duitsburg Er⸗ krankungen kamen zur Meldung in Berlin 54, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 131, Düsseldorf 102, Königsberg 142, in Hamburg 52, Budapest 42, Christiania 30, Kopenhagen 83, London (Krankenhäufer) 364, New York 53, Paris 52, St. Petersburg 48, Wien 38 ferner wurden Erkrankungen an Masern gemeldet in Berlin 25, Breslau 77, in den Reg.⸗Bezirken Hildesheim 135, Königsberg 238, Stettin 210, in Nürnberg 108, im Herzogthum Braunschweig 140, in Budapest 26, New York 83, St. Petersburg 53, Wien 43 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 74, München 58, Kopenhagen 56, London Eö“ 219, New York 113, Paris 38, St. Petersburg 92, Stockbolm 91, Wien 35 desgl. an Unterleibstyphus in London (Krankenhäuser) 41, New York 79,

Paris 117, St. Petersburg 114.

Der Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt gemeldet worden vom Schlacht⸗Viehhofe zu Mülhausen i. Els. am 5. d. M. 8

Niederländisch⸗Indien.

Wegen Beulenpest ist seitens des General⸗Gouverneurs von Niederländisch⸗Indien durch Beschluß vom 17. August gegen Alexandrien (vom 6. August ab) und durch Beschluß vom 24 August gegen Oporto (vom 12. August ab) die Quarantäne verhängt worden.

New York, 6. Oktober. (W. T. B.) Nach den letzten hier eingetroffenen Meldungen sind in Keywest 15 neue Erkrankungen und 2 Todesfälle, in New Orleans 3 Erkrankungen und keine Todesfälle am gelben Fieber vorgekommen.

Verdingungen im Auslande.

Oesterreich⸗Ungarn. 8

25. Oktober, 12 Uhr. K. K. Staatsbahn⸗Direktionen, Lieferung von verschiedenen Materialien, darunter auch Walzfabrikate, als: Stabeisen, Kommerzeisen, Bleche aller Art, Feder⸗ und Werk⸗ zeugstahl und biverse Eisenwaaren. Näheres bei den K. K. Staats⸗ bahn⸗Direktionen Wien, Linz, Innsbruck, Villach, Triest, Pilsen, Prag, Olmütz, Krakau, Lemberg und Stanislau und beim „Reichs⸗ 9

nzeiger“. uh Nongageben Christiania: Lieferung von 18. Oktober, 10 Uhr. Armee⸗

4000 kg mit Eisenlohe gegerbtem Pfundleder, 3000 kg mit Eisen⸗ lohe gegerbtem Brandsohlenleder, 10 000 kg mit Eisenlohe gegerbtem Oberleder, 1000 Stück Reithosenleder, 500 Stück Leder sn Fußzeug⸗ zungen, 500 Stück Mantelsäcken, 1000 Stück Stallhaftern, 1500 Stück Futtertornistern, 2000 Stück Deckengurten, 1500 Stück Halfter⸗ leinen, 60 Stück Sätteln für Ingenieure, 25 Stück Kopfgeschirren mit Stangen und Trensen F8. Ingeniele, 1000 Paar Sporen

800 Stück Halsbin n

ehierkrankheiten und Absperrungs⸗

Zeit vom 7. bis 12. September sind

Pelzmützen, 2000 Stück wollenen Decken, 2000 Stück Stalldecken 2500 Paar Strümpfen, 4000 Paar Strumpfbeinen, 2000 Stůd wollenen vv (leichten), 10 000 m Leinentuch zu Matratzen, 10 000 m Zeltleinen D³, 1000 m desgleichen D1¹. Angebote in ge⸗ schlossenem Briefumschlag mit der Aufschrift: „Leverance til Armeen“ werden im Bureau des General⸗Intendanten, Nedre Füstning, Christiania, entgegengenommen. Modelle und Be⸗ dingungen beim Depotverwalter, ebenda.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Die Reihe ihrer Gastspiel⸗Abende eröffnete gestern die bekannte Pariser Künstlerin Madame Réjane als Rigqnette in dem drei⸗ aktigen Lustspiel „Ma cousine“ von Meilhac und Halévy. Vorher wurde der Einakter „1807“ von Aderer und Ephraim gegeben, der unter dem Titel „Der Küchen⸗ junge“ bereits früher in deutscher Sprache am hiesigen Residenz⸗ Theater aufgeführt worden ist. „Ma cousine“ hat einen Inhalt, wie ihn die meisten französischen Sittenstücke haben. Man konnte an ihm nur das Geschick in der Herbeiführung verwickelter Situationen und hochkomischer Scenen bewundern, welche durch das unübertreffliche Spiel der Madame Réöjane noch einen besonderen Reiz erhielten. Die Künstlerin verstand es, ihrer Rolle einen solchen Uebermuth, eine so unwiderstehliche Komik und Grazie zu verleihen, daß sie und dem Lustspiel dadurch sofort die Sympathien des Publikums gewann. Dies sowie die Decenz ihres Spiels und die Eleganz ihrer Erscheinung vermochten allein über manche Drastik des Stückes hinwegzuhelfen. Lebhafter Beifall und Blumenspenden wurden der Künstlerin zu theil. Die anderen Mitwirken⸗ den führten sowohl in diesem Lustspiel, wie in dem vorher aufgeführten, in welchem Madame Räjane nicht auftrat, ihre Rollen durchaus zu⸗ friedenstellend durch. Besonders hervorzuheben ist jedoch das lustige Spiel des Fräuleins Crozet (als Mme. de Mélusay) und des Herrn Numdès (als Champcourtier) in „Ma cousine“. 8 .“

Lessing⸗Theater. 8

Frau Duse beschloß gestern in einer Abschiedsvorstellung, die sich aus einzelnen Scenen dreier verschiedenen Werke zusammen⸗ setzte, die Reihe ihrer Gastspielabende. Den Anfang machte die vor kurzem rühmend hervorgehobene Botenscene aus Shakespeare’s Tragödie „Antonius und Cleopatra“, in vwelcher sie der Wuth und Verzweiflung der egyptischen Königin über die Wiedervermählung des Antonius so gewaltigen Ausdruck giebt; dann folgte der mit dem Tode der Heldin endende letzte Akt von „Adrienne Lecouvreur“ von Scribe und zum Schluß Clärchen's Appell an das Volk aus dem fünften Akt von Goethe’s Trauerspiel „Egmont“. Von den letztgenannten beiden Rollen, in welchen die Künstlerin hier noch nicht auf⸗ getreten ist, mußte begreiflicherweise besonders ihre Auffassung der von Goetbe geschaffenen Mädchengestalt von Interesse sein; gerade diese aber brachte dem Publikum im allgemeinen eine Enttäuschung, während sie dem Kenner der Kunst der italienischen Tragödin nur das bestätigte, was er schon voraussah, nämlich daß die Lösung dieser dem üblichen Schaffensgebiete der Künstlerin so fern liegenden Aufgabe ihr nicht ge⸗ lingen würde. Meisterhaft zeichnet sie Heldinnen mit einem Zug ins Dämonische, sowie sensible moderne Frauennaturen, über für das schlichte Wesen und Empfinden des nieder⸗ deutschen Bürgermädchens, welches im Augenblick höchster Noth zur Heldin emporrfächst findet sie den rechten Ton nicht und würde ihn wohl selbst bann nicht finden, wenn sie nicht, nur die letzte Phafe in der Entwickelung des Charakters, sondern seine ganze Entwickelung darzustellen unternähme. „Sunt certi denique fines“ ist ein Satz, der auch bezüglich ihrer großen Kunst Geltung hat. Immerhin aber war es ein interessantes Experiment, wenn auch ein mißlungenes. In diesem Sinne wurde es auch vom Publikum aufgefaßt, welches die Scheidende zum Dank für die vorhergegangenen genußreicheren Abende am Schluß mit Beifall überschüttete.

1u1““

Im Königlichen Opernhause geht morgen Bizet's Oper „Carmen“ mit Fräulein Rothauser in der Titelrolle in Scene. Den Don José singt Herr Sommer. Kapellmeister Strauß dirigiert. In der am Sonntag stattfindenden Aufführung von „Lohengrin“ 8. 8 Kraus den Lohengrin, Fräulein Hiedler die Elsa und

rau Goetze die Ortrud.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Auf⸗ führung von Heinrich von Kleist's Ritterschauspiel „Das Käthchen von Heilbronn“ in folgender Besetzung statt: Wetter vom Strahl: Herr Matkowsky; Käthchen: Fe Sperr; Gattschalk: Herr Kraußneck; Theobald Friedeborn: Herr Nesper; Rheingraf vom Stein: Herr Keßler; Kunigunde von Thurneck: Fräulein von Arnauld; Brigitte: Frau Schramm.

In der am Sonntag im Neuen Königlichen Opern⸗ Theater stattfindenden Aufführung von „Uriel Acosta“ spielt Herr Matkowsky die Titelrolle. 1

Im Deutschen Theater geht am Sonnabend, den 14. Ok⸗ tober, Gerhart Hauptmanns Bühnendichtung „Das Friedensfest“ zum ersten Mal in Scene.

Im Berliner Theater ist der Vorverkauf für die Gastspiel⸗ abende der Mme. Réjane am letzten Tage so stark gewesen, daß die Künstlerin sich noch vor Beginn ihres Gastspiels entschlossen hat, an zwei weiteren Abenden, und zwar am Mittwoch, den 11., und Donnerstag, den 12. d. M., deren Spielplan noch bekannt gemacht

wird, aufzutreten.

Im Schiller⸗Theater wird Ibsen'sche Schauspiel „Nora“ wiederholt. Für Mittwoch, den 11. d. M., ist die erste Aufführung von Blumenthal's und Kadelburg's Lust⸗ spiel „Großstadtluft“ angesetzt. Nach diesem kommen Calderon's Schauspiel „Der Richter von Zalamea“ in der Ueber⸗ setzung von Wilbrandt, dann „Cyprienne’“ in der Bühnen⸗ bearbeitung von Oskar Blumenthal und am 10. November „Die Jungfrau von Orleans“ zur Aufführung. Der nächste der Dichter⸗ und Tondichter⸗Abende, die das Schiller⸗Theater im Bürgersaale des Rathhauses veranstaltet, ist Joseph Haydn gewidmet. Den einleitenden Vortrag hält Dr. Carl Krebs.

Im Theater des Westens geht morgen Lortzing's komische Oper „Der Waffenschmied“ bei halben Preisen in Scene. Herr Hugo Becker wird die Titelrolle und Fräulein Untsch die Marie singen. In der am Montag stattfindenden Aufführung der „Regimentstochter“ wird die in den Verband des Theaters nunmehr definitiv eingetretene Koloratursängerin Frau Caroline Steinmann zum ersten Mal auf⸗ treten. Am Sonntag Abend wird Fräulein Prevosti die Violetta in „La Traviata“ singen.

Die General⸗Intendantur der Königlichen Schauspiele hat dem Verein „Deutsche Volksbühne“ zu Berlin das Recht zur ein⸗ maligen Aufführung des Schauspiels „Deutsche Treue“ von Felix Dahn ertheilt. Das Werk soll noch im Laufe der Spielsaison 1899/1900 in Scene gehen. Abonnementshefte für fünf Vor⸗ stelggen des Vereins und Einzelbillets sowie Spielprogramme sind n hse der „Deutschen Volksbühne“ (Berlin W., Helmstraße 5) erhältlich.

ür die öffentlichen Fanntr zens zu den Philhar⸗ monlischen Konzerten unter Arthur Nikisch's Leitung wird die Konzert⸗Direktion Hermann Wolff, um vielfachen Wünschen entgegen⸗ zukommen, den Versuch einer neuen Einrichtung machen, indem eine bestimmte Anzahl numerierter Plätze geschaffen wird. Die Plätze des ersten Ranges, der Mittel⸗ und Seitenbalkons sowie der Logen werden numeriert und zum Preise von 3 verkauft. Der Saal selbst bletbt unnumeriert und behält seinen alten Eintrittspreis von 2 Diese Neuerung tritt bereits bei der am Sonntag, Mittags 12 Uhr,

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