1900 / 36 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Feb 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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nehmigen zu wollen. Durch Eurer Majestät huldvolles Vertrauen, im Vereine mit des Apostolischen Stuhles Gnade, ist mir in der Berufung auf den erzbischöflichen Stuhl der rheinischen Metropole ein weites und schwieriges Arbeitsfeld zugewiesen worden. Den Muth, es zu betreten, sinde ich nur in dem Gedanken, daß Gottes Wille durch die gnädige Entscheidung derjenigen mir kund ge⸗ worden ist, welche die berufenen Organe seiner Vorsehung sind, und daß ich um so zuversichtlicher auf den göttlichen Gnaden⸗ beistan, vertrauen darf, je weniger ich selbst eine so hohe Aus⸗ zeich ung erstrtebt habe. Mit Gottes Hilfe hoffe ich darum, das heilige Gelöbniß zu erfüllen, das in diesem für mich und für den Kölner Sprengel so hochbedeutsamen Augenblick Eurer Majestät ehr⸗ furchtsvollst darzubieten ich mir gestatten darf, das Gelövniß, daß wie bisher, so auch fürderhin ich mit aller Kraft mich bemühen will, ein treu katholischer Bischof zu sein, dem nichts näher am Herten liegt, als das ewige Heil der ihm anvertrauten Seelen, und zugleich ein treu patriotischer deutscher Bischof, der niemandem nachstehen möchte an Treue und liebevoller Ergebenbeit gegen Eurer Majestät erhabene Person, an thatkräftigem Interesse für seines theuren Vaterlandes Wohlfahrt und Geöße, und daß das Eine wie das Andere mir gelten soll als eine beilige Gewissenspflicht, die in Gottes unverbrüchlichem Ges tze wurzelt. Wie bisher, so soll auch in alle Zukunft es mein tägliches Gebet sein, daß Gott der Herr Eure Kaiserliche und Köaig⸗ liche Majestät, die Katzerin und das ganze Königliche Haus schirmen und segnen wolle für und für.

Nunmehr leistete der Erzbischof den Eid wörtlich dahin ab: 8

Ich, Hubertus Simar, erwählter und bestätigter Erzbischof von Köln, schwöre einen Eid zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden auf das beilige Evangelium, daß, nachdem ich auf den erzbischöflichen Stuhl von Köln erhoben worden bin, ich Seiner Königlichen Majestät von Preußen Wilhelm und Aller⸗ höchstd ssen rechtmäßigem Nachfolger in der Regierung als meinem Allergnädigsten Könige und Landesherrn unterthänig, treu, gehorsam und ergeben sein. Allerhöchstdero Bestes nach meinem Vermögen befördern, Schaden und Nachtheil aber verhüten und besonders dahin streben will, daß in den Gemuthern der meiner bischöflichen Leitung anvertrauten Geistlichen und Gemeinden die Gesinnungen der Ehrfurcht und Treue gegen den König, die Liebe zum Vaterlande, der Gebor am gegen die Gesetze und alle jene Tugenden, die in dem Christen den guten Unterthan bezeichnen, mit Sorgfalt gepflegt werden, und daß ich nicht dulden will, daß von der mir untergebenen Geist⸗ lichkeit in entgegengesetztem Sinne gelehrt und gedandelt werde. Insbesondere gelsbe ich daß ich keine Gemeinschaft oder Verbindung, sei es innerhalb oder außerhalb Landes, unterhalten will, welche der öffentlichen Sicherbeit gefährlich sein könnten, und will, wenn ich erfahren sollte, daß in meiner Diözese oder anderswo Anschläge zemacht werden, die zum Nachtheil des Staats ge⸗ reichen könnten, biervon Seiner Königlichen Majestät Anzeige machen. Ich verspreche, dieses Alles um so unverbrüchlicher zu halten, als ich gewiß bin daß ich mich durch den Eid, welchen ich Seiner Päpstlichen Heiligkeit und der Kirche geleistet habe, zu Nichts ver⸗ pflichte, was dem Eide der Treue und Unterthänigkeit gegen Seine Königliche Majestät entgegen sein könne. Alles dieses schwöre ich, so wahr mir Gett helfe und sein heiliges Evangelium. Amen!

Seine Majestät geruhten hierauf den feierlichen Akt mit folgenden, an den Erzbischof gerichteten huldvollen Worten

zu schließen:

Ich habe das eidliche Gelöbniß der Treue, welches Sie, hoch⸗

würdiger Herr, soeben abgelegt haben, Selbst entgegen nehmen wollen und freue Mich, Sie bei dem Antritt Ihres neuen Amts vor Mir u sehen. G Als Leiter des Bisthums Paderborn haben Sie die Mühen wie den Segen der bischöflichen Pflichten in reichem Maße erfahren. Wenn Sie auch gewiß mit schwerem Herzen aus Verhältnissen scheiden, welche Ihnen lieb und werth geworden sind, so habe Ich doch mit Befriedigung vernommen, daß Sie Ibrer Berufung auf den erz⸗ bischöflichen Stuhl von Köln freudig folgen wollen. Ich habe dem dortigen Metropolitan⸗Kapitel gern Meine Geagehmhaltung Ihrer Erwählung eröffnen lassen und ertheile Ihnen wohlgeneigt Meine landesherrliche Anerkennung. Ich bin der Zuversicht, daß Sie wie in dem bisherigen, so nunmehr in dem größeren Wirkungskreise mit voller Hingebung die Ihrer oberhirtlichen Leitung anvertrauten Diözesanen in allen christlichen Tugenden unterweisen, insbesondere aber den Geist der Ehrfurcht und der Treue gegen Mich und Mein Haus pflegen werden. Ihre Aufgabe wird es sein, die treuen Glieder Ihrer Kirche zugleich zu guten Bürgern und Patrioten zu erziehen. Ihre oft bewährte loyale Gesinnung giebt Mir das Vertrauen, daß Sie auch Ihr neues Amt mit gleichem Segen für Staat und Kirche zu führen wissen werden.

Sei Ihnen Gottes Gnade dazu beschieden!

Hierauf wurde der Erzbischof von Seiner Majestät ent⸗ lassen. Sodann ist demselben die Allerhöchste Anerkennungs⸗ Urkunde ausgehändigt und das über den Hergang bei der Eidesleistung aufgenommene Protokoll von ihm unterschriftlich

vollzogen worden. 1

Rach Beendigung der Feierlichkeit fand bei Seiner Majestät eine Frühstückstafel statt, zu welcher außer dem Erz⸗ bischof auch die bei dem Akt der Eidesleistung in Funktion gewesenen Würdenträger und Solennitätszeugen geladen waren.

Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen.

1““

Der Königliche Gesandte in Hamburg Graf Wolff⸗ Metternich hat seinen Posten verlassen, um sich behufs Uebernahme der Vertretung des beurlaubten Kaiserlichen Bot⸗ schafters, Staats⸗Ministers Grafen von Hatzfeldt⸗Wilden⸗ burg, nach London zu begeben. Während der Abwesenheit des Grafen Wolff⸗Metternich von Hamburg fungiert daselbst der etatsmäßige Legations⸗Sekretär der Königlichen Gesandt⸗

schaft Prinz von Schönburg⸗Waldenburg als Geschäfts⸗

träger. 8

Am 1. Februar ist zu Eberswalde der Geheime Re⸗ gierungsrath, Professor Dr. Altum, 75 Jahre alt, verschieden.

Auf dem Gebiete der Zoologie, insbesondere demjenigen der Entomologie und Ornithologie hat derselbe Hervorragendes geleistet und bis an sein Lebensende seinen größeren wissen⸗ schaftlichen Werken noch fortgesetzt kleinere Arbeiten hinzugefügt. Eine rühmliche Stellung unter den Männern der Wissen⸗ schaft ist ihm für alle Feiten gesichert. Als Lehrer seit 1869 an der Forst⸗Akademie zu Eberswalde hat er durch die Gradheit femnes va-vnn Senz, und seinen fesselnden Vortrag

eltenem Maße erworben und durch seine Begeisterung für die

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Walde in einer Weise anregend gewirkt, wie es wenigen Lehrern beschieden ist. .

Die Forst⸗Akademie zu Eberswalde erfährt durch den Hintritt Altum's einen Verlust, der schwer zu ersetzen sein wird.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Schwalbe“, Kommandan: Korvetten⸗Kapitän Boerner, gestern von East London nach Port Elizabeth in See gegangen.

8 Baden.

Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von W“ ist, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, vorgestern Mittag in Karlsruhe eingetroffen und am Bahnhof von Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin empfangen worden. Ferner waren zum Empfang anwesend: Ihre Kaiserliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm, Ihre Großherzogliche Hoheit die Fürstin Sophie zur Lippe, Seine Großhechog⸗ liche e“ der Prinz Karl und der Königlich preußisj e Gesandte von Esendecher. Nach herzlicher Begrüßung ge⸗ leiteten Ihre Königlichen Hoheiten die Kronprinzessin nach dem Großherzoglichen Schlosse. Nachmittags 3 Uhr 50 Minuten trafen, von Koblenz kommend, Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin in Karlsruhe ein. Höchstdieselben wurden von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin am Bahnhof empfangen und nach dem Schlosse geleitet.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Der Landtag des Herzogthums Coburg ist gestern durch den Geheimen Staatsrach von Wittken geschlossen worden, nachdem der Etat und das Abgabengesetz für die Zeit bis 1901 mit der Einschränkung angenommen worden war, daß die Steuererhöhung erst mit dem Jahre 1901 ein⸗ treten solle.

Oesterreich⸗Ungarn.

An der gestern abgehaltenen ersten Sitzung der böhmi⸗ schen Abtheilung der Ausgleichs⸗Konferenz nahmen, dem „W. T. B.“ zufolge, sämmtliche Vertreter der böhmischen Parteien theil. Der Minister⸗Präsident von Körber theilte zunächst mit, daß die Abgeordneten der deutschen Volks⸗

artei gegen die Einführung einer zweiten Landes⸗ prache im Egerer und Ascher Gebiete Verwahrung ein⸗ gelegt hätten; sodann wurde die Regelung der Sprachenfrage bei den autonomen Behörden Böhmens besprochen. Die Kon⸗ ferenz beschloß die Einsetzung eines Subcomité's zur Er⸗ örterung der Fragen, über die keine Einigung erzielt wurde. Die Sitzung des Subcomités findet heute statt. Die nächste Sitzung der böhmischen Abtheilung, in welcher die Reform der Landtagswahlen in Böhmen besprochen werden wird, findet am Freitag statt. .

In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses ergriff im Verlaufe der Debatte über das Budget der Abg. Melczer (Siebenbürger Sachse) das Wort und ver⸗ wahrte sich namens der Sachsen gegen den Vorwurf, dieselben seien nicht patriotisch. Die Beschuldigung, die Sachsen

fühlten sich mit den Ungarn zu einer einheitlichen politischen Nation verbunden. Sie hätten ihre Stammesart und ihre Kultur bis zum heutigen Tag erhalten und wünschten, ihr auch in Zukunft treu zu bleiben. Dieses Recht sei allen Nationalitäten gewährleistet. Die Achtung dieses Rechts beruhe auf den großen freiheitlichen Traditionen der Ungarn, welche Deak stets hochzuhalten empfohlen habe. Als der Minister⸗Präsident von Szell bei der Uebernahme der Re⸗ gierung sein Programm in Sinne Deak’'scher Ueberlieferung entwickelt habe, habe er sofort die Sympathien der Sachsen erworben, die ihm ihre Unterstützung auch fernerhin zu ge⸗ währen geneigt seien. Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus setzte gestern die Berathung des Ent⸗ wurfs der Adresse fort. Ueber den Verlauf der Sitzung berichtet „W. T. B.“: 8

Der Führer der irischen Nationalisten Redmond brachte einen Antrag seiner Partei ein, in welchem ausgesprochen wird, daß die Zeit gekommen sei, den Krieg auf der Grundlage der Anerkennung der Unabhängigkeit der Südafrikanischen Republik und des Oranje⸗ Freistaats zu beendigen. Der Redner führte aus, die Vorwürfe, die sich die Minister und die Führer der Opposition betreffs der Verantwortlichkeit für den Krieg gemacht hätten, kümmerten ihn nicht. Beide Parteien seien für die Einleitung und Fortführung des Krieges verankwortlich; der Krieg hätte durch , von Geduld, gutem Willen und Versöhnlichkeit vermieden werden können. „Die Sympathie Irlands“, fuhr der Redner fort, „ist mit den beiden füdafrikanischen Republiken. Die irische Partei verabscheut diesen ungerechten und unbilligen Krieg und ist, so sehr sie es vermag, für die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der beiden Republiken be⸗ müht, die mit so viel Heldenmuth vertheidigt worden ist. Wenn das britische Reich in Verwickelungen gerathen ist, so bewegt die Mehr⸗ heit des irischen Volkes ein Gefühl der Hoffnung und der Befriedigung. Der Haupttheil der öffentlichen Meinung in Irland ist dem Reiche feindlich; aber die Haltung der Iren diesem Krieg gegenüber ist nicht durch dieses Gefühl bestimmt. Vielmehr würden die irischen Sym⸗ pathien die gleiche Richtung genommen haben, wenn England nicht betheiligt wäre und eine andere Macht es versuchte, den Ruhestörer und Unterdrücker in Säd⸗Afrika zu spielen. England steht heute nicht in „glänzender“, sondern in schmachvoller Vereinsamung da; die Türkei allein hat ihm ihre Gunst zugewandt. Die Meinung der führenden Männer in Amerika ist weit überwiegend Eagland feindlich. Die einmüthige Mißbilligung der ganzen Welt muß sicher ins Gewicht fallen. Was die Frage betrifft, ob durch die Haltung der irischen Mitglieder hinsichtlich des Krieges die Aussichten der Home⸗Rule⸗Forderung ungünstig beeinflußt werden, so meine ich, daß Irland nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hat, wenn es seine Stimme für Gerechtigkeit und Freiheit erhebt.“ Redmond's Rede wurde von seinen Parteigenossen an vielen Stellen mit Beifallszeichen begleitet. Im weiteren Verlauf der Sitzung sprachen mehrere Redner für und gegen das Amendement Redmond's. Thomas W. Russel sprach sich gegen das Amendement aus. Er sagte, es sei beklagenswerth, daß⸗ während thatsächlich das gesammte Großbritannien und alle sich selbst regierenden Kolonien auf der einen Seite ständen, irländische Abgeordnete auf der anderen Seite ihre Stimmen abgeben würden. Es sei sonderbar, daß die Vertreter eines Landes, welches behaupte, unterdrückt zu sein, eine der abscheulichsten Gewaltherrschaften des Jahrhunderts unterstützten. In dem Amendement werde zum Nachgeben gerathen, während der Feind sich noch auf britischem Gebiet befinde. Er könne jedoch dem Hause versichern, daß

s die Achtung, Dankbarkeit und Liebe der Studierenden in Natur und sein tiefes Verständniß für das Thierleben im

man ein zweites Majuba nicht erleben werde. Einen Tag würden die

gravitierten nach Deutschland hin, sei absurd. Die Sachsen

Buren niemals in ihrem Kalender feiern, nämlich den Tag, an welchem das britische Parlament sich wieder unter ebenso schimpflichen Bedingungen wie im Jahre 1881 ergeben würde. Das Haus verwarf schließlich das Amendement Redmond's mit 368 gegen 66 Stimmen.

In einer gestern in Northampton zum Preotest gegen den Krieg in Süd⸗Afrika einberufenen Ver⸗ sammlung, in welcher Labouchère und der Sozialdemokrat Hyndman sprechen sollten, kam es zu aufregenden Scenen. Als Labouchère erschien, wurde mit großem Lärm „Rule Britannia“ und „God save the Queen“ gesungen, sodann wurde die Tribüne gestürmt, wobei Stühle und Tische in den Saal hinabgeworfen wurden. Labouchdère, der eine leichte Verletzung am Kopfe erlitt, floh in den Vorraum und verließ

Italien. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen ist, wie „W. 82 B.“ meldet, gestern früh an Bord des Dampfers „Preußen“ in Genua eingetroffen und von Seiner Durchlaucht dem Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg⸗Lippe an Bord begrüßt worden. Sodann begaben sich Höchst⸗ dieselben auf die „Loreley“, welche um 8 ½ Uhr nach Lerici in See ging. Dort wird Seine Königliche Hoheit der Prinz Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich einen Besuch abstatten. Serbien. 8 Der Skupschtina ist gestern das Budget segegangen. Außer neuen Krediten für das Heer weist, wie „W. T. B.“ berichtet, das Budget in seinen einzelnen Theilen keine Mehr⸗ ausgaben auf. Im Laufe der Debatte über das Budget erklärte der Finanz⸗Minister, die Regierung wünsche aus der Einkommensteuer nicht mehr als drei Millionen Dinar zu erzielen, einen Betrag, welcher dem Ertrage der aufgehobenen Kapitalsteuer und Obrtsteuer gleichkomme.

Asien. 1 8

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Peking vom gestrigen Tage glaubt man dort allgemein, daß die Kaiserin die formelle Absetzung des Kaisers nicht wagen werde, weil sie befürchte, daß ein solcher Schritt auf ernsten Widerstand im südlichen China stoßen werde.

Afrika. 1 Bureau“ aus Kapstadt gemeldet wird, eine Proklamation erlassen, worin er die Freistaat⸗- und Transvaal⸗Buren auf⸗ fordert, die Sache der beiden Republiken im Stich zu lassen, und ihnen gute Aufnahme bei den Engländern ver⸗ spricht; ferner wird in der Proklamation den Rebellen aus den Kolonien angerathen, sich jetzt zu ergeben, statt sich der Gefahr auszusetzen, im Felde gefangen genommen zu werden; die Rebellen dürften jedoch nicht dieselbe Behandlung wie die Buren erwarten. Gestern früh haben Lord Roberts und Lord Kitchener Kapstadt verlassen.

Einer aus dem Hauptquartier der Buren gestern in Lourenço Marques eingetroffenen Nachricht zufolge haben die britischen Truppen am 5. d. M. unter dem Schutze einer heftigen Kanonade den Tugela an zwei Stellen über⸗ schritten. An einer Furt sollen die Engländer zurück⸗

eschlagen worden sein. Das Feuer der Artillerie habe am ö Tage wieder begonnen.

Das britische Kriegsamt bestätigt, daß der General Sir Redvers Buller am 5. d. M. den Tugela wieder über⸗ schritten habe und sich jetzt auf dem Marsch nach Ladysmith befinde. Ueber das Resultat seiner Operationen liege noch keine Nachricht vor.

Aus Spearmans Camp von gestrigen Tage berichtet das „Reuter'sche Bureau“: Der General Sir Redvers Buller begann den Vormarsch zum Entsatze von Ladysmith am Montag. Die Schiffsgeschütze eröffneten das Feuer um 7 Uhr Morgens. Es wurde ein Scheinangriff im Zentrum der britischen Stellung von drei Bataillonen ausgeführt, welche mit sechs Batterien auf Brakfontein vorgingen. Um 11 Uhr Vormittags eröffneten die Buren das Feuer mit Artillerie und warfen einige Granaten auf die britische Infanterie, welche sich eine Stunde später zurückzog. Inzwischen unter⸗ nahmen die Engländer auf dem äußersten rechten Flügel einen heftigen Ang riff Die britischen Pioniere errichteten mit großer Schne igkeit eine Pontonbrücke, während mehrere Geschütze, welche zwischen den Bäumen des

wartskoop standen, die Stellung der Buren heftig be⸗ chossen. Dann ging die britische Infanterie vor, die Buren wurden völlig überrascht. Gegen 4 Uhr Nachmittags wurde ein hoher Berg, der den Namen Kranz Kloof trägt und die Verlängerung des Brakfonteiner Bergrückens bildet, genommen. Am folgenden Morgen wurde die Beschießung der Stellung der Buren wieder aufgenommen. Der Fens schaffte seine Geschütze von dem hohen Bergrücken Doorn Kloof, zur Rechten des Kranz Kloofs, fort; die britischen Granaten schlugen dort ein und setzten ein Magazingeschütz der Buren außer Thätigkeit. Das Gewehrfeuer währte mit einzelnen Zwischenräumen bis spät in den Tag hinein, bis am Nach⸗ mittag die Buren den energischen Versuch machten, den Kranz Kloof wieder zu nehmen. 82 griffen die britischen Ver⸗ stärkungen mit lauten Hurrahrufen ein; der Feind wurde zurückgeworfen, worauf die Engländer längs des Bergrückens vorrückten.

Der „Standard“ meldet: Während die elfte Brigade eine Diversion ausführte, rückte die übrige zum Angriff ausgewählte Infanterie, die in der Nachtzum Montag am Alice⸗Berg bivouakiert hatte, am Fuß des Zwartskoop entlang auf dem rechten Flügel vor. Sie marschierte auf den Vaalkrantz zu, der auf dem direktesten Wege nach Ladysmith liegt. möüch zweistündigem flotten Marsch hatte sie sich den Buren auf Schußweite genähert. Das nächstliegende Kopje wurde mit dem Bajonett genommen. Fast gleichzeitig säuberte die Scharfschützen⸗Brigade, die über einen langen Höhenrücken gegangen war, das zweite Kopje. Die Trup⸗ pen bezogen an Ort und Stelle das Bivouak. Am 6. Februar 4 Uhr Nachmittags machten die Buren Anstrengungen, die von den Engländern genommene Position auf dem Vaalkran wieder zu erobern, sie wurden jedoch mit Verlusten zurück⸗ geschlagen. Das Granatenfeuer der Maximgeschütze der Buren war überaus heftig, die Verluste der Engländer sind jedoch verhältnißmäßig gering. Die Durhamer leichte Infanterie machte im Verlauf ihres Angriffs einige Gefangene. Der Feind kämpfte wie immer mit äußerster Harmäͤkigkeit

Die „Times“ berichtet: Die Stellung der Buren, welche sich auf einer Bergkette befand, war stark verschanzt und

us.

dehnte sich vom Spionkop drei Meilen nach Ost

liche Feuer auf sich lenkten.

von dort aus unter polizeilichem Geleite das Gebäude.

die Engländer die Stellungen der Buren am oberen Tugela

dritischen Truppen zurück, welche in großer Verwirrung

wurde heute früh mit noch mehr Kanonen wieder aufgenommen.

Der Feldmarschall Lord Roberts hat, wie dem „Reuter'schen

des Entwurfs einer Novelle zum Gesetze, betref

Reichs⸗Marineamts, Staats⸗Minister, Vize⸗Admiral Tirpitz

Scheinangriff wurde vom der Brigade Wynne's ausgeführt und von fünf Batterien unterstützt, welche das feind⸗ en Hauptangriff auf

dem rechten Flügel unternahm die Brigade Lord

Lpitleton's. Dieselbe überschritt den Tugela auf einer

Pontonbrücke und griff den am weitesten nach Süden belegenen

Berg an. Die Buren, welche auf dem Doorn Kloof Geschütze auf⸗

gestelt hatten, beschossen die britischen Truppen heftig und hinderten

sie am weiteren Vormarsch. Die bwouakierten daher auf der Stelle, wo sie standen. Am 6. d. M. wurde kein weiterer Vorstoß unternommen. Die Buren unterhielten auf weite Entfernung

Granatenfeuer, und es ist nicht leicht, die Stellung ihrer Ge⸗

schütze zu entdecken. Am Nachmittag machte der Feind einen heftigen Angriff auf die Nordseite des von Lord Lyttleton be⸗

setzten Berges und hatte auch zunächst Erfolg; als aber die britischen Verstärkungen 1e wurde die Stellung von diesen mit dem Bajonett wieder genommen.

1 Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus dem Burenlager

bei Ladysmith vom 6. Februar gemeldet: Seit gestern haben

mit Marinegeschützen und anderen Kanonen beschossen. Die

britischen Truppen überschritten den Fluß bei Pont Drift und Molen Drift, um die Stellungen der Buren im Sturmangriff zu nehmen. Bei Pont Drift schlug der General Burgher die

wieder über den Tugela zurückgingen. Bei Molen Drift dauert das Gefecht noch mit Buren aus Stenderton und Johannesburg fort. Die Buren hatten keine Verluste. Die Kanonade wurde mit mehr Geschützen, als bisher, ausgeführt und war die heftigste, die bis jetzt stattgefunden hat. Das Feuer der Geschütze hielt den ganzen Tag an und die Beschießung

Ein weiteres Telegramm vom 6. d. M. Mittags besagt: In dem gestrigen Kampf am Tugela hatten die Eng⸗ länder große Verluste am Pont Drift, aber am Molen Drift haben sie einen kleinen Kopje genommen, der indessen von geringer Bedeutung ist und in dessen Besitz sie noch sind. Ihre Verluste auf dieser Seite sind unbekannt. Vier Freistaat⸗

neehn 85* gefallen. Die Kanonade aus dem groben Geschütz äßt nach.

Aus Sterkstroom vom 5. d. M. erfährt dasselbe

Bureau, daß die allgemeine Lage unverändert sei, doch habe die „Imperial mounted Infantry“ mit Train das Lager

am Sonnabend früh in westlicher Richtung verlassen.

Die Londoner Blätter veröffentlichen ein Telegramm aus Sterkstroom vom gestrigen Tage, wonach die Buren am Morgen die Vorposten gleichzeitig an verschiedenen Punkten an⸗ gegriffen hätten. Der Kampf dauere noch fort.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

8 In der heutigen (143.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf on Posadowsky, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, taats⸗Minister Graf von Bülow, der Staatssekretär des eichs⸗Marineamts, Staats⸗Minister, Vize⸗Admiral Tirpitz und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr on Thielmann beiwohnten, stand die erste e end

die deutsche Flotte, auf der Tagesordnung. Zur Einleitung der Debatte nahm der Staatssekretär des

sunächst das Wort, dessen bei Schluß des Blattes noch fort⸗ auernde Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (19.) Sitzung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld beiwohnte, die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1900 im Etat der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung bei dem Kapitel des gewerblichen Unterrichtswesens fort.

Die Baugewerksschulen erfordern ein Mehr von 183 957 ℳ, 8. Sr haseegr Berichterstatter Abg. von Jagow kkons.) eantragt.

Abg. Felisch (kons.) bespricht eingehend den Bildungsgang in den Baugewerksschulen. Diese Schulen seien dazu bestimmt, tüchtige Bauzewerksmeister heranzubilden, und deshalb müsse vor allem auf die praktische Ausbildung Werth gelegt werden. Die Schüler müßten das Vorgerragene vollkommen verstehen können und dürften daher in diese Schulen erst aufgenommen werden, wenn sie gewisse praktische Vorkenntnisse sich angeeignet hätten; sie müßten also die Lehrlingszeit durchgemacht haben. Der Befähigungznachweis sel für das Baugewerbe ein dringendes Erforderniß. Diese Forderung sei ebenso dringlich wie die Einrichtung der Fachschulen überhaupt. Der Befähigungsnachweis werde die Zahl der Unfälle vermindern. Der Redner wünscht ferner die Hebung des Lehrerstandes an den Baugewerksschulen.

Geheimer Regierungsrath Simon verwahrt die Verwaltung gegen den Vorwurf, daß sie nicht Gewicht genug auf die praktische Ausbildung der Lehrer der Baugewerksschulen lege, verweist auf die neuen Aufnahmebedingungen für die Schüler dieser Schulen, bleiht aber in seinen weiteren Auzführungen auf der Tribüne unverständlich.

Abg. Kreitling (fr. Volksp.) erklärt sich gegen die Einführung des Befähigungsnachweises.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld, dessen Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird, erwidert, daß über die Einführung des Befähigungsnachweises zunächst die Handwerker⸗ kammern gehört werden müßten, wie es auch das Gesetz über die Handwerkerkammern vorsehe. Nachdem diese Organe gebildet seien, könnten sie nicht in dieser Frage übergangen werden.

Abg. Felisch betont nochmals die Nothwendigkeit der praktischen Ausbildung gegenüber der theoretischen.

Abg. Kindler (fr. Volksp.) giebt seiner Freude darüber Aus⸗ druck, daß in Posen eine neue Maschinenbauschule errichtet werde, und erhofft von dieser reichen Segen für die Provinz, biltet aber den Minister auch für das Unterrichtswesen in den übrigen Gewerbezweigen um sein Wohlwollen.

Abg. Dr. Lotichius (nl.) wünscht, daß der Unterricht in den gewerblichen Fortbildungsschulen, allerdings unter Rücksichtnahme auf die speziellen Verhältnisse, obligatorisch gemacht werde, und bittet um Errichtung einer Fachschule für die Rheinschiffahrt.

Ein Regierungskommissar theilt mit, daß darüber schon eennen geschwebt haben, und sagt eine neue Prüfung dieses

es zu.

Abg. Lucius (fFr. kons.) bittet die Regierung, mit der Gründung von kaufmännischen Fortbildungsschulen möglichst vorsichtig vorzugehen, da der Volksschulunterricht ausreiche.

Abg. Kopsch (fr. Volksp.) giebt seiner Freude über den neuen Erlaß des Ministers für das Fortbildungsschulwesen Ausdruck, weil

bildungsschule stelle. Nur bei ortsstatutarischer Schulpflicht könne die Fortbildungsschule Erfolg haben. In Württemberg entfielen auf 1000 Einwohner 50 Fortbildungsschüler, in Baden 35, in Hessen 34, in Sachsen 28 und in Preußen nur 6. Nur bei Schulzwang könnten die Unterrichtsstunden pünktlich beginnen, bei fakultativem Unterricht kämen die weniger strebsamen Schüler so spät, daß erst eine halbe oder gar eine Stunde später der Unterricht beginnen könne. Der Lehrer habe die Verpflichtung zum pünktlichen Erscheinen, der Schüler nicht; so stelle sich der Schüͤle über den Lebhrer Für die Erziebung sei die Fortbildungsschule ein wesentliches Mittel und fülle eine immer fühlbarer gewordene Lücke aus. Früher habe die Lehr⸗ werkstatt eine Fortsetzung der Schulerziehung gebildet, dieses Er⸗ ziehungsmittel falle bei den jungen Fabrikarbeitern fort und werde auch durch das Elternhaus nicht ersetzt. Die Fabrikanten und Lehr⸗ meister hätten die Pflicht, sich selbst für das Fortbildungsschulwesen zu interessieren. Der Erlaß des Ministers sei 32 gemeint; wieviel er positiv nützen werde, stehe dahin. Desbalb sei das einzige Mittel der staatliche Schulzwang. Die Hauptschwierigkeit liege allerdings in den Kosten; ohne staatliche Unterstützung könnten und zum theil wollten auch die Gemeinden keine obligatorischen Fortbildungsschulen errichten. Die Stadt Velten habe sich sogar geweigert, auch nur ein Drittel der Kosten zu übernehmen, obwohl der Staat zwei Drittel habe übernehmen wollen. Andere Bundesstaaten und Oesterreich gäben viel mehr Geld für diese Schulen aus. Das sei auch eine Frage einer gesunden Mittelstandspolitik. 8 8 3 8

An der weiteren Debatte betheiligen sich bis zum Schluß des Blattes außer dem Minister für Handel und Gewerbe Brefeld noch die Abgg. Ehlers (fr. Bgg.), Dr. Langer⸗ hans (fr. Volksp.), Gamp (fr. kons.) und Metger (nl.).

Kunst und Wissenschaft.

In der Februarsitzung der Archäologischen Gesellscha zu Berlin, der ersten im neuen Jahr, wurde zunächst der statntenmäßige Kassenbericht erstattet und dann auf Antrag des Herrn Diels der vorjährige, aas den Herren R. Schöne, Conze, Kekule von Strado⸗ nitz und Trendelenburg bestehende Vorstand wiedergewählt. Nach einigen an eingegangene Schriften anknüpfenden Mitthe lungen des Herrn Conze gab hen Oehler einen Ueberblick über die neuesten For⸗ schungen zur Frage nach Cäsar's Rheinbrücken, worauf Herr Pereire über die Darstellung eines angeblichen Zweireihenschiffes auf einer jüngst veröffentlichten Dipylonvase sprach. An die überzeugenden Darlegungen dieses Redners schloß sich eine lebhafte Aus⸗ sprache, an der sich die Herren von Wilamowitz⸗Moellendorff, Brückner, Kekule von S Aßmann, Oehler und Trendelenburg betheiligten. Zum Schluß berichtete an der Hand einer Fülle von Plänen, Zeichnungen und Photographien Herr O. Rubensohn in eingehender und die Aufmerksamkeit der großen Zuhörerschaft bis zum Schluß fesselnder Weise über seine erfelgreichen, auf Anregung des Deutschen Archäologischen Instituts unternommenen Ausgrabungen auf der Insel Paros.

Verkehrs⸗Anstalten.

In Okombahe im Schutzgebiet von Deut afrika ist eine Postanstalt eingerichtet worden.

entnimmt das „Centralblatt der Bauverwaltung“ einem Rechenschafts⸗ bericht des Finanz⸗Ministers Witte die folgenden Angaben.

Am Schluß des Jahres 1899 waren in Rußland: 66

28 927 Werst (30 859 km) Staatsbahnen im Betriebe, 4 496 (4 796 km) . Bau (mit öe der Chinesischen Ost⸗ ahn), zusammen: 33 423 Werst (35 655 km) oder 60,5 v. P. Staatsbahnen; 14 728 (15 712 km) Privatbahnen im Betriebe (im 8 Besitz von neun Privatgesell⸗ schaften), (6 842 km) Privatbahnen im Bau, (769 km) Lokal, und Schmalspurbahnen im Bau und Betriebe. zusa rst (23 323 km) ober 39,5 v. H. Priwvatbahnen.

Im Jahre 1889 (vor der Verstaatlichung der Eisenbahnen) betrug die Länge des Eisenbahnnetzes 27 458 Werst (29 292 km). Von dieser Länge entfielen:

6 470 Werst (6 902 km) oder 23,6 v. H. auf Staatsbahnen,

20 988 (22 390 km) 76,4 Privatbahnen (im 8 Besitz von 42 Gesellschaften).

Das Eisenbahnnetz ist demnach gegenüber 1889 fast um das doppelte angewachsen. In derselben Zeit sind auch die Be⸗ triebsmittel vermehrt worden, und zwar gegenüber 1894 an Lokomotiven und Personenwagen um 40 v. H., an . etwa 50 v. H.

Der Betrieb der Staatsbahnen und der unter Staatsaufsicht gegründeten Privatbahnen hatte der Staatskasse Verluste gebracht, die im Jahre 1889 die Höhe von 30,5 Mill. Rubel (65,6 Mill. Mark) erreichten. Seit der Verstaatlichung der Privatbahnen haben sich die wirthschaftlichen Ergebnisse in folgender Weise geändert. Der Verlust aus dem Betrieb der Staats⸗ und Privatbahnen verminderte sich (mit Ausnahme des Jahres 1892) von Jahr zu Jahr und betrug 1894 4,1 Mill. Rubel (8,82 Mill Mark). Von 1895 hat der Staat zum ersten Mal aus dem Eisenbahnbetrieb einen Gewinn erzielt, und zwar: 86

1895 1,8 Mill. Rubel (3,87 Mill. Mar)

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bI“ Eöö1 8 EEI“ CEEE15 B

Der Gewinn für die Jahre 1897 und 1898 ist mit Ausschluß der in diesem Zeitraum eröffneten Strecken der sibirischen Eisenbahn be⸗ rechnet worden. Unter Berücksichtigung der Betriebsergebnisse der sibirischen Bahnstrecken stellte sich der Gewinn

für 1897 auf 8 Mill. Rubel (17,20 Mill. Mark) CEbT1188* 115 8

Die Frachtgebühren der russischen Eisenbahnen (mit Ausnahme der Schmal⸗ und Zufuhrbahnen) wurden in der Weise vereinheitlicht, daß für gleiche Fracht bei der Beförderung auf gleich weite Strecken in allen Theilen des Reichs übereinstimmende Beträge entrichtet werden. Diese Einheitsgebühren gelten auch für die auf den russi⸗ schen Bahnen zurückgelegten Strecken im überseeischen und Ausland⸗ verkehr, mit einzelnen - für Verfrachtungen nach Ost⸗ Asien. Gleichzeitig wurde auch ein neuer Personentarif (theils Staffel⸗, theils Zonentarif) nach dem Grundsatz eingeführt, daß die Fahrpreise nach Maßgabe der Entfernungen fortschreitend zu ermäßigen sind. Diese Maßnahme erwiets sich als sehr zweckmäßig, der Personen⸗ verkehr hat sich vergrößert und die Einnahmen aus der Personen⸗ beförderung sind erheblich gestiegen.

Die Durchführung des ununterbrochenen Schienenstranges der Sibirischen Eisenbahn durch gans Asien bis nach der Südspitze der Halbinsel Kwantung am Gelben Meere bildet ein großes und schwieriges Werk, das bereits viel Mühe und große Kosten erfordert hat und noch weiter erfordern wird. Auf fast allen Bahnstrecken waren im Kampf mit den klimatischen und Geländeverhältnissen die verschiedenartigsten Hindernisse zu überwinden. Besonders große, fast beispiellose Schwierigkeiten bietet der Bahnbau in der Mandschurei, wo der Schienenstrang durch ein theilweise unerforschtes Gebiet, inmitten einer fremden, oft feindlich gesinnten Bevölkerung im stetigen Kampf mit den durchgeführt werden muß. Durch die Thatkraft der beim Bahnbau beschäftigten Techniker und Arbeiter schreitet auch dieses Werk der Vollendung entgegen. Gegenwärtig

(853 km) nahezu betriebsfähig. Auf der Bahnstrecke von Port Arthur bis nach Mukden (445 Werst) ist der ilige Verkehr bereits eröffnet und längs der ganzen Linie eine Telegraphenleitung errichtet worden. Im Zeitraum von 1891 bis einschließlich 1899 sind für den sibirischen Bahnbau bereits 501,6 Millionen Rubel (etwa 1078,44 Millionen Mark) verausgabt; im Jahre 1900 sollen noch Letwa 130 Millionen Rubel (279,5 Millionen Mark) zur Verwendung gelangen, eine Summe, die bereits vorräthig gehalten wird, während für die Vollendung des ganzen Unternehmens noch 150 bis 180 Millionen Rubel (322,50 bis 387 Millionen Mark) zu beschaffen sind. Die Kosten dieses Riesenunternehmens werden daher die Summe von ¾ Milliarden Rubel übersteigen. Die größte In⸗ anspruchnahme der Staatskasse für den sibirischen Bahnbau kann als überstanden betrachtet werden, und die Zeit liegt nicht mehr fern, in der die großen Geldopfer auch für dieses Werk fortfallen werden. Der Bericht des Finanz Ministers über den sibirischen Bahnbau schließt mit den Worten: „Wie schwer aber auch das von Rußland unter⸗ nommene Kulturwerk sein mag, es wird sich hundertfach vergelten und einst reiche Früchte tragen, wenn erst der große, die entferntesten Gebiete Europas und Asiens verbindende Schienenwege in den Dienst der Kulturentwickelung des Orients gestellt ist und die Schaffenskräfte Sibiriens erweckt worden sind“.

Bremen, 6. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Bremen“, v. Australien kommend, und „Prinz Heinrich’, v. Ost⸗Asien kommend, 6. Febr. in Bremerhaven angek. „Pfalz“, v. d. La Plata kommend, 5. Febr. v. Funchal n. Bremen abgeg. „Dresden“ 5. Febr., v. Bremen kommend, in Baltimore angekommen.

7. Februar. (W. T. B.) Dampfer „Preußen“ 6. Febr. v. Neapel n. Genua, „Kaiser Wilhelm II.“ 6. Febr. über Neapel n. Genua abgeg. „Oldenburg“ 6. Febr. in Pokohama angek., „Saale“ 6. Febr. v. New York n. Bremen abgeg. „Willehad“, n. d. La Plata best., 6. Febr. in Antwerpen, „Bayern“, n. Ost⸗Asien best., und „Sachsen“, v. YPokohama kommend, 7. Febr. in Hongkong angek.

„Aller“, v. New York n. Bremen, 7. Febr. Lizard passiert.

8. Februar. (W. T. B.) Dampfer „Nürnberg“, n. Ost⸗Asien best., 7. Febr. in Penang, „Aachen“, v. d. La Plata kommend, 7. Febr. in Antwerpen 8 „Gera“, v. New York kommend, 7. Febr. Dover pass. „Babelsberg“ 7. Febr. in Hiogo, „Preußen“, v. Ost⸗ Asien kommend, 7. Febr. in Genua angek. „Lahn“ 7. Febr. Reise v. Southampton n. New York fortges. „Trier“ 7. Febr. v. Buenos Aires über Deptford u. Rotterdam n. d. Weser abgeg. „König Albert“, n. Ost⸗Asien best., 7. Febr. in Neapel angekommen.

Hamdurg, 6. Februar. (W. T. B.) Pamoarg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Flandria“ 4. Febr. in Colon angek. „Rhenania“, v. St. Thomas über Havre n. Hamburg, und „Sardinia“, v. New Orleans n. Hamburg, 5. Febr. Lizard pass. „Hercynia“ 4. Febr. in St. Thomas angek. „Norderney“ 5. Febr. v. St. Thomas über Hayre n. Hamburg abgeg. „Helvetia“, v. Ham⸗ burg n. New Orleans, 5. Febr. Cuxhaven pass. „Castilia“ 6. Febr. in Hamburg angek. „Teutonia“, v. Portland n. 5. Febr. v. Falmouth abgeg. „Holsatia“ 4. Febr. v. Moji n. Hongkong abgeg. „Westphalia“ 5. Febr in Pokohama angek. „Scotia“ 4. Febr. v. Genua n. d. La Plata abgegangen.

7. Februar. (W. T B) Dampfer „Phönicia“, v. Hamburg n. New Pork, 6. Febr. v. Boulogne sur mer, „Hispania“ 6. Febr. v. St. Thomas über Havre n. Hamburg abgeg. „Batavia“, v. Baltimore n. Hamburg, 7. Febr. Cuxhaven pass. „Asturia“ 7. Febr. in Shanghai angekommen.

London, 6. Februar. (W. T. B.) Castle⸗Linie. Dampfer „Garth Castle“ Sonntag auf Ausreise in Kapstadt angek. „Tintagel Castle“ Sonnabend auf Heimreise v. Kapstadt abg. „Kinfanus Castle“ gestern auf Ausreise in stadt angekommen.

Union⸗Linie. Dampfer Goth“ heute auf Ausreise v. d. Canarischen Inseln abgegangen.

1 Theater und Musik. 8

Konzerte.

Das vorgestrige Konzert der Frau Nellie Melba in der Phil⸗ harmonie trug äußerlich das Gepräge eines großen musikalischen Ereignisses. Der Saal war überfalce und man konnte wähnen, die Zeiten seien wiedergekehrt, da die Patti noch auf der Höhe ihrer virtuosen Kunst stand, welche einmal gehört zu haben für jeden Musik⸗ freund für unerläßlich galt. Frau Melba behandelt, wie schon ge⸗ legentlich ihres Auftretens im Königlichen Opernhause ausgeführt wurde, ihre Stimme ebenfalls lediglich virtuos, wie ein Instrument, das sie mühelos beherrscht, dessen Ton aber jener warme Hauch der Empfindung fehlt, welcher das menschliche Organ vor allen Instrumenten auszeichnet. Leicht kann sie mit der Flöte wetteifern, auch wenn diese mit der Meisterschaft gespielt wird, wie sie Herr van Leeuwen bei der Begleitung der Händel'schen Arie aus „L’Allegro, il. Pensieroso ed il Moderato“ entwickelte, schwer aber mit dem beseelteren Ton der Geige Professor Joachim's, der die obligate Violine in der Arie aus „II pastore“ von Mozart übernommen hatte. Zwei Lieder von Hahn und Delibes und die Arie „A quell' amor“ aus der Oper „La Praviata“ von Verdi, welcher sie zwei kleine Lieder als Zugabe folgen ließ, vervollständigten das Programm der Sängerin, die mit Beifall und Blumen schier überschüttet wurde. Auch Herrn Anton Hekking, welcher einige Violoncell⸗Soli beisteuerte, und den Vorträgen des Philhar⸗ monischen Orchesters unter Musikdirektor Rebicek's Leitung wurde wohlverdienter Beifall zu theil.

Am Montag v. W. veranstalteten im Saal Bechstein die Herren Hans Hasse (Violine) und Hugo Rüdel (Klavier und Waldhorn) ein Konzert unter Mitwirkung der Königlichen Kammer⸗ musiker, Herren Koenecke (Viola), Lüdemann (Cello), Moeffert (Waldhorn) und Herrn Grube (II. Violine). Das interessante Pro⸗ gramm, welches mit der Sonate in A-dur für Pianoforte und Vio⸗ line (op. 100) von Brahms eröffnet und mit einem Quartett in Gmoll (für Pianoforte, Violine, Viola und Violoncell. op. 13) von Richard Strauß geschlossen wurde, legte in seiner Ausführung von dem gediegenen musikalischen Können aller Betheiligten beredtes Zeug⸗ niß ab und bereitete den Hörern vollen Genuß. 8

An dem zweiten Kammermusik⸗Abend der Herren Burmester, Risler und Gérardy, der am Dienstag im Beethoven⸗Saal stattfand, kamen u. a. auch die wegen Erkrankung des erstgenannten Künstlers am 24. v. M. ausgefallenen beiden Trios in D-moll (op. 63) von Schumann und in F-dur (op. 18) von Saint⸗Saöns zur Aufführung. Das Zusammenspiel der erst unlängst gegründeten Triovereinigung war sicher, abgerundet und von anerkennenswerther Präzision. Etwas mehr Feinheit der Ab⸗ schattierung, namentlich bei dem Violoncello⸗ und Klaoierspiel würde stellenweise vielleicht den Gesammteindruck noch erhöht haben. Eine Glanzleistung war die Wiedergabe der G-moll-Fuge von Bach durch Herrn Risler, welche so starken Beifall entfesselte, daß der Künstler sich zu einer Zugabe veranlaßt sah. Die bekannte Konzertsängerin Fräulein Lula Gmeiner gab an dem⸗ selben Tage im Saal Bechstein einen Lieder⸗Abend. hre schöne, frische Mezzo⸗Sopranstimme bewährte ihre vorzügliche Schulung im Forte sowohl wie in den feinsten Nuancen des Piano. Ein weiterer Vorzug der Sängerin ist ihre glockenreine Intonation. Die musikalische Sicherheit, mit welcher Fräulein Gmeiner jedes Vortrags. stück gestaltet, übt auf die Zuhörer einen angenehmen Eindruck aus, der noch durch die gesunde, natürliche Auffassung der Künstlerin erhöht wird. Vieles in ihrem Gesang erinnert an ihre Lehrmeisterin rau Herzog. Infolge des lebhaften Beifalls mußte die Sängerin chubert’s „Wiegenlied“ und das anmuthige „Rosmarin“ von R. Franz wiederholen. Für den stets erneuten Hervorruf dankte sie außerdem noch durch die Zugaben von „Ständchen“ von Strauß und „Schwalbe, nun sag' mir an“ von Brahms.

In einem am Mittwoch im Saal Bechstein veranstalteten, gut besuchten Konzert erfreute die Sängerin Fräulein Toni Kunz die Zuhörer durch einen wohlklingenden, umfangreichen Mezzosopran

der Minister darin sich auf den Standpunkt der obligatorischen Fort⸗ 8 1X

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sind auf der chinesischen Ostbahn und südmandschurischen Zweigbahn 1 ““ G“ ““

on guter Tonbildung. Minder gut fand sie sich mit dem Vortrag 1““ ““