1900 / 55 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

wahrzunehmen. Es war mir ein Leichtes, in ihren Kreisen zu verkehren, ich habe es gern gethan uno stets Freude dabei empfunden. Aber, meine Herren, ich war nichts als das Kaisers, meines Kaisers, jenes Mannes, der an der Spitze des Reiches steht und Sich allezeit dentifiziert mit den Interessen des Reiches. Ihm danken wir am heutigen Tage, und ich bitte Sie, mit mir Ihre Blicke zu richten nach dem ehrwürdigen alten Kaiserschlosse an der Spree und unserm Kaiser einen Huldigungsgruß darzubringen, indem Sie mit mir rufen: „Gott erhalte und schütze den Kaiserl Seine Majestät der deutsche Kaiser, Harrah, Hurrah, Hurrah!“

Wieder erschollen brausende 1 Um 2 ½ Uhr verließ Seine Königliche Hoheit die Börse und begab sich nach der Kunsthalle, wo Höchstderselbe das für die Ausstellung in Paris bestimmte Modell der Hamburger Hafenanlagen in Augenschein nahm. Von dort unternahm der Prinz eine Rundfahrt durch die Stadt und kehrte sodann nach dem „Ham⸗ burger Hof“ zurück.

Abends 7 Uhr fand im Rathhause das von dem Senat zu Ehren Seiner Königlichen Hoheit des Prinhen Heinrich 8811I111 statt. Bei demselben brachte der Bürger⸗ meister Dr. Lehmann folgenden Trinkspruch aus:

„Königliche Hoheit! Hochgeehrte Herren! Seitdem nach ruhm⸗ reichen Kriegen Kaiser und Reich wieder im deutschen Vaterland walten, ist auch die schöne Sitte wieder belebt, bei einem Festmahl das erste Glas Seiner Majestät dem Kaiser darzubriagen, dem Schirmherrn der deutschen Nation, dem mächtigen Gebieter der deutschen Heere und der deutschen Flotte: Seine Majestät, Kaiser WilhelmII, König von Preußen, lebe hoch und abermals hoch!“

Nachdem das Hoch verklungen war und die Musik einen Vers des Liedes „Heil Dir im Siegerkranz“ gespielt hatte, erhob sich der Bürgermeister Dr. Lehmann nochmals zu nachstehendem Toast: 8

„Eure Königliche Hoheit werden kaum überrascht gewesen sein, daß Königliche Hoheit auf den gleichen Tag von dem Senat Ham⸗ burgs und der hiesigen Handelskammer gebeten sind, ihnen die Ehre Ihrer Gegenwart zur Feier Ihrer gtüücklichen Heimkehr zu schenken. Wir leben mit unserer Handelskammer, die im wesentlichen aus Ver⸗ tretern der großen Rhedereien, Kaufleuten und Industriellen ge⸗ bildet wird, nach dem Grundsatze „Concordia res parvae crescunt“ und dem Königlichen Wahlspruch „Suum cuique“. Es sind die gleichen Gefühle der Freude und herzlichen Ergebenheit, die wir und der Handelsstand dem erhabenen Prinzen des Koͤniglichen Hauses Hobenzollern entgegenbringen in Anlaß seiner frohen Heimkehr nach jahrelanger Seefahrt in den ostasiatischen Meeren, die ja auch schon im Falle der „Iltis“ ein erhebendes Beispiel deutscher Disziplin und deutscher Treue gesehen haben. Die Jubelrufe, die Eurer Königlichen * an der Börse entgegenschallten, haben denselben lauten iderhall in unseren Herzen gefunden, und die Herzen jener Versammlung koonten nicht höher schlagen als die unsrigen; wenn auch Gläserklang nicht an den tausend⸗ köpfigen Glückwunsch der Börse bhinanreichen kann. Wir fühlen denselben ebenso warm und aufrichtig. Und so bitte ich die hoch⸗ geehrten Herren, ein volles Glas zu leeren auf das Wohl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen: Unser durchlauchtigster Gast lebe hoch und abermals hoch!“

Unmittelbar darauf nahm Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich das Wort und hielt etwa folgende An⸗ sprache:

„Eure Maznificenz, meine Herren! Ich darf Ihnen an dieser Stelle nochmals meinen herzlichsten Dank aussprechen für den heutigen Tag in der Freien und Hansestadt Hamburg. Ich gebe Ihnen die Versicherung, daß der beutige Empfang mir besonders wohlgethan hat und daß das Gefühl aufrichtigsten Dankes mich bewegt. Eure Magnificenz hatten die Güte, des Wahlspruchs des preußischen Königshauses „Suum cuique“ zu gedenken. Ich möchte den Gedanken verallgemeinern, welchen auch Eure Magnificenz ausdrückten daß die Kriegsflotte sowohl als auch das anze Heer und unsere Marine immer gern für die Interessen des ge⸗ ammten Vaterlandes thätig gewesen sind. Es ist dies die Pflicht und zugleich der Stolz der Kalserlichen Marine. Die Erwägung, ob die Kriegsflagge der Handelsflagge oder die Handelsflagge der Kriegs⸗ flagge vorangehe, ist für mich stets von untergeordneter Be⸗ deutung gewesen. Sie sind beide für einander da, und beide haben sich daheim und im Auslande immer verstanden. Sie dienen beide im 1* Maße Kaiser und Reich. Mit großer Freude habe ch im Auslande geweilt und die Landeleute dort begrüßt Frrellich sind ja nicht alle, die draußen sind, Hamburger, es sind aber unendlich viele und ich darf Ihnen wohl sagen, daß ich Ihaen und den Deutschen da draußen im Auslande vieles verdanke, daß ich vieles gesehen und gelernt habe. Mich indessen trifft kein Verdienst, sondern wir sind das Werkzeug eines höheren Willens, der uns alle führt und der uns Soldaten gebietet, und wir thun unsere Pflicht mit Freuden, Sie wie ich, meine Herren. Ich fasse das Gesagte in einem Wunsche sammen: Möge die Freie und Hunsestadt Hamburg und seine Kaufmannschaft blühen und gedeihen Möge sie weiter sich entwickeln, wie jetzt, so immerdar. Hierauf, meine Herren, erhebe ich und leere ich mein Glas mit besonderem Danke egen Eure Manificenz. Der Senat und die Freie und Hanse⸗ stadt Hamburg Hurrah! Hurrah! Hurrah!“

Gegen 11 ½ Uhr Abends traf der Prinz Heinrich auf dem Dammthor⸗Bahnhof ein, wo Höchstderselbe von den Senatoren O'Swald und Dr. Burchard begrüßt wurde; auf dem Bahnsteig hatte eine Abordnung des Marinevereins von 1877 mit Fahne 8 es genommen. Beim Betreten des Bahnsteigs von der Menge mit Hochrufen begrüßt, ging der Prinz auf die Abordnung zu und sprach dem Vorsitzenden 9„„ Freude über das Erscheinen des Vereins sowie sein Be⸗ auern darüber aus, daß er denselben nicht schon bei der Ankunft abe begrüßen können; die Zeit sei dazu aber zu kurz gewesen.

ach einer kurzen Erwiderung des 2 vee reichte der Prinz ihm die Hand. Die zahlreich auf dem Bahnsteig versammelten

ersonen brachen hierbei in begeisterte Hochrufe aus, wofür der Prinz freundlich grüßend dankte. Seine Königliche Hoheit reichte sodann den zum Abschied erschienenen Herren nochmals die Hand, bestieg unter dem Jubel der Menge den Salonwagen zur Fahrt nach Berlin und dankte, als der Zug sich in Bewegung setzte, von dem hell erleuchteten Fenster des Wagens aus immer wieder für die Hochrufe. Deutsche Kolonien.

Ueber die Ermordung des Faktoristen Conrau i Schutzgebiet Kamerun berichtet der Kaiserliche Gouverneur im „Deutschen Kolonialblatt“ Folgendes:

Der Forschuagsreisende G. Conrau war vor einigen Monaten aus dem Bang⸗ (Bangwa⸗) Lande zurückgekommen und hatte etwa 50 Arbeiter aus dem Dorfe des Banghäuptlings Fontem für die Victoria⸗Gesellschaft mitgebracht. Conrau, der mich hier oben auf⸗ uchte, war des Lobes voll gerade über die Bangwa, die er als reundliche und ruhige Menschen schilderte und mit deren Ober⸗ häuptling Fontem er sogar auf Zintgraff'sche Manier Blutsbrüder⸗ schaft geschlossen hatte. Er war seiner Sache bei den Bangwas so sicher, daß er seine sämmtlichen werthvollen Sammlungen, überflüssige Koffer und dergleichen bei Fontem zurückgelassen hatte, als er zu seinem letzten kurzen Besuch zur Küste kam. Im November v. J. von mir über die Station Johann⸗Albrechtshöh zur Er⸗ kundung über das Schicksal des verunglückten Leutnants von Queiß entsandt, hatte er, etwa 1 ½ Tagemärsche von Nßakpe entfernt, mit der sicheren Nachricht von Queiß' Tod umkehren müssen

und war dann in östlicher Richtung quer durch das Land marschiert,

um bei seinen Banawafreunden seine Sachen und noch mehr Arbeiter für die Victoria⸗Pflanzung zu holen. Er war mit einem festen Ge⸗ halt als Explorateur und Beamter für die Gesellschaft Nordwest⸗ Kamerun engagiert, sollte die bevorstehende Besser’sche Straf⸗ expedition begleiten und im Anschluß an dieselbe mit Errichtung von Anlagen an den Croßschnellen für die genannte Gesellschaft beginnen. Da erhielt ich am 24. Dezember Morgens einen aus Fontem's Gehöft vom 11. Dezember datierten Brief Conrau's folgenden Inhalts:

den Bangwas sei das Gerücht geoörungen, daß einige ihrer als Arbeiter an der Küste befindlichen Landsleute dort gestorben seien. Sie bätten daher beschlossen, ihn (Conrau) so lange zu behalten, bis ihre Leute wiederkämen, und Fontem habe ihm sogar erklärt, er werde ihn auch für die Verstorbenen verantwortlich machen. Seine Lage sei äußerst fatal, und er bitte deshalb, ihn durch eine etwa 20 Mann starke Polizeitrupve ohne Weiße befreien zu lassen. Im Wider⸗ spruch hiermit schloß sein Brief mit der Angabe, er werde einig⸗Tage abwarten, um die Gemüther zu beruhigen, und dann versuchen, Nachts -b Er schloß mit den Worten: „Wenn die Leute mich dabei bemerken, so muß ich mich auf meine Gewehre verlassen.“

Ich habe am 26. De⸗zember 20 zuverlässige Polizeisoldaten aus Victoria unter Führung eines erprobten farbigen Unteroffiziers zu Conrau's Entsatz abgeschickt, obwohl dieselben auf alle Fäll⸗ zu spät kommen mußten, wenn Coarau den obigen Fluchtplan zur Ausführung brachte. Er war dann entweder todt oder in Bali in Sicherheit. Leider ist nun das erstere in der That eingetroffen. Ich erhielt einen Bleistift⸗ brief dez Conrau'schen Weyjägers Robert, der meldet, daß sein Herr bei einem Fluchtversuch von Foatem eigenhändig erschossen sei. An der Richtigkeit dieser Nachricht wird nicht zu zweifeln sein, nähere Angaben fehlen bis jetzt. 8 9

Oesterreich⸗Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause begann, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern die Debatte über die Er⸗ klärung der Regierung. Der Abg. Grabmayr sagte, wenn auch der vie Großgrundbesitz der neuen Regierung mit voller ÜUnbefangenheit gegenüberstehe, so könne seine des Redners Partei doch nicht umhin, das Programm der Regierung beifällig zu begrüßen. Die Re⸗ gierung verdiene Anerkennung für ihr ernstliches Streben, und er glaube, daß dieselbe nicht bloß verspreche, sondern 8 handeln werde. Schließlich verwies der Redner auf die fast überreiche Fülle der Aufgaben, welche die Re⸗ gierung sich gestellt habe. Im weiteren Verlauf der Debatte bemerkte der Abg. Placek (Czeche), die Erklärung der Regierung sei wohl vielversprechend, doch müsse man ihr mit Reserve entgegenkommen. Seine des Redners Partei verdamme prinzipiell die Obstruktion. Die gegen⸗ wärtige Obstruktion der Czechen solle nur ein Gegengewicht gegen die Obstruktion der Deutschen bilden. Der Abg. Pergelt (deutsche Fortschrittspartei) führte aus, die Regie⸗ rung müsse mit Söjekktwität an die Lösung der natio⸗ nalen Frage schreiten, sie müsse aber auch auf die historische Entwickelung des Staats und auf eine rasch funktionierende Verwaltung bedacht sein. Die könne die Lösun beschleunigen, wenn sie die eingeleiteten Verhandlungen ziel⸗ bewußt und eneraisch leite und nicht der Leidenschaft der Par⸗ teien überlasse. Unter diesen Voraussetzungen sei die Partei des Redners gern bereit, an der Lösung dieser großen Aufgabe mitzuwirken. Dr Abg. Prade (deutsche Volkspartei) er⸗ klärte, seine Partei stehe der Regierung chne Voreingenommen⸗ heit gegenüber; er hoffe, daß die Lösung der nationalen Frage gelingen werde, müsse aber betonen, daß seine Partei unter allen Umständen an der gesetzlichen Festlegung der deutschen Sprache als Staatssprache festhalte. Der Abg. Wassilko (Ruthene) begrüßte gleichfalls freudig das Programm der Re⸗ gierung. Hierauf wurde die Verhandlung abgebrochen.

Einem gestern veröffentlichten Communiqué zufolge be⸗ schloß die katholische Volkspartei, sich an der Debatte über die Erklärung der Regierung nicht zu betheiligen. Der Klub sei unter voller Wahrung seines Programms bereit, die Regierung in dem Bestreben, das Parlament wieder arbeits⸗ fähig zu machen, mit allem Nachdruck zu unterstützen. Der Klub des konservatioen Großgrundbesitzes ließ, einem Communiqué zufolge, die Entscheidung über die Besetzung der Stelle des ersten Vize⸗Präsidenten des Ab⸗ geordnetenhauses offen und überließ dieselbe dem Exekutivcomité der Rechten. Der Klub beschloß ferner, die Vorlage über das Rekrutenkontingent als eine nichtpolitische zu bewilligen. Der italienische Klub beschloß, in die Debatte über die Erklärung der Regierung nicht einzugreifen. Bei der Berathung wurde die Ansicht ausgesprochen, daß namentlich das wirthschaftliche Srogrenen der Regierung mit allem Nachdruck zu unter⸗ stützen sei.

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge beabsichtigt die Regierung, die Ausgleichs⸗Konferenz für nächste Woche wieder einzuberufen.

Der fortschrittliche Parteiverband des Wiener Gemeinderaths beschloß die gleichzeitige Niederlegung sämmtlicher Mandate zum Gemeinderath, falls nicht zugleich mit der etwaigen Sanktionierung und Veröffentlichun es neuen Gemeindestatuts und der neuen Gemeindewahl⸗ ordnung die Ausschreibung von Neuwahlen aus allen vier Wahlkörpern erfolgen sollte.

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Großbritannien und Irland.

Das Armeebudget für 1900/1901 beläuft sich, wie

„W. T. B.“ meldet, insgesammt auf 61 499 400 Pfd. Sterl. bei einem Mannschaftsbestand von 430 000 Mann gegen 20 617 200 Pfd. Sterl. bei einem Mannschaftsbestand von 184 853 im vorhergehenden Jahre.

Im Oberhause hob gestern Lord Blythswood die Nothwendigkeit hervor, 10 000 weitere Feeen. baldigst auf⸗ zurufen, welche als Ersatzmannschaften für die Regimenter in Süd⸗Afrika dienen sollten, und betonte, daß alle Kosten hierfür durch die Regierung und nicht durch pri⸗ vate Zeichnungen aufgebracht werden müßten. Der Staatssekretär des Kriegsamts Lord Lansdowne erwiderte, er glaube, die Furcht vor einem drohenden Unheil sei jetzt behoben, und fuhr dann fort: „Wir haben von dem Entsatze Ladysmiths mit Ge⸗ fühlen der Genugthuung darüber gehört, daß wir einem Unglück entronnen sind, und mit Gefühlen der Bewunderung für die Männer, welche solche Thaten für uns vollbracht haben. Ich weiß nicht, ob wir eine größere Bewunderung dem General S. und seinen Truppen zollen sollen, welche so tapferen Widerstand geleistet haben, oder den Männern unter Sir Redvers Buller, oder nicht an letzter Stelle dem Ober⸗Kommandierenden in Süd⸗Afrika. Es ist der energischen und erfolgreichen Offensivbewegung im Oranje⸗Freistaat zu ver⸗ danken, daß der Druck in Natal behoben worden ist. Diese

beiden Erfolge werden nicht den Vorwand dazu bieten, daß wir

in unseren Anstrengungen nachlassen, wir werden in diesen b nicht ermatten. In der mit dem 4. März endenden Woche werden 8 Schiffe mit 4700 Mann abgehen, am 11. März 5 Schiffe mit 11 800 Mann, am 18. d. M. 11 Schiffe mit 9900 Mann, am 25. d. M. 9 Schiffe mit 8900 Mann und am 1. April 6 Schiffe mit 3200 Mann, zu⸗ sammen rund 38 800 Mann. Weitere 17 800 werden bald darauf folgen, für welche die Schiffe noch nicht bestimmt sind; der Strom der Verstärkungen wird nicht versiegen.“

Im Unterhause erklärte der Uater⸗Staatssekretär des Aeußern Brodrick, wie verlaute, sei ein Theil der neuen persischen Anleihe dazu bestimmt, die bestehenden ausländischen Anleihen zurückzuzahlen, und vermuthlich solle in dieser Weise die von der Kaiserlichen Bank von Persien aus gegebene sogenannte Regie⸗Anleihe abbezahlt werden. Der britischen Regierung seien keine Vorschläge, betreffe id ein Darlehr an gemacht worden, welche sie sich in der Lage gesehen ätte anzunehmen, und die Vereinbarung, betreffend die gegen⸗ wärtige Anleihe, sei abgeschlossen worden, ohne daß der briti⸗ schen Regierung ein Angebot gemacht worden sei. Ferner erklärte Brodrick, es habe kein Meinungsaustausch über die Ecrichtung eines beit hen Konsulats in Baku stattgefunden; es sei noch nicht entschieden, ob sich die Ernennung eines Konsuls mit dem Sitz in Tiflis oder Baku als nöthig erweise. Auf eine weitere Anfrage erwiderte Broorsck, der britischen Regierung sei im letzten September vom amerikani⸗ schen2 otschaster der Wunsch der amerikanischen Regierung mitgetheilt worden, von den in China interessierten Mächten eine Erklärung über ihre Absichten bezüglich der Behandlung des auswärtigen Handels zu erlangen, zu dem Zwecke, Gleich⸗ heit der Behandlung für allen Handel ohne ÜUnterschied der Nationalität herbeizuführen. Der Vorschlag sei von der briti⸗ schen Regierung unter dem Vorbehalt angenommen worden, daß die anderen betheiligten Mächte eine gleiche Zustimmung aus⸗ sprächen. Die von den anderen Mächten der Regierung der Vereinigten Staaten ertheilten Antworten seien der britischen Regierung noch nicht mitgetheilt worden. Die betreffenden Schriftstücke würden nach Abschluß der Angelegenheit dem Hause vorgelegt werden. Sodann verneinte Brodrick eine An⸗ frage Hedderwick's, ob die Regierung eine Information bezüg⸗ lich der Nachricht besitze, daß französische Truppen Tafilelt in Marokko besetzt hätten. Herbert Roberts fragte an, ob die indische Regierung besondere militärische Operationen an der Nordwestgrenze plane. Darauf erwiderte der Staats⸗ sekretär für Indien Lord Hamilton, die Regierung wisse nichts davon, daß die indische Regierung besondere milltärische Operationen an der Nordwestgrenze plane. Der Finanz⸗ Sekretär des Kriegsamts Powell⸗Williams erklärte, eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts vom 24. Februar habe die erste Mittheilung enthalten, daß bei den Buren Mauserpatronen mit hohler Spitze gebraucht worden seien. Ob Gefangene hierüber befragt worden seien, sei nicht mit⸗ getheilt worden. Es sei keine 1“ mit den beiden Republiken über den Gebrauch solcher Kugeln erfolgt, und er könne gegenwärtig nicht sagen, ob ein Vorgehen in der Angelegenheit möglich sei. 8

Der Jubel, welcher gestern in den Straßen Londons über den 1g. von Ladysmith herrschte, war dem „W. T. B.“ zufolge ganz beispiellos. Britische Flaggen wehten von den öffentlichen und privaten Gebäuden. Auch das Auswärtige Amt hatte einen großen Unton Jack gehißt. Auf den Straßen sah man viele Leute mit Flaggen, die sie jubelnd schwenkten, und man rief sich laute Hurrahs zu.

Frankreich.

In der gestrigen Sitzung des Senats erklärte, dem EnEb zufol e, der Minister⸗Präsident Waldeck⸗ Rousseau: Obgleich die Deputirtenkammer sich dafür aus⸗ gesprochen habe, in diesem Jahre von den Einberufungen zu den 28⸗ und 13⸗tägigen militärischen Uebungen abzusehen, sei es doch unmöglich, zu unterlassen, was das Gesetz vorschreibe. Er werde jedoch, soweit dies irgend möglich sei, Befreiungen von den Uebungen eintreten lassen.

In der Deputirtenkammer sprach sich der Deputirte, Admiral Rieunier bei der Berathung des Marine⸗Etats für den Bau starker Geschwader⸗Panzer aus und wies auf das Beispiel Deutschlands, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten hin. Der Deputirte Lockroy hielt es für nothwendig, bedeutende Geldopfer für die Marine u bringen; die auswärtige Politik Frankreichs hänge von säiner Macht zur See ab. Redner bedauerte, daß man in dem Badget die Forderung für den Bau von 8 Unterseebooten vom Typus „Naroal“ gestrichen habe, verlangte, daß in B zerta sofort alle nothwendigen Arbeiten ausgeführt würden, und schloß mit einer rühmenden Anerkennung der militärischen und moralischen Tugenden der Marine. Hierauf sprach der Marine⸗Minister Lanessan und begründete die Forderung einer gewissen Anzahl von großen Panzerschiffen. Der Bau von „Narvals“ sei verschoben worden, weil der Erfinder dieses Bootes um die Erlaubniß gebeten habe, neue Ver⸗ suche zu machen, welche von ausgezeichnetem Erfolge gekrönt gewesen seien. Der Minister fügte hinzu, die Ver⸗ theidigung von Bizerta müsse durch die Errichtung von einem Damm und von Forts sichergestellt werden, wies auf die ein⸗ gebrachten Vorlagen, betreffend die Vermehrung der Flotte und die Vertheidigung der Küsten und Kolonien, hin und schloß mit anerkennenden Worten fuͤr alle Theile der Marine, auf deren patriotische Mitarbeit er zähle, um Frankreich die Flotte zu geben, auf welche es Anspruch habbe.

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Italien.

Die Deputirtenkammer setzte, wie „W. T. B.“ meldet, estern die Generaldebatte über das „Decreto-Legge“ sort Unter großer Aufmerksamkeit des Hauses sprach der Deputirte Sonnino für die Vorlage und wandte sich, unter dem Beifall der Ministeriellen und dem Lärm der äußersten Linken, gegen die Obstruktion, welche er als einen traurigen Einfuhrartikel aus Wien bezeichnete. Durch die Obstruktion eigne sich die Minderheit das Vetorecht gegen⸗ über allen Gesetzen an, welche ihr nicht zusagten; die Geschichte Polens zeige, welch vernichtende Wirkungen das Liberum veto ausübe; das „Decreto-Legge“ habe seine Berechtigung als Widerstandsmittel gegen die Obstruktion. Nachdem sodann der Berichterstatter gesprochen hatte, wurde die Weiterberathung auf heute vertagt.

Der Deputirte Bosdari und sieben andere republikanische Deputirte haben in der Deputirtenkammer eine Inter⸗ pellation eingebracht, in welcher der Minister des Aeußern

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tages und des Hauses der

isconti⸗Venosta um eine Erklärung darüber ersucht wird, er beabsichtige, mit Rücksicht auf die zwischen Iene und Großbritannien bestehenden freundschaftlichen Beziehungen und in Bewunderung der heldenmüthigen Tapferkeit der für ihre Freiheit und Unabhängigkeit kämpfenden Buren ein Wort für den Frieden zwischen den kriegfuͤhrenden Parteien

zu sprechen.

Afrika.

Die Londoner Blätter veröffentlichen folgende Depesche aus Kapstadt: Die Buren machten am Sonnabend einen Feltigen Angriff auf Mafeking, wurden aber auf allen

unkten zurückgeschlagen. Ein weiterer Angriff am Sonntag wurde ebenfalls zurückgeschlagen; hierbei hatten die Buren einen Verlust von 40 Todten und Verwundeten, während die Engländer nur 2 Todte und 3 Verwundete hatten.

Eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts aus Paardeberg vom 28. Februar besagt: Auf die Nachricht, daß die Buren Colesberg geräumt hätten, entsandte der General Clements Truppen zur Besetzung von Colesberg⸗ Junetion und ritt dann selbst in Colesberg ein, wo er mit Jubel begrüßt wurde. Er erbeutete in Colesberg Munition, ließ mehrere Rebellen verhaften und kehrte dann nach Rens⸗ burg zurück.

Der „Morning Post“ wird aus Paardeberg vom 28. Fe⸗ bruar gemeldet, in östlicher Richtung hätten die britischen Vor⸗ osten mit dem Feinde Fühlung genommen. Die Zahl der ortigen Buren werde 8 7000 Mann geschätzt.

Aus Sterkspruit vom 28. v. M. berichtet das „Reuter'sche Bureau“, die Buren in Ladygrey räumten ein, daß die Engländer Jamestown wieder genommen hätten. Die Buren batten 50 Todte und 123 Verwundete verloren; 300 würden vermißt. Viele Buren kehrten nach ihren Heim⸗ stätten zurück.

Dasselbe Bureau meldet aus dem Hauptquartier der Buren bei Ladysmith vom 24. Februar: Den durch Ver⸗ wundete vom Tugela gebrachten Meldungen zufolge, sei dort bis spät in die Nacht hinein eine furchtbare Schlacht geschlagen worden. Die Engländer hätten viermal die Position bei Krügersdorp zu sürmen versucht und seien jedesmal mit Verlusten zurückgeschlagen worden. Augenzeugen be⸗ aupteten, daß die britischen Verluste sehr groß seien. Die Engländer seien auf 70 YNards aus den Positionen der Buren beschossen und geradezu niedergemäht worden. Sie hätten 30 Kanonen diesseits des Tugela aufgefahren, jedoch in solcher Nähe, daß dieselben nicht mit Erfolg hätten gebraucht werden können. Die Buren hätten 9 Todte und 14 Verwundete ver⸗ loren; 28 Gefangene, hauptsächlich Inniskilling⸗Füsiliere, ein Secondleutnant inbegriffen, seien auf dem Wege nach Pretoria im Hauptquartier angekommen.

Eine weitere Depesche aus dem Hauptquartier der Buren vom 26. v. M. besagt: Die Belagerten machten an ver⸗ schiedenen Punkten forigesett nächtliche Angriffe, um sich über die Stärke der Belagerer zu vergewissern. In der letzten Nacht habe eine Reiterabtheilung versucht, aus der Stadt den Ausgang nach Westen zu gewinnen, sei aber von den Burghers so heiß empfangen worden, daß sie habe umkehren muͤssen. Dann hätten sie es bei den südöstlichen Zugangen nächst der Strecke nach Colenso versucht, mit dem Resultat jedoch, daß Ladysmith fast eine Stunde lang unter heftigem Gewehrfeuer ewesen sei. Am 28. v. M. hätten die Eagländer einen

affenstillstand zur Todten nachgesucht und denselben bewilligt erhatten. Die Gefechte am Freitag und Sonnabend seien sehr blutig gewesen. Die Inniskilling⸗Füsiliere und die Regimenter Dublin, Dorset und Connaught hätten ungeheure Verluste gehabt.

Von dem General Sir Redvers Buller ist gestern Abend folgende Depesche in London eingetroffen: Nelthorpe, 1. März, 5 Uhr Nachmittags: Ich komme eben von Lady⸗ smith zurück. Von einer kleinen Nachhut nördlich des Surprise⸗Hill abgesehen, haben sich die Belagerer sämmtlich zurückgezogen und das Land südlich der Stadt ist völlig frei von ihnen. Die Garnison wird einiger Pflege bedürfen, bevor sie wieder feldtüchtig sein wird.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ bgeordneten, sowie der Wortlaut der Reden, welche der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel in der vor⸗ Fefrrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten gehalten hat, efinden sich in Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (158.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts, Staats⸗ Minister, Vize⸗Admiral Tirpitz beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1900 bei dem Etat für die Verwaltung der Kaiser⸗ lichen Marine in Verbindung mit dem Etat für das Schutzgebiet Kiautschou fortgesetzt. Referent war der Abg. M 8e. (Zentr.).

Die Berathung begann bei dem Titel „Gehalt des Staatssekretärs: 30 000 ℳ“ .

Erster Redner in der Debatte war der Abg. Eickhoff (fr. Volksp.). Bei Schluß des Blattes nahm der Staats⸗ sekretär des Reichs⸗Marineamts, Staats⸗Minister, Vize⸗Admiral Tirpitz das Wort.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (36.) Sitzung, welcher der Minister der ö entlichen Arbeiten von Fslelen beiwohnte, die zweite Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung, und zwar die gestern abge⸗ brochene Generaldiskussion über die Einnahmen aus dem Pe onen⸗ und Gepäckverkehr und den Antrag des Abg. b E 4 8 (fr. Volksp.) auf Ermäßigung der Personen⸗ arife, fort. 8

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Macco (nl.) und Dr. Rewoldt (fr. kons.), sowie der Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen.

Bei der gestern im 2. Oberpfälzischen Wahlkreise

8 (Amberg) vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstag

W. T. B.“ meldet, der bisherige Abg. Lerno

wurde, wie 1 : Ein Gegenkandidat war nicht auf⸗

(Zentr.) wiedergewählt. gestellt worden. 8

Statistik und VBolkswirthschaft.

Gesammtproduktion der chemischen, der Kautschuck⸗, Guttapercha⸗ und Celluloid“⸗, sowie der Steinbruch⸗ und Zement⸗Industrie in Deutschland.

Nach den Ergebnissen der auf Veranlassung des Reichsamts des Innern angestellten Produktionzerhebungen hat, wie wir den „Nachrichten für Handel und Industrie“ weiter entnehmen, im Jahr 1897 die Gesammtproduktion der chemischen Industrie 83 112 791 dz im Werthe von 947 902 570 ℳ, die der Kautschuck⸗, Guttapercha⸗ und Celluloid⸗Industrie 158 960 dz im Werthe von 79 132 000 betragen.

Ueber die Gesammtergebnisse der Produktionserhebungen in einigen Zweigen der Steinbruch⸗ und der Zement⸗Industrie ver⸗

öffentlicht das Reichsamt des Innern folgende Zahlenangaben, die sich indessen nur auf diejenigen berufsgenossenschaftlich versicherten Be⸗

lche mehr als

0 Lohnsumme zablen: 8 Jahres⸗ 8 produktion 2 2 9 Gipsstein⸗Gewinnung . . .. 11“ 2 471 549 Kalkstein⸗ 11XAAX“ 3 592 025

Granit⸗ C“ Basalt⸗ Melaphyr ⸗. Kalkschiefer⸗ Quarzit⸗ Syenit⸗ Dachschiefer⸗ Griffelschiefer⸗ Marmor⸗ Sandstein⸗ Tuffstein⸗ Porphyr⸗ Grauwacke⸗ aCö1111414A14*““; Sonstige Zweige (Kreide⸗, Fluß⸗, Schwer⸗ und Feld⸗ spath, Grünstein ꝛc.) . . ö1““

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Summe. Zementfabrikation. öG

Summe

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Berliner Holzarbeiter⸗Ausstand berichten hiesige Blätter, daß sich die Zahl der ausgesperrten bezw. Seezeeen Tischler zur Zeit auf mehr als 7000, die der Möbelpolierer auf etwa 700 beläuft (vergl. Nr. 53 d. Bl.).

In dem böhmisch⸗mährischen Ausstandsgebiet hat sich, dem „W. T. B.“ zufolge, die Lage in einzelnen Bergrevieren etwas ge⸗ bessert. Im Ostrau⸗Karwiner Bezirk beträgt die Zahl der ausständigen Bergarbeiter jetzt 23 000. Nach einer Meldung aus Troppau nimmt der Ausstand der Maschinenwärter und Heiter bedentend ab. (Vergl. Nr. 54 d. BI.)

Kunst und Wissenschaft.

Am 19. und 20. März d. J. findet die zweihundert⸗ A““ der Königlichen Akademie der issenschaften statt.

Seine Majestät der Kaiser und König haben zu bestimmen geruht, daß der eigentliche Festakt am 19. im Weißen Saale des Koͤniglichen Schlosses abgehalten werde. Es erinnert das daran, daß auch nach der Reorganisation durch Friedrich den Großen die feierliche Eröffnungssitzung im Schlosse stattfand.

Von dem Kurfürsten Friedrich III. im Jahre 1700 als „Sozietät der Wissenschaften“ begründet, wurde sie durch Friedrich den Großen, ihren zweiten Stifter, auf neue Grundlagen gestellt und zu einer Akademie der Wissenschaften erhoben. Die preußischen Könige haben dieser Schöpfung, welche in die Tage des brandenburgischen Kurstaats zurückreicht und mit der preußischen Monarchie zu⸗ sammen emporgeblüht ist, stets ihre besondere Huld und Gnade zugewandt. Indem der Kaiser, der, wie Seine Vor⸗ fahren, unmittelbarer Protektor der Akademie ist, die Akademiker und ihre Gäste an ihrem Ehrentage zu Sich in das Schloß ent⸗ dietet, giebt Er Seiner Akademie ein neues Zeichen Seiner Königlichen Huld, das zugleich als eine besondere Ehrung der wissenschaftlichen Arbeit allerwärts dankbar empfüuͤnden werden wird.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Das Buschobst. Schnell lohnende Obstzucht nach vereinfachtem Verfahren von Johannes Böttner, Chefredaktenr des „Praktischen Rathgebers im Obst⸗ und Gartenbau“. Zweite verbesserte Auflag“, 80, 122 Seiten, 62 Abbildungen. Verlag von Trowitzsch u. Sohn in Frankfurt a. Oder. Preis geh. 1,80 Die hochstämmigen Obst⸗ bäume erfordern, wenn sie nicht dauernd unfruchtbar bleiben sollen, eine sorgsame Pflege und einen korrekten Baumschnitt, den nicht jeder Gartenbesitzer versteht. Die Buschobstzucht hat dagegen den groten Vorzug, weit frühere und gegen unrichtige Ausführungsweise viel gesichertere Erträge zu geben, auch einfacher ausführbar zu sein. Si⸗ ist daher nicht nur für den auf Erzielung von Massenerträgen hin⸗ arbeitenden Großobstzüchter, sondern namentlich auch für den in der Obstkultur noch minder erfahrenen Liebhaber empfehlenswerth. Beiden wird das vorliegende Buch sich als guter Rathgeber erweisen. Diese zweite, verbesserte Auflage, in welcher der Verfasser die neuesten Er⸗ fahrungen berücksichtigt hat, ist noch rechtzeitig erschienen, um bei der bevorstehenden Frühjahrspflanzung zu Rathe gezogen werden zu können

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt gemeldet worden vom Schlachhofe zu Bremen am 28. Februar, der Ausbruch und das Exlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche unter Rindern vom Schlachth Sachsenhausen b. Frankfurt a. M. am 1. März.

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Niederlande.

Durch e des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 23. d. M. (veröffentlicht im „Niederländischen Staats⸗ courant“ Nr., 47 vom 25./26 v. M.) ist die Verfügung vom 16. Juni 1899 („Staatscourant“ vom 17. Juni 1899), wodurch Alexandrien als durch Pest verseucht erklärt wird, aufgehoben worden.

In derselben Nummer des „Staatscourant“ veröffentlichen die Minister des Innern und der Finanzen die nachstehende Verordnung vom 23./24. Februar 1900:

„Vom 25. Februar 1900 an wird das Verbot der Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidungsstücken und un⸗ zewaschener Leib⸗ und Bettwäsche aus Alexandrien, unter Ab⸗ änderung der Verfügungen vom 18. September 1899 („Staatscourant“ vom 19. September 1899) aufgehoben.“

Belgien.

Die Verordnung des belgischen Ministeriums für Landwirth⸗ schaft vom 17. August 1899, betreffend Maßnabmen zur Verhütung der Einschleppung der Beulenpest in Belgien aus Egypten, Portugal

Mascarenen⸗Inseln („Reichs⸗Anzeiger“, Nr. 199 vom

24. Anaust 1899), ist, insoweit sie sich auf Herkünfte aus

Portugal bezieht, durch Verfügung des genannten Ministeriums

vom 24. Februar 1900 („Moniteur Belge“ Nr. 56, vom 25. Fe⸗

bruar 1900) vom 25. ab aufgehoben worden. ruguay.

Infolge des Ausbruchs der Pest in Rosario de Santa (Argentinien) hat der Gesundheitsrath in Montebvideo unter dem 27. v. M. folgende Verfügung erlassen:

Art. 1. Der Hafen von Rosario de Santa wird zu den von der Beulenpest verseuchten Häfen und die übrigen Häfen der Argen⸗ tinischen Republik zu den verdächtigen gerechnet.

rt. 2. Die aus dem Hafen von Rosario herkommenden Schiffe werden einer zehntägigen und die aus den anderen verdächtigen Häfen einer fünftägigen gefuadbhettlichen Beobachtung unterworfen.

Art. 3. Die im vorstehenden Artikel angeordnete gesundheitliche Behandlung wird in dem Lazareth der Insel Flores abgemacht und dorthin haben sich unmtttelbar alle Schiffe zu begeben, die Reisende an Bord führen. 8

Art. 4. Die ausschließlich zur Beförderung von Waaren be⸗ stimmten Dampfer koͤnnen in allen Häfen des Staats in voll⸗ kommener Absonderung unter der Aufsicht von Gesundheitswachen arbeiten und werden nach Ablauf der Beobachtungsfrist und Bewerk⸗ stelligung der entsprechenden Desinfektion zum freien Verkehr zu⸗ gelassen werden.

Art. 5. Die Einfuhr aller Artikel, auf die sich Art. 6 der Ver⸗ fügung Nr. 32 bezieht, ist untersagt. (Vgl. „R.⸗Anz.“ Nr. 305 vom 28. Dezember v. J.)

Art. 6. Diese Verordnung tritt für alle Schiffe in Kraft, die von heute an argentinische Häfen verlassen. 8 8

Triest, 1. März. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Orion“, welcher am Sonnabend wegen eines Falles von gelbem Fieber in das See⸗Lazareth geschickt worden war, erhielt gestern lidera practiea.

Verdingungen im Auslande.

Italien.

Ohne Datum. Mittelmeerbahnen: Errichtung einer neuen Station in Nocera Inferiore. Anschlag 753 000 Fr. 2) Bau zweier Galerien auf der Strecke Savona Bra. Anschlag 283 150 Fr. Desgl. Sizilische Bahnen: Auswechselung von Gleismaterial aus Eisen auf verschiedenen Strecken des Bezirks durch 25 257 laufende Meter Schienen und 30 Weichen aus Stahl. Anschlag

157 L.

6. März, 11 Uhr. Marine⸗Ministerium und General⸗Direktion

des Arsenals, Rom: Lieferung von Rohhanf (3 Loose). Belgien.

Die von der Gemeinde⸗Verwaltung in Anvelois (Namur) zum 26. Februar ausgeschriebene Verdingung des Baues einer Wasserleitung nebst Zubehör ist auf den 12. März, 11 Uhr, verlegt. (Vergl. Nr. 7 des „Reichs⸗Anzeigers“.) Angebote bis zum 10. März.

Rumänien.

Der von der Burgermkisterri ig Crajowa zum 23. Februar fest⸗ gesetzt gewesene Termin, betreffend Vergebvung: 1) des Baues und Betriebs einer Wasserleitung, 2) desgl. einer Pferdebahn, 3) der Anlegung des Stadtplans und der Nivellierung der Stadt (vergl. Nr. 42. des „Reichs⸗Anzeigers“), ist erfolglos verlaufen und zum 12. März neu festgesetzt worden.

Egypten.

7. März, 11 Uhr. Inspekteur des dritten Bewässerungsbezirks in Alexandrien: Bau dreier Brücken im östlichen Theile der Provinz Gizeb. Bedingungen und Näheres an Wochentagen zwischen 9 un 1 Uhr in den Bureaus der obengenannten Inspektion und bei der Ober⸗Ingenieur von Gizeh in Gizeh erhältlichh 1—

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat di englische Post über Ostende vom 1. März in Köln den Anschluß an Zug 31 nach Berlin über Hildesheim wegen Zug⸗ verspätung in England nicht erreicht.

Dresden, 1. März. (W. T. B.) Laut amtlicher Meldung ist der Verkehr auf dem Neustädter und Altstädter Elbquai in Dresden wegen Hochwassers eingestellt.

Konstantinopel, 1. März. (W. T. B.) In Beirut, Jerusalem und Smyrna sind heute deutsche Postämter und in Pera eine Zweigstelle des hiesigen deutschen Postamts eröffnet worden.

Bremen, 1. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. „München“ 28. Febr., v. New York kommend, in Baltimore, „König Albert“ 28. Febr., v. Bremen kommend, in Singapore angek. „Ems“ 28. Febr. v. New York n. Genua abgegangen.

DHamburg, 1. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Columbia“ 28. Febr. v. Genua n. Hamburg, Fürst Bismarck“ 28. Febr. v. Genua über Neapel n. New York abgeg. „Graf Waldersee“, v. New York über Plymouth n. Hamburg, 1. März Lizard pass. „Polynesia“, v. Hamburg n. Westindien, 28. Febr. in 5 „Norderney“ 28. Febr. in Hamburg, „Bolivia“ 27. Febr. in Colon angek. „Valencia“ 28. Febr. v. St. Thomas über Havre n. Hamburg abgeg. „Ascania“, v. Hamburg n. West⸗ indien, 28. Febr. Cuxhaven piss. „Bosnia“ 28. Febr. v. Baltimore über Deptford n Hamburg abgeg. „Bulgaria“, v. Hamburg un. Baltimore, 1. März Cuxhaven passiert.

1“

Theater und Musfik. 8

Berliner Theater.

Der „Akademische Verein für Kunst und Literatur“ hatte am Mittwoch Nachmittag im Berliner Theater zu einer Auf⸗ führung der Tragödie „König Oedipus“ von Sophokles in der Uebersetzung des Professors U. von Wilamowitz⸗Möllendorf eingeladen. Es ist in der gegenwärtigen veir, die sich von der Kunst und Wissenschaft des Alterthums mehr und mehr lossagen und sich auf eigene Füße stellen möchte, doppelt anzuerkennen, wenn der Versuch gemacht wird, zu den Quellen, aus denen Jahrtausende vor uns geschöpft haben, zurück⸗ zukehren und die gewaltigste aller griechischen Tragödien auf den weltbedeutenden Brettern einem empfänglichen Publikum vorzu⸗ führen. Die Handlung des Stückes ist durch die erschütternden Schicksale ihres Helden immer noch wirksam genug, uns mit Befriedigung über die dramatische Vorführung zu erfüllen, und wirklich war auch die Rolle des Königs Oedipus, wenn man von dem etwas polternden Eingang absieht, bei Herrn Heine vom König⸗ lichen Schauspielhause in den besten Händen; auch der korinthis

Bote (Paul Pauli) wurde durchaus gut gespielt. Weniger stil⸗ gerecht war die Auffassung des Kreon (Friedrich Kayßler vom Deutschen Theater), des thebanischen Hirten (Karl Meinhard vom Deutschen Theater) und die des Boten aus dem Königspalast (Heinz Monnard vom Berliner Theater). Die dankbare Rolle der Jekaste, die Fräulein Amanda Lindner vom Königlichen Schau⸗ spielbause übernommen hatte, reichte bei allen Vorzügen der äußeren Erscheinung und im Wesen doch nicht an das heran, was diese vor⸗ treffliche Schauspielerin sonst in klassischen und in modernen Stücken zu bieten pflegt. Es fehlte ihr die erforderliche antike Größe. Am wenigsten glücklich gelöst erschien die heikle Frage des Vor⸗ trags der Chöre. Wenn man bedenkt, daß das griechische

Drama überhaupt aus Festchören zu Ehren des diegos erwachsen und alle dialogischen Partien eigentlich nur Einschiebsel in die