1899 / 272 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Die Zinsscheine Reihe III Nr. 1 bis 20 zu den Schuldverschreibungen der preußischen konsoli⸗ dierten 3 ½2, vormals 4prozentigen Staats⸗ Anleihe von 1880 über die Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 1900 bis 31. Dezember 1909 nebst den Anweisungen zur Abhebung der folgenden Reihe werden vom 1. Dezember 1899 ab von der Kontrole der Staatspapiere hierselbst, Oranienstraße 92/94, Vormittags von 9 bis 1 Uhr, mit Ausnahme der Sonn⸗ und Festtage und der letzten drei Geschäftstage jedes Monats, ausgereicht werden.

Die Zinsscheine sind entweder bei der Kontrole der Staatspapiere selbst am Schalter in Empfang u nehmen oder durch die Regierungs⸗Hauptkassen in Frankfurt a. M. durch die Kreiskasse zu beziehen. 1

Wer die Empfangnahme bei der Kontrole selbst wünscht, hat derselben persönlich oder durch einen Beauftragten die zur Abhebung der neuen Reihe berechtigenden Zinsschein⸗ Anweisungen mit einem Verzeichniß zu übergeben, zu welchem Formulare ebenda und in Hamburg bei dem Kaiser⸗ lichen Postamt Nr. 1 unentgeltlich zu haben sind. Genügt dem Einreicher eine numerierte Marke als Empfangsbescheini⸗ gung, so ist das Verzeichniß einfach, wünscht er eine ausdrück⸗ liche Bescheinigung, so ist es doppelt vorzulegen. Die Marke oder Empfangsbescheinigung ist bei der Ausreichung der neuen Zinsscheine zurückzugeben.

Durch die Post sind die Zinsschein⸗Anweisungen an die Kontrole nicht einzusenden.

Wer die Zinsscheine durch eine der oben genannten Provinzialkassen beziehen will, hat derselben die Anweisungen mit einem doppelten Verzeichniß einzureichen. Das eine Ver⸗ zeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, so⸗ gleich zurückgegeben und ist bei Aushändigung der Zinsscheine wieder abzuliefern. Formulare zu diesen Verzeichnissen sind bei den gedachten Provinzialkassen und den von den König⸗ lichen Regierungen in den Amtsblättern zu bezeichnenden sonstigen Kassen unentgeltlich zu haben.

Der Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Er⸗ langung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die Zinsschein⸗ Anweisungen abhanden gekommen sind; in diesem Falle sind die Schuldverschreibungen an die Kontrole der Staatspapiere oder an eine der genannten Provinzialkassen mittels besonderer Eingabe einzureichen.

Beerlin, den 13. November 1899. Hauptverwaltung der Staatsschulden. 8 von Hoffmann.

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Bekanntmachung.

MNiach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samal. S. 357) sind bekannt gemacht: k * 8

1) das am 7. August 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungs⸗Genossenschaft Pfalzfeld zu Pfalzfeld im Kreise St. Goar durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 42 S. 313, ausgegeben am 19. Oktober 1899;

2) der Allerböchste Erlaß vom 23. Auaust 1899, durch welchen

der Stadtgemeinde Hochst a. M. das Recht verlieben worden ist, zur Er⸗ weiterung ihres Friedhofs eine an diesen nach Sossenheim zu sich an⸗ schließende Fläche im Wege der Enteignung zu erwerben, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 41 S. 367, ausgegeben am 12. Oktober 1899;

3) das am 23. August 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungs⸗Genossenschaft II zu Preschlebie im Kreise Tost⸗Gleiwitz durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 41 S. 305, ausgegeben am 13. Oktober 1899;

4) das am 9. September 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Regulierung des Eiswasserfließes in Possessern Kreis Angerburg, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 41 S. 343, ausgegeben am 11. Oktober 1899;

5) das am 9. September 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungs⸗Genossenschaft zu Willudden⸗Przerwanken im Kreise Angerburg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gum⸗ binnen Nr. 41 S. 347, ausgegeben am 11. Oktober 1899;

6) das Allerhöchste Privilegium vom 16. September 1899 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Malstatt. Burbach an der Saar im Betrage von 500 000 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 42 S. 459, ausgegeben am 20. Oktober 1899; .

7) die Allerhöchste Konzessions⸗Urkunde vom 16. September 1899, betreffend die Ausdehnung des Meppen⸗Haselünner Eisenbahn⸗ Unternehmens auf den Bau und Betrieb eines vollspurigen Anschlusses an den Dortmund⸗Ems⸗Kanal für Rechnung des Kreises Meppen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Osnabrück Nr. 42 S. 303, ausgegeben am 20. Oktober 1899;

8) das am 16. September 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungs⸗Genossenschaft Rothländer zu Freilingen im Kreise Schleiden durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Aachen Nr. 44 S. 277, ausgegeben am 12. Oktober 1899;

9) das am 24. September 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für den Deichverband „Neue Deichschau Flüren“ durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 41 S. 413, ausgegeben am 14. Oktober 1899; .

10) der Allerhöchste Erlaß vom 26. September 1899, betreffend die Genehmigung eines Nachtrags zur Fürsorge⸗Ordnung für die Wittwen und Waisen von Beamten der Schlesischen Landschaft vom 26. August 1889, durch die Amtsblätter

der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 43 S. 391, aus⸗ gegeben am 28. Oktober 1899,

der Königlichen Regierung zu Liegnitz Nr. 42 S. 283, aus⸗ gegeben am 21. Oktober 1899,

der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 42 S. 313, aus⸗ gegeben am 20. Oktober 1899,

der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 43

8 S. 345, ausgegeben am 25. Oktober 1899;

11) der Allerhöchste Erlaß vom 3. Oktober 1899, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Habelschwerdt für die von demselben erbaute Chaussee von der Breslau⸗Mittelwalder Provinzialchaussee bei Wölfelsdorf nach Wölfelsgrund, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 43 S. 392, ausgegeben am 28. Oktober 1899;

12) der Allerhöchste Erlaß vom 3. Oktober 1899, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts u. s. w. an den Kreis Reichenbach für die von ihm zu bauenden Chausseen von Nieder⸗Peterswaldau nach Bahnhof Faulbrück und von Güttmannsdorf nach Olbersdorf, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 43 S. 392, ausgegeben am 28. Oktober 1899;

13) das am 9. Oktober 1899 Allerhöchst vollzogene Statut für den Deichverband Lausward im Stadtkreise Düsseldorf durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. ausgegeben am 28. Oktober 1899.

Plenarsitzung.

8 Denutsches Reich. 2 Preußen. Berlin, den 16. November.

Maäjestät der Kaiser und König hörten

im Neuen Palais heute Vormittag von 9 Uhr ab die Vor⸗ träge des Kriegs⸗Ministers, Generals von Goßler und des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke. Gegen 1 Uhr Nachmittags empfingen Seine Majestät den zur diesseitigen Boischaft in Rom kommandierten Flügel⸗Adjutanten, Major von Chelius vor dessen Abreise auf seinen Posten, sowie die von Madrid zurückgekehrten Offiziere der Begleitung Seiner König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten

des Herzogthums Braunschweig, bei Höchstdessen Mission an den spanischen Hof. 1“

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Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen.

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Die Nr. 11 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗

Versicherungsamts“ vom 1. November 1899 enthält aus

dem Gebiete der Unfallversicherung folgende Rekurs⸗ Entscheidungen:

Das förm liche Fortbestehen der Zwangsversicherung baugewerblicher Kleinmeister kann auch still⸗ schweigend durch das Verhalten (schlüssige Handlungen) der Be⸗ theiligten ausgeschlossen werden. Zu der Feststellung, daß die statutmäßige Voraussetzung dieser Versicherung (Verrichtung von jährlich weniger als 250 Tagewerken durch Lohnarbeiter) erfüllt und somit materiell die Zwangsversicherung als begründet anzusehen ist, genügen unter Umständen schon die eigenartigen Verhältnisse eines Jahres und selbst des Unfalljahres, sofern sie auf eine gewisse Stetigkeit des derzeitigen Geschäftsumfanges schließen lassen (1783 *).

Ein Unfall, welchen ein Mitglied der aus den Arbeitern eines Hüttenwerks gebildeten freiwilligen Feuerwehr beim Löschen eines auswärtigen, jenen Betrieb nicht gefährdenden Brandes erlitten hat, ist als ein entschädigungspflichtiger Unfall bei dem Fabrikbetriebe anerkannt worden, weil die Thätig⸗ keit des Verletzten durch seine Zugehörigkeit zum Betriebe und dessen Einrichtungen bedingt war, ihn nicht betriebsfremden Gefahren aussetzte und wegen der zu erwartenden gleichartigen Gegenleistungen der benachbarten Feuerwehren mittelbar der Sicherung der Betriebsanlagen des Hüttenwerks diente (1784).

Dem Betriebe der Heeresverwaltung sind die für sie ausgeführten Vorspannleistungen dann nicht zuzu⸗ rechnen, wenn die wirthschaftliche und soziale Stellung des Geschirrführers die Annahme seines Uebertritts als Arbeiter in den fremden Betrieb nicht zuläßt (1785). 1

Die Weigerung eines Verletzten, sich einer sieben Jahre nach Beendigung des ursprünglichen Heilverfahrens angeoroneten mediko⸗mechanischen Behandlung zu unterziehen, ist für gerechtfertigt erachtet worden, da ein besonderer Anlaß zur Wiederaufnahme des Heilverfahrens nicht vorlag und ein Erfolg nach Lage der Sache nicht wahrscheinlich war (1786).

Der Anspruch eines vaterlosen Kindes auf die ihm ge⸗ mäß § 6 Ziffer 2a des Unfallversicherungsgesetzes gewährte Kinderrente wird durch die nach Wiederverheirathung der Mutter erfolgte Aufnahme des Kindes in Einkindschaft nicht beseitigt (1787).

Auf dem Gebiet der Invaliditäs⸗ und Alters⸗ versicherung werden folgende Revisions Entscheidungen ver⸗ öffentlicht:

Der Verwalter einer Amtsstelle der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt Mecklenburg (Quittungskarten⸗ Ausgabestelle ꝛc.) ist nicht versicherungspflichtig. (771.)

Der Kassierer eines von einer eingetragenen Ge⸗ nossenschaft errichteten Bankgeschäfts (Volksbank) ist bei einem 2000 nicht übersteigenden Jahresarbeitsverdienst als Betriebsbeamter versicherungspflichtig, wenn er auch selbst Mitglied der Genossenschaft ist und deren Vorstand angehört (772).

Ein Wäger, der in dem behördlich gestalteten Wäger⸗ amt einer kaufmännischen Körperschaft in abhängiger Stellung beschäftigt wird, ist versicherungspflichtig, und zwar mit Rück⸗ sicht auf seine stete Dienstbereitschaft durchweg, d. h. ohne Unterschied, ob er in einer Woche Aufträge erhalten hat oder nicht (773). 8

Sogenannte Mühlärzte sind regelmäßig nicht ver⸗ sicherungspflichtig (774).

Ein von einer Musikalienhandlung in seiner Wohnung gegen Stücklohn beschäftigter Notenschreiber und Arrangeur, der nicht in einem festen Dienstverhältniß steht und für andere Auftraggeber thätig sein, auch nach seinem Ermessen sich Hilfe von Dritten leisten lassen darf, ist kein Lohnarbeiter, sondern selbständig erwerbsthätig (775).

Die Versicherungspflicht einer Milchfahrerin, welche die im Betriebe eines Landwirths gewonnene Milch mit dessen Gespann und Gefäßen zur Stadt fuhr und dort zu einem von ihr bestimmten Preise an die von ihr gewählten Kunden absetzte, ist bejaht worden (776).

Die im Auslande befindliche Zweigniederlassung eines inländischen Betriebes, welche unter einem besonderen Leiter selbständig Aufträge annimmt, Lieferungen ausführt und die Kaufpreise dafür einzieht, kann nicht mehr als Aus⸗ strahlung des inländischen Geschäfts angesehen werden; ein in einer solchen Zweigniederlassung thätiger Arbeiter ist daher nicht versicherungspflichtig (777).

In dem nichtamtlichen Theil ist ein Obergutachten des dirigierenden Arztes am Krankenhause Moabit, Professors Dr. Goldscheider in Berlin veröffentlicht, welches den ursächlichen Zusammenhang zwischen einem Sturz in den Rhein und dem fast fünf Jahre später erfolgten Tode des Verunglückten an Herzklappenfehler behandelt und dieses Leiden auf den durch den Unfall erworbenen chronischen Gelenkrheumatismus unter Ausschließung älterer Erkrankungen an Gelenkrheumatismus und Influenza als Ursachen zurückführt.

*) Die neben den Entscheidungen stehenden eingeklammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter der diese in den „Amtlichen Nach⸗ richten“ veröffentlicht sind. 1 9

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Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der Freien

und Hansestadt Hamburg Dr. Burcharb ist in Berlin ein⸗

getroffen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der Ablösungs⸗ transport für S. M. SS. „Deutschland“ und „Irene“ Transportführer: Fregatten⸗Kapitän Stein, mit dem Dampfer „König Albert“ am 14. November in Hongkong eingetroffen und nach Auswechselung der Besatzung für S. M. S „Deutschland“ am 15. November nach Shanghai in See

gegangen. e“ 8

Sachsen.

Gestern ist, wie das „Dresdner Journal“ meldet, das nachstehende Bulletin über das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich August ausgegeben worden:

Die Vorsicht erfordert es, daß Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich August noch längere Zeit das Bett hütet und jede geistige und körperliche Anstrengung vermeidet, obgleich Höchst.⸗ dessen Allgemeinbefinden ein durchaus gutes ist. Appetit, Schlaf, Herztbätigkeit ꝛc. sind vollkommen normal.

Bulletins werden bis auf weiteres nicht mehr ausgelegt.

Dresden, 15. November 1899, Vormittags 11 Uhr.

Dr. Fiedler. Dr. Selle

X“ Deutsche Kolonien. Durch Mittheilung des Reisenden Conrau, der von dem Kaiserlichen Gouverneur des Schutzgebiets Kamerun von Puttkamer der Expedition des Leutnants von Queis zu Hilfe gesandt war, wird, dem „Deutschen Kolonialblatt“ zu⸗ folge, die Nachricht von dem Tode des Expeditionsführers Leutnants von Qucis nunmehr bestätigt. Ein näherer Bericht ist erst mit der nächsten Post zu erwarten.

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DOesterreich⸗Ungarn.

Unter dem Vorsitz des Kaisers wurde gestern in Buda⸗ pest ein gemeinsamer Ministerrath abgehalten, in welchem das gemeinsame Budget definitiv festgestellt und der 30. November als Zeitpunkt für das Zusammentreten der Delegationen bestimmt wurde.

Großbritannien und Irland.

Die Königin traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern mit der Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein, der Prinzessin Beatrice und dem Herzog von Connaught zur Eröffnung eines Rekonvaleszentenheims von Windsor in Bristol ein und wurde enthusiastisch empfangen. In Beantwortung einer Adresse beglückwürnschte die Königin die Grafschaft Gloucestershire in welcher der Haupttheil der Stadt Bristol gelegen ist zu dem großen Kontingent, das Gloucestershire dem Heere gestellt habe.

Frankreich.

In der gestrigen Sitzung des Staatsgerichtshofs brachte der Vorsitzende Falliéères die von Guörin gestellten Anträge zur Verlesung, in welchen dieser verlangt, daß die Verbrechen und Vergehen des gemeinen Rechts, wegen welcher er gleichfalls angeklagt sei, aus den gegenwärtigen Verhandlungen ausgeschieden würden. Der Advokat Faye erläuterte jene Anträge und vertrat die Mei⸗ nung, daß der Senat für Verbrechen und Vergehen des gemeinen Rechts nicht zuständig sei. Der Staatsanwalt Bernard be⸗ kämpfte die Anträge Guörin’'s. Die öffentliche Sitzung wurde dann unterbrochen, und der Gerichtshof berieth in geheimer Sitzung. Nach der Wiederaufnahme der öffentlichen Sitzung verlas der Vorsitzende Fallières den Beschluß des Gerichtshofs, der dahin geht, daß über die Anträge Guörin's entschieden werden solle, wenn seine Sache werde abgeurtheilt werden. Fallières verlas sodann die eingebrachten Anträge, nach denen die⸗ jenigen Senatoren, welche Freimaurer seien, als Richter zurück⸗ gewiesen werden sollten. Der Anwalt Caite unterstützte die betreffenden Anträge in längerer Rede. Die öffentliche Sitzung wurde hierauf wiederum unterbrechen, und der Gerichts⸗ hof trat nochmals zu einer geheimen Sitzung zusammen. In der später wieder aufgenommenen öffentlichen Sitzung theilte der Vorsitzende mit, daß der Gerichtshof die Anträge des Anwalts Caire abgewiesen habe, und verlas dann andere Anträge Guérin's, in welchen verlangt wird, daß die Beweisstücke, wie Werkzeuge, Waffen u. s. w., dem Gerichtshof vorgelegt würden. Der Staatsanwalt forderte den Vorsitzenden auf, diese Anträge kraft seiner diskretionären Gewalt abzulehnen. Guörin und sein Anwalt begründeten die betreffenden Anträge. Die Verhandlung wurde sodann auf heute vertagt. .

Der „Temps“ meldet aus Rom, der Papst habe eine Intervention zu Gunsten der Assumptionisten ab⸗ gelehnt und erklärt, man dürfe Politik und Religion nicht verquicken. Er wolle sich nicht in eine innerpolitische Angelegen⸗ heit Frankreichs mischen.

Rußland.

Der Kaiser und die Kaiserin sind, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, mit den Großfürstinnen Töchtern und den Großfürsten Nikolaus und Michael Nikolajewitsch gestern Abend von Skierniewice nach Zarskoje⸗Sselo abgereist. . 3

Der Admiral Skrydlow ist nach zweijährigem Aufenthalt in Kreta nach St. Petersburg zurückgekehrt.

Italien.

Die Deputirtenkammer wählte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, den Deputirten Colombo (den Kandidaten der Regierung) mit 198 Stimmen zum Präsidenten; die Opposition stimmte für den Deputirten Biancheri, welcher 179 Stimmen erhielt. Die ministeriellen Kandidaten Pal⸗ berti und Gianturco wurden zu Vize⸗Präsidenten ge⸗ wählt. Die Wahl der anderen beiden Vize⸗Präsidenten findet heute statt. 11“1“

Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht eine Erklã⸗ rung, in welcher er sagt, daß er weder ein amtliches noch halb⸗ amtliches Organ des Päpstlichen Stuhls sei, ausgenommen wenn es sich um positive Nachrichten handele. Das Blatt fügt hinzu: es veröffentliche diese Erklärung, weil die infolge verschiedener Auslassungen des „Osservatore Romano behaupteten, daß der Päpstliche Stuhl Transvaal günstig ge⸗ sinnt sei. Der Päpstliche Stuhl nehme für niemand Partei, und was der „Osservatore Romano“ veröffentlicht habe, sei unter seiner eigenen Verantwortlichkeit veröffentlicht worden.

Spanien.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Albrecht von Breußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, und der Wrinz Friedrich Heinrich von Preußen besichtigten, zem „W. T. B.“ zufolge, am Dienstag in Sevilla den Alcazar, das „Haus des Pilatus“ und andere maurische

zläste und Kunstbenkmäler. Ihre Königlichen Hoheiten wurden überall von der Menge ehrerbietig begrüßt; Höchstdieselben gedenken drei Tage in Sevilla zu verweilen und später Cadiz, Malaga, Granada und Cordoba zu besuchen.

Im Senat brachte gestern Graf Almenas eine nterpellation ein, in welcher er die Regierung beschuldigte, die separatistische Bewegung ermuthigt zu haben, und Vorwürfe gegen den bisherigen Justiz⸗Minister Duran richtete. Der Minister⸗Präsident Silvela erhob dagegen Einspruch und nahm Duran in Schutz. Graf Almenas brachte sodann einen die Regierung tadelnden An⸗ trag ein, welchen Taluan und Guyon für in⸗ opportun erklärten. Gullon fand denselben gerecht⸗ fertigt, weil, wie er sagte, Duran nicht seine Pflicht gethan habe. Der Minister⸗Präsident Silvela eragriff abermals zur Vertheidigung Duran's das Wort. Die Anhänger Gamazo’s erklärten, sie würden sich der Abstimmung ent⸗ halten, da das Verhalten Duran’'s noch der Aufklärung be⸗ dürfe. Der Antrag des Grafen Almenas wurde hierauf mit 99 gegen 1 Stimme verworfen. Die Liberalen enthielten sich der Abstimmung.

Nach den letzten, aus Barcelona in Madrid einge⸗ troffenen Meldungen hat sich die Lage dort verschlimmert. Die Steuerpflichtigen weigern sich, die Steuern zu zahlen. Die Läden sind wiederum geschlossen.

Türkei.

Der Kommandantdes französischen Mittelmeer⸗Geschwaders, Admiral Fournier ist, wie dem „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet wird, am Dienstag Vormittag mit seinem Stabe in feierlicher Weise in Jerusalem eingezogen. Fournier werde auch dem Sultan einen Besuch abstatten. Das französische Stationsschiff „Cosmao“ werde den Admiral vom Piräus abholen, da die Pforte die für ein größeres französisches Panzerschiff erbetene Erlaubniß zur Durchfahrt durch die Dardanellen nicht ertheilt habe.

In Damaskus hat am 14. d. M. die feierliche In thronisation des Monsignore Meletius als griechisch⸗ortho doren Patriarchen von Antiochia stattgeunden.

Bulgarien. 8

Die Sobranje hat nach langen, ziemlich lebhaften De⸗ batten, in welchen der Minister⸗Präsident, der Minister des Innern und der Finanz⸗Minister über die äußere und innere Politik der Regierung sowie über die Finanzlage des Landes gesprochen hatten, die Adresse zur Beant⸗ wortung der Thronrede in der Fassung der Kommission mit großer Majorität angenommen. Im Laufe seiner Aus⸗ führungen betonte der Minister⸗Präsident Ivantschow das Bestreben Bulgariens, gute Beziehungen zu allen Mächten zu unterhalten, da hiervon der Wohlstand der Bevölkerung Bul⸗ gariens abhänge.

Asien. Admiral Courrejolles hat, wie berichtet wird, aus Offiziere von Weise

Der französische dem „W. T. B.“ aus Paris Kwangtschauwan gemeldet, daß zwei der Station Montas, die sich unvorsichtiger auf das jenseitige Ufer des Flusses begeben hätten, von den Chinesen ermordet worden seien. Er habe den Präfekten von Hainan gefangen genommen und sich eines chinesischen Kanonenboots sowie der benachbarten Dorf⸗ schaften bemächtigt. Der französische Gesandte in Peking habe den Befehl erhalten, von dem Tsungli⸗Namen zu verlangen, daß die verantwortlichen Behörden zur Rechenschaft gezogen und die Schuldigen bestraft würden. 1u]

Afrika.

Der Khedive hat nach einer dem „W. T. B.“ zugegangenen Neldung aus Kairo eine von den Mächten gutgeheißene Ver⸗ fügung erlassen, der zufolge in Zukunft die Majorität der Ver⸗ waltung der Kasse der Staatsschuld der Regierung jede Summe vom Reservefonds bewilligen kann. Einstimmigkeit soll nur nothwendig sein bei Bewilligung von außerordentlichen Kriegs⸗ krediten oder Ausgaben für Expeditionen. Diese Verordnung habe die Schwierigkeiten behoben, die aus der Rechtsprechung der gemischten Gerichtshöfe bezüglich der Kasse der Staatsschuld entstanden seien, und es gelte als sicher, daß die gemischten Gerichtshöfe im kommenden Februar auf weitere fünf Jahre würden erneuert werden.

Den „Daily News“ wird aus Kairo vom gestrigen Tage berichtet, von Omdurman ausgesandte Spione be⸗ stätigten, daß der Khalif auf die Stadt vorrücke. Ver⸗ schiedene britische Offiziere würden im Laufe dieser Woche von Kairo zur Front abgehen. Ferner sei beschlossen worden, eine Abtheilung Seaforth⸗Hochländer nach Khartum zu senden.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet vom 3. d. M. aus Bulawayo: Ein gepanzerter Zug sei bis Mochudie vor⸗ gegangen, wo er den Brückenübergang beschädigt gefunden habe. Kundschafter der Basuto⸗Polizei berichteten, eine Abtheilung Buren habe geraubt und geplündert, die Telegraphendrähte abgeschnitten und sei nach Sekwani gegangen, um sich Wagen zur Fortschaffung der Beute zu verschaffen. Nach einer Meldung der „Times“ aus Bulawayo vom 9. d. M. hätten die Buren den Häuptling Khama bei Selikakop auf der britischen Seite des Krokodilflusses am Tage vorher ange⸗ griffen, seien aber zuruͤckgeworfen worden. Khama stehe fest zu den Engländern. .

Aus Fort Tuli berichtet das „Reuter'sche Bureau“ vom 3. d. M., der Kapitän Glyen habe gemeldet, daß ein außergewöhnlich lebhaftes Treiven im Lager der Buren herrsche. Der Telephondraht sei am 2. d. M. ab⸗ geschnitten worden. Ein Rekognoszierungstrupp habe in großer Entfernung heftiges Schießen gehört und sei in das Lager des Obersten Spreckley zurück⸗ Ftehr, welches um Mittag von dem vorrückenden Feinde heftig beschossen worden sei; alle Pferde und Maul⸗ thiere seien davongelaufen, es sei aber niemand verwundet worden. Die Lengelaufe der Buren sei auf 400 geschätzt worden. Eine andere Abtheilung Engländer sei von den

uren umzingelt worden, jedoch nach erbittertem Kampfe

nec. Tuli zurückgekehrt; ein Offizier und fünf Mann würden Beri asselbe Bureau meldet aus Pretoria vom 9. d. M.: Prrichte aus Ladysmith besagten, daß an dem genannten age bei Tagesanbruch eine heftige Kanonade begonnen habe. 1

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Einige Burenabtheilungen seien bis auf 1500 Yards an die Verschanzungen herangerückt. Das L sei sodann begonnen. Bei

eingestellt worden, und das Gewehrfeuer ha Mafeking und Kimberley sei alles ruhig. Nach einem Telegramm der „Daily Mail“ aus Kim⸗

berley dauerte am 10. d. M. das Bombardement der Stadt

fort, ohne Schaden anzurichten. Die letzten aus Estcourt und Pretoria in London eingegangenen Depeschen melden, dem „W. T. B.“ zufolge, daß am 9. d. M. ein großer Angriff der Buren auf Ladysmith stattgefunden habe.

Eine Depesche des „Reuter'schen Bureaus“ aus Durban vom 12. d. M. Nachmittags meldet, daß dort das Gerücht vom Tode des Generals Joubert umlaufe. Nach einer weiteren Depesche aus Durban vom Abend desselben Tages besagt ein Telegramm der „Times of Natal“ aus Lourenço Marques: General Joubert sei am 9. d. M. in der Schlacht gefallen. . 1

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (102.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski bei⸗ wohnte, wurde zunächst die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend einige Aenderungen von Be⸗ stimmungen über das Postwesen, fortgesetzt

Artikel II ändert einige Vorschriften des Gesetzes über das

Postwesen des Deutschen Reichs ab. Ein neuer § 1a unterstellt dem Postzwange auch die ver⸗ schlossenen Briefe, die im Bezirk des Ursprungsorts verbleiben. Der Abg. Haußmann⸗Balingen (d. Volksp.) beantragt die Streichung dieses neuen Paragraphen.

Der Abg. Dr. Rintelen (Zentr.), welcher den Postzwang nur auf solche verschlossenen Briefe ausgedehnt wissen will, die im Nachbarortsverkehr, nicht innerhalb der Gemeindegrenze ihres mit einer Postanstalt versehenen Ursprungsorts verbleiben, er⸗ öffnete die Debatte mit einer Begründung seines Antrags in längerer Rede, auf welche der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski erwiderte. Bis zum Schluß des Blattes nahmen noch die Abgg. Dr. Oertel⸗Sachsen (d. kons.) und Singer (Soz.) das Wort.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die deutsche äberseeische Auswanderung im Oktober

1899 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat Oktober über 19x

ͤ1111““ ETeee111“ 1409 933 deutsche Häfen zusammen . 2353 1951 fremde Häfen (soweit ermittelt) 278. 482 8 „überhaupt 2831 22433. .“ Aus deutschen Häfen wurden im Oltober 1899 neben den 2353 deutschen Auswanderern noch 12 013 Angehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 7846, über Hamburg 4167.

Zur Arbeiterbewegung.

Wegen Lohndifferenzen haben, der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ zufolge,

sämmtliche Weber einer Elberfelder Firma die Arbeit ein⸗ gestellt.

Zu dem allgemeinen Ausstand der beim Simplon⸗Tunnel beschäftigten Arbeiter (vergl. Nr. 269 d. Bl.) berichtet die „Voss. Ztg.“, daß derselbe durch die Ablehnung folgender Arbeiter⸗ forderungen seitens der Unternehmer veranlaßt worden ist: Abschaffung der Accordarbeit, Lohnerhöhung um 50 Cts. für den Tag gegenüber den in den vergangenen Monaten gezahlten Löhnen, und zwar für alle Arbeiter, Verminderung der täglichen Arbeitszeit von acht auf sechs Stunden für alle im Förderstollen Arbeitenden, Reduktion des Arbeitstages von acht auf vier Stunden für die im Wasser arbeitenden Leute, Herabsetzung der täglichen Arbeitszei von zwölf auf acht Stunden für alle außerhalb des Tunnels Be⸗ schäftigten, Beseitigung der im Tunnelinnern errichteten Sprengstoff⸗ lager. Die Unternehmer erklären, daß die Annahme der Forderungen ihnen Mehrausgaben von 1 ½ Millionen Franken verursachen würden. Sie lehnten ab, auf eine Erörterung der Forderungen einzugehen, wollten jedoch eine Vertretung der Arbeiter innerhalb der Unter⸗ nebmung zugestehen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz derer, die gewillt sind, die Arbeit wieder aufzunehmen, ist Militär aufgeb Im Ganzen sind jetzt an 2000 Mann ausständig.

Kunst und Wissenschaft.

Hermann Hend rich hat von einer italienischen Reise, die er im Frühling dieses Jahres unternommen, eine Reihe Landschafts⸗ studien und Bilder heimgebracht, die in dem Kunst salon von Keller u. Reiner ausgestellt sind. Die weiche, sinnengefällige Art seiner Wiedergabe füdlicher Farbengluth läßt den Beschauer vergessen, daß Größe und Tiefe der Empfindung, kraftvolle Persönlichkeit hie und da diesen Bildern fehlt. Die unbefangene Naivetät solcher Naturspiege⸗ lung stebt dem Maler besser zu Gesicht als der grüblerische Mysticismus, in dem sich seine früheren Arbeiten gefielen. In derselben Ausstellung begegnen wir einer stattlichen Anzahl von Bildnissen einer aus Frank⸗ furt gebürtigen, jetzt in Zürich ansässigen Malerin O. Roederstein. Die Neigung zum Archaisieren, das Streben nach Galerieton tritt allzu absichtlich in diesen zum theil nicht unbedeutenden Arbeiten hervor. Wer das Ziel seiner Kunst darin erblickt, ein Bild genau in der Art Holbein's zu malen, wird leicht Freude und Temperament einbüßen. Den freien Erfindungen und Figurenkompositionen O. Roederstein's haftet recht viel Banalität und falsche Empfindsamkeit an. Freilich erkennt man an der gewaltsam aufgestachelten Phantastik Martin Brandenburg'’s, daß sich die Kunst nicht erzwingen läßt, wo die Natur ihre Hilfe versagt. Brandenburg hat ein nichr geringes zeichnerisches Talent, aber die Sucht, durchaus interessant sein zu wollen, verdirbt ihm fast regel⸗ mäßig das Konzept. Wie gequält erscheinen diese Visionen und Sinnbildnereien wenn man an die quellende Phantasie eines Ludwig von Hofmann oder Arnold Böcklin denkt, ven dem zwei ältere Arbeiten ebenfalls bei Keller und Reiner zu treffen sind. Auch Franz Stassen’s harte und kleinlich gesehene Kunst kann neben Böcklin nicht bestehen. Hans Baluschek kennt die Grenzen seiner etwas einseitigen Begabung besser. Das Proletariat der Großstadt schildert er mit einem aus Mitleid und Spott gemischten Humor, der gelegentlich etwas grell wirkt. Ukrich Hübner ist ein flotter Freilichtmaler, dem gelegentlich eine Stimmung, wie z. B. die Abendruhe in der „Heimkehr vom Felde“ ut gelingt, der oft aber auch im Unfertigen und Stimmungslosen stecken bleibt. 1

Die Skulpturen von Richard Engelmann, denen man die Ehre einer Kollektiv⸗Ausstellung angethan hat, bekunden ehrliches Streben, aber wenig persönliche Eigenaaauauaurt.

n Eduard Schulte's Kunstsalon wird in der Zeit vom 19. mher bis 9. Dezember eine Kollektion hervorragender Werke aus den diesjäbrigen Münchener Ausstellungen der Sezession und im Glaspalast den hiesigen Kunstfreunden vor⸗ geführt werden. Man wird darin u. A. folgenden Namen begegnen: R. Haug (Stuttgart), A. Jank, R. Nißl, M. Putz (München), G. Sauter (London), ferner den Engländern bezw. Schotten Austen Brown, D. Cameron, Millie Dow, M. Grreiffen⸗ bagen, J Paterson, A. Roche, M. Stevenson, A. und M. Stokes und den Franzosen P. Besnard, Ch. Cottet. E. Maxence und L. Monod. Auch Professor G. Kühl (Dreeden) wird mit einigen Gemälden vertreten sein, ferner von Berliner Künstlern J. Höniger und Dr. K. Müller⸗Kurzwelly. Von Kroyer (Kopenhagen) wird ein großes Bild „Rast auf der Jagd“ zu sehen sein. Auch diese Ausstellung wird sich sonach an Qualität wie an Reichhaltigkeit den bisherigen würdig anreihen und viele Anregung ieten. 3

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Aus München vom 15. November berichtet die M. „Allg. Ztg.“: In der heutigen Festsitzung der Königlichen Akademie der Wissenschaften wurde die Bestätigung der folgenden Wahlen ver⸗ kündet: Es sind gewählt worden: A. als ordentliche Mitglieder: a. der philosophisch⸗philologischen Klasse: Freiherr Georg Fr. von Hert⸗ ling Reichsrath, ordentlicher Professor der Philosophte an der Univer⸗ sität München (bisher außerordentliches Mitglted); Theodor Lipps, ordentlicher Professor an der Universität München (bisher außerordent⸗ liches Mitglied); b. der historischen Klasse: Ludwig Traube, Privatdozent an der Universität München (bisher außerordentliches Mitglied); Hermann Grauert, ordentlicher Professer der Geschichte an der Universität München (bisher außerordentliches Mitglied); B. als außerordentliche Mitglieder: a. der mathematisch⸗physikalischen Klasse: Hermann Ebert, ordentlicher Professor der Physik an der Tochnischen Hochschule München; Sebastian Finsterwalder, ordentlicher Professor der Mathematik an der Technischen Hochschule München; August Rothpletz, außerordentlicher Professor der Geologie an der Universität München; C. als korrespondierende Mit glieder: a. der philosopbisch⸗philologischen Klasse: Heinrich Gelzer, Geheimer Hofrath, ordentlicher Professor für klassische Philologie und alte Geschichte an der Universität Jena; A. Grünwedel, Professor und Direktorial⸗-Assistent am Königlichen Museum für Völkerkunde in Berlin; Richard Heinzel. ordentlicher Professor der deutschen Pbhilologie an der Universität Wien; b. der mathematisch⸗phvsikalischen Klasse: Eugenio Beltrami, ordentlicher Professor der mathe⸗ matischen Pbpsik an der Universität Rom und Präsident der Reale Accademia dei Lincei in Rom; Gaston Darboux, Professor der Mathematik an der Sorbonne und Mitglied der Académie des sciences in Paris; Gustav Retzius, Professor der Anatomie in Stockholm; Edouard Bornet, Botaniker, Mitglied der Académie des sciences in Paris; Sir George King, Botaniker in Eduard Straßburger, Geheimer Regierungsrath, ordentlicher Professor der Botanik an der Universität Bonn; Alexander Karpinsky, Staatsrath und Direktor der Kaiserlich russischen Geologischen Landesanstalt in St. Petersburg; c. der histori⸗ schen Klasse: Max Rooses, Konservator des Museums Plantin- Moretus in Antwerpen; Oswald Holder⸗Egger, Professor und Mitglied der Z ldirektion der Monumenta Germaniae historica in Berlin. 8

Theater und Musik.

8 ““ Konzerte. B

Das dritte Philharmonische Konzert am Montag stand wiederum unter einem glücklichen Stern, und der Dirigent, Herr Arthur Mikisch erntete mit dem Orchester erneut wohlverdienten Beifall. Schon die den Abend einleitende Beethoven'sche F-dur Symphonie (Nr. 8) gelangte in einer Weise zu Gehör, welche verspüren ließ, daß die Künstler mit Lust und Liebe dieses sonnige Ton⸗ werk, das den großen Meister von seiner liebenswürdigsten Seite zeigt, spielten. Den Höhepunkt des Abends bildete die Darbietung des Klavier⸗Solisten Herrn Edouard Risler, welcher den ihm voraus⸗ gehenden Virtuosenruf wieder glänzend bewährte. Gleich die ersten Griffe zeigten den künstlerischen Beherrscher des Flügels; da war nichts Kleinliches, sondern alles aus dem Vollen geschöpft. Unmerkbar überwand er die Schwierigkeiten, die Liszt in dem A-dur-Konzert (Nr. 2) vom ersten bis zum letzten Takte ge⸗ häuft hat. Fast vollkommen war das Zusammenwirken des Pianisten mit dem Orchester zu nennen; bald trat sein Spiel bescheiden vor den melodieführenden Geigen zurück, bald riß es in sieghaftem Schwung die Massen mit sich fort. Das enthusiasmierte Auditorium ließ den Künstler durch Beifallsäußerungen nicht eher frei, als bis er sich mit einer Zugabe gelöst hatte, welche in Schumann’s „Des Abends“ be⸗ stand. Indessen wollte es scheinen, als sei dem lebhaften Franzosen der feurige Ungar kongenialer als der träumerische deutsche Romantiker. Die Orchesternovität des Abends, A. Dyoräl's symphonische Dichtung Heldenlied“, ein etwas formloses Tonstück, brachte es zu keinem vollen Erfolge. Ein wirklich fesselndes Motiv trat darin nirgends hervor; es rauschte an dem Obre des Zuhörers effektsuchend vorüber, hinterließ aber keinen tieferen Eindruck. Wohl ist es jedoch als geschickt instrumentiertes Orchesterstück zu bezreichnen. Der Beifall, den ein Theil des Publikums spendete, dürfte mehr den Musikern gegolten haben, welche das Werk virtuos und unter feinster Heraus⸗ arbeitung der Themen sowie der dynamischen Unterschiede darboten, als dem Werke selbst. Den Schluß des Konzerts bildete die Symphonie in D-moll (Nr. 4) von Schumann, welche wiederum vortrefklich interpretiert wurde. Besonders gut kamen darin die Romanze und das Scherzo zum Ausdruck. Im Saal Bechstein gaben an dem⸗ selben Tage Fräulein Hedwig Jacob⸗Anspach (Gesang) und Herr Ludwig Hirschberg (Klavier) ein Konzert. Letzterer brachte zunächst die Sonate in Cdur (op. 53) von Beethoven zu Gehör. Er ist ein technisch recht fertiger Klavierspieler, doch gelang es ihm nicht, den geistigen Inhalt dieses Tonstücks erschöpfend wiederzugeben. Besser geriethen ihm die Dvoräͤk'’schen Kompositionen und die Mazurka. von Tschaikowsky, welche er mit Accuratesse vortrug. Die Sängerin besitzt weder eine besonders ansprechende Stimme, noch vorläufig eine fesselnde Vortragskunst; vielleicht gelingt es ihr im Laufe der Zeit, die ihrer Stimme namentlich bezüglich der Tonbildung anhaftenden Fehler zu beseitigen.

Nachzutragen sind noch die Berichte über einige Konzerte, welche in den letzten Tagen der verflossenen Woche stattfanden. Im Saale der Philbarmonie gab am Fieitag die Königliche Kammersängerin Frau Lilli Lehmann den ersten ihrer diesjährigen Lieder⸗Abende. Trotz einer leichten Indisposition bewies die Sängerin wieder von neuem, in welch' hoher Vollendung ihre Kunst steht und daß sie befonders im Liedergesang so leicht von keiner anderen Künstlerin erreicht wird. Als Einleitung brachte sie die bekannten „fünf Gedichte“ von R. Wagner zu Gehör, von welchen „Schmerzen“ mit dem meisten Beifall gelohnt wurde und⸗ wiederholt werden mußte. In Schubert's „Im Gränen“ zeigte sich die noch erstaunlich leichte Beweglichkeit ihrer Stimme und die Grazie und Frische ihres Ausdrucks; ebenso wurde das „Wiegenlied“ desselben Komponisten innig und zart vorgetragen. Auch das „Lied der Desdemona“ von Loewe wußte Frau Lehmann in seiner ganzen Eigenart zu erfassen und wiederzugeben. „Glockenthürmers Töchterlein“ riß serner zu stürmischem Beifall hin, und in der „Walpurgisnacht“ kam auch die dramatische Gestaltungskraft der Sängerin voll zur Geltung. Bedauerlich war nur, daß die Text⸗ aussprache unter der Tongebung zuweilen litt. Der Saal war vol⸗ ständig gefüllt, der Beifall so stark, daß Frau Lehmann sich noch zu verschiedenen Zugaben entschließen mußte Herr Wilhelm Berger waltete als Begleiter am Klavier verständnißvoll und decent seines Amtes. Fräulein Johanna Roth⸗ lA . welche ebenfalls am Freitag eme“ L'eder⸗Abend m Saal Bechstein veranstaltete, ist eine feinfühlipe Sängerin, deren Sopran besonders im Piano angegehmen Wohlklang zeigt.

London;

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Auszusetzen wäre nur, daß die Intonation noch nicht durchweg febler⸗