1900 / 15 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Jan 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Personal⸗Veränderungen.

8 Königlich Preußische Armee. Offiziere, Fähnriche ꝛc., Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 13. Januar v. Zahn, Königl. fächs. Oberlt. im 3. Sächf. Inf. Regt. Nr 102 Prinz⸗Regent Lustvold von Bayern, von dem Kommando als Assist. bei der Gewehr⸗Prüfungskommission enthoben. Herbst, Lt. im Inf. Regt. Graf Werder (4. Rhein.) Nr. 30, als Assist. zur Gewehr⸗ Prüfungskommission kommandiert. v. Kaehne, Oberlt. im Westfäl. Ulan. Regt. Nr. 5, unter Beförderung zum überzähl. Rittm., in das Drag. Regt, von Arnim (2. Brandenburg.) Nr 12, Koehnhorn, Lt. im 3. Bad. Feld⸗Art. Regt. Nr. 50, in das Pomm. Train⸗Bat. Nr. 2, v. Joeden, Lt. im Feld⸗Art. Regt. Nr. 58, in das Schleswig⸗ Holstein. Train⸗Bat. Nr. 9, versetzt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 13. Januar. v. Mikusch⸗Buchberg, Gen. der Infanterie und kommandierender Gen. des VII. Armes⸗Korps, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension zur Disp. gestellt. Graf v. Still⸗ fried n. Rattonitz, Oberlt. im 5. Garde⸗Regt. z. F., scheidet mit dem 19. Januar d. J. aus dem Heere aus und wird mit dem 20 Ja⸗ nuar d. J. als Oberlt. mit seinem bisherigen Patent in der Schutz⸗ truppe für Süsewest⸗Afrika angestellt. Friedrich, Lt. im Magzdeburg. Pion. Bat. Nr. 4, behufs Uebertritts zur Marine⸗Inf. ausgeschieden. Beamte der Militär⸗Verwaltung. Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 20. De⸗ zember. Heycke, Richter, Kasernen⸗Inspektoren in Gumbinnen bezw. Lyck, gegenseitig versetzt. Dr. Kriewitz, Unter⸗Apotheker der Res., zum Garn. Apotheker in Cassel ernannt. 29. Dezember. Lengen, Kasernen⸗Insp. auf Probe in Thorn, 30. Dezember. Reinecke, Nußmann, Reimer, Kasernen⸗ Inspektoren auf Probe in Trier bezw. Mülhausen i. E. und Königsberg i. Pr., zu Kasernen⸗Inspektoren ernannt (Reinecke Wund Nußmann unter Rangierung vor Lengen). Siemon, Garnison⸗Verwaltungs⸗Ober⸗Inspektor in Torgau, als Direktor auf Probe nach Koblenz. Pfanner, Garn. Verwalt. Ober⸗ Insp. in Dt. Eylau, nach Torgau. Hoffmann, Garn. Verwalt. Insp. in Marierwerder, als Ober⸗Insp. auf Probe nach Dt. Eylau, versetzt. Thoms. Garn. Verwalt. Kontroleur in Wittenberg, als Garn. Verwalt. Insp. nach Marienwerder, Monsler, Herzer, Kasernen⸗Inspektoren in Graudenz bezw. Thorn, gegensettig,

versetzt.

2. Janugr. Fellmann, Intend. Bureau⸗Diätar von der Intend. der Garde⸗Kav. Div., zum Intend. Sekretär, Baake, Intend. Burceau⸗Diätar von der Intend. des Garde⸗Korps, zum Intend. Registrator, ernannt.

Durch Verfügung des General⸗Kommandos. Zahl⸗ meister: a. versetzt: Neitzel vom 2. Bat. Inf. Regts Nr. 149 zum 2. Bat. Inf. Regts. von der Goltz (7. Pomm.) Nr. 54, Potrz vom

üs. Bat. Gren. Regts. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schles.) tr. 11 zum Schles. Train⸗Bat. Nr. 6, Matschke von der früheren 3. Abtheil. Feld⸗Art. Regts. von Peucker (Schles.) Nr. 6 zum 1. Bat. 3. Oberschles. Inf. Regts. Nr. 62, Clemenz vom 1. Bat. 4. Niederschles. Inf. Regts. Nr. 51. Borowietz vom 2. Bat. 3. Oberschles. Inf. Regts. Nr. 62, zum 1. April 1900 gegenseitig, Reinkober von der Kriegsschule zu Hannovber,

rancke von der Reitenden Abtheil. Feld⸗Art. Regts. von Scharnhorst (1. Hannov.) Nr. 10, gegenseitig, Weißborn vom 1. Bat. Inf. Regts. Nr. 152, Bork vom 1. Bat. Inf. Regts. on Borcke (4. Pomm.) Nr. 21, gegenseitig; b. infolge Er⸗ nennung zugetheilt: Dütting dem 1. Bat. Inf. Regts. Prinz Mori

on Anhalt⸗Dessau (5. Pomm.) Nr. 42, Weinert dem 3. Bat. Inf.

Regts. Nr. 141. Kaiserliche Marine. Berlin, 13. Januar. Friedrich, Lt. bisher im Magdeburg. virit. “t Nr. 4, mit seinem Patent als Lt. im 2. See⸗Bat. an⸗ estellt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. Januar.

8 Seine Majestät der Kaiser und König nahmen, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag den Vortrag des Chefs des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus entgegen und empfingen später die Präsidien beider Häuser des Landtages.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische Ober⸗Zolldirektor Kunckel ist in Berlin an⸗ gekommen.

Der Regierungs⸗Assessor Strahl zu Lennep ist der Königlichen Regierung zu Düsseldorf zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungs⸗Assessor Graf Clairon d'Haussonville in Potsdam ist dem Landrath des Kreises Usedom⸗Wollin zu Swinemünde zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden ö“

11“ 5 .

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Geier“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän Peters, gestern in Valpa⸗

raiso eingetroffen und beabsichtigt, Talcahuano in See zu gehen.

S. M. S. „Irene“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Stein, ist heute in Amoy angekommen.

Der Transport der abgelsten Besatzungen S. M. SS. „Deutschland“, „Kaiserin Augusta“, „Hertha“, „Irene“ und „Gefion“ ist unter Führung des Kapitän⸗ leutnants Grapow mit dem Dampfer „König Albert“ am 15. Januar in Southampton und gestern in Antwerpen ein⸗ getroffen. 8 8 8b 8

am 30. Januar nach

Sachsen. Ihre Majestät die Kaiserin hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend um 7 Uhr die Rückreise von Dresden nach Berlin angetreten. 3 11“

Braunschweig.

Der Landtag ist, wie der „Hannov. Cour.“ erfährt, zum 31. d. M. einberufen worden. 1“

Sachsen⸗Meiningen. „Der Landtag hat, der „Magd. Ztg.“ zufolge, gestern mit allen Stimmen Begen drei sozialdemotratische das Gesetz, betreffend die Besoldungen der Lehrer, und zwar mit der vom Finanzausschuß vorgeschlagenen Aenderung, ange⸗

nommen, daß der Satz von 2000 nicht erst nach 30,

genommen. Hierauf

Dentsche Kolonien.

AMNach einer Meldung des Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun ist, wie das „Deutsche Kolonialblatt“ berichtet, ein Theil des von Adamaua zurückgekehrten Expeditions⸗Korps unter Führung des Hauptmanns von Dannenberg nach dem Buliland entsandt worden mit dem Auftrage, dort die Ruhe wieder herzustellen. Um Ueberfälle der Station Kribi für die Folge auszuschließen, ist beabsichtigt, dauernd eine Kompagnie der Schutztruppe im Bulilande zu stationieren.

Einer weiteren telegraphischen Meldung des Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun zufolge ist der Kaufmann Conrau in Bangland von Eingeborenen ermordet worden. Nähere Nachrichten fehlen, doch ist anzunehmen, daß das traurige Ereigniß in Verbindung mit den Vorgängen steht, die im Rio del Rey⸗Gebiet zum Tode des Leutnants Queis geführt haben. Conrau war als einer der erfahrensten und besonnensten Kameruner vom Kaiserlichen Gouverneur damit betraut worden, der von der Küste abgeschnittenen Expedition Queis zu Hilfe zu eilen. Daß es den aufständischen Eingeborenen gelungen war, den Leutnant Queis noch vor Eintreffen der Hilfsexpedition Conrau's zu tödten, ist bekannt. Die neubegründete Handelsgesellschaft „Nordwest⸗Kamerun“ hatte erst vor kurzem Conrau für ihre Zwecke engagiert.

Der Stationschef von Naünde im Schutzgebiet Kamerun, Leutnant von Lottner berichtet über die dortigen Verhält⸗ nisse Folgendes: 3

Die Station befindet sich in sehr gutem Zustande. Die Mais⸗ felder sowie der Garten sind frisch angepflanzt, und die junge Saat steht vortrefflich. Die Planten⸗ und Durrhafarm kann in etwa sechs Wochen abgeerntet werden. Ziegen, Schafe und Schweine sind in bester Verfassung und reichlich vorhanden, trotzdem an die Station Joko und an die durchmarschierende Truppe sowie an befreundete Häupt⸗ linge mit ihrem Gefolge Thiere abgegeben wurden. Die Gebäude sind in gutem Zustande, doch müssen sie nach Eintritt der Trockenzeit sämmtlich neu eingedeckt werden. Die politischen Verhältnisse in der nächsten Um⸗ gebung der Station sind geregelt, ebenso bei den Batschengas und den Batistämmen nördlich vom Sanaga, deren Oberhäuptlinge ich auf dem Rückmarsch von Tibati größtentheils persönlich kennen gelernt habe; außerdem besuchten der Tabene und die Batschengas Itoa und Ambeme die Station. Leider sind im Nord⸗ osten der Station bei den Bakoös und im Nordwesten bei den Mangissas die Verhältnisse weniger erfreulich. Die Bakoös haben den Unteroffizier Kneisl, welcher anfangs September den Häuptling Stintebos bestrafen wollte, weil er den Handel durch Raubanfälle unmöglich macht, ange⸗ Foffen; einen weißen Faktoristen Reinhard haben sie arg bedrängt, sodaß er nur mit Hilfe des Häuptlings Tama mit heiler Haut sich retten konnte. Die Bestrafung dieser unbotmäßigen Stämme macht Schwierigkeiten, da sich die Bakcö bei Annäherung von Soldaten sofort auf ihr Gebiet zurückziehen. Ich will selbst einen größeren Strafzug gegen diesen Stamm unternehmen. Der Gesundheitszustand ist gegen⸗ wärtig ein guter.

8 8

Oesterreich⸗Ungarn. ““

In der gestrigen Plenarsitzung der österreichischen Delegation wurde die Debatte über das Budget des Ministeriums des Auswärtigen fortgesetzt. Der Delegirte Pacak (Czeche) besprach die Antwort des Ministers des Auswärtigen auf die Interpellation, betreffend die Ausweisungen aus Deutschland, und beklagte sich über den schroffen Ton der Beantwortung. Der Redner sagte, die Czechen ließen sich weder durch solche Schrofsheirn, noch durch Drohungen davon abhalten, die Interessen ihres Volkes zu vertreten. Die Antwort auf die Interpellation über die Ausweisungen sei nur nach den Akten abgefaßt worden, entspreche jedoch nicht den thatsächlichen Ver⸗ hältnissen. Der Redner wies auf Meldungen des „Neuen Wiener Tagblatt“ hin, in welchen es geheißen habe, daß die Regierungen der thüringischen Staaten, insbesandere die des Herzogthums Sachsen⸗Meiningen, Ausweisungen geplant, dieselben jedoch später zurückgezogen hätten, und machte einzelne Personen namhaft, die nur ihrer Nationalität wegen aus Preußen ausgewiesen seien; der Minister, welcher sich in andere Dinge einmische, die ihn nichts angingen, sollte die österreichischen Staatsangehörigen ebenso schützen, wie es seitens anderer Staaten bezüglich ihrer Unterthanen geschehe. Nachdem der Delegirte Conci die Auswanderungsfrage besprochen hatte, führte der Delegirte Pergelt aus, daß es in Deutschland trotz der starken Organisation der Sozialdemokratie nur selten zu Regungen sozialdemokratischen Geistes komme. Die Ursache dieser Erscheinung sei das wirthschaftliche Aufsteigen Deutschlands, welches auch den unteren Schichten der Bevölkerung eine Befriedigung ihrer ökonomischen Bedürfnisse biete. Aus diesem Grunde sollte Oesterreich⸗Ungarn seine wirthschaftlichen Interessen nach außen fördern, damit im Innern Ruhe ein⸗ trete. Der Redner polemisierte sodann gegen den Delegirten Kramarc und erklärte, die Czechen seien gegen das deutsche Element, sowohl innerhalb als außerhalb Oesterreichs, ein⸗ bemerkte der Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski:

„Ich muß konstatieren, daß von allen Seiten der Dreibund ange⸗ nommen wurde, und daß prinzipiell sich eigentlich gar keine Stimme gegen den Bestand des Dreibundes erhoben hat. Gleichwohl sind aber solche Angriffe gegen den Dreibund gerichtet worden, daß ich mich wohl fragen 89 was würden die Herren eigentlich mehr sagen können, wenn sie den Dreibund nicht annehmen würden. Es ist vom Dreibund so gesprochen, und es sind Sachen in den Dreibund interpretiert worden, die nicht dazu gehören. Der Dreibund ist für Verhältnisse verantwortlich gemacht worden, für die er wirklich nichts kann. Derselbe ist doch ein eminent politisches Bündniß, welches fest umschriebene Ziele hat. Der Drei⸗ bund hat keine anderen Ziele, als die Sicherung des Friedens, als die Sicherung der Stabilität in den internationalen europäischen Verhältnissen. Einen anderen Zweck hat er niemals gehabt. Er hat diese seine Aufgabe 20 Jahre lang länzend erfüllt, und ich will hoffen, daß er auch in ukunft und noch lange Jahre hindurch dieser Aufgabe gerecht werden wird. Wenn die Herren von Vortheilen sprechen, die uns der Dreibund nicht bringt, dann muß ich mich wohl fragen: ja, was für andere Vortheile erwarten denn die Herren von diesem Bündniß, als eben die Sicherung des Friedens? Es ist gesagt worden, unter den Fittigen der friedlichen Konstellation mache Deutschland kolossale 8* chritte auf wirthschaftlichem Gebiet. Ich bitte, meine Herren, ann man Deutschland einen Vorwurf daraus machen, daß es für den Aufschwung seiner wirthschaftlichen Interessen sorgt? Wenn es wahr ist, daß es unter den Fittigen dieser friedlichen Konstellation steht, so hag⸗ ich: was steht denn dem im Wege, daß wir dieselbe friedliche onstellation ausnutzen, um gleichzeitig etwas expansiver vorzugehen? Nein, meine Herren, das kann nicht ernst gemeint sein. Wenn wir leider nicht so weit vorgeschritten sind und noch immer in dem Zu⸗ stande uns befinden, den ich schon vor einem Jahre beklagt habe, so ist es wirklich nicht die Schuld des Dreibundes. Die Ürsachen habe ich schon

8. schon nach 25 Dienstjahren erreicht und nach 30 Dienst⸗ ahren auf 2200 erhöht wird. u 3 ““ 8 ““

in meiner diesjährigen und auch in

be vorgehasen; 88½ ich kann 6 eesen Urfachen noch andere giebt, die uns ganz nahe liegen. G überall anderwärts Weltpolitik und Welthandel 8 während die besten Kräfte angespannt werden, um gerade diesen Aufschwung zu fördern, was geschieht bei uns? Es steht noch immer die unglückselige Sprachenfrage im Vordergrund, und es wird Tage lang darüber debattiert, mit welchem einsilbigen Worte sich die Reservisten in den Kontrolversammlungen zu melden haben Wenn Sie glauben, daß das förderlich it für den expansiven Handel, für den Aufschwung, so bin ich dieser Ansicht gewiß nicht. Es ist hier hervorgehoben worden, daß der Dreibund uns zu übermäßigen Rüstungen verleite. Das kann ich doch nicht ernst nehmen. Wenn die Herren den Stand unserer Armee was die Zahl anbelangt, mit dem der übrigen Armeen ver⸗ gleichen, wenn Vergleiche angestellt werden, was für Fort⸗ schritte wir und was für Fortschritte die Anderen gemacht haben, so kann wirklich nicht behauptet werden, daß der Dreibund uns zu diesen Rüstungen verleitet habe, weil gerade wir nicht Schritt ge⸗ halten haben und wir noch manches thun müßten, zu halten. Ich glaube im Gegentheil, daß, wenn es uns möglich war, etappenweise die Ausgestaltung unserer Armee zu besorzen, es gerade diesem Friedensbunde zuzuschreiben ist, daß wir Rücksicht auf unsere Finanzen nehmen konnten. Zu einer Zeit, wo sie noch nicht so glänzend waren wie jetzt, war es gerade nur die Sicherung des Friedens durch den Dreibund, die uns das ermöglicht hat. Daß man aber behaupten könne, der Dreibund verleite uns zu übermäßigen Rüstungen, das muß ich vollkommen in Abrede stellen. Es wurde hervorgehoben, daß der Dreibund, respektive das Bundesverhältniß zu Deutschland, uns in ein solches Abhängigkeitsverhältniß gebracht hat, daß wir überhaupt gar nichts mehr gelten. Dagegen muß ich in der ernstesten Weise Einspruch erbeben. Es ist sogar behauptet worden, daß das Deutsche Reich sich in unsere politischen Verhältnisse einmische, wobei von seiten eines der Herren Redner in einer höchst unstatthaften und dem Gebrauch internationaler Courtoisie zuwiderlaufenden Weise sogar der Name eines befreundeten Souveräns in die Debatte hineingezogen wurde. Nun diesen Vorwurf der Einmischung maß ich, wie gesagt, in der entschiedensten Weise zurückweisen, weil er ebenso verletzend ist für die befreundete Regierung, der man eine Inkorrektheit zumuthet, als verletzend für die eigene Regierung, die man für fähig hält, un⸗ befugte Einmischungen zuzugeben und sie stillschweigend hin⸗ zunehmen. er Delegirte Dr. Kramarc hat konstatiert, daß aller⸗ dings das offizielle Deutschland, die maßgebenden Kreise ein solcher Vorwurf nicht treffen könne, aber die Presse habe dieses und jenes hesagt. Ich bitte, meine Herren, wo sollen wir bei der in Deutsch⸗ and bestehenden Preßfreiheit eine Zensur üben! Wir müßten doch mit unseren freien Blättern zuerst anfangen! Es ist mir der Vorwurf gemacht worden, daß ich nicht gleich die grobe Artillerie meines Preßdepartements 1LSe; habe, um mit allen Geschützen gegen diese sogenannten Anmaßungen auftutreten. Ja, da mühßte ich zu⸗ weilen auch gegen unsere eigene Presse auftreten, sogar gegen die⸗ jenigen Blätter, die nicht in deutscher Sprache redigiert sind. Nun, meine Herren, meine Zeit ist mir zu kostbar, und 1ch babe mich mit ernstlicheren und besseren Dingen zu befassen, als gegen Elukubrationen aufzutreten, die das geduldige Papier und die billige Druckerschwärze zu verewigen berufen ladl⸗ „Nach einer Schlußrede des Referenten Dumba begann die Spezialdebatte, in welcher der Delegirte Schneider (christlich⸗sozial) den Mädchenhandel zur Sprache brachte und verlangte, daß die österreichisch⸗ ungarischen Konsular⸗ ämter im Auslande gegen denselben einschreiten möchten. Hierauf wurden das Ordinarium und das Extraordinarium sowie der Nachtragskredit des Ministeriums des Auswärtigen und der Occupationskredit angenommen, nachdem der Delegirte eine dauernde Regelung der staatsrecht⸗ lichen Stellung Bosniens und der Herzegowina verlangt hatte. Die ungarische Delegation genehmigte in ihrer gestrigen Plerarftzüng den Occupationskredik ohne Debatte und sprach dem wFSS. Baron von Källay für sein ersprießliches Wirken ihren Dank und ihre erkennung aus.

Großbritannien und Irland.

Unter dem Vorsitz des Mitglieds des Unterhauses Courtney hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, in London ein Comité gebildet, das sich zur Aufgabe setzt, genaue Nachrichten über den Stand der Dinge in Sud⸗Afrika zu veröffentlichen und auf die SS. Wichtigkeit einer .eae. der eng⸗ lischen und der holländischen Rasse in Süd⸗Afrika hinzuweisen, um dem jetzigen Konflikt so schnell als möglich ein Ende zu machen. Zu den Mitgliedern des Comités gehören der Afrika⸗ reisende Selous, Lord Coleridge, der frühere Minister Shaw Lefevre, Herbert Spencer und andere bekannte

Rußland. 8 meldet, gestern von einem Prinzen entbunden

Spanien.

Der Dampfer „Leon XIII.“, der zahlreiche Gefangene von den Philippinen zurückbringt, ist gestern in Barcelona angekommen.“ Dem „W. T. B.“ zufolge befinden sich die meisten Gefangenen in einem kläglichen Zustande.

Portugal.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wiederholte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister des Aus⸗ wärtigen Bairao in Beantwortung einer Anfrage seine Er⸗ klärungen über das deutsch⸗britische Abkommen und fügte hinzu, die portugiesische Regierung habe erklärt, daß sie von ihrem Kolonialbesitz nichts verkaufe, abtrete oder verpachte.

e Türkei. 1 —Der Sultan begab sich gestern, am 15. Tage des Ramazans, zu Schiff nach dem Palast Top Kapu, um der Zeremonie der Verehrung des Mantels des Propheten beizu⸗ wohnen, und kehrte am Abend zu Schiff nach dem Yildiz⸗ en zurück. Der Zeremonie wohnten auch die Familie des

ultans, die Minister sowie die hohen Zivil⸗ und Militär⸗ Würdenträger bei. 8 v1A“

Schweden und Norwegen. . e. Iee norwe lcche Offiziere werden sich, wie dem „W. T. B.“ aus Christiania berichtet wird, als Privat⸗ personen, jedoch mit öffentlicher Unterstützung von je 8000 Kronen, nach Süd⸗Afrika begeben. Es verlaute, der eine werde dem britischen Heere, der andere dem der Buren folgen.

Amerika.

Wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, hat der Senat gestern den Samoa⸗Vertrag genehmigt, sich jedoch die zur endgültigen Entscheidung der Angelegenheit erforderliche

iner vorjährigen Del

Beschlußfassung über die Vereinbarung wegen Anrufung eines

.

1“ vorbehalten.

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nicht unerwähnt lassen, daß es 88.

um gleichen Schritt

Die Großfürstin Xenia Alexandrowna ist, wie

iner Depesche des „New Yor 3 8 zufolge, ist der französische Kreuzer „Suchet“ dort ngekommen, um gegen Halti einen französischen Anspruch auf 200 000 Francs geltend zu machen, die dem verstorbenen Prä⸗ identen für Ländereien ausgezahlt worden seien, welche Frank⸗

reich bis jetzt nicht erhalten habe. ““

Asien. ie „Agence Havas“ meldet aus Manila über Hong⸗ kon Dicgs Feles e os hätten die Amerikaner in San 8 ateo und Paranaque bei Manila angegriffen; 146 Amerikaner, darunter ein Oberst, seien getödtet worden. Die amerikanischen Behörden hätten 25 angesehene Bewohner von Ilo⸗Ilo er⸗ schießen lassen. Der Unwille sei allgemein; die Armee der ilippinos sei entschlossen, die Unabhängigkeit bis zum äußersten zu vertheidigen. 1 38

8 Afrika. 8 n London ist die amtliche Nachricht eingetroffen, daß die 1“ von Mafeking bei einem Ausfalle die Schanzen der Buren mit Nachdruck angegriffen habe. Die Zelte der Buren seien durchlöchert worden. Die Verluste der An⸗ gegriffenen werden nicht erwähnt. 8 3 Aus Modder River erfährt das „Reuter’sche Bureau“, daß gestern früh daselbst ein lebhafter Geschützkampf statt⸗ gefunden habe; die Buren hätten das Feuer zum ersten Male seit mehreren Tagen erwidert. Dasselbe Bureau berichtet aus Rensburg, daß die Buren am 15. d. M. den Versuch gemacht hätten, einen von einer Kompagnie des Yorkshire⸗Regiments und den Neu⸗Seeland⸗ truppen besetzten Hügel zu nehmen: dieselben seien jedoch mit dem Bajonett zurückgeworfen worden und hätten2 1 Todte und ungefähr 50 Verwundete verloren. Von einem Hügel in der Nähe von Colesberg sei beobachtet worden, daß die Zelte der Buren ostwärts forte 3 afft würden, und zwar geschehe dies infolge des britischen 6e- ützfeuers. Es sei guter Grund zu der Annahme vorhanden, daß eine starke Abtheilung Buren von Magers⸗ fontein in der Richtung nach Colesberg verlegt worden sei.

Es heißt, von seiten der Buren werde ein neuer Angriff

auf das Lager von Molteno beabsichtigt. Der General Gatacre habe eine starke, aus Infanterie und Artillerie be⸗ stehende Truppenabtheilung von Sterkstroocm in der Richtung i Stormberg ausgesandt, doch habe diese Truppenabtheilung dort keine Spuren des Feindes vor⸗ gefunden. Infolge dessen habe gestern der Oberst Mont⸗ morency Aufklärungsmannschaften der Kap⸗Polizeitruppe ausgesandt. Die Buren hätten auf sie geschossen, und es habe sich ein Scharmützel entsponnen, das einige Zeit an⸗ gehalten habe, ohne daß auf britischer Seite jemand verwundet worden sei. Von der Farm eines aufständischen Kapburen seien Vorräthe genommen worden. Ferner wird gemeldet, daß die Buren in Stormberg nur eine schwache Garnison zurückgelassen und in der Nähe von Burghersdorp eine andere Stogung eingenommen hätten; der General Gatacre erwarte mit banger Sorge Verstärkungen.

Die „Times“ meldet aus Pietermaritzburg vom estrigen Tage, man habe am 15. d. M. von Frere und hieveley aus vebr⸗ schweres Geschützfeuer in der Richtung

auf Springfield gehört. Aus ö E“ der Buren bei Ladysmith sind, wie das „Reuter'sche Bureau’“ meldet, am 14. d. M. zwei Depeschen in Pretoria ein egangen. In der ersten, welche vom 12. d. M. datiert ist, heißt es, in Ladysmith und längs des Tugela herrsche eine unheimliche Stille. Die zweite Depesche, die vom 13. d. M. datiert ist, berichte: Der Angriff auf die Platrand⸗ Hügel am letzten Sonnabend solle für die Engländer verhängnißvoll gewesen sein. In Ladysmith scheine es schlecht zu stehen. Daraus erkläre sich die bemerkbar werdende lebhafte Thätigkeit der Truppen Sir Redvers Buller's, die jetzt drei große Lager südlich des Tugela hätten, welche sie beständig ver⸗ stärkten. Das ‚Reuter'sche Bureau“ meldet aus Maseru vom 13. Januar: Im Basutoland und im Oranje⸗Freistaat seien Berichte weit verbreitet, nach denen die Gesammtverluste der Freistaat⸗- und der Transvaalburen bei dem letzten Gefecht vor Ladys mith zusammen nur 5 Todte und 5 Verwundete betragen hätten. Diese Berichte hätten eine niederdrückende Wir⸗ kung auf die Basutos, da dieselben sie zu dem Glauben ver⸗ anlaßten, daß die Engländer in immer stärkeren Nachtheil ge⸗ riethen. Ein amtlicher Bericht des Kommandanten Prins⸗ loos stelle die Sache in ganz anderem Lichte dar. Derselbe melde, daß von dem he - ein Burgher schwer verwundet worden sei, während von dem Harrismith⸗ Kommando, einschließlich einiger Feld⸗Cornets, 15 getödtet worden seien. Das Heilbronn⸗Kommando habe 4 Todte, darunter einen Feld⸗Cornet, und 10 Verwundete, das Kroostad⸗ Kommando 4 Todte und 7 Verwundete verloren.

Nach einer Meldung aus Kapstadt vom gestrigen Tage at der Gouverneur Sir Alfred Milner in den Distrikten hilipstown und Hopetown das Kriegsrecht proklamiert.

Die „Deutsche Ost⸗Afrika⸗Linie“ hat, dem „W. T. B.

zufolge, heute die Meldung aus Durban erhalten, daß die Ladung des Postdampfers „Bundesrath“ vollständig gelöscht sei und mit dem Manifest übereinstimme. Das Prisengericht habe noch keine Entscheidung getroffen.

8 Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der

Ersten und Zweiten Beilage.

Dem Hause der Abgeordneten ist eine Denkschrift, betreffend 8 in 8 Zeit vom 1. April 1897 bis zum 31. Wlc 1899 Ffolgten Bauausführungen an denjenigen Wasserstraßen, über deren Regulierung dem Landtage besondere Vor⸗ lagen gemacht worden sind, zuͤgegangen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Berlin haben, der „Staatsb.⸗Ztg.“ zufolge, am 15. d. M.

die Korbmacher der Grünbranche ihren Prinzipalen einen Lohntarif sägestelt, in dem eine 52 stündige Arbeitszeit und 21 Minimallohn ür die Woche verlangt werden. Die Arbeitgeber erklären, zur Zeit

gestern der Ausstand, 8g gebrochen. Bis jetzt sind in 21 Werkstätten 80 Korbmacher ausständig. Kare Eer. vftina g. 3. T. B.“ unterm 16. d. M., daß der Ausstand der Angestellten der elektrischen Straßenbahn durch Vergleich beigelegt worden ist. Der Betrieb wurde in vollem Um⸗ fang wieder aufgenommen. (Vergl. Nr. 13 d. 85 Wie dasselbe Bureau aus Wien berichtet, ruht in Schlan im Max⸗, Johannes⸗ und Ferdinands⸗Schachte der Betrieb vollständig; in drei anderen Schächten sind von 950 Bergarbeitern 800 aus⸗ ständig. In Kladno blieben gestern bei der Frühschicht in allen Schächten von 662 Arbeitern 502 aus. (Vergl. Nr. 14 d. Bl.) L“ 8

Kunst und Wissenschaft. G

Dem liebenswürdigen Talent des Genremalers Ludwig Knaus, der am 5. Oktober vergangenen Jahres in voller körper⸗ licher Rüstigkeit seinen siebzigsten Geburtstag feierte, huldigte die Königliche Akademie seit 1865 zählt sie den Meister zu ihren Mitgliedern durch eine Ausstellung seiner bedeutendsten Arbeit’n, soweit sie sich in Berlin vereinigen ließen. Bekanntlich haben aus⸗

ländische, besonders amerikanische Sammler schon früh sich für Knaus'

Schöpfungen lebhaft interessiert, sodaß viele derselben ins Ausland

wanderten. Trotzdem gelang es, aus den Jahren 1850 bis 1900 über

hundert Oelgemälde und zahlreiche Studien zu beschaffen. Damu kommen Vervielsältigungen vieler Werke, deren Originale nicht auf⸗

zutreiben waren, Bildnisse des Meisters von Roeting und Steinfurth,

sowie die lebendig aufgefaßte Büste von Otto Lessing, deren

Marmorausführung bekanntlich die National⸗Galerie besitzt.

So wird das Schaffen und die Entwickelung des Künstlers durch diese Ausstellung aufs reichste illustriert. Daß Knaus neben Benjamin Vautier zu den virtuosesten Genremalern des älteren Stils in Deutsch⸗ land zu zählen ist, steht außer Gsg. Die delikate Durchführung seiner Kabinetstücke hat stets das Entzücken und die Bewunderung der Liebhaber erregt; sie entschädigt auch denjenigen, der gelegentlich die tiefere Lebenswahrheit diesem spielerischen Virtuosenbehagen geopfert sieht. Der Witz, den Knaus in die Situation zu legen liebt, hat nicht selten etwas zu Absichtliches, die novellistische Zuspitzung der Vorwürfe ist geeignet, die Aufmerksamkeit von der Ausführung auf die Erfindung abzulenken. Trotz dieser Einwände, die wiederholt egen die ganze Richtung der Genremalerei, wie 8 unter dem Ein⸗ lich der Düsseldorfer Schule um die Mitte des Jahrhunderts in Flor kam, erhoben wurden, ist das ungewöhnlich starke Können, das sis in Knaus' Schaffen bekundet, nicht zu verkennen. Schon vor einem ersten Aufenthalt in Paris sehen wir ihn 1851 ein Zigeunerbild malen, das wie ein ins Deutsche übersetzter und mit deutschem Humor gewürzter Diaz anmuthet (Nr. 6 des Katalogs). Sehr kräftig in den Farben, die anfangs eine etwas dunkle Haltung haben, wirkt das Interieur der Galerie Ravené aus dem Jahre 1856 (Nr. 12). Den Be⸗ sitzer dieser Galerie, P. L. Ravené, hat Knaus im Jahre darauf mit einer Feinheit der Auffassung und Durchführung gemalt (15), die das Bildniß zu einer der vornehmsten Leistungen der 1S..ens erheben. Freilich ist auch hier die Neigung, dem Bilde einen genrehaften Zug zu verleihen, unverkennbar; man könnte sagen, Ravené habe dem Maler zu einem Interieur „Der Kunstsammler“ als Modell gedient. Eine schlichte Wiedergabe der Persönlichkeit erstrebt und erreicht da⸗ gegen das Porträt David Hansemann'g, des Gründers der Berliner Diskontogesellschaft (21), neben einem Damenbildniß (62) und dem aus der National⸗Galerie bekannten Porträt des Professors Mommsen (67) wohl die charaktervollste Leistung des Meisters auf einem Gebiet, das bei seiner kunstgeschichtlichen Würdigung niemals vergessen werden sollte.

Ein echter „Knaus“, wie ihn die Sammler künstlerischer Leckerbissen hochschätzen, ist der 1861 gemalte „Invalide“ (23). Nicht minder delikat und Meissonnier ebenbürtig müssen die „Damenbrettspieler“ Vater und Schwiegervater des Künstlers haben dazu als Modell gedient genannt werden (26), während die „Wochenstube“ (28, 1863 gemalt), durch die ein⸗ heitliche Feinheit des Tons sich von anderen gleichzeitigen Arbeiten, die mehr auf die Ausarbeitung des Details angelegt sind, unterscheidet. Das große „Zigeunerlager“, das die Galerie in Köntgegeng besitzt (39), lehrt uns Knaus als Landschaftsmaler von der vortheilhaftesten Seite kennen. Der zarte Duft, in den die Ferne eingesponnen ist, giebt eine wirkungsvolle Folie für das farbenleuchtende Ensemble des Vorder⸗ grundes. Ein Hauptwerk seiner besten Zeit, das „Kinderfest“ der National⸗Galerie (43) sei an dieser Stelle nur der Vollständigkeit wegen genannt; es zählt zu den erklärten Lieblingen des Publikums. „Ernstere Stoffe, wie die „Bauernberathung im Schwarzwald“ (50) liegen dem Meister weniger gut; die dunkle Haltung beeinträchtigt die Wirkung des in physiognomischen Einzelbeiten sehr gelungenen Gemäldes.

nteressant ist eine kleine Landschaft, die Knaus gemeinsam mit seinem itseiftant. Freunde Oeder 1874 gemalt hat (52). In ebendiesem Jahre erhielt er den Ruf an die Berliner Akademie zur Leitung eines Meisterateliers, die er erst 1883 niederlegte. Das frische Bildniß des Kunstsammlers A. von Carstanjen (54) ist in der gleichen Zeit ent⸗ standen. Zu den typischen, mit feinem Humor gewürzten Schilderungen des Volkslebens, die Knaus' Ruf begründeten und wohl noch lange erhalten werden, zählt die „Salomonische Weisheit“ (55), in der namentlich die Wiedergabe stofflicher Besonderheiten meisterhaft ge⸗ glückt ist. Sehr fein ist auch die Carnation in dem kleinen Bild⸗ „Lieschen“ (59) und in den verwitterten Zügen des polnischen Edel⸗ manns (85). Wer Kinder⸗ und Greisenköpfe malen will, wird in Knaus' Werken ein reiches Lehrmaterial finden; besonders wird er auch die zahllosen Kreidestudien mit Nutzen zu Rathe ziehen, in denen zeichnerisches Feingefühl, Scharfblick und Leichtigkeit der Hand sich gegenseitig zu übertreffen scheinen. 1

Jedenfalls rückt uns die gegenwärtige Ausstellung eine der sym⸗ pathischsten Persönlichkeiten der älteren Künstlergeneration Berlins in dankenswerthe Nähe, und sie darf daher in der Reihe ähnlicher Ver⸗ anstaltungen mit besonderer Auszeichnung genannt werden.

A F. Ueber „Becquerel⸗Strahlen“ und die neuesten Ver⸗ suche mit denselben sprach in der letzten Föttun der „Deutschen Physikalischen Gesellschaft“ Professor Elster aus Wolfen⸗ büttel. Diese Untersuchungen haben eine längere Vorgeschichte, welche zum besseren Verständniß des Folgenden voranzuschicken ist: Die Entstehung der Röntgen⸗Strahlen aus den Kathodenstrahlen an der Stelle, wo das Glas des Erzeugungsgefäßes die Erscheinun des Fluorescierens oder hosphorescierens zu bieten hatte Anlaß dazu gegeben, eine Beziehung zwischen Röntgen⸗Strahlen und Fluorescenz anzunehmen. Diese An⸗ nahme hat sich zwar nicht bestätigt, jedoch ist auf dem Wege, die Wirkungen der Fluorescenz zu erforschen, mancher wichtige Aufschluß bei diesen Untersuchungen erreicht worden. Am merkwür digsten treten, von Becquerel in Paris zuerst beobachtet, die Exscheinungen der Fluorescenz bei vielen Uran enthaltenden Stoffen auf. Diese Stoffe affizieren gleichzeitig lichtdicht umhüllte photographische Platten, und es lag die Vermuthung nahe, daß diese Eigenschaft eine dem Uran beiwohnende ei. Die Untersuchungen des in Paris lebenden Ehepaars Curie zerstörten lanr. Annahme; denn sie wiesen nach, daß die gleiche Eigenschaft auch gewisse Baryum⸗ und Wismuth⸗Salze besitzen, welche zwar aus dem „Pechblende“ genannten Uran⸗Erz gewonnen sind, aber kein Uran enthalten. Wunderbarer Weise jedoch haben allein die Baryum⸗ und Wismuth⸗Salze aus dieser Quelle diese besondere Eigenschaft, nicht die gleichen auf andere Weise bergestellten Baryum⸗ und Wismuth⸗ Salze, von denen sie sich außerdem dadurch unterscheiden, daß, während letztere farblos erscheinen, sie schön gelb und rosa gefärbt sind rnd ihre Färbung bei längerem Lagern sogar intensiver wird. Chemisch ließ 88 absolut zwischen den Salzen der einen und der anderen Herkunft kein Unterschied nachweisen. Wie erklärt sich dann aber die erhebliche pbysikalische Verschiedenheit der anscheinend chemisch identischen Salze? Curie glaubt zur Erklärung annehmen zu sollen, daß in den Baryum⸗Salzen, welche sich etwas anders verhalten als die Wismuth⸗Salze, ein noch unbekanntes, das Uran begleitendes Element enthalten sei, und in den Wismuth⸗Salzen ein anderes.

. 1 wenn davon eßbare und unwägbare Spuren vorliegen, so wurde dieses Mittel auf die gesuchten und Radium und Polonium (Frau Curie ist Polin) benannten Elemente angewandt. Demargay will im Spektrum der betreffenden Baryum⸗Salze wirklich noch unbekannte Linien gefunden haben und schließt hieraus auf die thatsächliche Existenz des Radium. Die Ansichten sind aber getheilt, ob diese Spektral⸗ untersuchung desinitiv beweisend ist. In diesem Zustande überkamen die deutschen Forscher Dr. F. Giesel in Braunschweig und die Professoren Elster und Geitel in Wolfenbüttel die Entdeckung. Ihren Untersuchungen ist es geglückt, mit etwas größeren Mengen jener beiden Salzgruppen aus Uran⸗Erz die Curie'schen Beobachtungen zunächst zu bestätigen und sie erheblich zu erweitern. Hierbei hat sich nun höchst Merkwürdiges ergeben, wovon Peofessor Elster den Beweis durch die Vorführung und das Exveriment erbrachte: 1) Es wohnt beiden Salzgruppen die Eigenschaft des Selbstleuchtens anscheinend dauernd bei. 2) Sie senden außerdem unsichtbare Strahlen aus, welche wie die Röntgen⸗Strahlen die Eigenschaft haben, optisch undurchlässige Körper zu durchdringen, welche für andere Lichtstrahlen undurchdringlich sind, jedoch in anderer Weise als die Röntgen⸗ Strahlen. Sie erregen zwar 3) den Barvum⸗Platin⸗Cyamid⸗Schirm gleich den Röntgen⸗Strahlen und machen ihn phosphorescieren, aber sie differenzieren 4) zwischen den Stoffen, die sie durchdringen, nicht in dem Grade, wie die Röntgen⸗Strahlen. Hält man die Hand vor den von Becquerel⸗Strahlen getroffenen L⸗uchtschirm, so wirft dieselbe zwar ein deutliches Schattenbild auf den Schirm; aber in dem Bilde erscheinen die Fleischtheile nicht halbdurchsichtig und die Knochen schwarz, sondern Fleisch und Knochen lassen anscheinend gleichmäßig durch und sind deshalb im Bilde nicht zu unterscheiden. Dagegen ist 5) die Differenzierung bei sehr großen Dichtigkeits⸗ unterschieden vorhanden, z. B. beim Bilde eines in ein Tuch eingewickelten Geldstücks. Keinesfalls aber nimmt die Undurchlässigkeit im Ver⸗ hältniß des spezifischen Gewichts zu, wie bei den Röntges⸗Strahlen, ja die Strahlung des im Baryum⸗Salz aus Pecholende vermutheten Radium durchdringt z. B. eine Bleiplatte von 12 mm Dicke, das angebliche Polonium noch eine Silberplatte von Thalerstärke. 6) Gleich den Röntgen⸗Strahlen wirken auch die Becquerel⸗Strahlen auf die photo⸗ graphische Platte. Eine Wenigkeit von den betreffenden Salzen in Papier eingepackt in die schwarze Umhüllung einer photographischen Platte geschoben, ließ sich in seinem Umsang und seiner Konfiguration später auf der entwickelten Platte als schwarzer Fleck erkennen. 7) Beide Salzgruppen besitzen eine von Curie so bezeichnete „induzierte Akti vität“, d. bhe mit gleichartigen Salzen aus andern Quellen als Uran⸗Erzen oder auch mit anderen an sich inaktiven Substanzen wie Porzellan, Papier ꝛc. zusammengebracht, übertragen sie auf dieselben vorübergehend die Strahlungsfähigkeit. 8) Die bei weitem merkwürdigste Eigenschaft ist aber die folgende: Kleinste Mengen der Salze von wenigen Milligrammen genügen, um die sonst bekanntlich Elektrizität nicht leitende, trockene Luft leitend zu machen. In Räumen, wo sich solche Salze befinden, selbst in kleinsten Mengen wie oben, gehört deshalb eine dauernde elektrische Ladung irgend welcher rt zu den Unmöglichkeiten, und diese Wirkung ist so stark, daß sie sich unter Umständen auf mehrere Räume erstreckt. Endlich haben Stefan Meyer und Giesel noch entdeckt, daß 9) die Becquerel⸗Strahlen im magne⸗ tischen Felde ablenkbar sind, wie es wohl bei Kathoden⸗, aber nicht bei Röntgen⸗Strahlen der Fall ist. Legte man auf die Pole eines vertikal stehenden Hufeisenelektromagneten einen Leuchtschirm und zwischen die Pole ein Poloniumpräparat, etwa Wismuth⸗Sulfid, so wurde der bei Nichterregung des Magneten auf dem Schirm er⸗ scheinende Lichtschein bei Erregung des Magneten zu einer kometen⸗ schweifartigen Figur ausgezogen, und dieser Schweif sprang beim Polwechsel auf die andere Seite hinüber.

Professor Elster glaubt nach allen seinen Beobachtungen nicht recht an die Existenz von Radium und Polonium. Nach seiner Ansicht handelt es sich nicht um chemische, sondern um phvysikalische Ursachen der beobachteten Strahlungen. In den aktiven Substanzen befänden sich die Atome in einem labileren Zustande als in den gewöhnlichen Körpern; beim Uebergange der Atome aus dem labilen in den stabilen Zustand entwickelten sich die Becquerel⸗Strahlen.

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Mit der dem Direktorium der „Urania“ eigenen Wachsamkeit

auf alle neuen Erscheinungen auf naturwissenschaftlichem Gebiet hat schon am Donnerstag v. W. Direktor Dr. Paul Spies die Gelegen⸗ heit seines Vortrags über „elektrische Ladungen und Ent⸗ ladungen“ dazu wahrgenommen, um seiner, alle Plätze des Hörsaals füllenden Zuhörerschaft die Becqguerel⸗Strahlen vorzu⸗ führen. Es ist ihm geglückt, ganz geringe Portionen jener oben erwähnten Baryum⸗ und Wismuth⸗Salze, aus „Pech⸗ blende“ gewonnen, zu erhalten. Dieselben sind zur Zeit noch sehr kostspielig, da aus 1000 kg Erz nur wenige Gramm gewonnen werden. Daß dieselben etwa mit der Helligkeit eines Johannis⸗ würmchens leuchten, wurde nach Verdunkelung des Saales gezeigt. In welchem Verhältniß diese Lichtstrahlen zu den dunklen Strahlungen mit den oben dargelegten Wirkungen stehen, ist noch räthselhaft. Entstehen sie unter dem Einfluß der letzteren oder bestehen sie un⸗ abhängig davon? Dr. Spies zeigte sowohl die Wirkungen der kleinen Gaben dieser Salze auf den Leuchtschirm, den sie obgleich unter dichter Papierhülle zum Leuchten brachten, als auch selbst in dichtem Blech⸗ verschluß auf die Entladung elektrisch geladener Körper. Die letztere Eigenschaft iheilen die Becquerel⸗Strahlen zwar mit den anderen be⸗ kannten, unsichtbaren Strahlen, den ultravioletten und den Röntgen⸗ Strahlen; allein die Intensität des von den Salzen ausgehenden Entladungs⸗Einflusses scheint bei ihnen unverhältnißmäßig größer. Der Vortragende hob zum Schluß noch besonders hervor, daß diese Strahlen keiner Erregung bedürften, wie die Röntgen⸗Strahlen, sondern unablässig den betreffenden Körpern entströmten. Auch die Eigenschaft des Selbstleuchtens scheint denselben dauernd eigen zu sein. Vierundzwanzig Stunden des Glühens unter Luftabschluß haben sie ihnen nicht zu rauben vermocht. Die Sage vom im Dunkeln glühenden Karfunkelstein sSeint hiermit zur Wahrheit geworden. Jedenfalls steht die Wissenschaft vor neuen, geheimnißvollen Räthseln.

Am Montag Abend verstarb hierselbst der Marine⸗ und Land⸗ schaftsmaler Professor Hermann Eschke. Er war am 6. Mai 1823 in Berlin geboren, kam im Jahre 1840 in das Atelier des Professors W. Herbig und besuchte von 1841 bis 1845 die hiesige Akademie. Bis zum Jahre 1848 arbeitete er im Atelier des Marinemalers W. Krause und bildete sich in den Jahren 1849 und 1850 in Paris bei Le Polttevin weiter in der Marinemalerei aus. Im Jahre 1850 bereiste er Südfrankreich und die Pyrenäen und kehrte nach Berlin zurück, von wo er zahlreiche Studien⸗ reisen nach der Insel Amrum und den Halligen, nach Jersey, der Bretagne, der Insel Wight, Nord⸗Schottland, Norwegen und den Nord⸗ und Ostseeküsten unternahm. Diesen Gegenden hat der Künstler auch die Motive zu seinen Marinen, Strand⸗ und Flußland⸗ schaften entnommen, welche sich ebensosehr durch glückliche Wahl des wieder⸗

egebenen Stimmungsmoments wie durch die virtuos ausgebildete oloristische Technik auszeichnen. Seine Hauptwerke sind: Die Insel Neuwerk an der Elbemündung, Westküste von Helgoland, Die Blaue Grotte von Capri, Rettungsboot einem strandenden Schosner zu Hilfe kommend, An der Mündung der Dievenow, Balholm und Balestrand im Sognefjord, Freshwaterbay auf der Insel Wight, Vorgebirge Arkona auf Rügen, Im Hafen von Livorno, Die Ostmole von Swine⸗ münde, Leuchtthurm auf der Klippe bei Mondschein (Berliner National⸗Galerie 1879), Worms' Head an der Küste von Südwales, Stettin von Dunzig aus gesehen, Der Polyphem (Motiv von Capri), Stürmische See in der Freshwaterbay, Der Vogelfelsen Hjelmsos am Nordkap (1888), Mitternachtssonne an den Lofoten, Steiniger Strand auf der Insel Vilm und Mondscheinnacht bei Treptow a. d. Rega. Professor Eschke hat zahlreiche Schüler herangebildet, unter denen E. Körner, Douzette, M. Erdmann, F. Sturm, C. Saltz⸗ mann und sein ebenfalls als Marinemaler bekannter Sohn Richard Eschke zu nennen sind. Letzterer, welcher ebenfalls Königlicher Pro⸗

Da wir in der Spektralanalyse ein sicheres Mittel besitzen, den Nach⸗

außer stande zu sein, auf diese Wünsche einzugehen. Es ist daher

weis des Vorhanden in eines unbekannten Ele auch

fessor ist, nahm im Jahre 1889 an der Plankton⸗Expedition theil.