enüeemnnneenenmenen
inisterium für Handel und Gewerbe. Den Königlichen Baugewerkschul⸗Direktoren, Baurath . Bretischneider und Clauß sind die Stellen der irektoren der Königlichen Baugewerkschulen in Hörxter, Nienburg a. W. und Deutsch⸗Krone übertragen worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Der bisherige Lehrer am Senckenberg'schen Institut zu Frankfurt a. M., Professor Dr. Walter König ist zum
außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der
Universität zu Greifswald und
der bisherige Privatdozent Dr. Alois Meister zu Bonn zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Akademie zu Münster i. W. ernannt worden.
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8 11141“
Preußen. Berlin, 20. Oktober.
In der am 19. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ isters, Staatssekretärs des Innern Dr. Grafen von Posadowsky⸗Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des
Bun desraths wurden den zusändigen Ausschüssen über⸗
wiesen: die Beschlüsse des Landesausschusses zu den Gesetzentwürfen für Elsaß⸗Lothringen wegen Ausfüh⸗ rung der Grundbuchordnung vom 24. März 1897, wegen Ausführung des Reichsgesetzes über Angelegen⸗ heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, über die Aus⸗
führung der Zivilprozeßordnung und der Konkursordnung
owie das Rechtsmittel der Kassation, wegen Ausführung des Reichsgesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangs⸗ erwaltung, — die Uebersicht der Reichsausgaben und ⸗Ein⸗ nahmen für das Rechnungsjahr 18983, — die Vorlage
wegen Abänderung der Vorschriften über die Einrichtung
er Quittungskarten für die Invaliditäts⸗ und Alters⸗ ersicherung, — sowie der Entwurf eines Gesetzes wegen Ab⸗ nderung der Münzgesetze. Die Zustimmung wurde ertheilt: een Ausschußanträgen, betreffend die Verwendung der Brenn⸗ tteuerüberschüsse, betreffend den Zollverwaltungskosten⸗Etat der eien und Hansestadt Hamburg, betreffend den Zoll⸗ und Salzsteuerverwaltungskosten⸗Etat für Mecklenburg⸗Schwerin, ie mehreren anderen Ausschußanträgen in Zoll⸗ und Steuerangelegenheiten, — der Vorlage wegen Aufnahme der Anlagen sr Herstellung von Zündschnüren und elektrischen ündern in das Verzeichniß der genehmigungspflichtigen ge⸗ erblichen Anlagen, — und dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗ othringen über das Hinterlegungswesen und die Staatsdepositen⸗ Verwaltung in der Fassung der Beschlüsse des Landes⸗Aus⸗ chusses. Außerdem wurde über die Seiner Majestät dem kaiser zu unterbreitenden Vorschläge wegen Besetzung von tellen bei den Disziplinarbehörden, über die Bewilligung von uhegehältern an Reichsbeamte und über Eingaben Beschluß 16“ . ““ 8
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Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Frank Cavendish Lascelles 8 Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Erste Botschafts⸗Sekretär Viscount Gough als Geschäftsträger.
Der Regierungsrath von Bötticher zu Merseburg ist der Königlichen Regierung zu Hannover und der z. Zt. be⸗ urlaubte Regierungsrath Kolb der Königlichen Regierung zu v. ggic zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Dem Landrath von Fidler in Schleswig ist die kom⸗ missarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Saar⸗ brücken, Regierungsbezirk Trier, und dem Regierungs⸗Assessor von Minckwitz in Helgoland die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Ost⸗Sternberg, Regierungsbezirk Frankfurt a. O., übertragen worden.
Der Regierungs⸗Assessor Kuntze zu Rüdesheim ist der Königlichen Regierung zu Merseburg zur weiteren dienstlichen Verwendung “ worden.
Der Regierungs⸗Assessor Dr. Gewiese zu Liegnitz ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Lyck, Regierungsbezirk Gumbinnen, und der Regierungs⸗Assessor Eckelberg, zur Zeit in Berlin, dem Landrath des Kreises Bersenbrück, Regierungs⸗ bezirk Osnabrück, zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
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Laut Mittheilung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Deutsch⸗ land“, Kommandant: Kapitän zur See Müller, mit dem Chef des Kreuzergeschwaders, Kontre⸗Admiral Prinzen Heinrich von Preußen, Königliche Hoheit, an Bord, und S. M. S. „Kaiserin Augusta“, Kommandant: Kapitän zur See Gülich, gestern in Woosung eingetroffen.
S. M. S. Kbt. „Iltis“, Kommandant: Korvetten⸗ Kapitän Lans, ist gestern in Shanghai eingetrofg ne).
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5 e“ 8.
Hessen. Seine Majestät der König von Griechenland traf,
wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, gestern Vormittag in Schloß
Wolfsgarten ein und setzte am Nachmittag die Reise fort. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Ihre Kaiserliche und Königliche Fehalt die Herzogin
ist mit Ihrer Königlichen Hoheit der
8 22b Beatrice gestern von Rußland nach Coburg zurückgeke
hrt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski hat sich gestern von Wien für einige Tage nach Galizien begeben.
Den Wiener Blättern zufolge hat der Abg. Dr. von Ferjancic auf die Wiederwahl zum Vize⸗Präsidenten des Abgeordnetenhauses verzichtet.
Aus Troppau wird berichtet, die Handelskammer habe in ihrer gestrigen Plenarsitzung einstimmig beschlossen, den Vorsitzenden des Ministerrathes Grafen Clary ver⸗ trauensvoll zu begrüßen und ihm ein gutes Gelingen seiner Mission zu wünschen.
Die Polizei⸗Direktion von Prag hat gestern eine Kundmachung erlassen, welche vor weiteren Ausschreitungen warnt und erklärt, mit allen, selbst den schärfsten Mitteln für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung einschreiten zu wollen. Die öffentlichen Lokale und die Hausthore müssen, sobald die Behörde bei der Räumung der Straßen dies ver⸗ langt, geschlossen werden. Im Ganzen wurden 25 Sicher⸗ von Steinen getroffen. Bisher sind 14 Per⸗ onen verhaftet worden.
Wie „W. T. B.“ meldet, fand gestern Abend in Prag wieder ein lebhafter Verkehr auf dem Wenzelplatz statt, welcher hauptsächlich durch das Herbeiströmen von Passanten und Neugierigen veranlaßt war. Zu bedeutenden Ausschreitungen kam es nicht. Die Polizei hatte umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen und duldete keine Ansammlungen. In den Straßen ober⸗ halb des Wenzelplatzes wurden acht Verhaftungen vorge⸗ nommen. Unter den Verhafteten befanden sich zwei junge Burschen, welche Knallerbsen vor der berittenen Sicherheits⸗ wache herwarfen. Um 10 Uhr Abends herrschte überall voll⸗ kommene Ruhe. In die Vorstadt Königliche Weinberge ist ein halbes Bataillon Infanterie beordert worden.
Nach amtlichen Mittheilungen wurden in Böhmen Demonstrationen aus folgenden Städten gemeldet: Gitschin, Jung⸗Bunzlau, Czaslau, Kuttenberg, Neustadt a. D., Moldau, Rakonicz, Laun, Strakonitz und Neu⸗Strakonitz. In Laun nahmen die Demonstrationen den Charakter antisemitischer Excesse an. Es wurden bei mehreren israelitischen Familien die Fensterscheiben eingeschlagen. Zur Wiederherstellung und Aufrechterhältung der Ordnung wurden sofort 25 Mann Gendarmerie dorthin beordert. Aus Strakonitz und Neu⸗ Strakonitz wird gemeldet, daß während der Demonstrationen die Reichsadler und Aufschriften auf den Briefkästen besudelt worden seien.
In Brünn eingetroffenen Berichten zufolge haben am Mittwoch, bez. am Dienstag in Prerau, Proßnitz, Trebitsch, Boskowitz und Kojetein Kundgebungen stattgefunden. In Prerau zog am 17. d. M. nach dem Schluß einer Versammlung eine Menschenmenge unter Absingen czechischer Lieder durch die Straßen. Da die Menge der Aufforderung, auseinanderzugehen, keine Folge leistete und sich auch das Einschreiten der Gendarmerie als nicht zureichend erwies, rückte Kavallerie vor. Aus dem Publikum wurden gegen die Pferde Knallkapseln geschleudert, deren Explosion zur Folge hatte, daß die Pferde in die Menge sprengten, wobei einige Personen zu Boden geworfen wurden. Drei Personen wurden leicht verletzt, eine Person von einem Dragoner, gegen welchen einer aus der Menge Steine geworfen hatte, durch einen Sabelhieb schwer verwundet. Auf Befehl des Bezirkshauptmanns zog sich die Kavallerie zurück. Die Menge begab sich sodann trupp⸗ weise auf den Stadtplatz und auf den Zierotinplatz, wo die Fenster der von Jsraeliten bewohnten Häuser zertrümmert wurden. Der Bürgermeister erließ gestern eine Kundmachung, in der vor Ausschreitungen gewarnt wird.
In der Finanzkommission des ungarischen Unter⸗ hauses gelangte der Staatsvoranschlag für 1900 zur Ver⸗ handlung. Es wurde beschlossen, die Einstellung der Beträge für die gemeinsamen Ausgaben bis zu deren Feststellung durch die Delegationen in der Schwebe zu lassen. Auf eine bezüg⸗ liche Anfrage des Abg. Barta erwiderte der Minister⸗Präsi⸗ dent von Szell, die gemeinsamen Ausgaben wiesen keine so roße Steigerung auf, daß das Gleichgewicht des Staats⸗ haushalts gefährdet seix. 8 18
11““ Großbritannien und Irland.
Im Oberhause verlas gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, der Premier⸗Minister Lord Salisbury die Königliche Bot⸗ schaft, betreffend die Einberufung der Miliz, und beantragte die Ueberreichung einer Adresse an die Königin, in welcher der Dank des Hauses für die Botschaft anggesdtochen wird. Die Adresse wurde angenommen; sodann vertagte si das Haus bis zum nächsten Donnerstag.
Im Verlauf der gestrigen Sitzung des Unterhauses richteke Mac Neil an die Regierung die Frage, ob das Verhalten des Ministers Schreiner und der übrigen Mitglieder der Kap⸗Regierung zur Zeit untersucht werde und ob es dem Gouverneur Sir Alfred Milner werde gestattet werden, das Kabinet zu entlassen, die gesetz⸗ gebende Versammlung aufzulösen und zu erklären, daß er für die jetzige Zeit allein die staatliche Autorität vertrete. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour entgegnete, die Anfrage scheine sich auf Zeitungs⸗ berichte zu stützen, welche, soweit die Regicrung unterrichtet ser unbegründet seien. Im weiteren Fortgange seiner Ausführungen hob Balfour hervor, daß die. gegenwärtige Session beider Häuser als eine vollständig abgeschlossene werde angesehen werden. Sodann stellte Seton Karr die Frage, wie sich die Regierung gegen die irischen Mit⸗ glieder des Hauses zu verhalten gedenke, die in Reden und in Briefen die Resolution der Dubliner Versammlung vom 1. Oktober unterstützt hätten, welche für die Sache der Buren ein⸗ getreten sei. Redmond bemerkte, daß bei der Anregung, an den * Präsidenten Krüger eine Sympathieadresse zu richten, ein von dem Enkel der Königin, dem Deutschen Kaiser, ge⸗ schaffener Präcedenzfall befolgt worden sei. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour entgegnete, er habe bisher nicht gewußt, daß Redmond sich ein so erhabenes Vorbild genommen habe, aber es beständen doch Unterschiede zwischen ihm und dem Deutschen Kaiser. Zu diesen Unterschieden gehöre namentlich der, daß der Deutsche Kaiser nicht britischer Unterthan und nicht Mitglied des englischen Parlaments sei. Was die Anfrage Seton Karr's betreffe, so sei eine Uaterstützung ähnlichen Charakters regelmäßig aus denselben irischen Kreisen denjenigen geboten worden, welche der britischen Regierung in feindlicher Aktion gegenüber gestanden hätten. Es sei kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß diese Unterstützung von denjenigen, denen sie erwiesen, als bedeutsam angesehen worden sei, und das Haus möge die Sache von demselben Standpunkt aus betrachten. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlatn führte hierauf aus, die Haltung der Opposition vor dem Zu⸗ sammentritt des Parlaments sei darauf berechnet gewesen, den Widerstand des Präsidenten Krüger zu ermuthigen und die Ausübung der schwierigsten und kritischsten Funktionen der Regierung in Frage zu stellen. Der Antrag Stanhope's gebe Gelegenheit zur Diskussion; er heiße die anständige Kritik willkommen, aber könne denn diese Bezeichnung auf die Rede Stanhope’s vom Tage zuvor an⸗ gewendet werden? Stanhope unterbrach hier den Redner mit der Bemerkung, Chamberlain habe seine Kritik als unanständig
bezeichnet, dürfe denn ein solcher Ausdruck gegenüber Mitgliedern des Hauses überhaupt Anwendung finden? Die Mittglieder der Opposition drückten Stanhope laut ihre Sympathie aus. Der Sprecher nahm das Wort und erklärte, die hier geführte Sprache verstoße gegen die Gebräuche des Hauses. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain erklärte sodann, er nehme alles zurüch was der Geschäftsordnung des Hausez nicht entspreche; was aber die Forderung Stanhope'’s betreffe, Hawkley's Brief vorzulegen, so sei er nicht geneigt, seinem hämischen Verlangen zu entsprechen. Vielleicht werde diese seine Weigerung eine Fortsetzung dieses Feld⸗ zuges der Verleumdung verursachen. Stanhope glaube, Wunder was gefunden zu haben, er wolle ihm aber keine Freude bereiten. Wenn Campbell Bannerman oder Sir William Vernon nach dem Briefe gefragt hätten, so würde er den Brief gezeigt haben. Diese beiden Herren seien nicht nur ehrenwerthe Mitglieder des Hauses, sondern auch Ehrenmänner. Stanhope erhob sich wiederum und führte Beschwerde, daß Chamberlain, der Geschäftsführung des Sprechers zum Trotz, fort⸗ gefahren habe, ihm, Stanhope, unehrenhaftes Verhalten zuzuschreiben. Der Sprecher entgegnete, er könne dies in den letzten Worten Chamberlain's nicht finden. Chamberlain fuhr fort: Es sei abgeschmackt, von ihm zu verlangen, daß er die „Südafrikanische Liga“ desavouiere, eine Vereinigung, mit der die RFesnag nicht das Mindeste zu thun habe, deren Hauptziel aber unzweifelhaft mit dem der Regierung identisch sei. Was Cecil Rhodes anbetreffe, so habe er, Chamberlain, seit Jameson’s Zug weder direkten noch indirekten Verkehr über Angelegenheiten, welche die Südafrikanische Republik beträfen, mit Rhodes gehabt. Er habe mit Letzterem über die Eisenbahn vom Kap bis Kairo und über die Fortschritte in Rhodesia Besprechungen gehabt, aber nie den jetzt behandelten Gegenstand berührt. Rhodes habe sich, obwohl er doch ein Millionär sei, nach Kim⸗ berley in Gefahr begeben. „Angesichts der jüngsten Er⸗ eignisse und der Reden Krüger's bin ich zu dem Schlusse gekommen, daß der Krieg immer unvermeidlich gewesen ist, ein Schluß, zu dem ich erst kürzlich und mit Widerstreben gekommen bin. Ich habe auf Frieden gehofft und dafür gestrebt und bis in die jüngste Zeit geglaubt, daß die Erhaltung des Friedens möglich sei. Lassen Sie uns die Sache in dem Lichte betrachten, in dem sie sich uns nun darstellt. Es war stets unser fester Entschluß, den britischen Staats⸗ angehörigen gerechte Behandlung und Großbritannien seine Stellung als Vormacht in jenen Gebieten zu sichern. Wenn wir unsere Existenz als Großmacht in Süd⸗Afrika erhalten wollen, müssen wir darauf sehen, daß wir jederzeit willens und im stande sind, die britischen Staatsangehörigen zu schützen, wo immer sie unter Ungerechtigkeit oder Unterdrückuug zu leiden haben. Groß⸗ britannien muß die Vormacht in Süd⸗Afrika bleiben, dabei meine ich nicht die deutschen und portugtesischen Besitzungen, sondern die beiden Republiken und die englischen Kolonien. An diesen Haupt⸗ prinzipien festzuhalten, ist Jedermann auf beiden Seiten des Hauses entschlossen. Der Friede Süd⸗Afrikas hing da⸗ von ab, daß wir die Verantwortung für die inferiore Stellung übernähmen, in welche die 23. in Transvaal die britischen Staatsangehörigen bringen wollte. In welcher Lage würden wir gewesen sein, wenn wir uns dieser Unterordnung gefügt hätten!“ Der Krieg werde die Rassengegensätze in Süd⸗Afrika, welche auf der gegenseitigen Mißachtung beruhten, nicht noch mehr verschärfen können. Friede werde aber nicht eher eintreten, als bis die weißen Rassen gelernt hätten, er wolle nicht sagen, einander zu lieben, aber doch einander zu achten. Was die von der Regierung befolgte Politik betreffe, würde etwa die Opposition, falls die Bemühungen der Diplomatie fehlgeschlagen wären, die zurückgezogen haben und zum Verräther an den Interessen des Landes geworden sein? Auch sie würde Gewalt haben anwenden müssen, wo die Kunst der Ueberredung versagte. Transvaal habe stets darnach gestrebt, die Suzeränetät über Bord zu werfen. Als es dann kühn geworden sei, weil die Strafe ausgeblieben, habe es offen gezeigt, was die ganze Zeit hindurch sein Ziel gewesen sei, und habe sich selbst zu einem souveränen, unabhängigen Staat erklärt. Transvaal habe im Auslande eine Reihe von Intriguen gegen die britische Herrschaft ausgeführt. Durch das beständige Anwachsen von Kriegsmaterial, das nach Transvaal geströmt sei, sei dies vor einigen Monaten der bei weitem mächtigste Staat in Süd⸗ Afrika geworden. Er glaube, Großbritannien sei noch rechtzeitig einer der größten Gefahren entronnen, der es jemals aus⸗ gesetzt gewesen sei. Was den Anspruch auf Suzeränetät betreffe, so seien durch diesen Begriff Großbritanniens Beziehungen zu Transvaal und auch Großbritanniens Vorherrschaft in den Beziehungen zum Oranje⸗Freistaat ausgedrückt. Der Redner gab dann einen historischen Ueberblick über die ganzen Verhandlungen und sagte: „Jeder der in der Bloemfonteiner Konferenz vorgebrachten Punkte blieb auf dem Papier, und dann kam das Ultimatum. In den Verhandlungen über das Wahlrecht hat die britische Regierung die Thür vor Trans⸗ vaal nicht verschlossen. Ich glaube, einflußreiche Rathgeber — ich spiele hierbei nicht auf auswärtige Mächte an — müssen eingegriffen und Transvaal dazu gebracht haben, das Anerbieten bezüglich der Erlangung des Wahlrechts nach fünfjährigem Aufenthalt in Transvaal zurückzusiehen. Sir William Vernon Harcourt's Wunsch nach Ver⸗ öffentlichung der letzten Vorschläge der britischen Regierung wird nie erfüllt werden. Sie suns durch das Ultimatum begraben und die Wiederauferstehung ist nicht wahrscheinlich. Die Regierung hat unendliche Geduld gezeigt, aber Krüger hat Schluß gemacht. Er hat den Gott der Schlachten angerufen. Wir acceprieren den Appell in dem Glauben, daß der Kampf ein gerechter ist.“ Auf eige Anfrage Mac Neil's bemerkte der Staalssekretär für die Kolonien Chamberlain, die Regierung der Südafrikanischen Republik habe es abgelehnt, ihre Forderung der Entschädigung für den Einfall Jameson's in Transvaal fallen zu lassen. Der Fortgang der Ereignisse habe es verhindert, daß Abmachungen getroffen worden seien, die An⸗ sprüche Trantvaals auf materielle Entschädigung durch einen Schiedsspruch, erledigen zu lassen. Es sei unmöglich, schon j tzt zu sagen, wie es mit diesen Dingen nach Ke der Feind⸗ seligkeiten stehen werde. Lough stellte eine Anfrage über die De⸗ mission des britischen Vize⸗Konsuls Wolff in Wiborg. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour bemerkte: wenn auch Wolff's amt⸗ liches Schreiden über seine Angelegenheit noch nicht vorgelegen habe, als seine Demission angenommen worden sei, so sei doch vorher ein⸗ Privatschreiben von ihm eingegangen, in welchem er um Enthebung von seinem Amte gebeten habe für den Fall, daß das Verbleiben auf seinem Posten ihn verhindere, an dem politischen Leben Finlands thätigen Antheil zu nehmen. Balfour fügte hinzu, es sei doch offenbar unmöglich, als britischen Vize⸗Konsul einen russischen Unter⸗ than beizubehalten, der sih an der politischen Agitation gegen die russische Regierung aktiv betheilige. Von seiten der Opposition ergrift nunmehr John Morley das Wort. Er warf der Regie⸗ rung vor, daß sie versucht babe, unter der Bezeichnung „Vormacht⸗ stellung“ Transvaal Verpflichtungen aufzuzwingen, welche sie niemals auch nur im Traum einer der mit Selbstverwaltung aus⸗ gestatteten Kolonien auferlegen würde. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain unterbrach hier den Redner mit der Bemerkung, wenn eine der sich selbst regierenden Kolonien versuchen würde, ihre Unterthanen so zu behandeln, wie die Buren die britischen Unterthanen behandelten, so würde er sicher dazwischentreten. Morley entgegnete, niemals würde Chamberlain in dieser Weise sich Kanada gegenüber ins Mittel legen und fuhr dann fort: da nun Großbritannien in diesen unglücklichen Krieg ver⸗ wickelt sei, so hoffe er, daß dieser zu einem baldigen Ende werde gebracht werden. Der Einwand, den er gegen die Politik der Regierung erhebe, sei nicht der, daß dieselbe eine Kriegs⸗ politik sei, sondern daß sie Grohbritannien, wie siegreich es auch sein möge, noch nie dagewesenen Verwirrungen gegenüber lassen werde. Im August habe Chamberlain gesagt, Krüger gebe Reformen tropfenweise wie ein gepreßter Schwamm von sich, aber er begleite seine Vorschläge mit Bedingungen, von denen er wisse, daß sie unmöglich seien. 888 habe aber Chamberlain gesucht darzuthun,
1“
Fineclags gemeint gewesen.
ene Depesche vom 28. August sei als Annahme des von Krüger gemachten
Wenn Chamberlain später die Ueber⸗ engung gewonnen habe, daß die Buren seine Depesche mißverstanden hätten warum habe er sie ihnen nicht klar gemacht und so einen ruchlosen Krieg verhindert? Der Antrag Stanhepe's sei bersgteetcge und er, Morley, werde mit voller Zuversicht für denselben stimmen, denn er wisse, daß binnen wenigen Wochen der gesunde Verstand des britischen Volkes, seine Liebe zur Gerechtigkeit und sein Haß gegen einen unnöthigen Krieg sich geltend machen werden. Lord Rosebery habe die Schwierigkeiten, in denen sich viele Liberale sähen, erhöbht. Der Redner schloß mit der Bemerkung, der Krieg sei aus Rache unternommen worden, und daher müsse der Antrag Stanhope auge⸗ nommen werden. Courtney sprach gleichfalls gegen die Politik der Regierung, die darauf von dem Ersten Lord des Schatzamts Balfour vertheidigt wurde. Derselbe wandte sich zunächst gegen den Vorwurf Morley's, daß es sich um einen Rache⸗ feldzug handle, und sagte, er sehe keinen Grund, sich über Majuba Hill zu unterhalten, wo nur eine kleine militärische Aktion
stattgefunden habe, über die man vollkommen hinweggehen könne. Der Grund dieses unglücklichen Krieges sei nicht irgend ein Satz i
einer Depesche, sondern der Entschluß der Leiter der öffentlichen Meinung in Transvaal, auf alle Fälle eine Lösung der Situation zu vermeiden, mit der eine Veränderung in dem gegenwärtigen Re⸗ gierungssystem verbunden gewesen sein würde. Der Grund des Krieges sei die vorbedachte Absicht Transvaals, die Er⸗ theilung des Wahlrechts um jeden Preis zu vermeiden, sich hin und ber zu winden, bis dies Verfahren unwirkfam geworden sei, und dann die Entscheidung durch den Krieg anzurufen. Er lege den Mit⸗ gliedern des Hauses ans Herz, bei der Abstimmung über den Antrag zu erwägen, daß diese nicht als Abstimmung über die Verurtheilung der Politik des Kabinets gelten werde, sondern als ⸗Abstimmung über die Frage der bona fides Großbritanniens, und über die Frage, ob die Regierung die vorbedachte Absicht gehabt habe, den Krieg hervor⸗ zurufen. Das Haus schritt sodann zur Abstimmung; der Antrag Stanhope wurde mit 362 gegen 135 Stimmen abgelehnt und darauf die Adresse an die Königin angenommen.
Das Kriegsamt machte gestern Folgendes bekannt: Es sind keine Nachrichten von Bedeutung aus Natal eingegangen. Die bei den Truppenkörpern von Ladysmith und Dundee befindliche Kavallerie beobachtet die Bewegungen des Feindes. Zur Sicherung von “ und Durban vor Ueber⸗ fällen sind Maßnahmen getroffen. Von der Westgrenze liegen verläßliche Nachrichten nicht vor, da Kimberley und Mafeking vom Eisenbahn⸗ und Telegraphenverkehr abgeschnitten sind.
Frankreich.
Den Pariser Blättern zufolge dürften, wie „W. T. B.“ meldet, von den 22 des Komplots gegen die Sicherheit des Staats Beschuldigten 14 vor den Staatsgerichtshof kommen und gegen die übrigen das Strafverfahren eingestellt werden.
Italien. Laut amtlicher Meldung empfing der König am 16. d. M.
Abends im Schlosse zu Monza den neuernannten deutschen
Botschafter Grafen von Wedel, welcher sein Beglaubigungs⸗ schreiben überreichte. -
Wiedas Blatt „Avanti“ mittheilt, beschloß die so zialistische Gruppe der Deputirtenkammer, welche gestern in Mailand zusammentrat, in der neuen Session die Obstruk⸗ tion fortzusetzen.
Amerika. Der „Times“ wird aus Buenos Aires vom gestrigen
Tage gemeldet, daß der Finanz⸗Minister im Kongreß erklärt habe, die Währungsumwandlung werde erfolgen, sobald die Handelebilanz günstig sein und die finanzielle Lage sich gefestigt haben werde. Nach dieser Erklärung scheine die Währungsumwandlung auf unbestimmte Zeit vertagt zu sein. Das gegenwärtige Budget weise ein Defizit von 1 Million Pfd. Sterl. auf. Die äußere Schuld betrage zur Zeit 69 Millionen Pfd. Sterl., die innere Schuld 9 Millionen, die schwebende Schuld 5 Millionen und die Schatzamtsscheine 2 Millionen. Durch die Vereinbarung, be⸗ treffend Uebernahme der Schulden der Provinzen, werde die gesammte nationale äußere und innere Schuld auf den Betrag von 103 Millionen Pfoö. Sterl. gebracht.
Afrika.
Aus Kapstadt meldet das „Reuter'sche Bureau“, einer privaten Mittheilung aus Bloemfontein zufolge, habe der Präsident Krüger an den Präsidenten Steijn anläßlich des Kampfes mit dem gepanzerten Zug bei Kraii⸗Pan ein Telegramm gerichtet, in welchem er bemerkte, daß Leutnant Nesbitt, der Kommandant des Zuges, und sieben Engländer schwer verwundet worden seien, die Uebrigen befänden sich wohl. Getödtet worden sei keiner.
Demselben Burecau wird aus Beaufort West berichtet, aus Johannesburg daselbst eingetroffene Reisende berichteten, die Stadt sei nahezu entvölkert. Die gesammten Kohlen⸗ und Nahrungsmittelvorräthe in einigen Minen seien mit Beschlag belegt worden. Zahlreiche Personen, die Aufenthaltsscheine er⸗ e hätten, seien im Begriff, wegen der Beschlagnahme der
ahrungsmittel abzureisen. G Ferner meldet das „Reuter'sche Bureau“, die Buren
hätten, wie zuverlässig berichtet werde, die Brücke bei
Fourteen Streams zwischen Kimberley und Vryburg und ferner die Brücken über den Modder⸗River südlich von Kimberley in die Luft gesprengt. .
Aus dem Lager von Glencoe (Natal) wird gemeldet, daß einige Abtheilungen der Buren, welche mit der östlichen Hauptmacht von New Castle gegen Dundee vor⸗ gerückt seien, sich von dieser abgezweigt hätten und auf dem Wege seien, sich mit der am Doornberg bei Landmans⸗ Drift stehenden bedeutenden Streitmacht zu vereinigen. Fe Punkt sei 12 englische Meilen ostwärts von Dundee gelegen.
Der „Daily Telegraph“ berichtet aus Ladysmith vom gestrigen Tage, daß die Buren einen Eisenbahnzug, der mehrere Offiziere und einige Mann von dort nach Glencoe bringen wollte, genommen und den Telegraphendraht nach Glencoe zerschnitten haͤtten. Die „Morning Post“ verö⸗ entlicht ein Telegramm aus Ladysmith, in welchem es heißt, daß in dem zwischen Ladysmith und Dundee weggenommenen Eisen⸗ bahnzuge sich ein britischer Offizier und mehrere Kriegs⸗ korrespondenten befunden hätten, die sämmtlich zu Gefangenen bemacht worden seien. Der Zug sei in der Nähe von Elands⸗
aagte 15 Meilen von Ladysmith genommen worden.
Die „Daily Mail“ meldet aus Pietermarithurg. Ein amtlicher Bericht über Kämpfe am 18. d. M. besage, die orposten der Freiwilligen von Natal hätten das Vorrücken des gass von Ackonhomes nach Besters mit Tapferkeit und Stand⸗ haftigkeit aufgehalten, aber bei Einbruch der Nacht den Befehl echalien, nach Ladysmith zu zurückzukehren. Ein Mann sei erwundet worden, ein Leutnant werde vermißt. Nach Be⸗
richten der Eingeborenen häͤtten die Buren mehrere Mann verloren. Der „Morning Post“ wird aus Ladysmith telegraphiert, daß bei Actonhomes jetzt 3000 Buren versammelt seien. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Ladysmith vom 18. d. M. berichtet, daß bei Besters am Abend dieses Tages Natal⸗Karabiniere ins Gefecht gekommen seien, nach⸗ 55 sie bei den Kämpfen am Nachmittag 6 Verwundete gehabt en.
Von der Zollbehörde in Kapstadt ist am Mittwoch eine für die Regierung von Transvaal bestimmte Sendung Gold im Betrage von 150 000 Sovereigns mit Beschlag belegt und 5 bewaffneter Eskorte nach der Standard⸗Bank geschafft 1XX“ N
Statistik und Volkswirthschaft.
8 ALJrbeiterversicherung.
Dem soeben erschienenen Verwaltungsbericht des Vorstandes der Thüringischen Invaliditäts⸗ uad Altersversicherungs⸗ anstalt in Weimar für das Jahr 1898 entnehmen wir folgende Angaben: Die Zahl der Versicherten wird auf rund 300 000, d. i. etwa 22 % der Bevölkerung, geschätzt. Für diese Versicherten wurden 13 445 048 Beitragsmarken im Werthbetrage von 2 808 616 ℳ verwendet. Die Zahl der aufgerechneten und eingelieferten eigenen Quittungskarten belief sich auf 253 273, darunter befanden sich 28 055, welche die Nummer 1 trugen. Aus dem Kreise der Versicherten wurden folgende Ansprüche geltend gemacht: Es wurden eingebracht 2088 Anträge auf Bewilligung von Invalidenrente (gegen 1915 im Vorjahre) und 620 Anträge auf Be⸗ willigung von Altersrente (gegen 689 im Vorjahre). Von weiblichen — welche die Ehe eingingen, wurde der Anspruch auf
rstattung der Hälfte der für sie geleisteten Beitäge in 3109 Fällen (gegen 2651 im Vorjahre), von den Hinterbliebenen ver⸗ storbener Versicherten wurde dieser Erstattungsanspruch in 815 Fällen (segen 661 im Vorjahre) erhoben. Bewilligt wurden 1732 Invaliden⸗ und 523 Altersrenten. Der Markenerstattungsanspruch wurde an⸗ erkannt in 2929 Heiraths⸗ und 725 Todesfällen. Von der Befugniß, das Heilverfahren für erkrankte Versicherte zu übernehmen, sofern als Falge der Krankheit Erwerbsunfähigkeit zu besorgen ist, wurde in 416
ällen Gebrauch gemacht. Die im Jahre 1898 gezahlten Ent⸗ schädigungsbeträge, soweit sie der Anstaltskasse zur Last fallen, beliefen sich auf 360 4905 ℳ Invalidenrenten, 351 225 ℳ Altersrenten, 83 062 ℳ Beitragserstattungen in Heirathsfällen, 28 109 ℳ Beitrags⸗ erstattungen in Todesfällen, 69 853 ℳ Kosten des Heilverfahrens, 892 744 ℳ Summe der Leistungen. In den ersten acht Jahren des Bestehens der Anstalt sind insgesammt bewilligt worden 7769 In⸗ validenrenten, 7410 Altersrenten; anerkannt wurden ferner 7013 Markenerstattungsansprüche in Heirathsfällen, 1854 Markenerstattungs⸗ ansprüche in Todesfällen. Daneben wurde das Heilverfahren für 1236 Ver⸗ sicherte übernommen. Am 31. Dezember 1898 waren noch am Leben 4673 Invalidenrentner und 4415 Altersrentner. Von diesen 9088 Rentnern hatten 5310 das 70., 530 das 80. und 4 das 90. Lebensjahr über⸗ schritten; hingegen hatten 3778 das 70., 1966 das 60., 959 das 50, 475 das 40. und 171 das 30. Lebensjahr noch nicht erfüllt. Ein⸗ schließlich des 50 ℳ jäbrlich betragenden Rentenzuschusses des Reichs betrug durchschnittlich die Invalidenrente 125 ℳ 38 ₰, die Altersrente 1238 ℳ 40 ₰. Auf 10 000 Einwohner des Anstaltsbezirks entfielen am 31. Dezember 1898 33 Invaliden⸗ rentner (gegen 27 Ende 1897) und 33 Altersrentner (gegen 32 Ende 1897). Die Rentner vertheilen sich indessen nicht in dem⸗ selben Verhältniß auf die einzelnen Verwaltungsbezirke. Im Ver⸗ waltungsbezirk Frankenhausen entfallen auf 10 000 Einwohner 48 Invalidenrentner, im Verwaltungsbezirk Sonneberg deren 22; im Verwaltungsbezirk Neustadt a. O. kommen auf 10 000 Einwohner 55 Altersrentner, im Verwaltungsbezirk Sonneberg nur 12. Von 100 Invalidenrenten⸗Bewilligungen betrafen 1898 69 männliche und 31 weibliche Personen, von 100 Altersrenten⸗Bewilli⸗ gungen 81 männliche und 19 weibliche Personen. Von 100 bewilligten Invalidenrenten entfielen 29 auf Arbeiter der Land⸗ und Forstwirthschaft, 50 auf Arbeiter der Industrie und 21 auf sonstige Berufsarbeiter; von 100 bewilligten Altersrenten 34 auf Arbeiter der Land⸗ und Forstwirthschaft, 39 auf Arbeiter der Industrie und 27 auf sonstige Berufsarbeiter. — Die Summe der Einnahmen betrug 3 355 231 ℳ, nämlich 2 808 616 ℳ Markenerlös und 546 515 ℳ Zinsen, Miethe und Pacht. In Prozenten der Einnahme betrugen die Verwaltungskosten 6 09 %. Zur verzinslichen Anlage gelangten 2 410 243 ℳ, sodaß sich das zinstragende Vermögen der Anstalt von 14 039 987 ℳ Ende 1897 auf 16 450 230 ℳ Ende 1898 erhöht hat. Dasselbe bestand aus Inhaberpapieren, Hypotheken und Schuldverschreibungen kommunaler Korporationen und verzinste sich durchschnittlich zu 3,53 % wie im Vorjahre. Zur Förderung gemein⸗ nütziger Zwecke (Arbeiterwohnungen, Heilanstalten ꝛc) sind insgesammt 416 730 ℳ hergeliehen worden. — Zur Erledigung der Geschäfte waren 30 Beamte erforderlich. 111““
8 1 Zur Arbeiterbewegung.
Zum Ausstand der Berliner Posamentierer (vergl. Nr. 244 d. Bl.) berichtet die „Dt. Warte“, daß am Donnerstag das Eini⸗ gungsamt des Berliner Gewerbegerichts folgende Vergleichsvorschläge gemacht hat: „1) Durchschnittslohn von 25,50 ℳ; 2) 56 ½ Stunden Arbeitsdauer in der Woche (bisher 59); 3) Zuschlag für die Ueber⸗ stunde von 10 ₰; 4) Accordarbeiten werden der freien Vereinbarung überlassen; 5) Resterarbeiten werden höher bezahlt; 6) Maßregelungen finden nicht statt.“ Die Parteien wurden aufgefordert, bis zum Mon⸗ tag zu vorstehenden Vorschlägen Stellung zu nehmen. Während die Arbeitgeber sofort zustimmten, werden die Arbeitnehmer noch eine beschließende Versammlung abhalten. Sollte es am Montag zu einer Einigung nicht kommen, so wird der Schiedsspruch gefällt.
Der Verband der Berliner Metallwaarenfabrikanten hat, der „Voss. Ztg.“ zufolge, beschlossen, bis auf weiteres keine Former, Dreher, Druüͤcker, Gürtler, Schlosser, Schleifer und andere Metall⸗ arbeiter in Arbeit zu nehmen. Die von dem Ausstand der Metall⸗ arbeiter betroffenen Betriebe können Arbeiter einstellen, aber nur bis zur Höhe der vor dem Ausstand beschäftigten Arbeiterzahl. Darüber hinaus dürfen außer diesen keine Arbeiter bis auf weiteres eingestellt werden (vergl. Nr 243 d. Bl). .
Der Ausstand der Steinarbeiter ist, wie dasselbe Blatt weiter mittheilt, nunmehr auch in Bunzlau, Breslau, Dresden, Leipzig und anderen Plätzen beendet. Die Einigung ist auf der Grundlage gegenseitiger Zugeständnisse zu stande gekommen (vergl. Nr. 245 d. Bl.). ““ “
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Der „Vereinigung der Kunstfreunde für amtliche Publikationen der Königlichen National; Galerie“, deren Abonnentenzahl jetzt das zwölfte Tausend erreicht hat, wird M. begonnene 17. Vereinsjahr wieder eine
der Troitzsch'schen Kunst⸗ Die Geschäftsleitung der
für das am 1. d. Fülle neuer und schöner Schöpfungen anstalt zur Auswahl dargeboten. 8 Vereinigung beweist damit, daß sie die Gunst zu schätzen weiß, welche das kunstsinnige Publikum ihr so reichlich ent⸗ gegenbringt. Der kürzlich ausgegebene, Jedermann unentgeltlich zu⸗ ängliche illustrierte Katalog der neuen Publikationen verzeichnet 86 Werke von großer Mannigfaltigkeit der Stoffe und An⸗
passung an die verschiedensten Geschmacksrichtungen. An der
Spitze der Neuheiten steht die Nachbildung eines aus⸗
zeführten Entwurfes von Anton von Werner zu seiner berühmten Komposition „Kapitulations⸗Verhandlung von Sedan“, etwas ab⸗
weichend von dem großen Diorama, aber von ebenso packender Wirkung. Daneben sind wieder verschiedene Bilder religioösen In⸗ halts zu verzeichnen: Des Coudres; „Anbetung der Hirten und Heinrich Hoffmann's „Jesus im Tempel“, letzteres Bild jetzt in großem Format neubearbeitet, ebenso die „Verleugnung Petri’ vom Grafen Harrach, eine ergreifend ernste Komposition (das Original im Museum zu Breslau). Zwei herrliche Beiträge lieferte Oswald Achenbach, nämlich den „Constantins⸗Bogen in Rom und den „Palast der Königin Johanna bei Neapel“, Blätter von wunderbarem Farbenreiz. Auch H. Corrodi's große Landschaften „Wasserfälle von Tivoli“ und Küste bei Lerici“ sind vo außerordentlichem Effekt. Idyllischer wirken die beiden Bilde „Wartburg im Herbst“ von Ernst Körner und „Heidelberg von Conrad Lessing, iu denen sich noch Th. von Ecken⸗ brecher's „Naeroe⸗Fjord“ gesellt. Besonderen Reiz haben sodann eine größere Anzahl Skizzen und Studien des unlängst verstorbenen O. von Kameke („Partien aus Nord⸗ und Süddeutschland“) und von Christian Morgenstern, der ein malerisches Wanderbuch vom Starn⸗ berger See und dessen Umgebung darbietet; das kleine Format macht diese Blätter zu anziehenden Kabinetsstücken. Auch Franz Simm, den liebenswürdigen Schilderer der Großväterzeit, finden wir mit zwei hübschen Gaben, „Schuhprobe“ und Unterm Linden⸗ baum“, vertreten. Lieck bringt einen entzückenden Mädchenkopf, „Dämmerstunde“ betitelt, und als eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit tritt uns die „Mohrenwäsche“ von Carl Begas dem Alten entgegen, ein Bild, das in seinem schlichten Humor immer wieder anspricht. Endlich sei erwähnt, daß Otto Knille's Prachtbild „Tannhäuser und Venus“ in neuer Ausführung vorliegt. Auch dies⸗ mal sind die neuen Blätter in dem Katalog mit den geeignetsten Rahmen photographiert, um bei der Auswahl einen Anhalt zu bieten. — Es sei noch daran erinnert, daß der Jahresbeitrag der Mitglieder der Vereinigung 20 ℳ beträgt, wofür ein Normaldlatt nach freier Wahl gewährt wird, welchem in jedem dritten Jahre der Mitgliedschaft noch ein gleiches Blatt als Prämte hinzu⸗ tritt. Anmeldungen werden im Bureau der National.Galerie sowie in den Geschäftsräumen in Berlin (Markgrafenstraße 57 und Pots⸗ damerstraße 23) und Dresden (Pragerstraße 15) entgegen genommen; das Vereinsblatt wird sofort bei Zahlung des Jabresbeitrags geliefert. Der Besuch der genannten Lokalitäten steht jedem Kunstfreunde frei. Das Hauptgeschäft in der Markgrafenstraße hierselbst ist neuester Zeit zweckmäßig erweitert worden und lädt mit seiner eleganten neuen Ausstattung zur Besichtigung ein.
Im Stadtkasino zu Basel fand, wie „W. T. W.“ meldet. am Mittwoch Abend eine Feier des 100. Geburtstages des Che⸗ mikers Schönbein statt, welcher eine große Zahl von Verehrern des berühmten Gelehrten beiwohnte. Professor Enaler (Freiburg) verlas ein Telegramm Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Baden. Unter den Anwesenden befanden sich Vertreter der Universitäten Straßburg und Tübingen sowie der bayerischen Aka⸗ demie der Wissenschaften. 8 1“
8.
Verkehrs⸗Anstalten. remen, 19. Oktober. (W. T. B.) No eutscher Lloyd. Dampfer „Aachen“ 17. Okt. v. Buenos Aires n. Bremen, „Halle“ 18. Okt. v. Baltimore n. Bremen abgeg. „H. H. Meier“ 18. Okt. v. Bremen in New Pork angek. ö v. Ost⸗Asien kommend, 19. Okt. Hurst Castle passiert. „München“ 18. Okt. v. Bremen in Baltimore angekommen.
Ham burg, 19. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Columbia“, v. New York über Cherbourg u. Southampton n. Hamburg, 19. Oktbr. Lizard passiert. „Markomannia“, v. Hamburg n. Westindien, 17. Oktbr. v. Havre abgeg. „Syria⸗ 17. Oktbr. in St. Thomas, „Galtcia“ 17. Oktbr. in New Orleans, „Akaba“, v. Hamburg n. Montreal, 18. Oktbr. in Quebeck angek.; „Serbia“ 18. Oktbr. v. Kobe n. Saigon, „Silesia“ 18. Oktbr. v. Bremen über Rotterdam u Antwerpen n. Ost⸗Asien abgegangen.
London, 19. Oktober. (W. T. B.) Union⸗Linie. Dampfer „Scot“ auf Heimreise gestern von Kapstadt abgegangen.
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Theater und Musik.
Konzerte.
DOer zweite Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Kapellmeistee Felix Weingartner's Leitung fand am Mittwoch im Königlichen Opernhause statt. Er bot in seinem ersten Theil zwei Werke symphonischer Programmmusik, welche nach Berlioz'schem Prinzipv die Instrumentalmusik zum Ausdruck dramatischer Ideen benutzt. In großartiger In⸗ strumentation und mit genialer Charakteristik wird in den „Préludes“ von Liszt der poetische Gedanke „Notre vie est-elle autre chose q'une série de préludes?“ (nach Lamartine) durch⸗ geführt. Die wechselvollen Stimmen kamen mit bewundernswerther Klarheit zum Ausdruck und ließen sich bis auf den kleinsten Gedanken bin verfolgen. Der folgenden Programmnummer war es nicht be⸗ schieden, in so verständlicher, packender Weise den unterlegten Gedanken wiederzugeben. Es war dies eine Symphonie „Antar“ des russischen Komponisten Rimsky⸗Korsakoff. Sie wurde bereits im Jahre 1881 in Deutschland aufgeführt, am Mittwoch aber zum ersten Mal in diesen Konzerten zu Gehör gebracht. Ihr Inhalt wird bei weitem nicht derartig durch die Musik allein verständlich gemacht, wie dies bei den „Préludes“ der Fall war. Ohne die erläuternde Beigabe des Textes, würde man kaum die „Wonne der Rache“ oder den „Genuß der Macht“, welche zum musikalischen Ausdruck gebracht werden sollen, heraus empfinden. Davon abgesehen bot das Werk öev. bezüglich der Instrumentation und Klangwirkung Glänzendes und
eberraschendes. Die Haltung des Auditortums war aber trotzdem eine fast ablehnende zu nennen. Smetana's reizvolle Ouvertüre zur Oper „Die verkaufte Braut“ schloß den ersten Theil. Den zweiten Theil bildete Schumann’'s gewaltige C-dur⸗-Symphonie, in welcher sich des Komponisten Gedankenreichthum glänzend entfaltet. Namentlich der liebliche zweite Satz und der großartige vierte gelangten in vollendeter Weise zur Durchführung.
Am Montag veranstaltete der hier bereits wohlbekannte Pianist Herr Ernest Hutcheson im Beethoven⸗Saal ein Konzert unter Mitwirkung des Philharmonischen Orchesters, in welchem er mehrere eigene Kompositionen zum Vortrag brachte. Dieselben bestanden aus einer symphonischen Suite in Cmoll, einem Klavierkonzert in Edur und einer symphonischen Dschtung. Seine Tonwerke sind nicht besonders eigenartig oder außergewöhnlich, sie berühren jedoch sympathisch durch ihre abge⸗ rundete, schlichte Form, ihre ansprechende Melodik und Instrumentation. In seiner Suite hatte er die Komposition allzusehr ausgedehnt, und die Stimmung erschien hier auch etwas zu gleichförmig. Die symphonische Dichtung „Merlin und Viviane?, welche zum ersten Male zur Aufführung gelangte, zeigte hingegen einen energischeren Zug. Bei dem Klavier⸗Konzert war die Solostimme Fräulein Kattleen Bruckshaw, einer Schülerin des Komponisten, über⸗ tragen, welche dieselbe mit anerkennenswerther Technik, aber zu wenig kraftvollem Anschlag durchführte, Herr Hutcheson dirigierte seine Kompositionen selbst mit vielem Geschick Dieselben fanden durchweg eine freundliche Aufnahme. — Im Saal Bechstein konzertierte an demselben Abend der Violinist Herr Joan Manén unter Mitwirkung der Pianistin 8 van Lier⸗Coön, mit welcher er gemeinsam eine Reihenfolge eigener Kom⸗ position zum Vortrag brachte. Herr Manén ist ein junger spanischer Geigenspieler, der bereits seit seinem zehnten Lebensjahre als solcher erfolgreich aufgetreten ist. Seine Technik ist zwar gewandt
und steht zweifellos über der Durchschnittsleistung, die Bogenführung