1899 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Oct 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmach un g. Nach Vorschrift des 5 vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samal. S. 357) sind bekannt gemacht 1) das am 7. Juni 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Ent⸗ und Bewässerungsgenossenschaft zu Mertloch im Kreise Mayen durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 38 S. 269, ausgegeben am 21. September 1899;

2) der Allerhöchste Erlaß vom 1. Juli 1899, durch welchen der Gemeinde Bertrich das Recht verliehen worden ist, zum Zwecke der Anlegung einer Wasserleitung die auf mehreren Grundstücken ruhende Wiesenbewässerungsdienstbarkeit abzulösen sowie das zur Durchlegung der Wasserleitungsröhren erforderliche Grundeigenthum mit einer dauernden Beschränkung zu belasten und, soweit dies erforderlich ist, auch zu erwerben, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 38 S. 272, ausgegeben am 21. September 1899;

3) das am 16. Juli 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Ent⸗ und Bewässerungsgenossenschaft des unteren Harbecke⸗Thales zu Medebach im Kreise Brilon durch das Amtsblatt der Köni lichen zu Arnsberg Nr. 34 S. 489, ausgegeben am 26. August

4) das am 26. Juli 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft zu Bleidenstadt im Untertaunuskreise durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 35 S. 321, ausgegeben am 31. August 1899;

5) das am 2. August 1899 Allerhöchst vollzogene Zusatzstatut für den Hennersdorfer Deichverband durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 34 S. 268, ausgegeben am 25. August

99;

6) der Allerhöchste Erlaß vom 10. August 1899, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chauffeegelderhebung an den Kreis Leobschütz für mehrere von ihm erbaute Chausseen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 36 S. 277, ausgegeben am 8. September 1899;

7) der Allerhöchste Erlaß vom 17. August 1899, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Nassauische Kleinbahn⸗ Aktiengesellschaft zu Berlin zur Entziehung und zur dauernden Be⸗ schränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn von St. Goars⸗ hausen nach dem Bahnhofe Zollhaus der Eisenbahnstrecke Wiesbaden Diez mit Abzweigung von Nastätten nach Oberlahnstein erforderlichen Grundeigenthums, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 37 S. 335, ausgegeben am 14. September 1899;

8) der Allerhöchste Erlaß vom 17. August 1899, durch welchen genehmigt worden ist, daß der 2 000 000 betragende Rest der Anleihe, zu deren Aufnahme im Betrage von 4 550 000 die Stadt Wiesbaden durch das Allerhöchste Privilegium vom 7. März 1898 ermächtigt worden, nach Wahl der städtischen Behörden mittels Aus⸗ gabe von zu 3 ½ oder zu 4 % verzinslichen Anleihescheinen erfolgt, durch das Amtsblatt der Königlichen Regterung zu Wiesbaden Nr. 38 S. 341, ausgegeben am 21. September 1899;

9) das Allerhöchste Privilegium vom 23. August 1899 wegen Aus⸗ fertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine des Kreises Kosten im Betrage von 1 100 000 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 38 S. 457, ausgegeben am 19. Sep⸗ tember 1899;

10) das Allerhöchste Privilegium vom 2. September 1899 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Mülheim a. Rhein im Betrage von 5 000 000 durch das Amts⸗ blatt der Königlichen Regierung zu Köln Nr. 39 S. 375, ausgegeben am 27. September 1899. 11X“

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern Abend von 6 bis 8 Uhr im Neuen Palais den Vortrag des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Staats⸗Ministers Grafen von Bülow und empfingen heute Mittag 12 ½ Uhr im hiesigen Königlichen Schlosse den Gesandten der Republik Haiti Jean Joseph Dalbémar in Antritts⸗Audienz.

W““ des „Marine⸗ Allerhöchste

“] ie 8 ausgegebene Nummer atts“ veröffentlicht folgende

JS Tsintau ist ein gemeinsames Ehrengericht für die im Kiautschougebiet kommandierten Offiziere zu bilden. 2) § 11. Das Ehrengericht über Kapitänleutnants oder Hauptleute und Subalternoffiziere in Berlin wird geleitet von dem ältesten Kontre⸗Admiral oder Kapitän ur See, welcher sich in einer Immediatstellung nicht be⸗ findet. Das Ehrengericht in Tsintau wird geleitet von dem ächst dem Gouverneur ältesten Stabsoffizier.é 3) § 11. es Kriegszustandes ist jeder Divisionschef zur Bildung eines Ehren⸗ erichts über Kapitänleutnants oder Hauptleute und Subaltern⸗ offiztere innerhalb seines Befehlsbereichs berechtigt. 4) § 12. Die Ehrengerichte über Stabsoffiziere in Kiel und Wilhelmshaven werden Füser von dem nach dem Stationschef ältesten Seeoffizier aus dem efehlsbereich des betreffenden Stationschefs. 5) § 12. Welchem Ehrengericht Stabsoffiziere zugewiesen werden sollen, welche infolge hrer dienstlichen Stellung einem der hier angeführten Ehrengerichte nicht unterstellt sind, werde Ich jedesmal besonders bestimmen. 6) § 20. Die Flaggoffiziere nehmen an der Wahl des Ehrenraths der Ehrengerichte ber Stabsoffiziere theil. 7) § 28. Der Inspekteur des Bildungs⸗ wesens der Marine erhält die Berechtigung, das ehrengerichtliche Ver⸗ ahren über einen Kapitänleutnant oder Hauptmann und über einen ubalternoffizier anzuordnen, desgleichen der Gouverneur im Kiautschou⸗ gebiet im Bereich des Ehrengerichts in Tsintau. 8) § 46. An der Spruchsitzung eines Ehrengerichts über Stabsoffiziere haben auch die laggoffiziere der zu demselben gehörenden Marinetheile theilzunehmen. e Mäben hiernach die weitere Bekanntmachung an die Marine zu anlassen. Jagdhaus Rominten, den 30. September 1899.

An den Reichskanzler (Reichs⸗Marineamt)

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In der am 12. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ Ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Grafen von EEEö abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurden der Entwurf von Ausführungs⸗ bestimmungen zum § 25 des Gesetzes über das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe vom 22. Juni 1899, der Entwurf eines Arzneibuchs für das Deutsche Reich (vierte Ausgabe), sowie der Antrag, betreffend die Entlastun der Kasse des Rechnungshofs für das Rechnungsjahr 1897, den zuständigen Ausschüͤssen überwiesen. Die Ueberweisung eines Arbeitsplatzes bei der Zoologischen Station in Rovigno

wurde nachträglich genehmigt. Außerdem wurde über ver⸗ schiedene Ausschußanträge in Zoll⸗ und Steuerangelegenheiten, owie uͤber Eingaben Beschluß gefaßt.

Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 3 Uhr im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Fürsten zu Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen. 8

Der hiesige Herzoglich braunschweigische Gesandte Freiherr

von Cramm⸗Burgdorf ist vom Urlaub nach Berlin zurück⸗ gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über⸗ nommen.

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Großbritannien und Irland.

Die Depesche des Staatssekretärs für die Kolonien Chamberlain an den Gouverneur der Kapkolonie Sir Alfred Milner, in der die Antwort auf das Ultimatum Transvaals ertheilt wird, lautet dem „W. T. B.“ zufolge:

Die Regierung Ihrer Majestät erhielt mit großem Bedauern die peremptorischen Forderungen der Regierung der Südafrikanischen Republik, die in Ihrem Telegramm vom 9. d. M. übermittelt sind. Theilen Sie der Regierung der Südafrikanischen Republik als Ant⸗ wort mit, die Bedingungen seien derartig, daß die Regierung Ihrer Majestät es für unmöglich erachte, über dieselben zu diskutieren.

Frankreich.

Der Legations⸗Sekretär bei der Gesandtschaft Transvaal in Paris, Jonkheer van der Hoeven hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern die französische Regierung offiziell davon benach⸗ richtigt, daß seit Mittwoch Abend zwischen der Südafrikanischen Republik und Großbritannien der Kriegszustand bestehe.

Durch eine Verfügung des Kriegs⸗Ministers de Galliffet wird den Offizieren aller Grade das Tragen von Zivil ver⸗ boten; ausgenommen sind nur die auf Urlaub befindlichen und die zur Garnison Paris gehörigen Offiziere, sobald sie nicht im Dienst sind.

Das Zuchtpolizeigericht hat Sebastien Faure wegen Anstiftung zu der Kundgebung auf der „Place de la République“ am 20. August zu zwei Monaten Gefängniß und zwei Personen, Namens Turman und Dujardin, welche in der „Rue des Boulets“ den Polizeikommiss det haben, zu zwei Jahren Gefängniß verurtheilt. 2

Niederlande.

Auf den Wunsch der Regierung der Südafrikanischen Republik hat, wie „W. T. B.“ meldet, die niederländische Regierung eingewilligt, daß der niederländische Konsul in London mit der Vertretung der Interessen der in England lebenden Staatsangehörigen von Transvaal betraut werde.

Türkei.

Nach einer Meldung des Wiener „Telegr.⸗Corresp.⸗Bureaus“ aus Konstantinopel soll der armenische Patriarch mit den letzten Zugeständnissen an die Armenier nicht ganz zufrieden sein und die offizielle Mittheilung über dieselben abwarten, um erst dann eventuell seine Demission zurückzuziehen.

Die Skupschtina hat, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern die Handelskonvention mit der Türkei angenommen.

Bulgarien.

Der frühere Unterrichts⸗Minister Jwantschow hat, wie „W. T. B.“ meldet, folgendes Kabinet gebildet: IZwantschow Minister⸗Präsident und Ministerium des Auswärtigen, Radoslawow Inneres, der Präsident der Sobranje Vaschow Unterricht, Tennew Finanzen, Natschowitsch Handel und Ackerbau, Tontschew öffentliche Arbeiten, Peschew Justiz, Paprikow Krieg.

I .“ ESchweden und Norwegen. 1 Das Regierungsblatt „Posttidning“ veröffentlicht, wie „W. T. B.“ meldet, heute in einer Extra⸗Ausgabe das Protokoll der Sitzungen des aus schwedischen und norwegi⸗ schen Mitgliedern zusammengesetzten Staatsraths vom 6. und 11. d. M. Nach dem Protokoll erklärte der König im Staatsrath, er bedauere den Beschluß des norwegischen Storthing, betreffend die Einführung der reinen norwegischen Flagge, da das Unionszeichen der Flaggen das Zeichen der vS. beider Nationen sei; jedoch werde er, da der Beschluß vom Storthing dreimal gefaßt worden sei, sich nicht weigern, der Veröffentlichung des Flaggengesetzes zuzustimmen.

Amerika.

Nach einer amtlichen Mittheilung sind dem Präsidenten der Vereinigten Staaten Me Kinley zahlreiche Petitionen zugegangen, welche ihn um seine Vermittelung in den Streitig⸗ keiten zwischen Großbritannien und Transvaal ersuchen, ebenso auch Petitionen, welche ihn auffordern, bei Abstellung der Klagen der Uitlander mit Großbritannien zusammenzuwirken, und schließ⸗ lich noch Petitionen, welche ihn ersuchen, den Buren Beistand zu leisten. Es heißt, der Präsident beabsichtige nicht, in irgend einer Richtung Schritte zu thun, und werde auch seine Vemittelung nicht anbieten, solange er nicht davon verständigt werde, daß beide Theile dieselbe annehmen würden. Wenn indessen, wie er nicht hoffe, die Feindseligkeiten nicht mehr vermieden werden könnten, so würden seine Bemühungen darauf gerichtet sein, die amerikanischen Interessen zu schüzen. Afrika.

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Die „Times“ erf

Freistaats Steijn auf eine von dem Gouverneur der Kap⸗ kolonie Sir Alfred Milner an ihn gerichtete Anfrage die formelle Mittheilung gemacht habe, daß der Oranje⸗Freistaat mit der Sübafrikecnischen Republik gemeinschaftliche Sache machen werde.

Vorgestern hat, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, der Präsident Steijn eine Proklamation erlassen, in welcher er die Bürger des Oranje⸗Freistaats auffordert, der Schwester⸗ Republik bei dem Widerstande gegen den Angriff eines skrupel⸗ losen Gegners Hilfe zu leisten, welcher schon lange nach einem

ährt, daß der Präsident des Oranje⸗

in 72 Fällen das

Vorwande gesucht habe, um die Afrikander zu vernichten.

Steijn giebt der Hoffnung Ausdruck, daß Gott den Bürgern h. werde.

n Pretoria ist, wie dasselbe Bureau weiter be⸗ richtet, am Mittwoch Nachmittag um 5 Uhr das Kriegs⸗ recht proklamiert worden. Der britische diplomatische Agent Co Greene hat sich am Mittwoch Nachmittag in seiner Eigenschaft als Privatmann von dem Präsidenten Krüger und den Spitzen der Behörden verabschiedet und mit seinen Beamten gestern mittels Sonderzuges Pretoria ver⸗ lassen. Der dortige Konsul der Vereinigten Staaten hat den Schutz der britischen Interessen in Transvaal über⸗ nommen.

Wie das ‚„Reuter’'sche Bureau“ aus Kapstadt meldet, hielt der Premier⸗Minister Schreiner gestern in der Gesetz⸗ gebenden Versammlung eine Rede, in welcher er das Land, die Presse und die Nation eindringlich auffordert, den Frieden zu bewahren.

Das in Kapstadt erscheinende Blatt „Argus“ berichtet, daß am Mittwoch Abend alle verfügbaren Truppen des Kapstädter Bezirks nach dem Eisenbahn⸗Knotenpunkte De Aar ab⸗ gehen sollten.

Cecil Rhodes ist gestern in Kimberley eingetroffen.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird ferner aus Kapstadt vom gestrigen Tage gemeldet, daß der Telegraphendraht bei Maribogo, 40 englische Meilen südlich von Mafeking, zer⸗ schnitten worden sei. Aus Vryburg wird gemeldet, daß gestern Nachmittag eine Abtheilung Buren den Grenzzaun niedergerissen und, nachdem sie gegen die Eisenbahn vorgerückt sei, die Tele⸗ graphendrähte zerschnitten habe. 2000 Buren hielten jetzt die Bahnlinie besetzt.

Nach einer Meldung aus Durban haben die Buren die Station Albertina, welche Eigenthum der Natal⸗Staats⸗ eisenbahn ist, aber im Oranje⸗Freistaat liegt, genommen. Die Erregung in Ladysmith nehme zu, die Truppen seien bereit, auf Befehl sofort vorzugehen.

Die gestern Abend erschienenen Londoner Blätter melden, daß die Buren am Mittwoch Abend sofort nach Ablauf der in dem Ultimatum gesetzten Frist Laings Neck besetzt hätten. Sie rückten jetzt in großen Massen in Natal ein und besetzten die Ingogo⸗Höhen.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Pretoria vom gestrigen Tage berichtet, daß eine Versammlung von dort ansässigen Italienern den Beschluß gefaßt habe, dem Kampfe durchaus

1 1 8 i ESttatistik und Volkswirthschaft. 11““

Die Ehescheid ungen in Berlin und ihre Ursachen.

Mißliche Verhältnisse in breiten Arbeiter⸗ und Handwerker⸗ schichten der Großstädte werden oft auf die mangelhafte Beschaffen⸗ heit der Kleinwohnungen als Hauptursache zurückgeführt. Weit mehr aber ist der eigentliche Kern solcher Verhältnisse in dem zu suchen, was sich innerhalb der vier Wände abspielt, in dem Familien⸗ leben. Dieses ist oft trostlos; denn es fehlen ihm alle Faktoren, die für sein Gedeihen durchaus nöthig sind. Eine Be⸗ stätigung findet diese Ansicht in der von Jahr zu Jahr zunehmenden Zahl der Ehescheidungen. Für Berlin ist soeben vom städtischen Statistischen Amt eine detaillierte Zusammenstellung der Ehescheidungen für die Jahre 1895 und 1896 veröffentlicht worden. Danach belief sich die Zahl der Ehescheidungen in Berlin im Jahre 1895 auf 1376, im Jahre 1896 auf 1391. Da jede Ehescheidung zwei Geschiedene er⸗ giebt, so wurde die Zahl der geschiedenen Personen in Berlin im Jahre 1895 um 2752, im Jahre 1896 um 2782 vermehrt. Diese Per⸗ sonen gehören in der Hauptsache den unteren Ständen an. Von den 1391 geschiedenen Männern des Jahres 1896 waren 1020 dem Gewerbe, 186 dem berufslosen Arbeiterstande und nur 135 dem Beamtenstande und höheren Berufen angehörig. 27 Männer waren ohne Beruf, und bei 23 war der Beruf nicht zu ermitteln. Von den geschiedenen 1391 Männern befanden sich im Alter von 19 bis 25 Jahren 25, von 26 bis 30 Jahren 211, von 31 bis 35 Jahren 350, von 36 bis 45 Jahren 516, von 46 bis 55 Jahren 21 2, von 56 bis 69 Jahren 54, von 70 und mehr Jahren 4, unbekannten Alters waren 19. Von den geschiedenen 1391 Frauen des Jahres 1896 befanden sich im Alter von 19 —25 Jahren 120, von 26 30 Jahren 300, von 31 35 Jahren 336, von 36 bis 45 Jahren 435, von 46—55 Jahren 138, von 56— 65 Jahren 43, unbekannten Alters waren 19. Aus anderen Tabellen der erwähnten Publikation geht hervor, daß die Altersverhältnisse der geschiedenen Ehegatten oft sehr ungleiche waren, daß aber etwa 1100 bis 1200 Ehescheidungen doch solche Fälle trafen, bei denen man die Altersverhältnisse der Ehegatten als normale bezeichnen kann. Die 4 Greise im Alter von über 70 Jahren hatten Frauen im Alter von 47, 49, 57 und 61 Jahren an ihrer Seite. Eine besonders traurige Seite gewinnt dieses großstädtische soziale Bild, wenn man an die zahlreichen Kinder der geschiedenen Ehe⸗ paare und an deren Erziehung und Zukunft denkt. Die Hälfte der Ehepaare, 743, war kinderlos; dagegen waren bei den übrigen 648 Ehepaaren nicht weniger als 1274 Kinder vorhanden. Unter diesen Ehepaaren befanden sich 289 Familien mit je 1 Kind, 201 Fa⸗ milien mit je 2, 83 mit je 3, 37 mit je 4, 19 mit je 5, 2 mit je 7, 1 mit 8 und 1 mit 9 Kindern. 8

Wenn man nach den Ursachen forscht, welche den zahlreichen Ehescheidungen zu Grunde liegen, so sind in erster Linie das all zu jugendliche Heirathsalter und der hierin begründete Mangel an Lebenskenntniß und wirthschaftlicher Erfahrung als solche an⸗ zusehen Von den 1391 geschiedenen Männern standen zur Zeit der Eheschließung 43 im Alter von unter 20, 549 von 21 bis 25 und 468 von 26 bis 30 Jahren, demnach war nur kaum der vierte Theil, nämlich 311, über 30 Jahre alt. Noch un⸗ günstiger liegt dieses Verhältniß bei den Frauen Von den 1391 geschiedenen Frauen standen zur Zeit der Eheschließung nicht weniger als 292 im Alter von unter 20 (darunter 51 unter 179 Jahren, 533 von 21 bis 25 und 310 von 26 bis 30 Jahren, demnach war nur kaum der fünfte Theil, nämlich 256, über 30 Jahre alt. Es nimmt daher nicht Wunder, wenn eine weitere Tabelle zeigt, daß die Dauer der Ehe bei mehr als der Hälfte der geschiedenen Ehepaare, nämlich bei 805 Paaren, nur bis zu 10 Jahren währte. Vor Ablauf des ersten Ehejahres waren bereits 11 Paare geschieden, mit Ablauf des 5. Ehe⸗ jahres 374 Paare. Von den 805 vor Ablauf des zehnten Ehejahres WE“ Ehepaaren waren 519 kinderlos, dagegen befanden sich bei den übrigen 286 Ehepaaren 423 Kinder. Von den vor Ablauf des 15. Ehejahres geschiedenen 1092 Ehepaaren waren 647 kinderlos, dagegen befanden sich bei den übrigen 445 Ehepaaren 760 Kinder. Scheidungsgrund war in 471 Fällen Ehebruch (darunter in 236 Fällen Schuld des Mannes, in 142 Schuld der Frau, in 93 Schuld auf beiden Seiten), in 235 Fällen böswilliges Verlassen, in 23 Fällen Wahnsinn, in 25 Fällen Ehrenkränkung, in 75 Fällen Miß handlung, in 63 Fällen Verbrechen, in 47 Fällen Verarmung, in 18 Fällen Ab⸗ neigung, in 415 Fällen gegenseitige Einwilligung (welcher natürlich jahrelange Zerwürfnisse zu Grunde liegen) und in den übrigen 19 Fällen Trunksucht u. s. w.

Neben diesen traurigen (Eindrücken sittlichen und moralischen Mangels giebt das Studium der Ehescheidungstabellen Berlins auch eine Anzahl pspchol ischer Räthsel auf, wenn man herausliest, daß

lter der Frauen dasjenige der Männer um

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g bis 28 Zahre üöberragte und daß in 151 Fällen die Ehe über

ter in 22 Fällen über 30 Jahre und in 3 Fällen 88 Jöbge,0 wabrie bis der Ehescheidungsspruch ein vorzeitiges Ende

des Chestandes herbelführte.

8 Arbeitereinnah men in Dresden.

Lohnklassenstatistiken der Ortskrankenkassen lassen 1“ auf den Stand der Arbeitereinnahmen zu. In der Ortskrankenkasse Dresden waren, wie wir der „Sozial⸗ Korr.“ entnehmen, am Schlusse des letzten Berichtsjahres 72 254 Lohnarbeiter versichert. Dovon gebörten den beiden ersten Lohnklassen (Togesverdienst über 3,26 ℳ) 32,6 % an, der 3. bis 5. Klasse (1,76—3,25 Tagesverdienst) 39,8 %, der 6. bis 8. Klasse (bis zu 1,75 ℳ) 27,6 %. Vor fünf Jahren waren die entsprechenden Zahlen 28,36 %, 43,27 %, 28,37 %. Diese Zablen lassen auf ein mäßtges Steigen der Löhne Erwachsener schließen, da die 1. und 2. Klasse heute von 32,6 %, damals nur Lon 28,36 % ge⸗ bildet wurde. Die Mittelklasse ist 1898 nicht mehr so stark besetzt als vor fünf Jahren; dagegen ist der Bruchtheil der Arbeiter der untersten Lohnstufen seit 1893 von 28,37 % auf 27,6 % gefallen. Die Zunahme der Jugendlichen⸗ und Kinderarbeit kommt darin zum Ausdruck. 8 v111““ 11.““

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Die Erwerbsthätigkeit der Schulkinder in Karlsruhe.

Im Anschluß an die Erhebung des badischen Statistischen Amts hat die Stadt Karlsruhe über die Erwerbsthätigkeit der Schulkinder mit der Beschränkung auf die einfache und erweiterte Volksschule, deren Schüler ja auch fast ausnahmslos nur in Betracht kommen, Erbebungen angestellt und eben die Ergebnisse veröffentlicht. Die erwähnten Schulen zählten Ostern 1893 3023 Knaben und 3291 Mädchen. Davon erwerbsthätig außerhalb der eigenen Familie 852, mithin 13,49 %. Von den 2434 Schülern der einfachen Volksschule waren daran betheiligt 463, von den 3880 der erweiterten Volksschule 389. Nach dem Alter gehört die Mehrzahl dem Lebensalter zwischen dem 10. und 14. bezw. 1b. Jahre an. Was die Zeit anlangt, in welcher die Kinder erwerbs⸗ thätig sind, so wird festgestellt, daß die Arbeit vielfach spät Abends bis 9, 10, 11 und selbst 12 Uhr, sowie namentlich auch sehr früh am Morgen stattfindet, schon um ½5 oder 5 und 6 Uhr, sodaß die Kinder schon müde zur Schule kommen oder nicht ausgeschlafen haben, wenn sie spät Abends thätig waren. Die Dauer der Arbeitszeit ist bei der Mehrzahl täglich bis 3 Stunden, aber bei einem Theil 4—6 Stunden und noch darüber hinaus. Der größte Theil der Arbeiten besteht in Botendiensten, Austragen von Brot, Wäsche, Zeitungen, Milch u. s. w., aber auch in gewerblicher Arbeit und in Hilfsdiensten im Handel, Gewerbe und Verkehrswesen. Kegel⸗ anfsetzen üben 25 Kinder, 2 davon im eigenen Geschäft der Eltern. Bleibt der Prozentsatz der erwerbsthätigen Kinder auch hinter Dresden mit 17,07 % zurück, so ist er mit seinen 13,49 % gegen Königsberg (11,06 %) und Dortmund (4,03 %) doch voraus. Ob in allen Fällen eine Nothlage dazu drängt, die Kinder erwerbsthätig sein zu lassen,

ch der Berufszugehörigkeit der Eltern bezweifelt werden.

Kunst und Wissenschaft.

½ł†% In E. Schulte’'s Kunstsalon ist eine Ausstellung von Werken französischer Künstler eröffnet, die eine erwünschte Ergänzung zu der französischen Ausstellung im Akademiegebäude bildet. Es sind durchweg Arbeiten, die in den Pariser Salons dieses Jahres ausgestellt waren, darunter einige von mehr als vorübergehender Be⸗ deutung, so Albert Besnard’s große Plafondmalerei: Ideen zarte, lichtgewandete Frauengestalten, die durch den Weltenraum fliegen und nach Sternen haschen. Bei vielen Feinheiten, die eine meister⸗ hafte Berechnung dekorativer und räumlicher Wirkung bekunden, fehlt es dem Ganzen doch an einheitlicher Stimmung. Das luftige Zerflackern in Einzeleffekte und die lichte Farbenfreudigkeit passen gut zu der Bestimmung der Deckenmalerei und werden bei der endgültigen Verwendung am Plafond eines erst zu voller Wirkung kommen. Weniger gelungen sind zwei Supraporten Besnard's, die ebenfalls in zarten Farben gehalten sind. Immerhin tritt auch in diesen Werken das unvergleichliche Geschick der Franzosen für dekorative Monumentalmalerei vorbildlich zu Tage. In anderen Arbeiten dieses Genres, wie in Aman⸗Jean’'s zarter Sirene und dem großen Breitbilde von Ernest Bieler: fallendes Laub, sowie in Raoul Du Gardier's Sappho und L. Ridel’s Sirenengestalten überwiegt die Anlehnung an die präraffaelitischen Stilisierungs⸗ versuche moderner Engländer allzusehr. Obgleich Aman⸗Jean in seinen „Venezianerinnen“ sich von diesem Vorbilde auch nicht ganz lossagen kann, steht er doch, was natürliche Anmuth der Haltung und des Ausdrucks anlangt, hoch über demselben. Zart ver⸗ dämmernde Interieurs aus den Salons und Boudoirs der eleganten Pariser Welt malt Bréauté mit großem Geschick und einer fast schon an Manier streifenden Zierlichkeit. Ernster und tiefer angelegt erscheint Abel Trouchet in seiner in grünem Dämmerschein verschwimmenden Gesellschaft junger Mädchen. An die intime Stimmungsmalerei der Schule von Fontainebleau gemahnen die vornehmen kleinen Landschaften von Georges Griveau, deren eine ansehnliche Zahl hier vereinigt ist. In mehr modernen Bahnen bewegen sich Claude 9 111ss8 der nur mit einer wenig bedeutenden Leistung vertreten ist, Albert Baudouin und der koloristisch reich⸗ begabte Fare Garnot, dessen Veduten aus dem „Park von Trianon von echt poetischer Stimmung durchtränkt sind. Sehr originell in der Farbengebung wirken auch die zarten Abend⸗ stimmungen von Paul Briandeau, während Jacques Drocque mehr au die geschlossene Formgebung, auf ein Stilisieren etwa im Sinne Leistikow's ausgeht und André Dauchez' Riffe in ihrer herben Farbenhaltung anmuthen wie ein französischer Thoma. Eine sehr feine Flachlandschaft mit schwerem Wolkenhimmel hat M. J. Fwill ausgestellt. Den witzigen, aber etwas brutalen Plakatmaler Lautrec de Toulouse mäsßen wir im elektrisch erleuchteten Vorder⸗ saal der Ausstellung aufsuchen. Sein Frauenbildniß in Roth kennzeichnet die Schwächen und Vorzüge seiner energischen Eigenart ganz gut. Der ganze Charme französischen Geschmacks kommt in einem kleinen Stillleben von Henry Dumont, „Orchideen“, zu trefflicher Geltung. Nur bedingt zur französischen Schule zu rechnen ist schließlich der chweizer Eugone Burnand aus Moudon, der mit einer ab⸗ wechslungsreichen Kollektion seiner Werke vertreten ist. Seine Ver⸗ suche zu eindringlicher Charakteristik auf physiognomischem Gebiet, wie auch seine großen Berglandschaften weisen auf eine ernst angelegte Künstlernatur, der leider die Gabe, sich ungezwungen und leicht aus⸗ - nicht verliehen ist. 1 deben dieser französischen Kollektivausstellung findet man bei Schulte u. a. 8 1. es. tsckene von Hubert Herkomer, ie mehr als technisch gelungene Spielerei interessiert, von dem Ge⸗ schmack ihres Schöpfers aber weuig erbauliche Kunde giebt. Drei tudienköpfe desselben Deutsch⸗Engländers sind ziemlich unbedeutende elegenheitzarbeiten. Eine fesselnde Künstlererscheinung ist der ener Maler Hans Schwaiger, der Humor und Märchen⸗ phantasie gleich einem Moritz Schwind besitzt und in seinen archaisterenden Schilderungen aus der Zeit der Wiedertäufer Wen eminenten Fleiß verräth. Neben diesen altdeutschen 8 orwürfen sehen wir ihn aber Veduten aus den Niederlanden in flott Frpresstonistischer Manier hinwerfen. Bei der kleinen Zahl selbständiger ndividualitäten, welche die Wiener Malerschule unserer Tage auf⸗ zuweisen hat, verdient dieser markige und talentvolle Schüler Trenk⸗ Hamrs doppelt Beachtung. Unter den deutschen Bildern des Ober⸗ chtsaales sei noch einer flüchtigen, aber genialen Skizze M. Lieber⸗ m ; 9 vann s und des prunkvoll repräsentativen Doppelbildnisses der beiden Pr denten der Berliner Akademie, G. R. Ende und Professor C. ecker, von Hugo Vogel mit chacht edacht.

waren

Ven Wilhelm Roscher's, des 1894 verstorbenen großen deutschen Nationalökonomen, hochgeschätztem „System der Volks⸗ wirthschaft“, dessen erster, die Grundlagen der Nationalökonomie enthaltender Band vor zwei Jahren in zweiundzwanzigster, von Professor Dr. Robert Pöhlmann bearbeiteter Auflage erschien, liegt jetzt auch der dritte, die Nationalökonomik des Handels und Gewerbfleißes behandelnde Band in neuer, das vor⸗ treffliche und eingenartige Werk vor einer Veraltung selbst nur in Einzelheiten bewahrender Auflage, der siebenten, vor, deren Be⸗ arbeitung Professor Dr. Wilhelm Stieda in Leipzig unternommen hat (XVIII, 1119 Seiten; J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachf., Stuttgart). Man mag es vielleicht bedauern, daß der neue Heraus⸗ geber nicht die Nationalökonomik des Ackerbaues und der verwandten Urproduktionen derjenigen des Handels⸗ und Gewerbfleißes hat vorangehen lassen in einer Zeit, in der die agrarischen Fragen so stark in den Vordergrund getreten sind und über ihre zweck⸗ mäßigste Lösung so große Meinungsverschiedenheiten bestehen, deren Ursachen zum theil in dem zwischen den einzelnen Erwerbs⸗ Frben sich geltend machenden Gegensatze der Interessen, in höherem

rade aber darin liegen, daß eine genaue Kenntniß von den Dingen, die man behufs gründlicher Beurtheilung agrarischer Fragen durchaus wissen muß, nur bei verhältnißmäßig Wenigen vorhanden ist. Doch das im vorliegenden Bande zur Darstellung gelangte Gebiet des Wirthschafts⸗ lebens ist dasjenige, auf dem im letzten Jahrzehnt die meisten Neuerungen eingetreten sind, und da wir kein Werk haben, welches dieses Gebiet in ähnlicher Vollständigkeit und einheitlicher Bearbeitung gepflegt hätte, darf auch dieser dritte Band über die engen wissenschaftlichen Kreise hinaus bei dem großen Lesepublikum der freundlichsten Auf⸗ nahme sicher sein. Von den 1119 Seiten entfallen nach einer 70 Seiten umfassenden Einleitung über das Städtewesen im all⸗ gemeinen und die Großstädte mit ihren Eigenthümlichkeiten (Wohnungs⸗ noth ꝛc.) im besonderen nahezu 600 Seiten auf den Handel. In vierzehn Kapiteln wird der umfangreiche Stoff in der Weise gegliedert, daß der Naturlehre des Handels im all⸗ gemeinen eine Darstellung der Hauptzweige des Handels und der Handelsverfassung der niederen Kulturstufen folgt. Weitere Kapitel behandeln die neueren Handelsgesellschaften, den internationalen Handel, das Münzwesen, das Papiergeld, den Wechsel, das Bank⸗ wesen, die Theorie, Geschichte und Politik der Transportmittel im allgemeinen, die Geschichte und Politik einzelner wichtiger Transportmittel, die Börsen, Börsengeschäfte, Handelskonsuln, Handelsgerichte, Kammern u. s. w. Die zweite, etwas kleinere Hälfte des Werkes ist dem Gewerbfleiß im engeren Sinne gewidmet und behandelt in zwölf Kapiteln die Entwickelung desselben im allgemeinen, den Standort der einzelnen Gewerbzweige, die Industrie im Großen und Kleinen, das Maschinenwesen, die innere Gewerbeverfassung der niederen Kulturstusfen, das Gewerbeschutzsystem und die internationale Handelsfreiheit, die innere Handels⸗ und Gewerbe⸗ freiheit, die staatlichen Gewerberegulative, die genossenschaftlichen Neu⸗ bildungen und die unmittelbare staatliche Förderung der Induftrie auf der Stufe der Gewerbefreiheit, die Absatzkrisen und in einem Schlußkapitel den Bergbau. Nicht nur der Studierende, sondern auch Andere, insbesondere der Geschäftsmann, der Politiker, finden in dem Buche eine reiche Fülle von Belehrung und Anregung über heute auf der Tagesordnung des öffentlichen Lebens stehende Fragen, so über die Reform der Börse und ihre Geschäfte, Maßnahmen und Entwickelungsphasen auf dem Gebiete der Groß⸗ industrie und des Handwerks, zahlreiche sozialpolitische Fragen, wie Frauen⸗ und Kinderschutz, Normalarbeitstag, Arbeiterversicherung, Arbeiterwohnungen, Arbeitseinstellungen, Arbeitslosigkeit und Arbeits⸗ nachweis, Einigungsämter, ferner über das Eisenbahntarifwesen, die Oekonomik der Wasserstraßen u. a. m. Bezüglich der Kanäle be⸗ merkt Roscher: „Gegenwärtig haben sich die meisten Völker, vom Glanze der Eisenbahnen verblendet, einer großen Unter⸗ schätzung der Binnenschiffahrt, insbesondere Vernachlässigung der Kanäle hinzegeben, die doch seit Erfindung der Schleusen eine dem Alterthum und größtentheils auch dem Mittelalter unbekannte Wirksamkeit erlangt haben. Diese einseitige Vorliebe für Intensität des Transports erinnert an jene Landwirthschaften, welche den ex⸗ tensiven Betrieb auch da verlernt haben, wo er der allein zweckmäßige ist. Sie scheint indeß um so bedauerlicher, als die Erschöpfung der Stein⸗ kohlen und Eisenvorräthe dadurch in einem wenigstens für manche Länder bedenklichen Grade beschleunigt wird. In Norddeutschland könnte, wahrscheinlich mit geringen Kosten und großen Nebenvortheilen für die Landwirthschaft, ein Kanalsystem hergestellt werden, welches dem französischen nur wegen der minderen Gunst des Klimas nachstände. Für kurze Entfernungen und geringe Frachtmengen ist freilich die Eisenbahn sehr überlegen, wie 12 8 auch den Vorzug hat, ihr Netz viel leichter über alle Theile des Staatsgebietes erweitern und ver⸗ dichten zu können. Dagegen ist wiederum der Wassertransport viel eher im stande, eine lebhafte Konkurrenz mit ihren großen Segnungen zu entwickeln. Bei Waarengattungen, wo die Wohlfeilheit des Trans⸗ ports mehr ins Gewicht fällt als die Schnelligkeit, erhält durch die bequeme Ueberallmöglichkeit des Aus⸗ und Einladens, durch die Größe der Schiffsgefäße und die verhältnißmäßige Wohlfeilheit ihrer Herstellung die Binnenschiffahrt vor der Eisenbahn manchen Vorsprunz, zumal wenn jene durch Gleichheit der Ferwe eg. über weite Strecken systemistert ist“ u. s. w. (S. 595.) Die Art, wie Roscher seine große Aufgabe ergriffen hat, ist bekannt: auch hier die starke Betonung des Zusammenhanges der ökonomischen und der sitt⸗ lichen Probleme, der Glaube an den Fortschritt, an die wachsende Intelligenz, Besonnenheit, Einsicht, an die zunehmende Ver⸗ nünftigkeit und damit Gerechtigkeit in der Volkswirthschaft. Diesen Charakter hat auch der neue Herausgeber, Professor Stieda, dem Werke erhalten. Er hat in der Hauptsache nur ausgeschieden, was statistisch nicht mehr der Gegenwart entsprach oder durch neuere gesetzgeberische Errungenschaften veraltet war, und andererseits in die Darstellung und die Anmerkungen eingereiht, was das politische Leben und die wissenschaftliche dS des letzten Jahrzehnts an Gedanken und Thatsachen zu Tage gefördert hat. So wird das Werk noch für eine lange Reihe von Jahren das bleiben, was Roscher mit ihm bezweckte: ein S8. und Lesebuch, das kein Gebildeter, welcher die Wahrheit und Wissenschaft um ihrer selbst willen begehrt, ohne Belehrung und Anregung aus der Hand legt. “] 16“

C1“

Antwerpener Getreidemarkt im September 1899.

Antwerpen, den 6. Oktober 1899. Obgleich die Weizenvorräthe in Antwerpen infolge der Zufuhren sich beständig auf verhältnißmäßig bedeutender Höhe hielten, sind die Geschäfte für neue Lieferungen ziemlich erheblich gewesen. Die Getreidepreise sind im allgemeinen um 25 bis 50 Centimen für den Doppelzentner gestiegen und stellten

8

v2—1u1282

Walla Walla.

Kurrachee, weißer rother .. je nach Güte

inlaͤndischer. . . .. . .. Donau und nordamerikanischer. inländischer... . 8. 1.enns far .e . 84 e1111“ Feüg: russischer und nordamerikanischer ais: Odessa und Donau .. Plata und Nord⸗Amerika Weizenmehl: inländisches 8 v““

88

Weizen: 1 400 000 dz Gerste: 25 000 Mais: 35 000

afer

Im Laufe des Monats September 1899 wurde

Antwerpen: Roggen: aus Rußland ..

den Vereinigten Staaten von Amerika

den Niederlanden Frankreich.

Weizen: aus den Vereinigten Staaten von Amerika

Britisch⸗Indien. Argentinien .. Brasilien. Canada.. Deutschland Victoria . 8 den Niederlanden England Uruguay

Rußland

den Vereinigten Staaten von Amerike

Rußland. der Türkei.. den Niederlanden England. 3

Oesterreich.

Deutschland

aus den Vereinigten Staaten von Amerika 8 88 8 8 86 1, 1. 8 8 8 9 1

Rußland

aus den Vereinigten Sta

Argentinien Canada Rumänien . Braßlien .„ den Niederlanden Rußland.

Die Vorräthe wurden Ende S

aten von Amerika

Kartoffeln: aus den Niederlanden 3 1 Z Ausgeführt aus Antwerpen: 8

Roggen: nach Deutschland.

den Niederlanden 2 b Norwegen.

Deutschland . den Niederlanden

nach den Niederlanden Deutschland.

dem Congo

nichts.

: nach Deutschland. den Niederlanden a8 8 MNorwegen. e . England

nach Norwegen England. Brasilien

dem Congo.

Schweden .

Kartoffeln:

Weizenaussaat in Uruguay. den 12. September 1899.

Montevideo,

reptember 1899 geschätzt a 1

Ne gen in erster Hand nicht nennenswerth.

ngeführt in

8 630 1 000 970

26 420

470 160 369 480 361 120 67 790 50 100 25 650 15 520 9 610 6 830 5 370 5 330 386 960 94 710 dz 56 130 41 480 11 640 7 360 690 500

212 510 36 410

nbauaal- 2ã2 L 2 2 2

38 580 292 930 286 220

15 100 6 790

b 14 840 632 980 dz.

Weizenaussaat ist jetzt als beendet zu betrachten. Trotz des sehr regne⸗ rischen Winters, welcher die Bestellung des Ackers erheblich erschwert und zum theil unmöglich gemacht hat, ist nach Ansicht Sachverstän⸗ diger doch die mit Weizen besäte Fläche um etwas größer, als die im Vorjahre bestellte. Das Aussehen der Weizenfelder ist bisher kein

gutes, da fast alle

elder von zu vielem Regen gelitten und infolge

dessen ein kränkliches Aussehen erhalten haben. Ein kühles und trockenes Vorfrühjahr kann jedoch diesem Uebelstande noch abhelfen.

Statistische Angaben über W angenommen, daß die in diesem

Letwa 500 000 ha erreicht.

naussaat bestehen nicht; inter mit Weizen bestell

es wird te Fläche

8 9

Portugiesische Besitzungen.

1. Januar 1900. Cap. Verdische Inseln, Insel Santtago, Stadtverwaltung von Praia: Elektrische Beleuchtung der Stadt Praga⸗ Vorläufige Sicherheitsleistung 200 Milreis

Brasilieen.

6. Dezember, 2 Uhr.

Ministerium für Indu

strie (General⸗

Direktion der öffentlichen Arbeiten und des Verkehrs) in Rio de Janeiro: Meliorationsarbeiten am Hafen von Manaos (Staat Amazonas) und zwar: a. Regulierung des Flußbettes und der Ufer, Bau von Rampen, Quais, Docks und aller zum Anlegen, Laden, Ent⸗ laden und Lagern nöthigen Vorrichtungen, b. Baggerarbeit

läufige Sicherheitsleistung 10 contos de reis.

Chile. Ministerium des Innern in Santiago:

3. Januar 1900, 2 Uhr.

Anlage einer Trinkwasserleitung und von Abflüssen in der Stadt

Concepcion. Pesos.

Sicherheitsleistung vorläufi Frist zur Ausführung 30 Monate.

g 10 000, endgültig 50 000

Laut Telegramm aus Dortmund ist die erste englische Post über Vlissingen vom 12. Oktober wegen Zugentgleisung zwischen London und Queenborough ausgeblieben.

Laut Telegramm aus Köln hat auch die zweite Post von London über Ostende vom 12. Oktober in Köln den An⸗ schluß an Zug 31 nach Berlin über Hild.

Die diesjährige 89