1899 / 248 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Oct 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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der Unter⸗Staatssekretär Dr.

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Sieemens hat durch zweckbewußte Versuche, unermüdliche Labo⸗ ratoriumsarbeit und unvergleichliche Thatkraft Telegraphen und Kabel zu ihrer Vollendung geführt, die Dynamomaschine erfunden, als noch keinersei genaue wissenschaftliche Grundlagen vorhanden waren, und auf diesem Wege die Wissenschaft gewaltig gefördert.

Diese Männer beleuchten den weiten, mühevollen, aber rubm⸗ vgc- Weg, der zwischen erster Idee und planmäßiger Ausfüh⸗ rung liegt.

Diese Pioniere der Technik bewiesen, wie weit die schaffende Technik der forschenden Naturwissenschaft oft vorauseilt, unter dem thatkräftigen Willen großer Männer, deren Lebensarbeit zeigt, welch' große Ergebnisse der freilich mühsame methodische Versuch gegenüber doktrinärer Spekulation zu Tage fördert.

Solche Männer sind die Väter der Wissenschaft. Sie schaffen kühn, thatkräftig vorangehend das Werk, oder wenn dies nicht gelingt, wenigstens Erfahrung und Einsicht, die Grundlage alles wissenschaft⸗ lichen Erkennens, häufig schon die wissenschaftliche Erkenntniß selbst.

Die schaffende Arbeit, mit wissenschaftlichem Geiste gepaart, ührt zum größten Erfolge; ihr verdankt die gemeinsame Mutter „Wissenschaft“ die größte Vertiefung. Den kühn vorangehenden

Männern mit dem Wahlspruch „allzeit voran“ verdanken wir die Grundlagen alles Erfolges. 8

Krupp und Siemens, diese echt germanischen Vorkämpfer viel⸗ gestaltigen Lebens, sind die Zeugen, daß das deutsche Volk nicht nur wie im vorigen Jahrhundert ein Volk der Denker blieb, sondern jetzt ein Volk des Schaffens fst. - b

Namens der Hochschule danke ich dem Verein deutscher Ingenieure, dem Verein deutscher Eisenhüttenleute und der nordwestlichen Gruppe deutscher Stahl⸗ und Eisenindustrieller nicht nur für ihre hochherzige Stiftung, sondern auch für die Förderung der erwähnten lebendigen Beziehungen zwischen Hochschule und indestriellem Schaffen.

Mit Stolz blicken wir auf diese großen Vorbilder deutschen Wirkeng und Könnens, die den Erfolg der deutschen Technik in die anze Welt getragen, Anerkennung des ganzen Auslandes erzwungen aben, nicht bloß zum Ruhme der Technik, sondern auch des ganzen Reichs, der ganzen Nation.

So übernehme ich denn namens der Königlichen Technischen Hoch⸗ schule zu Berlin mit dem Ausdruck des tiefgefühlten Dank 8 und auf⸗ richtiger Bewunderung für die hochherzige bedeutungsvolle Stiftung die Denkmäler in die Obhut der Hochschule: als sichtbare Zeichen der Größe eines Krupp und Siemens, ihnen zur Eht“, der Mit⸗ und Nachwelt zur Nacheiferung und Werthschätzung, der Hochschule als

begeisterndes Vorbild. Lebhafter Beifall lohnte den Redner. Ein Chor aus Haydn’'s

„Schöpfung“ schloß den offiziellen Akt.

Hierauf schritt der Geheime Kommerzienrath Krupp mit den Staats⸗Ministern an das seinem Vater gewidmete Denkmal heran und sprach namentlich dem Minister Studt seine leb⸗ hafte Freude über das wohlgelungene Standbild aus, an dem die nordwestliche Gruppe des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahl⸗ industrieller und der Württembergische, Dresdener und Chemnitzer Bezirksverein deutscher Ingenieure Kränze niederlegten; die letzt⸗ genannten drei Vereine und der Hamburger Bezirksverein widmeten auch Werner von Siemens Kränze.

Nachdem die Feier der Denkmalsenthüllung beendet war, ver⸗ ließen zunächst die Chargierten der Studentenschaft den Fistplatz, um im Lichthof Aufstellung zu nehmen. Der imposante Lichthof, die Stätte des Festaktes, bot in seinem auserlesenen Schmuck ein blendendes und doch überaus vornehm wirkendes Bild. Gegenüber dem Eingang standen zu Seiten der Kiß'schen Bronzestatue, die den König Friedrich Wilhelm III im antiken Gewande darstellt, die Büsten des Hochseligen Kaisers Wilhelm I. und Seiner Maj stät des regierenden Kaisers in einem reichen Flor exotischer Pflanzen. An der Ost⸗ wand erhob sich der Kaiserliche Thron, auf dessen goldenem Hintergrunde der Reichsadler prangte. Purpurne Gehänge wallten vom Thron⸗ himmel herab, über dem die Kaiserkrone inmitten herrlicher Palmen erstrahlte. Zu beiden Seiten des Thrones, vor üppigen Pflanzen⸗ gruppen nahmen die Mitglieder des studentischen Ausschusses als Ehrenwacht Aufstellung, während der Bannerträger der Hochschule mit dem großen Banner derselben sich gegenüber dem Throne vor der Bronzegestalt des Dämons des Dampfes aufstellte. Die Char⸗ jerten der studentischen Korporation reihten sich mit ihren Fahnen und Sere rechts und links an und umsäumten so das ganze Parterre des Lichthofes. Unmittelbar vor dem Thron waren die Plätze für die illustren Ehrengäste, rechts vom Thron saßen die Vertreter der fremden Hochschulen, die Plätze zur Linken waren für das Gefolge der Allerhöchsten Herrschaften bestimmt. Die Angehörigen der Hochschule selbst machten als Gastgeber von den Stühlen keinen Gebrauch. Den Damen

waren die Arkaden des ersten Stocks eingeräumt, deren Bogen mit goldbordierten

rothen Gehängen reich drapiert waren. Eine Loge war für die Damen der Regierungsvertreter reserviert. Die Studierenden sammelten sich in den Arkaden des zweiten Stocks, in deren Bogen die Farbenfahnen der Korporationen hingen; buschige Laubgewinde umrankten hier die Säulen und Balustraden. Von

entzückender Wirkung war die mit Lichtkörpern übersäete mächtige

Korbkrone, die von der Mitte der Decke herabhing. In den vier Ecken des gewaltigen Raumes aber erstrahlten in elektrischem Glanze große Sterne auf den langen, gold⸗ bordi rten rothen Velarien, die hier von der Decke herab⸗ hingen. Orangefarbene Gehänge und goldene Gewinde hoben noch die Pracht der schönen Ausschmückung. Während die gesammte Fest⸗

versammlung sofort im Lichthofe Platz nahm, verblieben der Minister

der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Studt sowie der Rektor mit dem

Prorektor Professor Göring, dem Vorsitzenden des Festausschusses, Gebheimen Regierungsrath Professor Rietschel und den Vorstehern der Abtheilungen in dem mit Laubaewächsen geschmückten Vestibül zum Empfange der Allerhöchsten Herrschaften.

Um 11 ½ Uhr rückte die von dem Garde⸗Pionier⸗Bataillon ge⸗

stellte Ehren⸗Kompagnie mit wehender Fahne und klingendem Spiel an und nahm auf dem Reitweg vor der Hochschule Aufstellung. Gleichzeitig bezogen

Unteroffiziere des 1. Eisenbahn⸗Regiments mit aufgepflanztem Seitengewehr den Ehrenposten am Throne. In⸗ wischen fanden sich weitere Ehrengäste ein: der Vize⸗Präsident es Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miguel, ie Staats⸗Minister Brefeld und von Goßler, der Minister des Königlichen Hauses von Wedel, der Staatssekretär von Podbielski, 8 von Bartsch mit dem Ministerial⸗ Direktor Dr. Kügler, der General⸗Direktor der Königlichen Museen Schöne, der Unter⸗Staatssekretär Fleck mit dem Ministerial⸗ irektor Schröder und den Ober⸗Baudirektoren Kummer und Hinckel⸗ eyn, der Ministerial⸗Direktor Grandke, die Generale von Strubberg, Stern, von der Planitz und Rothe und viele andere hohe Offziere, er Präsident des Reichs⸗Versicherungsamts Gäbel, der Polizei⸗ räsident von Windheim mit dem Geheimen Regierungsrath Fried⸗ heim, der Wirkliche Geheime Rath Wiebe u. A.

Um 11 ¾ Uhr verkündeten die Hochrufe der zu vielen Tausenden angesammelten Menge das Erscheinen Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Allerhöchstwelchen Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die 1e. Eitel. Friedrich, Adalbert, August Wilhelm und Oskar, sowie

eine Königliche Hoheit der Prinz Joachim Albrecht sich anschlossen. Seine Majestät der Kaiser hatte zu Ehren der Hochschule die Uniform der Eisenbahn⸗Brigade angelegt. Ein großes Gefolge begleitete die Aller⸗ höchsten Herrschaften, u. A. der Ober⸗Hof⸗ und Hausmarschall Graf zu Eulenburg, die Chefs des Militär⸗ und des Zivilkabinets und der Ober⸗Hofmeister Freiherr von Mirbach.

Seine Majestät der Kaiser schritt zunächst die Ehren⸗Kompagnie eb und begab Sich sodann nach der feierlichen Begrüßung mit Ihrer Majestät der Kaiserin und den Prinzen Söhnen sowie dem Gefolge unter Vorantritt der Chargierten des Ausschusses in die Festhalle. Der feierliche Akt, welchem Ihre Majestäten sowie

die ganze Festversammlung stebend beiwohnten, begann nach einem Fanfarengruß mit dem Musikstück „Niederländisches Dankgebet“. Inzwischen war der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Studt vorgetreten, um folgende Ansprache zu halten: Allerdurchlauchtigster Kaiser und König!

An dem heutigen festlichen Tage wendet sich der Blick rückwärts zu den bescheidenen Anfängen, aus denen der stolze Bau der Technischen Hochschule zu Berlin erwachsen ist. Hundert Jahre sind vergangen, seit⸗ dem auf Befehl König Friedrich Wilhelm's des Dritten in der alten Münze am Werderschen Markt die bis dahin mit der Akademie der Künste verbundene Bau⸗Akademie als selbständige Anstalt eröffnet worden ist. Zwei Jahrzehnte später folgte die Eröffnung der kleinen Technischen Schule in der Klosterstraße.

So unscheinbar diese beiden Neuschöpfungen ursprünglich waren, so bildeten sie doch den lebenskräftigen Ausgangspunkt für die große Institution der heutigen Technischen Hochschule. Bis zum Jahre 1879 haben beide Anstalten gesondert nebeneinander bestanden. Während die Bau⸗Akademie vornehmlich zur Ausbildung von Staats⸗ baubeamten bestimmt war, fiel der später den Namen Gewerbe⸗ inststut führenden und im Jahre 1866 zur Gewerbe⸗Akademie er⸗ Anstalt die Aufgabe der Vorbildung für das gewerbliche

eben zu.

Dieser ursprüngliche Gegensatz ist im Laufe der Jahrzehnte all⸗ mählich geschwunden. Die Anforderungen an die Vorbildung der Studierenden, der Gegenstand und die Methode des Unterrichts führten beide Anstalten mehr und mehr zusammen, und das in demselben Maße, als

beide infolge des Aufschwunges der technischen Wissenschaften Hochschul⸗

charakter nach dem Vorbilde der Un versitäten annahmen.

Die Vereinigung der beiden Akademien zu einer Technischen Hochschule war der e dieser Entwickelung. ET“ ist diese Vereinigung im Jahre 1879, räumlich erst im Jahre 1884 erfolgt, als die neue Hochschule die ihr bereitete großartige Heimstätte beziehen konnte. Die lange, an Erfolgen reiche Wirk⸗ samkeit, welche damit zum Abschluß kam, sichert den beiden Akade⸗ mien einen Ehrenplatz in der Geschichte des preußischen Bau⸗ und Gewerbewesens, dessen wissenschaftliche und künstlerische Entwickelung durch sie wesentlich gefördert und geboben worden ist.

Zwanzig Jahre sind seit der Vereinigung der beiden Akademien verflossen. In diesem verhältnißmäßig kurzen Zeitraume haben, nachdem durch die politische Einigung Dentschlands unter Kaiser Wil⸗ helm dem Großen der Boden für eine reiche Entfaltung aller Kräfte der Nation geschaffen war, die deutsche Technik und Industrie unter dem kraftvollen und fürsorglichen Schutze der Hohen⸗ zollern, dank der gewaltigen Fortschritte der Naturwissen⸗ schaften, einen bisher ungeahnten Aufschwung genommen. Die Technische Hochschule zu Berlin kann mit Srtolz auf den Antheil blicken, den sie an dieser Entwickelung gehabt hat. In treuer, uner⸗ müdlicher Arbeit, getragen von hoher vaterländischer Gesinnung, ist sie sich der Größe der ihr gestellten Aufgabe der Ausbildung der studierenden Jugend und der Pflege der technischen Wissenschaften und Künste allezeit bewußt gewesen. Reicher Segen ist von ihr aus⸗ gegangen. ure Majestät haben in voller Anerkennung der großen Bedeu⸗ tung, welche die Technik für den Staat und das gesammte wirthschaft⸗ liche Leben der Nation hat, der Entwickelung der auf den Technischen Hochschulen gepflegten exakten Wissenschaften fortgesetzt die nachdrück⸗ lichste Förderung zu theil werden lassen. Mehr als Worte dies zu thun vermögen, wird diese Werthschätzung durch Eurer Majestät Ent⸗ schluß bekundet, für den Osten der Monarchie in Danzig eine neue Technische Hochschule zu begründen.

Den heutigen Ehrentag der hiesigen Technischen Hochschule haben Eure Majestät durch reiche Beweise der Allerhöchsten Huld und An⸗ erkennung auszuzeichnen gerubt. Im Allerhöchsten Auftrage habe ich die Ehre, die an den Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten gerichteten Erlasse hier zu verkünden.

Der Allerhöchste Erlaß vom 11. Okrober d. J. gilt nicht bloß der hiesigen Technischen Hochschule, sondern auch den preußischen und ist für sie alle von weittragendster Bedeutung.

r lautet:

Auf den Bericht vom 6. d. M. will Ich den Technischen Hoch⸗ schulen in Anerkennung der wissenschaftlichen Bedeutung, welche sie in den letzten Jahrzehnten neben der Erfüllung ihrer praktischen Auf⸗ gaben erlangt haben, das Recht einräumen: 1) auf Grund der Diplomprüfung den Grad eines Diplom⸗Ingenieurs (ab⸗ gekürzte Schreibweise, und zwar in deutscher Schrift: Dipl.⸗Ing.) zu ertheilen, 2) Diplom⸗Ingenieure auf Grund einer weiteren Prüfung zu Doktor⸗Ingenieuren (abgekürzte Schreibweise, und zwar in deutscher Schrift: Dr.⸗Ing.) zu promovieren, und 3) die Würde eines Doktor⸗Ingenieurs auch Ehren halber als seltene Auszeichnung an Männer, die sich um die Förderung der technischen Wissenschaften hervorragende Verdienste erworben haben, nach Maßgabe der in der Promotions⸗Ordnung festzusetzenden Bedingungen zu verleihen.

Neues Palais, den 11. Oktober 1899.

Wilhelm R An den Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten. 1“

Durch einen Allerböchsten Erlaß von demselben Tage ist dem Rektor der Technischen Hochschule zu Berlin für seine amtlichen Be⸗ ziehungen der Titel „Magnificenz“ beigelegt worden. Der Allerhöchste Erlaß lautet:

Auf den Bericht vom 24 August d. J. will Ich dem Rektor der Technischen Hochschule zu Berlin für seine amtlichen Beziehungen den Titel „Magnificenz“ beilegen.

Neues Palais, den 11. Oktober 1899. e b

Wilhelm R.

An den Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten

Nachdem der Minister hierauf noch die Allerhöchsten Gnaden⸗ beweise bekannt gegeben hatte, schloß derselbe mit den Worten:

Die besten Glück, und Segenswünsche der Unterrichts verwaltung begleiten die Hochschule bei ihrem Eintritte in ein neues Jahrhundert.

Möge sie getreu den bewährten Ueberlieferungen, beseelt von patriotischem Sinne und rastlosem Vorwärtsstreben, in ihrem Lehr⸗ körper und in der studierenden Jugend sich allezeit erweisen als eine hervorragende Lehr⸗ und Pflanzstätte der technischen Wissenschaften zum Wohle und Ruhme des gesammten Vaterlaudes!

Die Rede erregte stürmischen Beifall. Als zweiter Redner nahm der Rektor, Geheime Regierungsrath, Professor Riedler das Wort:

Eure Kaiserlichen und Königlichen Majestäten!

„Die feierliche Stunde des - Ehrentages unserer Hochschule erhält ihre böchste Weihe durch die Anwesenheit Eurer Majestät. In nie versiegender Huld haben auch Ihre Majestät die Kaiserin und Königin uns die Gnade Allerhöchstihrer Theilnahme geschenkt und 1g 6 diese Feier einen nie verlöschenden weihevollen Glanz gebreitet.

Stürmischer denn je erhebt sich darum heute aus unseren Herzen das heißeste, ehrfurchtvollste Dankgefühl zu den Stufen des Thrones für so viele Zeichen Allerhöchster Huld und Gnade.

Von Anbeginn stand unsere Hochschule unter dem glorreichen Stern, unter dem maͤchtigen Schutze des Hohenzollernhauses.

Weise Voraussicht unseres erhabenen Stifters weiland Seiner Majestät König Friedrich Wilhelm III. hat vor einem Jahrhundert von der Kunstakademie die Bauakademie abgezweigt und ihr eine große Aufgabe überwiesen. .

Baukunst und Technik sollten fortan an gleicher Stätte gepflegt werden. So wurde ein Bund erneut, der seinen segensvollen Einfluß in der ruhmvollsten Zeit der Kunst bewährt hatte. Die Künstler der Renaissance kannten keine scharfen Grenzen zwischen dem künstlerischen und dem technischen Schaffen, ihre größten Meister waren auch Bahn⸗ brecher in technischen Wissenschaften.

Wenn die Folgezeit diese Gemeinschaft löste, so schied sie Schaffensgebiete, die sich in Wahrheit innig nahe stehen. Denn eine gestaltende, schöpferische Kunst ist auch die Arbeit des Ingenieurs,

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eine Kunst, beleht durch tiefeindringende Erkenntniß der Natur, besecht.

durch den Geist der Natur, die sie menschlicher Kultur dienstbar macht

Der Wende des Jahrbunderts giebt diese Kunst das Gepräge.

Am heutigen Ehrentage freuen wir uns des gewaltigen Fort. schritts der technischen Wissenschaften und ihres ungeheuren Einflusses auf das Kulturleben.

Dieser Fortschritt spiegelt sich ab in der Entwickelung unserer Hochschule. Ein einheitliches, unendlich ausbildungsfähiges Wissen⸗ schaftsgebäude ist geschaffen. Die Arbeitstheilung hat zur Gliederung in Abtheilungen geführt, sie alle bleiben aber in untrennbarem Zu. sammenhang. Alle Stämme wurzeln im gleichen gesunden Boden vülten⸗ 88. kräftigen Baum, fruchtbringend und aufs neue frucht⸗ verheißend.

Wohl geziemte es sich, die Entwickelung der technischen Wissen⸗ schaften zu schildern, die großen Kulturwirkungen der Technik zu kenn⸗ zeichnen, die Umgestaltung aller Lebens⸗ und Schaffeneverhältnisse, ihren gewaltigen Einfluß auf das geistige und auf das Wirthschaftsleben der Völker, ihren Zusammenhang mit dem Staat und seinen politischen Macht⸗ mitteln, mit jedem Gemeinwesen, mit Menschenthätigkeit und Menschen⸗ schicksal, den Einfluß umwälzender Erfindungen, die Entwickelung der Verkehrsmittel zu schildern; denn sie haben Völker trennende Gevirge durchbrochen, aus Ozeanen große Verkehrsstraßen geschaffen, sie haben Zeit und Raum verkürzt, sie haben aus weltfernen Völkern Nachbarn, aus dem Ortsbewußtsein das Weltbewußtsein entwickelt und eine Weltpolitik ermöglicht, in deren Zeitalter wir eingetreten sind.

Allein nicht solche Darstellung kann bei den unendlichen Ver⸗ zweigungen der Technik versucht werden. Nur Eines über den Ursprung unserer großen Entwickelung sei zu dieser Stunde aus.⸗ gesprochen!

Die Bestrebungen, aus denen die wissenschaftliche Technik hervor⸗ gegangen ist, waren große. Klein waren nur die Mittel und gering war das Verständniß, welches ihr durch lange Zeit entgegen⸗ gebracht wurde.

Miit Stolz blicken wir auf die großen Herrscher dieses Landes, die allezeit weit vorausschauend, also wahrhaft regierend, technische Bildung zu fördern bemüht waren.

Der Große Kurfürst hat schon 1667 in Tangermünde eine Lehr⸗ anstalt für alle Zweige der Technik zu gründen beabsichtigt. Eine Lehranstalt mit einem physikalischtechnischen, mit einem Maschinen⸗ und einem chemischen Laboratorium; eine Vereinigung, die erst in unseren Tagen gelang.

Der große Herrscher hat seinem Volke neue Bahnen im Lande und auf der Erde weisen wollen zu einer Zeit, als England noch keine Seemacht war, als Holländer und Dänen die Schifsbaumeister waren.

Mehr als zwei Jahrhunderte sind verflossen, bevor die welt⸗ umfassenden Gedanken des Großen Kurfürsten, die Bedeutung der Technik, die Zukunft auf der See, für die Weltstellung der Nation der Verwirklichung näher kamen.

Kurfürst Friedrich III. hat bei Gründung unserer Mutteranstalt eine „Akademie der Künste und der mechanischen Wissenschatten“ schaffen wollen, was erst durch die Bauakademie und durch die Tech⸗ nische Hochschule verwirklicht wurde.

Friedrich der Große hat ununterbrochen, auch inmitten des Waffenkampfes, seine Gedanken weitblickend den Hilfsquellen des Landes und ihrer Entfaltung gewidmet.

Der große König hat seinem Lande nicht bloß den gebührenden Platz unter den Staaten erkämpft, sondern auch die schlummernden 8 durch Förderung des Gewerbfleißes fruchtbringend entwickeln wollen.

Auch der große König fand keine Männer für die volle Verwirk⸗ lichung seiner Bestrebungen: seine „Gcole de génie et d'architece- ture“ verblieb in den kleinsten Anfängen, obwohl sie ihre Thärigkeit im Königlichen Schlosse selbst beginnen durfte. Erst ein Halbjabr⸗ hundert später hat Beuth bel der Gründung unserer Gewerbe⸗ Akademie die Fridericianischen Gedanken erfaßt und allmählich durchgeführt.

König Friedrich Wilhelm III. gründete inmitten einer schwer⸗ bewegten Zeit die Bauakademie. Es zeugt von hoher Einsicht, daß sie als Hochschule auf breiter wissenschaftlicher Basis geschaffen wurde, daß sie für die Staatsbedürfnisse bestimmt, aber den übrigen Kultur⸗ forderungen gleichzeitig Rechnung trug.

Kaiser Wilhelm der Große hat den Deutschen ein einiges Reich geschaffen, in diesem Reiche entfalteten sich ie Kräfte der Nation, die Jahrhunderte lang gebunden waren.

Technischen Hochschule, den unvergänglichen Markstein in unserer Ent⸗ wickelung.

Was wir Eurer Kaiserlichen Majestät für Allerhöchstihre Fördew.

rung der technischen Wissenschaften und der nationalen Arbeit zu

danken haben, für die unseren Bestrebungen in so reichem Maße ge⸗-

währte Allerhöchste Huld, für die Ehrung der Technischen Hochschulen im Staatswesen durch die Berufung ihrer Ver⸗ treter in das Herrenhaus, für die hohen Ehrungen am heutigen Tage, für das kulturgeschichtlich bedeutsame Aller⸗ höchst gewährte Promotionsrecht der Technischen Hochschulen: das läßt sich nicht in Worten ausdrücken. Alles würde matt erscheinen gegenüber den Gefühlen, die uns beseelen.

Mitt dankerfülltem Herzen bewundern wir in diesem Allerhöchsten Schutze die Glieder einer großen Kette weit ausschauender Thaten in Eurer Majestät unvergleichlichem Friedenswerk:

die Größe und das Ansehen der kampfbereiten und der friedlich 8 arbeitenden Nation zu sichern, und jede thatkräftige Arbeit für große

nationale und menschliche Ziele zu begeisterter Gefolgschaft anzuregen.

Kaiser Wilhelm der Große hat uns an dieser Stelle in feier⸗ licher Stunde, auf die Pracht dieses Hauses weisend, zugerufen: nicht auf den äußeren Schmuck, sondern auf den hier herrschenden Geist komme es an!

Zu dieser denkwürdigen Stunde geloben wir Eurer Kaiserlichen Majestät:

Hier soll der Geist herrschen, der alle Geistesbildung achtet, der Wissenschaft sucht und anwendet, die mit Praxis und Leben vereinigt, der thatkräftig mitarbeitet am Kulturwerk der Nation, an der Ent⸗ wicklung jedes produktiven Schaffens. Der Geist soll herrschen, der den ursprünglichen Sinn des Wortes réxvn als schöpferisches Gestalten, selbst als Wissenschaft des Schaffens zur That macht.

Hier soll der Geist des Forschens und Schaffens gelehrt werden, der schon auf dem eigenen Arbeitsfelde, in der Vertiefung der Natur⸗ erkenntniß idealen Lohn findet und der die Beziehungen zu jeder Geistes⸗ bildung und Kulturarbeit sucht und fördert.

Es soll der Geist edler Menschlichkeit gepflegt werden, der ins⸗ besondere bei Leitung organisierter Arbeit Menschen⸗ und Arbeitsschutz fördert, der in den Mitarbeitern vor allem Mitmenschen sieht und ihre Wohlfahrt durch die reichen Fülsamgttter der Technik hebt; im Sinne der erhabenen menschlichen Politik, die durch Kaiser Wilhelm den Großen als Vorbild für alle Welt eingeleitet wurde.

Zugleich soll dies der Geist der Achtung vor allem Nothwendigen sein, der Achtung vor den ewig unwandelbaren Naturgesetzen, vor der nothwendigen Welt⸗ und Staatsordnung.

„Dieser Geist soll in der Welt der Thatsachen wirken und sich niemals erfahrungsloser, unfruchtbarer Kritik zuwenden.

Dieser Geist soll stets mitarbeiten an der Macht des Landes, an seiner Wehrkraft, der hohen Schule der Ordnung und Pflichttreue, der Grundlage für das fruchtbringende friedliche Schaffen. 8

Wit Waffe und Werkzeug begannen die ersten Kulturanfänge; Menschengeist hat sie schaffen und führen gelehrt, durch sie wurde der Mensch Herrscher über hindernde Naturgewalten. V

Die höchste Kulturentwicklung, der wir entgegengehen, mit ihren reichen, vielgestaltigen Kulturmitteln ruht auf denselben Grundlagen, denn Kampf und Arbeit entsprechen unwandelbaren Naturgesetzen.

Schutz der Arbeit gegen jeden Feind, Schutz mit gepanzerter Faust und in der ganzen Welt! Dann erst blüht die werkthätig L.2. Se Arbeit, dann blüht die friedliche, fruchtbringende Kultur⸗ arbeit.

ge Seiner glorreichen Regterung danken wir die Vereinigung der getrennten technischen Akademien zur

Die beiden Denkmäler, welche heute enthüllt und unserer Hoch⸗ schule in Obbut gegeben wurden, die beiden großen Männer der That, der schaffenden Kraft, Bahnbrecher der wissenschaftlichen Technik mögen uns Sinnbilder solchen Strebens sein.

Diese neuen Bildnisse gesellen sich zu den hehren Künstlergestalten, welche unsere Hochschule seit Langem schmücken. Die Stätte der technischen Wissenschaften empfängt durch die Kunst die verschönende Weihe. Das mag bezeugen, daß die Technische Hochschule sich ihrer Herkunft aus der Kunst⸗ und Bau⸗Akademie freudig bewußt bleibt, und daß dieser treue Bund mit der Kunst immerdar bestehen wird.

Unser Volk mit scharfer Wehr, zum Schutze gegen jeden Feind, unser Volk in fruchtbringender wirtbschaftlicher Arbeit, mit den Kulturmitteln der wissenschaftlichen Technik, Waffe und Werkzeug felbstgeschmiedet, in höchster Vollendung, mit richtig führendem Geiste, mit gesundem idealem Sinn!

Das sei unser Ziel! Es führt zu einer allgemein zugänglichen hohen Kultur, die keinem Ansturm erliegt, zum Wohl einer edlen nationalen Kunst, es führt zum Wohl des Landes. Auf diesem Wege sind seine Herrscher längst ruhmvoll vorangegangen!

Mitarbeit zu solchem Zel, begeisterte Mitarbeit an Eurer Majestät großem nationalen und menschlichen Kulturwerk, das sei unsere That und diese That unser Dank.

Als der Rektor geendet, nahm Seine Majestät der Kaiser und König das Wort zu folgender Ansprache:

An dem heutigen festlichen Tage gedenke Ich lebhaft der Feier, durch die Mein in Gott ruhender Herr Großvater, des Kaisers Wilhelm des Großen Majestät, vor 15 Jahren diesem Hause die Weihe gegeben hat. Wenn der unvergeßliche Herrscher damals die Hoffnung aussprach, daß dem herrlichen Schmuck, welcher dem Bau im Innern wie im Aeußern zu theil geworden ist, das geistige Leben entsprechen werde, welches sich darin entwickeln solle, wenn Er im Besonderen dem Wunsch Ausdruck gab, daß diese Anstalt allezeit ruhmvoll ihre Aufgabe lösen und den ihr gebührenden Rang unter den Hochschulen behaupten möge, so kann Ich mit Genug⸗ thuung heute bezeugen, daß Seine Hoffnung und Sein Wunsch in der seit⸗ herigen Entwickelung dieser Anstalt, welche als Seine eigenste Schöpfung zu betrachten ist, sich glänzend erfüllt und diese, wie die Technischen Hochschulen überhaupt, sich ebenbürtig den obersten Bildungsstätten des Landes, unseren Universitäten, an die Seite gestellt haben. Es ist Mir üine besondere Freude gewesen, dies heute noch dadurch anerkennen zu können, daß Ich den Technischen Hochschulen das Recht zur Ver⸗ leihung besonderer, ihrer Eigenart entsprechender wissenschaftlicher Grade beigelegt habe. Daß durch die wissenschaftlichen Bestrebungen der Hochschulen der innige Zusammenhang mit der Praxis nicht beeinträchtigt werden darf und die Technischen Hochschulen bemüht sein werden, aus der anregenden Berührung mit dem Leben fortdauernd neue Kraft und Nahrung zu ziehen, dafür dienen als Wahrzeichen die Standbilder der beiden Männer, die fortan die Front dieses Hauses schmücken werden. So lange Sie die Erinnerung an diese Männer festhalten und ihrem Vorbilde nacheifern, wird die deutsche Technik im Wettkampf der Nationen allezeit ehrenvoll bestehen.

In dem Verhältniß der Technischen Hochschulen zu den anderen obersten Unterrichtsstätten aber giebt es keine Interessengegensätze und keinen anderen Eifer, als den, daß eine jede von ihnen und jedes Glied derselben an seinem Theile den Forderungen, die das Leben und die Wissenschaft stellen, voll gerecht werde, eingedenk der Goethe'schen Worte:

Gleich sei keiner dem andern, doch gleich sei jeder dem Höchsten!

Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich!

Bleiben die Technischen Hochschulen, welche in dem zu Ende gehenden Säkulum zu so schöner Blüthe sich entwickelt haben, dieser Mahnung getreu, so wird das kommende Jahrhundert sie wohl gerüstet finden, auch den Aufgaben gerecht zu werden, welche die fort⸗ schreitende kulturelle Entwickelung der Völker in immer steigendem Maße an die Technik stellt. Staunenerregend sind die Erfolge der Technik in unseren Tagen, aber sie waren nur dadurch möglich, daß der Schöpfer Himmels und der Erde den Menschen die Fähigkeit und das Streben verliehen hat, immer tiefer in die Ge⸗ heimnisse Seiner Schöpfung einzudringen und die Kräfte und die Gesetze der Natur immer mehr zu erkennen, um sie dem Wohle der Menschheit dienstbar zu machen. So führt, wie jede echte Wissenschaft, auch die Technik immer wieder zurück auf den Ursprung aller Dinge, den allmächtigen Schöpfer, und in demüthigem Danke müssen wir uns vor ihm beugen. Nur auf diesem Boden, auf dem auch der verewigte Kaiser Wilhelm der Große lebte und wirkte, kann auch das Streben unserer Wissen⸗ schaften von dauerndem Erfolge begleitet sein. Halten Sie, Lehrer und Lernende, daran fest, so wird Ihrer Arbeit Gottes Seten nicht fehlen. Dies ist Mein Wunsch, welcher die Anstalt in das neue Jahrhundert geleiten möge!

Die Worte Seiner Majestät des Kaisers wurden von der fest⸗ lichen Versammlung mit wachsender Begeisterung angehört, und wiederholt machte sich die dankbare Freude in lauten Beifallsrufen Luft. In den Augen der Betheiligten sah man den Stolz leuchten ob der

brung, die Seine Majestät der Kaiser der Technik in so reichem Maße hat zu theil werden lassen. Bewegt war auch die Stimme des Vorsitzenden des Ausschusses, Cand. rer. techn. Garnich, der als Letzter, wie folgt, das Wort nahm:

Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät naht sich in Ehr⸗ furcht die Studentenschaft der Technischen Hochschule und bittet Eure Majestät als den erhabenen Schirmberrn und unermüdlichen Förderer der technischen Wissenschaften ihre allerunterthänigste Huldigung ent⸗ gegenzunehmen.

Beseelt vom tiefsten Dank, wagen wir es in Eurer Majestät Gegenwart in deutschem Geist und deutscher Treue das Gelöbniß niederzulegen: In ernstem Fleiß und Streben uns allezeit der hohen

nadenbeweise unseres Herrschers würdig zu zeigen!

kreue geloben wir unserer issenschaft! Treue den hohen Idealen unseres Berufs! Treue bis in den Tod unserm Kaiser und König

und Seinem ganzen Königlichen Hause! Mit dem „Hallelujah“ von Händel schloß der denkwürdige Akt.

Nachdem Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit den Prinzen Söhnen noch die beiden Denkmäler besichtigt hatten, traten Allerhöchstdieselben unter dem Hurrah der Menge die Rückfahrt nach

dem Schlosse an.

Literatur.

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuche, gegeben von J. Biermann, ordentlichem Prof⸗ ssor der Rechte in Gießen, G. Frommhold, ordentlichem Professor der Rechte in Greifswald, C. Gareis, ordentlichem Professor der Rechte in Königsberg. E. Hubrich, Privatdo enten in Königsberg, A. Niedner, Landrichter in Meiningen, und P. Oertmann, Professor der Rechte in Berlin. II. Band: Das Recht der Schuldverhältnisse, von Professor Dr. P. Oertmann. Zweiter Theil (Schluß; geb. Preis 10,40 ℳ) V. Band: Das Erbrecht, von Professor Dr. G. Frommhold. Erster Theil (geh. Preis 360 ℳ). VI. Band: Das Einführungsgesetz, von Landrichter A. Niedner (geh. Preis 8 ℳ). Berlin, Karl Heymann’'s Verlag. Mitt erfreulicher Schnelligkeit sind der Biermann'schen Bearbeitung des Sachenrechts und dem ersten Theil von Oertmann's Kommentar zum Recht der Schuldverhältnisse der denselben zu Ende führende zweite Theil, die erste Häaͤlfte der Bearbeitung des Erbrechts und der Kommentar zum Einführungsgesetz, zur Zeit der einzige, in welchem dieses Gesetz eine erschöpfende Er⸗ läuterung erfährt, gefolgt. Die Methode der Behandlung ist die gleiche wie in den früher erschienenen Abtheilungen. Das Werk verbindet mit der Eigenschaft eines Kommentars die Vorzüge einer systematischen Bearbeitung und dient bei streng wissenschaftlicher An⸗ lage und Haltung unmittelbar der Praxis. Vor jedem Abschnitt finden sich gründliche systematische Erörterungen als „Vorbemerkungen“. Die Erläuterungen selbst aber, auf breiter wissenschaftlicher Grundlage be⸗ ruhend, sind sowohl wegen der durchsichtigen Form der Darstellung wie der dogmatisch juristischen Vertiefung, Klarhelt und Schärfe für das Studium und für die Praxis gleich bedeutsam

Kommentar zu den Nebengesetzen, herausgegeben von G. Bossert, Landgerichtsrath in Stuttgart, A. Engelmann, Oberlandesgerichtsrath in Breslau, A. Förster, Geheimem Ober⸗ Regierungsrath in Berlin, K. Lehmann, ordentlichem Professor der Rechte in Rostock, H. Oberneck, Rechtsanwalt, C. Predari, Kammergerichtsrath, B. Ring, Landgerichtsrath, R. Schultze⸗ Görlitz, Kammergerichtsrath in Berlin, und Th. Wolff, Ober⸗ landesgerichtsrath in Hamm. Das Handelsgesetzbuch. Von K. Lehmann und V. Ring. I. Theil, bearbeitet von K. Lehmann. 370 S. Berlin, Karl Heymann's Verlag. Geh. Preis 7 Diese Bearbeitung schließt sich in Anlage und Methode der Behandlung des Stoffes dem vorerwähnten Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuche an. In dem vorliegenden ersten Theil sind die Abschnitte des neuen Haadelsgesetzbuchs über Kaufleute, Handelsregister, Handelsfirma, Handelsbücher, Prokura und Handlungsvollmacht, Handlungsgehilfen und ⸗Lehrlinge, Handlungsagenten und Handels⸗ mäkler, sowie über die offene Handelsgesellschaft und die Kom⸗ manditgesellschaft eingehend erläutert. Für eine handelerechtliche Arbeit der Uebergangszeit ist es eine der wesentlichsten Aufgaben, das Verhältniß des neuen zu dem geltenden Rechte darzustellen. Der Verfasser hat hierbei einen praktischen Weg eingeschlagen: jedem Ab⸗ schnitt schickt er eine Uebersicht über die Abweichungen sowie die in Zukunft fortfallenden Bestimmungen voran. Dies erleichtert dem Kenner des bestehenden Rechts die Erfassung des neuen und erschwert nicht die eigentliche Kommentierung, welche nur neues Recht wieder⸗ giebt. Die umfangreiche Rechtsprechung zu den nicht geänderten Be⸗ stimmungen und die Literatur sind nicht unverwerthet gelassen, wenn sie auch neben der eigenen Rechtsentwickelung des Verfassers einen geringen Raum einnehmen. Besondere Aufmerksamkeit ist in dem Kommentar, für dessen Gründlichkeit und Brauchbarkeit der Name des Verfassers bürgt, dem Verhältniß des neuen Handelsrechts zu dem künftigen bürgerlichen Recht zugewandt.

Die neueste Nummer (2 des 21. Jahrgangs) des „Preußischen Verwaltungsblatts“ (Karl Heymann's Verlag, Berlin) enthält einen Aufsatz von dem Senator Dr. Gerland über die Einwirtung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf das preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850. Der Verfasser führt darin aus, daß die Bestim⸗ mungen der §§ 1, 4—7, 9 12, 14, 15 sowie 17 22 des Vereins⸗ gesetzes durch das Bürgerliche Gesetzbuch in keiner Weise beeinflußt werden, da sie sich vur auf das Versammlungsrecht beziehen; sie werden auch bezüglich der Versammlungen der nach dem Bürgerlichen Gesetbuch rechtsfähigen Vereine maßgebend bleiben, weil das Bürgerliche Gesetzbu keine einschlägigen Vorschriften enthält, natürlich aber nur insoweit, als es sich um Vereine handelt, die in das Gebiet des öffentlichen Rechts fallen. Ebenso werden die Bestimmungen der §§ 2, 3, 8, 13 und 16 des Vereinsgesetzes unter der erwähnten Beschränkung für rechtsfähige Vereine Geltung behalten. An den Bestimmungen des Vereinsgesetzes wird also nichts geändert; das Gesetz erhält aber eine wesentliche Ergänzung, da die Ortspolizeibehörde einer Reihe von Vereinen gegenüber dahin wirken kann, daß diesen der Vorzug der Rechtsfähigkeit nicht zu theil oder wieder entzogen wird. 1

Geschichte der italienischen Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, von Dr. Berthold Wiese und Professor Dr. Erasmo Porcopo. Mit 158 Abbildungen im Text, 31 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und seun Fäßang und 8 Faksimile⸗Beilagen. Leipzig und Wien, Bibliographisches In titut. In Halbleder gebunden 16 oder in 14 Lieferungen zu je 1 Diese bis auf die neueste Zeit fortgeführte Darstellung der Geschichte der italieni⸗ schen Literatur bildet ein neues Glied in der „Sammlung illustrierter Literaturgeschichten“, die der obengenannte Verlag unternommen hat, und dürfte einer nicht minder freundlichen Aufnahme begegnen, als die früher erschienene „Geschichte der englischen Literatur“ von Profe ssor Dr. Richard Wülker und die vor etwa Jahresfrist vollendete „Geschichte der deutschen Literatur“ von Professor Dr. Friedrich Vogt und Professor Dr. Max Koch. Denn wie diese beiden Werke, so vereinigt auch das vorliegende zwei Vorzüge, die man sonst nicht häufig bei einander findet: Gründlichkeit und Gediegenheit der wissenschaftlichen Forschung einerseits und eine elegante, für jeden Leser, gleichviel welcher Bil⸗ dungsstufe, durchaus verständliche und lebhaft fesselnde Darstellungs⸗ weise. So ist auch hierin ein Werk geschaffen worden, welches im Studierzimmer wie in der Hausbibliorhek seinen Platz beanspruchen kann, und das in seinen ꝛzahlreichen, das Verständniß des Textes unterstützenden, mit allen Mitteln der modernen Technik hergestellten Illustrationen zugleich einen künstlerischen Werth besitzt. Die andert⸗ halb Hundert Textbilder führen in huntem Wechsel Porträts, Schrift⸗ proben, Wohnstätten berühmter Dichter ꝛc. vor. Von den Tafeln seien einige der schönsten besonders genannt: zwei Blätter mit wundervoll abgetönten Farben begleiten die Würdigung von Dante's „Göttlicher Komödie“, zwei charakteristische Gruppen⸗ bilder gehören zu Petrarca's „Triumphen“; die Tafel „Rinaldo und Armida im Zaubergarten“ (zu Tasso) entfalret alle Farbenreize Annibale Caracci's; „Villa Ferrigni bei Neapel“ (zu Leopardi) ist ein ergreifendes landschaftliches Stimmungsbild. Von den schwarzen Tafeln verdienen namentlich die Porträts Alfieri's, Parini's und Leopardi's Hervorhebung, daneben „Die Tasso⸗Eichen in Rom“ und mehrere Handschrift⸗Faksimiles (von Tasso, Ariosto u. s. w.).

„Der Treppenwitz der Weltgeschichte“ von W. L. Hertslet. Fünfte Auflage. Berlin, Verlag der Haude und Spener'schen Buchbandlung (F. Weidling). Preis geb 4 Dieses bekannte Buch liegt nunmehr schon in fünfter Auflage vor. Der Verfasser desselben hatte sich die Aufgabe gestellt, die Sagen, Anekdoten, Aussprüche oder Sentenzen, mit denen das Leben der Helden der Geschichte aller Zeiten umkleidet worden ist, einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, und an der Hand istorischer Autoritäten aufzudecken, wie weit der „Treppenwitz der Welt⸗ geschichte“ sein Unwesen dabei getrieben, d. h. die Tradition die trockenen Zahlen, Namen und Ereignisse nachträglich verändert und aufgeputzt hat. Die Arbeit ist sehr gewissenhaft, stellenweise fast überkritisch durchgeführt und mit vielem Witz und Geist geschriehen. Das lehrreiche und unterhaltende Buch bildet eine vortreffliche Er⸗ gänzung zu Georg Büchmann'’s „Geflügelten Worten“, die in dem⸗ selben Verlage erschienen sind. Der neuen Auflage ist ein kurzer Lebensabriß des im porigen Jahre verstorbenen Verfassers

Viaggio a Roma. Sprachführer für Deutsche in Italien. Praktisches Handbuch der italtenischen Umgangssprache von Dr. Fassano in Rom. Fäünfte, verbesserte und vermehrte Auflage.

L X“

Berlin, Verlag von F. A. Herbig. Buch erfreute sich schon in den früheren Auflagen großer Verbreitung und Beliebtheit. In gedrungener Kürze bietet es alles für den münd⸗ lichen und schriftlichen Verkehr Nothwendige in so ausreichender Weise dar, daß es sich auch für Lehrzwecke bezw. zum Selbstunterricht eignet. v1 dankenswerth und praktisch sind die fortlaufenden An⸗ merkungen, italienischen Sitten und die Eigenthümlichkeiten der Sprache aufmerk⸗ 8 sam machen. Verfassers, Dr. Johann Cassan, Lehrer der italienischen Sprache an der Handelsschule in durchgesehen und durch Hinzufügung der Zahlwörter ergänzt worden.

Pr. 1 40 . Dieses kleine

welche, zur Vermeidung von Germanismen, auf die

Die vorliegende fünfte Auflage ist nach dem Tode des J. B. Dantone (Dr. Fassano), von dessen Neffen

Handel und Gewer

Konkurse im Auslande. Rumänien.

Anmeldung

Fallit. Forderungen

bis

Handelsgericht. Verifizierung

25. Oktober/ 9./21. Novbr. 6. Novbr.

30. Oktober/ 18./30. Novbr. 11. Novbr.

9./21. Oktober 21. Oktober /

2. Novbr. 13./25. Okt. 30. Oktober / 11./23. Okt.

Bukarest J. G. Fianu N. Niculescu Jon R. Doescu D. N. Posoiu

Mendel Ruder

Giurgiu

Campulung 11. Novpb lg r.

Rämnic⸗ 22. Oktober / Särat 3. Novbr.

M. Landmann, Galanteriewaarenhandlung in Jassy, Str. Stefan cel mare.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 14 887, nicht recht⸗ zeitig gestellt 760 Wagen. In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 6163, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8

Berlin, 18. Oktober. Marktpreise nach Ermittelungen des Köͤniglichen SHe (Höchste und niedrigste Preise.) Per Doppel⸗Ztr. für: Weizen 15,30 ℳ; 14,70 Roggen 15,30 ℳ; 14,00 eFuttergerste 14,40 ℳ; 12,80 Hafer, gute Sorte 15,20 ℳ; 14,50 Mittel⸗Sorte 14,40 ℳ; 13,70 ℳ; geringe Sorte 13,60 ℳ; 13,00 Ricchstroh 4,50 ℳ; 4,00 ℳ; Heu 7,20 ℳ; 4,00 »'eErbsen, gelbe, zum Kochen 40,00 ℳ; 25,00 **Speisebohnen, weiße 50,00 ℳ; 25,00 „sLinsen 70,00 ℳ; 30,00 Kartoffeln 7,00 ℳ; 4,00 ℳ%ℳ Rindfleisch von der Keule 1 kg 1,60 ℳ; 1,20 dito Bauchfleisch 1 kg 1,20 ℳ%; 1,00 Schweinefleisch 1 8 1,60 ℳ; 1,10 Kalbfleisch 1 kg 1,80 ℳ; 1,00 %ℳ Hammelfleisch 1 kg 1,60 ℳ; 1,00 Butter 1 kg 2,80 ℳ; 2,00 Eier 60 Stück 4, ; 2,80 Karpfen 1 kg 2,20 ℳ; 1,20 Aale 1 kg 2,8 ; 1,20 Zander 1 kg 2,60 ℳ; 1,20 Hechte 1 kg 2 ; 1,20 . 1 kg 1,80 ℳ; 0,80 Schleie 1 0 ℳ; 1,20 Bleie 1 kg 1,40 ℳ; 0,80 Krebse 60 Stück 12,00 ℳ; 2,50

* Ermittelt pro Tonne von der Zentralstelle der preußischen Land⸗ virthschaftskammern Notierungsstelle und umgerechnet vom Polizei⸗Präsidium für den Doppelzentner.

-⸗ Kleinhandelspreise.

Spiritusmarkt in Berlin am 18. Oktober. Spiritus loko

hne Faß mit 70 Abgabe wurde, der „Berl. Börs.⸗Ztg.“ zufolge, von den Kursmaklern mit 43,5 gehandelt. 8

China. Die dem fremden Handel gesffneten Häfen

und Anlegeplätze. Nach der Erwerbung von Hongkong durch England wurden in dem darauf geschlossenen Vertrag von Nanking vom 29. August 1842 die Häfen: Schanghai in der Provinz Kiangsu, Canton in der Provinz Kwangtung, Ningpo in der Provinz Tschekiang, sowie Futschou und Amoy in der Provinz Fokien dem fremden Handel geöffnet. Es folgte dann durch den Frieden von Tientsin vom 26. Juni 1858 die Eröffnung von Niu⸗ tschwang in der Mandschurei, Tschifu in Schantung, Swatou in Kwangtung, ferner auf Grund dieses Vertrags im Jahre 1860 die Eröffnung der am Yangtße gelegenen Plätze Hankou in Ipre Kiukiang in Kiangsi und Tschingkiang in Kiangsu, endlich auf Grund desselben Vertrags am 1. April 1876 die Eröffnung von Kiungtschou, Hafen Hoihou auf der Insel Hainan. Durch den am 27. Juni 1858 zwischen Frankreich und China abgeschlossenen Friedensvertrag wurde die Eröffnung von Nanking in Kiangsu bedungen mit der Maßgabe, daß die Auflassung zu einem späteren Zeitpunkt geschehen solle, da die Stadt damals in den Händen der Rebellen war. Nanking ist, da kein weiterer Druck auf China aus⸗ geübt wurde, erst am 1. Mai d. J. durch Kaiserliches Edikt für den fremden Handel geöffnet worden. Durch den Vertrag zwischen England und China, d. d. Peking, den 24. Oktober 1860, wurde der Hafen von Tientsin, Provinz Tschili, dem fremden Handel geöffnet. Die Tschifu⸗Konvention vom 13. September 1876 bestimmte in Sektion III Nr. 1, daß Schang in Hupei, Wuhu in Anhui, Wönntschou in Tschekiang und Pakhoi in Kwangtung als Ver⸗ tragshäfen betrachtet werden sollten. Es wurden ferner die Hafenorte Tatung und Nganking in Anhui, Mukou in Kiangsi, Wusüeh, Lutschikou in Hupei als sogenanannte Anlegeplätze Ports of call freigegeben. Nach dem Friedensschlusse zwischen Frankreich und China im Jahre 1885 wurde durch Vertrag vom 27. Juni 1887 Lungtschou in Kwangsi, sowie Mengtße und Manhao in Yunnan für den fremden Handel geöffnet. Ein Zusatzvertrag zu der Tschifu⸗ Konvention zwischen England und China vom 31. März 1890 er⸗ öffnete Tschungking in Sptschwan. Auf Grund der am 17. März 1890 in Kalkutta zwischen England und China geschlossenen so⸗ genannten Sikkim⸗Tibet⸗Konvention wurde Vatung in Tibet am 1. Mai 1894 geöffget. Die ersten 5 Jahre durften von dem dort errichteten Zollamt keine Zölle erhoben werden. Im Frieden von Schimonoseki vom 17. April 1895 setzte Japan die Eröffnung von Schafi (Schascht) in Hupei, Sutschou in Kiangsu und Hankou in Tschekiang durch. Am 20. Juni 1895 schloß Frankresch eine Zusatzvertrag zu dem Vertrag vom 26. Juli 1887, auf Grund dessen die Eröffnung von Szemao in Punnan erfolgte und, an Stelle de 1887 eröffneten Manhao, Mokou trat. Englands Bemühungen den großen Westfluß dem fremden Handel zu erschließen, haben ihren vorläufigen Abschluß durch die Burma⸗Konvention vom 4. Februar 1897 gefunden, nach der die Orte Wutschou in Kwangsi un Samschui in Kwangtung aufgelassen wurden Kongmun, Kom⸗ tschuck, Schinghing und Takhing in Kwangtung sind als An⸗ legeplätze freigegeben. Durch Kaiserliches Edikt vom 26. Mär 1898 wurden eröffnet: Wusung, der Vorhafen von Schanahai, Funing mit dem Hafen Santuao in Fukien, YPotschou in Hunan und Tschingwangtao in Tschili; durch Edikt vom 30. Januar 1899 ist endlich Kanningfu in Kwangsi freigegeben worden. Bezüglich Wusungs ist zu bemerken, daß dieser Platz im deutschen Vertrage von Peking vom 31. März 1881 aufgeführt ist, und zwar als Kalea, und Ladeplatz für deutsche Schiffe. Dieser letzte Vertrag zählt Artikel 1 die seit 1861 geöffneten Häfen noy einmal im Zusammen⸗ hbange auf, während dee Preußilche üene. vom 2. September 1861 in Artikel 6 die bis dahin geöffneten Häfen zasemmenstellt Nach