1899 / 305 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Dec 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Entwurf eines Gesetzes, betreffend

die Stellenvermittelung für Schiffsleute.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König 1 von 8.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt:

§ 1. Auf die gewerbsmäßige Stellenvermittelung für Schiffsleute finden die Vorschriften der Gewerbeordnung insoweit Anwendung, als nicht nachstehend besondere Bestimmungen getroffen sind.

8

6 Wer die Stellenvermittelung für Schiffsleute gewerbsmäßig betheiber will, bedarf dazu der Erlaubniß der höheren Verwaltungs⸗

behörde. 8- Die Erlaubniß ist zu versagen: mvAra 1) wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in Bezug auf den beabsichtigten Gewerbe⸗ betrieb darthun; v 9 2) wenn der Nachsuchende eines der im § 3 Abs. 1 be⸗ zeichneten Gewerbe betreibt; die Landeszentralbebörden sind

e Ausnahmen von dieser Vorschrift zuzulassen.

§ 3.

8 1 Wer die Stellenvermittelung für Schiffsleute gewerbsmäßig be⸗ treibt, darf gewerbsmäßige Vermiethung von Wohn⸗ und Schlaf⸗ stellen, Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, Kleinhandel mit geistigen

5 1 mit Ausrüstungsgegenständen für Schiffsleute und

as Geschäft eines Geldwechslers oder Pfandleihers weder selbst, noch urch Angehörige 52 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs), noch durch Haus⸗ Die Landeszentralbehörden sind befugt, Ausnahmen on dieser Vonschrift zuzulassen. b . 8 Der Stellenvermittler darf ferner mit Gewerbetreibenden der vorbezeichneten Art nicht dergestalt in Geschäftsverbindung treten, daß r sich für die Ausübung seiner Vermittlerthätigkeit von ihnen Ver⸗ gütungen irgend welcher Art gewähren oder versprechen läßt. Die den Stellenvermittlern für Schiffsleute zukommenden Ge⸗ bühren werden durch Taxen bestimmt, welche von den Landes⸗ regierungen oder den von diesen bezeichneten Behörden nach Anhörung on Vertretern des Gewerbebetriebs festgesetzt werden.

Die Gebühr ist von dem Rheder und dem Schiffsmanne zur Hälfte zu zahlen; eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig. Der Anspruch des Stellenvermittleis auf die vom Rheder zu zahlende Hälste erlischt, wenn der Schiffsmann seinen Dienst nicht zur fest⸗ gesetzten Zeit antritt.

§ 5. Die Landesregierungen erlassen Vorschriften darüber, in welcher Weise die Stellenvermittler für Schiffsleute ihre Bücher zu führen nd welcher polizeilichen Kontrole über den Umfang und die Art ihres Geschäftsletriebs sie sich zu unterwerfen haben.

§ 6. Die Erlaubniß zum Gewerbebetriebe kann zurückgenommen werden: 1) wenn aus Handlungen oder Unterlassungen des Inhabers die Unzuverlässigkeit desselben in Bezug auf den Gewerbe⸗ betrieb klar erhellt; 2) wenn dem Inhaber die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, für die Dauer des Ehrenverlustes.

Die Unzuverlässigkeit in Bezug auf den Gewerbebetrieb ist stets anzunehmen, wenn der Stellenvermittler wiederholt die festgesetzte Gebührentaxe überschritten oder sich außer den taxmäßigen Gebühren Vergütungen irgend welcher Art von dem Schiffsmanne hat gewähren oder versprechen lassen, oder wenn er den Betrieb eines nach § 3 Abs. 1 ihm verbotenen Gewerbes unternimmt.

Stellenvermittlern für Schiffsleute, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, kann derselbe unter⸗ gt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit es Gewerbetreibenden in Bezug auf den Gewerbebetrieb darthun.

§ 7.

Wegen des Verfahrens und der Behörden, welche in Bezug auf die Zurücknahme der Erlaubniß und die Untersagung des Gewerbe⸗ betriebs maßgebend sind, gelten die Vorschriften der §§ 20, 21 der Gexwerbeordnung.

§ 8. 8 1 Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Haft wird estraft: 1) wer den Gewerbebetrieb eines Stellenvermittlers für Schiffs⸗ leute ohne die vorgeschriebene Erlaubniß unternimmt oder fortsetzt oder von den bei Ertheilung der Erlaubniß fest⸗ gesetzten Bedingungen abweicht; 2) ein Stellenvermittler für Schiffsleute, welcher a. einen nach § 3 Abs. 1 ihm verbotenen Gewerbebetrieb unternimmt oder fortsetzt, oder welcher sich von Gewerbe⸗ treibenden der dort bezeichneten Art für die Ausübung seiner Vermittlerthätigkeit Vergütungen irgend welcher Art gewähren oder versprechen läßt; oder die von der Behörde festgesetzte Tax: überschreitet oder sich außer den taxmäßigen Gebühren Vergütungen anderer Art von dem Schiffsmann gewähren oder ver⸗ sprechen läßt; oder . es unternimmt, einen Schiffsmann zum Bruche des ein⸗ gegangenen Heuervertrages zu verleiten; 3) ein Gewerbetreibender der im § 3 Abs. 1 bezeichneten Art, welcher es unternimmt, einen Stellenvermittler für Schiffs⸗ leute durch Gewährung oder Versprechung von Vergütangen irgend welcher Art zu einer den Interessen des Schiffs⸗ manns widerstreitenden Ausübung der Vermittlerthätigkeit zu bestimmen.

8 § 9. Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1) ein Stellenvermittler für Schiffsleute, welcher den im § 5 bezeichneten Vorschriften zuwiderhandelt; 2) der Schiffer, welcher es unterläßt, dafür zu sorgen, daß ein b Abdruck dieses Gesetzes im Volkslogis zugänglich ist 10). § 19. Ein Abdruck dieses Gesetzes muß auf jedem deutschen Kauffahrtei⸗ 1 8 Iö“ zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vor⸗ anden sein.

41. Dieses Gesetz tritt am 1. April 1901 in Kraft. Urkundlich ꝛc. 1“ Gegeben.

Begründung.

Bei den Erörterungen über die Reformbedürftigkeit der die Rechtsverhältnisse der Schiffemannschaft regelnden Vorschriften ist mit besonderem Nachdruck auf die Mißstä de hingewiesen worden, welche auf dem Gebiete der Stellenvermittelung für die Schiffsleute seit Jahren um sich gegriffen haben. Diese Vermittelung liegt, wie im Auslande so auch in Deutschland, zumeist in der Hand sie gewerbs⸗ mäßig betreibender Privatpersonen, der sogenannten Heuerbaase. Ihr Betrieb gestaltet sich je nach den Verkehrsverhältnissen sehr verschieden; er beschränkt seine Aufgaben an Hafenorten mit geringem Schiffs⸗ verkehr, er erweitert sie für den regen Verkehr großer Hafenplätze. Stets umfaßt er die Registrierung von Angebot und Nachfrage und die Auskunftsertheilung über deren Ergebnisse. Insbesondere über die Schiffe, die Reise, die Art des auszufüllenden Dienstes, die Heuer⸗ bedingungen der Rheder sowie andererseits über Personalien, Be⸗

sübigung und Ansprüche des Schiffmanns giebt die Vermittelungsstelle uskunsft. An Plätzen mit lebhafterem Verkehre dehnt sie ihre Thätigkeit darauf aus, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen⸗ zuführen, Meinungsverschiedenheiten auszugleichen und so das Zu⸗ sjandekommen des Heuervertrags zu erleichtern. Hiermit könnte eine Stellenvermittelung, die nur dieses sein will, ihre Thätigkeit ab⸗ schließen. Unter entwickelten Verhältnissen begnügt sie sich aber mit der vermittelnden Thätigkeit nicht. Die regelmäßige Wiederkehr des

Bedarfs an oft zahlreicher Mannschaft bringt es mit sich, daß der

Rheder dem Stellenvermittler, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, weitgehende Vollmachten giebt und ihn für die Annahme der Mannschaften, d. i. den Abschluß des Heuervertrags und dessen Ver⸗ lautbarung durch Anmusterung, dergestalt zu seinem bevoll⸗ mächtigten Vertreter bestellt, daß der Rheder selbst oder sein nächster Bevollmächtigter, der Schiffer, sich an der Anwerbung der Mannschaft unmittelbar nicht mehr betheiligt, vielmehr die Auswahl der sich anbietenden Arbeitskräfte vollständig dem mit den Bedürf⸗ nissen der Rhederei vertrauten Vermittler (Heuerbaasen) überläßt. Dieses Vertretungsverhältniß pflegt weiter dahin zu führen, daß der Vermittler, unter Vorbehalt der Abrechnung mit dem Rheder, dem Schiffsmanne den erforderlichen Vorschuß zahlt. Und zwar geschieht dies nicht mehr auf den Namen des Rheders, sondern des Stellen⸗ vermittlers, wenn, wie es sich in den größeren Hafenplätzen ein⸗ gebürgert hat, der Vermittler zugleich die Gewähr für den Dienst⸗ antritt des Schiffsmanns übernimmt. Für das damit verbundene Risiko läßt sich der Vermittler natürlich ein Entgelt entrichten, das er aber nicht von seinem Auftraggeber, dem Rheder, sondern von dem Schiffsmanne zu erheben pflegt.

Die Mißstände, welche sich bei Ausübung dieses Gewerbebetriebs ergeben haben, bewegen sich wesentlich in folgenden Richtungen:

1) der Stellenvermittler läßt sich für seine Thätigkeit eine übermäßige Gebühr zahlen, die er ganz von dem Schiffs⸗ manne erhebt (Anlage A zur Begründung der Seemanns⸗ ordnung S. 188 bis 194);

2) er bevorzugt denjenigen Stellenbewerber, der ihm am meisten zahlt, oder den er sonst ein Interesse hat, in be⸗ zahlter Stellung untepzubringen (a. a. O. S. 189, 190); er führt, um die Vermittelungsgebühren möglichst häufig zu gewinnen, künstlich einen Stellenwechsel herbei, indem er entweder die Schiffsleute unter Vorspiegelung besserer Dienststellen zur Aufgabe des bisherigen Dienstes oder auch,

unter dem Versprechen eines besseren Ersatzes, Schiffssührer

zur Entlassung von Mannschaften bestimmt (a. a. O S. 195, 196); . er verschafft sich durch die Art der Vorschußzahlung uner⸗ laubte Vortheile (a. a. O. S. 199); er führt die Schiffsleute anderen Gewerbetreibenden, den Herbergswirthen (Schlafbaasen), Händlern mit Ausrüstungs⸗ gegenständen u. A. zur Ausbeutung zu, um an dem diesen zufallenden Gewinne theilzunehmen (a. a. O. S. 200, 203).

EKrlleichtert wird dabei die Ausbeutung der Seeleute durch die eigenartige Gestaltung ih er Lebensverhältnisse. Nach längerer, mit Entbehrung der Lebensgenüsse verbundener Reise ist der Seemann bei der Ankunft im Hafen geneigt, sich für einige Zeit einem ungebundenen Leben hinzugeben, und die Art der Heuerzahlung, welche ihn beim Ab⸗ schlusse der Reise in den B sitz verhältnißmäßig hoher Geldsummen bringt, gewährt ihm die Mittel dazu. Durch ein Zusammenarbeiten der Heuerbaase mit den Herbergswirthen (Schlafbaasen) wird dann dahin gewirkt, daß der Seemann so lange in den Witthschaften zurückgehalten und ausgebeutet wird, bis seine Mittel erschöpft sind. Erst, wenn nichts mehr aus ihm herauszuziehen ist, verschafft ihm der Heuerbaas eine Stelle, um ihn los zu werden, und deshalb wird nur zu häufig der leichtsinnige Seemann bei der Verschaffung von Stellen vor dem ordentlichen, den Wirthschaften fern gebliebenen, bevorzugt.

„Die immer lauter sich erhebenden Klagen über diese Mißstände führten dazu, in Verbindung mit der Revision der Seemannsordnung auch die Verhältnisse auf dem Gebiete des seemännischen Stellenver⸗ mittelungswesens und die zur Beseitigung der hervorgetretenen Mängel geeigneten Maßnahmen einer eingehenden Prüfung zu unter⸗ ziehen. Im Verlaufe der darüber eingeleiteten Verbandlungen, die im wesentlichen denselben Gang nahmen wie die Vorbereitungen des Entwurfs der neuen Seemannsordnung (vergl. die Begründung zu diesem Entwurfe S. 68), hat aus Anlaß des Strike der Hamburger Hafen⸗ arbeiter eine besondere Erhebung über die Verhältnisse des Heuer⸗ und Schlafbaasenwesens für den Bereich der freien und Hansestadt Hamburg stattgefunden.

Das Ergebniß der thatsächlichen Feststellungen ist in der An⸗ lage A sowie, was die besondere Hamburger Erhebung anlangt, in dem als Anlage B beiliegenden Auszug aus dem Berichte der Senats⸗ kommission für die Prüfung der Arbeiterverhältnisse im Hamburger Felen wiedergegeben. Ueber die Hamburger Erhebung enthalten die

rotokolle der Kommission S. 188 bis 235 weiteres thatsächliches Material.

Aus diesen Erhebungen ergiebt sich, daß die beklagten Uebelstände keineswegs überall gleichmäßig, sondern, soviel Deutschland betrifft, nur in einzelnen Hafenplätzen, namentlich des Nordseegebiets, sich heraus⸗ gebildet haben. Sie sind hier jedoch in einem Maße hervorgetreten, daß es unabweislich erscheint, im Wege der Reichsgesetzgebung auf ihre Beseitigung hinzuwirken; denn nur auf diesem Wege ist, wie die in Betracht kommenden Maßnahmen erkennen lassen, eine wirksame Abhilfe zu schaffen.

Als durchgreifendstes Abhilfemittel, das auch den Wünschen der betheiligten Kreise am meisten entsprechen würde, war das Verbot der gewerbsmäßigen Stellenvermittelung für Seeleute und deren Ersatz durch staatliche Heuerbureaux oder durch ent⸗ sprechende Einrichtungen größerer Rhederei⸗ und seemännischer Ver⸗ einigungen, der Seemannsheime und anderer dem Wohle der Seeleute gewidmeten Anstalten in Frage gekommen (vergl. Anlage A zur Be⸗ gründung der Seemannsordnung S. 192, 193, 197, 198). Daß durch die Einrichtung solcher, nicht auf den Erwerb abzielender Heuerstellen eine erhebliche Verbesserung der Verhältnisse erzielt werden kann, steht außer Zweifel. Dies haben die Erfahrungen mit den Heuerbureagux gezeigt, welche im Laufe der letzten Jahre von dem Norddeutschen Lloyd und der Hamburg⸗Amerika⸗Linie und nach deren Vorgange von. einigen Rhedereivereinigungen errichtet worden sind., Wie die bei⸗ liegende Zusammenstellung (Anlage C) über die Geschäftsthätigkeit einzelner von diesen Stellen erkennen läßt, erfreuen dieselben sich eines lebhaften Zuspruche. Machen diese von den Nächstbetheiligten errichteten Stellen eine unmittelbare Befassang des Staates mit gleichartigen Einrichtungen entvehrlich, so besteht doch in den Rhederei⸗ kreisen die U berzeugung, daß sie die Thätigkeit der gewerbs⸗ mäßigen Stellenvermittler für Schiffsleute nicht völlig ersetzen können, und daß deshalb mit dem Heuerbaasenwesen als einer dauern⸗ den und nicht zu beseitigenden Einrichtung zu rechnen ist. Es ist nicht nur die Auswahl der geeignetsten unter den sich meldenden Mann⸗ schaften, welche ein ordentlicher und gewissenhafter, als interessierter Beauftragter des Rbeders handelnder Heuerbaas besser treffen kann als der uninteressierte Leiter einer Korporationsanstalt, die dem ein⸗ zelnen Rheder nicht vor anderen verpflichtet ist. Vor allem wird betont, daß die Uebernahme der Gewähr für den Dienstantritt des Schiffmanns, welcher für größere Hafenplätze eine besondere Be⸗ deutung beikommt, durch keine anderen Organe so wirksam sich voll⸗ ziehen könne, wie durch den die Stellenvermittelung als Gewerbe be⸗ treibenden Heuerbaas. Andererseits würde der Versuch, die für alle sonstigen Personenklassen zugelassene gewerbsmäßige Stellenvermittelung für die Schiffsleute gesetzlich auszuschließen und die bestehenden der⸗ artigen Gewerbebetriebe zu beseitigen, wenn nicht völlig undurchführ⸗ bar, doch mit den größten gesetzgeberischen Schwierigkeiten verknüpft sein. Es wäre auch zu besorgen, daß das Verbot des Gewerbe⸗ betrkebs vielfach umgangen und dieser thatsächlich bestehen bleiben würde. Namentlich die weniger guten Elemente unter den Schiffs⸗ leuten würden bei schlechteren Führungszeugnissen eine Stelle eher durch eine gewerbsmäßige, hochbezahlte Vermittelung als durch eine nicht vom Erwerbsinteresse geleitete Anstalt zu erlangen hoffen und deshalb diesen Weg suchen, sodaß es Personen, die das Stellenver⸗

mittelungsgewerbe verbotswidrig betreiben wollten, an Zuspruch nicht fehlen würde. .

Auch in dem beschränkten Maße, wie die Betheiligung der Staats⸗ behörden an der Stellenvermittelung in England durch die Vorschrift in Sect. 247 Nr. 1 des Merchant Shipping Act. 1894 vorgesehen ist, dürfte sich ihre Einführung in Deutschland nicht empfehlen. Mit Rücksicht auf die von den vernommenen Auskunftspersonen nach dieser Richtung geäußerten Wünsche (Anlage A zur Begründung der See⸗ mannsordnung S. 192, 197) ist eingehend erwogen worden, ob nicht etwa bei den Seemannsämtern eine Art staatlichen Arbeitsnach⸗ weises dadurch zu errichten sei, daß diese Behörden verpflichtet würden über die bei ihnen angemeldeten offenen Stellen und Stellengesuche Listen zu führen, den sich Meldenden Auskunft zu ertheilen und auch sonst an Ort und Stelle Beihilfe zum Bertragsabschlusse zu ge⸗ währen. Auf Grund der durch die betheiligten Behörden und Interessentenvertretungen erfolgten Begutachtung ist jedoch von der weiteren Verfolgung dieser Anregung abgesehen worden, weil für die größeren Hafenplätze, wo daneben die gewerbsmäßige Stellen⸗ vermittelung stets weiter bestehen werde, namentlich wegen der Unvoll⸗ ständigkeit der vom Seemannsamte zu bietenden Stellennachweise ein wirksamer Erfolg nicht zu erwarten sei und weil andererseits für kleinere Hafenplätze es der Vermittelung entweder überhaupt nicht bedürfe, oder aber die empfohlene Einrichtung auch ohne gesetzliche Vorschrift getroffen werden könne. Berichte über die nur geringe praktische Be⸗ deutung, welche das amtliche Registrierungssystem in England zu ge⸗ winnen vermocht hat, sprechen ebenfalls dafür, von einer obligatorischen Uebertragung der Einrichtung nach Deutschland abzusehen.

„Muß nach dem Vorstehenden mit dem Fortbestande der gewerbs⸗ mäßigen Stellenvermittelung für Schiffsleute gerechnet werden, so hat sich das gesetzgeberische Vorgehen wesentlich auf. eine Hebung und Säuberung dieses Erwerbsstandes und auf Schutzmaßregeln gegen die ihm anhaftenden Mißbräuche zu richten. Zur Förderung der Stellen⸗ vermittelung durch die nicht auf Erwerb gerichteten privaten Anstalten bedarf es gesetzlicher Maßnahmen nicht. In Betreff der gewerbs⸗ mäßigen Stellenvermittelung für Schiffsleute wird aber ein Vorgehen nicht etwa dadurch entbehrlich, daß die Unzuträglichkeiten, welche bei der sonstigen gewerbsmäßig betriebenen Stellenvermittelung fühlbar geworden sind, neuerdings Veranlassung gegeben haben, die Vorschriften der Gewerbeordnung über das Stellenvermittelungswesen im allgemeinen einer Aenderung im Sinne verschärfter Staatsaufsicht zu unterziehen (s. den unter Nr. 165 der Drucksachen von 1898/99 dem Reichstage vorliegenden Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung). Denn es kommt für die Stellenvermittelung der Schiffsleute eine Reihe von besonderen Gesichtspunkten in Frage, die der Regelung bedürfen, und von anderen, die eine abweichende Regelung erfordern. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich auch nicht, die auf diesem Sondergebiete zu treffenden Vorschriften in den Rahmen der allgemeinen Gewerbeordnung einzufügen Dieselben finden besser in einem Sondergesetze Platz, wie es (laut Anlage D) auch in Däne⸗ mark besteht. Ueberdies entspricht es dem praktischen Bedürfnisse, dem Seemanne die seine Verhältnisse betreffenden Vorschriften leicht zu⸗ gänglich zu machen, weshalb die Seemannsordnung die Auslage von Abdrücken derselben in Volkslogis vorschreibt. Dies wird auch von den Vorschriften der Stellenvermittelung für Schiffsleute zu gelten haben, deren Kenntniß dem Seemann im geschäftlichen Verkehr mit den Vermittlern eine sicherere Stellung zu verschaffen geeignet ist.

Der Entwurf der Gewerbeordnungsnovelle, über welchen in⸗ zwischen der als Nr. 393 der Drucksachen von 1898/99 vorliegende Kommissionsbericht erstattet ist, setzt denn auch, wie die Begründung zu Artikel 3 1 (S. 15) ergiebt, den Erlaß eines besonderen Gesetzes über die Stellenvermittelung für Schiffsleute voraus. Zu diesem Zweck ist der vorliegende Entwurf aufgestellt, über dessen Inhalt vor⸗ weg das Folgende zu bemerken ist.

„Bei den Verhandlungen der Technischen Kommission für See⸗ schiffahrt mit den Auskunftspersonen aus dem Stande der Schiffsleute und bei den Erhebungen über die Arbeitsveérhältnisse im Hamburger Hafen waren außer dem bereits oben erörterten Verbote der ge⸗ werbsmäßigen Stellenvermittelung und deren Ersatze durch staat⸗ liche oder private Veranstaltungen ohne Erwerbszweck noch die folgenden Maßnahmen zur Erwägung gestellt worden:

1) Verstärkung der Staatsaufsicht und Beseitigung unlauterer Elemente durch Einführung der Konzessionspflicht, behörd⸗ liche Regelung der Tarife, Verbot gewisser Nebengewerbe;

2) Maßregeln wider das sogenannte Kaperwesen, d. i. das Ab⸗ fangen der Schiffsleute zu Ausbeutungszwecken bei Ankunft der Schiffe;

3) Verbot oder Einschränkung der Vorschußnoten, Auszahlung

der Heuern durch die Seemannsämter.

Zur Verhinderung des Kaperwesens (s. Nr. 2), welchem in England durch das sogenannte Midge system entgegengewirkt wird (vergl. An⸗ lage A II 6), sind bereits im Jahre 1890 Polizeiverordnungen in den dabei allein betheiligten Nordseebundesstaaten erlassen worden. Die Kaper oder Runner waren Angestellte der Schlafbaase, welche das an⸗ kommende Schiff schon weit vor der Einfahrt in den Hafen besetzten, durch Verabreichung von geistigen Getränken die Mannschaft sich ge⸗ fügig machten, sie für die von den Kapern vertretenen Wirtschaften anwarben, die Abrechnung mit dem Schiffer an sich zogen und dann das Heuerguthaben in Empfang nahmen, um davon dem Schiffs⸗ manne wenig oder nichts zukommen zu lassen. Durch Verbreitung sinnloser Betrunkenheit unter der Mannschaft gefährdeten diese Per⸗ sonen zugleich die Sicherheit des Schiffes. Diesem Unfug ist durch die Polizeivorschriften der betheiligten Bundesseestaaten, welche das Betreten des Schiffes durch Unbefugte vor dem Festmachen im Hafen x 83 verbieten, soweit erkennbar, bereits in wirksamer Weise vor⸗ gebeugt. 1 Ueber Vorschußnoten und Auszahlung der Heuerguthaben (s. oben Nr. 3) trifft der Entwurf der neuen Seemannsordnung (§§ 42, 44) Bestimmung.

Es verbleiben sonach für die gesetzliche Regelung im wesentlichen die oben unter Nr. 1 angeführten Punkte, welche in den §§ 2 bis 4 des Entwurfs behandelt sind. 8 88*

Im Einzelnen ist Folgendes 88 bemerken. .

bringt den Charakter der Vorlage als eines die Gewerbeordnung ergänzenden Sondergesetzes zum Ausdruck. Unter den danach An⸗ wendung findenden Vorschriften der Gewerbeordnung kommen u. a. § 1 Abs. 2 (Ausschluß der rückwirkenden Kraft), § 11a (Geschäfts⸗ fähigkeit der ein Gewerbe betreibenden Ehefrau), § 41 (Annahme von Gehilfen), § 42 (örtliche Ausdehnung der Befugniß zum Gewerbe⸗ betriebe), §§ 45 bis 47 (Stellvertretung und Fortführung des Ge⸗ werbebetriebs nach dem Tode des Gewerbetre benden), § 155 Abs. 1, 2 (Landesgesetze und Landesbehörden) in Betracht.

Die Stellenvermittelung durch solche Anstalten, welche den Arbeits⸗ nachweis nicht zum Erwerbe betreiben, unterliegt den Vorschriften über die gewerbsmäßige Stellenvermittelung nicht. Eine ausdrückliche Vorschrift hierüber ist jedoch aus denjenigen Erwägungen, welche bei der Berathung der Gewerbeordnungsnovelle über eine ähnliche, inner⸗ halb der Reichstagskommission für die allgemeine Stellenvermittlung vorgeschlagene Bestimmung regierungsseitig geltend gemacht wurden daß nämlich die Unanwendbarkeit der für die gewerbsmäßige Stellen⸗ vermittelung geltenden Vorschriften sich von selbst verstehe, und daß die Aufnahme selbstverständlicher Ausnahmen in das Gesetz zu fehlsamen Rückschlüssen an anderen Stellen führen könne (Kommissionsbericht S. 6) —, in den vorliegenden Gesetzentwurf nicht aufgenommen worden. 6“

u § 2.

Wegen der Nothwendigkeit, das bisherige System des konzessions⸗ losen Betriebs mit Untersagungsbefugniß der Behörde durch die Ge⸗ nehmigungspflichtigkeit zu ersetzen, gilt alles, was bei der Stellenver⸗ mittelung im allgemeinen hierfür anzuführen ist, in besonderem Maße bei der Stellenvermittelung für Schiffsleute. Der Entwurf folgt hierin dem Entwurfe zur Gewerbeordnungsnovelle (vergl. die Be⸗ gründung zu Art. 3 Nr. 1 S. 12 ff. der Reichstags⸗Drucksache Nr. 165 von 1898/99), dessen Standpunkt bereits von der Reichstagskommission gebilligt ist (Drucksache Nr. 393 S. 3).

Während nach §§ 21, 40 der Gewerbeordnung die Bestimmung über die Behörden, welche die Erlaubniß zur Ausübung eines der⸗

betrug in diesem Jahre:

Nach dem Berichte des Hamburger Seemannsamts für 1898

selben bedürfenden Gewerbebetriebs zu ertheilen haben, dem Landes⸗ recht überlassen bleibt, beruft hierzu der Entwurf von vornherein die höhere Verwaltungsbehörde, weil der Stellenvermittler für Schiffs⸗ leute seine Tbätigkeit nicht auf den Ort seiner gewerblichen Nieder⸗ lassung zu besch änken, sondern durch Schriftwechsel darüber hinaus zu lisercen pflegt. Mit Rücksicht auf diese Art des Geschäftsbetriebs, welcher in der Nachbarschaft der großen Hafenplätze an der Elbe und der Weser häufig sogar über die Grenzen des Bundesstaats hinüber⸗ greift, konnte eine Anregung, die Befugniß zum Gewerbebetrieb auf den Bezirk der die Erlaubniß ertheilenden Behörde zu beschränken, nicht für zweckmäßig erachtet werden.

In Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der Gewerbeordnung oll die Erlaubniß nur beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen versagt werden dürfen. Als solche Vorausetzung kommt neben der auf Grund von Thatsachen zu besorgenden Unzuverlässigkeit in Bezug auf den Gewerbebetrieb als Stellenvermittler auch der gleichzeitige Betrieb anderer Gewerbe in Betracht, der zwar die Unzuverlässigkeit des Ge⸗ werbetreibenden in Bezug auf die Stellenvermittelung nicht ohne weiteres begründet, aber in Verbindung mit der Stellenvermittelung besonders leicht und in besonderem Maße zur Ausbeutung des Schiffsmanns gemißbraucht werden kann und erfahrungsmäßig nur

dagegen beträgt die Gebühr der Heuerbase

nach den Ta⸗ rifen für das Heuerbureau Monats⸗ des Norddeut⸗ heuer ¹) als schen Lloyd Vorschuß nachsund der Ham⸗ dem Tarife burg⸗Amerika⸗ der Hamburgernischen Packet⸗ Heuerbaase fahrt⸗Aktien⸗ ůür iffs⸗ wenn auf [leute, die noch demselben nicht auf Schiffen der 8 uftert Gesellschaft gemustert efahren sind²)

rung einer

zu häufig gemißbraucht wird. Für besondere Fälle ist den Landes⸗ nu nalbehöͤrden eine Ausnahmebefugniß beigelegt (vergl. zu § 3 am Schlusse).

Die Frage, ob die Erlaubniß auch von dem Nachweis eines vor⸗ handenen örtlichen Bedürfnisses abhängig zu machen sei, war zu verneinen. Zwar würde eine Verringerung der Zahl der Gewerbe⸗ betriebe deren polizeiliche Kontrole erleichtern und die dann voraus⸗ sichtlich eintretende Vergrößerung der Betriebe der Hebung des Standes zu gute kommen. Allein dieselbe Erwägung, welche oben gegen die Beschlänkung der Erlaubniß auf einen bestimmten Ver⸗ waltungsbezirk angeführt wurde, nämlich das Uebergreifen der Ver⸗ mittlerthätigkeit über begrenzte Bezirke, steht auch einer zuver⸗ läfsigen Bemessung des Bedürfnisses im Wege. Dieser Gesichtspunkt hat bei den Berathungen der Gewerbeordnungsnovelle auch für die sonstige Stellenvermittelung Anerkennung gefunden (vergl. Kommissions⸗ bericht S. 4).

Um die polizeiliche Kontrole zu erleichtern und um den Stand der Stellenvermittler für Schiffsleute zu heben, hat die Technische Kommission für Seeschiffahrt vorgeschlagen, die zugelassenen Stellen⸗ vermittler gleich den im § 36 der Gewerbeordnung genannten Feld⸗ messern, Auktionatoren und anderen Gewerbetreibenden öffentlich an⸗ zustellen und zu vereidigen. Indessen kann das Bedürfniß, welches zu der Anordnung im § 36 der Gewerbeordnung geführt hat, nämlich den Handlungen gewisser Gewerbetreibender eine besondere Glaub⸗ würdigkeit beizulegen, bei der Stellenvermittelung für Schiffsleute nicht wohl in Froge kommen. Ueberdies würde die öffentliche An⸗ stellung sich mit der Genehmigungspflichtigkeit des Gewerbes kaum vereinigen lassen, wie denn auch die Gewerbeordnung die öffentliche Anstellung, und zwar als eine Befugniß von Behörden und Kor⸗ porationen, nur bei solchen Gewerbetreibenden kennt, deren Gewerbe dem freien Betriebe zugänglich ist. Darf der Gewerbebetrieb erst auf Grund einer Prüfung der perfönlichen Verhältnisse mit obrigkeitlicher Erlaubniß begonnen werden, so fehlt das Bedürfniß, daneben noch in der öffentlichen Anstellung und Vereidigung eine weitere Gewähr für

die Zuverlässigkeit zu suchen. Zu § 3

Der gleichzeitige Betrieb der hier genannten Gewerbe mit der Stellenvermittelung für Schiffsleute ist, wie in den einleitenden Be⸗ merkungen ausgeführt, geeignet, schädlichen Mißbräuchen Thür und Thor zu öffnen. Das Hamburgische Stellenvermittelungsreglement vom 10. März 18931¹) untersagt schon jetzt auf Grund landesgesetzlicher Bestimmung allen Stellenvermittlern den Betrieb der Gast⸗ und Schankn irtöschaft in oder in unmittelbarer Verbindung mit ihrem Geschäftslokale. Diese örtliche Begrenzung des Verbots erscheint zu eng. Es wird davon um so eher abgesehen werden können, als auch die Befugniß zum Gewerbebetriebe des Stellenvermittlers für Schiffs⸗ leute räumlich nicht beschränkt sein soll. Zur Verhütung von Um⸗ gehungen war es nöthig vorzuschreiben, daß der Stellenvermittler die verbotenen Gewerbe auch nicht durch Angehörige oder Hausgenossen wenn auch formell für deren eigene Rechnung betreiben darf. Auf diese Art der Betreibung des Gewerbes finden die Vorschriften in §2 Abs. 2 Nr. 2, § 6 Abs. 2, § 8 Nr. 2a ebenfalls Anwendung. Um namentlich wegen der zuletzt angezogenen Strafvorschrift den Begriff „Angehörige“ außer Zweifel zu stellen, ist auf § 52 Abs. 2 des Straf⸗ gesetzbuchs verwiesen.

Um ferner der Gefahr vorzubeugen, daß der Heuerbaas mit anderen Gewerbetreibenden der gedachten Art zum Nachtheile des Schiffsmanns gemeinschaftliche Sache macht, wird ihm im Abs. 2 verboten, mit diesen Gewerbetreibenden dergestalt in Geschäftsverbindung n treten, daß er sich für die Ausübung seiner Vermitilerthätigkeit Vergütungen irgend welcher Art von denselben gewähren oder versprechen läßt.

Die Gewerbeordnungsnovelle will Vorschriften zur Verhinderung der aus dem gleichzeitigen Betriebe gewisser anderer Gewerbe seitens der Stellenvermittler sich ergebenden Unzuträglichkeiten, namentlich wegen der Verschiedenheit der in Betracht kommenden örtlichen Ver⸗ hältnisse, den Landeszentralbehörden überlassen, deren bisherige Befugnisse 38 Abs. 1 u. 2 der Gewerbeordnung) deshalb entsprechend erweitert werden sollen (vergl. die Begründung zu Artikel 3 III. bis V S. 16 der Drucksache Nr. 169). Bei der engen Begrenzung des durch den vorliegenden Entwurf zu regelnden Sachgebiets erscheint eine solche Uebertragung der Verbotsbefugniß auf die Landesstellen nicht er⸗ forderlich. Sie würde auch den Wünschen der seemännischen Kreise, welche thunlichst reichsgesetzliche Festlegung der wichtigeren Vorschriften erstreben, nicht entsprechen. In Bezug a f die Stellenvermittelung für Schiffsleute wird es vielmehr zweckmäßig sein, die Regel des Verbots im Gesetz auszusprechen, daneben aber die Landeszentral⸗ behörden, soweit erforderlich, zur Zulassung von Ausnahmen zu er⸗ mächtigen; besonders in kleineren Häfen können Fälle vorkommen, in denen die Verbindung der in Rede stehenden Gewerbebetriebe un⸗

bedenklich ist.

Zu § 4. 1

Einer der wesentlichsten Mißstände im Heuerbaasenwesen ist die Erhebung übermäßiger Vergütungen für die Stellenvermittelung. Da⸗ durch, daß das Maß dieser Vergütung an keine Schranke gebunden ist, wird der Schiffsmann vielfach gezwungen, ganz unverhältnißmäßige Beträge zu zahlen. Von den vernommenen Auskunftspersonen ist be⸗ kundet worden, daß Schiffsleute mit 700 Jahret einkommen im Laufe des Jahres eiwa 50 an Vermittelungsgebühren zu entrichten pflegen (Anlage A zur Begründung der Seemannsordnung S. 197). Für Stellen von Maschinisten und Steuerleuten sind Vergütungen von 50 und 100 gefordert und gezahlt worden (a. a. O. S 191). Für die Verschaffung einer Schiffejungenstelle wird nach den Aussagen vor der Hamburger Senatskommission fast regelmäßig eine Vergütung von 100 entrichtet (Protokoll der Hamburger Senatskommission S. 196). Für diese Gebühren eine Grenze festzusetzen, wird in den Schiff⸗ fahrtskreisen allgemein als Bedürfniß anerkannt. In den Hifen der Unterweser und in Hamburg haben in Hamburg zufolge polizeilicher Anordnung die Heuerbaase selbst Gebührentarife aufgestellt, an, welche sie sich gebunden halten. Solche Tarife bieten jedoch insofern keine ausreichende Gewähr gegen Uebervortheilung, als sie von den tellenvermittlern jederzeit geändert werden können. Der in Hamburg bestehende Tarif wird aber auch von den Schiffsleuten mit Recht als

zu hoch bezeichn

¹) § 7: Die Stellenvermittler dürfen weder im Geschäftslokale noch in unmittelbarer Verbindung mit demselben Gast⸗ oder Schank⸗

für Jungen . . .

Leichtmatrosen. 2 Bootsmann .

1 werden nicht

2. Steuermann auf vom Heuer⸗

1. Steuermann Segel⸗ . bureau an⸗

siffen genommen. 3 bis 4 3 bis 4

Trimmer. 1 L666“*“ Maschinistenassistent.

werden nicht vom Heuer⸗ bureau an⸗ genommen.

. 95,37 127,05] 12 2. Maschinist .135,82 215,69] 20 1. Maschinist. . 215,69 328,52] 20

Es erreicht also die Gebühr nach dem von den Hamburger Heuer⸗ baasen aufgestellten Tarif eine Höhe: bei den Vollmatrosen. von 10,6 %, Bootsleuten 13,4 2. Steuerleuten 15,8 B1111““ 11 11X1X“ Maschinistenassistenten. 14 3. Maschinisten 3 125 2. Maschinisten. 14,7 bis 9,3 %, 1 6“ der Monatsheuer. Soll die Vermittelungsgebühr auf der Mühe⸗ waltung und dem Rssiko der Heuerbaase entsprechende Beträge be⸗ schränkt werden, so wird dies nur durch obrigkeitlich genehmigte oder festgesetzte Taxen zu erreichen sein. Solche Festsetzungen find in Frankreich und in Dänemark getroffen; durch das dänische Gesetz, betreffend die Heuerungsagenten, vom 12. April 1892 ist die Gebühr auf den Höchstbetrag von 7 % einer Monatsheuer beschränkt.

Die Festsetzung der Gebühr muß sich den örtlichen Verhältnissen anpassen und kann deshalb nicht einheitlich für das Reichsgebiet er⸗ folgen, sondern wird Landesbehörden mit der Verpflichtung zu über⸗ tragen sein, zuvor Vertreter der gewerbetreibenden Stellenvermittler anzuhören.

Die Gebühr wird zur Zeit fast überall ausschließlich oder doch vorzugsweise von den Schiffsleuten gezahlt. Dies erscheint unbillig und entspricht nicht der in anderen Zweigen der Stellenvermittelung herrschenden Uebung. Da die Vermittelung beiden Theilen zu gute kommt, wird die Gebühr nach dem Vorgange des dänischen Gesetzes jedem Theile zur Hälfte aufzuerlegen sein. Versuche der Rhedereien, die ihnen zufallende Gebührenhälfte auf bie Dienstsuchenden überzu⸗ wälzen, sind zwar nicht ausgeschlossen, aber im Erfolg immerhin zweifelhaft. Eine Vereinbarung, darch welche der Schiffsmann die volle Gebühr direkt übernähme, soll nichtig sein.

Der in der Praxis herrschenden Anschauung, daß der Heuerbaas für den Dienstantritt des Schiffsmanns Gewähr zu leisten hat, trägt die Vorschrift Rechnung, daß, wie auch das dänische Gesetz bestimmt, der Anspruch an die Rhederei wegfällt, falls der Schiffsmann den Dienst nicht rechtzeitig antritt.

Zu § 5. 8* 8 8

Die Fassung bringt zum Ausdrucke, daß Vorschriften über die Bücherführung und die polizeiliche Kontrole der Stellenvermittler für Schiffsleute stets zu erlassen sind und nicht nur, wie nach § 38 Abs. 2 der Gewerbeordnung hinsichtlich gewisser Gewerbebetriebe, erlassen werden können.

Der in der Gewerbeordnungsnovelle durch Ueberführung der Stellenvermittler aus Abs. 2 nach Abs. 1 des § 38 der Gewerbe⸗ ordnung vorgeseh enen Erweiterung der Befugnisse der Landeszentral⸗ behörden bedarf es gegenüber den Stellenvermittlern für Schiffsleute nicht, wenn diejenigen Anordnungen, welche bei jener Erweiterung vornehmlich ins Auge gefaßt sind Verbot des gleichzeitigen Be⸗ triebs gewisser anderer Gewerbe und Bestimmungen zur Verhütung des Kontraktbruchs (vergl. die Begründung zu Artikel 3 III bis V S. 16 der Drucksache Nr. 165) —, im Gesetze selbst gegeben werden

3, § 8 2c). 6

Zu § 6.

Die Gründe für die Zurücknahme der ertheilten Erlaubniß ent⸗ sprechen im wesentlichen den im § 53 der Gewerbeordnung für ge⸗ wisse andere Gewerbebetriebe vorgesehenen. Es erscheint jedoch zweck⸗ mäßig, im Gesetze selbst auszusprechen, daß die wiederholte Ueberschreitung der Gebührentaxe, namentlich auch dann, wenn sie auf Umwegen erfolgt, sowie der Beginn eines nach § 3 Abs. 1 verbotenen

6 3. Maschinist

verordnen im Namen des Reichs, mung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Gewerbebetriebs stets die Annahme der Unzuverlässigkeit in Bezug auf den Gewerbebetrieb begründen.

Stellenvermittlern, welche beim Inkrafttreten der Gesetzes diesen Gewerbebetrieb bereits ausüben und davon nach dem Grundsatze des § 1 Abs. 2 der Gewerbeordnung nicht um deswillen ausgeschlossen werden können, weil sie den neu aufgestellten gesetzlichen Erfordernissen nicht genügen, wird der Gewerbebetrieb wie den Pfandleibern nach dem Gesfetze vom 23. Juli 1879 53 Abs. 3 der Gewerbeordnung) nur untersagt werden können, wenn aus Thatsachen ihre Unzuverlässigkeit

erhell

Zu § 7. egen des Verfahrens und der Behörden, welche für die Zurück⸗ nahme der Erlaubniß und die Untersagung des Gewerbebetriebs maß⸗ gebend sind, sollen nach dem Vorgange des § 54 der Gewerbeordnung die Vorschriften der §§ 20, 21 daselbst gelten. Zu §8§ 8, 9.

Die Strafvorschriften bedürfen im allgemeinen keiner Er⸗ läuterung. Hervorzuheben ist, daß die Ueberschreitung der Taxe im § 8 Nr. 2b unter höhere Strafe gestellt ist als in den Fällen des § 148 Ziffer 8 der Gewerbeordnung, weil die Ausbeutung durch über⸗ mäßige Gebühren eine besondere Gefahr für die Schiffsleute bildet.

¹) Die Sätze sind etwas geringer bei einem Vorschusse von nur

Monatsheuer. ²) Für Personen, die bereits auf den Schiffen der Gesellschaften

gefahren sind, ermäßigen sich die. Sätze erheblich, oder es wird bei Wiederanmusterung nach abgelaufener Reise gar keine Gebühr

wirthsczaft betreiben; auch dürfen sie keine Stellensuchende bei sich in

1“

½ Monatsheuer und erhöhen sich bei Vorschüssen von mehr als einer

Eine Strasvorschrift gegen die Verleitung zum Bruche des

Heuervertrags 8 Nr. 2c) findet sich auch im dänischen Gesetze, be⸗ treffend die Verheuerungsagenten.

Die Vorschriften im § 38 Abs. 2 der Gewerbeordnung, betreffend

Bücherführung und polizeiliche Kontrole, entbehrten bisher des straf rechtlichen Schutzes; diese Lücke füllt Artikel 9 der Gewerbeordnungs novelle unter VI Nr. 1 aus. Eine entsprechende Strafvorschrift enthält der vorliegende Entwurf im § 9 Nr. 1.

Zu §§ 10, 11

ist nichts zu bemerken.

Entwurf eines Gesetzes, 8 betreffend b

Abänderung seerechtlicher Vorschriften des Handelsgesetzbuchs.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. nach erfolgter Zustim

Artikel 1. Die §§ 481, 547 bis 549, 553, 749 des Handelsgesetzbuch

werden durch die nachfolgend unter denselben Ziffern an

geführten Vorschriften ersetzt. nachfolgend als §§ 553 a, 553 b bezeichneten Vorschriften

Hinter § 553 werden di

ingeschaltet. eingesch § 481

Zur Schiffsbesatzung werden gerechnet der Schiffer, die Schiffs⸗ offiziere, die Schiffsmannschaft sowie alle übrigen auf dem Schiffe angestellten Personen. 5 be7

Wird ein Schiffer, der für eine bestimmte Reise angestellt ist entlassen, weil die Reise wegen Krieg, Embargo oder Blockad wegen Eishindernisse oder Beschädigung des wegen eines Einfuhr⸗ oder Ausfuhrverbots oder wegen eines andere Schiff oder Ladung betreffenden Zufalls nicht angetreten oder fort⸗ gesetzt werden kann, so erhält er gleichfalls nur dasjenige, was er von der Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bis dahin verdient hat. Dasselbe gilt, wenn ein auf unbestimmte Zeit ang gestellter Schiffer aus einem der angeführten Gründe entlassen wir nachdem er die Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat.

Erfolgt in diesen Fällen die Entlassung während der Reise, so kann der Schiffer außerdem nach seiner Wahl entweder freie Rück⸗ beförderung nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, oder eine entsprechende Vergütung beanspruchen. 8

Ein nach den Vorschriften dieses Gesetzbuchs begründeter Anspruch auf freie Rückbeförderung umfaßt auch den Unterhalt während der Reise sowie die freie Beförderung der Sachen des Schiffers.

§ 548.

Wird ein Schiffer, der auf unbestimmte Zeit angestellt ist, aus anderen als den in den §§ 546, 547 angeführten Gründen entlassen, nachdem er die Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat, so erbält er außer demjenigen, was ihm nach den Vorschriften des § 547 gebührt, als Entschädigung noch die Heuer für einen Monat und für die nach § 68 der Seemannsordnung zu berechnende voraussichtliche Dauer seiner Reise nach dem Rückbeförde⸗ rungshafen.

War die 5 nicht zeitweise, sondern in Bausch und Bog für die ganze Reise bedungen, so wird in den Fällen der §§ 546 bis 548 die verdiente Heuer mit Rücksicht auf den vollen Heuerbetrag nach dem Verhältnisse der geleisteten Dienste, sowie des etwa zurück⸗ elegten Theiles der Reise bestimmt. Zur Ermittelung der Heuer für einzelne Monate wird die durchschnittliche Dauer der Reise einschließlich der Ladungs⸗ und Löschungszeit unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Schiffes in Ansatz gebracht und danach die Heuer für die einzelnen Monate berechnet. Bei Berechnung der Heuer für einzelne Tage wird der Monat zu 30 Tagen

gerechnet. § 553.

Falls der Schiffer nach Antritt des Dienstes erkrankt oder eine Verletzung erleidet, so trägt der Rheder die Kosten der Ver⸗ pflegung und Heilung. Diese Verpflichtung erstreckt sich: 81) wenn der Schiffer wegen der Krankheit oder Verletzung

die Reise nicht antritt, bis zum Ablaufe von drei Monaten seit der Erkrankung oder Verletzung;

2) wenn er die Reise angetreten hat

a. bis zum Ablaufe von drei Monaten nach dem

Verlassen des Schiffes in einem europäischen Hafen, mit Ausschluß eines Hafens der Türkei,

des Schwarzen und des Azowschen Meeres; bis zum Ablaufe von sechs Monaten nach dem Verlassen des Schiffes in einem außer⸗ europäischen Hafen oder in einegr Hafen der Türkei, des Schwarzen oder Azowschen Meeres.

Die Verpflegung und Heilung kann durch Aufnahme des Schiffers in eine Krankenanstalt gewährt werden.

at der Schiffer seinen Wohnsitz an dem Orte, wo er das

chiff verläßt oder an dem Orte der Krankenanstalt, in welche er aufgenommen werden soll, so kann die Auf⸗ nahme nur erfolgen: 1) für den Schiffer, welcher verheirathet ist oder 8 keine eigene Haushaltung hat oder Mitglied der Haushaltung seiner Familie ist, mit seiner ‚oder unabhängig von derselhen, wenn die Art der Krankheit Anforderungen an die Behandlung oder Verpflegung stellt, welchen in der Familie des Erkrankten oder Verletzten nicht genügt werden kann, oder wenn die Krank⸗ heit 8r ansteckende ist, oder wenn der Zustand gder das Verhalten des Schiffers eine fortgesetzte Beobachtung erfordert; 2) in sonstigen Fällen unbedingt.

Wenn der wegen Krankheit oder Verletzung im Aus⸗ lande gebliebene Schiffer mit Genehmigung des be⸗ handelnden Arztes nach einem deutschen Hafen befördert und dort in eine Krankenanstalt aufgenommen wird, so erstreckt sich die Verpflichtung des Rheders auch im Falle 2 b des Abs. 1 längstens bis zum Ablaufe von drei Monaten seit der Aufnahme in die Krankenanstalt.

Der Schiffer, welcher sich der Heilbehandlung gegen den Willen des Arztes entzieht, verwirkt vom Tage der Ent⸗ ziehung an den Anspruch auf kostenfreie Verpflegung und Heilung. Im Auslande kann die Einwilligung des Arztes durch die Genehmigung des Seemannsamts er⸗ setzt werden. 88

Falls der Schiffer nicht mit dem Schiffe nach dem Heimathshafen oder dem Hafen wo er geheuert worden ist, zurückkehrt, gebührt ihm ferner freie Zurückbeförderun 547) oder nach seiner Wahl eine entsprechende Vergütung.

§ 553 a. 1“

Die Heuer, einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile, bezieht

der erkrankte oder verletzte 1 b wenn er die Reise nicht antritt, bis zur Einstellung des Dienstes;

¹) Die Abweichungen vom gegenwärt⸗un Wortlaut des Handels⸗

gesetzbuchs sind durch gesperrten Druck gekennzeichnet.