stellungsmethoden und Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Haus⸗ industrien, sondern von Fall zu Fall vorgehen müssen. So werden wir uns auch s. Zt. mit der Spielwaarenindustrie beschäftigen, aber was wir thun können, wird nur in allgemeinen hygienischen Maß⸗ regeln auf Grund der Gewerbeordnung bestehen; in das Verhältniß von Angebot und Nachfrage, in die Verhältnisse der Preisregulierung einzugreifen, sind wir außer stande. Wenn also der Herr Vorredner diesen unglücklichen Menschen wirklich dienen will, so mag er seine Bemühungen darauf richten, ihnen Gelegenheit zu geben, in andere Erwerbszweige überzugehen. Wenn schließlich der Herr Vorredner gesagt hat, das Geld, was die meiningensche Regierung aus dem Holzertrag ihrer Forsten heraus⸗ nimmt, wäre ein Blutgeld, so scheint mir dieser Ausdruck doch sehr weit gegriffen zu sein; der erste Grundsatz jeder fiskalischen Ver⸗ waltung, jeder Staatsverwaltung ist, daß sie aus dem Staatsvermögen Geschenke nicht machen darf; sie muß den Preis nehmen, der ihr im Konkurrenzkampf angeboten wird. Wenn sie das nicht thäte, würde sie gegen den ersten Grundsatz einer fiskalischen Verwaltung verstoßen, sie würde willkürlich Geschenke machen, und dazu ist kein Fiskus in der Welt gegenüber den Steuerzahlern berechtigt. Abg. Reißhaus: Wie sollen denn die verheiratheten Männer, die eine Schaar von Kindern haben, einfach ihre Wohnstätte verlassen, um etwas Anderes zu ergreifen? Gehen sie wirklich weg, so hinter⸗ lassen sie Frau und Kinder in einem noch größeren Elend. Die jungen Leute gehen ja ohnehin fort, sobald als sie können. Mit Lächeln geht man immer wieder über diese scheußlichen Zustände hin⸗ weg. Mit dem Ausdruck „Blutgeld“ glaube ich demnach nicht zu viel gesagt zu haben. Vize⸗Präsident Dr. von Frege: Der Ausdruck „Blutgeld“ ist in diesem Zusammenhange unzulässig. Abg. Bebel (Soz.) führt aus: Es sei charakteristisch, daß that⸗ sächlich in den letzten Jahren die Hausindustrie an Ausdehnung zu⸗ genommen habe. Das gelte vor allem für die Zigarrenindustrie, und rrotz oder vielleicht auch wegen der Einführung der besonderen Schutz⸗ vorschriften. Daraus gehe hervor, daß die Unternehmerschaft noch immer bei der Hausindustrie ganz besonders auf ihre Rechnung komme. Diesen Zuständen könne nur dadurch ein Ende gemacht werden, wenn auch die Hausindustrie der Gewerbeordnung und der Fabrikaufsicht unterstellt werde. Die Kommission für Arbeiterstatistik habe sich hauptsächlich mit den Verhältnissen in den Gewerben zu beschäftigen, welche den sogenannten hvgienischen Maximalarbeitstag erforderten. Dieselbe habe sich zuletzt mit der Lage des Gastwirthspersonals befaßt. Schon i. J. 1893 seien über die Arbeitszeit der Kellner Erhebungen an⸗ gestellt worden, welche geradezu haarsträubende Resultate ergeben bätten. 43 % aller Angestellten hätten 14 — 16, 29 % 16—18, 9 % über 18 Stunden täglich zu thun. Die Kommission hbabe trotzdem die Anträge des Referenten abgelehnt und sich darauf beschränkt, eine Ruhezeit von 8 Stunden vorzuschreiben. Zu 16 Stunden Arbeit sollen die Kellner und Kellnerinnen, Köche und sonstigen Gehilfen herangezogen werden können. Dabei solle noch nicht einmal das ganze in den Gastwirthschaften beschäftigte 8 2 berücksichtigt werden; die Kinder sollen ausgeschlossen sein. Das werde die Unternehmer veranlassen, den Begriff des Kindes möglichst weit auszudehnen. Er (Redner) bitte daher die Regierung, sich die Beschlüsse der Kommission sehr genau anzusehen und zu er⸗ wägen, ob man nicht wenigstens soweit in diesem Punkte gehen solle, wie es s. Z. das Reichs⸗Versicherungsamt verlangt habe. Arbeite die Kommission in dem Sinne weiter, wie er sich in diesen Beschlüssen bekunde, so werde sie sich um den letzten Kredit bringen. Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: 1 Meine Herren! Ich möchte einen Irrthum des Hrn. Abg. Bebel w derlegen. 1 Es ist mir selbstverständlich nicht eingefallen — dazu habe ich zu lange im praktischen Leben gestanden —, vorzuschlagen, daß die lten Heimarbeiter vom Thüringerwalde noch einen anderen Beruf ergreifen sollten. Unter diesen Leuten sind ja Menschen, die ihr Leben lang so einseitig beschäftigt sind, daß jeder Sachkundige schon an ihrer änußeren Erscheinung sieht, was für Arbeit sie verrichten. Daß diese Leute nicht mehr ihren Beruf wechseln können, ist richtig, und alles, was Herr Bebel gesagt hat über ihre mangelhafte Arbeitskraft für andere anstrengende Arbeit, kann ich ohne weiteres anerkennen. Aber das nehme ich allerdings an, daß die jüngere Generation sehr wohl in der Lage wäre, wenn die Zustände in der That so traurig sind, sich einen anderen lohnenderen Erwerb zu suchen. Ich kann auch das zu⸗ gestehen, daß, je schärfer wir die Schutzbestimmungen für Fabriken gestalten, desto mehr die Neigung wächst, die Arbeiten in die Haus⸗ industrie zu verlegen. Für diese Annahme spricht die Thatsache, daß die Zahl der Heimarbeiter eine wachsende ist. Diese Erwägungen aber, Herr Abg. Bebel, haben mich gerade veranlaßt, als Gegenstück der Schutzverordnungen für die Fabriken zu erklären, daß ich mich jetzt der Frage der Kontrole der Hausindustrie widmen wolle. Es wird in den allernächsten Tagen im Reichsamt des Innern als Vorlage für den Bundesrath die Verordnung, betreffend die Anwendung der Vorschriften der Gewerbeordnung auf die Motorwerkstätten, festgestellt werden. Ebenso ist in Vorbereitung eine Verordnung auf dem Gebiete, das der Herr Vorredner besonders erwähnte, d. h. der Tabackindustrie im Hausgewerbe. Aber eins muß ich doch dazu bemerken: man muß bei diesen Verordnungen außerordentlich vorsichtig vorgehen, denn es handelt sich da allerdings zum theil um seit Jahrunderten bestehende Verhältnisse (Zurufe bei den Sozialdemokraten); es fällt ins Gewicht, daß die Hausarbeiter vielfach ein eigenes Heim besitzen, das sie für den industriellen Betrieb ausnutzen, und daß, wenn man gegen ihren Betrieb zu rücksichtslos vorgeht, man ihr kleines Besitz⸗ tham unter Umständen vollkommen entwerthen kann. Würde man die Bestimmungen z. B. für die Heimarbeiter auf dem Gebiet der Zigartenindoftri⸗ in Westfalen zu scharf gestalten, so würden die Leute idr Besitzthum garnicht mehr verwerthen können, sie würden einen Vermögensverlust erleiden, weil ein Theil ihres Vermögens eben in dem kleinem Erandbesitz besteht, den sie gleichzeitig als Fabrik ver⸗ wenden. Die Herren können sich darauf verlassen, daß ich den besten Willen habe, aber wenn wir nicht den Leuten viel mehr schaden als nützen wollen, müssen wir auch unter Berücksichtigung aller dieser Verhältnisse vorgehen. Die allgemeine Richtungslinie ist durchaus richtig, daß man auch die Verhältnisse der Hausindustrie unter die Lupe nimmt, wenn man fortgesetzt verschärfte Bestimmungen für die Fabrikindustrie erläßt. Abg. Hoch (Soz.) fordert eine Unterf der Verhältnisse in der Edelmetallindustrie durch die Kommission. dieser Industrie lägen die Verhältnisse derart traurig, daß sich keine Lehrlinge für sie mehr finden wollten, und zwar übten die furchtbaren, mit diesem Betriebe verbundenen Berufskrankheiten diese abschreckende Wirkung aus.
Die Ausgaben für diese Position und der Rest des
“ für das Schiffsvermessungsamt, für die entscheidende
die Seeämter. Bei den Ausgaben für das Statistische Amt weist der Abg. Roesicke⸗Dessau (b. k. Befriedigung darauf hin, daß im vorigen Jahre das große Werk der Berufs⸗ und Gewerbe⸗ zählung von 1895 zu Ende geführt worden sei, und spricht seine volle Anerkennung für die gediegene Arbeit aus, welche das Statistische Amt geleistet habe. Abg. Dr. Hitze (Zentr.) schließt sich dieser Anerkennung an. Abg. Thiele (Soz.) bemängelt die statistische Aufnahme über Lohn⸗ bewegungen und Ausstände. In der großen Mehrzahl der Fälle begnügten sich die Polizeibehörden mit der Befragung der Unternehmer und ließen die Arbeiter gänzlich bei Seite. Ueber die Nothwendigkeit und Berechtigung von Strikes sollte sich diese Erhebung überhaupt nicht erst verbreiten. Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Woedtke: Ueber die Nothwendigkeit von Strikes mich hier auszulassen, habe ich keine ausreichende Veranlassung. Hätte der Vorredner die über die Auf⸗ nahme der Strikestatistik erlassenen Bedingungen näher angesehen, so hätte er seine Vorwürfe nicht erhoben. Es sollen vom 1. Januar 1899 am Ende jedes Vierteljahres summarische Uebersichten gegeben werden. Bis jetzt ließ sich selbstverständlich für das letzte Vierteljahr 1899 diese Uebersicht noch nicht veröffentlichen. Uebrigens prüft das Statistische Amt auch alles Material, was neben den amtlichen Nach⸗ richten einhergeht, so besonders die große Zahl der Strikenachrichten in den sozialdemokratischen Blättern. Selbst ein solches Blatt hat anerkannt, daß die jetzigen vierteljährlichen Uebersichten in den Publi⸗ kationen des Statistischen Amts vollständiger sind als die früheren der Gewerkvereine. Die Quelle für die Nachrichten sind keineswegs allein die Arbeitgeber. 8 Abg. Schrader: Eine gute Strikestatistik ist keine leichte Auf⸗ gabe, und daher ist es nicht verwunderlich, daß der erste Versuch nur mäßig befriedigt hat. Die Statistik wird sich mit den Jahren bessern. Bedauerlicherweise werden diese statistischen Arbeiten nur wenigen Auserwählten zugänglich; in Amerika wird in diesem Punkte mit der größten Liberalität verfahren. Auch bei uns sollten diese Publikationen möglichst umsonst verbreitet werden. Die Ausgaben werden bewilligt. Bei den Ausgaben für das Reichs⸗Gesundheitsamt fragt der Abg. Schrempf (d. kons.) an, wieweit die Erforschung der Maul⸗ und Klauenseuche gediehen sei, wofür in den letzten drei Jahren je 30 000 ℳ extraordinär ausgeworfen worden seien. Nach dem Etat solle diese Erforschung jetzt dauernd betrieben und die Mittel dafür in das Ordinarium aufgenommen werden.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich möchte den Herrn Vorredner bitten, über die Immunisierungs⸗ versuche zur Bekämpfung von Thierkrankheiten etwas weniger pessi⸗ mistisch zu denken. Diese Immunisierungsversuche haben gegenüber dem Rothlauf der Schweine ganz außerordentliche Erfolge aufzuweisen. Die Immunisierungsversuche bei der Maul⸗ und Klauenseuche bestehen in einer passiven und einer aktiven Immunisierung. Die passive Im⸗ munisierung besteht darin, daß man gesunde Thiere dadurch zu schützen sucht, daß man sie impft mit dem Serum, welches von Thieren ge⸗ wonnen ist, die die Seuche bereits durchgemacht haben. Die aktive Immunisierung besteht darin, daß man diesem Serum noch ein Quantum des Giftes, des Virus von Thieren zusetzt, die an der Maul⸗ und Klauenseuche noch leiden. Herr Preofessor Löffler aus Greifswald hat sich in der Erforschung dieser Behandlungsmethode ganz außerordentliche Verdienste erworben, und in Verbindung mit dem Kaiserlichen Gesundheitsamt werden diese Forschungen fortzgesetzt. Der Kernpunkt, auf den es bei der ganzen Sache ankommt, ist der, festzustellen, welches Quantum des Virus man zu dem Serum bei⸗ setzen muß, welches man von durchseuchten Thieren gewonnen hat, um eine erfolgreiche Immunisierung gesunder Thiere zu erreichen.
Bisher war man zweifelhaft darüber, bei welcher Art von Thieren man die experimentellen Versuche machen müsse und mit Erfolg machen könne, um festzustellen, wie groß der Zusatz von Virus zu dem. Serum sein muß, welches von durchseuchten Thieren gewonnen ist, um mit dieser Kombination gesunde Thiere zu immunisieren. Man ist jetzt der Ansicht, daß zu diesen Versuchen das Schwein das geeignetste Thier ist; man setzt jetzt diese Versuche fort, und die Sachverstän⸗ digen mit Herrn Professor Löffler sind allerdings der Ansicht, daß man auf diese Weise ein Serum finden dürfte, welches für das Rind⸗ vieh zur Bekämpfung von Maul⸗ und Klauenseuche dieselben Dienste leistet, die das Serum zur Bekämpfung des Rothlaufs bei den Schweinen bereits geleistet hat.
Ich möchte also den Herrn Vorredner bitten, sich mit seinem abschließenden Urtheil zu gedulden; wir hoffen, daß wir die richtige Mischung finden werden.
Abg. Schrempf erklärt sich durch diese Auskunft für befriedigt. Abg. Dr. Weißenhagen (Zentr.): Seit 12 bis 15 Jahren kämpft die Regierung gegen die Maul⸗ und Klauenseuche mit allen möz⸗ lichen Mitteln, und nie ist ein Erfolg zu verzeichnen ge⸗ wesen. Die Seuche wird besonders lästig und nachtheilig für die kleinen Leute auf dem Lande bei uns in Bayern wegen der damit verbundenen einschneidenden Sperrmaßregeln, sodaß es dem kleinen Mann, wenn er sein Vieh nicht verkaufen kann, sehr häufig an Geld fehlt, um seine Steuern zu bezahlen oder auch nur seine Existenz zu fristen. Die Sperrmaßregeln nützen nichts, da nach einer auch von Fachleuten getheilten Ansicht die Ansteckung weit mehr durch Fliegen übertragen wird. Sehr nothwendig wäre eine Erleichterung der Sperrmaßregeln.
Abg. Fürst zu Inn⸗ und Knyphausen (d. kons.) erklärt, er stehe der Frage, ob es überhaupt möglich sei, den Ursachen der Krank⸗ heit auf den Grund zu kommen und zu einer durchgreifenden Abwehr zu gelangen, nach seinen Erfahrungen skeptisch gegenüber und bitte den Staatssekretär, sich nicht zu energisch auf die Fortführung dieser wissenschaftlichen Untersuchungen einzurichten.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Bei allen diesen Viehseuchen giebt es zwei Parteien; die Partei derjenigen, deren Gehöft von der Viehseuche frei ist, wünscht die schärfste Absperrung, und die Partei derjenigen, deren Vieh von der Seuche ergriffen ist, wünscht möglichst freien Verkehr. Zwischen diesen beiden Richtungen muß man nun einigermaßen die Mitte zu halten suchen.
Ob die wissenschaftlichen Versuche, von denen ich vorhin gesprochen habe, einen endgültigen Erfolg haben werden, dafür kann ich selbst⸗ verständlich keine Gewähr übernehmen. Aber die Herren der Wissen⸗ schaft hoffen das und wünschen deshalb diese Untersuchungen noch fortzusetzen.
Wir haben auf diesem Gebiete vielfach schon sehr glückliche Resultate erreicht. Was meine Thätigkeit bei den Absperrungs⸗ maßregeln betrifft, so ist dieselbe ziemlich bescheiden; denn die Aus⸗ führungsverordnungen werden von den Polizeibehörden erlassen; sowohl
Kapitels werden bewilligt; desgleichen ohne Debatte die Aus⸗ für das Bundesamt für das Heimathswesen,
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Disziplinarbehörde, für das Ober⸗Seeamt und für
lichen Märkte u. s. w., ist die Anordnung lediglich Sache de Polizei, und ich glaube, die Herren, die hier Beschwerde füͤhren müssen sich an ihre Landesbehörden und insbesondere an die betreffenden Polizeibehörden wenden.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan konstatiert mit Befriedigung, daß für die biologische Abtheilung jetzt 39 000 ℳ, 14 000 ℳ mehr alz im
vorigen Etat, ausgeworfen seien. Redner verbreitet sich dann über di nächsten Aufgaben der Abtheilung und die beste Art ihrer Loösung.
Das Kapitel wird bewilligt.
Zu dem Kapitel „Patentamt“ befürwortet Abg. Dr Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.) einen Antrag, die ver⸗ bündeten Regierungen zu ersuchen, die Patentgebühren herabzusetzen.
— Der Antragsteller weist darauf hin, da xn
1891 ein tkFagf Perfama noaa worden dnn Jahr Interesse der Erfinder dringend um Annahme. Fast alle anderen Länder hätten geringere Patentgebühren als Deutschland. Ein großer Mißstand sei auch, daß zwischen der Anmeldung und Ertheilung eines Patents zuweilen eine Frist bis zu 1 ½ Jahren liege, eine Folge der ganz ungenügenden Besetzung und zum theil der nicht ausreichenden Qualifikation der Beamten dieser Reichz. behörde. Bei der Patentertheilung scheine überdem eine übermäßige Strenge zu walten. Andererseits drobe das Ausland, namentlich England, auch auf diesem Gebiete mit Repressalien.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Bei der vorgerückten Zeit will ich auf die außer⸗ ordentlich schwierige Frage so kurz wie möglich antworten. Zunächst kann ich den Vergleich in Bezug auf den Prozentsatz der Patentierungen in anderen Staaten nicht für zutreffend erklären; denn in anderen Staaten ist eben ein anderes Patentierungsverfahren, und das deutsche Patentierungsverfahren ist ein besonders gründliches und ein so aus⸗ gezeichnetes, daß deutsche Patente im Auslande sich einer hervor⸗ ragenden Anerkennung und Werthschätzung erfreuen. Sie koͤnnen in englischen und deutschen Zeitungen deutsche Patente angezeigt finden, wobei es zur Empfehlung ausdrücklich heißt: „Patentiert in Deutschland“.
Daß die Anzahl der Patentanerkennungen zurückgegangen ist, ist richtig. Meines Erachtens aber aus einer sehr natürlichen Ursache. Je mehr die Sachverständigen ihre Kenntniß von der betreffenden Industrie vertiefen, je mehr sie die einschlägige Literatur studieren, desto mehr erkennt man auch, daß sehr viele Dinge, die zur Paten⸗ tierung als neu angemeldet sind, nicht neu sind, und daß es da auch heißt: es ist alles auf der Welt schon dagewesen. Daß also mit der zunehmenden Kenntniß der einzelnen Branchen sich auch die Möglich⸗ keit, etwas Neues dem Patentamt vorzuführen, verringert, das ist ein ganz naturgemäßer Vorgang.
Im übrigen thue ich, was ich in der Sache thun kann. Ez werden die Anmeldeabtheilungen fortgesetzt vermehrt, um dadurch eine gründliche Durcharbeitung des technischen Stoffes zu ermöglichen. Ebenso bemühe ich mich, im Sinne des Herrn Vorredners die Zahl der technischen Kräfte zu vermehren. Sie finden in diesem Etat wieder eine Vermehrung um acht hauptamtliche Stellen, von denen sechs mit Technikern besetzt werden sollen. (Sehr gut!) Nun, meine Herren, komme ich auf die Höhe der Patentgebühren. Ich vermag mich dem Antrage des Herrn Vorredners nicht anzuschließen. Die Patent⸗ gebühren haben doch folgenden Zweck: Sie sollen so bemessen sein, daß einerseits die Industrie nicht zu sehr belastet wird, andererseits aber darin auch eine gewisse Schutzwehr gegen unberechtigte Nach⸗ suchung von Patenten geschaffen werde. Daß die Patentgebühren nicht zu hoch sind, ergiebt sich daraus, daß die Patentanmeldungen in so riesigem Umfang fortgesetzt wachsen. Im Jahre 1876 waren es 6000 Anmeldungen, 1888 10 000 und 1898 20 000. Die Patentgebühren sind gesetzlich so bemessen, daß im ersten Jahre eine Patentgebühr von 30 ℳ bezahlt wird und diese Patentgebühr von Jahr zu Jahr wiederholt erlegt werden muß, indem sie sich um 50 ℳ jährlich erhöht. Auch das ist meines Erachtens eine durchaus verständige Vorschrift des Gesetzgebers, um die Freiheit der Industrie zu sichern und durch steigende Gebühren dem Patentinhaber jedes Jahr nahe zu legen, ob er sein Patent noch aufrecht erhalten will oder nicht besser auf dasselbe verzichtet. Ich meine also, meine Herren, einer⸗ seits gegenüber den steigenden Kosten des Patentamts an sich, und andererseits gegenüber der fortgesetzt zunehmenden Zahl der Patent⸗ anmeldungen empfiehlt es sich nicht, die Patentgebühren zu ermäßigen. Das würde meines Erachtens nur vollkommen unberechtigten Patent⸗ anmeldungen Vorschub leisten. Viel wichtiger ist es, den Stand der Patentanwälte zu reformieren; denn die Gebühren, die die Patent⸗ anwälte verlangen, sind unendlich viel größer und drückender für den Erfinder wie die Gebühren, die er an das Reich zu leisten hat, und da ist Ihnen bereits ein Gesetzentwurf zugegangen, der dahin strebt, diese Personen in ihren wissenschaftlfchen Kenntnissen und in ihrem sozialen Ansehen zu heben, und damit auch eine Garantie für die Patentnachsucher zu schaffen, daß von diesen Patentanwälten nur solche Patente nachgesucht und vertreten werden, die es voraussichtlich wirklich verdienen.
Abg. Möller⸗Duisburg (nl.): Die Beschwerden, daß die Vor⸗ entscheidungen nicht genügend mit Sachverständniß getroffen werden, dauern allerdings fort. Eine Untersuchung darüber, ob eine Herab⸗ setzung der Gebühren nicht angezeigt wäre, könnte man immerhin heute verlangen; aber der Antrag kommt uns zu plötzlich, sodaß wir
die Meinung der Interessenten nicht einholen können. Zur Zeit bin ich also nicht in der Lage, dem Antrage zuzustimmen.
„Damit schließt die Diskussion. Das Kapitel wird be⸗ willigt; die Abstimmung über den Antrag Müller wird in einem späteren Stadium der Berathung erfolgen.
Hierauf vertagt sich das Haus.
Schluß gegen 5 ¾¾ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr Fortseßung der Berathung des Etac des Reichsamts des Innern; 5 betreffend die Konsulargerichtsbarkeit en
nach § 59 a. der Verordnung bezüglich der Absperrungsmaßregeln wie
848
nach § 64, der solche Maßregeln vorschreibt in Bezug auf die öffen.
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—
en Reichs⸗Anzeiger und Königlich P
Zweite Beilag
1“
Berlin, Montag, den 15. Januar
reußis chen
8
8⸗Anzeiger.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Betriebsergebnisse der vereinigten preußischen und
hessischen Staatseisenbahnen im Jahre 1898/99. II. *)
Die Gesammteinnahmen der in die preußisch⸗hessische Be⸗ einbegriffenen Staatseisenbahnen haben im Rech· nungsjahr 1898/99 1263,4 Millionen Mark gegen 1188,6 Mill. Mark im Vorjahre betragen. Es ist somit eine Steigerung um 74,8 Mill. Mark oder 6,30 % eingetreten. Auf 1 km durch· schnittlicher Betriebslänge zurückgeführt, ergeben die Einnahmen 42 696 ℳ, 1835 ℳ oder 4,49 % mehr als im Vorjahre. Die Ein⸗ nahmen des Jahres 1898/99 würden sich um 25,6 Mill. Mark höher gestellt haben, wenn die Reichspostverwaltung die Leistungen der Eisenbahnverwaltung voll vergütet hätte. 1
Die Gesammtausgaben haben im Berichtsjahre für den Bereich der EEETöe“ Betriebsgemeinschaft 726,8 Mill. Mark gegen 656,9 Mill. Mark im Vorjihre, der Zugang dem⸗ nach 69,9 Mill. Mark oder 10,64 % betragen. — Als Betriebs⸗ überschuß verblieben 536,6 Mill. Mark gegen 531,7 Mill. Mark im Vorjahre; er ist somit um noch nicht ganz 5 Mill. Mark oder um 0,93 % gesti'gen. Im Verhältniß zu den Gesammt⸗ einnahmen betrug der Ueberschuß 42 47 % gegen 44,73 % im Vor⸗ jahre. Im Verhältniß zum durchschn ttlichen Anlagekapital (7589,3 Mill. Mark) ergab sich eine Verzinsung von 7,07 % gegen 7,14 % im Vorjühre. Der Antheil Hessens am Betriebsüberschuß ist auf 9 464 658 ℳ gegen 9 465 560 ℳ im Vorjahre berechnet.
Die Einnahmen der vereinigten preußischen und hessischen Staatseisenbvahnen aus ö und Gepäckvertehr beliefen sich auf 341,9 Mill. Mark, im Vorjahre auf 319,2 Mill Mark; sie sind demnach um 22,7 Mill. Mack oder 7,10 % gestiegen, während die durchschnittliche Betriebslänge für den Personenverkehr nur um 1,68 % zugenommen hat. An den Gesammteinnahmen ist der Personen⸗ und Gepäckverkehr mit 27,06 % betheiligt. Der erheblichste Theil der Einnabmen aus dem Personen⸗ und Gepäckoerkehr entfällt in Höhe von 292,5 Mill. Mark oder 85,55 % auf den inneren Verkehr der vereinigten preußischen und hessischen Staatseisen⸗ bahnen, während der Verkehr mit den fremden Bahnen, einschließlich des Durchgangsverkehrs, mit 49,4 Mill. Mark oder 14,45 % betheiligt ist. — Auf den Strecken des Berliner Vorortverkehrs wurden in der Zeit vom 1. Oktober 18)7 bis 30. September 1898 bei 54 530 492 zurückgelegten Fahrten 10,296 Mill. Mark, gegen 9,391 Mill. Mark bei 48 707 251 Fahrten in derselben Zeit des Vorjahres und 6,463 Mill Mark bei 23 380 985 zurückgelegten Fahrten im Jabre 1890/91, somit um 9,6 % mehr als im Vorjahre und um 59,3 % mehr als im Jahre 1890/91 vereinnahmt, wäbrend an Fahrten 12 % mehr als im Vorjahre und 133,2 % mehr als im Jahre 1890/91 zurückgelegt wurden. “ 8
Die Einnahme aus der Personenbeförderung allein hat im Rechnungejahre 1898/99 330 1 Mill. Mark, 21,8 Mill. Mark oder 7,06 % mehr als im Vorjahre betragen. Auf die einzelnen Wagenklassen vertheilen sie sich, wie folgt: Es wurden eingenommen für die I. Wagenklasse 14,5 Mill. Mark oder 4 39 % der Gesammteinnahme aus der Personenbeförderung (1,1 Mill. Mark oder 8,13 % mehr als im Vorjahre), für die II. Wageaklasse 76,5 Mill. Mark oder 23,17 % (+ 4,5 Mill. Mark oder 6,19 %), für die III. Wagenklasse 130,7 Mill. Mark oder 39 60 % (+ 7,4 Mill. Mark oder 5,99 %), für die IV. Wagen⸗ klasse 99,2 Mill. oder 30,05 % (+ 8,4 Mill. Mark oder 9,27 %) und für die Militärbeförderung 9,2 Mill. Mark oder 2 79 % (+ 0,4 Mill. Mark oder 4,80 %). Hiernach brachte von den vier Wageaklassen die III. die größte Einnahme, dagenen die IV. den größten Theil der Mehreinnahme (mit 8,4 Mill. Mack = 38,65 % derselben) auf; verhältnißmäßig am stärksten gegenüber dem Vorjahre stiegen die Einnahmen der 1V. und demnächst die der I. Wagenklasse.
Die Gesammtzahl der beförderten Personen oder der auf je eine ausgegebene Karte zurückgelegten Fahrten — für die Rüͤck⸗ fahrkarten sind zwei Personen [Fahrten] und für die Zeitkarten täglich eine Hin⸗ und eine Rückfahrt, also täglich zwei Personen ([Fahrten] ge⸗ rechnet — betrug im Berichtsjahre 522 278 722, 42 785 697 obder 8,92 % mehr als im Vorjahre. Von der Gesammtzahl der Reisenden (Fahrten) benutzten die I. Wagenklasse 1 740 87 (131 955 oder 8,20 % mehr als im Vorjahre) die II. 51 555 036 (+ 3 400 876 oder 7,06 %), die III. 260 356 898 (+ 15 674 807 oder 6,41 %), die IV. Wagenklasse 201 397 097 (+. 23 287 538. oder 13,07 %), und auf die Militärbeförderung entfielen 7 229 504 (+ 290 521 oder 4,19 %) Reisende. Hiernach ist von den vier Wagen⸗ klassen die III. diejenige, welche die größte Zahl der Reisenden auf⸗ weist, dagegen die IV. diejenige, deren Benutzung im Vergleich mit dem Vorjahre am stärksten zugenommen hat. Es hat dies seinen Grund in der Einführung der 1V. Klasse auf den Strecken des ehe⸗ maligen hessischen Ludwigs Eisenbahn⸗Unternehmens und den ober⸗ hessischen Eisenbahnen, sowie in dem gesteigerten Auswanderer⸗ und Arbeiterverkehr. — Die Beförderungsstrecke für eine Person, d. h. die auf j de Fahrkarte im Durchschnitt zurückgelegte Wege⸗ strecke, berechnet sich für die I. Wagenklasse auf 106, 94 km, für die II. auf 32,40 km, für die III. auf 18,54 km, für die IV. auf 25,12 und für die Militärbeförderung auf 83,98 km, im Gesammt⸗ durchschnitt auf 23,65 (im Vorjahre auf 23,76) km Die größte Wegestrecke ist somit in der I., die kürzeste in der III. Wagenklasse zurückgelegt worden. Eine Steigerung hat sich bei den ersten drei Klassen und der Militärbeförderung ergeben; bei der IV. Wagenklasse und im Ganzen ist dagegen eine geringe Verkürzung der Wegesteecke im Vergleich mit dem Vorjahre eingetreten: eine nothweneige Fol⸗e der stärkeren Benutzung der IV. Wagenklasse. — Die durchschnittliche Einnahme aus der Beförderung einer Person benug in der I. Wagenklasse 8,33 ℳ (gegen das Vorjahr — 1 J), in der II. 1,48 ℳ (— 2 ₰), in der 11I. 50 ₰ (wie im Vorjahre), in der IV. 49 (— 2) ₰, bei der [I“ 1,27 ℳ (wie im Vorjahre), im Gesammtdurchschnitt 63 (— 1) ₰. —
8 den hier mitgetheilten Zahlen sind mitenthalten die Er⸗ gebnisse des Rückfahrverkehrs, des Verkehrs auf zusammengestellte Fahrscheinhefte, des Schlaswagenverkehrs und des Erlöses aus dem Verkaufe der Platzkarten. Die Einnahmen aus dem gesammten Rückfahrverkehr (auf gewöhnliche Rückfahrkarten, Arbeiter⸗ Rückfahr⸗ und ⸗Wochenkarten, Sommerkarten, Sonder⸗ rückfahrkarten, Sonntagze, Zent“ und Schülerkarten) er⸗ gaben 116,8 Mill. Mark, 9,2 Mill. Mark oder 8,56 % mehr als im Vorjabre. An der Gesanmteinnahme aus der Personenbeförderung in der Verkehr auf Rückfahrkarten mit 35,38 (im Vorj mit 34,89) % betheiligt. Ueber drei Viertel, 78,20 %, der Einnahmen aus letzterem ent⸗ fallen auf die g woͤhnlichen Rückfahrkarten, 6,07 % auf Ze tkarten, 4,11 % auf Arbeiter⸗Wochenkarten und 2 03 % auf Arbeiter⸗Rückfahrkarten, 4,10 % auf Sommerkarten, 3 68 % auf Sonntagekarten, 1,39 % auf Sonderrückfahrka ten und 0,42 % auf Schülerkarten. Im Vergleich mit dem Vo jitre ist die verhältnißmäßig größte Einnahmesteigerung
um 21,14 % bi den Sonntagskarten, demnächst bei den Arbeiter⸗ Vochenkarten (um 18,60 %) und den Arbeiter⸗Rückfahrkarten (um 16,49 %) hervorgetreter. Die Gesammtzahl der verkauften Rückfahr⸗ karten betrug 57 660 376, 2 580 582 oder 4,69 % mehr als im Vorjahre,
*) S. Nr. 12 des „R. u. St⸗A.“ vom 13. d. M., Erste Beilage.
und zwar wurden ausgegeben: 40 968 370 gewöhnliche Rückfahrkarten, 5 237 304 Arbeiter⸗Wochenkarten und 4 470 235 Arbeiter⸗Rückfahr⸗ karten, 4 709 675 Sonntagskarten, 1 209 864 Zeitkarten, 722 081 Sonderrückfahrkarten, 308 689 Sommerfarten und 34 158 Schüler⸗ karten. An der Steigerung in der Stückzahl nehmen die Sonntags. karten, deren 854 647 oder 22,17 % mehr als im Vo jabhre verkauft wurden, ebenfalls in erster Reihe theil; dann folgen die Aebeiter⸗ Wochenkarten (+ 655 690 Stück oder 14,31 %) und.⸗ Arbeiter Reck fahrkarten (+ 503 333 oder 12,69 %), die Zeitkarten (+ 141 616 oder 13,26 %), die Sommerkarten (+ 28 741 oder 9,48 %), die Sonderrückfahrkarten (+ 43 265 oder 6 37 %), die Schülerkarten (+ 1817 oder 5,61 %), endlich die gewöhn⸗ lichen Rückfahrkarten (+ 353 473 Stück oder nur 0,87 %) Fahrten wurden auf Rückfahrkarten 249 592 159 zurückgelegt (20 212 131 oder 8 81 % mehr als im Vorjabre), das siad 47,79 % der Gesammtzahl der im Berichtsjahre überhaupt beförderten Personen. — Zu⸗ sammengestellte Fahrscheinhefte sid von den preußischen und hessischen Ausgabestellen im Jahre 1898/99 452 328, 21 854 oder 5,08 % mehr als im Vorjahre verkauft worden. Die dafür erzielten Einnahmen betrugen rund 21 Mill. Mark, über 1 Mill. Mark oder 5,05 % mehr als im Vorjahre. — Aus dem Schlafwagenverkehr sind 894 40 ℳ (+ 92885 ℳ oder 11,59 % im Vergleich mit dem Vorjahre) vereinnahmt worden. Die Anzahl der Reisenden in den Schlafwagen betrug 123 559 (+ 9861 oder 8 67 %). Auf den am Ende des Berichtejehres staats⸗ seitig betriebenen 15 Schlafwagenkursen verkehrten im Ganzen 69 Schlafwagen. Aaßerdem waren weitere 5 Kurse im Betriebe der internationalen Schlafwagengesellschaft. — Die Einnahmen aus dem Verkauf der Platzkarten zu den aus zusammenhängenden Durch⸗ gangswagen bestehenden D⸗Zügen ergaben 2,639 Mill. Mak, 231 778 ℳ oder 9 63 % mehr als im Vorjahre, und die Zahl der ausgegebenen Platzkarten ist von 1 740 775 auf 2 057 061, also um 316 286 oder 18,17 %, gestiegen.
Die Beförderung von Gepäck und Hunden erbrachte 9,3 Mill. Mark 706 566 ℳ oder 8,27 % mehr als im Vo jab e An den Gesammteinnabmen aus dem Personen⸗ und Gepäckoerkehr war dieselbe mit 2,71 % betheiligt. — An Nebenerträgen aus dem Personen- und Gepäckverkehr (Lagergelder, St afgelder, Bahn⸗ steigkarten ꝛc) wurden 2,6 Mill. Mark, rund 200 000 ℳ oder 8,42 % mehr als 1897/98, erzielt. Dese M hreinnahme ist in der Haupt⸗ sache auf den erhöhten Erlös aus dem Verkauf der Bahnsteig⸗ karten zurückzuführen. Derselbe betrug 1 980 972 ℳ (+ 146 873 ℳ oder 8,01 % im Vergleich mit dem Vorfahre), die Zahl der verkauften Bahnsteigkarten 19 809 716 (+ 1 468 776 oder 8,01 %).
Auch de bereits seit mehreren Jahren andauernde St izerung des Guͤterverkehrs hat sich im Berichtsjabre Es wurden befördert: 184,4 Millionen Tonnen „Güter“, d. h Eil⸗, Frachtgüter und Leich n (11,3 Millio en Tonnen oder 6 51 % mehr als im Vorjahre), 1,848 Mill onen Toanen (+ 68 696 t oder 3,86 %) Vieh (ohne die Hunde auf Hundekarten und Gevpäckscheine), 80 012 t (— 3776, t oder 4,51 %) Postgut, 238 653 t (—. 7577 t oder 3,08 %) Militärgut, 62 Millionen Tonnen (s— 354 973 t oder5 43 %) frachtpflichtiges Hienstaut. im Ganzen 1 28 Millionen Tonnen (+ 11 Mill. Tonnen oder 6,03 %) Güter gegen Frochtber ech⸗ nung, außerdem 13,8 Mill. Tonnen (+ 11 Mill. Tonnen oder 8,80 %) frachtfreies Dienst⸗ und anderes Gur, sodaß die beförderte Gesammtmenge 206,6 Mill Tonnen (+ 12,1 Mill. Tonnen oder 6,21 %) betrug. — Die aus dem ganzen Güterverkehr erzielten Einnahmen beliefen sich auf 836,4 Millionen Mark und sind, verglichen mit denen des Vorlahres, trotz der 1898 und in den ersten Monaten des Jahres 1899 eingetretenen Ermäßiaung ver⸗ schiedener Frachtsätze um 50,6 Mill. Mark oder 6,44 % ge⸗ stiegen. Der Antheil des Güterverkehrs an den Gesammt⸗ einnahmen berechnet sich auf 66,70 % gegen 66,11 % im Vorjahre. Auf den Gruppen⸗ und Gruppenwechselverkehr des Verwaltunasbereichs der preußisch⸗hessischen Betriebsgemeinschaft entfi len von den Gesammt⸗ einnahmen 576,2 Mill. Mark oder 68,88 % gegen 543 9 Mell. Mark oder 69,21 % im Vorjabre und auf den direkten und Durchgangs⸗ verkehr 260,3 Mill Mark oder 31,12 % gegen Mill Mark oder 30,79 % im Jahre 1897/98. “
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11u.“ Zur Arbeiterbewegung. Die Meisterkommission der Berliner Schlosserinnung und des Verbandes der Berliner Schlossereien und verwandten Gewerbe hat, der „Voss. Ztg.“ zufolge, mit der Lohnkommission der Bau⸗ anschläger Berlins und Umgegend in ein r am Freitag abgehaltenen gemeinsamen Setzung die schwebenden streitigen Punkte erlevigt; von den Bauanschlägern Hühe die Arbeit heute wieder aufgenommen en (vergl. Nr. 9 d. Bl.). .“ Kel berichtt „W. T. B.“, daß sämmtliche Kontroleure, Wagenführer, Handwerker und Arbeiter der elektrischen Straßen⸗ vahn von der Direktion Lohnerhöhung, sowie verschiedene Dienst⸗ erleichterungen verlangten und, da diesen Forderungen nicht stattgegeben wurde, heute in den Ausstand traten. 1 Vor dem Gewerbegericht zu Köln als Einigungsamt fand, wie rasselbe Blatt mittbeilt. am 12 d. . bebhufs Beilegung des Formstecher⸗Auosstandes (vergl. Nr. 9. d. Bl.) abermals eine mehr⸗ stündige V rhandlung zwischen dem Vorstande des Deutschen Form⸗ stechereibesitzer⸗Verbandes und den Vertretern der ausständigen Form⸗ stecher statt. Der Vorschlag des Vorsizenden des Gewerbegerichts, sich auf einen sofortigen Lohnzuschlag von 13 ½ % zu einigen, wurde jedoch von beiden Parteten abgelehnt. Der Einigungsversuch war amit gescheitert. 1 in dem Witkowitzer Kohlengruben⸗ Revier meldet „W. T. B.“ aus Troppau, daß zur vorgestrigen Früh⸗ schicht im Karolinen⸗ und Salomonschacht beinahe die Hälfte der Bel'gschaft ang fahren ist; dagegen befinden sich die Arbeiter des Louis und Tief auschachts fast vollzählig, di jenigen des Theresien⸗ schchts zur Hälfte im Ausstand. Saämmtliche übrigen Schachte der Witkowitzer Kohlengruben sowie der Hermeneglldschacht der Nordbahn in Polmsch⸗Ostrau feiern vollständig. (Vergl. Nr. 12 d. Bl.)
Handel und Gewerbe.
Ueber die Praxis der britischen Zollbehörden bei Handhabung der Bestimmungen des Memorandums des Londoner Zollamts (board of customs) vom 28. Januar 1898, betreffend die Anwenodung des englischen Waaren⸗ zeichengesetzes vom 23. August 1887 (vergl „Reiche⸗An⸗ zeiger“ Nr. 50 vom 28. Februar 1898), ergiebt der kürzlich erschienene Bericht der Commissioners of Customs für die Zeit vom 1. April 1898 bis 31. März 1899 Folgendes:
Die Zahl der Fälle, in denen deuische Waaren wegen Beanstandung der gebrauchten Waarenbezeichnungen angehalten worden sind, hat sich von 684 auf 423 vermindert. Der Rückgang würde jedoch nach dem Bericht noch größer gew sen sein, wenn sich nicht vielfach die als miß⸗ verständlich erklärte Auffassung geltend gemacht hätte, daß nach den geltenden Bestimmungen der Gebrauch
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englischer Worte auch noch für andere Zwecke als für die bloße Bezeichnung der Waare ohne weiteres zulässig sei. Aus dem Be⸗ richt läßt sich nicht entnehmen, ob es sich in den fraglichen Fällen um Gebrauchsanweisungen oder ähnliche Zusätze zu den Wagarenbezeichnungen gehandelt hat. Immerhin scheint aus dem Bericht hervorzugehen, daß die britischen Zollbehörden nicht selten von der Befugniß Gebrauch machen, wonnch sie die An⸗ wendung der englischen Sprache auf fremden Importwaaren unter Umständen als einen zur Verwechselung mit Waaren englischen Ursprungs führenden Umstand betrachten und die betreffenden Sendungen anhalten können.
Es kann daher den deutschen Importeuren nur gerathen werden, bei Gebrauch der englischen Sprache auf den von ihnen nach England eirgeführten Waaren rege maßig den jeden Zweifel ausschließenden Zusatz: „made in Germany anzuwenden. ö“
In Belgien ist durch das am 1. Januar d. J. in Kraft getretene belgihe Budgetgesetz für das Jahr 1900 vom 29. Dezember 1899 für zollpflichtige Materialien, die zum Bau, zur Ausrüstung, Betakelung und Ein⸗ richtung von Schiffen dienen, zollfreie Einfuhr unter den von dem Mmister für Finanzen und öffentliche Arbeiten festzusetzenden Bedingungen zugestanden worden. Ferner hat durch das genannte Gesetz der belgische Zolltarif nach⸗ stehende Aenderungen erfahren: 1
Vogelhäute, entfärbte, gebleichte oder gefärbte, nicht ander⸗ weit zubereitete oder hergerichtete; Vogelfedern, lediglich ent⸗ fettete, entfärbte, gebleichte oder gefärbte, nicht geschrapte; Blumen aus Steingut oder Porzellan, mit oder ohne Stiel aus Eisendraht, zur Herstellung von Trauerkränzen sind dem Zollsatz der „Verschiedenen Erzeugnisse für die Industrie“ — Nummer 54 des Tarifs — in Höhe von 5 Proz. des Werths unterstellt worden. Berberitzensaft, reiner, sowie Caselakalk oder Käsestoff, hergestellt aus Alkalien zu gewerblichen Zwecken — Numm r 14 des Tarifs — unterliegen nicht mehr dem hierin festgesetzten Zoll von 12 Fr. für 100 kg, sondern sind zollfrei. Für destilliertes Wasser, das bisher nach Nummer 19 des Tarifs zollfrei oder, wenn alkoholhaltig, nach Nummer 32 mit 200 Fr. für 1 hl zollpfl chtig war, ist ein Zollsatz von 12 Fr. für 100 kg festgesetzt. Doch fällt hierunter nur nicht gezuckertes und nicht mehr als 5 Prozent Alkohol enthaltendes destilliertes Wasser aus Obst, Pflanzen, Blumen, Blättern oder anderen Pflanzen⸗ theilen. Hingegen fällt destilliertes Wasser aus Pflanzen, Blumen, Blätiern oder anderen Pflanzentheilen, das keinen Akohol oder nur Spuren davon enthält, unter die Kategorie der zollfreien Drogeriewaaren.
4 3 (Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie’“.)
Außenhandel Spaniens. Die Einfuhr nach Spanien ist seit Beginn des Jahres in steter Zunahme begriffen und übertrifft die Ausfuhr erheblich; im Vergleich zum Jahre 1898 ist die Steigerung der Einfuhr ganz enorm. Nichfolgende Tabelle zeigt den sponlschen Außenhandel in den Monaten Jannar bis einschließlich September der letzten neun Jah (ohne den Handel mit Edelmetallen). “
Einfuhr 8 Werth in Millionen Pesetas 5 558
55 483 481 478 466 487 414 458
471 429 540 „6767 38338 580 11II“ 609 509 IZm Vergleich mit dem Vorjahre ergiebt sich, was die Einfuhr betrifft, die größte Steigerung bei den Lebensmitteln; die Einfuhr von LebensmutteIn erreichte 1899 einen Werth von 143,3 Millionen gegen 68,8 Millionen Pesetas im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Einfuhr von Schiffen aus Eisen und Stahl ist von 8,661 Millionen auf 43,940 Millionen Pesetas gestiegen. Es folgen Steine, Erde, Mineralien und Thonwaaren mit einer Steigerung von 9 Millionen Pesetas, Metalle und Metallwaaren mit einer solchen von 7 Millionen Pesetas; bei den Drogen und Chemikalien betrug die Steigerung der Einfuhr 18 Millionen, bei der Roh⸗Baumwolle 23,8 Millionen, bei der Kammgarnwolle 2,5 Millionen, bei der Roh⸗ Seid⸗ 2 Millionen, bei den seidenen und halbseidenen Zeugstoffen 2,7 Millionen, bei den Faßdauben 6,7 Miflionen, beim rohen Holz 7 Milionen, bei den Düngemitteln 5 Millionen, bei den Häuten und dem Leder 6,6 Millionen. Die Einfuhr von Roh⸗Taback ist um 2 Millionen zurückgegangen, 8 von Zigaretten und geschnittenem Rauchtaback um 7,7 Millionen gestiegen.
Bei der Ausfuhr haben eine Steigerung aufzuweisen: Kupfererz um 2,5 Millionen Pesetas, Eisenerz um 15,5 Millionen, baumwollene Zeuge um 2,2 Millionen, Trikotstoffe um 2,7 Millionen, rohe Wolle um 6 Millionen, Seide und Seidenwaaren um 1,3 Millionen, Zwiebeln um 2 Millionen und Orangen um 9 Millionen. Dagegen ist eine Abnahme der Ausfuhr zu verzeichnen bei silberhaltigem Bleierz um 55 Millionen, bei Schuhwaaren um 5 Millionen, Olivenöl um 31,5 Millionen, gewöhnlichem Wein um 23 Millionen, Sherry um 3,5 Millionen. und Safran um 7,3 Millionen.
Ohne Zweifel ist die spanische Industrie gegenwärtig sehr rührig, wie schon da aus hervorgeht, daß die Einfuhr von Rohstoffen für die Indust ie um 77 Millionen Pesetas zugenommen hbat. (Bulletin mensuel de la Chambre de commerce française de Madrid.)
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Jahr (vvon Januar bis September)
Durch Bundesrathsbeschluß vom 27. Dezember v. J. ist in Er⸗ weiterung des Art. 57 c 1 der Vollziehungsverordnung zum Zolgesetz vom 12. Februar 1895 (Deutsches Handelsarchiv 1895 1 S. 383 ff.) bestimmt worden, daß auch gekämmte Wolle bei einem Gewichts⸗ minimum von 500 kg auf Verlangen mit Geleitschein auf ein Jahr (Partiegeleitschein) abgefertigt werden kann. Dieser Beschluß
ist mit B ginn dieses Jahres in Keaft getreten. Schwei, erisches Bundesblatt Nr. 52 vom 27. Dezember 1899.) 8 11A1A“X“ 88