1899 / 246 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Oct 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Abfahrt bereit. Die Mitnahme des Richters Dr. Schnee erschien nöthig, da ich weder die Leute der Polizeitruppe enücgend kannte, noch mich mit ihnen in wünschenswerther Weise verständigen konnte, da mir ferner Auftreten und Gepflogenheiten der Sudsee⸗ Insulaner unbekannt waren und die Expedition von einem Beamten begleitet sein mußte, dessen Kenntniß der Verhältnisse der Eingeborenen ein richtiges Auftreten und Eingreifen gewährleistete. 20 Mann der Polizeitruppe als Expeditions⸗Korps erschienen ausreichend, weil ein Kampf gegen gröͤßere geschlossene Stämme nicht in Frage tand. Die Polizeitruppe wurde instruiert, daß zunächst im allgemeinen riedlich mit den Eingeborenen verhandelt werden solle und daß nie⸗ mand zu schießen habe ohne ausdrücklichen Befehl, falls er sich nicht n wirklicher Nothwehr befände. Auf Frauen und Kinder dürfe über⸗ aupt nie geschossen werden. Der Reisegesellschaft schlossen sich als Vertreter von Firmen, die an der Expedition besonderes Interesse atten, die Herren Thiel aus Matupi (Hernsheim u. Co.) und Schulz us Mioko (Deutsche Handels⸗ und CCET“ an.

Am 29. Juli gegen 4 Uhr dampfte die „Möwe“ von Herberts⸗

öhe ab, und am 31. um 9 Uhr Morgens trafen wir bei den Vor⸗ inseln der Admiralitätsgruppe ein. Der uns entgegenkommende Händler Maetzke (Firma Hernsheim u. Co.) wurde an Bord ge⸗ nommen, und nun wurde zunächst die Insel Groß⸗Mok angelaufen, die mit den Nachbarinseln Klein⸗Mok und St. Patrik in fort⸗ währender Fehde lebt, welche zu der üblichen Menschenfresserei führt und den Handel stört. Als Dolmetscher wurden zwei Leute benutzt, die bei den Admiralitäts⸗Insulanern einige Jahre als Gefangene ge⸗ lebt hatten, aber zur Zeit im Dienste der Firma Forsayth in Ralum standen. Mit den in Kanus an die „Möwe“ herankommenden Bewohnern von Groß⸗Mok wurde durch die Dolmetscher eine Verständigung in dem Sinne erzielt, daß wir in friedlicher Absicht kämen. Zwei Landungs⸗ boote wurden klar gemacht, und in ihnen ging die Polizeitruppe mit dem Richter Dr. Schnee, Kapitänleutnant von Abeken, Thiel, Schulz und mir an Land. Wir landeten innerhalb eines Pfahl⸗ bautendorfes. Die Eingeborenen wichen für einige Augenblicke zurück und liefen ängstlich die steile, wohl vulkanische Insel hinan. Bald stellte sich aber der erwachsene männliche Theil der Bevölkerung und trat uns in der freundlichsten und friedlichsten Weise entgegen. Um den Leuten unsere Truype zu zeigen, ließ ich unsere 20 Mann der Polizei⸗ truppe stillstehen und Gewehr ab nehmen. Dann trat ich mit Herrn Schulz und dem Händler Maetzke, unter der Führung eines vertrauen⸗ erweckenden Häuptlings, eine Partie über die Insel nach einer anderen Ortschaft an. Der Weg an steilen Felsklippen entlang war sehr un⸗ bequem. Nach einer halben Stunde wurde das zweite, am Strande gelegene Pfahlbautendorf erreicht. Hier ließ ich mich im Kreise der freundlichen Leute, die zum Bewillkommnen Kokosnüsse und zum Einhandeln Schweine und Kuriositäten heranschleppten, auf den Querbänken eines großen Kanus nieder. Der Händler Maetzke, den die Leute allgemein beim Namen kennen und zu dem sie erhebliches Vertrauen zu haben scheinen, übernahm die Vermittelung der mündlichen Unterhaltung und des Tauschverkehrs. Während dessen schickte ich durch einen Polizeisoldaten im Eigeborenen⸗ Kanu Botschaft an Dr. Schnee, er möge das Herüberkommen der beiden Boote mit dem Rest der Expedition veranlassen, da von unserem Platz aus die Insel Klein⸗Mok am schnellsten besucht werden könne. Frauen und Kinder bekamen wir nicht zu sehen. Die uns umringenden jugendlichen und älteren männlichen Vertreter der Eingeborenen waren schöne, großgewachfene Leute, die als Lendenschurz mit Perlen und Muschel⸗ geld verschnürte Läppchen tragen.

Nach Ankunft des übrigen Theils der Expedition wurde noch eine kurze Rast gehalten und dann, nachdem den Eingeborenen soweit wie möglich verständlich gemacht war, daß sie andere Stammesangehörige nicht anzugreifen, sondern nur in der Nothwehr von ihren Waffen Gebrauch zu machen hätten, wurde die Insel Groß⸗Mok verlassen und das ein Viertelstündchen entfernte Klein⸗Mok angelaufen. Dort derselbe Charakter der Insel und ihrer Bewohner. Hochragende, steile und doch gut mit Kokospalmen bestandene Felsen; am Meeresstrande Pfahlbauten und die Bergwände hinaufkletternde, perrückentragende, wundervoll gewachsene Männer, ihre Obsidianspeere in den Händen schwingend. Friedlich kamen auch sie bald uns ent⸗ gegen, und gegen rothes Zeug, Taback, Messer wanderten Paarpfeile, Kalkbüchsen und bsidianwaffen in unseren Besitz. Auch hier wurde der Frieden gepredigt, den das Gouver⸗ nement aufrecht erhalten würde gegen die Friedensbrecher. Von der kaum eine Seemeile entfernt liegenden Insel St. Patrik, die ziemlich dicht bevölkert zu sein und einen guten Kokospalmenbestand zu haben scheint, schauten wohl 100 Eingeborene unserer Verhandlung mit den Mokleuten aufmerksam zu. Die uns zur Verfügung stehende nur kurze Zeit erlaubte aber leider nicht mehr den Besuch von St. Patrik, sondern gebot um 1 Uhr die Rückkehr an Bord der „Möwe“, die alsbald weiter dampfte. Gegen 3 Uhr gingen wir vor der kleinen Insel Komuli, auf der sich die Handelsniederlassung der mit der Firma Hernsheim u. Co. in Ver⸗ bindung stehenden Händler Molde und Maetzke befindet, vor Anker. Herr Thiel führte mich durch die Niederlassung und zeigte mir die reichen Vorräthe an Kopra, Trepang und Perlmutterschalen. Die Handelsstation be⸗ steht seit 1 ½ Jahren und hat während dieser Zeit von Hernsheim u. Co. für 20 000 Waaren entnommen, von denen ein sehr großer Theil noch als Lagerbestand vorhanden ist, und für 30 000 E von den Eingeborenen eingetauscht. Der Handel inner⸗ halb der Admiralitäts⸗Inseln scheint noch sehr ausdehnungs⸗ fähig zu sein. Nachmittags machte ich einen Jagdausflug nach der benachbarten größeren Insel Beikatu. Diese ist völlig menschenleer, da ihre Einwohner vor den Angriffen ihrer kriegerischen Nachbarn auf entferntere Inseln geflüchtet sind. Beikatu ist dicht bewachsen mit Kokospalmen, die sich selbst verfüngen und deren Nüsse zum großen Theil, da Menschen zum Einsammeln nicht vorhanden sind, ver⸗ kommen. Die ganz flache, zum theil recht sumpfige Insel scheint sehr fruchtbar zu sein. An Wild birgt sie viele Tauben und Papageien.

„Am 1. August Morgens wurden die Anker gelichtet zur Weiterreise nach einer großen Admiralitäts⸗Insel, deren Namen wir von den Insulanern nicht in Erfahrung bringen konnten. Um 2 Uhr wurde unweit der großen Insel geankert und mit einem Eingeborenen⸗Kanu, das alsbald längsseits kam und dessen Insassen zeitweilig das Schiff betraten, der Verkehr begonnen. Diese Insulaner scheinen in noch roherem Naturzustande zu ein wie die der vorher besuchten Inseln. Ihre Waffen

nd sehr roh gearbeitet, die Speere zum theil ohne Obsidian⸗ spitzen, nur aus Holz. Bogen und Pfeile wurden bei ihnen, wie übrigens auch bei den vorher angetroffenen Admiralitäts⸗Insel⸗ bewohnern, nicht gesehen. Zunächst wurde mit der Polizeitruppe auf einer schmalen Landzunge der großen Insel gelandet und dann noch eine der kleineren vorgelagerten Inseln besucht. Ueberall fanden wir eine herrliche, urwaldartige Vegetation mit Lianen, Orchideen, Baumfarnen und geradezu riesigen Calophyllum ilophyllum- Stämmen. Soweit man sehen kann, haben hier alle Inseln die üppige Vegetation und werden einmal, da gute Häfen vorhanden zu sein scheinen, ein aussichtsreiches Gebiet für tropische Agrikultur bilden. Die Eingeborenen waren hier noch sehr scheu und zurückhaltend. Nur noch ein zweites kleines Kanu kam längsseits der „Möwe“, und einige andere wurden in weiter Ferne sichtbar.é Vergebens ward nach dem Australier, Kapitän Hamilton, der an den Admiralitäͤts⸗Inseln mit einigen kleinen Fahrzeugen mit Genehmi⸗ gung des Gouvernements Perlmuscheln fischt, ausgesehen. Nach Aussage der Eingeborenen hatte er die Gegend vor sechs Tagen verlassen, nachdem er angeblich eine gute Ausbeute an Muscheln gehabt batte. Die Täto⸗ wierungen der Admiralitäts⸗Insulaner sind unregelmäßig, zum theil dick aufliegende Brandnarben. Irgendwelche besondere Bedeutung dieser Tätowierungen konnte durch Befragen der Leute nicht festgestellt werden. Es hieß immer nur, die Tätowierungen dienten zur Zierde. Ich gllaube nicht, daß hier irgendwie „Totenismus“ als zu Grunde liegend angenommen werden kann. Den jetzt lebenden Leuten scheint zdenfalls sbde⸗ Peten 8 111 Richtung 8 egangen zu 888 s unter⸗

gt keinem Zweifel, da ese Rundfahrt eines deutschen Kriegs⸗ schiffes an der nh eganih 1

nfelgruppe, das Zeigen der Polizei⸗

truppe und der stattgehabte friedliche Verkehr eine gute Wirkung auf die Eingeborenen haben, weiteren Ausschreitungen derselben vor⸗ beugen und den Handel mit ihnen erheblich fördern wird. Da die Admiralitäts⸗Gruppe nicht weit ab von Herbertshöhe liegt, wird es möglich sein, diese Inseln häufiger zu besuchen und so Verkehr und Handel mit den Eingeborenen in friedlicher Weise weiter zu entwickeln.

Durch den Händler Maetzke hatte ich erfahren, daß auf der Insel St. Gabriel zwei Hinterlader mit Patronen vorhanden seien, die den im Jahre 1893 daselbst ermordeten Händlern Möller und Andersen nebst anderen Sachen geraubt wurden. Wenn auch eine Bestrafung für die in der Vergangenheit liegende Mordthat, für welche die Insel auch im Jahre 1898 durch S. M. S. „Bussard“ auf Veranlassung des Kaiserlichen Richters Dr. Hehr mit Granaten beworfen ward, von vornherein nicht in Aussicht zu nehmen war, so sollte jedenfalls die Herausgabe der geraubten Gewehre, deren Fortbesitz dem Prestige der Europäer zum Schaden gereichte und für die benachbarten Insulaner aufregend wirkte, versucht werden. Es ward daher bei der Weiterfahrt nach Neumecklenburg am 2. August Mittags unweit der Insel St. Gabriel geankert. Zunächst wurden, da sich kein Kanu sehen ließ, in einem kleinen Boote die beiden Dolmetscher, die auf dieser Insel gefangen gewesen waren, an Land geschickt, um über die friedliche Uebergabe der Waffen nebst Munitton zu verbandeln. Es kam die Nachricht zurück, daß die Insulaner zur Herausgabe der Hinterlader bereit und zu friedlichen Verhand⸗ lungen geneigt seien. Daraufhin ging ich in Begleitung des Richters Dr. Schnee, des Kapitänleutnants von Abeken, der Herren Schulz und Thiel mit der ganzen Polizeitruppe in zwei Booten an Land. An dieser Seite der mit Korallenriffen um⸗ säumten Insel war nur eine schmale Booteinfahrt aufzufinden. Ein Gewehr nebst Patronen wurde am Strande übergeben und dann mit der Truppe in das 10 Minuten weiter gelegene Hauptdorf unter Führung der iutraulich thuenden Eingeborenen eingerückt. Hier wurde noch ein Revolver nebst Patronen abgeliefert und seitens der Eingeborenen die sehr unwahrscheinlich klingende Erklärung abgegeben, daß das zweite Gewehr nach einer Nachbarinsel verschenkt sei. Ein Durchsuchen der Dorfhütten förderte einige andere geraubte eurcpäische Gegenstände zu Tage. Während⸗ dessen verschwanden die Eingeborenen, und der ihnen nach⸗ geschickte Dolmetscher brachte sie weder zurück, noch kehrte er selbst trotz einstündigen Wartens und Rufens wieder. Ein von mir mit einigen Polizeisoldaten aufgesuchtes benachbartes Dorf wurde ganz verlassen angetroffen. Am Eingange desselben steckten schräg mit der Spitze nach vorn zwei Speere. Die Polizeisoldaten erklärten dies für eine Kriegsdrohung nach Eingeborenenbrauch und vertraten auch die Ansicht, daß unser Dolmetscher von den Eingeborenen jedenfalls erschlagen sei und werde aufgefressen werden. Vorsichtshalber beschloß ich aber, da auf seiten der Eingeborenen vielleicht ein Mißverständniß, das ihre plötz⸗ liche Entfernung veranlaßte, vorhanden sein konnte, zunächst noch nicht feindlich vorzugehen, sondern an den Strand zurückzukehren und dort mit vom Kriegsschiff berbeigeholten Nahrungsmitteln für die Europäer und Farbigen der Expedition ein Mittagsmahl ein⸗ zunehmen, um gleichzeitig abzuwarten, ob die Eingeborenen und unser Dolmetscher zurückkehren würden. Hiermit wurden etwa drei Stunden verbracht, aber weder Eingeborene noch der Dolmetscher, dessen tragisches Ende nunmehr festzustehen schien, wurden sichtbar. Daraufhin war ein energisches strafendes Vorgehen gegen die Insel⸗ bewohner geboten. Durch vorher verabredete Signale wurde die „Möwe“ ersucht, auf die andere Seite der Insel zu fahren, um die Flucht der Eingeborenen in dieser Richtung zu verhindern und eventuell Kanus zu zerstören. Von uns wurden sieben große, an der Blooteinfahrt liegende Kanus zerstört und dann mit allen Vorsichtsmaßregeln der Marsch nach den Ein⸗ geborenen⸗Dörfern angetreten. Die Dörfer lagen verlassen da. Von ihren Bewohnern war nichts zu sehen, auf angriffsweises Vorgehen schienen dieselben zu verzichten. Die Hütten wurden durchsucht, werth⸗ vollere Gegenstände gerettet. Gegen 7 Uhr kehrten wir bei strömendem Regen, dunklem Wetter und hohem Scegange mit den Booten zur „Möwe“, die mit von uns beantworteten Signalraketen ihren Standort kennzeichnete, zurück. Es wurde beschlossen, gelegentlich des um 8 Uhr Abends fortgesetzten Kurses nach Neumecklenburg auch noch die nörd⸗ lich von Neuhannover gelegene Insel St. Matthias anzulaufen, um mit den Bewohnern dieser Insel, die sich bisher gegen jede An⸗ näherung von Europäern ablehnend verhalten hatten, womöglich einen Verkehr anzubahnen. Bei der Anfahrt an der Insel wurde festge⸗ stellt, daß die letzte offizielle Seekarte hier ganz unzutreffend ist. Zu⸗ nächst handelt es sich nicht um eine Insel, sondern wir fanden eine Inselgruppe, die eine große, durch bewaldete höhere Berg⸗ kuppen sich kennzeichnende Insel umrahmt. Ferner liegt diese Inselgruppe gegen die Seekarte etwa 20 Meilen weiter nord⸗ wärts. Am 3. Mittags wurde innerhalb des Inselmeeres Anker ge- worfen und, da sich nur ein Kanu von weitem zeigte, an einer Insel, auf der einige Hütten bemerkbar waren, mit der Polizeitruppe ge⸗ landet. Die Bewohner der Hüiten standen speerschwingend weiter ab im Busch. Ein Einzelner kam etwas näher heran und legte auf einer mit Taro angebauten Fläche einige Fruͤchte nieder, um alsbald wieder im Busch zu verschwinden. 8 ging hin, nahm die Früchte auf und legte als Erwiderung ein Stü rothes Tuch nieder. Aber hier nützte alles Zuwinken und Rufen nichts, die Eingeborenen waren allmählich ganz wieder verschwunden. Nun suchte ich mit Herrn Thiel. der einsge Tauschwaaren mit sich führte, in Begleitung mehrerer Polizeisoldaten die Insulaner weiter unten am Strande, wo das Landen eines Kanus bemerkt wurde, anzutreffen. Dem geschickten Zuwinken und Bemühen Thiel's, der zunächst einige Perlen und Eisenstückchen als Spende auf den Sand warf, gelang es, die Leute zur Annäherung zu veranlassen. Es waren schöne, hübsche Gestalten, völlig nackt, mit geschaitzten Holz⸗ speeren in den Händen. Von Schmuck ist an ihnen garnichts zu sehen. Nur ein junger Mann trug einen aus geschwärzter Pflanzen⸗ faser gebildeten Nasenring. Der Kopf mit ganz kurz ge⸗ schorenem Haar war noch nicht einmal mit Federn verziert. Eine mündliche Verständigung war mit ihnen auszeschlossen, da das die Südsee beherrschende, sprachverwirrende Pitschin⸗Englisch hierher noch nicht gedrungen ist. Aeußerst scheu wichen sie anfangs jeder körper⸗ lichen Heccbena mit uns aus. Einige Kühnere reichten uns aber dann vorsichtig die Hand und ließen sich freundschaft⸗ 5 auf Brust und Arme klopfen. Ihre Speere gaben sie auf Zureden uns in Tausch. Die Leute waren schließlich auch bereit, uns nach dem Platze zu folgen, wo der übrige Theil der Expedition sich befand, und erboten sich sogar, uns nach ihrem auf einer Rachbarinsel gelegenen Dorfe zu begleiten. Aber da gab die „Möwe“ das Signal: „Alle Boote an Bord“, weil sie bei hohem Wasser und bei Tageslicht noch die an Riffen reiche Inselgruppe, deren Fahrwasser noch gänzlich unbekannt ist, verlassen mußte, und unter freundschaftlichem mußten wir schleunigst die eben zu freundschaftlichem Verkehr gewonnenen Inselbewohner leider wieder verlassen. Es findet sich hoffentlich bald einmal Gelegenheit, die friedlichen Beziehungen zu den Bewohnern dieser Inselgruppe, die bisher über⸗ haupt eine völlige terra incognita war, weiter auszugestalten.

Am anderen Morgen gegen 9 Uhr erreichten wir die auf der Ostseite Neumecklenburgs gelegene Handelsniederlassung Kapsu, Händler Petersen, zum Hause Hernsheim u. Co. gehörig. Hier wurden nur Kopra und Muscheln eingehandelt. Der Umsatz ist nicht besonders erheblich, da an der Ostküste Neumecklenburgs die Produktion an ver⸗ hältnißmäßig dicht liegende Handelsstationen sich vertheilt. Ich ging mit Herrn Thiel zur Besichtigung des Handelsplatzes an Land, und wir nahmen den Händler mit einigen Kapsu⸗Jungen an Bord, um mit Hilfe derselben sicher den Ort Panakondo herauszufinden, wo im Februar d. Jé. elf Buka⸗Jungen und ein Kapsu⸗Junge, im Dienste Petersen's stehend, erschlagen und verzehrt worden waren. Im Laufe des Morgens kamen wir an der Handelsnieder⸗ lassung des Fhaen⸗ Schlüter (Firma Forsayth) vorbei. Hier stoppte die „Möͤwe“, und ich ging zum kurzen Vesache des Platzes an Land. Schlüter wurde an Bord genommen, da er über den Sitz der

schuldigen Eingeborenen genauen Bescheid zu geben wußte. Mittag kam die Niederlassung des Händlers Wabenbrett 18. Gegen Kompagnie) Fasang in Sicht. Um 3 Uhr wurde eine vorspringende Landspitze mit einzelnen Kokospalmen und Hütten sichtbar und als der Wohnsitz der schuldigen Neumecklenburger festgestellt. Mit dem Fernglas konnte man am Strande unruhig hin⸗ und herlaufende Leute erkennen, die dem Nahen des Kriegsschiffes, an dessen von den Händlern ihnen angekündigtes Kommen sie nie geglaubt hatten, mit Mißtrauen zu begegnen schienen. Nachdem die „Möwe“ eine halbe Stunde hin und her manövriert hatte und da die Eingeborenen keinen Versuch machten, mit Kanus längsseits zu kommen, vielmehr allmählich verschwanden, legte die „Möwe“ sich in Gefechts. weite breit vor und bese auf meine Veranlassung eine zehn Mi⸗ nuten lang dauernde Beschießung der Küste. Na der Be⸗ schießung ging ich mit der Polizeitruppe unter Führung des Richters Dr. Schnee, indem sich der Expedition der Kapitän Dunbar Herr Thiel sowie der Händler Petersen anschlossen, an Land. Die Polizeisoldaten, welche der Meinung waren, die „Kanacker“ lägen in der Nähe im Busch, gingen mit gespannter Aufmerksamkeit und Hent etöest vhn vent . betomegne aber nichts zu ehen. e Eingeborenen mußten bei ihrer Flzschtz noch Zzit gefund haben, ihre werthvollen Sachen in Sicherheit zu bnF Sn Füza din einer Tanzhütte zusammen aufgehängten großen, holzgeschnitzten und buntbemalten Tanzfiguren, die übrigens nach Beendigung des Tanzes für die Neumecklenburger keinen besonderen Werth haben sollen, wurde nichts Bemerkenswerthes erbeutet. Eine aufgefundene Steuerpinne des bei der Ermordung der Buka.⸗Jungen zerstörten Europäerbootes gab uns die unumstößliche Gewißheit, daß wir die richtigen Uebel⸗ thäter getroffen hatten.

Die Expedition kehrte um 6 ½ Uhr an Bord zurück. Die „Möwe“ dampfte alsbald weiter nach der Insel Nusa, Niederlassung und Eigenthum der Handelsfirma Hernsheim u. Co., in deren Nähe die Errichtung der Gouvernementöstation für Neumecklenburg in Aus⸗ sicht genommen ist. Um 8 Uhr Morgens trafen wir vor Nusa ein. Diese Handelsniederlassung Händler Dunkel), welche der Sammel⸗ punkt aller Produkte der Hernsheim'schen Niederlassungen in Neu⸗ mecklenburg ist, ist sehr schön und groß angelegt. Die starken Landungs⸗ brücken, die gut gebauten Häuser mit gepflegter Umgebung bilden mit dem dichten, urwaldartigen, von Kokospalmen durchsetzten Busche als Hintergrund ein reizvolles Bild europäischer Kultur in der hier fast noch jungfräulichen Südseewildniß. Nusa gegenüiber, am Strande der Ostküste Neu mecklenburgs, erhebt sich eine Handelsnieder⸗ lassung der Firma Forsayrnh, welcher der Englander Lanser vorsteht und die jährlich 200 bis 300 t Kopra produziert. Veon Lanser ließ ich mich nach dem Platze führen, auf dem früher der verstorbene Händler Schulle ein Etablissement gehabt hatte. Der Platz scheint gesund zu sein, hat ein weithin sich erstreckendes freies Hinterland und eine kühle, windige Lage. In der Nähe giebt es frisches Wasser und einen guten Ankerplatz. Dieser Ort weist daber als Bauplatz für die Regierungsstatkon gute Bedingungen auf. Von hier aus lassen sich einige der neumecklenburgischen Handelsniederlassungen zu Lande bequem erreichen. Dieser Theil Neumecklenburgs, der leidlich bevölkert ist, wird von den Händlern, die mit den Eingeborenen in lebhaftem Verkehr stehen, für friedlich gehalten. Die ausgedehnten Palmenbestände, welche durch einen gewissen, von einer Gouvernementsstation leicht aus⸗ zuübenden Druck sich stark vermehren ließen, sichern hier eine erhebliche Kopraproduktion. Die Trepanglager sind in dieser Gegend leider schon abgefischt. Gegen die Eingeborenen von Putput in Neu⸗

mecklenburg wurde nicht vorgegangen, da dieselben in der Zwischenzeit das geraubte Gewehr zurückgegeben hatten und ihr Wohnort, in ziem⸗ licher Entfernung von der Küste gelegen, für einen Besuch mangels Zeit Schwierigkeiten bot. Um 11 Uhr ward die Fahrt nach Herberts⸗ höhe, welches am

fortgesetzt 3

Sonntag, den 6, gegen 11 Uhr, erreicht ward,

Oesterreich⸗Ungarn.

Ein über die gestrige Berathung der deutschen Fort⸗ schrittspartei ausgegebenes Communiqusé besagt, wie „W. T. B.“ berichtet: Die Besprechung der politischen Lage habe Uebereinstimmung in der Grundanschauung ergeben, daß mit der Aufhebung der Sprachenverordnungen allein durchaus nicht allen berechtigten Beschwerden der Deutschen Rechnung getragen werde, daß vielmehr das Be⸗ streben der deutschen Parteien nach wie vor auf die Verwirk⸗ lichung der im Pfingstprogramm niedergelegten Grundsätze ge⸗ richtet sein müsse. Die Partei beschloß, im Einvernehmen mit den anderen deutschen Parteien einen Antrag auf Beseitigung des § 14 der österreichischen Verfassung sowie auf Aufhebung des Zeitungsstempels einzubringen.

Ueber eine Berathung der christlich⸗sozialen Ver⸗ einigung ist folgendes Communiqué ausgegeben worden: Die Vereinigung begrüßt freudigst die endliche Aufhebung der Sprachenverordnungen und druͤckt die Erwartung aus, daß die gesetzliche Regelung der Sprachenfrage, unter A.

Rechte der deutschen Nationalität, weise werde durchge

Vaterlandes einkehren werde. Die Vereinigung beauftrag den Obmann in der Obmännerkonferenz der vereinigten deu schen Opposition, gegen die Anwendung der Obstruktion zur Be⸗ seitigung des österreichisch⸗ungarischen Ausgleichs auf parla

mentarischem Wege sowie dahin zu wirken, daß nach Vor⸗

nahme der Delegationswahlen die nöthigen Garantien be⸗ züglich der Anwendung des § 14 würden gegeben werden. „Das aus Anlaß der Aufhebung der Sprachenverordnungen veröffentlichte Manifest des Vertrauensmänner⸗Kolle⸗ giums der freisinnigen czechischen Nationalpartei führt aus: Die Aufhebung der Sprachenverordnungen be⸗ deute einen aggressiven Schlag, welcher dem czechischen Volke versetzt werde. Das Manifest protestiert gegen die Aufhebung der Sprachenverordnungen im Namen des sechs Millionen zählenden czechischen Volkes und erklärt: „Wir nehmen den uns ee egth aufgedrungenen Kampf auf, wir rufen das ganze czechische Volk zum entschiedensten Wider⸗ stande auf.“ Das ganze czechische Volk müsse auf dem Boden des Gesetzes mit den seinen moralischen Be⸗ strebungen entsprechenden Mitteln den Beweis führen, daß die Ehre des czechischen Volkes nicht weniger werth sei als die Ehre anderer Nationen. b Nachdruck seine Stimme erheben; man müsse der politischen Welt, den Freunden und Gegnern, beweisen, czechische Volk auf seinen unveräußerlichen und unver⸗ äußerten Rechten beharre. Mächtig und sahlreich seien die Gegner des czechischen Volkes, allein die Idee des Rechts und der Gerechtigkeit werde auch ihre Freunde und Verbündeten finden. Hand in Hand mit diesen Vertretern der Völker Oesterreichs, welche das gleiche Recht und die Autonomie der Königreiche und Länder in ihr Programm aufgenommen hätten, würden die czechischen Abgeordneten auch weiterhin auf der Wacht zur Wahrung ihrer bedrohten nationalen Interessen stehen. Die Vertreter des Fzechischen Volkes träten mit aller Entschlossenheit und em Willen in den ovppositionellen Kampf ein, in den Kampf um das Staatsrecht der böhmischen Krone. Das Manifest schließt mit der Aufforderung, alle Kräfte zum Schutz der Ehre und des Rechts des czechischen .

ahrung der werden, und daß endlich Friede unter den Nationalitäten des

Das czechische Volk müsse mit daß das

Volkes aufzubieten, bis der gerechten Sache der endliche Sieg zu theil geworden sein werde.

Von 19 durch die Eröffnung des Parlaments veranlaßten ozialdemokratischen Versammlungen, welche gestern in Wien abgehalten wurden und zahlreich besucht waren, wurden fünf, theils wegen heftiger Angriffe auf das zuruͤck⸗ etretene Ministerium, theils wegen scharfer Ausfälle in den zur Abstimmung gebrachten Resolutionen, aufgelöst.

In Prag durch og gestern Abend eine Menschenmenge, die anfangs aus 300 bis 400 jungen Leuten bestand, später aber durch Neugierige und Passanten auf etwa 4000 Köpfe anwuchs, singend und johlend die Straßen. Der Journalist Klofac und der Abgeordnete Baxa hielten Ansprachen, in denen sie zum Schluß die Menge zu ruhigem Auseinandergehen auf⸗ orderten. Ein Bursche warf einen Feuerwerkskörper unter he Menge. Die Polizei schritt ein und zerstreute die An⸗ sammlung. Zwei Polizisten wurden durch Steinwürfe ver⸗

letzt, zwei Personen wurden verhaftet.

Großbritannien und Irland.

Die außerordentliche Session des Parlaments ist gestern mit einer Thronrede eröffnet worden, in welcher, wie „W. T. B.“ meldet, ausgeführt wird, daß durch Ereignisse, welche die Interessen des Reichs aufs tiefste berührten, die Köͤnigin gezwungen sei, den Rath und die Hilfe des Parlaments anzurufen. Die Lage der Dinge in Süd⸗ Afrika lasse es zweckdienlich erscheinen, daß die Regierung in den Stand gesetzt werde, die militärischen Streitkräfte durch Einberufung von Reserven zu verstärken. Von den durch das Vorgehen der Südafrikanischen Republik verursachten Schwierig⸗ keiten abgesehen, sei die Weltlage fortdauernd friedlich. Maß⸗ nahmen, durch welche für die Ausgaben infolge der Ereignisse in Süd⸗Afrika Geea getroffen werde, würden dem Unterhause vorgelegt werden; Gesetzesvorlagen, betreffend innere Angelegen⸗ heiten, sollten bis zur nächsten ordentlichen Session zurückgestell werden.

Im Oberhause erklärte bei der Adreßdebatte Lord Kimberley: Was auch die Meinung der Liberalen über die Art der Führung der Verhandlungen sei, sie seien ebenso bereit wie die Regierungspartei, alle Maßnahmen zu unterstützen, welche die Regie⸗ rung zur Wahrung der Reichsinteressen treffe. Wenn darüber eine Frage bestanden habe, so sei diese durch das außer⸗ gewöhnliche Ultimatum Transvaals geloͤst worden. Die Re⸗ gierung habe die einzig mögliche Antwort darauf gegeben. Aber in der Geschichte der Verhandlungen gebe es Punkte, auf die man nicht mit Genugthuung sehen könne. Der Redner kritisierte sodann die Veröffentlichung bestimmter Depeschen und sprach sein Bedauern aus über den Ton der Reden des Staatssekretärs für die Kolonien Chamberlain, erkannte jedoch die Mäßigung und Ruhe in der letzten wichtigen britischen Depesche an. Lord Kimberley schloß, das Land werde einig sein bei der Gewährung jeglicher Unterstützung für die Regierung zur schnellen und erfolgreichen Beendigung des Kriegen. Der Premier⸗Minister Lord Salisbury erklärte, die Regierung von Transvaal habe etwas gethan, was durch keinerler Provokation von FSe. Großbritanniens ge⸗ rechtfertigt werden könne, wenn je Großbritannien sich eine solche hätte zu Schulden kommen lassen. Die Transvaal⸗Regierung habe eine tollkühne Herausforderung an Großbritannien gerichtet und die britische Regierung von der Nothwendigkeit befreit, dem Lande zu er⸗ klären, warum es sich im Kriegszustande befinde. Ob, falls die ö nicht erfolgt wäre, Großbritannien sich jetzt nicht im

iegszustande befinden würde, vermöge er nicht zu sagen. Denn es selen zwischen beiden Regierungen Streitpunkte von größter Bedeutung vorhanden, bei denen die britische Regie⸗ rung die Verpflichtung habe, zu einem Ziele zu gelangen, welches mit ihrer Pflicht gegenüber den britischen Staatsangehörigen und mit der Sicherung gleicher Rechte für alle weißen Rassen in Afrika ver⸗ einbar sei. Die Regierung habe perxinge Hoffnung auf einen besseren Ausgang gehabt, aber ganz sei die Hoffnung nicht aufgegeben ewesen. Jetzt indessen sei jede Frage, ob der Friede noch möglich ei, hinweggefegt durch die eine große Beleidigung, welche der Re⸗ gierung keinen anderen Weg übrig lasse. Lord Salisbury ver⸗ weilte hierauf mit Genugtbuung bei der Thatsache, daß, wenn die Lebensinteressen auf dem Spiel ständen, kein Parteiunterschied bestehe, und rechtfertigte die Art der Führung der Unterhandlungen mit Trans⸗ vaal mit den in Süd⸗Afrika herrschenden besonderen Verhältnissen. Der Premier⸗Minister schloß: Er glaube, der Wunsch, sich loszumachen von dem Worte Suzeränetät und der Realität, welche damit verknüpft sei, sei der Traum des Präsidenten Krüger während seines Lebens ge⸗ wesen, und das thatsächliche Geheimniß seiner Politik in den letzien Jahren sei, daß er gesehen, die Bevölkerung der Uitlander in Transvaal bilde in ihren Leiden einen Gegenstand des Interesses für Großbritannien, und 898 er die Unterdrückung der Uitlander als Schraube benutzt habe, um in Bezug auf die Suzeränetätsfrage Zugeständnisse zu erlangen. Wie Großbritannien in Süd⸗Afrika stehe, habe es die Vormacht daselbst und Verpflichtungen, welche von Konpentionen und von der Suzeränetätsfrage una dängig seien. Großbritannien könne die Suzeränetätsfrage nicht fallen lassen. Es seien lediglich Krüger’s eigenthümlicher Charakter und die Ideen, die er ver⸗ folge, schuld daran, daß der Augenblick gekommen sei, darüber zu entscheiden, ob Süd⸗Afrika in Zukunft unter holländische Herr⸗ schaft gerathen, oder ob die völlige Vorherrschaft des britischen Volkes aufgerichtet werden solle. Großbritannien könne nicht zu dem Stande der Dinge zurückkehren, wie er durch die Konvention von 1881 fest⸗ estelt worden sei. Es könne nicht gestatten, daß es wieder i die Lage gebracht werde, die es 18 Jahre ertragen habe. Mit Rücksicht auf die Zukunft müsse jeder Zweifel darüber beseitigt werden, daß die souveräne Macht Großbritannien die Vorherrschaft besitze, daß die weißen Rassen in gleiche Rechte eingesetzt würden, und Vorsorge dafür getroffen werde, daß die Eingeborenen freundlich behandelt würden. Auf diesen Dingen müsse für die Zukunft bestanden werden. Die Regierung habe darüber Klarheit zu schaffen, daß die Dinge, welche wesentlich seien für Groß⸗ britannsens Macht in Süd⸗Afrika, für ein gutes Regiment daselbst und für das Recht aller weißen Rassen, Angelegenheiten seien, welche die britische Regierung mit der vollen nterstat e aller Nationen ver⸗ folge und bis zu Ende verfolgen werde. Die Adresse wurde hierauf nach weiterer Debatte einstimmig angenommen. 8

Bei der Adreßdebatte im Unterhause erklärte Sir Henry Campbell Bannerman, das Haus sei nie unter ernsteren Um⸗ ständen zusammengetreten. Großbritannien trete in einen Krieg ein segen ein verwandtes christlich⸗protestantisches Volk. Die Verhand⸗

ungen mit Transvaal hätten mit einer Botschaft geendet, in welcher Forderungen in einer Sprache aufgestellt worden seien, welche keine Regierung eines Landes, das Selgstachtung besitze, auch nur in Er⸗ wägung ziehen könne. Die Grenzen zweier britischen Kolonien seien über⸗ schritten worden, die Feindseligkeiten hätten begonnen. Es sei volle Pflicht der Minister, des Parlaments und des Volks, einem lelchen ngeiff

iderstand entgegenzusetzen. Die Opposition wolle keine Hindernisse in den Weg legen bei Fewilligung der Mittel und Vollmachten zur Sicherung einer schnellen und wirksamen Kriegsführung. Er wolle im gegenwärtigen Augenblick das Vorgehen der Regierung keiner Kritik unterwerfen, er frage aber, warum die Unterhandlungen fehl⸗ geschlagen seien. Dies sei der Fall gewesen, weil die Regierung ein gewagtes Spiel gespielt und ohne Noth und ungeschickt die Suzeräne⸗ tätsfrage aufgerollt habe. Die angriffsweise Prmatsensenah von Truppen habe Verdacht erweckt, wfbrend die Diplomatie der Regte⸗ rung frreführend gewesen sei. Weshalb habe man damit gezögert, neue Vorschläge zu machen? Er wünsche die Versicherung, daß die Begierde, eine frühere militärische Niederlage zu rächen, und das nicht

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u weniger unwürdige Verlangen, die politische Herrschaft der Engländer .“ 111“ 8

über die Holländer im Kaplande zu be ründen, in der britischen Diplomatie keinen Platz habe. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour erwiderte: Sir Henry Campbell Bannerman habe im ersten Theil seiner Rede das gesagt, was das Land von einem Mann in seiner Stellung erwarten dürfe. Die Regierung habe gehofft, daß die hartnaͤckige Weigerung Transvaals, den Uitlandern die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch erheben könnten, nicht zum Kriege in Afrika führen werde. Sir Henry Campbell Banner⸗ man aber habe mehr denn angedeutet, daß der bedauerliche Abbruch der Verhandlungen nicht der verbrecherischen Hartnäckigkeit der Gesetz⸗ geber Transvaals, sondern nicht erwähnten Irrthümern der britischen Regierung zuzuschreiben sei. Die Behauptung, daß die Verzögerung der Vorlegung von Vorschlägen die Buren in den Krieg getrieben habe, sei mit der gesunden Vernunft nicht zu vereinen, und die Frage der Suteränetät sei von England nicht berührt worden, bis Transpaal behauptet habe, ein völlig unabhängiger Staat zu sein, eine Behauptung, die Großbritannien als ungerechtfertigt zurück⸗ gewiesen habe. Wo aber würde Großbritannien jetzt sein, wenn es keine Truppen abgeschickt hätte? Es sei Pflicht der Regierung ge⸗ wesen, für die Sicherheit des Reiches zu sorgen. Großbritannien habe, da die jetzige Regiecung vom Gewissen und von den Hilfsmitteln des Reiches getragen werde, selten einen Schritt gethan, dessen Erfolg deutlicher Rechtlichkeit und Freiheit sei. Dil lon brachte hierauf einen von Labouchdre unterstützten Abänderungsantrag ein, in welchen erklärt wird, daß der Kriegszustand durch die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Transvaals und durch die Zusammenziehung von Truppen veranlaßt worden sei; in dem Antrage wurde dann die Forderung gestellt, daß vor weiterem Blutvergießen in Ueberein⸗ g.e mit den Beschlüssen der Haager Friedenskonferenz der Versuch eines Schiedsspruches gemacht werde. Der Antrag wurde mit 322 gegen 54 Stimmen abgelehnt.

Der Prinz von Wales besichtigte gestern die am nächsten Sonnabend nach Süd⸗Afrika abgehenden Scots Guards; in seiner Begleitung befand sich der Großfürst Michael von Rußland. Der Prinz beglückwünschte den Kommandeur herzlich zu dem guten Aussehen des Bataillons und hielt eine kurze Ansprache an die Mannschaften.

Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain hat an den Londoner Korrespondenten der New Yorker „Tribune“ ein Schreiben gerichtet, in welchem er seinem Dank für die von amerikanischer Seite kundgegebene Anerkennung der Gerechtigkeit und Weisheit der britischen Politik gegenüber Transvaal Ausdruck giebt und die Beweggründe der britischen Einmischung in Transvaal in Parallele mit der Weigerung der Amerikaner, die Mißregierung der Spanier auf Cuba zu dulden, stellt.

Gestern Abend 7 Uhr gab das Kriegsamt bekannt, daß seit den Nachrichten vom Montag keine Meldungen von Wichtigkeit aus Süd⸗Afrika eingegangen sien.

Fraukreich. ö

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath unter⸗ zeichnete, dem „W. T. B.“ zufolge, der Präsident Loubet ein Dekret, betreffend die Reorganisierung der Regierung des französischen Gebietes von West⸗Afrika. Die gegenwärtig zum Sudan gehörenden Gebiete sollen fernerhin nicht mehr eine autonome Kolonie bilden, sondern dem Senegal⸗ gebiete, der Elfenbeinküste, Dahomey und Guinea an⸗ geschlossen werden. Der Minister der Kolonien Decrais machte Mittheilung von einem Telegramm des Leutnants

allier, welcher den Befehl über die Expedition Voulet übernommen hat. Die Depesche bestätige die Nachricht von der Ermordung des Obersten Klobb, meldet aber, daß Pallier den Leutnant Meynier bei fich aüsgenoemen habe, welcher seinen Wunden nicht erlegen sei, sich vielmehr auf dem Wege der Heilung befinde. Voulet und Chanoine ge⸗ hörten nicht mehr zu der Expedition, aber die Depesche gebe nicht an, was aus ihnen geworden sei. Die Expedition sei mit Lebensmitteln versehen und ihr Gesundheitszustand ein guter. Leutnant Pallier suche sich mit der Expedition Foureau⸗Lamy zu vereinigen, welche jetzt Air verlassen habe, um sich nach Damerghu zu begeben.

Niederlande.

Gemäß der in der Schlußakt der Haager Friedenskonferenz ausgesprochenen Befugniß hat, wie „W. T. B.“ aus dem Haag meldet, Oesterreich⸗Ungarn gestern im Ministerium des Auswärtigen alle in dieser Konferenz vereinbarten Kon⸗ ventionen nebst Erklärungen unterzeichnen lassen.

Afrika.

Nach einer Depesche des „Reuter’schen Bureaus“ aus Kimberley vom 16. d. M. gerieth ein Panzerzug, welcher zum Kundschafterdienst nach Spytfontein gefahren war, mit den Buren ins Gefecht. Die Artillerie der Buren feuerte gegen den Zug 13 Granaten, von denen aber keine traf. Der Zug rückte hierauf weiter vor und feuerte aus seinem Maxim⸗ geschütz; die Buren erwiderten mit heftigem Gewehrfeuer, doch trafen nur wenige Kugeln den Zug. Fünf Buren und zwei Pferde wurden getödtet, mehrere Buren verwundet; auf britischer Seite war kein Verlust zu verzeichnen.

In Kimberley und anderen britischen Ortschaften an der Grenze des Oranje⸗Freistaates ist das Kriegsrecht pro⸗ klamiert worden.

Dasselbe Bureau meldet aus Pretoria, daß der General Joubert sein Hauptquartier nach Charlestown (Patan verlegt habe. Dort sei ein Telegraphenamt für den Dienst mit Transvaal und eine Verbindung mit Laings Nek er⸗ öffnet worden.

13 In Pietermaritzburg ist eine Proklamation des niederländischen Konsuls amtlich bekannt gemacht worden, in welcher die niederländischen Unterthanen aufge⸗ fordert werden, sich neutral zu verhalten. b

Den „Daily News“ wird aus Kapstadt berichtet, daß die Proklamation des Gouverneurs der Kapkolonie gegen den Hochverrath die Gegenzeichnung des Premier⸗Ministers Schreiner trage, daß diese aber nur auf Drängen Sir Alfred Milner'’s erfolgt sei, welcher Schreiner die Demission als einzige Alternative gestellt habe.

Zur Arbeiterbewegung. 8

e Anzahl Leipziger Töpfergehilfen hat, der „Leipz. Ztg.“

nfelse aa⸗ nech Sehe Feubauten die Arbeit Se weil die geforderte Einsetzung von Fenstern in den Neubauten während der rauhen Jahreszeit nicht bewilligt worden ist. (Vergl. Nr. 185 d. Bl.) Infolge der letzten öffentlichen Schneiderversammlung in München legten, wie die „Münch. N. Nachr.“ berichten, die Arbeiter von 5 dortigen Firmen die Arbeit nieder. Diese Firmen hatten im Frühjahr den ihnen zugestellten Lohntarif unterzeschnet, aber nicht eingehalten. Daher gingen nunmehr die organisierten Gehilfen mit dem Arbeitgeberverband im Schneidergewerbe gemeinse gegen die⸗

selben vor. (Vergl. Nr. 169 d. Bl.)

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche unte Rindern ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt gemeldet worden vom Schlacht⸗Viehhofe zu Dresden am 16. Oktober, der Ausbruch de Maul⸗ und Klauenseuche vom Viehhofe zu Mü⸗ 7. Oktob

—.— 88 g

Wegen Auftretens des gelben Fiebers in New Orleans ist xegen Schiffe, die von dort nach dem 21. August d. J. abgefahren finc⸗ in Spanien durch eine Königliche Verordnung vom 2. Oktober d. J. strenge Quarantaͤne verhängt worden. Gleichzeitig sind die weniger als 165 km von jener Stadt entfernten Häfen, soweit sie nicht durch andere Bestimmungen als verseucht bezeichnet sind, für verdächtig erklärt.

Verdingungen im Auslande.

.“ Oesterreich⸗Ungarn.

21. Oktober, 12 Uhr. Direktion der K. K. priv. Kaiser⸗Ferdi⸗ nands⸗Nordbahn in Wien: Lieferung von 7500 Meterzentnern Petro⸗ leum und 2100 Meterzentnern Gasöl. Näheres bei der Betriebs⸗ Direktion Wien, Nordbahnstraße 50, und beim „Reichs⸗Anzeiger“

Spanien.

Bis zum 30. Oktober. Direccién General de obras püblicas, Ministerio de Fomento, Madrid: Eisenarbeiten an der Brücke von Monforte, auf dem Wege von Monforte nach Lolin (Proyinz Lugo). Angebote auf spanischem Stempelpapier. 57 957,96 Pesetas. Kaution (in baar oder öoͤffentlichen spanischen Papieren) 3000 Pesetas. Bedingungshefte, Pläne u. s. w. liegen im Ministerio de Fomento in Madrid und im Gobierno Civil in Lugo auf.

3. November. Establicimiento minero de Almadén: Liefe⸗ rung des Bedarfs für 1899—1900 an Geräthschaften, Eisenwerk⸗ zeugen u. s. w. Angebote (auf spanischem Stempelpapier) sind an die Direccién general de propiedades y derechos del Estado, Ministerio de Hacienda in Madrid oder an die Direccién de las minas de Almadén oder an die Delegaciên de Hacienda in Ciudad Real zu richten. Anschlag 29 238,65, Kaution (in baar oder öffentlichen spanischen Papieren) 1461,93 Pesetas. Bedingungen liegen in den Bureaux der obengenannten Behörden auf.

7. November. Direccién general de Administraciên, Mini- sterio de la Gobernacién, Madrid: Bau einer Markthalle in Cullera (Provinz Valencia). Angebote auf spanischem Stempelpapier an obige Behörde. Anschlag 131 168,69, Kaution (in baar oder öffentlichen spanischen Papieren) 6333,20 Pesetas.

Niederlande.

26. Oktober. Ministerium des Innern im Haag: Lieferung von Druckpapier für die Jahre 1900 und 1901.

31. Oktober, 2 Uhr. Gesellschaft zum Betriebe der Staats⸗ bahnen in Utrecht: Lieferung von Herzkeilen und Weichen⸗Stücken in

Gußstahl.

8

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 17. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Bayern“ 17. Okt., v. Bremen kommend, in Hongkong, „Kaiser Wilhelm der Große“, v. New York kommend, in Bremer⸗

haven angekommen.

18. Oktober. (W. T. B.) Dampfer „Werra“ 16. Okt. Reise v. Gibraltar n. Neapel fortges. „Barbarossa“, v. New YNork kommend, 17. Okt. a. d. Weser angek.; „Marxburg“, v. Brasilien kommend, Reise v. Oporto n. Bremen fortges.; „Dresden“, v. Balti⸗ more kommend, St. Catherines Point passiert; „König Albert“ Reise v. Genua n. Neapel fortgesetzt.

Hamburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Bulgaria“ 16. Oktbr. in New York angek.; „Patria“, v. Hamburg n. New York, v. Boulogne abgeg.; „Marko⸗ mannia“, v. Hamburg n. Westindien, in Hapre, „Sardinia“ 15. Oktbr. ing Newd Orleans, „Australia“ 16. Oktbr. in Tampico angek.; „Helene Rickmers“, v. Hamburg n. Montreal, „Arcadia“, v. Ham⸗ burg n. Boston und Philadelphia, Dover pass. „Adria“ 15. Oktbr. v. Baltimore n. Hamburg, „Scotia“ 14. Oktbr. v. Buenos Aires

n. Genua abgeg.

18. Oktober. (W. T. B.) Dampfer „Borkum“ 14. Okt. in Port of Spain angek. „Bolivia“ 16. Okt. v. St. Thomas über n. Hamburg, „Kaiser Friedrich“ 17. Okt. v. New York über

herbourg und Southampton n. Hamburg, „Graf Waldersee“, v. New York n. Hamburg, 18. Okt. v. Plymouth abgeg. „Deike Rickmers“, v. Philadelphta n. Hamburg, 17. Okt. Catharines Point pass. „Suevia“ 18. Okt. in Tsintau angek.; „Savoia“ v. Hongkong n. Singapore abgegangen. 1

London, 17. Oktober. (W. T. B.) Union⸗Linie. „Briton“ Dienstag auf Heimreise von Madeira abgegangen. 8

Castle⸗Linie. Dampfer „Norham Castle“ heute auf Heimreise in London, „Dunolly Castle“ Sonnabend in Durban (Natal) angek. „Doune Castle“ gestern auf Heimreise die Canarischen Inseln passiert.

Dampfer 6

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause findet morgen eine Aufführung von Richard Wagner'’'s Oper „Der fliegende Holländer“ in folgender Besetzung statt: Daland: Herr Mödlinger; Senta: Fräulein Hiedler; Erik: Herr Kraus; Mary: Frau Goetze; Steuermann: rr Lieban; Holländer: Hoffmann. Kapellmeister Dr. uck dirigiert. Am 31. Oktober findet aus Anlaß des 100. Todestages des Komponisten Carl Ditters von Dittersdorf eine Aufführung der komischen Oper „Doktor und Apotheker“ statt. In den Hauptrollen sind die Damen Herzog und Dietrich sowie die Herren Knüpfer, Möd⸗ linger, Philipp, Sommer und Lieban beschäftigt. Kapellmeister Schalk studiert das Werk ein.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Faust“, der Tragödie erster Theil, mit der zur Handlung gehörenden Musik von Anton Fürsten Radziwill und Joseph von Lindpaintner gegeben. Die Besetzung lautet: Faust: Herr Matkowsly; Mephistopheles: Herr Pohl; Wagner: Herr Heine; chüler: Herr Hertzer; Margarethe: Fräulein Lindner; Valentin: Herr Christians; Martha: Frau Schramm; Feosch⸗ Herr Winter; Altmeyer Hrr Keßler; Siebel: Herr Molenar; Brander: Herr Arndt;

rdgeist: Herr Nesper; böser Geist: Frau Stollberg. Seine Majestät der Kaiser und Koönig ließ nach der Aufführung des Trauerspiels „Die Jungfrau von Orleans“ am vergangenen Montag Fräulein Amanda Lindner Allerhöchstfeine besondere Anerkennung und Zufriedenheit für ihre Leistung in der Titelrolle aussprechen. Für Freitag, den 20. d. M., ist eine Aenderung des Repertoires nothwendig geworden, und zwar wird an Stelle von Hugo Lubliner’'s Lustspiel „Splitter und Balken“ Shakespeare's Tragödie „Julius Caesar“ Celcher. Die nächste Aufführung von Hugo Lubliner’s Lust⸗ 5 1 und Balken“ findet am Sonnabend, den 21. Ok⸗ tober, statt.

In der üngh im Neuen Königlichen Opern⸗Theater stattfindenden Wohlthätigkeitsaufführung zum Besten der durch die Ueberschwemmungen in Bayern Geschädigten wird Fräulein

revosti eine Arie aus der Oper „La perle du Brésil“ von Fölicien

avid singen. An Stelle des verhinderten Herrn Ferdinand Bonn, der den Vortrag des von Dr. Hans von Hopfen gedichteten scenischen Prologs übernommen hatte, ist der Königliche Schauspieler Herr Dr. Max Pohl in den Dienst der guten Sache 5 ie Proben zu der Volksscene „Dahoam am Tegernsee“ sowie zu dem Genrebild „Ein blauer Teufel“ sind unter Leitung des Direkrors Hofpauer, der auch die Titelrolle im letzteren Stück übernommen hat, in vollem Gange. Frau Rosa Sucher und Herr Ernst Kraus werden Lieder moderner Komponisten singen.