lassenen Kreisordnungen für die westlichen Provinzen die Be⸗ stimmung aufgenommen, daß nur die Entrichtung eines bestimmten Grundsteuerbetrages die Wahlberechtigung im Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesitzer gewähren solle, um Elemente — wie es in den Motiven zu der Kreisordnung für die Provinz Hesfen⸗ Nassau heißt — von dem Wahlverbande fernzuhalten, die, wie die Gebäudebesitzer in der Nähe großer Städte, überhaupt nicht als Grundbesitzer anzusehen sind. .
Für die östlichen Provinzen ist es bei der Bestimmung des § 86 Abs. 1 der Kreisordnung verblieben. Sie hat in den Kreisen Nieder⸗ barnim und Teltow zu einer von dem Gesetzgeber nicht vorausgesehenen und, wie oben dargelegt, auch nicht beabsichtigten Zusammensetzung der Kreistage geführt. Mit dem Anwachsen der Berliner Vororte haben nämlich zahlreiche Hausbesitzer die Wahlberechtigung und schon seit mehreren Jahren die überwiegende Stimmenmehrheit im Wahl⸗ verbande der größeren ländlichen Grundbesitzer erlangt. Zur Zeit sind in diesem Wahlverbande vorhanden
im Kreise Niederbarnim: 288 Wahlberechtigte, und zwar 181 Haus⸗ besitzer, 49 ⸗ und 58 Gewerbetreibende;
im Kreise Teltow: 700 Wahlberechtigte, und zwar 573 Hausbesitzer, 53 Gutsbesitzer und 74 Gewerbetreibende.
Es ist daher erklärlich, daß die Gutsbesitzer und Gewerbe⸗ treibenden schon jetzt fast vollständig aus den Kreistagen verdrängt sind, und es ist bestimmt zu erwarten, daß nach den nächsten Ersatz⸗ wahlen zum Kreistage, die im Kreise Niederbarnim im Jahre 1900, im Kreise Teltow 1902 stattzufinden haben, der Großgrundbesitz in den Kreis⸗ tagen nicht mehr vertreten sein wird, obwohl sich von dem Areal des Kreises Niederbarnim 45 %, des Kreises Teltow 40,4 % in seinem Besitz befinden und auch das Kreissteuersoll der Gutsbesitzer und Ge⸗ werbetreibenden, sowohl im Ganzen als im Durchschnitt der einzelnen Wahlberechtigten, erheblich höber ist als dasjenige der wahlberechtigten Hausbesitzer. ¹) 1 b
Von den 23 Abgeordneten der Landgemeinden entfallen auf die Berliner Vororte mit mehr als 6000 Einwohnern 11. Die Vororte werden demnach, da ihnen infolge des Uebergewichts der wahl⸗ berechtigten Hausbesitzer sämmtliche Abgeordnete des Wahlverbandes der größeren ländlichen Grundbesitzer zufallen werden, im Kreistage über 11 + 24 = 35 von 52 Stimmen, also über eine Zweidrittel⸗ mehrheit verfügen. In ähnlicher Weise wird der Kreistag des Kreises Teltow nach den im Jahre 1902 stattfindenden Wahlen zusammen⸗ gesetzt sein. ²) 1
Wenn nun auch nach den bisherigen Erfahrungen anzunehmen ist, daß die von den Gemeindevertretungen der Vororte gewählten Kreis⸗ tags⸗Abgeordneten auch ferner in erster Linie die Interessen des Ge⸗ sammikreifes im Auge behalten werden, so kann dies doch von den Abgeordneten, die von den Hausbesitzern aus ihrer Mitte gewählt werden, kaum erwartet werden, da einer großen Zahl von Haus⸗ besitzern, die ihren Wohnsitz in Berlin haben, jede Beziehung zum Kreise fehlt. Es ist daher zu befürchten, daß bei ihnen vie Interessen der Landbevölkerung keine genügende Berücksichtigung finden und daß infolgedessen aus der Zusammensetzung der Kreistage ernste Gefahren für die gedeihliche Verwaltung der Kreis⸗Kommunalangelegenheiten entstehen werden. Im Interesse beider Kreise ist es daher geboten, die Vorherrschaft der Hausbesitzer im Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesitzer zu beseitigen und dem Großzrundbesitze wieder zu einem seinem Umfange und seiner wirthschaftlichen Bedeutung ent⸗ sprechenden Einflusse in den Kreisvertretungen zu verhelfen. Nicht minder aber erscheint es andererseits geboten, wie bei der Berathung des denselben Zweck verfolgenden Antrages Ring im Hause der Ab⸗ geordneten ³) zutreffend ausgeführt wurde, den Vororten mit mehr als 6000 Einwohnern im Hinblick darauf, daß sie in beiden Kreisen ungefähr die Hälfte der Kreisabgaben zu entrichten haben, eine stärkere Vertretung in den Kreistagen zu gewähren, als ihnen bei ihrer Zu⸗ gehörigkeit zum Wahlverbande der Landgemeinde nach § 91 der Kreis⸗ ordnung ⁴) zustehen würde. —
Aehnliche Verhältnisse wie in den Kreisen Niederbarnim und b
Teltow haben sich bis jetzt in anderen Kreisen der östlichen Provinzen nicht entwickelt und können sich überhaupt auch nur in einer Minder⸗ zahl von Kreisen — in der Nähe großer Städte — herausbilden. Zu einer Abänderung des § 86 Absatz 1 der Kreisordnung für ihren ganzen Geltungsbereich liegt daher kein Bedürfniß vor; es genügt, die vorgeschlagene Abänderung durch Königliche Verordnung für diejenisen Krrise einzuführen, in denen ein Bedürfniß hierzu her⸗ vortritt.
Im Hinblick auf die Bestimmung in § 86 Absatz 2 der Kreis⸗ ordnung) hätte es nahe gelegen, den Provinzial⸗Landtag als diejenige Körperschaft zu bezeichnen, deren Anhörung dem Erlasse der Könis⸗ lichen Verordnung vorausgehen soll. Statt dessen ist der Provinzial⸗ rath in Aussicht genommen, weil die Provinzial⸗Landtage regelmäßig nur einmal im Jahre, und zwar meist vor dem 1. April, zusammen⸗ treten. Eine Königliche Verordnung würde daher für den Kreis Niederbarnim eventuell erst im Jahre 1901 erlassen werden können, was zur Folge haben würde, daß zunächst noch die regelmäßige Er⸗ gänzungswahl im Herbst d. J. und dann bald darauf die Neuwahl sämmtlicher Kreistags⸗Abgeordneten stattfinden müßte.
Der Vorschlag, die Gebäudesteuer auch ferner mit in Anrechnung zu bringen, beruht auf der Erwägung, daß bei alleiniger Berücksichti⸗ Fenne Grundsteuer eine größere Anzahl von Gutsbesitzern die
ahlberechtigung verlieren würde, die wegen geringwerthiger Boden⸗ beschaffenheit ihres Besitzes iu einem dem Flaͤcheninhalte nicht ent⸗ sprechenden Grundsteuerbetrage eingeschätzt sind, aber nach ihrer sozialen Stellung und der Bedeutung ihres gesammten Betriebs, mit Ein⸗ schluß der landwirthschaftlichen Nebenbetriebe (Brennereien, Ziegeleien u. s. w.), dem Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesitzer
¹) Von den Wahlberechtigten des Wahlverbandes der größeren ländlichen Grundbesitzer zahlten 1899 an Kreissteuern im Kreise Niederbarnim: die 49 Gutsbesitzer und 58 Gewerbetreibenden 174 789 ℳ, 8 im Durchschnitt 1633 ℳ, die 181 Hausbesitzer 36 451 ℳ, im Durchschnitt 206 ℳ; 8 im Kreise Teltow: 14“ die 53 Gutsbesitzer und 74 Gewerbetreibenden 166 311 ℳ, im Durchschnitt 1309 ℳ, die 573 Hausbesitzer 106 006 ℳ, im Durchschnitt 185 ℳ Nach den im Laufe dieses Jahres bevorstehenden Ergänzungs⸗ wahlen wird der Kreistag des Kreises Niederbarnim wie folgt zusammengesetzt sein: Zahl der Abgeordneten. . 52, davon entfallen auf den Wahlverband der Städte . . . . . 5, auf das platte Land ö.“*“¹ und zwar auf den Wahlverband der größeren ländlichen Grund⸗ öö13121.“ auf den Wahlverband der Landgemeinden. . 23. ¹) Zahl der Abgeordneen . . 50, davon entfallen auf den Wahlverband der “ auf das platte Land. F1ö.¹“ und zwar auf den Wahlverband der größeren ländlichen Grund⸗ auf den Wahlverband der Landgemeinden EEo1.“—“ 8 Von den 21 Abgeordneten der Landgemeinden entfallen auf die Vororte mit mehr als 6000 Einwohnern 10. Die Vororte würden demnach verfügen über 21 + 10 = 31 Stimmen. ²*) Sitzung vom 25. Mai 1894, Stenogr. Ber. S. 2195 ff. 9 Zam Zweck der Wahl der von dem Verbande der Land⸗ gemeinden zu wählenden Abgeordneten werden, unter möglichster An⸗ kehnung an die Amtsbezirke, in räumlicher Abrundung und nach der Bevölkerung Wahlbezirke gebildet, deren jeder die Wahl nem bis zwei Abgeordneten zu vollziehen hat ³) Nach Erlaß der Provinzialordnung bleibt den Provinzial⸗ vertretungen überlassen, für ihre Provinz oder auch für einzelne Kreise derselben den Betrag von 225 auf den Betrag von 300 ℳ zu erhöhen oder bis auf den Betrag von 150 ℳ zu ermäßigen.
von
angehören. Zur Ausschließung der Elemente aus dem Wahlverbande, welche nach der Absicht des Gesetzgebers die Wahlberechtigung nicht erhalten sollten, ist die Bestimmung ausreichend, daß von dem für die Wahlberechtigung maßgebenden Steuerbetrage wenigstens die Hälfte auf die Grundsteuer entfallen muß.
Eine angemessene Vertretung in den Kreistagen wird den Vor⸗ orten mit mehr als 6000 Einwohnern am zweckmäßiasten dadurch ge⸗ sichert, daß diese stadtähnlichen Landgemeinden dem Wahlverbande der Städte zugezählt werden. —
Die Zusammensetzung der Kreistage gestalten:
Kreis Niederbarnim: 8 Zahl der Kreistags⸗Abgeordneten . . Eö davon würden entfallen auf den Wahlverband der Städte und zwar auf die eigentlichen Städte . . . . . . auf die Landgemeinden mit mehr als 6000 Einwohnern auf den Wabhlverband der übrigen Landgemeinden und auf den Wahlverband der größeren ländlichen Grund⸗ WWI 11A14AA66*“ Kreis Teltow: Zahl der Kreistags⸗Abgeordneten . .. . 50; davon würden entfallen auf den Wahlverband der Städte 25, und zwar auf die eigentlichen Städte . . . . . . 28 auf die Landgemeinden mit mehr als 6000 Einwohnern 18, aͤauf die beiden anderen Wahlverbände 12 bezw.. I
Die Zabl der von den Gemeindevertretungen der Vororte zu wählenden Kreistags⸗Abgeordneten würde sich demnach verdoppeln; andererseits aber würde, da die Zahl der städtischen Abgeordneten nach § 89 der Kreisordnung die Hälfte der Gesammtzahl aller Abge⸗ ordneten nicht übersteigen darf, auch beim weiteren Anwachsen der Vororte mindestens die Hälfte der Stimmen im Kreistage für eine auch der ländlichen Bevölkerung gerecht werdende Wirthschaftspolitik zur Verfügung stehen. 1 1
Die Gründe, welche für die Gleichstellung der Berliner Vororte mit den Städten sprechen, ihr städtischer Charakter und ihre Steuer⸗ kraft, treffen nicht überall auf die großen Landgemeinden in denjenigen Kreisen zu, in denen sich im Laufe der Zeit ähnli he Ver⸗ hältnisse wie in den Kreisen Niederbarnim und Teltow ent⸗ wickeln können. Insbesondere gilt dies von den großen Landgemeinden in den Industriekreisen. Diese Gemeinden sind zum überwiegenden Theil von Arbeitern bevölkert und wenig steuerkräftig. Ihrer Zulegung zum Wahlverhand der Städte steht das Bedenken entgegen, daß die in ihnen angesessenen Großgrundbesitzer und Großindustriellen nicht mehr dem platten Lande angehören und damit die Wablberechtigung im Wahlverbande der größeren länd⸗ lichen Grundbesitzer verlieren würden, was im Hinblick auf die wirth⸗ schaftliche Bedeutung des Großgrundbesitzes und des Großgewerbe⸗ betriebes in den betreffenden Kreisen nicht zu rechtfertigen wäre. Es muß daher der Prüfung in jedem einzelnen Falle vorbehalten bleiben, ob die Landgemeinden mit mehr als 6000 Einwohnern den Städten gleichzustellen sein würden oder nicht. .
Gegenüber der Vorschrift in § 106 Nr. 1 der Kreisordnung, wo⸗ nach im Wahlverbande der Städte nur Einwohner der im Kceeise belegenen Städte zu Mitgliedern des Kreistages und zu Wahlmännern wählbar sind, wird, wie in Artikel III vorgesehen, auch jedem Ge⸗ meindegliede der als Städte geltenden Landgemeinden die Wählbarkeit beigelegt werden müssen, weil sonst die Vertretungen dieser Gemeinden nicht in der Lage wären, einen Gemeindeangehörigen zum Mitgliede des Kreistages oder zum Wahlmann zu wählen.
Die Bestimmung in Artikel IV Absatz 2 hat lediglich den Zweck, die Möglichkeit wiederholter Neuwahlen sämmtlicher Kreistags⸗Ab⸗ geordneten innerhalb des in § 112 der Kreisordnung festgesetzten Zeit⸗ raums von 12 Jahren auszuschließen. 8
8 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Polizeiverwaltung in den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf.
Der nunmehr gleichfalls dem Hause der Abgeordneten zu⸗ gegangene Entwurf eines Gesetzes, betreffend die. Polizeiverwaltung in den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf, hat nachstehenden Wortlaut:
§ 1. Die Stadtkreise Berlin, Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf bilden den Landespoltzeibezirk Berlin. Landespolizeibehörde ist der Polizei⸗Präsident von Berlin.
§ 2.
Für die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf werden folgende Bestimmungen getroffen:
1) Die Zuständigkeit des Regierungs⸗Präsidenten zu Potsdam in polizeilichen Angelegenheiten, insbesondere hinsichtlich des Polizei⸗ verordnungsrechts, der Aufsicht über die Orts⸗Polizeiverwaltung und der Entscheidung auf Beschwerden gegen Verfügungen der Orts⸗ Polizeibehörden, wird, mit Einschluß der Dienstaussicht über die bei den Orts⸗Polizeibehörden angestellten Beamten, auf den Polizei⸗ Präsidenten von Berlin übertragen.
2) Als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz für die bei den Orts⸗Polizeibehörden angestellten Beamten tritt an die Stelle der Regierung in Potsdam das Polizei Präsidium in Berlin.
3) Die Zuständigkeit d's Bezirksausschussez zu Potsdam in polizeilichen Angelegenheiten geht auf den Bezirksausschuß für den Stadtkreis Berlin über. Soweit jedoch der Ober⸗Präsident in Betreff der im Beschlußverfahren zu behandelnden Angelegenheiten für den Stadtkreis Berlin an Stelle des Bezirksausschusses zuständig ist, tritt er auch für die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf an die Stelle des Bezirksausschusses.
4) In den Fällen der §§ 115, 117 des Gesetzes über die Zu⸗ ständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 237) und in dem Falle des § 3 der Verordnung vom 31. Dezember 1883 (Gesetz⸗Samml. 1884 S. 7) zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 1. Juli 1883, betreffend Abände⸗ rung der Gewerbeordnung, beschließt an Stelle des Bezirksausschusses der Polizei⸗Präsident von Berlin. Gegen den versagenden Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Bezirksausschuß statt.
5) Soweit in polizeilichen Angelegenheiten der Provinzialrath in erster Instanz zu beschließen hat, tritt an seine Stelle der Ober⸗ Präsident, soweit er in zweiter Instanz zu beschließen hat, der zu⸗ ständige Minister.
Bezüglich der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig gemachten Sachen finden die vorstehenden Bestimmungen keine An⸗ wendung. 8
§ 3.
Polizeivorschriften, welche von dem Ober⸗Präsidenten der Provinz Brandenburg für den Umfang der ganzen Provinz erlassen werden, fi den auf die Stadtkreife Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf keine Anwendung.
§ 4.
Bei dem Bezirksausschusse für den Stadtkreis Berlin werden zwei Abtheilungen gebildet. Die erste Abtheilung ist zuständig für die polizeilichen Angelegenheiten aus den Stadtkreisen Berlin, Char⸗ lottenburg, Schöneberg und Rixdorf, die zweite Abtheilung für die sonstigen Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Bezirksausschusses für den Stadtkreis Berlin gehören.
Der Präsident und die ernannten Mitglieder gehören beiden Ab⸗ theilungen an, sofern nicht für jede Abtheilung besondere Mitglieder ernannt werden.
Von den vier anderen Mitgliedern der ersten Abtbeilung werden zwei durch den Provinzialausschuß der Provinz Brandenburg gewählt. In gleicher Weise wählt dieser zwei Stellvertreter. Wählbar ist, mit den aus § 28 Absatz 4 des Gesetzes über die allgemeine Lindesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz⸗ Samml. S. 195) sich ergebenden Einschränkungen, jeder zum Provinzial⸗ Landtage wählbare Einwohner der Siadtkreise Charlotten⸗
burg, Schöneberg und Rixdorf. Die beiden übrigen z2
8
wählenden Mitglieder der ersten Abtheilung und deren Stellvertreter werden, wie die vier zu wählenden Mitglieder der zweiten Abtheilun und deren Stellvertreter, nach Vorschrift des § 43 Abs. 2 Nr. † a. a. O. gewählt. Die Wahl der zu wählenden Mitglieder der ersten Abtheilung erfolgt auf sechs Jahre. Im übrigen gelten die für den Bezirksausschuß bestehenden brs N en sinngemäß für jede Abtheilung.
Innerhalb des Landes⸗Polizeibezirks Berlin sind bei Störungen der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, bei Feuersbrünsten und in sonstigen dringenden Fällen die Beamten der Orts⸗Polizei⸗ behörden gleichmäßig zur Vornahme von Amtshandlungen berechtigt. Den Anordnungen des zuständigen Orts⸗Polizeiverwalters haben dabei auch die ihm nicht unterstellten Fe Folge zu leisten.
Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1900 in Kraft. Mit dem⸗ selben Zeitpunkt verliert das 9 vom 12. Juni 1889 (Gesetz⸗ Samml. S. 129) für die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf seine Geltung.
Die Begründung zu diesem Gesetzentwurf lautet, wie folgt:
Auf Grund der §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 12. Juni 1889 ist die orts⸗ und landespolizeiliche Zuständigkeit des Polizei⸗Präsi⸗ denten von Berlin hinsichtlich der Kriminal⸗ und Sittenpolizei und der damit im Zusammenhange stehenden polizeilichen Angelegenheiten auf die Amtsbezirke Schöneberg, F=ee2 Deutsch⸗Wilmersdorf, Stralau⸗Rummelsburg, Lichtenberg, eißensee und Reinickendorf in der Weise ausgedehnt worden, daß den Amtsvorstehern die Wahrnehmung der ortspolizeilichen Funklionen auf dem Gebiete der Kriminal⸗ und Sittenpolizei unter der Leitung des Polizei⸗Präsidenten verblieb und für die Amtsbezirke von dem Polizei⸗Präsidenten be⸗ sondere Kriminalbeamte angestellt wurden, die den Amtsoorstehern gegenüber dieselbe Stellung erhielten wie die Gendarmen. Im übrigen konnte den weitgehenden Anforderungen an die Polizei in den unmittelbar an Berlin angrenzenden Gemeinden mit groß⸗ städtischem Charakter, wie Schöneberg und Rixdorf, nur durch die Stationierung einer größeren Zahl von Gendarmen genügt werden, welche die nothwendige Fühlung zwischen den Polizeiverwaltungen der Vororte vermittelten und im Bedarfsfalle durch Heran⸗ ziehung der in den Nachbarorten stationierten Gendarmen verstärtt wurden. Nach Einführung der Städteordnung in Schöneberg war die weitere Verwenduna der Gendarmerie aus⸗ geschlossen, und es blieb daher nur übrig, für diese Stadt eine König⸗ liche Polizeiverwaltung einzurichten. Dies geschah in der Weise, daß mit dem 1. April 1898 die Verwaltung der Orts⸗ und Landespolizei in dem nach dem Gesetze vom 12. Junt 1889 zulässigen Umfang auf den Polizei⸗Präsidenten von Berlin übertragen wurde. Die Ver⸗ waltung der Bau⸗, Feuer⸗, Gewerbe⸗, Markt⸗, Gesinde⸗, Schul⸗, Armen⸗, Wege⸗, Wasser⸗, Fischerei⸗, Feld⸗, Jagd⸗ und Forstpolizei ging gleichzeitig von dem Amtsvorsteher auf die Gemeinde über, sodaß nunmehr in Schöneberg zwei Polizeibehörden nebeneinander bestanden.
Mit dem 1. April 1899 sind die Gemeinden Schöneberg und Rixdorf aus dem Kreise Teltow ausgeschieden und bilden seitdem eigene Stadtkreise. Die Königliche Staatsregierung hat angenommen, daß das Gesetz vom 12. Juni 1889 damit seine Geltung für Schöne⸗ berg und Rixdorf verloren habe, und sich infolge dessen veranlaßt ge⸗ sehen, auf Grund des § 2 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Gesetzsamml. S. 265) in jeder der beiden Städte eine selbständige Königliche Polizeiverwaltung einzurichten.
Nach der bestehenden Behördenorganisation stehen diese Polizei⸗ verwaltungen mit der Berliner Polizei in keinem Zusammenhange, sondern sind dem Regierunge⸗Präsidenten in Potsdam untergeordnet. Es liegt auf der Hand, daß ein derartiges Verhältniß, welches dem Polizei⸗Präsidenten von Berlin eine Einwirkung auf die Gestaltung und Handhabung des Polizeidienstes in den beiden großen Nachbar⸗ orten nicht gestattet, der thatsächlichen Entwickelung der Dinge und dem öffentlichen Interesse widerspricht. Schöneberg und Riydorf sind, ebenso wie Charlottenburg, baulich und hinsichtlich ihrer Verkehrsbeziehungen nach und nach mit der Hauptstadt zu⸗ sammengewachlen. Dieser Entwickelung auf dem die öffent⸗ lichen Interessen am nächsten berührenden polizeilichen Gebiete zu folgen, ist eine unbestreitbare Nothwendigkeit. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß es zu großen Unzuträglichkeiten führen und die öffentlichen Interessen ernstlich gefährden würde, wenn trotz des unmittelbaren Zusammenhanges der Stadt Berlin und ihrer Nachbarstädte die Polizei in ihrer Orqanisation für beide getrennt bliebe. Nur darin, daß sie von einer Stelle aus geleitet und die er⸗ forderlichen Maßregeln nach einheitlichen Grundsätzen zur Ausführung gebracht werden, liegt eine Gewähr dafür, daß die Polizei ihren Auf⸗ gaben gerecht zu werden und auf allen ihrer Fürsorge anvertrauten Gebieten mit derjenigen Umsicht, Sicherheit und Schnelligkeit vorzu⸗ geben vermag, welche das enge Zusammenwohnen von zwei Millionen Menschen erfordert. 8 1
Bei der Prüfung der Frage, in welcher Weise eine Angliederung der Polizei⸗Verwaltungen in Schöneberg und Rixdorf an das Berliner Polizei⸗Präsidium herbeizuführen sein werde, war davon auszugehen, daß es bei der gewaltigen Entwickelung der Stadt Berlin nicht möglich ist, die Orts⸗Polizeiverwaltung in den beiden räumlich sehr ausgedehnten Nachbarstädten mit 180 000 Einwohnern dem Polizei⸗ Präsidium, selbst in der Beschränkung des Gesetzes vom 12. Juni 1889, zu übertragen. Der Zuwachs an Geschäften für das Polizei⸗ Präsidium würde ein so bedeutender sein, daß diese Behörde bei ihrer jetzigen Organisation ihren Aufgaben nicht mehr genügen könnte und daß daher der eigentliche Zweck der geplanten Neuregelung, eine allen Anforderungen entsprechende, einheitlich fuaktionierende Polizei in der Hauptstadt und ihren Nachbarstädten zu schaffen, nicht erreicht werden würde. Ferner war zu berücksichtigen, daß die ge⸗ trennte Verwaltung der Sicherheits⸗ und der Wohlfahrtspolizei — § 2 des Gesetzes vom 12. Juni 1889 — sich in Schöneberg unter den obwaltenden besonderen Verhältnissen nicht bewährt hat, sowie daß nach den bisherigen Erfahrungen die Erstreckung der ortspolizei⸗ lichen Zuständigkeit des Polizei⸗Präsidenten auf weitere Gebiete insofern mit mancherlei Uebelständen verbunden sein würde, als die dienstlich unselbständige Stellung der Beamten in den Nachbarstädten eine fort⸗ gesetzte umständliche Kommunikation mit dem Polizei⸗Präsidiam noth⸗ wendig machen, den Geschäftsgang erschweren und insowe t die Inter⸗ essen des Publikums nicht selten in empfindlicher Weise beeinträch⸗ tigen würde.
Demnach empfiehlt es sich, den mit der vollen Polizeigewalt ausgestatteten Königlichen Ortspolhzeibehörden in Schöneberg und Rixdorf ihre Selbständigkeit zu belassen, jedoch die Verwaltung der Landespolizei sowie die Aufsicht über die Ortspolizeiverwaltung und die Dienstaussicht über die bei den Ortspoltzeibebörden angestellten Beamten von dem gegenwaͤrtig zuständigen Regierungs⸗Präsidenten in Potsdam auf den Polizei⸗Präsidenten von Berlin zu überttagen. Hierdurch würde eine Verbindung mit der Berliner Polizeiverwaltung hergestellt, wie sie seit Jahrzehnten zwischen Berlin und Charlotten⸗ burg besteht. Die Königliche Polizei⸗Direktion in Charlottenburg verwaltet selbständig die gesammte Ortepolgei; die Verwaltung der Landespoltzei, die Aussicht über die Ortspolizeiverwaltung und die Dienstaufsicht über die bei der Polizei⸗Direktion angestellten Be⸗ amten steht dem Polizei⸗Präsidenten von Berlin zu. Diese O ganisation hat sich im allgemeinen bewährt und es würde für Charlottenburg kaum etwas zu ändern sein, wenn auch die sonstigen Zuständigkeits⸗ verhältnisse in polizeilichen Angelegenbeiten einheitlich geordne wären. Es ist für die bei gleichartigen Verhältnissen noth⸗ werdige Einheitlichkeit der Polizeiverwaltung und der. Ver⸗ waltunagsrechtsprechung ein unbefriedigender Zustand und für Publitkum schwer verfländlich, daß auf Beschwerden gegen 8 fügungen der Polizei⸗Direktion der Polizei⸗Präsident von Berlin en scheidet, daß aber die nach § 128 des Lundesverwaltungsgesetzes 2 Stelle der Beschwerde zulässige Klaze nicht bei dem Bezirks⸗I uf, schusse für den Stadtkreis Berlin, sondern bei dem Beuirks⸗Ausschuf in Potsdam stattfindet; ferner daß die Beschlo fassung in 9 Fällen für Berlin dem Polizei⸗Präsidenten, für harloktenbufg 8 dem Bezirks⸗Ausschusse in Potsdam zusteht; daß die weitere Bes
ir Berlin an den Ober⸗Präsidenten, für Charlottenburg an den sür inztalratb zu richten ist; endlich, daß die Verwaltung der Landes⸗ vpolizei auch für Charlottenburg dem Polizei⸗Präsidenten von Berlin, das Polizeiverordnungsrecht dagegen dem Regierungs⸗Präsidenten in otsdam zusteht. Hierin Wandel zu schaffen, ist ein dringendes Be⸗ bürfniß des öffentlichen Interesses. In dem vorliegenden Gesetzent⸗ wurf ist daher vorgeschlagen, die Stadtkreise Berlin, Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf zu einem Landespolizeibezirke zu vereinigen und die Zuständigkeit der Behörden in poltzeilichen Angelegenheiten für den ganzen Landespolizeibezirk in der Weise einheitlich zu regeln, daß die Befugnisse, welche dem Regierungs⸗Präsidenten und dem Be⸗ zirtsausschusse in Potsdam, sowie dem Provinzialrathe der Provinz Brandenburg auf polizeilichem Gebiete zustehen, auf die für den Stadtkreis Berlin zuständigen Behörden übertragen werden.
Was unter polizeilichen Angelegenheiten im Sinne der §§ 2 und 4 des Entwurfs zu verstehen ist, richtet sich nach allgemeinen Geundsätzen. Eine für alle Fälle zutreffende Definition dieses Beariffs erscheint. namentlich soweit es sich um Angelegenheiten der Wohl⸗ fahrt⸗olizei handelt, nicht möglich.
Wegen der Bestimmung in § 2, Nr. 3, Satz 2, ist auf § 43 Abs. 3 des Landesverwaltungsgesetzes hinzuweisen.
Die unter Nr. 4 erwähnten §§ 115 und 117 des Zuständigkeits⸗ gesetzes handeln von der — für Berlin dem Polizei⸗Präsidenten zu⸗ seehenden — Beschlußfassung über Anträge auf Ertheilung der Kon⸗ zesssion zu Privatkranken⸗, Privat. Entbindungs⸗ und Peivat⸗Irren⸗ anstalten, der Erlaubniß zu Schauspielunternehmungen und von der Ertheilung der Legitimationsscheine zum Ankauf von Waaren oder zum Aufsuchen von Waarenbestellungen und zum Gewerbebetrieb im Ümberzieben. Der § 3 der Verordnung vom 31. Dezember 1383 be⸗ hifft Anträge auf Genehmigung der für das Feilbieten von Druck⸗ schriften im Umherziehen vorgeschriebenen Verzeichnisse (§ 56 Absatz 4 der Gewerbeordnung).
Zu § 3 ist zu bemerken, daß kein Bedürfniß vorliegt, das Polizeiverordnungsrecht des Ober⸗Präsidenten für die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf besteben zu lassen, da die oltzeivorschriften des Polizei⸗Präsidenten der Zustimmung des Ober⸗ räsidenten bedürfen.
Die Bestimmungen im § 4 beruhen auf der Erwäzung, daß es geboten ist, den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf eine Vertretung in dem Bezirks⸗Ausschusse für den Stadtkreis Berlin iu sichern. Sie entsprechen den Vorschriften in § 29 des Landes⸗ verwaltungsgesetzes. Die Festsetzung der Wahlperiode für die zu wählenden Mitglieder der ersten Abtheilung des Bezirks⸗Ausschusses auf sechs Jahre erscheint geboten, um die Möglichkeit der Festsetzung verschiedener Wahlperioden für die von dem Provinzial⸗Ausschusse und für die von dem Magistrat und der Stadtverordneten⸗Versammlung von Berlin zu wählenden Mitglieder auszuschließen (§§ 13, 28 Absatz 5, § 43 Absatz 2 Nr. 2 des Landesverwaltungsgesetzes).
§ 5 entspricht dem § 5 des Gesetzes vom 12. Juni 1889.
.] 1
Rechtslehre und Rechtsprechung. Ein Vortrag, ge⸗ halten in der Juristischen Gesellschaft zu Wien von Adolf Stölzel. Berlin, Verlag von Franz Vahlen. Preis geh. 1,20 ℳ — Wie bereits in seiner früheren, größeren Arbeit („Schulung für die zivilistisch⸗ hurn-) geht der Verfasser von der Fordecung eines innigen Zusammen⸗
nges zwischen Theorie und Prar s aus. Die Theorie soll in vielen Beziehungen der Praxis die Wege weisen, ebenso soll sie an der hn⸗ der Praxis das Material suchen und finden, um wissenschaftlich⸗ Probleme zu lösen. Deshalb ist der Anschauungsunterricht auch in der Jurisprudenz zu schätzen, und Aäaschzuuazzunterricht ist es, wenn bei theoretischen Entwickelungen immer ein praktisches Ziel dem Lehrer und den Zahörern vorschwebt. Muster in der Verwendung der Praxis zur wissenschaftlichen Durchbildung waren die Römer. Ihre Lunst der zivilistischen Konstruktion ist die denkbar höchste Was die Römer uns hinterlassen haben, sind Entscheidungen von Rechtsfällen. Aus ihnen herauz wurde die ztoilistische Rechtswissenschaft erst ge⸗ scaffen. Deshalb soll die Theorie nie vergessen, was sie der Praxis zu verdankes hat. Das römische Recht wird das vorzüglichste Bildungsmittel für alle Juristen bleiben. Wissen ist aber nur die eine Hälfte des Zieles, nach dem der Jurist hinarbeiten soll, Können ist die andere, und dieses Können zeigt sich in der Kunst der Rechisprechung. Der Fort⸗ schritt der gegenwärtigen Rechtsprechung im Vergleich mit derienigen der früheren Jahrhunderte ist ein ungeheurer. Gleichwohl muß heute der Kunst der Rechtsprechung ein noch breiterer Raum im Unterricht der jungen Juristen eingeräumt werden, als es bisher geschehen ist. Dazu dient die Schulung in der angewandten Jurisprudenz. In dieses Gebiet tritt der Verfasser dann ein, anknüpfend an ein Prozeß⸗ istitut, das weder in der Theorie, noch in der Praxis in die richtigen Wege geleitet sei, das aber ohne viele Mühe auf bessere Wege geleitet werden könne, nämlich die Aufrechnung oder Kompensation. Er vertheidigt hierbei seine Ansicht, daß bei liquider Auf⸗ rechnungseinrede die Klage abzuweisen und nicht auf eine Beweis⸗ aufnahme über die noch des Beweises bedürftige Klage einzugehen sei, wenn der Kläger dadei bleibt, Verurtheilung des Beklagten zu verlangen. — Von Moritz von Kaisenberg (Moritz von Berg) erschien im Verlage von M. u. H. Schaper in Hannover ein Werk, betitelt: „Vom Gesandtschafts⸗Attaché, Briefe über Japan und leine erste Gesellschaft“’. Mit der darin unternommenen Schilderung japanischer Verhältnisse hat sich der Autor eine dankens⸗ werthe Aufgabe gestellt; denn seit geraumer Zeit schaut die ganze Welt mit lebhafter Theilnahme auf diesen aufstrebenden asiatischen Kulturstaat. Obwohl der Iahalt des Buches nicht auf Selbst⸗ erfahrung und eigenem Augenschein beruht, so entbehrt er doch nicht der Treue und Glaubhaftigkeit, weil er zum größten Theil aus Aufzeichnungen eines jungen Gesandtschafts⸗Attachés in Tokto geschöpft welcher mit offenen Augen mitten in dem dortigen Leben ge⸗ standen hat. Die Schilderungen berühren eigentlich alles. Das öffentliche wie das Familienleben, oft bis in seine intimsten Verhältnisse inein, wird dem Leser in ansprechender, bisweilen humorvoller Dar⸗ Pnnc vor Augen geführt; er wohnt in den Tempeln dem Kultus beobachtet das Volk in Ernst und Freude, sieht es in seinem Lam, auf der Reise, in Bade⸗ und Theehäusern, wobei interessante ütwiflichter auch auf das Leben der vornehmen Gesellschaft fallen; kurz, 8 Wißbegier in Bezug auf das schöne, an Merkwürdigkeiten so reiche W2 des Chrysanthemum und sein hochbegabtes Volk wird nach jeder schtung befriedigt, so aß das Buch als eine ebenso anregende wie ehrende Lektüre bezeichnet werden kann. 1 üse Lieder aus der Fremde. Freie Uebersetzungen von Karl Saar ., Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Oldenburg, Schulze’'sche Hofbuchhandlung (A. Schwartz.) Pr. geh. 1 ℳ 60 J. n. Diese von dem deutsch⸗amerikanischen Publizisten Karl Knortz rtragenen bezw. von ihm verfaßten Dichtungen ernsten und heiteren — haben in der ersten Auflage eine so beifällige Aufnahme habe⸗. daß sich der Herausgeber zu einer Vermehrung des Inhalts tschlossen hat. Der erste Theil, betitelt „Aus dem amerikanischen ichterwalde“, enthält Uebersetzungen, welche die Ausdrucksweise der iginale vortrefflich wiedergeben, waͤhrend ein zweites Buch Ftemdes und Eigenes“ in reicher Fülle und von verschiedenartigem
h und Inhalt darbietet. Dtt⸗ „Die Insel“ nennt sich eine neue Monatsschrift, die von b .Julius Bierbaum, W. Heymel und R. A. Schröder Lerff ünchen herausgegeben wird und im Verlage von Schuster und Fics bierselbst erscheint Welche Ziele die Herausgeber verfolgen, 2 t aus der ersten Lieferung nicht mit wünschenswerther Deutlich⸗ vn/ immerbin aber bringt sie manches Schätzenswerthe und Die Interesse für den Inhalt der nächsten Nummern an.
oetischen Gaben der „Insel“ sind durch Inhalt, Empfindung
sonderes“ schaffen zu wollen; ausgenommen sei Bierbaum's „Ver⸗ narrte Prinzeß“, der ein poetischer Stimmungszauber nicht abzusprechen ist; der Inhalt freilich wird nur solchen munden, die Bierbaum's Werken nicht fremd gegenüberstehen. Die „Beiträge zur modernen Aesthetik“ von Meyer⸗Gräfe sind insofern von Interesse, als sie nebenbei einen kleinen Einblick in den Kunsthandel ge⸗ statten, eine Sache, die zu Nutz und Frommen der Künstler in ein breiteres Licht gerückt zu werden verdient. Aus den „Briefen des Abbé Galiani“ von Franz Blei spricht ein diabolischer Witz; sie sind als ein Zeichen des geistigegesellschaftlichen Lebens des 18. Fätt⸗ hunderts willkommen. „Die Ausstattung der Zeitschrift, der zu Be⸗ ginn eines jeden Vierteljahrs ein Mappenwerk beigegeben werden soll, ist eigenartig, und da G. Lemmen⸗Brüssel ihr Urheber ist, so bedarf es keines über künstlerische Art.
— So wie wir sind. rzählung aus dem Leben von A. Dom. Breslau, Schlesische Verlags⸗Anstalt von S. Schott⸗ laender. — Das Dichterwort „Sein Schicksal schafft sich selbst der Mann“ könnte diesem Romane als Motto vorgesetzt werden, wenn nicht die Hauptgestalt ein Weib wäre, und zwar ein Weib aus dem Volke. das sich durch Thatkraft, durch physische und moralische Tüchtigkeit emporarbeitet. In dem Lebens⸗ bilde, das die Verfasserin mit der in ihren früheren Romanen „Der Erbe von Mortelles“, „Das Geiger.Evchen“ ꝛc. bekundeten Er⸗ zählergabe vor uns entrollt, liegt somit zugleich ein pädagogisch⸗ethisches Moment, das noch durch die mit der Haupthandlung verkaüpften Familienschicksale eindringlicher hervorgehoben wird. Das geschieht jedoch keineswegs in lehrhafter Weise, sondern ergiebt sich ungezwungen aus den anschaulich dargestellten, geschickt zu einem fesselnden Ganzen vereinigten Menschenschicksalen, die sich im Laufe eines halben Jahr⸗ hunderts IWI
— Das neueste (15.) Heft der bekannten Familien⸗Zeitschrift „Illustrirte Welt“ (Stuttgart, meltn Zetscheff jährlich 28 Hefte zu 30 Pfennig) bringt ein Porträt des Erfinders der sogenannten Telegraphie ohne Draht, des italienischen Ingenieurs Marconi, sammt seinem vielb⸗syrochenen Apparat. Dieses Bildniß gehört zu dem ersten Abschnitt einer Reihe von Aufsätzen, in denen Dr. Holthof in gemeinverständlicher Weise „Wesen, Wunder und Ge⸗ fahren der Elektrizität“ darlegt. Von dem sonstigen reichen Inhalt des Heftes seien genannt die Fortsetzungen der beiden Romane „Herzensprüfungen“ von Alexander Römer und „Puyjoli“ von Jules Claretie, die hübsche Erzählung „Auch eine“ von A. Supper, der Aufsatz „Die Miethe nach dem Bürgerlichen Gesetz“ von Rechts⸗ anwalt Käppel und die Schilderung „Auf einen Eisberg gerannt⸗ von Richard Weser. An Illustrationen werden u. a. noch folgende geboten: Das Leichenbegängniß des Generals Kock in Pretoria; Ein englischer Panzerzug, bei Chieveley durch Buren angegriffen und zur Entgleisung gebracht, Zeichnung von René Bull; Ballspiel im Harem, Gemälde von D. Jsrael; Schwimmende Eisberge, Originalzeichnung von M. Schöne; Ein Riesenkaktus in Arizona; Der Strahler, von M. Zeno Diemer, Numa Droz, nach Photographie; Walter Hauser, Präsident der schweizerischen Eid⸗ genossenschaft für das Jahr 1900, nach Photographie; Nordamerikanische Jäger auf der Elchjagd. Originalzeichnung von W. Arnold; Verlorene Partie, Gemälde von T. von Margitay.
Handel und Gewerbe. 8
Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie'.) Oesterreich⸗Ungarn. 8
Zulassung von nicht auf die Kronenwährung lautenden Zahlungsmitteln bei den Kassen der K. K. österreichischen Staatsbahnen. Auf Grund der Bestimmungen des § 13 des III. Theils der Kaiserlichen Verordnung vom 21. September 1899, betreffend die Zulassung anderer Münzen inländischen Gepräges als der Kronenwährung oder Münzen ausländischen Gepräges sowie anderer Zahlungsmittel bei Staats⸗ und öffentlichen Kassen (Deutsches Handelsarchiv 1899 I. S. 799 ff)., sind durch Kundmachung der öster⸗ reichischen Ministerien der Finanzen und der Eisenbahnen vom 30. De⸗ zember 1899 folgende Anordnungen getroffen:
1) Bei den Kassen der K. K. Staatsbahnen sind, wie bisher, auch vom 1. Januar 1900 an die Acht⸗ und Viergulden⸗Goldstücke, sowie die Dukaten österreichischer und ungarischer Prägung, ferner die in der Geldtabelle der K. K. österreichischen Staatsbahnen aufgeführten Münz⸗ und Geldsorten der Francs⸗, der Deutschen Reichz⸗, der russischen und der englischen Währung nach Maßgabe der in dieser Geldtabelle bestimmten Zahlkraft anzunehmen.
r.2) Werden die auf die Francs⸗, die Deutsche Reichs⸗ oder die russische Währung lautenden Gebühren in Geldsorten der öster⸗ reichischen Landeswährung oder die auf die letztere Währung lautenden Gebühren in den im Punkt 1 genannten Geldsorten beglichen, so haben für die Umrechnung die jeweils seitens der K. K. Staatsbahn⸗ verwaltungen auf Grund der Börsennotierung ermittelten und hinaus⸗ gegebenen Kurse Anwendung zu finden. (Oesterreichisches Reichs⸗ gesetzblatt.)
Auß nhandel Großbritanniens im Monat Januar 1900,
Einfuhr. Werth der Einfuhr im Monat Januar 1899 1900
8 611 120 787 550 14 211 331 14 531 453 1717053 22324 559 419 051 413 391 2142 33 2 859 322 476 79 552 230
1 060 964 9 626 504 8 290 187 3 120 391
4 187 885 6 893 460 7 943 523 1 170 8412
8 1 464 095 Poststücke.. 156 372 145 690 .“ Gesammtwerth: 41 216 606
Ausfuhr. W 8 Werth der Ausfuhr im Monat Januar 7 8 g-8
979 211 2 570 534 9 568 769 3 726 694 1 541 401
323 446
884 612
782 763 2 917 326
Waarengrupp
Lebende Thiere 8 Eß⸗ und Trinkwaaren. zollfreie. Eß und Trinkwaaren, zollpflichtige Taback
Metalle.. 8 Chemikalien, Farb⸗ und Gerbstoffe Oele 1uu Rohe Spinnstofet.. Rohmaterialien für andere In⸗ dustrien
Fabrikate
Verschiedene Artikel
Lebende Thiere
Eß⸗ und Trinkwaaren Rohmaterialien
Garn⸗ und T⸗xtil⸗Fabrikate... Metalle und Metallwaaren.. Maschinen⸗ und Mühlenwerk.. Schiffe (neue)
Kleidungsstücke u
persönlichen Gebrauch
“ 909 914 Chemikalien, chemische und medizi⸗ 8
679 174
nische Präparate 2 596 207
Alle anderen Artikel b HPontstüide... ... 177 210 224 388 Gesammtwerth: 20 347 234 23 583 682 Einfuhr sowohl wie Ausfuhr haben hiernach erheblich zu⸗ S die Einfuhr um 8,11 % und die Ausfuhr sogar um 5, /0. Die Ausfuhr von fremden Waaren und von Waaren aus den Kolonien erreichte im Januar 1900 einen Werth von 5 482 465 f, d. i. 362 205 £ oder 7,07 % mehr als im Januar 1899.
nee orm nicht hervorstechend; es haftet ihnen etwas unklar Ver⸗
8 82
“ an, vielleicht durch daz Bestreben hervorgerufen, etwas „Be⸗-
“““
Rußland.
Zollbegünstigte Einfuhr von Steinkohle nach Odessa. Das russische Finanz⸗Ministerium hat die Einfuhr von 6 Millionen Pud Steinkohlen für die Bedürfnisse der Bevölkerung Odessas frei⸗ beaben⸗ Die Kohlen sind mit 1 ¼ Kopeken pro Pud zu verzollen; die
ergünstigung hat Gültigkeit für das Jahr 1900 und kann nur von Privatpersonen, nicht aber
c⸗ von Fabriken (St. Petersburger Zeitung.) 5
beansprucht werden.
Gußeisenproduktion im Ural 1899.
Die Erzeugung von Gußeisen im Ural stellte sich im Jahre 1899 auf 44 000 000 Pud. Seit 1886 hat sich die — produktion der Uralwerke verdoppelt. Im Laufe des Jahres 1900 8 werden dortselbst vier neue Eisenwerke mit sieben Hochöfen in Betrieb gesetzt werden; die Produktion der neuen Anlagen ist auf 4000 Pud jährlich berechnet. (St. Petersburger Zeitung.)
Elektrische Maschinen in Italien. 8 Nach Mittheilungen des „New York Journal of Commerce“ 8
Maschinen und Materialien als je zuvor. In Mailand hat sich kürzlich eine Gesellschaft unter dem Namen „La Società di Con- struzioni Elettriche“ gebildet mit einem Kapital von 2 000 000 ℳ behufs Erwerb, Eatwickelung und Betrieb der Fabrik elektrischer Maschinen von Breschi, Finzi & Co. Die öffentlichen Straßen der Stadt Frosinone sollen mit Elektrizität beleuchtet werden; die Be⸗ dingungen dieses Uaternehmens sind indessen no nicht bekannt gemacht Die italienische Regierung will auf der Eisenbahn Mailand —Vares elektrischen Betrieb einführen. Die Societé des Chemins de Fe Vicinaux Italiens in Rom beabsichtigt den Bau einer eleltrischen Bahn zwischen Alexandria, Bassignana und Valenza. Die Zentral⸗ kraftstation soll in Bassignana errichtet werden. 8
Zolltarifentscheidung. Alkaloide und ihre Salz unterliegen: 1) wenn sie undermischt in Kapseln eingeführt werden dem Zollsatz der Tarifnummer 104 (Alkaloide und ihre Salze) 2) sofern sie mit anderen Stoffen gemischt und als pharmazeutische Erzeugnisse anzusehen sind, dem Zollsatz der Tarifnummern 11 (Pillen ꝛc.) oder 119 (nicht besonders benannte pharmazeutische Er⸗ zeugnisse). (Königl. Verordnung vom 6. Dezember 1899.) 8
Verkehr mit. Waarenmustern. Behufs Erleichterun des Verkehrs mit Waarenmustern ist ein Erlaß des Finanz Ministers vom 26. Dezember v. J. ergangen, dessen dispositiver Theil wie folgt, lautet:
1) „Packete, die aus dem Auslande mit der Briefpost ankomme und Waarenmuster in einer Menge und von einer Beschaffenheit ent halten, daß sie zweifellos weder für den Verbrauch bestimmt sind noch Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein können, werden gege Zahlung des einfachen Zollbetrages gemäß den in dem Er vom 29. November 1896 (vergl. Handelsarchiv 1897 I. S. 220) für Bücher und Drucksachen getroffenen Bestimmungen, jedoch ohne Ein⸗ schränkung hinsichtlich der Abfertigungsstellen, zugelassen.
2) Die übrigen Sendungen von Waaren oder Gegenständen, die nicht klar und bestimmt ihre Eigenschaft als Handelsmuster ergeben, bleiben bei der Einfuhr mit der Briespost den Bestimmungen der Königlichen Verordnung vom 9. Juni 1896 (vergl. Handelsarchiv 1896 I. S. 559) unterworfen.“
„Die Erhebung einer Zollstrafe kommt demnach in den unter Nr. 1 erwähnten Fällen in Wegfall.
Finfuhr von Essigessenz. Einem Schreiben des Ministers des Innern vom 27. November v. J. zufolge, ist den Großhändlern die freie Einfuhr von konzentrierter Essigessenz, auch ohne Erlaubniß zum Halten und Verkauf von Gift und gifthaltigen Waaren, gestattet, falls diese Waare in geschlossenen Gefäßen ein⸗ geführt, aufbewahrt und verkauft wird. Für Kle⸗inhändler dagegen bleiben die Beschränkungen der Verordnung des Ministers des Innern vom 10. September 1898 (vergl. Handelsarchiv 1899 I. S. 60) auch fernerhin in Kraft.
Fischerei in Island.
Nach einem Bericht des amerikanischen Konsuls in Norwegen sollen in der Nähe von Island große Mengen Fische vorkommen. Letzthin hat sich in Seydisfjord auf Island eine große Fischerei⸗ Gesellschaft gebildet, hauptsächlich zum Fang von Schollen, mit Holland als Hauptmarkt. Die Gesellschaft unter dem Namen „Gardar Fishing Company“ will ihre Unternehmungen in diesem Jahre beginnen mit einer Flotte von fünfzehn Dampfern und zwanzig Segelschiffen.é Die nöthigen Geldmittel wurden zumeist von eng⸗ lischen Kapitalisten zugeschossen, wenn auch das Geschäft auf andere überging und jetzt unter der Kontrole des dänischen Vize⸗Konsuls in Norwegen steht.
Die Direktoren planen gegenwärtig den Bau von Häusern und Landeplätzen und treffen Vorrichtungen, um die Fische bis zur Unter⸗ bringung auf den holländischen Märkten möglichst gut aufzubewahren. Eine Anzahl von 60 bis 70 Arbeitern ist damit beschäftigt, im Thale von Seydisfjord ein Bassin zu bauen, welches durch Ver⸗ bindung mit einem Flusse mit Wasser gefüllt werden und das erforderliche Eis zum Verpacken der Fische liefern soll. Das Eis soll durch eine elektrische Bahn nach der Niederlage der Gesellschaft in Bodareyrt befördert werden.
Nach The Board of Trade Journal.)
Ernteergebnisse der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1899.
Von dem Devpartement für Landwirthschaft werden über die Ernte des Jahres 1899 in den Vereinigten Staaten die nachfolgende Zahlen veröffentlicht: G Ernteergebnisse 1899 1898 Weizen Bushels 547 303 846 675 148 705 Mais. 2 078 143 900 1 924 184 660 727 730 905 643
Hafer. Gerste 55 792 257 25 657 522
Roggen.. Buchweizen. 11 721 927 192 306 338
Kartoffeln 1u““
I“ Tonnen 56 653 756 66 376 920 Im Ganzen waren im abgelaufenen Jahre 44 592 516 Acres mit Weizen bebaut gegen 44 055 278 im Jahre 1898; der Gesammt⸗ werth der Weizenernte betrug 319 545 259 Doll. gegen 392 770 320 Doll. im Vorjahre Der Durchschnittsertrag eines Acres war 12 3 Bushels und der Durchschnittspreis eines Bushels am 1. Dezember 58,4 Cents. Die größte mit Weizen bestellte Fläche hatte im Jahre 1899 Minne⸗ sota, 5 091 312 Acres mit einer Ernte von 68 223 581 Bushels; dann folgte Nord⸗Dakota mit 4 043 643 Acres und 51 758 630 Busbhels Kansas mit 3 721 229 Acres und 36 468 044 Bushels und Süd⸗ Dakota mit 3 526 013 Acres und 37 798 339 Bushels und danach die übrigen Staaten. Bemerkensweith ist, daß von den Oststaaten nur Pennsylvania mehr als eine Million, nämlich 1 505 362 Acres, mit Weizen bebaut hatte, welche 20 472 923 Bushels ergaben. Mit Mais waren im Ganzen 82 108 387 Aecres bestellt gegen 77721 781 im Jahre 1898; die Ernte hatte einen Werth von 629 210 110 Doll. gegen 552 023 428 Doll. im Vorjahre. Von einem Acre wurden durchschnittlich 25,3 Bushels erzielt, und der Durch⸗
nittspreis war am 1. Deze 30, 5 schnittspreis war am 1. Dez⸗ eier 30,3 C. Die größten Maisfeld —
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hat Italien in diesem Jahre einen größeren Bedarf an elektrischen