1900 / 99 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Apr 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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ärztlichen Vertretungen allgemein bekannt geworden, jedermann hat si über die Materie dieses Gesetzentwurfs und seine einzelnen Be⸗ stimmungen, die zum großen Theil schon in dem früheren Gesetz ent⸗ halten waren, ein ausreichendes Urtheil bilden können, und es ist auch von allen Herren Rednern anerkannt worden, daß sie trotz aller ihrer Befürchtungen dem Gesetzentwurf wohlwollend gegenüberstehen und seine Verabschiedung grundsätzlich wünschen. Ich sehe unter diesen Verhältnissen in der That nicht ein, warum es nicht möglich sein sollte, eine Materie, die so eingehend Gegenstand der öffentlichen Er⸗ örterung gewesen und die bere ts zwelmal Gegenstand der Verhand⸗ lungen in diesem hohen Hause gewesen ist, noch zur Verabschiedung zu bringen. Freilich muß man sih dabei eine gewisse Zurückhaltung auferlegen. Man muß dem Wege folgen, den die verbündeten Regierungen eingeschlagen haben, nicht den Rahmen zu weit zu spannen, sondern sich auf die besonders wichtigen Gesichtspunkte zu beschränken, die in dem Gesetzentwurf behandelt werden. Es ist gewiß richtig, es wäre besser gewesen, wenn der Gesetzentwurf wesentlich früher vorgelegt worden wäre. Wenn das nicht geschehen ist, so trifft hierfür das Reichsamt des Innern nicht die Verantwortung. Der Gesetzentwurf hat außerordentlich lange im Bundesrath gelegen, und ꝛwar mit Recht, weil die einzelnen Regierungen ihrerseits zum theil erst ihre ärztlichen Vertretungen gehört und sich diese Vertretungen eingehend mit dem Gesetzeatwurf beschäftigt haben, ehe sie ihr Uetbeil abgaben und so die Regierungen selbst in den Stand setzten, ihrerseits Stellung zu dem Entwurf zu nehmen. Ein zwingender Grund meines Erachtens aber, hier endlich einmal schnell etwas zu stande zu bringen, liegt einerseits in den unzweifelhaft ungenügenden gesetzlichen Bestimmungen, welche gegenüber der Cholera und der, wie es scheint, uns näber rückenden Pest bestehen, und zweitens in der Judikatur des Reichs⸗ gerichts, welches entschieden hat, daß die preußische Verordnung vom Jahre 1835 Gesetzeskraft hat und daß Polizeiverordnungen, welche über diese Verordnung hinausgehen oder diese Ver⸗ ordnung modistzieren, ungesetzlich sind. Darin lag für Preußen ein Zwang, darauf zu dringen, daß möglichst bald diese gesetz⸗ liche Lücke ausgefüllt würde. Die preußische Regierung stand bier⸗ nach vor der Frage: soll sie ihrerseits ein Landesgesetz machen, oder soll die Sache durch Reichsgesetz geregelt werden? Ich glaube, das ganze Haus wird mit mir darin einverstanden sein, daß es der einzig richtige Weg war, den Weg der Reichsgesetzgebung zu beschreiten. Ein Reichsgesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten ist meines Erachtens das Korrelat der allgemeinen Frei⸗ zügigkeit, denn di⸗ gemeingefährlichen Krankheiten machen innerhalb des Reichs jedenfalls den weitesten Gebrauch von der Freizügigkeit und können deshalb auch nur auf einheitlichen reichsgesetzlichen Grund⸗ lagen wirksam bekämpft werden.

Einzelne der Herren Abgeordneten haben gegen einzelne Be⸗ stimmungen des Gesetzes Bedenken geltend gemacht, insbesondere auch gegen die Bestimmungen, welche sich auf die Anzeigepflicht erstrecken. Ich muß, ehe ich hierauf näher eingehe, eine allgemeine Bemerkung machen. Wenn eine groß⸗ Seuche, wie z. B. die Choslera, in unser Vaterland einbricht, so treten Zustände din, die ich fast als Kriegs⸗ zustände betrachten möchte. Da darf man nicht zu zaghaft sein, da heißt es: schnell und energisch zugreifen, und diesem großen Zweck, das Kostbarste, was wir besitzen, das Leben unseres Neben⸗ menschen erfolgreich zu schützen, muß jeder Einzelne Opfer bringen.

Wenn bemängelt ist, daß der Haushaltungsvorstand auf Grund des Gesetzes die Verpflichtung zur Anzeige hat, so frage ich: wer soll denn sonst eigentlich die Anzeige machen? Wer soll die Anzeige er⸗ statten, wenn ein Arzt nicht zugezogen wird? Wie soll, wenn man allgemein die Kronkenfürsorge in solchen Fällen auf die Gemeinde übernehmen wollte, der Gemeindevorstand vom Eintritt einer Krank⸗ heit in vielen Fällen überhaupt Kenntniß erhalten denken Sie 3. B. an weitzerstreut gebaute Döͤrfer in manchen Gegenden —, wenn nicht dem Haushaltungsvorstand subsidiär die Verpflichtung obliegt, von derartigen Krankheiten und verdächtigen Krankheitserscheinungen in seinem Hause amtliche Meldung zu machen? Ich glaube das, was man gegenüber dem lieben Vieh als gesetzlich nothwendig an⸗ erkannt hat, wird man wohl gegenüber dem Menschen auch als billig anerkennen.*

Es ist auch eingewendekt worden, der beamtete Arst wäre doch eine sehr bedenkliche Einrichtung; erstens würde er voraussichtlich in eine schiefe Stellung gegenüber dem Privatarzt kommen und zweitens eine weitgehende Machtvollkommenheit ausüben, die man ihm nicht anvertrauen könne. Zunächst sind bei Epidemiezeiten Aerzte eine sehr rare Menschenklasse; die Herren sind da außerordentlich beschäftigt, und die Privatärzte würden garnicht geneigt sein, jene amtlichen Obliegenheiten zu übernehmen, die versehen werden müssen. Außerdem hat sich ja der beamtete Arzt keineswegs in die Behandlung des Hausarztes zu mischen, sondern hat, während der Hausarzt die Behandlung des Kranken zu besorgen hat, nur zu veranlassen, was zum Allgemeinwohl nöthig ist, hat also ganz andere Obliegen⸗ heiten als der Privatarzt. Und dann bitte ich nicht zu vergessen,

daß der beamtete Arzt nicht endgültige Entscheidungen treffen kann, sondern nur vorläufige Anordnun gen! Aber bei der außerordentlich schnellen Uebertragbarkeit gewisser pandemischer Krankheiten ist die Hauptsache, den ersten Fall schnell festzustellen und sofort die nöthi⸗ gen Abschlußmaßregeln zu treffen. Wem es gelingt, den ersten Fall diagnostisch richtig zu ermitteln und sofort die richtigen Sicherheits⸗ maßregeln zu treffen, der kann unter Umständen das ganze Deutsche Reich vor der Ausbreitung einer gefährlichen Krankheit schützen. Deshalb muß der beamtete Arzt in der Lage sein, derartige Anord⸗

nungen sofort zu treffen, selbstverständlich vorbehaltlich der Zu⸗ stimmung der Polizeibehörde. Alle seine Anordnungen tragen also nur einen vorläufigen Charakter; die endgültige Entscheidung hat immer die Polizeibehörde und kann nur diese jene Zuständigkeit haben. Wenn es gelungen ist, die letzte Cholera⸗Epidemie in einigen Theilen Deut chlands, wo vereinzelte Fälle vorgekommen sind, so wirksam zu ekämpfen und auf wenige Fälle zu beschränken, so verdanken wir das ediglich dem schnellen energischen Einschreiten gegenüber den ersten Fällen. Haben wir aber in einem großen Theile Deutschlands, peliell in Preußen, nicht mehr die Möglichkeit, solche Machtbefugniß auszuüben gegerüber einer so gefährlichen Seuche wie die Cholera, weil die betreffenden Anordnungen nach der Verordnung von 1835 als nicht gesetzlich erkannt sind, so nimmt man damit in einem großen Theile Deutschlands den Behörden auch die Möglichkeit eines schnellen, wirksamen und deshalb unbedingt nothwendigen Einschreitens.

Man hat ferner gefragt: wer trägt die Kosten? Ich muß aller⸗

Bundesrath vorgelegt ist mit Zustimmung der Einzelstaaten, und

rregierungen erfordern würden, wenn man sie wirksam belämpfen

wenn in diesem Gesetz steht, daß die Kostenfrage durch die Einzel⸗ staaten zu regeln ist, daß sich dann kein Einzelstaat dieser Verpflichtung entziehen kann und alle Mühe anwenden wird, um diese Frage in einem befriedigenden Sinne zu regeln. So lange aber die Frage nicht geregelt ist, trägt eben derjenige die Kosten, der sie bisher getragen hat. Aber ich erkenne an, daß eine baldige Regelung dieser Frage nothwendig ist, und ich zweifle nicht daran, daß in den Einzel⸗ staaten eine solche Regelung auch zu stande kommen wird.

Meine Herren, es sind auch die Bestimmungen in Bezug auf die Regelung des Eisenbahnverkehrs bemängelt worden. Es ist ja ganz unzweifelhaft, daß die gesammten materiellen Bestimmungen dieses Gesetzes sich auch auf den Eisenbahnbetrieb bezieben; aber ebenso un⸗ zweifelhaft ist es, daß auf Eisenbahnen, wo die Polizei zum großen Theil von der Bahnverwaltung selbst geübt wird, auch der Vollzug dieser Vorschriften in der Hand der Bahnverwaltungen liegen muß. Wollte man den Vollzug der Bahnvorschriften in die Hand aller der einzelnen Polizeiverwaltungen legen, die längs der Bahnstrecke ihre Zuständigkeit haben, dann würde man den ganzen Bahnbetrieb aufs äußerste gefährden oder vielleicht ganz unterbrechen. Einen anderen, wie den im Gesetz eingeschlagenen Weg, kann man hiernach kaum wählen.

Es ist auch von einem der Herren Vorredner, der ja sonst dem Gesetzentwurf sehr wohlwollend gegenüberstand. die Frage gestellt worden: warum hat man nicht die Tuberkulose, warum nicht auch eine andere Krankheit, die er nannte, in dieses Gesetz einbezogen? Wir haben uns eben nur auf vandemische Krankheiten beschränkt, auf Krankheiten, die meistens vom Auslande eingeschleppt werden, und solche Krankheiten, wie die genannten, die leider, wie ich zugeben muß, in einem erschreckenden Umfange in Deutschland heimisch sind, vorläu fig nicht berücksichtigt und zwar aus dem sehr nahe liegenden Grunde, weil diese Krankheiten einen durchaus anderen Charakter tragen, weil sie nicht vom Auslande eingeschleppt sind, well sie leider seit lange bei uns heimisch sind, und weil sie vor allen Dingen großartige Ver⸗ waltungsmaßregeln und Einrichtungen seitens der einzelnen Landes⸗

wollte. Ich frage Sie auch, meine Herren: was würde es gegenüber diesen genannten Krankheiten, insbesondere gegenüber der Tuberkulose, für einen Werth haben, die Anzeigepflicht, die Ermittelung des Aus⸗ bruchs der Krankheit, die Fernhaltung der Kinder vom Schulbesuch, die Räumung von Wohnungen, die Einführung der Leichenschau, von Einfuhrverboten oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen und die Kontrole der Seeschiffe vorzuschreiben? Das sind alles Maßregeln, die gegenüber den beiden Krankheiten, die vorhin erwähnt wurden, für sich allein absolut nicht wirksam wären. Was nützt es, wenn man auch weiß, in dem und dem Hause oder in jener Familie ist ein Tuberkelfall, wenn man nicht eine Masse anderer Vorbedingungen er⸗ füllen kann, um den Schwindsuchtskranken aus seiner Behausung zu entfernen, so die Ansteckung zu verhindern, für sein anderweites ge⸗ sundes Unterkommen zu sorgen, ihn zu heilen und wieder erwerbs⸗ fähig zu machen oder dauernd in ein Asyl unterzubringen? Um die beiden hier genannten Krankheiten zu bekämpfen in einem wirksamen Maßstabe, bedarf es spezieller Gesetze; im Rahmen dieses Gesetzes wülde ich es für unmöglich halten, und ich möchte namentlich be⸗ züglich der Tuberkulose jetzt vorläufig von gesetzgeberischen Schritten abrathen.

Die freiwillige Bekämpfung der Tuberkulose in Deutschland ist doch schon eine recht großartige; in allen Theilen Deutschlands regt sich das Gefühl der Verantwortlichkeit, besonders in den besitzenden Kreisen, dem Uebel zu steuern. Die freie Liebesthätigkeit hat hier geradezu Wunder gethan; die besitzenden Klassen haben ein großes Interesse für die Frage bewiesen, haben sich außerordentlich opferwillig gezeigt, und ich hoffe deshalb auch, daß auf dem Wezge ber freien Liebesthätigkeit der Kampf gegen die Tuberkulose wirksam aufgenommen ist und zu einem siegreichen Erfolge führen wird.

Ein Grund, warum wir Ihnen erst jetzt das Gesetz vorgelegt haben, war übrigens auch der, daß wir bekanntlich Sachverständige nach Oporto zum Studiam der Pest geschickt hatten, und es uns wesentlich darauf ankam, ehe wir dieses Gesetz endgültig feststellten, aus dem Munde dieser Sachverständigen zu hören, welche Maßregeln sie zur Bekämpfung der Pest für nöthig halten.

Der letzte Herr Vorredner hat die Fassung des § 27 geglaubt rügen zu müssen, der die wissenschaftlichen Versuche mit Krankheits⸗ erregern unter eine gewisse Kontrole stellt. Zu diesem Paragraphen haben uns zunächst die traurigen Vorgänge in Wien veranlaßt, die Ihnen Allen ja bekannt sind. Außerdem richtet sich der Paragrsph auch nicht gegen ordnungsmäßige Untersuchungen, gegen amtliche Laboratorien, wo wirklich zuverlässige Sachverständige solche Versuche anstellen. Es hat sich aber jetzt mit solchen Krankheitserregern geradezu eine Art Handel gebildet. Solche Untersuchungen werden unter Umständen in sehr ungenügender Form, in sehr ungenügenden Lokalen und vielleicht auch von Unberufenen angestellt. (Sehr richtig! rechts.) Da ist es im Interesse der Sicherheit der Volksgesundheit absolut nothwendig, daß man mit energischer Hand gegen Vorgänge auf diesem Gebiet, die äußerst gemeingefährlich sind, gesetzlich vorgeht!

Ich kann Ihnen, meine Herren, versichern, daß es nicht ganz leicht war, diesen Gesetzentwurf zu stande zu bringen, denn einerseits mußte gegenüber den pandemischen Krankheiten die Reichsgewalt bis zu einem gewissen Grade verstärkt werden, um wirksam einschreiten zu können, andererseits mußte man aber auch berücksichtigen, daß die Ausführung aller dieser materiellen Bestimmungen in den Händer der Landesbehörden liegt, und daß diese ihre Selbständigkeit auf diesem Gebiet nicht aufgeben wollen und auch nicht auf⸗ geben können, daß hiernach die Reichsorgane alles, was sie für nothwendig halten, nur durch Vermittelung der Landesbehörden zu erreichen vermögen. Es war deshalb sehr schwer, die Mittel⸗ linie zu fiaden zwischen den Forderungen, die im Interesse der Sache geboten erschienen, und zwischen der nothwendigen Selbständigkeit der Landesbehörden. Ich möchte aus diesem Grunde dringend rathen, in jener Richtung nicht weiter zu gehen. Ich bin der Ansicht, es ist sehr erwünscht, daß ein solches Gesetz verabschiedet wird, und ich

möchte daher zum Schluß an die Mitglieder des hohen Hauses die Bitte richten, über Einzelheiten hinwegzugehen und sich zu entschließen, in der Kommission recht schnell diesen Entwurf zur Verabschiedung zu bringen, damit er zum Besten der Volksgesundheit noch in dieser Session Gesetz werden kann.

Abg. Wurm (Soz.): Im Plenum des Reichstags hat nur

hbandlung dieser Materie nicht gediehen. Wir halten unsererseits ge⸗ wisse Eingriffe in das Recht des Einzelnen im Interesse der Gesammt⸗ heit für gerechtfertiat, wenn ein folches Interesse bei dem Eingriff in die persönliche Freibeit des Einzelnen nachzewiesen ist, vorausgefetzt

diesem letzirren Punkte ist aber durch die Vorschriften der Vorlage, de fast unverändert wie 1893 und 1897 wieder bergestellt sind, keines⸗ wegs ein Erfolg gewährleistet; vielmehr steht vorweg nur fest, daß dadurch die Bevölkerung mit schweren Belästigungen heim⸗ gesucht wird. Für die vorbeugende Thätigkeit, wie sie die moderne Wissenschaft in erster Linie berücksichtigt wissen will, hat die Vorlage überhaupt nichts übrig; nicht der geringste, kleinste Schritt wird dieser Richtung gethan. Die Bevölkerung muß vor dem Ausbruch derartiger Epidemien geschützt werden; das aber lehnt die Vorlage ganz ausdrücklich ab. Das ist die Bankerutterklärung des heutigen Staatswesens. Man verkürze die Arbeitszeit, verbessere die Löhne, er⸗ mögliche eine bessere Ernähbrung, halte sich von allen agrarischen Fleisch⸗ beschaugesetzen und Zollerhöhungen für Nahrungsmittel fern, sorge für bessere Wehnungsveträcnisse, dann wird man auch der Ausbreitung der Epidemien wirksam entgegentreten. Die Vorlage will allerdings unter Umständen die Erkrankten absondern; das ist ja ein Stück der Wohnungsfrage; aber von einem Reichs⸗Wohnungsgesetz will der Herr Staatssekretär nichts hören. Bei der Wohnungsfrage sind allerdings dieselben Widerstände zu Überwinden, welche die vernünftige Regelung der Volksernährung erschweren. Gegen letztere bäumen sich die Interessen der Agrarier auf; die Lösung der Wohnungsfrage, die durch die Ermöglichung der Herstellung gesunder und billiger Wohnungen auf Grund reichsgesetzlicher Ordnung sehr wohl möglich wäre, wird durch die Hausagrarier vereitelt, wie z. B. die Vorgänge in Hamburg nur allzu deutlich beweisen. Für deuische Volks⸗ hygisne hat sich erst im letzten Jahre eine Vereinigung von Gelehrten und Politikern gebildet. Die Arbeiterkreise haben sich damit seit Jahrzehnten beschäftigt, und der Anhang der Naturheilkundigen in ibren Kreisen ist hauptsächlich der aufklärenden Thätigkeit derselben auf dem Getiet der Volkshygiene zuzuschreiben. Schon in der Schule hätte die Unterweisung der Bevölkerung in der Prophylaxe zu beginnen. Die Isolierung, die Absperrung des Erkrankten oder Verdächtigen ist durch die neuere Forschung als ein Mittel von nicht ganz zweifellosem Werth erkannt worden; das gilt von den Quarantänen überhaupt. Dennoch soll sie gewissermaßen die Grundlage der Schutzmaßregeln bilden. Was soll mit den Familien derer werden, welche nur einen einzigen Raum zum Wohnen, Wirthschaften, Schlafen und Leben ihr eigen nennen, wenn ein solcher, Isolierung erfordernder Krankheitsfall eintritt? Was hat die Vorlage für Vorschläge zu machen bezüglich eines geschulten Wärterpersonals? Darauf wird keine Antwort gegeben. Jedenfalls nid mit der Isolierung allein nichts ausgerichtet. Auch diese Vor⸗ lage legt alles in die Hände der Polizei. Der Staat besitzt ein Organ, welches auf diesem Gebiete gutes wirken könnte; aber dieses Organ ist in höchstem Maße verkümmert. Es ist der beamtete Arzt, dessen Stellung man auch bei der preußischen Mesiztnalreform ver⸗ bessern wollte; es ist aber bei der guten Absicht geblieben, weil der preußische Staat für diese Ausgestaltung kein Geld hatte. Der be⸗ amtete Ürzt ist nach wie vor auf die Konkurrenz mit dem Priyvatarzt angewlesen und muß sich nach der Praxis drängen, er bleibt abhängig von dem privaten Kapitalismus. Dieser beamtete Arzt wird nun nach der Vorlage zur letzten Entscheidung berufen, er hat als deus ex machina überall zu erfcheinen, er soll die Interessen der All⸗ gemeinheit, des Gemeinwohls wahrnehmen. Wirksame Maßregeln kosten Geld, dieses Geld müßten die besitzenden Klassen aufbringen; damit will man sie verschonen; so unterbleibt dasjenige, was wirk⸗ sam wäre. 1

Hierauf wird die Berathung abgebrochen.

Das Andenken des am 4. Avpril verstorbenen Abg. Oertel⸗Nürnberg (Soz.) wird in der üblichen Weise geehrt.

Schluß gegen 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch

Uhr. (Forisetzung der Berathung; Nachtrags⸗Etat; Novelle

zum Postdampfergeset.’).

Haus der Abgeordneten. 59. Sitzung vom 24. April 1900, 11 Uhr.

Dr. Hirsch (fr. Volksp.) und Genossen: 1

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, zur Kenntnißnahme der auf der diesjährigen Weltausstellung in Paris dargestellten Fortschritte auf landwirthschaftlichem und technischem Gebiet und zur Berichterstattung darüber unbemittelten, besonders tüchtigen und fähigen Landwirthen, Handwerkern und gewerblichen sowie kunstgewerblichen Arbeitern durch Gewährung von Reisekosten den Besuch der Ausstellung zu ermöglichen.“

Abg. Dr. Hirsch weist auf die Verhandlungen des Reichstages und die Ausführungen des deutschen Reichskommissars hin und be⸗ grüßt mit Genugthuung die bei der Eröffnung der Weltausstellung ehaltenen Reden des französischen Staatsoberhauptes und des ranzösischen Handels⸗Ministers. Die Pariser Weltausstellung sei eine Schule des Praktischen und Schönen. Eine große Anzahl von Unter⸗ nehmern habe auf eigene Kosten ihren Angestellten Mittel zum Besuch der Ausstellung zur Verfsigung gestellt, damit diese dort noch lernen könnten. Dieselbe Gelegenheit zu lernen müsse auch dem Arbeiterstande geboten werden. Der Staat, der sich augenblicklich ja in einer glänzenden Finanzlage befinde, habe die Pflicht, helfend einzutreten. Die Aus⸗ gaben für diesen Zweck würden sich durch die gewonnenen Fortschritte auf dem Gebiete der Industrie reichlich verzinsen. An diesen Vortheilen könnten alle Gewerbe gleichmäßig Antheil haben, die Land⸗ wirthschaft, das Handwerk, das Kunstgewerbe ꝛc. Kehrten die Arbeiter und Handwerker dann in ihre Hetmath zurück, so würden sie ůber ihre Erfahrungen ihren Berufsgenossen Vorträge halten können. Es müßten die tüchtigsten Leute ausgewählt werden, und zwar unter gleichmäßiger Berücksichtigung aller Landestheile.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Die Königliche Staatsregierung kann sich im allgemeinen mit dem vorliegenden Antrag ebensowohl wie mit den Ausführungen zu seiner Begründung nur einverstanden erklären. Der Antrag bezieht sich einerseits auf die Ausstattung bedürftiger, aber befähigter Landwirthe mit den erforderlichen Reiscmitteln zum Besuch der Pariser Weltausstellung, andererseits auf eine gleiche Dotierung geeigneter tüchtiger Gewerbetreibender, besonders kunstgewerblicher Arbeiter und Handwerker. Ich gestatte mir nun bezüglich der letzteren Ihnen dasjenige mitzutheilen, was seitens des Ressorts der Handels⸗ und G.werbeverwaltung nach dieser Richtung hin veranlaßt worden ist.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

9 11“”“

einmal eine erste Berathung stattgefunden, weiter ist bisher die Ver⸗

dings annehmen, wenn wir hier ein Gesetz beschließen, welches vom

auch zugleich, daß die beabsichtigten Maßnahmen wirksam sind. In

Zur Berathung gelangt zunächst der Antrag der Abgg.

um Deutschen Rei

Berlin, Mittwoch, den 25. April

Wir siad von der Ansicht ausgegangen, daß die Ent⸗

geber mir Mittel zur Verfügung gestellt wären für diesen Zweck. (Bravo!) Ich kann das meinerseits nur mit großem Dank aaerkennen und mache hiervon sehr gern dem hohen Hause Mittheilung. Ich bin dann in der Lage gewesen, aus meinen eigenen, mir zur Verfügung stehenden Mitteln einen gleichen Betrag bereit stellen zu können, sodaß ich im Ganzen in der Lage sein werde, thatsächlich unzefähr eine Zahl von 60 bis 100 Arbeitern und Handwerkern nach der Weltausstellung ent⸗ senden zu können.

Ich bin nun aber der Meinung und die Staatsregierung tbeilt diesfe Meinung vollständig —, daß es nicht allein Sache der Regierung ist, sondern vor allen Dingen auch Sache der Arbeit⸗ geber und der Gemeinden, dafür Sorge zu tragen, daß eine so hoch⸗ wichtige Gelegenheit zur besseren Ausbildung der Handwerker und der gewerblichen Arbeiter nicht unbenutzt vorübergeht. Ich habe zu diesem Zweck Veranlassung genommen, die Herren Ober⸗Präͤsidenten zu er⸗ sochen, sich in Verbindung zu setzen mit denjenigen Gemeinden und denjenigen privaten Vereinen von Arbeitgebern, Gewerbevereinen ꝛc., die sie für geeignet halten zur Mitwirkung in der von mir bezeichneten Richtung; ich habe sie ersucht, diese Gemeinden und Vereine auf⸗ zufordern, ihre Bereitwilligkeit ausdrücklich zu erklären, zugleich aber auch ein Verzeichniß von Handwerkern und Arbeitern einzureichen, die sie ihrerseits für besonders geeignet und befähigt halten, um für diesen Zweck verwerthet, nach der Weltausstellung entsandt zu werden. Ich habe dann zugleich diese betreffenden Gemeinden und Vereine durch de Herren Ober⸗Präsidenten auffordern lassen, in dieser Liste diejenigen Arbeiter zu bezeichnen, welche sie ihrerseits auf ihre eigenen Kosten zu der Ausstellung zu senden beabsichtigen, indem ich mich gleichzeitig bereit erklärt habe, in diesem Falle noch einen weiteren Theil der von ihnen bezeichneten Personen auf meine Kosten zu der Ausstellung zu schicken. In dieser Weise, glaube ich, wird es gelingen, eine entsprechende Mitwirkung der Gemeinden und der betreffenden Vereine herbeizu⸗ führen, sodaß durch die Aufwendung der gemeinsamen Mittel, sowohl des Staats wie der Gemeinden wie der Privatvereine, es thatsächlich angängig sein würde, eine über Hundert erheblich hinausgehende Zahl von Arbeitern zu der Ausstellung zu entsenden.

Was nun diese Arbeiter selbst betrifft, so wird natürlich dafür Vorsorge getroffen werden müssen, daß gerade die Befähigtsten, von denen man ouch annehmen kann, daß sie auch dem Zveck entsp echend die Mittel verwenden, zu der Ausstellung geschickt werden. Dazu sollen die Regierungs⸗Gewerberäthe mitwirken, darüber sollen die geeigneten Sach⸗ werständigen gehört werden, und ich selbst behalte mir natürlich be⸗ lüglich derjenigen, die auf Staatskosten geschickt werden, meinerseits die Auswahl vor. Es sollen natürlich überall die geeigneten Hand⸗ verker, die geeigneten Industriezweige, die in den betreffenden Pro⸗ dinzen von besonderer Bedeutung sind, vorzugsweise berücksichtigt verden. Denn es handelt sich hier ja vor allen Dingen darum, daß nicht allein den einzelnen Arbeitern, sondern auch der gewerblichen Arbeit als solcher durch diese Einrichtung entsprechender Nutzen zu⸗ gewendet wird.

Ein weiteres und sehr wichtiges Erforderniß ist es aber auch, dnfür zu sorgen das ist ja auch von dem Hecrrn Vorredner sehr üichtig hervorgehoben worden daß die betreffenden Arbeiter dort auf der Ausst llung auch die entsprechende Anleitung finden, damit sie die verhältnißmäßig beschränkte Zeit, die ihnen zur Verfügung steht, zuch richtig anwenden für den beabsichtigten Zweck. Ich inbe mich dieserhalb mit dem Reichskommissar für die e Weltausstellung in Verbindung gesetzt und ihn er⸗ sacht, dafür zu sorgen, daß einige geeignete Personen, die beider en des Deutschen und des Französischen, mächtig sind, zur stehen, um die der Reihe nach dort eintreffenden Hand⸗ 15 und Arbeiler in Empfang zu nehmen, dafür zu sorgen, daß b⸗ 1 erforderliche Unterkunft finden, sür die Befriedigung ihrer 8 r de während ihres Aufenthalts dort entsprechend zu vn die nöthige Anleitung zu geben, vor allen Dingen sie zu E1 lützen und in der Ausstellung selbst zu führen, damit sie alles Llenige sehen, was zu sehen für sie von besonderem Nutzen ist.

Ich habe die Berichte über das, was in dieser Beziehung von

stein:

Meine Herren, der landwirthschaftlichen Verwaltung stehen gleich

Was nun die beiden Richtungen der Anträge anbetrifft, so bin

Was die Frage anbetrifft, ob es erwünscht ist, daß tüchtige, aus dem praktischen Leben hervorgegangene Landwirthe sich die Pariser Weltausstellung ansehen, so ist das Gebiet, aus dem sie dort lernen können, ein viel beschränkteres als für diejenigen, die aus Gewerbe⸗ betrieben, aus industriellen Betrieben sowohl als Arbeitnehmer, wie als Arbeitgeber dorthin gesandt werden. Im wesentlichen bezweifle ich nicht, daß die Pariser Weltausstellung bezüglich landwirthschaft⸗ licher Geräthe, Maschinen u. s. w., auch in vielen anderen Be⸗ ziehungen, manches Sehenswerthe gewähren wird. Aber im großen Ganzen werden die Landwirthe dort, rücksichtlich der Verwendung von Maschinen und Geräthen, nicht mehr sehen und kennen lernen, als sie auf den Ausstellungen der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft alljährlich Gelegenheit haben kennen zu lernen. Nichtsdestoweniger bin ich bereit, soweit die geringen Mittel der Dispositionsfonds der landwirthschaftlichen Verwaltung das gestatten, einigen tüchtigen Land⸗ wirthen Gelegenheit zu geben, sich die Pariser Weltausstellung nach der landwirthschaftlichen Seite hin anzusehen; ich bin aber nicht in der Lage, das in so großem Umfange zu gewähren, wie das der Herr Handels⸗Minister vermag. Daneben werde ich selbstverständlich eine größere Zahl technischer und anderer Beamten der landwirthschäaftlichen Verwaltung zur Be⸗ sichtigung der Ausstellung entsenden, um alles für die Landwirthschaft Wichtige, besonders auch die Ausstellung der anderen auswärtigen Staaten, zu studieren, an den dort stattfiadenden Kongressen theil⸗ zunehmen, und ihre Wahrnehmungen und. Erfahrungen schriftlich niederzulegen, um dieselben der gesammten deutschen Landwirthschaft nutzbar zu machen.

Abg. Felisch (kons.): Meine Fraktion stellt dem Wunsche des Antragstellers durchaus nicht entgegen⸗ Große sch. dem Munsce sind fa eigentlich große Völkerschauspiele. Vier Fünftel der Ausstellung stellt der ausstellen de einheimische Staat, und nur ein Fünftel entfällt auf die übrigen ausstellenden Staaten. So ist es wenigstens immer früher gewesen. Trotzdem siad wir dafür, daß geeignete Kräfte zur Pariser Aus⸗ stellung entsandt werden. Man wird sich aber nicht darauf beschränken dürfen, nur die Weltausstellung kennen zu lernen; in den außerhalb der Ausstellung lirgenden Etablissements ist vielle cht noch mehr Ge⸗ legerbeit zum Siudium. Was die Auswahl betrifft, so könnten aus den Landwirthschaftskammern und aus dem Kreise der Handwerker⸗ vertretung Vertreter nach Paris entsandt werden Die Grundsätze der Beschickung hinsichtlich der Auswahl der Branchen u. s. w. könnten in der Budgetkommission festgestellt werden, in die der An⸗ trag ja geschäftsordnungsmäßig gehört.

Abg. Fritzen (Zentr.) hält eine Berathung des Antrages in der Budgetkommission nach der entgegenkommenden Erklärung der Minister für überflüssig. Mann könne dem Minister darin nur bei⸗ stimmen, daß nicht der Staat allein die Entsendung von Arbeitern unterstütze, sondern auch die Gemeinden und Korporat’onen sich daran betheiligten. Auch die Landwirthe könnten auf der Weltausstellung viel lernen, namentlich hirsichtlich des Tabackoaues, des Oöbstbaues u. s. w. Es sei zu hoffen, daß der Landwirthschafts⸗Minister noch weitere Mittel für diese Zwicke aufbringen werde.

Abg. Rickert (fr. Bgg.): Ich war ursprünglich gegen eine Kommissionsberathung; nachdem ich die Gründe des Abg. Felisch gehört habe, bin ich aber anderen Sinnes geworden. Die Kommission könnte sich ja davon überzeugen, daß die in Aussicht genommenen Mittel nicht ausreichen. Es ist doch sonderbar, dasß der Landwirthschafts⸗ Minister angesichts eines Milliarden⸗Etats sagen muß: Ich habe nur geringe Mittel. Es ist nicht richtig, daß Frankreich vier Fünftel der Ausstellung für sich in An pruch genommen hat. Auf die nationale Frage gehe ich aber nicht ein. Es handelt sich hier um ein von allen anderen Nationen gebilligtes Werk. Mit den 300 kann der Arbeiter nicht auskommen. Er muß doch auch seine Familie ver⸗ sorgen. 500 wäien nicht zu viel. Bei einer so produktiven Aus⸗ gabe sollte man nicht so äaͤngstlich sein. Deutschland erkennt an, daß

Frankreich mit der Ausstellung eine für alle Staaten fruchtbare Auf⸗

gabe erfüllt.

Unter⸗Staatssekretär im Finanz⸗Ministerium Lehnert: Wenn

der Antrag in dem Sinne aufgefaßt würde, daß die Regierung be⸗

sondere Mittel dafür bereit stellen solle, so müßte der Antrag an die

Budgetkommifsion überwiesen werden. Ich habe bisher angenommen,

daß dies nicht der Sinn des Antrags sei. Die Gewerbeverwaltung

ist selbstverständlich mit Dispositionsfonds reichlicher ausgestattet

als das Landwirthschafts⸗Ministertum. Die berheiligten Kreise

haben selbst Verständniß dafür, daß es auch ihre Sache sei,

für diesen Z veck zu sorgen, und daß man es nicht allein dem Staat

überlassen tönne. Auch die Regierung meint, daß dies eine Aufgabe

der Kommunen und der betbeiligten Korporationen, Innungen ꝛc. sei,

und mehrfach haben schon Gewerbevereine Beihilfen für diesen Zweck

bewilligt. Sobald Sie den Staat veranlassen, besondere Mittel für

8. Fcchast ist, sowohl seitens der Herren Ober⸗Präsidenten wie uüht necr des Herrn Kommissars der Pariser Weltausstellung noch meafe alten. Ich glaube aber annehmen zu dürfen, daß nach den vce Einrichtungen es in der That möglich sein wird, mit den e der Gemein en, des Staates wie der Provinzen

orge zu tragen, daß eine so wichtige Gelegenheit für die

diesen Zweck zu verwenden, schwächen Sie, ohne es zu wollen, die Neigung der zunächst Betheiligten, ihrerseits dazu beizutragen; denn dann heißt es, der Staat sieht es ja als seine Aufgabe an. Der Staat muß sich aber mit seiner Wirk⸗ samkeit auf das beschränken, was im Etat steht; die Dispositionsfonds haben Elastizität und Beweglichkeit genug, um solche Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn Sie im wesentlichen damit einverstanden siad, möchte ich vorschlagen, den Antrag anzunehmen, da die Regierung mit seiner Tendenz einverstanden ist, wenn damit nicht beabsichtigt wird,

ssere Ausbildung der Handwer r und Arbeiter nicht ungenutzt vor⸗ tgeht. (Bravo!) .

Meine Herren! An die landwirthschaftliche Verwaltung sind in 8 letzten Wochen wenige Anträge von tüchtigen Landwirthen ge⸗ 1 richtet worden, die wünschten, auf Kosten der landwirthschaftlichen sendung eines Arbeiters oder Handwerkers zur Pariser Aus⸗ Verwaltung nicht bloß die Ansstalrnc zu besuchen, 8b 2ge. stelung im Durchschsitt ungefähr einen Kostenaufwand von den Gesuchen ausdrücklich hervorgehoben wird, durch Staatsbeihilfen 300 erfordern wird. Natürlicherweise würde sich die Höhe die Möglichkeit zu erhalten, einmal größere landwirthschaftliche inten⸗ dieses Aufwandes verschieden stellen, je nachdem der Betreffende sive westliche Betriebe Deutschlands zu besichtigen, andererseits auch näher der Grenze oder weiter davon entfernt wohnt. Im Durchschnitt größere landwirthschaftliche Betriebe in Frankreich kennen iu lernen aber hoffe ich mit diesen 300 auszukommen. Für die Entsendung von etwa 60 oder 100 Arbeitern respektive Handwerkern nach der umfangreiche Mittel wie dem Herrn Handels⸗Minister nicht zur Ver⸗ Ausstellung würde danach ein Betrag von ungefähr 30 000 er⸗ fügung. Die landwirthschaftliche Verwaltung ist darauf angewiesen forderlich sein. Einen solchen Betrag nun aus den vorhandenen aus ihrem Dispositionsfonds in weit geringerem Umfange Mittel üas AUatsmäßigen Mitteln zur Verfügung zu stellen, hat einige Schwierig. Verfügung zu stellen, um einzelnen Landwirthen die Möglichkeit zu hiten, weil an diese etatsmäßigen Mittel ja bekanntlich sehr weit⸗ gewähren, die Pariser Ausstellung zu besuchen. gehende Ansprüche gemacht werden, manche Ansprüche auch noch aus Zusicherungen, welche auch für die folgenden Jahre gegeben sind, ich der Meinung, daß der Wunsch, auf Kosten des Staates wenigstens insoweit als die Berücksichtigung derselben in Auesicht in Veranlassung der Pariser Ausstellung ein Reisestipendium gestellt ist. Ich würde deshalb in eine gewisse Verlegenheit gerathen zur Besichtigung französischer und deutsch⸗westlicher landwirth⸗ sein, um in diesem Umfange der Entsendung von gewerblichen Arbeitern schaftlicher Betriebe zu erhalten, außerhalb des Rahmens der gegen⸗ und Handwerkern Rechnung zu tragen, wenn nicht durch die hochherzige wärtigen Aufgaben liegt. Entschließung verschiedener Interessenten, namentlich größerer Arbeit⸗

Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ Fassen Sie dagegen den Antrag im Sinne des Abg. Rickert auf, so

werde ich die Stellung der Regierung in der Kommisston noch näher begründen. für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗

Meine Herren! Einige Ausführungen des Herrn Abg. Fritzen geben mir zu einer kurzen Erwiderung Veranlassung. Der Herr Abg. Fritzen hat zunächst die Frage angeregt, ob nicht zu versuchen sei, die Land wirthschaftskammern zu bewegen, größere Reisestipendien für die die Ausstellung besuchenden Landwirthe zur Verfügung zu stellen. Ich bin bereit, eine solche Anregung an die Landwirthschaftskammern er⸗ gehen zu lassen, verspreche mir aber davon keinen größeren Erfolg, da mir genügend bekannt ist, wie beschränkt die Mittel der Land⸗ wirthschaftskammern zur Zeit sind, daß dieselben dringendere und sehr kostspielige Aufgaben zu erfüllen haben (sehr richtig! rechts), daß sie bei der schwierigen Lage, in der sich die Landwirthschaft befindet, mit Recht Bedenken tragen müssen, zur Vermehrung ihrer Mittel größere Beiträge von ihren Mitgliedern zu fordern. Ich verspreche mir von diesem Vorgehen keinen wesentlichen Erfolg.

Auf die Darlegungen über das in Frankreich auf landwirthschaft⸗ lichem Gebiet Sehenswerthe gestatte ich mir, mit wenigen Worten einzugehen.

Meine Herren, ich habe zweimal Gelegenheit gehabt, durch Be⸗ reisung mich etwas eingehender über französische landwirthschaftlich Verhältnisse zu unterrichten. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß wir in wasserwirthschaftlicher Beziehung außerordentlich viel von Frankreich lernen können. Die Benutzung des Wassers als Verkehrs mitlel, für industrielle und gewerbliche Zwecke als Triebkraft, die Be⸗ nutzung des Wassers für landwirthschaftliche Zwecke, Maßnahmen zur Verhütung von Ueberschwemmungsgefahr sind weiter wie bei uns vor⸗ geschritten. Im Bau von Thalsperren, in der Verbauung der Wild⸗ bäche leistet die französische Verwaltung Großes. (Hört, hört! im Zentrum und links. Sehr gut! bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, das ist aber ein Gebiet, das der gewöhnlich Landwirth nicht zur Aufgabe des Studiums sich zu stellen hat; diese Verhältnisse zu prüfen und zu erforschen ist Aufgabe von technisch vorgebildeten Beamten der landwirth schaftlichen Verwaltung bezw. des Arbeits⸗Ministeriums. Uebrigens liegen, wenigstens der landwirthschaftlichen Verwaltung, hierüber bereits eingehende Ermittelungen auf diesem Gebiete vor.

Was die Lage der Landwirthschaft im allgemeinen, die französisch mit der deutschen Landwirthschaft verglichen, anbetrifft, so kommen Franzosen zahlreich nach Deutschland, um von uns in der intensiven Landwirthschaft, um über unsere landwirthschaftliche Industrle zu lernen. Die Franzosen wissen genau, daß Deutschland auf land- wirthschaftlichem Gebiet Frankreich in manchen Beziehungen überlegen

der Umstand, daß die französische Landwirthschaft vielfach noch dem Flurzwang unterliegt, hindert wesentlich dort den landwirthschaftlichen

Uebergang zu einem intensiven Landwirthschaftsbetrieb, findet nach meiner Wahrnehmung in Frankreich selten statt. Im Großen und Ganzen liegt die französische Landwirthschaft mehr in der Hand des kleinen und mittleren Besitzes als in der Hand des Großbesitzes. (Sehr richtig!) Der französische Bauer ist fleißig, sparsam und sehr intelligent. Der Herr Abg. Fritzen erwähnte mit vollem Recht den in jeder Beziehung mustergültigen Garten⸗, Obst⸗ und Geflügelbetrieb des französischen Kleinbauers. Der kleine französische Bauer ist fast immer ein außerordentlich geschickter Gärtner und Geflügelzüchter, von dem man viel lernen kann.

Ich habe bereits angeordnet, daß durch sachverftändige Beamte der 8 landwirthschaftlichen Verwaltung genau geprüft wird, auf welchem Wege den Franzosen der große Erfolg auf diesem Gebiet gelungen ist. Ich möchte glauben, daß das Verdienst hauptsächlich dem französischen Volksschulwesen bezw. dem dortigen Fortbildungsschulwesen zu ver⸗ danken ist. Nach dieser Richtung werden sachverständige Beamte der landwirthschaftlichen Verwaltung in Verbindung mit dem Besuch der Ausstellung eingehende Untersuchungen anstellen. Meine Herren, daß einzelne Landwirthe sich diese Verhältnisse ansehen, wird uns nicht wesentlich fördern. Uebrigens fürchte ich, das Klima und Boden⸗ verhältnisse einem gleichen Fortschritt auf diesem Gebiet wie in Frank⸗ reich nicht günstig sind. Die Obstsorten, die wir hier ziehen können, sind andere wie in Frankreich, auch der Geflügelzucht ist unser Klima 12 nicht günstig. Im übrigen bezweifle ich, daß aus den größeren landwirth⸗ schaftlichen Betrieben in Frankceich für unsere Wirthschaften viel zu lernen ist. Die deutsche Viehzucht, der deutsche landwicthschaftlich⸗ technische Betrieb auf dem Gebiet der Agrikulturchemie, in der Samenzucht u. s. w. sind wir, wenn nicht weiter, doch mindestens auf gleicher Stufe wie Frankreich. Studienreisen nach dort werden daher kaum besonders lehrreich für deutsche Landwirthe sein köͤnnen. Auch darauf darf ich hinweisen, daß die Maschinenverwendung in Frankreich bei dem dort vocherrschenden Kleinbetrieb für unsere Ver⸗ hältnisse schwerlich belehrend sein wird. Ich möchte glauben, daß auf den deutschen landwirthschaftlichen Auzstellungen, namentlich 9 auf den Ausstellungen der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft, die Landwirthe rücksichtlich der Verwendung von Maschinen, Geräthen u. s. w. mehr zu lernen in der Lage sind, als wenn sie nach Paris gehen und im Gewühl der dortigen großen Ausstellung die daselbst eine nebensaͤchliche Stelle einnehmende Maschinenausstellung sich an⸗ sehen. Die landwirthschaftliche Verwaltung wird selbstverständlich erstreben, alles, was auf den Koagressen, auf der Ausstellung geboten wird, für die deutsche Landwirthschaft nutzbar zu machen.

Abg. Schmitz⸗Düsseldo entr.) ist ar ein 1 rie deuts che vewafetdichefr 8 (Zatr üs Luch en, Nehnns. gdnß 6 meinen weit überlegen sei, betont aber, daß wir von den Franzosen in Bezug auf den Obstbau viel leraen könnten. Dasselbe gelte auch

von der Hühnerzucht. Wir köanten aber auch von den anderen Ländern lernen. Leider sei der Dispositionsfonds des Landwirthschafts⸗

die Regierung zur Bereitstellung besonderer Mittel zu veranlassen

Mmisteriumz viel zu kaapp bemessen.

ist. Darüber habe ich mich auch persönlich unterrichten können. Schohn

Fortschritt. Eine Konsolidation, die erste Vorbedingung für einen