1900 / 69 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Qualität

gering

mittel

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Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

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niedrigster

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höchster niedrigster

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13,20 12,20 14,40 11,70

lzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der

3 Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein unkt (.

13,70 14,60

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Noch: Roggen. 13,30

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14,80 14,50 15,50 14,20 16,00 15,67 13,50 15900 14,50 14,13 16,15 14,50 14,70 15,22 15,20 15,75

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Durchs 5. sechs Spalten, daß entsprechend

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nittspreis wird aus den Fabgeeenees Zahlen berechnat

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Dentscher Reichstag. 170. Sitzung vom 17. März 1900, 11 Uhr.

Tagesordnung steht die Fortsetzung der dritten

Jufn derdes gGesetzentwurfs, betreffend Aende⸗ 9 en und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs.

runsseber den Anfang der Sitzung wurde am Sonnabend

berichtet. Uhr wird die Oeffentlichkeit der Verhandlung wieder

8 6 Vorsitz führt der Zweite Vize⸗Präsident idt. Der Bundesrathstisch bleibt leer.

ur Verhandlung kommt der neu eingebrachte Antrag des

eine (Soz.), dem § 360, 11 Strafgesetzbuch folgenden

Zusat zu geben: Diese Bestimmung des Groben⸗Unfug⸗Paragraphen sindet keine Anwendung auf Erzeugnisse der bildenden und reproduzierenden Künste

und der Presse. Abg. Stadthagen begiant, lleert, diese Anträge zu begründen, zue 18 8 rechts: „Lauter!“ unterbrochen. Die Ausführungen des Redners vnden anfänglich auf der Tribüne nicht verstanden. Er sucht dar⸗ ulegen die Mißgriffe, welche mit dem Groben⸗Unfug⸗ paragrapben bisher schon gemacht worden seien, noch weitere Auswüchse zeitigen würden, wenn auch noch die dehnbaren Bestimmungen der „lex Heinze“ für den Richter maßgebend werden sollten. Die Rechtsprechung sei schon dahin gekommen, daß jemand aus diesem Paragraphen bestraft werde, der nichts als die Wahrheit sage Solchen Anschauungen gegenüber, welche dem gesunden Menschenverstand Hohn sprächen, müsse der Gesetzgeber sich verpflichtet fühlen, bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit ein Ende zu machen, und diese Gelegenheit sei an dieser Stelle gegeben. Die große Mehrheit für das Gesetz sei doch auch dafür, der Preß⸗ freiheit ihr Recht zu wahren, beziehungsweise wieder zu verschaffen, und selbst der Herr Staatssekretär Nieberding habe die dring⸗ liche Reformbedürftigkeit des Groben⸗Unfug⸗Paragraphen zugegeben. Es gebe ja so viele Paragraphen des Strafgesetzzuchs, an denen alle Augenblicke herumgemodelt werde; hier aber liege ein Anlaß vor, Auswüchse, die von der gesammten Nation als solche empfunden werden, endlich auszurotten. Nach der Entstehung des Paragraphen sei seine Anwendung auf die Presse einfach ein Nonsens, dennoch habe die Praxis dahin geführt, daß gerade die Presse unter diesem Paragraphen für vogelfrei erklärt worden sei. Man gehe einer Rechtsprechung entgegen, die absolut nicht mehr Gewähr dafür biete, daß die Wahrnehmung der Arbeiterinteressen auf dem Wege der Presse noch möglich bleibe, weil die Aufdeckung von öffent⸗ lichen Schäden durch; die Presse auf dem von der polizeilichen und strafgerichtlichen Praxis betretenen Wege mehr und mehr ver⸗ bindert werde. Man möge durch die Annahme des Paragraphen die Schäden, die die lex Heinze“ dem deutschen Volke bringen werde, wenigstens ein klein wenig abzumildern suchen, man befreie den Richter von der bösen Aufgabe, daß er nochmals den Groben⸗Unfug⸗ Paragraphen daraufhin prüfe, ob Erzeugnisse, der Künste und der Hresse, die schon den Stempel der „lex Heinze“ erhalten hätten, auch noch unter den Groben⸗Unfug⸗Paragraphen fallen.

Abg. Beckh⸗Coburg (fr. Volksp.): Ich ergreife aus besonderen Gründen auch zu diesem Antrage das Wort. Unsere Partei hat schon früber einen Antrag dem Reichstage vorgelegt, welcher ebenfalls den allgemeinen Begriff des 1groben Unfugs so definieren wollte, wie es dem gesunden Menschenverstand entspricht, um den Richtern einiger⸗ maßen zu Hilfe zu kommen. Da § 360, 11 die Begriffe „ungebühr⸗ lichn Lärme in „groben Unfug“ zusammenstellt und sie pari assu beurtheilt wissen will, so ergiebt sich schon daraus, daß die Sne, namentlich in Norddeutschland bevorzugte Praxis nicht der ratio legis entsprechen kann. In Süddeutschland war man ja weniger schroff in diesem Punkte vorgegangen, weil wir in Süddeutschland immer noch Geschworenengerichte haben, welche auch über die Preßvergehen abzurtheilen haben; aber auch dort sind Urtheile ergangen, welche sich der norddeutschen Praxis be⸗ denklich genähert haben, nachdem das Reichegericht einer solchen aus⸗ dehnenden Interpretation rücksichtlich der Verfolgung von Preß⸗ erzeugnissen die Wege geebnet hatte. Die öffentliche Meinung ist der endlosen Trakasserien, welche die Presse sich durch diese erweiterte Auslegung des Begriffs des Groben⸗Unfug⸗Paragraphen gefallen lassen muß, ebenso müde wie die Presse selbst. Nehmen Sie also wenigstens diesen Theil des sozialdemokratischen Antrags an. Sie werden damit selbst innerhalb der „lex Heinze“ ein gutes Werk schaffen.

Abg. Prinz Alexander zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst sb. k. F.): Ich werde gegen den Antreg stimmen. Ich halte es nicht für richtig, gewissermassen durch eine Hinterthür dem § 360, 11 des Strafgesetzbuchs zu Leibe zu geher. Ich möchte demselben auch schon deshalb entgegentreten, weil ich darin nichts Anderes sehe, als ein weiteres Glied, in der Kette der Versuche von seiten der Sozialdemokratie, Kreise für sich zu gewinnen, die ihr bisher fremd gewesen sind. Daß solche Versuche jetzt mehr als früher Aussicht auf Erfolg haben, muß ich zu meinem Bedauern lonstatieren. Jeder, der die von seinem Standpunkt meisterhafte Rede des Abg von Vollmar gehört hat, kann keinen Zweifel drrüber haben, daß die Sozialdemokratie mit offenen Armen darauf wartet, diese Kreise, die bisber nicht zu ihr gehörten, liebevoll aufzu⸗ nehmen. Freilich bin ich fest davon überzeugt, daß, wenn einmal der sozialdemokratische Zukunftsstaat der Herren Bebel und von Vollmar zur Wirklichkeit werden sollte, nicht nur die Künstler, sondern auch die Kunst schlechte Geschäfte machen werden. Aber die Idealistenkreise, von denen ich spreche, werden varüber durch die rauhe Erfahrung klug werden und ihre Illusionen eist verlieren, wenn es zu spät ist. Deswegen meine ich, wir sollten nicht in den Fehler einer benachbarten Nation verfallen, wo fast stsammten intellektuellen Kreise bei ihrem Kampfe Aufklärung einer dunkeln Angelegenheit schließlich gezwungen wurden, ihre Bundesgenossen aus den Reihen der Sozialisten un entnehmen. Ich bin mit der gespanntesten Aufmerksamkeit den Ausführungen sowohl von seiten als vos seiten der Freunde der Vorlage im Hause gefolgt. Ich ver⸗ mag aber bis jetzt als den einzigen voraussichtlichen positiven Erfolg des Entwurfs nur den zu erkennen, daß durch die Annahme desselben weite Kreise, welche bisher nur ihren idealen Interessen gelebt haben, der Politik, und nicht nur der Politik der Sozialdemokratie zuge⸗

rt werden. Deswegen werde ich nicht nur gegen den Antrag, der uns augenblich beschäftigt, sondern zu meinem Bedauern auch gegen den Gesetzentwurf stimmen.

b Abg. Dr. Schönlank (Soy.): Gerade die Soꝛztaldemokratie ist Uin Zuflucht für alle durch dieses Gesetz bedrohten Kunst⸗ und Kultur⸗ n eressen. Die Politik der „lex Heinze“ spricht sich am deutlichsten n dem mit Behagen in der Zentrumspresse variierten Verse ang:

während der Saal sich ziemlich zuerst von wiederholten Zurufen

88

Seit wann darf man den Sauen Nicht auf den Rüssel hauen, Wenn sie durch lautes Grunzen Das am Die Poesie verhunzen? 2 gilt in diesen Kreisen von der Poesie und von der Kunst über⸗ Rer .Dem gegenüber kann man immer nur wiederholen: Dem . ist Alles rein, dem Schwein ist Alles Schwein. Die Herren hanh Fentrum sind Epigonen eigener Art; sie vergessen ganz, daß die baalische Kirche stets zur Kunst freundlich gestanden hat, daß die dte die freundlichsten Beziehungen hatten zu Petrarca, dem der „Laura“, zu Boccaccio, zu Aretino. In dem be⸗ Stelten Stücke von Dreyer „In Behandlung“ findet sich eine daß e, wo die Absicht einer Heirath damit begründet wird, 87 kein Organ verkümmern lassen dürfe. Diese Stelle ist von Zent esorgten Zensor in München gestrichen worden. Jetzt will das den die Kunst unter Pollkzelaufficht stellen. Dabei klagt Freiherr Kennt ertling selbst in einer Broschüre über die vielfach ungenügende Die biñß von Kunst und Wissenschaft in den katholischen Kreisen. eutigen Auseinandersetzungen werden in die weitesten Kreise des

Öum die

des Bundesrathötisches. für 1900 wird bei dem Etat der Staatsschulden⸗Verwaltung

Volks eindringen und dieses Gesetz, den Ausfluß der Tartufferie, ein Gesetz zum Schutz perverser Empfindungen, den Weg gehen beißen, auf den es gehört, den Weg zum Teufel!

Aoög. Richter (fr. Volksp.): Die Meinung des Prinzen Hohen⸗ lohbe, daß der Antrag Heine nur den Zweck habe, durch eine Hinter⸗ thür den Groben⸗Unfug⸗Paragraphen zu beseitigen, ist nicht richtig, sondern der Antrag bezweckt, der Nummer 11 des § 360 St.⸗G.⸗B. eine einschränkende Bedeutung zu geben. Bei fast allen Parteien hat sich die ernste Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß die richterliche Praxis in der Auslegung dieses Paragraphen weit hinaus⸗ Pde über den Rahmen des Gesetzes. Die Absicht des

esetzgebers war, zu verhindern, daß jemand durch Erregung von Lärm oder ähnlichen in die Sinne fallenden Handlungen die öffentliche Ruhe störe. Die Gerichtspraxis aber hat daraus einen Paragraphen gemacht, den man im Strafrecht anwendet, wo man sonst keinen Paragraphen findet. Insbesondere ist der Paragraph mißbräuchlich gegenüber der Presse und auch der Kunst angewendet worden. Schon vor Jahren haben wir Initiativanträge gestellt, diesen Para⸗ graphen zu beschränken, und in der Session 1897/98 stellten die Abgg. Munckel, Beckh und Lenzmann Anträge, dem § 360 eine andere Fassung zu geben. Der Antrag Heine erreicht ungefähr dasselbe, indem er negativ die bisherige Definition dieses Paragraphen beschränkt. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. Dieser Antrag befindet sich auch vollständig im Rahmen der Vorlage, welche „Aenderungen im Strafgesetzbuch“ betitelt ist. Es war ein grober taktischer Fehler von uns, daß wir nicht von vornherein in weiterem Maße solche Aenderungen beantragten; der Fehler ist theilweise begangen, kann aber bei den folgenden Paragraphen zum theil noch gut gemacht werden. Prinz Hohenlohe sieht die einzige Wirkung der Vorlage darin, daß sie Kreise an die Sozialdemokratie heranziehe, die ihr bisher fernstanden. Aber in dem Maße, wie sie sich selbst der Opposition der Sozialdemskratie an⸗ schließen, werden sie diese von Ihnen befürchtete Erscheinung ver⸗ hindern. Wir würden unserer ganzen Vergangenheit ins Gesicht schlagen, wenn wir nicht solchen Polizeiparagraphen bis zuletzt den entschiedensten Widerstand entgegenstellten. Die Mehrheit kann dieses Gesetz verabschieden, aber wir müssen verlangen, daß sie präsent bleibt und für sich eine beschlußfähige Zahl von Mitgliedern im Hause stellt. Bröckelt die Mehrheit ab, dann wird ja für einige Zeit bis nach Ostern der Gegenstand verschwinden; dann aber ist außerhalb des Hauses reiche Gelegenheit gegeben, sich noch mehr mit der Materie zu beschäftigen; es kann für alle Seiten des Hauses nur erwünscht sein, daß dem Volke zum Bewußtsein kommt, um was es sich bei diesem Gesetze handelt. .

Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungsrath im Reichs⸗Justizamt von Lenthe: Namens der verbündeten Regierungen bitte ich um Ablehnung dieses Vorschlags, weil er mit den sittlichen Schäden, zu deren Abhilfe das Gesetz bestimmt ist, nicht im Zusammenhang steht. Wenn man von dem Standpunkt der Antragsteller ausgeht, würde es sich nicht allein um diesen Paragraphen handeln können, sondern es müßten dann noch weitere Bestimmungen einer Aenderung unterogen werden. So wie die Bestimmung vor⸗ geschlagen ist, kann sie überhaupt nicht in das Gesitz auf⸗ genommen werden; der Zusammenhang wäre schon sprachlich nicht zu rechtfertigen. Aber auch über das hervorgetretene Bedürfniß einer Einschränkung der bisberigen Praxis bei der Ausübung des Para⸗ graphen geht der beantragte Wortlaut hinaus. Im übrigen erkläre ich, daß ich allerdings auch der Meinung bin, daß diese gesetzlichen Bestimmungen in der Praxis eine zu weitgehende Auslegung erfahren haben. Ich freue mich, daß Abg. Prinz Hohenlohe derselben Ansicht Ausdruck gegeben hat; bedauern muß ich allerdings, daß der Abg. Prinz Hohenlohe von dem Urtheil der verbündeten Regierungen in ier Anschauung über die Wirkungen des Gesetzes entschieden ab⸗ weicht.

Damit schließt die Diskussion und es erfolgt die nament⸗ liche Abstimmung über den Antrag Heine.

Die Linke und die Sozialdemokraten verlassen den Saal. Die Abgg. Richter, Singer und Gaulke bleiben zurück.

Das Ergebniß der Abstimmung ist, daß 170 Mitglieder gegen, 2 für den Antrag gestimmt haben; es sind also nur 172 Mitglieder anwesend. Das Haus ist mithin nicht be⸗ schlußfähig und die Verhandlungen müssen abgebrochen werden.

Präsident Graf von Ballestrem: Ehe ich Tag und Stunde der nächsten Sitzung festsetze, möchte ich vor dem Hause und vor dem Lande konstatieren, daß dieselben Herren, 50 an der Zahl, bis auf 1, die die namentliche Abstimmung beantragt haben, kurz vor derselben das Haus demonstrativ verlassen haben. (Stürmische Pfui⸗Rufe rechts und im Zentrum. Abg. Richter ruft mehrmals: Unser gutez Recht!) Ich habe nur konstatiert, was geschehen ist (Erneute lärmende Kundgebung, Rufe: Und wir auch!) Wenn Sie sich nicht ruhig ver⸗ halten, werde ich diesen Platz verlassen, ohne Tag und Stunde der nächsten Sitzung mitgetheilt zu haben. (Der Lärm auf beiden Seiten wiederholt sich. Einige Mitglieder der sozialdemokratischen Partei, u. a. Abg. Bebel, bemühen sich, die Linke zu beruhigen.) Herr Abg. Frohme, verhalten ie sich ruhig! Ich setze die nächste Sitzung fest auf Montag, den 19. März, 1 Uhr. Ehe ich die Tagesordnung verkünde, möchte ich aber vor dem Hause und vor dem Lande erklären, daß ich diese Tagesordnung nur festsetze, weil es die erste Pflicht des Reichstages ist, den Etat vor dem 1. April fertigzustellen, und das nicht möglich ist, wenn ich den Gegenstand, der uns jetzt viele Tage lang beschäftigt hat, noch weiter auf der Tagesordnung beließe. Dies ist der einzige Grund, weshalb ich das

nicht thue. b Schluß nach 5 Uhr. Nächste Montag, 19. März, ung.)

Fortsetzung der Etatsbera 88 8 1“

1“

49. Sitzung vom 17. März 1900, 11 Uhr. Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats

fortgesetzt. Für Schatzanweisungen ist eine Ausgabe von 1 Million Mark eingestellt, das sind 900 000 mehr als im Vorjahre.

Abg. Dr. Sattler (nl.) fragt an, in welchem Umfange im laufenden Etatsjahre Schatzanweisungen ausgegeben seien. Aus der Höhe dieses Titels sei zu eninehmen, daß die Regierung eine besonders Bohe Ausgabe von Schatzanweisungen erwarte, vielleicht um eine An⸗ leihe binauszuschieben. Der Redner fragt ferner, ob die Regierung ein solches Gesetz, wie die Reichsschulden⸗Ordnung, einbringen wolle.

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich beginne mit der Beantwortung der Fragen des Herrn Abg. Dr. Sattler. Wenn ich recht verstanden habe, so fragte er an, warum wir in diesem Etat die Summen der Schatz⸗ anweisungen erhöht haben. Darauf kann ich ganz einfach antworten: weil die ganze Lage des Geldmarktes so beschaffen ist, daß der Finanz⸗ Minister dringend wünschen muß, freier über den Zeitpunkt der Be⸗ gebung einer wirklichen Anleihe zu disponieren. Bei der heutigen Lage der Dinge empfindet man das dringende Bedürfniß, weil man garnicht die Entwickelung übersehen kann, und es ist daher sehr wünschenswerth, daß wir freier sind in der Bestimmung des Zeitpunktes, zu welchem man eine wirkliche Anleihe emittiert. Wenn die Schatzanweisungen, die ich

Anleihe auszugeben.

werden sollten, so ist es um so besser; aber man kann das jetzt nicht genau übersehen. Die Frage, ob und in welcher Höhe Schatzanweisungen etatisiert würden, ist auch in der Regel hier im Landtage sehr ent⸗ gegenkommend behandelt worden. Das liegt auch in der Natur der Sache, weil niemand sicher die Höhe der Schatzanweisungen, die man gebraucht, vorhersehen kann. Herr Abg. Sattler hat ja auch nicht eine Aenderung des Etats selbst gewünscht. (Sehr richtig!)

Nun kommt die Schuldenordnung. Meine Herren, wir haben in Preußen dafür kein Bedürfniß bisher empfunden; die Frage, wie mit den Anleihen verfahren wird, ist doch in Preußen so sehr durch Einzelgesetze, durch die Praxis und durch die Bestimmungen, die in den einzelnen Anleihegesetzen vorhanden sind, geordnet, daß wir ein Weiteres nicht brauchen; ich glaube auch kaum, daß das Abgeordnetenhaus ein solches Bedürfniß einer Kodifikation aller der einzelnen Bestimmungen bei den Anleihen seinerseits empfunden hat. Wir haben also nicht die Absicht, in dieser Beziehung dem Vorgang des Reiches zur Zeit zu folgen.

Meine Herren, nun hat Herr Abg. v. Strombeck an mich mehrere Fragen gerichtet, von denen ich ihm schon im voraus privatim gesagt habe, daß ich sie im Interesse des Staates hier nicht beantworten kann. Ich halte es nicht für gerathen, daß ich hier eine Aufklärung darüber gebe, was etwa vielleicht nach einer Reihe von Monaten rationell ist zu thun, eine dreiprozentige oder eine dreieinhalbprozentige Ich möchte das doch vorläufig für mich be⸗ halten (Heiterkeit), und ich kann es auch selbst noch heute nicht wissen. (Sehr richtig!)

Wenn der Herr Abg. v. Strombeck sich beklagt hat über die Ver⸗ luste, welche das Publikum an den preußischen Anleihen in der letzten Zeit erlitten hat, namentlich an den dreiprozentigen Anleihen, so mache ich ihn darauf aufmerksam, daß diese Verluste bei den Rentpapieren aller deutschen Staaten in gleichmäßiger Weise eingetreten sind (sehr richtig!), ja, daß heute die dreiprozentigen Anleihen verhältnißmäßig noch höher stehen als die dreieinhalbprozentigen. (Sehr richtig!)

Dann kommt aber zweitens hinzu, daß wir diese dreiprozentigen Anleihen zuerst ausgegeben haben, wenn ich nicht irre, mit 84 und 86, und daß an ihnen noch das Publikum so bedeutend bis auf den heutigen Tag gewonnen hat, daß sie diese billig ausgegebenen Papiere zur Zeit nahezu pari hätten verkaufen können. Es kommt aber bei den preußischen Staatspapieren bei der Berechnung des Verlustes des Publikums wesentlich auch in Betracht, daß diese Papiere meist von solchen Personen oder Korporationen, Stiftungen u. s. w. erworben werden, welche gar nicht die Absicht haben, sie wieder zu verkaufen. Diese Papiere liegen dann dauernd in den festen Schränken, und der Kursverlust und die Kursdifferenz bedeutet dann noch garnicht einen effektiven Verlust. Wir werden wohl hoffen dürfen, daß, wenn die heutige Hausse in der Industrie mal nachgelassen hat, unsere Papiere wieder erheblich steigen werden, und dann wird überhaupt gar kein Verlust für die betreffenden Besitzer eingetreten sein. Hindern kann man das aber nicht. Meine Herren, wenn Sie mir den Auftrag gäben, ich solle bei der Emission dieser Papiere darauf achten, daß die Zeichner unter allen Umständen gewinnen, wenn mir z. B. ein großes Banquierhaus eine Anleihe zu 92 abzunehmen geneigt ist, und ich sage: nein, du sollst sie, damit das Publikum sicher auf Gewinn rechnen kann, viel billiger übernehmen, so wäre das ein Vorgehen, welches doch zu sehr bedenklichen Konsequenzen führen würde.

Meine Herren, ich komme nun auf die andere Frage, die ebenso schwer zu beantworten ist, die ich aber noch keineswegs bestimmt mit Nein beantworten will: ob es gerathen ist, zu dem früheren System der pertragsmäßigen Amortisation zurückzukehren. Früher verhielt sich die Sache so: früher hatten wir in den Anleihebedingungen selbst einen bestimmten Amortisationsbetrag, den man auch nicht ändern konnte, weil er eben vertragsmäßig den Erwerbern der Obligationen zustand. Es hatte eine Zeit gegeben, in welcher die Finanzlage sich so gestaltet hatte, daß man amortisieren mußte und für die Amorti⸗ sation Anleihen aufzunehmen genöthigt war, und zwar Anleihen zu theureren Preisen, als die Anleihe selbst bedingten, und da kam man auf den Gedanken der Staat war im Defizit diese vertragsmäßige Amortisation aufzugeben, weil man sich sagte: es ist doch ganz irrationell, daß wir die hohen Amortisationsbeträge zu sehr schlechten, theuren Bedingungen mittels Anleihe erwerben müssen und so mit Verlust amortisieren. Ob dieses Vorgehen richtig war, ob es nicht unsere Schuldentilgung sehr in Frage gestellt hat, ob nicht unsere Schulden heute niedriger wären, wenn wir das frühere System beibehalten hätten, will ich hier garnicht erörtern. Ich glaube nicht, daß, wenn ich damals Minister gewesen wäre, ich zu einer solchen Maßregel übergegangen wäre; aber die Frage, ob man sie wieder einführt, ist jedenfalls eine ganz andere, und eine bestimmte Meinung darüber, weil das Vorgehen auch sehr bedingt ist durch die Lage der Staats⸗ finanzen und andererseits durch den Geldmarkt, möchte ich zur Zeit nicht aussprechen.

Meine Herren, der Herr Abg. von Zedlitz ist wieder auf seine Frage aus der Generaldebatte zurückgekommen, ob es gerathener sei, die extraordinären Ausgabebeträge, wie das jetzt üblich ist, reichlich zu bemessen, sodaß wahrscheinlich die Beträge in dem betreffenden Etats⸗ jahr nicht voll zur Verausgabung kommen, oder ob es gerathener sei, die Beträge genau nach dem Bedarf des betreffenden Jahres zu be⸗ messen und dann die in einem guten Jahre sich ergebenden Etats⸗ überschüsse direkt zur Schuldentilgung zu bestimmen wenn ich ihn recht verstanden habe, ist das wohl die Frage. Meine Herren, in dieser Beziehung bin ich sehr skeptisch. Wir sehen ja jetzt schon, nachdem wir eben ein Gesetz gemacht haben, durch welches die Ueber⸗ schüsse der Rechnung zur Schuldentilgung gesetzlich verwandt werden müssen, daß heute ein Antrag vorliegt, der dies System wieder auf⸗ heben und, sobald ein Ueberschuß vorhanden ist, dafür auch eine zweck⸗ mäßige Verwendung gefunden wissen will. Glauben Sie nicht selbst und ich halte dies für den Hauptfehler, den man in der eben berührten Zeit unter dem Ministerium Camphausen gemacht hat —, glauben Sie nicht selbst, daß, wenn Sie Ueberschüsse im Etat etatisieren, die allgemeine Neigung dahin vorhanden sein wird, diese Ueberschüsse zu anderen Zwecken als zur Schuldentilgung zu verwenden? (Sehr richtig! rechts.) Ich werde Ihnen bei Gelegenheit des Antrages von Eynern darlegen, daß wir, wie er sich ausdrückt, keineswegs in einer „Ueberschußwirthschaft“ uns befinden, wenn man die Gesammtlage unserer Staatsfinanzen betrachtet, namentlich auch in der Schuldentilgung den in guten finanziellen Verhältnissen befindlichen Staaten, wie Frankreich und England, noch heute nicht gleich kommen. Aber jedenfalls glaube ich, daß, wenn wir so fortführen, wie der Herr

übrigens sehr scheue und nur im äußersten Nothfalle ausgebe, erspart

Abg. von Zedlitz das sich vorstellt, dann die Gefahr, daß die Schulden⸗