1900 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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und den Ober⸗Präsidenten in so seltenem Maße verbunden haben

ihnen den Wettbewerb auf dem Weltmarkte unter günstigen Be⸗

Lage allmählich besseren Verhältnissen entgegenpifüyren

angenommen werden, daß die Aufbringung der erhöhten Beiträge

sonders bemerkenswerth, welche die Verbesserung der Verkehrsmittel

8 regierung wird Ihre gutachtliche Mitwirkung berüglich der Frage in Anspruch genommen werden, ob es angezeigt erscheint, daß die gesetz

Mluünchen eingetroffen war, wurde, wie „W. T. B.“ meldet,

Hochgeehrte Herren

Nachdem mir durch die Gnade Seiner Majestät des Kaisers und Königs das Amt des Ober⸗Präsidenten der Provinz Westfalen über⸗ ragen worden ist, habe ich die Ehre, Sie heute zum ersten Male bei dem Beginn Ibrer diesjährigen 42 im Namen der Königlichen Staatsregierung auf das herzlichste zu begrüßen. Ich hue dies in der Zuversicht, daß die Bande gegenseitigen Vertrauens, welche während der langjäbrigen, segensreichen Wirksamkeit meines Amtsvorgängers die Organe der provinziellen Selbstverwaltung

auch fernerhin fortbestehen und uns allezeit vereinigen werden auf dem Boden gemeinsamer Arbeit zum Wohle dieser schönen Proving.

Das verflossene letzte Jahr des zur Rüste gegangenen Jahr⸗

hunderts war für die Provinz Westfalen ein in mehrfacher Hinsicht

edeutungsvolles. 1

Der unvergleichliche wirthschaftliche Aufschwung der westfälisch n

8. erfreulicher Weise angedauert und keine nennens⸗

en erlitten. b

Durch die Inbetriebsetzung des Dortmund⸗Ems⸗Kanals hat die

Provinz als neues Bindeglied der Verkehrs eine Wasserstraße ge.

wonnen, welche es ermöglicht, die Erzeugni e westfälischen Gewerbe

eißes über deutsche Seehäfen in all⸗ Welttheile zu senden und mit

dingungen aufzunehmen. Die im August stattgehabte Fröffnungsfeier des Kanals und des Dortmunder Hafens gestaltete si h zu einem hohen Freudentage für die ganze Provinz deren Bewohnern es so vergönnt war, auch in diesem Jahre ihrem Kaiserlichen Herrn zu ujubeln. Die tiefe Trauer, von welcher unser erhabenes Herrscherhaus inzwischen betroffen ist, hat die erzen des treuen Westfalenlandes auf das tiefste bewegt. Für westfälische Landwirthschaft ist mit der Landwirthschafts⸗ welche in dem vergangenen Jahre ihre Thätigkeit be

gonnen hat, eine feste, mit amtlicher Autorität ausgestattete Organisation ins Leben getreten. Auf der Geundlage der praktischen Erfahrungen, welche die frühere bewährte Vertretang des landwirth⸗ schaftlichen Berufsstandes ihr als werthvollen Schatz übereignet hat, wird es der Kammer nach unser Aller Wansche gelingen, die Königliche Staatsregierung mit Erfolg bei Erfüllun der hochwichtigen Aufgade zu unterstützea, die Landmwirthschaft der Provinz aus ihrer noch immer schwierigen

Die Arbeiten zur Einführung des Gesetzes über das Anerbeare ht bei Landgütern, welches die Erhaltung des Westfälischen Bauern⸗ tandes auf seinem gegenwärtigen Besitzstande bezweckt, haben sich in em vergangenen Jahre unter der . Mithilfe der betheiligten landwirthschaftlichen Kreise rasch und ohne Shwierigkeit vollzogen.

Unter den Gegenständen, welche Sie während der gegenwärtigen Tagung beschäftigen werden, steht in vorderster Reihe der Ihnen zur Feststellung vorgelegte Haushaltsplan. Die erhedliche Steigerung der an die gemeinnützige und kulturfördernde Thätigkeit des P⸗o⸗ vinzialverbandes gestellten Anforderungen, welche auf allen Ge⸗ bieten der Verwaltung hervortritt, hat ei zwar erforderlich erscheinen lassen, in den mit gewohnter Sorgfalt und Soar⸗ samkeit ausgearbeiteten Voranschlägen den Bedarf an Provinzial⸗ abgaben höher zu bemessen, als es in den vergangenen Jahren ge⸗ chehen konnte. Bei der üb rau; erfreulichen, bedeutenden Zunahm⸗ des Wohlstandi in der hiesigen Provinz darf jedoch ohne Bedenken

keinen Schwierig'eiten begegnen wird. 8 Unter den übrigen Ihrer harrenden Vorlagen sind diejenigen be⸗

der hiesigen Provinz durch die Fördercung des Kreis⸗, Gemeinde und Genossenschaftswegebaues, die Vervollkommnung der Provinzialstraßen durch Herstellung von Kleinpflaster und vie Unterstützung des Klein⸗ bahnwesens zum Gegenstande haben. 1“

Aus Anlaß des sich stetig steigernden Geschäftsverkehrs der Landes⸗ bank und infolge einer Aenderung der Gesetzgebung werden Ihrer Prüfung seitens des Provinzial⸗Ausschusses Vorschläge uaterbreitet werden, welche die Abänderung einzelner Emrichtungen die es Keedit⸗ institats zum Gegenstand haben. Von seiten der Königlichen Staats⸗

lichen Bestimmungen, welch⸗ bereits für die Rheinprovinz, sowie für die Provinzen Hessen⸗Nassau und Sachsen über die Verpflichtung der Gemeinden zur Bullenhaltung erlassen worden sind, auch in der hiesigen Provinz eingeführt werden

Mehrfachen seitens des Prooiniial⸗Landtages zum Aazdruck gebrachten Wänschen in Bezug auf die Aufnahmebedingungen und die Berechnung der vensionsfähigen Dienstzeit für die bei der Pensionskasse der Amtsverbände und Land⸗ gemeinden betheiligten Beamten hat das neue Kommunalbeamten esetz vom 30. Juli v. J. der Hauplsache nach abgeholfen.

hrer Beschlußfassung ist es nunmehr anheimgestellt, die in dem Gesetze vorgesehenen Vergünstigungen durch eine Abänderung des Regulatios der Pensionskasse in Kraft treten zu lassen.

Die am Schlusse der letzten Tagung des Provinzial⸗Landtages zum Ausdruck gelangte Hoffnung, daß der um die Ver⸗ waltung der Angelegenbeiten des Provinzialverbandes durch langjährige, hingebende Thätigkeit hochverdiente Landes haupt⸗ mann infolge seiner durch Ihr Vertrauen einstimmg er folgten Wiederwahl noch längere Zeit der Provinz erhalten bleiben würde, hat sich nicht verwirklicht. Wir haben leider mit der Thatsache zu rechnen, daß die Provinzialverwaltung schon mit dem 1. April d. J. dieser stets bewährten Kraft entrathen muß. Ihnen fällt die Aufgabe zu, sich über die Auswahl eines geeigneten Nach⸗ folgers schlüssig zu machen.

Mit den besten Wünschen für einen gedeihlichen Verlauf Ihrer Berathungen erkläre ich im Allerhöchsten Auftrage den 41. West⸗ fälischen Provinzial⸗Landtag für eröffnet.

Das älteste Mitglied der Versammlung, Gutsbesitzer Vrede, brachte nach entsprechenden Worten der Erwiderung ein drei⸗ faches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte.

Bayern⸗ ““

Die außerordentliche spanische Mission unter Führung des Herzogs von Veragua, welche am Sonnabend in

estern von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten n Audienz empfangen. Die Gesandtschaft ist für morgen von dem Prinz⸗Regenten zur Tafel geladen.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat, da zu der am 1. Oktober erfolgenden Neubildung des 7. Bayerischen Artillerie⸗Regiments zwei Abtheilungen des 1. Artillerie⸗Regi⸗ ments, dessen Chef der Prinz⸗Regent ist, abgezweigt werden, auch die Inhaberschaft des 7. egiments übernommen und verfügt, daß demgemäß das letztere Regiment Höchstseinen Namenszug erhalten soll.

Baden.

hre Königliche Hoheit die Großherzogin ist, wie die Karlsruher Zig.“ meldet, seit Donnerstag an Influenza er⸗ rankt und darf das Bett nicht verlassen. Am Sonnabend hat das Fieber wesentlich nachgelassen und die Krankheits⸗

erscheinungen sind im Abnehmen.

Die Erste Kammer hat in ihrer Sitzung vom 10. d. M.

den von der Zweiten Kammer angenommenen Antrag des Zalafsung der geist⸗

ichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen einstimmig und mit allen gegen 5 Stimmen den von dem

Fenenag auf unbeschränkte

von der Zweiten Kammer angenommenen Antrag abgelehnt: die Regierung möge von dem ihr zustehenden Rechte Gebrauch machen und in nächster Zeit die Einführung von Ordens⸗ niederlassungen gestatten.

beschlossen, in welcher die Regiercung aufgefordert werden soll, dee eine Gesetzvorlage, betr. den Ausbau der Wasser⸗

wieder in Windsor eintraf, besichtigte, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, vor ihrer Abreise im Hofe des Buckingham⸗Palastes 2000 Mann Gardetruppen, welche demnächst nach Süd⸗Afrika eingeschifft werden sollen. Als die Königin den Buaͤckengham⸗

wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern in der Kommission für die

OSOeßsterreich⸗Ungarn. 8 1“ Der Polenklub hat die Einbringung einer Resolution

traßen, vorzulegen. Großbritannien und Irlannd. Die Königin, Allerhöchst velche am Sonnabend Abend

Palast verließ, wurde Ihre Majestät auf dem ganzen Wege bis zum Bahnhof von der Spalier bildenden Menschenmenge mit lauten Hochrufen begrüßt.

Fraukreich. Der Minister⸗Präsident Waldeck⸗Rousseau erklärte,

Amnestie⸗Voclage, daß die vom Staatsgerichtshof aus⸗ esprochenen Vecurtheilungen viel dazu beigetragen hätten, die Rühe wieder herzustellen. Die Regierung sei der Ansicht, daß diese Verurtheilungen nicht unter die Annestie fallen könnten. Auf dem gestrigen Jahresbankett der parlamentarischen Presse hielt der Kam ner⸗Präsident Deschanel eine Rede, in welcher er sagte, man deute zuweilen die Gedanken eines Red jers unrichtig. So habe man auch ihn als einen großen Kriegsmann hingestellt, weil er der Meinung sei, daß Fort⸗ schritt; auf mil ischem Gebiete das beste Unterpfand für den Frieden und die Göße und das Ansehen der Nation Italien. Ein großer Theil der vorgestrigen Sitzung der De⸗ putirtenkammer wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, mit Anfragen und mit der Berathung über die Frage der Gültigkeit der Wahl des gerichtlich verurtheilten D putirten Batacchi ausgefüllt. Das Mandat Batacchi’s wurde für erloschen erklärt. Hierauf wurde die Be⸗ rathung des ersten Artikels des „Decreto legge“ wieder⸗ aufgenommen. Nachdem noch mehrere Redner das Wort ge⸗ nommen hatten, darunter di Rudini, welcher erklärte, er werde gegen den ersten Artikel, der das Versammlungsrecht regele, stimmen, wurde die Sitzung aufgehoben.

Spanien. Wie dem „W T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, hat der Minister⸗Präsident Silvela erklärt, die Kamnern würden nicht geschlossen werden, bevor die Gesetzesvorlage, betreffend den Alkohol, berathen wordea sei, was die Regierung für un⸗ erläßlich halte. 8 8 88

Wie der Berner „Bund“ vernimmt, hat das schweizerische Schiedsgericht bezüglich der Delagoa⸗Bay das Urtheil in den Hauptpunkten gesprochen. In der Schwevbve bleibe noch die Frage der Terrainentschädigung; doch solle auch dieser Punkt in nächster Zeit erledigt werden, worauf das Urtheil den Parteien werde zugestellt werden. Türkei. 8 Dem Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ zufolge be⸗ absichtigen die in Konstantinopel beglaubigten Botschafter, der Pforte identische Noten zu überreichen, in welchen gegen die neugeschaffeꝛne Stempelgebühr, deren Ertrag für die Ansi delung mohamedanischer Emigranten bestimmt ist, Protest erhoben und die Erwartung ausgesprochen wird, daß die von den Blättern angekündigte Maßregel, wonach der christliche, an die mohamedanischen Friedhöfe angrenzende Grundbesitz nur an Mohamedaner verkauft werden dürfe, mit Rücksicht darauf, daß dies gegen die gesetzliche Gleichberechtigung verstoße, offiziell dementiert werde.

Wie dasselbe Bureau meldet, setzt die russische Botschaft ihre Bemühungen in der Angelegenheit des Baues von Eisenbahnen in den an Persien grenzenden Gebieten fort. Von unterrichteter Seite sei neuerdings versichert worden, daß bisher keine Konzessionen für bestimmte Linien verlangt worden seien, daß es sich mehr um Vorrechte prophy⸗ laktischer Natur handele, indem die russische Regierung bindende Vereinbarungen dafür verlange, daß für die genannten Gebiete keine Eisenbahnkonzessionen an nichtrussische Gesellschaften er⸗ theilt würden. 8

Drei Bataillone aus Koepülli sind in Uesküb ein⸗ getroffen. Der Militärkommandant Memdruh Pascha, welcher einem Gerücht zufolge die Oberaufsicht über sämmtlich⸗ Vilajets des westlichen Theils der Balkan⸗Halbinsel erhalten solle, versuche die Beruhigung der Unzufriedenen durch das Versprechen, der Vali werde in der nächsten Woche abreisen. Die Mehrheit der Unzufriedenen wolle jedoch selbst der Gewalt nicht weichen, bis der Vali abgesetzt sei. Der Bazar sei ge⸗ sperrt. Die serbische Gesandtschaft habe die Pforte er⸗ sucht, die Ruhe in dem Orte Wutschiten bei Mitrowitza wiederherzustellen.

Amerika.

Offizielle Kreise in Washington haben, wie „W. T. B.“ einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ entnimmt, die Maßregeln erörtert, welche zu ergreifen seien, um die amerikanischen Interessen zu wahren für den Fall, daß das dem deutschen Reichstage vorliegende Fleischbeschau⸗ gesetz in der gegenwärtigen Form zur Annahme gelange. Diese Kreise beabsichtigen, gesetzgeberische Maßnahmen vor⸗ zuschlagen, durch welche erhebliche Differentialabgaben auf die Schiffahrt derjenigen Länder gelegt werden sollen, welche der Einfuhr amerikanischer Erzeugnisse unbillige Erschwerungen bereiten.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Rio de Janeiro vom 11. d. M. hatte die drasilianische Re⸗ gierung seit einem Monat in Erfahrung gebracht, daß sich einige Mißvergnügte zu einem Komplott gegen die Republik vereinigt hätten, und sich zum Handeln entschlossen, als sie die Mittheilung erhielt, daß Geld, welches von Monarchisten stamme, an einige Polizei⸗Agenten und veerschiedene

bemächtigen sollen. Im Falle des Gelingens dieses Anschlagg sollte eine provisorische Regierung von sechs gesetzt werden. —8 e. en⸗

8 8 1 1

Aus Peking vom gestrigen Tage erfährt das „Reuter 'sche Bureau“, Wu⸗s hih⸗chin, welcher kürzlich verhaftet wurde weil er das Peking⸗Syndikat zur Erlangung einer Eisenbahn⸗ konzession in der Provinz Honan unterstützt hatte, sei durch Kaiser⸗ liches Eoikt zu lebens länglichem G fängniß verurtheilt worden. Der großbritannische Gesandte Mac Donald und die Vertreter des Syndikats machten augenblicklich, jedoch ohne Erfolg, alle möglichen Anstrengungen, um eine Milderung der Strafe u erreichen. Die Haltung der chinesischen Behörden sei eine urchaus ablehnen de. Man sei der Meinung, daß die An⸗ gelegenheit energisch durchgeführt werden müsse, da sie anderen⸗ falls auf die Beziehungen zwischen China und dem Auslande von schlimmstem Einflusse Feim würde. Aus Hongkong wird der „Times“ vom 10. d. M. ge⸗ meldet, daß französische Beamte die Vermessung der an den französischen grenzenden Provinzen bis Jünnan⸗Fu durchgeführt hätten. Afrika.

Die gestern in London erschienenen Blätter veröffent; lichen, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Meldung, der zufolge am letzten Dienstag fünf Depeschen von den Präsidenten Krüger und Steijn in holländischer Sprache bei der britischen Regierung eingetroffen seien, in welchen angefragt worden sei, unter welchen Bedingungen die Einstellung der Feindseligkeiten werden könne. Dieser Meldung wird noch beigefügt, es sei Grund zu der Annahme vor⸗ handen, daß die Regierung eine ihre Unnachgiebigkeit bekundende Antwort ertheilt habe. Der Feldmarschall Lord Roberts hat aus Driefontein vom gestrigen Tage 7 Uhr 15 Minuten Morgens telegraphiert: Die Verbündeten haben sich unserem Vormarsch während des anzen gestrigen Tages entgegengestellt und haben uns, da ie das Terrain kennen, arg zugesetzt. Dank der bewunde⸗ rungswürdigen Haltung unserer Truppen, sind, wir an unserem Bestimmungsort angekommen. Die Division Kelley⸗ Kenney war am meisten engagiert. Zwei ihrer Bataillone trieben die Buren mit dem Bajonnet zurück. Die Buren, welche große Verluste hatten, ließen 102 Todte zurück. Wir haben 20 Gefangene gemacht. Ich kenne noch nicht genau unsere Verluste. Unter den Gefallenen befinden sich zwei Hauptleute, unter den Verwundeten zwei Obersten, zwei Hauptleute und fünf Leutnants. Ein weiteres Telegramm des Feldmarschalls Lord Roberts vom gestrigen Tage besagt: „Ich habe an die Prä⸗ sidenten des Transvaal⸗ und des Oranje⸗Freistaats ein Tele⸗ ramm geschickt, in welchem ich neuerdings gegen den Miß⸗ ee der weißen Flagge protestiere, und habe sie benachrichtigt, daß, wenn etwas Aehnliches sich wieder ereignen sollte, ich zu meinem Bedauern gezwungen sein würde, meine Truppen davon in Kenntniß zu setzen, daß sie sich nicht an die weiße Flagge kehren sollen.’“ In dem Telegramm an die Präsidenten heißt es dann weiter: „Ich habe ferner in dem Lager von Cronle eine große Anzahl Sprenggeschosse gefunden. Derartige Ver⸗ letzungen der Kriegsgebräuche und der Genfer Konvention sind eine Schande für jede zivilisierte Macht. Ich habe meiner Regierung eine Abschrift dieses Telegramms geschickt und sie ersucht, dasselbe allen neutralen Mächten mitzutheilen.“

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Kapstadt vom gestrigen Tage gemeldet: Nachrichten aus Ladygrey, Herld— und liwak⸗North ließen erkennen, daß die Aufständischen in

großer Anzahl die Waffen und daß die Buren überall

an den Grenzen in ernster Ve rlegenheit seien. Aus Herschel werde

emeldet, daß die Loyalg esinnten den von den Buren eingesetzten Landdroft von Aliwal⸗North ergriffen und in das Gefängniß ge⸗ worfen hätten. In Barkly East und Aliwal⸗North legten die Buren die Waffen nieder und kehrten nach ihren Farmen zurück. Ein Depeschenreiter, welcher von Ladygrey gekommen sei, melde, daß ein heftiges Gefecht bei Vanderwaltsfarm stattgefunden habe und daß viele der Aufständischen getödtet oder verwundet worden seien. Es verlaute, 1000 Aufständische beabsichtigten, sich dem General Brabant zu ergeben. Die Buren seien in großer Aufregung, einige hißten britische Fahnen. Das Kommando von Oliviers habe bei Albert Fanefion und Smithfield ein Lager bezogen, ein Theil rücke nach Bethulie und Rouxville vor. Die Kommandos von Zastrom seien nach Aliwal⸗North marschiert, wo sie weiteren Widerstand zu leisten beabsichtigten.

Dasselbe Bureau meldet aus Jamestown vom 10. d. M, daß die Division des Generals Brabant an dem genannten Tage von dort in der Richtung auf Aliwal⸗North aufge⸗ brochen sei.

Aus Lourenço Marques wird der „Times“ gemeldet, ein Burenkommando habe bei Bloemhof Stellung genommen, um jede Bewegung der feindlichen Truppen mittels der Eisen⸗ bahn nach Mafeking oder in der Richtung nach Klerksdorp zu verhindern. . .

Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet, Lord Kitchener befinde sich zur Zeit in Victoria Road, wo er für einen Vorstoß in die im Aufruhr befindlichen Gebiete West⸗ Griqualands Truppen organisiere.

Aus Durban vom gestrigen Tage wird gemeldet, der Zeitung „Natal Mercury“ sei ein Telegramm aus Greytown zugegangen, wonach eine Abtheilung berittener Kolonialtruppen am 9. d. M. bei Pomeroy einen Zusammenstoß mit den Buren gehabt habe. Auf beiden Seiten sei heftig gefeuert worden; da aber die britischen Truppen ohne Artillerie Feind nicht aus seiner Stellung zu vertreiben vermocht hätten,

eien sie 9 das südliche Ufer des Tugela zurückgegangen. Ein Mann sei verwundet worden. 1

Der „Times“ wird aus Ladysmith vom 9. d. M. be⸗ richtet, es heiße, daß die Buren sich in der Nähe von Biggars⸗ berg verschanzten und die westlichen Pässe der Drakensberge bewachten. 2 .

Der General White ist, wie das „Reuter'sche Bureau aus Pietermaritzburg meldet, am Freitag dort eingetroffen und mit enthusiastischen Kundgebungen empfangen worden.

Nach einer Meldung desselben Blattes aus Pretoria vom 9. d. M. ist der Präsident Krüger, begleitet von 85 General Grobler, aus Bloemfontein dorthin zurückgekehr. Der General Joubert duürfte demnächst den Präsidenten

andere Personen vertheilt worden sei. Einer der Verschworenen

Grafen Helmstadt und Genossen eingebrachten, ebenfalls

habe sich des Präsidenten Campos Salles in Petropolis

ganze Jahr gefo

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die Se Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (165.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnte, wurde zunächst die all⸗

emeine Rechnung über den Reichshaushalt für as Etatsjahr 1895/96 in dritter Lesung unverändert nach den Beschluͤssen zweiter Berathung angenommen; desgleichen die endguͤltige bezw. Süeheg. Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben der ostafrikanischen Schutzgebiete für die Etatsjahre 1896/97, 1897/98 und für das Rechnungs⸗

1898. laht Zarauf begann bei Schluß des Blattes die zweite Be⸗ rathung des en betreffend Aenderungen im Münzwesen.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (44) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten Dr. Studt beiwohnte, die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten in dem Kapitel der höheren Lehranstalten fort. 8

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Dr. Glattfelter (Zentr.), Dr. Goebel (Zentr.), von Knapp (nl.) und Dr. Kropatscheck (kons.) sowie der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Ausstand der Berliner Holzarbeiter berichten biesige Blätter, daß der Verein der Fraisereibesitzer und Unternehmer ver⸗ wandter Gewerbe beschlossen hat, die Maschinenarbeiter zu entlassen und die Betriebe zu schließen. Die Zahl der entlassenen Hollzarbeiter ist inzwischen wieder um einige Hundert gesttegen, da die Pianoforte⸗ fabrikanten sich dem Vorgehen der anderen Branchen angeschlossen und prozentweise Accordarbeiter abgelohnt haben. Auch in den Bau⸗ tischlereien nehmen die Aussperrungen ihren Fortgang. (Vergl. Nr. 60 d. Bl.)

Der Ausstand der hiesigen Müllkutscher und Mitfahrer ist, der „Voss. Ztg.“ zufolge, in zwei Betrieben am Sonnabend v. W. heendet worden. Die herabgeminderte Forderung der Lohnkommission wurde an beiden Stellen bewilligt. Die übrigen Arbeitgeber haben dagegen, gemäß einem Beschluß des „Vereins der Abfuhr⸗ unternehmer Berlins und der Vororte“, sämmtliche Forderungen ab⸗ gelehnt und zum großen Theil neue Arbeitskräfte eingestellt. (Vergl. Nr. 59 d. Bl.)

Der Leipziger Parquetleger⸗Ausstand ist, wie die „Lpz. Ztg“ unterm 10. d. M. mittheilt, durch Einigung der Lohnkom⸗ mission der Ausständigen und der Vertretung der Arbeitgeber beendet, und die Ausständigen haben bereits auf Grund dieser Vereinbarungen die Arbeit überall wieder aufgenommen. Die Arbeitgeber haben den geforderten Stundenlohn von 60 und die sofortige Einführung des von den Arbeitern unterbreiteten Tarifs und der Lohnbücher bewilligt, dabei jedoch die Bedingung gestellt, daß alle Arbeit sauber ausgeführt und die Kontrole hierüber einer besonderen ständigen Gehilfen⸗Kommission übertragen werde. (Vergl. Nr. 54 d. Bl) Die beim Möbeltransport beschäftigten Arbeiter Leipzigs haben am Sonnabend in einer Versammlung beschlossen, alsbald und mit dem Ersuchen um Antwort noch vor der Frühtahrs⸗ umzugszeit den Möbeltransport⸗Unternehmern einen Tarif vorzulegen, in dem die bisher nur für die Umzugszeit bewilligten Lohn⸗ und Arbeits⸗ bedingungen, zehnstündige Arbeitszeit und 5 Tagelohn, für das

rdert werden. .

Die Generalverwaltung der Koͤniglichen Museen hat soeben einen III. Nachtrag zu dem im Jahre 1893 erschienenen Verzeichniß der in der Formerei der Koͤniglichen Museen zu Berlin hergestellten, verkäuflichen Gipsabgüsse, mit Angabe der Größe und der Preise, veröffentlicht. Dieser Nachtrag umfaßt nicht nur egyptische und vorderasiatische Alterthümer, griechische und römische eee. e solche aus dem Mittelalter und der Renaissancezeit, sondern auch zahlreiche prähistorische und ethnologische Bildwerke und andere Gegenstände aus dem Museum für Völkerkunde,. Soweit die Originale sich in Berlin befinden, können die Abgüsse auch nach diesen bemalt geliefert werden. 8

Land⸗ und Forstwirthschaft. XXVIII. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths.

Fünfte Sitzung: Freitag, den 9. März 1900.

Der erste stellvertretende Vorsitzende, Reichsrath Freiherr von Soden⸗Fraunhofen, eröffnete die Sitzung um 10 ¼ Uhr. Den ersten Gegenstand der Berathung bildete der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh⸗ und Fleischbeschau, über den Landes⸗Oekonomierath Winkelmann⸗Köbbing und Bieber⸗Tatenberg referierten. Die Versammlung faßte nach längerer Dißskussion folgenden Beschluß: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt: Der Inhalt des augenblicklich dem Reichstag zur Beschlußfassung vor⸗ liegenden Gesetzentwurfs, betreffend die Schlachtvied⸗ und Fleisch⸗

beschau in der in der zweiten Lesung der Reichstagskommission be⸗

schlossenen Fassung entspricht im Ganten den Beschlüssen des Deut⸗ schen Landwirthschaftsraths vom 20. Januar 1899 und dem, was das Hegts deutsche Volk als Schutz gegen die Mißstände in der Ver⸗ Lreng desselben mit dem nothwendigen Fleisch, und was die deutsche andwirthschaft im Jateresse der Erhaltung des Viehstandes und einer rentablen Viehzucht und zur Bekämpfung des heutigen unlauteren ttbewerbes des Auslandes mit minderwerthiger und ungesunder B lare zu fordern berechtigt ist, wenn sie die neue große klastung auf sih nehmen soll, welche das Gesetz ihr Fiaßt. Die Annahme des Gesetzentwurfs liegt auch im Interesse des leischergewerbes, dessen Existenz durch die gegenwärtigen Verhältnisse gleichfalls schwer gefährdet ist. Der Deutsche Landwirthschaftsrath richtet an den Herrn Reichskanzler sowie an den hohen Bundesrath ie dringende Bitte, dem Gesetz in dieser Form zuzustimmen. uf Antrag des Vorsitzenden, Landeshauptmanns von Roeder⸗Ober⸗ Tauth, sandte der Landwirthschaftsrath an Seine Majestät den aiser und König nachstehendes Telegramm: 2 de urer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bittet der Deutsche wirthschaftsrath am Schluß seiner diesjährigen Berathungen eaterth mihst vortragen zu dürfen, daß der dem Deutschen Ffichetag vorliegende Entwurf der Fleischbeschau, wie derselbe in 8 Kommission gestaltet worden ist, nach einstimmigem Beschluß s Deutschen Landwirth schaftsraths dem wahren Interesse des ge⸗ Rhaten deutschen Volkes, insbesondere auch der arbeitenden Klasse eüben, entspricht und wirksam dazu beitragen wird, arge 8258 mit einem der wichtigsten Nahrungsmittel zu beseitigen 8 ie schwer um ihr Dasein kämpfende deursche Landwirthschaft e einen unlauteren Wettbewerb des Auslandes zu schützen. In ndelbarer Treue der Deutsche Landwirthschaftsrath. von Roeder.“ Bes idann ging die Versammlung zur Erörterung der Frage der eitigung der gemischten Transitlager über und nahm urzer Debatte folgenden gemeinsamen Antrag der Referenten

1 1 Graf von Schwerin⸗Löwitz und Braadenburg⸗Mosbach an: „In

Grwägung, daß 1) seit der Aufhebung des Identitätsnach⸗ weises ein Bedürfniß für die Zulassung gemischter Privat⸗ transitlager und Mühlenkonten nicht mehr besteht, 2) dieselben ausweitlich der Reichsstatistik in der Hauptsache nicht ihrer Pleblchen Bestimmung entsprechend für den Transithandel mit

etreide —, sondern nur zur Erlangung eines unberechtigten zint⸗ freien Zollkredits bei der Einfuhr von Getreide nach Deutschland be⸗ nutzt werden, 3) hierdurch auf Kosten der Reichskasse und zum Schaden des heimischen Getreidebaues ein dauernder Anreiz zur En⸗ fuhr überflüssigen, d. b. für den inländischen Bedarf nicht erforderlichen Getreides geboten wird, 4) der Reichstag sowie die meisten deutschen Einzellandtage und der preußische Staatsrath in voller Anerkennung des obigen auch von den Vertretern der verbündeten Regierungen überall bestätigten Sachverhalts seit Jahren wiederholt die Aufhebung der gemischten Privattransitlager und Mühlen⸗ konten bei dem hohen Bundesrats befürwortete, 5) eine allmähliche Verringerung der Zahl dieser Lager, wie sie bisher erfolgte, aber das U’bel der ungerechten Bevorzugung weniger Inhaber solcher Lager auf Kosten der Gesammtheit nar pergrößert bat und auch weiter zu vergrößern geeignet ist, beschließt der Deutsche Landwirthschaftsrath, den hohen Bundesrath nochmals dringend zu ersuchen, nunmehr alsbald entweder: a. eine gleschzeitige und voll⸗ ständige Aufhebung aller gemischten Privattransitlager und Mühlen⸗ konten und gleichzeitig den Fortfall des bei dem direkten Uebergang von Getreide in den freien Inlandsverkehr bisher bewilligten drei⸗ monatlichen Zollkredits oder wenigstens b. den Fortfall aller zinsfreien Zollkredite bei der Einfuhr von Getreide nach Maßgabe der nachfolgenden Resolution des Reichstages von 1896 verfügen zu wollen. Resolution des Reichstages von 1896: „Gesetz wegen Beschränkung des Zollkredits bei der Einfuhr von Gerreide und Mühlenfabrikafen. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc., veroednen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folst: § 1. Bei der Einfuhr der unter 9a— f des Zolltarifs auf⸗ geführten Waaren (Getreide) und der daraus hergestellten unter Nr. 25 q2 des Zolltarifs genannten Mühlenfabrikate —, welche zum Absatz in das Zollinland bestin mt sind, findet eine Kreditierung des Zolls vom 1. Juli 1896 ab nicht mehr statt. § 2. Sollen die im 1 bezeichneten Waaren an der Grenze in den freien Verkehr treten, so ist der Zoll nach näherer Anordnung des Bundesraths im Anschluß an die Eingangsabfertigung zu entrichten. Sollen die Waaren unverzollt von dem Grenzzollamt auf ein zur zollamtlichen Abfertigung befugtes Amt im Innern abgelassen werden, so sind die⸗ selben in der Regel binnen längstens 14 Tagen zur Schlußabfertigung zu gestellen und zu verzollen. Diese Frist kann ausnahmsweise ver⸗ längert werden, sofern sich deren Unzulänglichkeit voraussetzen läßt oder Naturereignisse oder Unglücksfälle während des Trangvorts diesen verzögern. § 3. Wenn Waaren der in Nr. 9a ⸗—f des Zolltarifs aufgeführten Art zum Absatze entweder in das Zollausland oder in das Zollinland bestimmt und zunächst in ein gemischtes Getreidetransitlager 7 Ziffer 1 Absatz 3 und 4 des Zolltarifgesetzes) aufgenommen sind, sind die Zollbeträge für die demnächst in den freien Verkehr getretenen der⸗ artigen Waaren vom Tage der ersten Abfertiguag zu einem solchen Lager bis zum Tage der Zollzahlung mit 4 % zu verzinsen. § 4. Diejenigen Zollbeträge, welche Mühlen⸗ oder Mälzereibesitzer, denen gemäß § 7 Absatz 3 Ziffer 1 des Zolltarifgesetzes ein Zollkonto bewilligt ist, auf Grund der Konto⸗Abrechnungen zu zahlen haben, sind vom Tage der Abfertigung der zollpflichtigen W“ zum Konto bis zum Tage der Zollzahlung mit 4 % zu verzinsen. § 5. Die in den Ausführungs⸗Bestimmungen zum Zolltarifgesetz vom 14. April 1894 unter Ziffer 8 vom Bundesrath getroffene Vorschrift, wonach Einfuhrscheine erst nach Ablauf einer Frist von 4 Monaten, vom Tage der Ausstellung an gerechnet, auf Zollgefälle für Waaren der in der Anlage bezeichneten Art statt baarer Zahlung in Anrechnung zu bringen sind, ist dahin abzuändern, daß die Einfuhrscheine sofort nach ihrer Ausstellung, welche bei der Ausfuhr⸗ abfertigung ersolgt, zur Begleichung e; solcher Zollgefälle in An⸗ rechnung gebracht werden können. Urkundlich ꝛc.“

Nach einer Pause berichteten Landesökonomierath Winkelmann⸗ Köbbing und Professor Dr Orth⸗Berlin über die Ergebnisse der Erhebungen über die Verfütterung des Brotgetreides, welche der Deutsche Landwirthschaftsrath in den verschiedenen Bezirken des Deutschen Reichs veranlaßt hat. Die Referenten beantragten folgende Resolution, welche auch die Zustimmung der Versammlung fand: „Die vom Deutschen Landwirthschaftsrath in den verschiedenen Bezirken des Deutschen Reichs veranlaßten Erhebungen über den Um⸗ 8 der Verfütterung von Brotgetreide an das Vieh 5 in ihren Resultaten noch nicht vollständig vor, sodaß sich ein abschließendes Urtheil über die Menge des verfütterten Brotgetreides nicht feststellen läßt. Es ergiebt sich jedoch als zweifellos, daß überall in mehr oder weniger erheblichem Umfange eine Verfütterung namentlich von Roggen stattfindet, und zwar vornehmlich in den Viehzucht treibenden Gegenden und mehr in kleinen und mittleren als in den großen Betrieben. Die Ursachen sind neben der Unkeantniß der ländlichen Bevölkerung über den Futterwerth des Brotgetreides und der anderweitig zur Verfügung stehenden Futterstoffe sowie dem Miß⸗ trauen gegen fremde, nicht in der eigenen Wirthschaft erzeugten Futter⸗ mittel vor allem die niedrigen Marktpreise des Brotgetreides. Nach übereinstimmendem Urtheile der wissenschaftlichen Gut⸗ achten, wie der praktischen Viehzüchter ist jedoch eine Ver⸗ fütterung von Brotgetreide im Interesse unseres Viehstandes unter normalen Preis⸗ und Marktverhältnissen weder noth⸗ wendig noch wirthschaftlich lohnend. Es ist daher durch Belehrung in Wort und Schrift auf thunlichste Verminderung der unrationellen Brotgetreideverfütterung hinzuwirken und das Mißtrauen vieler kleinen und mittleren Landwirthe gegen andere Futterstoffe durch Erlaß eines Gesetzes, betr den Verkehr mit Futtermitteln, nach Moͤglichkeit za beseitigen. Es ist endlich der Schluß gerechtfertigt, daß bei einer nur verhältnißmäßig geringen Einschränkung der Verfütterung von Brot⸗ getreide und, falls die Bodenkultur so fortschreitet, als es gegenwärtig der Fall ist, die deutsche Landwirthschaft im Stande ist, auch unter Berücksichtigung einer stetigen Bevölkerungszunahme den Bedarf an Brotgetreide für das Inland zu decken.“

Zum Schluß nahm die Versammlung noch von einem Berichte der Kommission über die Feuerversicherung und folgendem Aa⸗ trage derselben Kenntniß: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath be⸗ schließt: Im Hinblick darauf, daß in mehreren preußischen Provinzen ein großer Theil der ländlichen Mobiliar⸗Versicherung sich in Händen von lokalen Versicherungs⸗Vereinen befindet, die sich durchaus ge⸗ deiblich entwickelt und jedenfalls eine große Verbreitung der Feuer⸗ versicherung gerade bei den mittleren und kleineren Landwirthen herbeigeführt haben, wäre zu erwägen, ob diese Form der ländlichen Mobiliar⸗Versicherung auch in in andern deutschen Landestheilen Eingang finden könnte“

Hierauf dankte der Vorsitzende den Referenten für ihre Müh⸗ waltung und schloß um 3 Uhr die XXVIII. Plenarversammlung mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, die deutschen Bundes⸗ fürsten und die freien Städte, in das die Anwesenden begeistert ein⸗ stimmten.

Washington, 10. März. (W. T. B.) Nach dem Bericht des Ackerbau⸗Bureaus betragen die noch in den Händen der Farmer befindlichen Vorräthe an Weizen 29 % der letzten Gesammternte, an Mais 37 % und an Hafer 36,5 %. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 10. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Kaiserin Maria Theresia“ 9. März in Bremerhaven, „Königsberg“, n. Ost⸗Asien best., 9. März in Port Said angek. „Bonn“ 9. März v. Buenos Aires n. Bremen abgeg. „Trave“ 9. März Reise v. Neapel n. New York fortg. „Sachsen“, v. Ost⸗

Asien kommend, Mär; v. Genua n. Bremen abgeg. „Kaiser

Wilhelm II.“, v. New York kommend. 9. März die Aloren passiert. „Ems“ 9. März, v. New York kommend, in Gibraltar angek u. n. Neapel abgeg. „Trier“, v. d. La Plata kommend, 9. Mär in Rotterdam und „Mark“ in Vigo, „Königin Luise“ 9. März, v. Australien kommend, in Aden angek. „Prinz Heinrich“ 9. März v. Neapel n. Ost⸗Asien abg. „König Albert“ 9. März, v. Bremen kommend, in Shanghai angek. „Roland“, n. Baltimore be 9. März Dover passiert. „Pfalz“, n d. La Plata best, 10. in Corunna angek. „Stuttgart“ 10. März v. Pokohama n. Bremen ee. „Crefeld“, v. Buenos Aires kommend, 10. März Dover assiert.

b Hamburg, 10. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ inie. „Dampfer Phönicia’“ 9. Mär in Hamburg angek. „Borkum“, v. St. Thomas n. Hamburg, 9. März v. Havre abgeg. „Castilia“ 9. März in St. Thomas angek. „Arcadia“ 9. März v. Poiladeꝛphia n. Hamburg abgeg. „Assyria“, v. Baltimore n. Ham⸗ burg, 9. März Lizard passiert. „Batavia“, v. Hamburg n. Baltimore, 9. März v. Boston, „Bengalia“ 9. März v. Baltimore über Dept⸗ ford n, Hamburg abgeg. „Andalusia“, v. Hamburg n. Ost⸗Asien, 9. März Gibraltar passiert. „Ambria“ 10. März in Hamburg, „Palatia“ 10. März in New York angekommen.

12 März. (W. T. B.) Dampfer „Palatia“ 10. März und „Fürst Bismarck“ 11. März in New York, „Auguste Wictoria“ 11. März in Athen angek. „Graf Waldersee“, v. Hamburg über Boulogne sut mer und Plymouth n. New York, 11. März Cuxbaven pass. „Pretoria“ 10. März v. New York über Plymouth n. Ham⸗ burg, „Nubia“ 10. März v New York über Kopenbagen n. Stettin abgeg. „Rhenania“ 10. März in St. Thomas angek. „Constantia“, v. St. Thomas n. Hamburg, 11. März v. Havre abgeg. „Flandria“ und „Hungaria“ 10. März in Hamburg angek. „Canadia“, v. Portland n. Hamburg, 11. März Lizard pass. „Sardinia“ 11. März v. Port⸗ land n. Hamburg abgeg. „Aapria“, v. Baltimore n. Hamburg, 12. März Cuxhaven pass. „Holsatia“ 9. März v. Singapore n. Colombo, „Westphalia“ 11. März v. Siagapore n. Suez abgeg. „Sibiria“ 11. März in Singapore angekommen.

London, 11. März (W T. B) Union⸗Linie. Dampfer „Moor“ Sonnabend auf Ausreise v. Southampton, „Galeka“ Sonn⸗ abend auf Heimreise v. d. Canarischen Inseln abgegangen.

Rotteroam, 10. März. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Werkendam“, v. Rotterdam n. New Pork, Freitag Lizard passiert. 1 Theater und Mufik.

Kganigliches Schauspielhaus. Ernst von Wildenbruch’s neueste dramatische Arbeit, das Schauspiel in vier Aufzügen „Die Tochter des Erasmus', errang bei ihrer ersten Aufführung am Sonnabend einen starken Erfolg. Ist das Werk auch nicht als regelrecht aufgebautes Bühnenstück, sondern mehr als eine Reihe lose zusammengefügter Bühnen⸗ bilder zu betrachten, so pulsiert doch darin echtes dramatisches Leben, das den Zuschauer fesselt und in den Bann des Dichters zwingt. Die Handlung läßt die bewegte Zeit der Reformation weieder erstehen, welche durch den berühmten Humanisten Ecasmus von Rotterdam gewissermaßen geistig eingeleitet und vor⸗ bereitet wurde, einen Mann, der zwar in Wort und Schrift viel für die gute Sache wirkte, aber schließlich zur That zu schwach, durch den größeren und energischeren Luther abgelöst wurde, welcher den neuen Gedanken zum Siege verhalf. Der Held des Schauspiels ist Ulrich von Hutten, der ritterliche Held und Dichter der Reformation, welcher in Erasmus den Befreier von der geistigen Kaechtschaft erblickt, den er zu der sein begonnenes Werk krönenden That begeistern möchte. Aber Erasmus, der Stubengelehrte, entspricht nicht dem Ivpealbilde, das Hutten sich von ihm erträumt hatte. Er bleibt kahl und bedächtig und nimmt den Geistern gegenüber, die er selbst heraufbeschworen hat, eine fast feindselige Haltung ein. Hutten verläßt ihn, um zu Luther’'s Fahne überzugehen, und ihm folgt Maria, des Erasmus eigene Tochter, welche zuerst mit Widerstreben, dann aber mit wach⸗ sender Begeisterung die Partei Hutten’'s ergriffen hat, den sie ab⸗ göttisch lieben lernt. Mit ihm theilt sie Entbehrungen und Elend, um nur noch einmal, und zwar als Bettlerin in das Haus ihres Vaters nach Basel urückzukehren, um seine Fürsprache für den inzwischen in Acht und Bann erklärten Hutten zu erbitten. Als aber Erasmus ihren Wunsch verweigert und auch mittlerweile die Kunde von Hutten's Tode eintrifft, verläßt Maria ihren Vater auf Nimmerwiedersehen und zein alter Mann bleibt einsam in der alten Welt’. Es ist dem Dichter gelungen, in diesen geschichtlich wahren, wenn auch chronologisch mit erlaubter Freiheit behandelten Vorgängen ein ungemein lebensvolles und packendes Bild aus bewegter Zeit zu ent⸗ rollen, und er fand bei der künstlerisch seinen Intentionen folgenden Regie und den Darstellern des Königlichen Schauspielhauses Verbündete, die der Schöpfung den verdienten Erfolg verschafften. Herr Pohl hatte sich in daz komplizierte Wesen des Erasmus vertieft und zeichnete denselben in seiner bekannten, scharf und klar charakterisierenden Art. Der feurige, impulsive Hutten wurde nicht minder vortrefflich durch serrn Matkowsky wiedergegeben, dessen Temperament nur an einigen Stellen über das gebotene Maß hinausnürmte. Die ebenfalls recht schwierige Rolle der Maria war in den Händen Fräulein Poppe's, welche die sich allmählich in ihr vollziehende Wandlung von einer leidenschaftlichen Gegnerin zu einer glühenden Verehrerin Hutten’s glaubhaft zum Ausdruck brachte. Treffliche Leistungen boten ferner die Damen von Mayburg und von Aecnauld, die Herren Kraußneck, Nesper, Molenar, Boettcher und Andere. Für den Dichter, welcher durch Krankheit verhindert war, der Erstauf⸗ führung seines Werks beizuwohnen, dankte nach dem mit stürmischem Beifall aufgenommenen dritten Akt der Ober⸗Regisseur Grube, indem er gleichzeitig mittheilte, daß der General⸗Intendant Graf von Hoch⸗ berg für diesen Abend das Hervorrufverbot aufhebe und den Künstlern gestatte, sich im Namen des Dichters, dessen Werk sie verkörperten, vor dem Publikum zu verneigen.* Berliner Theater. er Sonnabend brachte die erstmalige Aufführung von „Frei⸗ licht“, Schauspiel in vier Akten von Georg Reicke. Der Ver⸗ fasser greift mitten in das heutige Leben hinein und bringt die oft so traurigen Schicksale des modernen Weibes zur Darstellung. Er zeigt eine Tochter aus gesellschaftlich hochgestelltem Hause, die sich selbst bethätigen, sich selbst ausleben will, aber, mit herge⸗ brachten Anschauungen und Ueberlieferungen im Kampfe liegend, nicht die Kraft hat, vollständig aus eigenem Talent, eigener Erkenntniß und durch den Bruch mit allen ererbten und anerzogenen Vor⸗ urtheilen glücklich zu werden. Georg Reicke ist ein ausgezeichneter Beobachter des Ringens und Strebens der modernen Frauenseele, der schweren Kämpfe, die sie erschüttern, und all des Mißver⸗ ständnisses und bisweilen auch des bös willigen Nichtverstehen⸗ wollens, gegen das sie einen oft ohnmächtigen Kampf zu führen hat. Den Stoff zu seiner Schilderung entnimmt er dem Malerleben und zeigt uns eine Künstlerehe, in der beide Theile trotz hoher Begabung im Kampf um das Dasein zu Grunde gehen. Der erste Akt schildert die freie, von hoffnungsvollem Streben erfüllte Studienzeit der angehenden Künstlerin in München, der zweite und dritte führt in das Elternhaus der jungen Dame, in dem die beengende Atmosphäre eines nur auf äußere, gesellschaftliche Nichtiskeiten gerichteten Lebens herrscht; der vierte zeigt die Leiden einer ohne wirthschaftlich⸗solide Grundlage gegründeten Künstlerehe Die drei ersten Akte bringen ausgezeichnete, mit scharfer Charakteristik umrissene ee , säreses und Scenen, die zum theil eines frischen umors und einer feinen Satire nicht entbehren. Mit der in Schmerz und Zorn das vbäterliche Haus verlassenden Tochter hätte aber der Verfasser sein Schausviel schließen und es der Phantasie des Zuschauers über⸗ lassen sollen, sich die etwaigen Schicksale der werdenden Künstlerin⸗ selbst auszumalen, denen im vierten Akt eine greifbare bestimmte Gestalt zu geben versucht wird. Dieser Schluß des Auseinandergehens der beiden Künstlersgatten brachte keine Lösung und ließ auch keinen späteren befriedig den Ausgang erhoffen. D e Darstell ib