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Nichtamtliches.
Deutsche Kolonien.
Der Kaiserliche Gouverneur von Bennigsen berichtet über eine Expedition nach den Admiralitäts⸗Inseln, die in erster Linie die Bestrafung der Mörder des Händlers Maetzke zum Zweck hatte, im „Deutschen Kolonialblatt bcce- b 8 ls ich am 1. Januar 1900 von meiner Reise zur Uebernahme des Inselgebiets der Karolinen, Palau und Marianen in Herbertshöhe wieder eintraf, nahm ich alsbald die Vorbereitangen für die nach den Admiralitäts ⸗Inseln wegen verschiedener Räubereien und Mordthaten auszuführende Expedition in Angriff. Die Firmen Hernsheim u. Co. und Forsayth, die an einem energischen Vorgehen in den Admiralitäts⸗Inseln ein lebhaftes Interesse batten, stellten mir eine Anzahl leidlich im Schießen ausgebildeter Buka⸗ und Neu⸗ mecklenburg⸗Leute unentgeltlich zur Verfügung, wodurch die Polizei⸗ truppe auf rund 70 Mann verstärkt wurde. Zum Transport dieser verstärkten Truppen erschien die Charterung ein⸗s besonderen Schiffes erforderlich; der der Firma Hernsheim u. Co. gehörige Motor⸗ schuner „Mascolte“ wurde zu einem mäßigen Satze für die Dauer der Expedition gemiethet. Mit diesem Fahrzeug fuhr am 10. Januar Morgens der Kaiserliche Richter Dr. Schnee, nach⸗ dem die gesammte Polizeimannschaft an Boid gebracht war, nach Neu⸗ mecklenburg ab. Die Gelegenheit, daß eine starke Polizeitruppe und ein Schiff zur Verfügung stand, sollte, was schon seit Monaten dringend nothwendig war, benutzt werden, um auch in Neumecklenburg an einigen Punkten Ordnung zu schaffen. Als Sammelplatz in der Admiralitätsgruppe war die Insel Alim (St. Elisabeth) bestimmt worden. Ich blieb einstweilen in Herbertshöhe zurück, um die An⸗ kanft des „Seeäadler“ abzuwarten. An das Kommando S. M. S. „Möwe“ war von mir das Ersuchen gestellt worden, gegen die ver⸗ brecherischen Admiralitäts⸗Insulaner zwecks ihrer Bestrafung militärisch vorzugehen. und mitgetheilt worden, daß zu diesem Zwecke in den Admiralitäts⸗Inseln an dem zum Sammelplatz bestimmten Orte die auf 70 Mann verstäckte Polizeitruppe mit der „Mascotte“ zur Verfügung stehen würde. Herr Korvetten⸗Kapitän Dunbar batte die Requisition angenommen, aber nach Eintreffen S. M. S. „See⸗ adler“ an Herrn Korvetten⸗Kapitän Schack übertragen. Am 18. Ja⸗ nuar gegen 3 Uhr Nachmittags schiffte ich mich auf dem „Seeadler“ ein, und am 20., Mittags, trafen wir am Sammelplatze der Insel Alim (St. Elisabeth) ein und gingen in uamsttelbarer Nähe der „Mascotte“ an der Südecke der Insel, eine halbe Seemeile von der Küste entfernt, auf autem Grunde vor Anker. 6“ 1 Herr Dr. Schnee berichtete über den Verlauf seiner bis⸗ herigen Expedition, wie folgt: „An der Fahrt der „Mascotte“ nach den Admiralitäts⸗Inseln nahmen die Herren Frings von der Firma Hernsheim u. Co., Molde, Händler in Komuli, sowie Kapitän Hamilton, dessen Fayhrzeuge sich zweckz Betriebes der Perlfischerei in den Admiralitäts⸗Inseln be⸗ finden, und des letzteren Angestellter Waffler theil. Am 11. Ja⸗ nuar wurde Djaul (Sandwich⸗Insel) erreicht. Es wurde hier durch Vernehmungen der Eingeborenen festgestellt, daß die Kabienleute, welche 1894 den weißen Händler Rojahn nebst seinem japanischen Unterhändler und mehreren farbigen Arbeitern, 1895 die farbige Besatzung eines Händlerbootes beimtückisch ermordet hatten und seither mit Hilfe der dabei geraubten Gewehre beständig die benachbarten Eingeborenenstümme mit Raub und Mord heim⸗ gesucht hatten, noch vor kurzem das Dorf Bahateret (Djaul gegen⸗ über auf Neumecklenburg belegen) überfallen und eine größere Anzahl von Eingeborenen, darunter Weiber und Kinder, erschlagen hatten. Durch die beständigen Ueberfälle der Kabienleute in diesen für die Arbeiter⸗ anwerbung besonders wichtigen Gebieten waren bisher die Anwerbung wie der Handel auf das Empfindlichste geschädigt worden. Verschiedene Warnungen der Verwaltung hatten die Kabien⸗ leute nicht beachtet, sie hatten sich bisher noch stets einer Bestrafung durch rechtzeitige Flucht in den Busch zu entziehen gewußt. Als einziges Mittel, das Ansehen der Ver⸗ waltung zur Anerkennung zu bringen und weiteren Blutthaten der Kabienleute ein Ziel zu setzen, blieb ein überraschendes Vorgehen übrig. In Diaul wurden zwei frühere Polizeisoldaten und einige andere Eingeborene als Führer an Bord genommen. Abends gegen 10 Uhr kamen wir vor Kabien an. Die Herren Frings und Molde fuhren im Boot an Land, um den in Kabien wohnenden Händler Schneider von dem beabhsichtigten Vorgehen gegen die Kabienleute zu benachrichtigen und zu seiner Sicherheit an Bord zu bringen. Das Boot kehrte auch alsbald mit dem Händler zurück. Herrn Frings, der aus seiner langjährigen Südseepraxis vielen Eingeborenen bekannt ist, war es gleichzeitig gelungen, zwei Kabien⸗ leute mit an Bord zu bringen, welche alsbald verhaftet warden, nach⸗ dem ihre Betheiligung an verschiedenen Mordthaten festgestellt war. Die „Mascotte“ fuhr sodann etwas nach Osten. In der Nacht von 12 ½ Uhr ab wurde die Polizeitruppe an einem Punkte nahe dem Berge Dietert gelandet. An der Expedition nahmen die Herren . Molde, Waffler und der Bootsmann der „Mascotte“, uhrhop, theil. Ein Versuch, noch in der Nacht durch den Busch vorzudringen, erwies sich als unausführbar. Es wurde daber der Rest der Nacht am Strande verbracht; in der ersten Morgendämmeruag ging es dann unter Führung eines Polizeifungen, der als Knabe von den Kabienleuten geraubt und nach jahrelanger Gefangenschaft entflohen war, sowie der von Djaul mitgebrachten Eingeborenen auf äußerst beschwerlichem Pfade vorwärts. Nach zweistüändigem Marsch über hügeliges Gelände befanden wir uns landeinwärts der am Strande gelegenen Kabiendörfer. In mehreren Abtheilungen ging es nunmehr zu den Dörfern hinab. Die Eingeborenen wurden völlig überrascht und ergriffen eiligst die Flucht, ohne an einer Stelle ernsthaften Widerstand zu leisten. Nach Niederbrennung der Hütten und Zerstörung der Kanus zogen wir am Strande entlang zu der etwa 1 ½ Stunden entfernten Händler⸗ station. Wäbrend des Marsches wurden von den Kabienleuten aus dem Hinterhalt einige Gewehrschüsse auf uns abgegeben, ohne zu treffen. sandte, um weiteren Angriffen vorzubeugen, eine Abtheilung Polizeisoldaten auf Umwegen durch den Basch zurück. Die⸗ selben kehrten später mit der Meldung zurück, daß sie den Häuptling Rawes, der sich in ihrer Nähe an den Strand vorgewagt hatte, getsdtet hätten. Wie festgestellt wurde, hatten Rawes und ein anderer Kabien⸗ eingeborener Kapus, der bei dem Vorgehen der Truppe durch einen Schuß durh den Schenkel verwundet wurde, mit noch einigen anderen SEingeborenen zusammen 1894 den Händler Rojahn ermordet. Der Händler Schneider wurde auf seinen Wansch wieder nach seiner Station gebracht, da nach seiner von mir getheilten Ansicht eine Gefährdung durch die Kabienleute nach der Bestrafung der Letzteren nicht zu befürchten war, um so weniger, als den Kabienleuten durch Vermittelung der farbigen Arbeiter des Händlers die alsbaldige Wiederkehr der „Mascotte“ und weiteres Vorgehen im Falle von Ausschreitungen in Aussicht gestellt wurde. Die „Mascotte“ setzte über Nusaum, wo Nachts geankert wurde, die Fahrt nach den Admiralitäts⸗Inseln fort. Nach theil⸗ weiser stürmischer Ueberfahrt wurde am 16. Januar die Händler⸗ station Komuli erreicht. Hier wurden Erkundigungen üder den jetigen Sitz der an den Mordthaten betheiligt gewesenen Eingeborenen eingezogen und 12 Eingeborene von Seppessa (Fedarb⸗ Inseln) und Mok⸗Lin als Führer an Bord genommen. Am fol⸗ genden Morgen murde, nachdem die beiden Händler Schlehan und Rebstock, die bisber zum Schutz der Station auf Komuli befindlich gewesenen sieben Polizeisoldaten und eine Anzahl gleichfalls bewaffneter Komuliarbeiter an Bord gegangen waren, die Fahrt nach Alim (Elisabeth⸗Insel) angelreten. Die Insel Alim ist unkevohnt und wurde bisher nur zeitweilig von den Mok⸗Mandrianleuten, den Mördern des Händlers Maetzke, besucht, die nach Angabe der Seppessaleute ab und zu zwecks Bereitung von Kokosnußöl dorthin kamen. Da wir vor der Einfahrt in dea Hafen von Alim den größten Theil der Insel umfahren
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und dabei keine Spur der Anwesenheit von Menschen entdeckt hatten, begab ich mich in Begleitung der Herren Frings, Molde und Rebstock unter Mitnahme einiger Polizeisoldaten auf die Insel. Nachdem wir etwa dreiviertel Stunden umhergestreift waren, hörten wir plötzlich Schüsse, gleichzeitig erschien eine Anzahl Polizeisoldaten mit der Meldung, daß zwei große Kanus der Mok⸗Mandrian⸗ leute am Strande versteckt lägen, daß sie selbst auf einige Mokleute gestoßen sein. Ich ließ zunächst die beiden Kanus in Sicher⸗ heit bringen und sodann die inzwischen sämmtlich gelandeten Polizei⸗ soldaten eine Reihe bilden, mit denen ich die an dieser Stelle schmale Insel absuchte. Einige Mokleute befanden sich vor der Linie und flüchteten in die in das Wasser hinausragenden Mangrovedickichte, sich durch vereinzelte Gewehrschüsse vertheidigend. Als wir auch in die Mangroven vordrangen, flüchteten die Eingeborenen, vier an der Zahl, ins Wasser und schwammen weit hinaus, stets untertauchend und nur auf Augenblicke an die Oberfläche kommend. Da auf dieser Seite der Insel kein Boot oder Kanu vorhanden war und die Dunkelheit schnell hereinbrach, befahl ich den Rückzug. In der Nacht wurde die Insel durch ein Schiffsboot und die beiden erbeuteten Kanus, sämmtlich mit Polizeisoldaten besetzt und unter abwechseln⸗ der Aufsicht eines Europäers umfahren, um eine nächtliche Flucht der Mokleute ver Floß zu verhindern. Am 18., 19. und 20. Januar bis zur Ankunft S. M. S. „Seeadler“ wurde die Insel in immer wiederholten Zügen der Polizeitruppe genau abgesucht. Da die Insel zum theil sumpfig und mit Mangroven bestanden ist, bot dies große Schwierigkeiten. Hierbei wurden vier Eingeborene, die sich mit Speeren zur Wehr setzten, getödtet; ein Mann, der sich draußen beim Riff im Wasser verborgen gehalten hatte, und ein Knabe, der in der Krone einer Kokospalme steckte, gefangen genommen sowie ein von dem ermordeten Händler Maetzke herrührendes Mausergewehr mit einigen Patronen gefunden. Wie die Vernehmung der Komuli⸗ arbeiter und der Seppessaleute ergab, waren sowohl die sämmtlichen getödteten Mokleute wie der gefangene Mann bei dem Ueberfall der Station betheiligt gewesen.“
Nach Ankunft S. M. S. „Seeadler; am Nachmittag des 20. Januar durchstreifte ich mit Dr. Schnee und der Polizeitruppe nochmals die Insel, auf der sich angeblich noch zwei Mok⸗ Mandrian⸗ leute, Mörder des Händlers Maetzke, befinden sollten. Die Streife war erfolglos. Alim ist so dicht mit Kokosnüssen, die sich selbst verjüngen, bestanden, daß auf dem größten Theil der Insel die übrige Vegetation unterdrückt ist. Nur an der Nordseite ist dichteres Ge⸗ strüpp und auch ein guter Bestand hochstämmiger Mangroven vor⸗ banden. Unter den Palmen verfaulen die Nüsse zu Tausenden, da die Mok⸗Mandrianleute zu faul sind, regelmäßig Kopra zu machen. Eine gute wirthschaftliche Bearbeitung des Eilandes setzt die Nieder⸗ schlagung der überflüssigen Palmen voraus. Alsdann werden binnen kurzem 40 bis 50 Tons Kopra pro Jahr geecntet werden können. Die Mok⸗Mandrianleute wurhen von mir für ihre Schandthaten der Insel verlustig erklärt. Dieselbe ward für das Gouvernement in Besitz genommen und nach Schluß der Expedition dem Gesell⸗ schafter des ermordeten Maetzke, dem Händler Molde, als Ersatz für den beim Ueberfall der Handelsstation Komuli erlittenen großen Vermögensverlust und als Belohnung für die Thatkraft und Schneidig⸗ keit, mit welcher er dem Gouvernement bei dem Vorgehen gegen die räuberischen Eingeborenen auf Neumecklenburg sowohl wie in der Admiralitätsgruppe Dienste geleistet hatte, geschenkt. Molde wird Alim alsbald mit 20 Arbeitern zu regelrechter Kultur und Ausbeute in Angriff nehmen. Gegen 10 Uhr in der Nacht vom 20. auf den 21. fuhren wir nach Baluan (St. Patrik): dort hatten sich die Mok⸗Mandrianleute nach der Ermordung Maetzke's angesiedelt, um sich leichter einer drohenden Bestrafung durch Flucht in das Dickicht der großen Insel entziehen zu können. „Seeadler“ und „Mascotte“ legten sich in Deckung hinter die Baluan vorgelagerten kleinen Inseln Mok⸗Lin, Mok⸗Mandrian, Pom’⸗Lin, Pom⸗Mandrian (in der Manussprache bedeutet Lin = Klein, Man⸗ drian = Groß) so weit ab, daß Aussicht vorhanden war, Schiffs⸗ bewegungen und Einschiffung der Polizeitruppe, ohne von Baluan aus bemerkt zu werden, im nächtlichen Dunkel vornehmen zu köanen. Nur bei einer Ueberraschung konnte eine gründliche Bestrafung der schuldigen Eingeborenen gelingen, im anderen Falle verschwanden sie kurz vor der Landung der Truppen jedenfalls so weit in dem undurch⸗ dringlichen Busch, daß für eine erfolgreiche Verfolgung wenig Aussicht blieb. Um 4 Uhr Morgens fährt die Pinasse des „Seeadler“, die Polizei⸗ und Hilfsmannschaft, 70 Mann stark, in fünf Booten nach sich schleppend, an Mok⸗Mandrian vorbei Mok⸗Lin gegenüber dem Strande von Baluan zu. Dort wird um 5 Uhr unter der Führuag des Kaiserlichen Richters Dr. Schnee und von mir die Polizeitruppe aus⸗ geschifft. Die Pinasse fährt mit allen Booten zurück, um die Mok⸗Mandrian⸗ leute gegebenenfalls nicht davon abzuschrecken, in Kanus, die zweifellos dem „Seeadler“ in die Hände gefallen wären, die Flucht zu versuchen. Zu unserer Unterstützung hatten sich der Expedition die Herren Frings, Molde und Schlehan angeschlossen. Bis Tagesgrauen wartet die Truppe am Strande, dann wird auf einem schmalen Kanakerpfade unter Führung der Seppessaleute der Marsch in das Innere angetreten. Nach 20 Minuten ist der erste Ort der Mok⸗Mandrianleute erreicht. Diese müssen trotz all unserer Vorsicht schon aufmerksam geworden sein. Lärm und Getümmel erhebt sich, und die großen Kriegstrommeln (Haramut) werden geschlagen. Die Polizeitruppe eröffnet in auf⸗ gelöster Reihe auf das feindliche Dorf Schnellfeuer. Ein Hagel von Steinen und Steinspeeren begrüßt uns, der mit Einzelfeuer erwidert wird. Ob der Feind auch von Feuerwaffen Gebrauch macht, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Eine kurze Zeit haben wir Mühe, unsere Leute, denen der Obsidianspeer als besonders gefähr⸗ liche Waffe gilt, zum Vorrücken zu bringen. Doch der Wider⸗ stand der Eingeborenen erlahmt, in langsamem Vordringen besetzen wir die drei hintereinander liegenden Niederlassungen derselben und senden dem nach allen Richtungen unter einzelnen Stein⸗ und Speer⸗ würfen sich zerstreuenden Feinde kleinere Trupps unserer bewährten alten Polizeijungen zur Verfolgung nach. In den besetzten Dörfern werden die Hülten durchsucht und hierbei alle möglichen in Komuli geraubten Gegenstände gefunden. Die bei den Hätten sich umher⸗ treibenden Schweine werden als willkommener Frischproviant für re und „Mascotte“ zur Strecke gebracht und an den Strand geschl⸗ppt.
Eine zweite Niederlassung der Mok⸗Mandrianleute, die zu Lande nicht erreichbar war, wurde Mittags auf 2000 bis 3000 m vog den großen Geschützen des „Seeadler“ beschossen. Vorher waren die ge⸗ sammte Polizeitruppe und einige der befreundeten Admiralitäts⸗ Insulaner an Bord genommen, damit die Schwarzen sich von der Fernwirkung der Kanonen überzeugen könnten. In der beschossenen Niederlassung sollten sich der größere Theil der geraubten Gewehre und viel Munition befinden. Die Geschosse des „Seeadler“ schlugen in das in die See hinaus auf Pfahlrosten gebaute Dorf ein. Als⸗ dann wurde wiederum mit Hilfe der Dampfpinasse die gesammte Polizeitruppe uater Führung von Dr. Schnee und mir gelandet. Kurz vor der Landung ward von Bord der Pinasse aus der Strand und das nächste Hinterland mit einem Maximgeschütz unter Feuer ge⸗ nommen, um den Eingeborenen die ihnen noch unbekannte Wakung eines Schnellfeuergeschützes zu zeigen und für unsere kleine Truppe die Landung gefahrloser zu machen. Die Ortsbewohner hatten sich nach dem Innern zu geflüchter. Wir verfolgten dieselben zunäcwst bis zu einem größeren im Busch gelegenen Dorfe und nahmen dort mit dem Gros der Truppe Aufnahmestellung, während einzelne bewährte Polizeisoldaten weiter zur Verfolgung vorstießen. Dieselben schossen sich im Einzelkampfe mit den Insulanern, die von den geraubten Gewehren Gebrauch machten, herum. Die gefundenen Huütten wurden nach Absuchung zerstört. Unsere Freunde, die Seppessaleute, die auf grogen Kanus zahlreich m der Zwischenzeit eingetroffen waren, sorgten eifrigst dafür, sich on der Habe ihrer Todfer de für die durch dieselben gehabten großen Verluste schadlos zu halten.
Gegen 3 Uhr ward die Reise nach der großen Admiralitäts⸗ Insel, die in Zukunft nach der Eingevorenenbezeichnung am besten „Manus“ zu nennen ist, fortgesetzt, und Abends ward an der Süd⸗ küste der Insel, innerhalb der großen Bucht, welche das kleine Eiland Rubin (Bird⸗Insel) einschließt, geankert. G 10 Uhr
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Morgens
dampften wir in die große, gelegene Bucht ein, die Einfahrt zwischen den Inseln Drillo (Los Negros) und Hauvei (Amey) benutzend. Beide Inseln sind unbewohnt, aber mit dichtem Hochwalde, aus dem einzelne Palmen hervorlugen, bestanden. Etwa 500 m vor der Südostecke der Jasel Pitilu ging der „Seeadler“ vor Anker. Auf Pitilu wohnt der Stamm, weicher zusammen mit den in Papitalai, an dem südöstlichen Ausläufer auf einer Spitze der Hagptinsel ge⸗ legen, angesiedelten Leuten den Schuner „Nukumanu“, der Firma Forsayth gehörig, genommen und die weiße und schwarze Mannschaft derselben ermordet hatte. Die in Papitalai wohnenden Manusleute hatten außerdem einige Zeit später den die Kriekausläufe der Bucht befahrenden Herrn Forsayth mit den erbeuteten Ge⸗ wehren beschossen und hierbei einen Engländer, Namens Bullot, schwer verwundet, während die Pitiluleute kurz darauf den Versuch gemacht hatten, auch den Kutter des mit ihnen han⸗ delnden Molde zu nehmen. Dieser war nur durch seine besondere Kenntniß des Charakters der Eingeborenen vor schwerem Unglück bewahrt worden. Die Bewohner von Pitilu hatten das Nahen des Kriegsschiffes nicht früh genug bemerkt und waren auf ihrer Insel sitzen geblieben. Man sah sie am Strande hin⸗ und herlaufen und auch Versuch; machen, Kanus ins Wasser zu schieben. Um ihre gründliche Bestrafung sicherzustellen, hatte Herr Korvetten⸗Kapitän Schack die „Mascotte“ mit einem Offizier und einigen Leuten be⸗ mannt und derselben den Auftrag ertheilt, an der Nordseite von Pitilu zu kreuzen. Der „Seeadler“ beschoß alsdann zunächst die Süd⸗ spitze der Insel, an der Eingeborene und Häuser sichtbar waren. Ich fuhr mit der Pinasse, die ein Boot mit 12 Polizeijungen in Schlepp hatte und mit einem Maximgeschütz armiert war, langsam die Süd⸗ und Ostseite der Insel entlang, um abfahren wollende Kanus zu beobachten und von Zeit zu Zeit nach geschehener Landung kleinere Vorstöße zu machen und die Kanus und die Niederlassungen der Eingeborenen zu vernichten. Die Polizeitruppe unter Leitung Dr. Schnee's in Begleitung der Herren Molde, Schlehan und des Bootsmanns Fuhrhop landete an der Westseite der Insel, um von Westen nach Osten möglichst weit ausgreifend die Insel abzustreifen. Ich landete mit meinen Leuten an ver⸗ schiedenen Stellen, nachdem die die Kriegstrommeln schlagenden Eingeborenen mit dem Maximgeschütz in heilsamen Schrecken gejagt waren. Die Hauptmacht der Polizeitruppe hatte an verschiedenen Stellen Zusammenstöße mit den Eingeborenen, wobei mehrere von den Letzteren getödtet wurden. In den Hütten der Eingeborenen, die zum theil mit großer Sorgfalt erbaut waren, wurden zahllose von der Plünderung der „Nukumanu“ herrührende Gegenstände, auch einige Winchesterpatronen, gefunden. Arbeitsam scheint dieser Stamm, durch den auch bisher den Händlern wenig Produkte zu⸗ gebracht wurden, nicht zu sein. Auf der fruchtbaren, schönen Insel sah man prachtvolle Wildbäume, aber nur wenig An⸗ pflanzungen. Gegen 4 Uhr kehrten wir an Bord S. M. S. „Seeadler“ zurück. Am anderen Morgen gegen 6 Uhr fuhr derselbe mit uns und der Polizeitruppe an Bord quer durch die Bucht an den
unbewohnten kleinen Inseln Reta, Butshou (Bendney⸗Insel), But⸗
shoruo vorbei dem Südostwiagkel der Bucht zu, um die Bestrafung der in Papitalai wohnenden Mörder des Kapitäns Dathe zu bewirken. Die Bucht bildet einen schönen großen Hafen, in dem bequem die ganze deutsche Flotte liegen und sich bewegen könnte und der für den Handel bei der weiteren Entwickelung der Admiralitäts⸗Inseln die größte Bedeutung erlangen wird. Eine Ueberraschung der Papitalai⸗ leute, denen unsere Naͤhe natürlich längst bekannt geworden war, war cbenso unmöglich wie eine Verfolgung derselben in die undurch⸗ dringliche, an dieser Stelle noch mit Krieks durchsetzte große Admiralitäts⸗Insel Manus. Der „Seeadler“ ging möglichst nahe, in den ersten Kriek einfahrend, heran, bis die Häuser von Papitalai sichtbar waren. Dann wurde, als man am Ufer noch bewaffnete Mäaner bemerkte, die mit einem Maximgeschütz bewehrte Pinasse klar gemacht, welche nun unter der Leitung des ersten Offiziers des „Seeadler“, Kapitänleutnants von Hippel, dem ich mich anschloß, die Küste entlang fuhr und häufiger den Busch, in welchem noch feindliche Krieger zu vermuthen waren, mit einem Kugelregen aus dem Maxim⸗ geschüt abstreute. Um die Fernwirkung des Schnellfeuergeschützes zu zeigen, wurde auch auf 1000 bis 2000 m in die Insel hinein⸗ geschossen. In vier Booten kam alsdann die Polizeitruppe kach und wurde gleichzeitig mit mir gelandet. Man mußte mit der äußersten Vorsicht vorrücken, da die eine Bestrafung voraussehenden Ein⸗ geborenen auf den Wezen und nahe denselben zahllose mit Speer⸗ spitzen oder zugespitzten Bambusstäbchen versehene Fallgruben an⸗ gebracht hatten. Die Ortschaft Papitalai ward zerstört. In den Hütten wurden unter anderen geraubten Sachen auch die Schiffs⸗ papiere der „Nukumanu“ und das internationale Signalbuch derselben gefunden. Eingeborene wurden nicht sichtbar. Eine Verfolgung der⸗ selben ward der örtlichen Schwierigkeiten halber nicht versucht.
Die große Insel Manus ist an dieser Stelle, wie auch der Fern⸗ lick auf den dichten, düsteren Hochwald für die ganze Insel ver⸗ muthen läßt, sehr fruchtbar. Die Insel wird zweifellos einmal, da sie langsam ansteigende weite Ebenen ihren Umrissen nach besitzt, ein Plantagengebiet ersten Ranges werden können. Die Formation ihrer Berge läßt auf nicht vaulkanischen Ursprung schließen. Mittags machte Herr Korvetten⸗Kapitän Schack mit der Dampfpinadsse eine Rekognoszierungsfahrt in die Krieks zu Vermessungs⸗ zwecken. Auf meine Bitte konnte ich mich an dieser Fahrt betheiligen, und auf meinen Rath wurde auch ein Mayxim⸗ geschütz mitgenommen und fortwährend schußbereit gehalten. Ich nahm von vornherein an, daß wir aus dem Mangrovengebüsch der Kriekufer von den Papitalaileuten mit den geraubten Gewehren be⸗ schossen werden würden. Nachdem wir zunächst in nordöstlicher Richtung in den Kriek hineingefahren waren, wandten wir uns süd⸗ wärts an Papitalai vorbei. Hier wurden wir aus unmittelbarer Nähe des zerstörten Dorfes von einem Flintenschuß begrüßt, der am Bug der Pinasse vorbeipfiff und sofort mit einem Schnellfeuer aus dem Maximgeschütz erwidert wurde. Weiter im Innern ertönte ein wildes Kriegsgeschrei, das aber verstummte, als in der Richtung des⸗ selben mit 1000 und 1500 m⸗Vrisier das Maximgeschüz in Thätigkeit trat. Wir kehrten zum „Seeadler“ zurück, der in die Mitte der großen Bucht dampfte und alsdann in einer Entfernung von 5000 m, um den Eingeborenen die Leistungsfähigkeit der Schiffsgeschütze zu zeigen, sechs Granaten nach Papitalai zu warf. Gegen 5 ÜUhr passierten wir die schon als Einfahrt gewählte Passage, und am Morgen des 24. legte sich der „Sceadler“ vor die beiden Jaseln Pom⸗Lin und Pom⸗ Mandrian. Auf Pom⸗Lin sitzt ein Stamm, der schon seit längerer Zeit mit der Handelsstaton Komuli in freundschaftlicher Beziehung steht, während die Pom⸗Mandrian⸗Leute sich zwar nicht direkt an der Ermordung Maetzke's und seiner Leute, wohl aber an der Theilung der bei der Plünderung der Handelsstation gemachten Beute betheiligt hatten. Ich hatte von vornherein die Absicht, ein gewaltsames Vor⸗ gehen gegen die Pom⸗Mandrian⸗Leute, die nur höchstens 50 Mann stark sein sollen und von ihrer kleinen Insel nicht entweichen können, zu vermeiden. Mit Dr. Schnee und dem Händler Molde fuhr ich in einem Boote des „Seeadler“ zunächst nach Pom⸗Lin hinüber. Der alte Häuptling der Insel, Langes, kam uns im Kanu entgegen. Wir bewogen ihn, einige seiner Unterthanen nach Pom⸗Mandrian zu schicken, um Unterhandlungen anzuknüpfen. Diese Sendung war ver⸗ geblich, da die schuldbewußten Insulaner in das Innere der Insel geflüchtet und durch Zurufe nicht zur Rückkehr an den Strand zu bewegen gewesen waren. Wie wir auf Pom⸗Lin sicher erfuhren, hatten die Einwohner von Pom⸗Mandrian avbver nicht, wie uns vor⸗ her berichtet war, einige der geraubten Gewehre in ihrem Besitze. Ich nahm daher von weiterem Vorgehen, da Verhandlungen unmöglich waren, zur Zeit Abstand und sorgte nur dafür, daß den Pom⸗Mandrian⸗Leuten mitgetheilt wurde, daß sie, wenn sie sich noch irgend etwas zu Schulden kommen ließen, schwer bestraft werden würden. Wir durchwanderten die Insel Pom⸗Lin, die besonders interessant ist, weil sie mit ihrem überall in großen Fels⸗ blöcken zu Tage tretenden Obsidian daz Speerspitzenmaterial für einen großen Theil der Admiralitäts⸗Inseln liefert. Die Insel⸗ bewohner, im Ganze ohl auch höchstens 50, wohnen in
an der Nordostseite von Manus
hnlichen Hütten. Sie chweinen, Bananen, Kokos⸗ Fr kartoffelartigen Erdknolle, die über der Erde als rankendes Gewächs an Holzstielen gezogen wird. Ihre ausgedehnten, forgfältig gehaltenen und mühsam mit Steinmauern eingefaßten Knollenpflanzungen erinnern sehr an unsere heimischen Weinberge und beweisen, daß dieser Stamm sich vor den übrigen Admiralitäts⸗ Insulanern durch Fleiß auszeichnet. Er liefert einen großen Theil der Verpflegung für die Leute des Händlers Molde.
ach unserer Rückkehr setzte der „Seeadler“ die Fahrt nach den Seppessa⸗Inseln (Fehdarb) fort. Hier wollten wir anbalten, weil die Seppessaleute sich stets freundschaftlich zu den Europäern gestellt hatten. Gegen 1 Uhr gingen wir in Begleltung des Häuptlings Kewenu, der uns während der ganzen Expedition begleitet hatte, an Land und ließen uns zunächst von ihm seine große, auf Pfählen am Meeresstrande stehende, schön gebaute und ausgerüstete Hütte zeigen. Dann durchstreifte ich in Begleitung einiger Eingeborenen und eines
Polizeijungen den nächsten Theil der Insel, um ein Bild von der
Fruchtbarkeit derselben zu erlangen. Von der Bodenkraft der wahrhaft tropischen Insel zeugten große Blattpflanzen und riesenhafte Laub⸗ bäume. Abends ward die Insel Komuli erreicht, auf der uns zu Ebren, beleuchtet von den Scheinwerfern des „Seeadler“, die be⸗ freundeten Admiralitäts⸗Insulaner einen nächtlichen wilden Kriegstanz aufführten. Am 25. Morgens trat der „Seeadler“ die Rückreise nach Herbertshöhe an, und in der Mitternacht zum Geburtstage Seiner des Kaisers und Königs gingen wir vor Herbertshöhe zu nker.
Ich hoffe, daß die gelegentlich dieser Expedition durchgeführte
Bestrafung der Hauptübelthäter der Admiralitäts⸗Insulaner guten, bleibenden Erfolg haben wird und die dauernde Erschließung der viel⸗ versprechenden Inselgruppe zunächst für den Handel und in einiger Zeit auch für Plantagenbau zur Folge haben wird. Für die Küsten⸗ bewohner der Admiralitäts⸗Inseln ist unser Vorgehen, das lediglich einige aus Räubern und Mördern sich zusammensetzende Stämme ge⸗ troffen hat, als ein Glück zu bezeichnen, da sie, wohl unzweifelhaft mit der intelligenteste Theil der Bewohner des alten Schutz⸗ gebiets Neu⸗Guinea, im Begriffe standen, durch ewige Kriege vollständig aufgerieben zu werden. Die Ueberfälle auf Europäer sind in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die einzelnen Stämme auf jede Weise versuchen wollten, in Besitz von Feuerwaffen und Munition zu gelangen, um durch diesen Besitz anderen Stämmen bei den ewigen Fehden überlegen zu sein. Unbedingt nöthig wird für die Zukunft sein, daß man allen Ereignissen innerhalb der Gruppe ein wachsames Auge leiht, jedes Vorgehen gegen Europäer nachdrücklich und schleunigst bestraft und auch den Stämmen, die in erster Linie die anderen Insulaner durch Angriffe belästigen, zum Ausdruck bringt, daß das Kriegführen ein Sonderrecht des Gouvernements ist. Den Händler Molde habe ich gebeten, über den Erfolg unseres Vorgehens und die Beurtheilung desselben durch die Eingeborenen genaue Erkundigungen einzuziehen und mir darüber schriftlich zu berichten. S. M. S. „Seeadler“ habe ich ersucht, auf der Rückkehr von der Rundfahrt nach den Karolinen, Palau und Marianen die Admiralitäts⸗Inseln wieder anzulaufen und eventuell, falls Gefahr im Verzuge ist, innerhalb der Inselgruppe gegen verbrecherische Eingeborene sofort wieder vorzugehen. Das glückliche Gelingen der Expedition nach den Admiralitäts⸗Inseln ist in erster Linie S. M. S. „Seeadler“ zuzuschreiben, dessen Kom⸗ mandant, Offiziere und Mannschaften sich in der aufopferndsten Weise bemüht haben, die Gouvernementsbeamten in der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen.
Herr Dr. Schnee verließ uns bei Komuli mit der Polizeitruppe an Bord der „Mascotte“, um noch in Neu⸗Mecklenburg einige nothwendige Angelegenheiten zu erledigen. Ueber sein weiteres Vor⸗ gehen berichtet derselbe Folgendes: „Am 25. Januar fuhr die „Mascotte“ von Komuli, wo zum Schutz der Händlerstation sechs ta zurückgelassen wurden, zunächst in der Richtung auf
eu⸗Hannover, an dessen Nordostküste kürzlich ein mit vier farbigen Arbeitern bemanntes Händlerboot von den Eingeborenen unter Ermordung der Insassen genommen war. Am Nachmittag des 26. Januar wurde die Insel Kung, Station des Händlers Gangloff, erreicht. Hier wurden einige mit den Verhältnissen vertraute Ein⸗ geborene an Bord genommen. Am Abend wurde bei der kleinen Insel Ungalik geankert und am anderen Morgen die Insel Zoi, deren Bewohner der Theilnahme an der Mordthat verdächtig waren, an⸗ gelaufen. In Zoi wurde durch Vernehmung einer großen Anzahl von Eingeborenen und des dort ansässigen chinesischen Händlers fest⸗ gestellt, daß die Mordthat bei Buka⸗Buka auf Neu⸗Hannover, gegen⸗ über Zoi von sieben Eingeborenen des Dorfes Mamiou auf Zot aus⸗ geführt war. Die Mörder waren nach vollbrachter That unter Mitnahme eines bei dem Ueberfall erbeuteten Gewehrs in das Innere von Neu ⸗ Hannover zu be⸗ freundeten Stämmen geflüchtet. Eine Betheiligung der auf Zoi verbliebenen Eingeborenen hatte nach dem Ergebniß der Er⸗ mittelungen nicht stattgefunden. Da die Aussicht, durch ein Vorgehen auf Neu⸗Hannover der Schuldigen habhaft zu werden, sehr ungewiß schien, begnügte ich mich damit, auf die Einlieferung der Mörder und des Gewehrs Belohnungen auszusetzen. Einer der Mörder ist in⸗ zwischen bereits von den Zoi⸗Eingeborenen gefangen und durch Ver⸗ mittelung des Händlers Ruge auf Nusaum in das Gefängniß in Herbertsböhe abgeliefert worden. Am Nachmittag des 27. Januar wurde Nusaum erreicht. Hier wurde der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers festlich begangen. Am 28. Januar wurde Kabien nochmals angelaufen. Da nach den Angaben des alsbald an Bord kommenden Händlers Schneider keine Be⸗ fürchtungen wegen seiner Sicherheit zu hegen waren, wurde nach kurzem Aufenthalt die Weiterfahrt nach Nusa durch den Albatroskanal angetreten. Nachdem unterwegs die kleine Insel Lisseno, Station des Händlers Pagels, angelaufen war, wurde um 3 Uhr Nachmittags Nusa (Station der Firma Hernsheim u. Co.) erreicht. Auf Nusa war vor einigen Monaten einer der größten Häuptlinge der Gegend, Morongai von Nowara, aus Blutrache von dem Bruder eines Mädchens, das er umgebracht hatte, ermordet worden. Einige Zeit darauf waren aus anderer Veranlassung Unruhen unter den Nusa⸗Eingeborenen entstanden. Ein Theil deiselben batte mit Hilfe von einigen auf Neu⸗Mecklenburg belegenen Ortschaften einen anderen Theil der auf Nusa wohnenden Eingeborenen angegriffen, deren Hütten niedergebrannt und mehrere Männer ver⸗ wundet. Die Angegriffenen waren auf den Nasu gegenüberliegenden Theil Neu⸗Mecklenburgs geflüchtet. Ich ließ die Häuptlinge bezw. angesehene Männer der betheiligten Octschaften an Bord der „Mascotte“ laden, wo dieselben auch erschienen. Nach Verhandlung der Sache legte ich den schuldigen Ottschaften eine Buße in Tapsoka (Muschel⸗ geld) auf und ordnete die Auslieferung von zwei im Besitz der Ein⸗ eborenen befindlichen Gewehren an, von welchen bei den Uaruhen
ebrauch gemacht war. Bis zur Zahlung der Bußen und Ausliefe⸗ rung der Gewehre bebielt ich je einen angesehenen Mann der drei schuldig befundenen Ortschaften an Bord. In der Nacht ließ ich den Mörder des Häuptlings Morongai verhaften. Den Stammes⸗ genossen des ersteren, welche bei der Ausführung der Mordthat Bei⸗ hilfe geleistet hatten, legte ich zur Sühnung der That nach Landes⸗ sitte eine an den Bruder des Ermordeten zu zahlende Buße in Tap⸗ soka auf. Am Morgen wurden sämmtliche Bußen bezahlt und die beiden Gewebre ausgeliefert, worauf die drei Geifeln entlassen wurden. Am 29. Januar fuhr die „Mascotte“ von Nufa ab. Am Abend wurde Kapsu, Station des Händlers Petersen (Firma Hernsheim u. Co.), erreicht, am folgenden Morgen Lanau, Station des Händlers Schlüter (Firma E. E. For sayth), angelaufen. Zwischen den Emgeborenen dieses Platzes und der umliegenden Dörfer Nonapei und Livitur einerseits und den weiter südlich wohnenden Eingeborenen von Fangefogen und Lamechot andererseits hatten vor kurzem Kämpfe stattgefunden, in welchen auf beiden Seiten von Gewehren Gebrauch gemacht war. Wie die Ver⸗ nehmungen ergaben, waren im Besig der Lmau⸗ und Liviturleute zwei Gewehre, außerdem hatte der Händler Schlüter an die Ein⸗ geborenen vorübergehend einige Gewehre gegeben, angeblich um damit seine durch die Unruhen gefährd te Station zu bewachen. That⸗ sächlich hatten die Eingeborenen die Gewehre bei einem Kriegszug
Nummer d. Bl. berichtet.
Fangefogen mitgenommen. Durch Festnahme einiger Häuptlinge wurde die Auslieferung der beiden den Eingeborenen gehörigen Gewehre erzwungen. Die Gewehre rührten, wie auch die sonst bei dieser Expedition mir ausgelieferten Gewehre, von früher ermordeten 9 her. Gegen den Händler Schlüter ist das Strafverfahren eingeleitet worden. Bei der weiteren Fahrt wurde die Händlerstation Tovar⸗ neling (Firma Monton u. Co.) angelaufen. Am 31. Januar wurde die Händlerstation Fassana der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie angelaufen. Am 4. Februar traf die „Mascotte“ wieder in Herbertshöhe ein.“
Deutscher Reichstag. 187. Sitzung vom 7. Mai 1900, 1 Uhr. Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen
Zur zweiten Lesung steht der Gesetzentwurf, betreffend Postdampfschiffsverbindungen mit Afrika.
Referent der XXV. Kommission, welche die Vorlage vor⸗ berathen hat, ist der Abg. de Witt (Zentr.).
Die Kommission hat die Vorlage unverändert an⸗ genommen und schlägt die Annahme von aches Resolu⸗ tionen vor:
„a. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, mit dem Unternehmer, dem die Einrichtung einer vierzehntägigen Postdampfschiffsverbin⸗ dung mit Ost⸗Afrika und einer vierwöchentlichen Postdampfschiffs⸗ verbindung mit Süd⸗Afrika übertragen werden wird, eine Verein⸗ barung dahin zu treffen, daß der Herr Reichskanzler die Befugniß erhält, landwirthschaftliche Produkte des Auslandes, welche mit denen der deutschen Landwirtvschaft konkurrieren — mit Ausnahme von Taback, Bienenwachs, Häuten, Fellen und Wolle — von der Einfuhr durch die subventionterten Dampfer nach deutschen, belgischen und holländischen Häfen auszuschließen;
„b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, baldmöglichst dabin zu wirken, daß die Fahrtgeschwindigkeit bei den Postdampfschiffen nach Afrika im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes thun⸗ lichst erhöht werde.“
Abg. Klees (Soz.) plädiert für Verwerfung der ersten Resolution. Dieselbe sei auf Verlangen des Abg. Dr. Oertel beschlossen worden. (Prästdent Graf von Ballestrem ersucht den Redner, nicht von der löblichen Gewohnheit abzuweichen, Vorgänge aus der Kommission, deren Verhandlungen einen vertraulichen Charakter trügen, nicht unter Nennung von Namen zur Sprache zu bringen.) Den Gegengründen habe die Mehrbeit kein Gehör geschenkt. Es sei doch eigenthümlich, daß man einerseits so erhebliche Mittel des Reiches für die Sub⸗ ventionierung von Postdampfern ausgebe und andererseits die überseeischen Produkte in das Reich durch diese Dampfer nicht hineinlassen wolle. Schon auf Grund des bestehenden Vertrages habe der Reichskanzler die Einfuhr von ausgeschlachtetem Fleisch, Butter und anderen Molkereiprodukten verboten; jetzt solle nichts, was irgendwie der deutschen Landwirthschaft Konkurrenz machen könnte, in das Mutterland hineingelassen werden, auch nicht aus den deulschen Kolonien selbst. Der Vertreter der Konservativen habe sogar gemeint, wenn dieses Verlangen nicht erfüllt würde, müßten sich die Freunde der Kolonialpolitik unter den Landwirthen in Gegner derselben ver⸗ wandeln. Die sozialdemokratischen Vertreter würden gegen das Gesetz stimmen und sich an der Diskussion nicht weiter betheiligen.
Abg. Dr. Oertel⸗Sachsen (d. kons.): Ich bitte, in den Vertrag mit dem Unternehmer auch die beiden bisher bestehenden Bestimmungen aufzunehmen, daß die Schiffe aus deutschem Material gebaut und die Bresatzung der Schiffe thunlichst aus Deutschen gebildet werden sollen und daß die Agenten in den auswärtigen Häfen ebenfalls Deutsche sein sollen. Wir müssen lebhaft wünschen, daß unsere Kolonialver⸗ waltung möglichst den Anbau von solchen Produkten der Landwirth⸗ schaft fördert, welche nicht mit heimischen Produkten konkarrieren. An den Anbau von Weizen in großem Maßstabe in unseren Kolonien ist in absehbarer Zeit nicht zu denken; bezüglich des Getreide⸗ baues und der Viehzucht fürchten wir thatsächlich die Konkurrenz unserer Kolonieen nicht. In der Resolution ist auch von den Pro⸗ dukten der deutschen Schutzgebiete nicht die Rede. Die Ausführung des Vorredners schien wohl allein für seine eigene Person gemacht worden zu sein. Ein Einfuhrverbot wird ja auch nicht ausgesprochen, aber wir können nicht Dampferlinien subventionieren, welche der heimischen Produktion eine starke Konkurrenz machen. Durch die Hinzufügung der Ausnahmen haben wir bewiesen, daß nur diejenige Konkurrenz beseitigt werden soll, welche jeder vernünftige Mensch beseitigt wünschen muß. Wenn auch jetzt noch nichts Nennenswerthes aus Afrika ausgeführt wird, so können sich doch in 15 Jabren die Verhältnisse so ändern, daß sehr wohl eine Konkurrenz eintreten kann. Schon heute wird mit der Einfuhr von Wein und Gerbstoffen gerehnet. Der Einfuhr von Kaffee wird indessen diese Resolution wohl kaum gefährlich werden. Resolutionen sind zwar schwankende Bretter, aber in diesem Falle wird eine solche genügen, weil ja der Reichskanzler im Anfang dieses Jahres von der entsprechenden Ermächtigung thatsächlich Gebrauch gemacht hat.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Durch eine Erklärung meinerseits kann ich viel⸗ leicht die Debatte über dieses Gesetz, über welches die große Mehr⸗ heit des Hauses wohl einig ist, wesentlich abkürzen. Meines Er⸗ achtens liegt die Bedeutung der subventionierten Reichspostdampfer⸗ linien nicht nur darin, unsern Postverkehr mit dem Auslande zu heben, sondern deren Bedeutung ist wesentlich auch eine handelspolitische und wirthschaftspolitische; aus diesem Grunde ist die Subvention der Reichs⸗ postdampferlinien von den verbündeten Regierungen und dem hohen Hause auch nicht in den Etat der Reichs⸗Postverwaltung, sondern in den Etat des Reichsamts des Innern eingestellt, und alle die Fragen, die jetzt angeregt sind, liegen auch lediglich auf handelspolitischem und wirthschaftspolitischem Gebiete. Aus diesem Gesichtspunkte heraus, aus dem die Subventionen überhaupt bewilligt werden, folgt aber auch ganz von selbst, daß wir den Gesellschaften, welche Subvention erhalten, die Verpflichtung auferlegen werden, soweit möglich die Schiffe aus deutschem Material herzustellen, die Bemannung möglichst aus Deutschen auszuwählen und auch die Schiffe möglichst mit deutschem Proviant zu versehen. (Bravo! rechts) Wenn wir das nicht thäten, so würden wir unter Umständen nicht die wirthschaftlichen Kräfte Deutschlands stärken, sondern des Auslandes. (Sehr wahr!)
Was speziell diese Resolution betrifft, so haben wir gegen deren Inhalt unsererseits nicht die geringsten Bedenken. Meine Herren, es ist klar, daß die subventionierten Dampferlinien nicht dazu dienen sollen, um die Konkurrenz des Auslandes zu unterstützen, sondern daß ihre Bestimmung ist, die heimische Produktion zu heben und deren Absatz im Auslande zu fördern. (Sehr wahr!)
Ich will nun noch kurz auf das eingehen, was in der Kommission in dieser Beziehung verhandelt ist. Es ist ja selbstverständlich, daß ich durch meine amtliche Stellung Kolonialfragen ziemlich fernstehe, deshalb aber auch in der Lage bin, sie möglichst nüchtern zu beurtheilen. Ich würde mich herzlich freuen, wenn in unseren Kolonien in großem Maße heimische Kulturen eingeführt werden könnten, wenn wir dort besonders einen großen Getreidebau zu erzielen vermöchten, der es er⸗
möglichte, daß nach dort deutsche Ansiedler in größerer Zahl hingehen
und mit Erfolg Landwirthschaft treiben könnten. Ich würde mich
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auch sehr freuen, wenn trgend welche anderen chemischen Rohstoffe
dort hergestellt würden, die es ermöglichten, daß wir nicht nur reichere
Einnahmen aus den Kolonien bezögen, sondern daß sie auch ein weites Feld der Thätigkeit für Auswanderer böten. Aber, meine Herren in dieser Beziehung theile ich die Auffassung des Herrn Vorredner
durchaus. Ich glaube, die Zeit, wo uns die tropischen Kolonien Kon⸗ kurrenz machen werden in Bezug auf den Bau heimischer Getreide⸗
arten, liegt noch sehr fern, ich sehe diese Hoffnung wirklich als d
Topf des Milchmädchens an. Wir thäten deshalb klug, diese Debatt abzukürzen und uns mit jener Aussicht nicht weiter zu beschäftigen Sie liegt vorläufig vollkommen außerhalb des Bereichs der Wahr scheinlichkeit, ja wohl auch außerhalb des Bereichs der Möglich⸗ keit. Es wäre deshalb unpraktisch, sich jetzt mit einem etwaige
Konkurrenzprodukt für Deutschland zu beschäftigen, das noch garnicht
hergestellt wird! Ich bitte Sie, hiernach vollkommen beruhigt z sein in Bezug auf die Art des Vertrags, den wir im Interesse der deutschen Industrie und zum Schutz der deutschen Landwirthschaf abschließen werden, und den vorliegenden Gesetzentwurf zu genehmigen (Bravo!)
Abg. Brömel (fr. Vgg.): Wenn die Resolution in den Kommissisnsverhandlungen eine Abschwächung erfahren hat, so ist
doch durch die Erklärung der verbündeten Regierungen und durch die
heutigen Ausführungen des Abg. Oertel dieser Konzession ihr Werth wieder geraubt. In der Kommission ist ausgesprochen worden, daß jz die Erzeugnisse unserer Kolonien, wenn sie der beimischen Land⸗ wirthschaft Konkurrenz machen sollten, durch den Zolltarif geschützt seien, und von einer Seite wurde offen ausgesprochen, man könne sich ja diese Konkurrenz auch durh eine weitere Zollerböhung vom Leibe halten. leichtert die Verbindungen mit den Kolonien, man bezgeistert sich für eine überseeische Politik Deutschlands; andererseits empfiehlt man die
schroffsten Absperrungsmaßregeln, welche eine Welt⸗ und Kolonial⸗ 8 politik geradezu negieren. Herr Oertel spricht von gesundem und ver⸗ zu dem ungesunden stellt.
nünftigem Verkehr, den er in Gegensatz Aber eine Verkehrspolitik, welche nur Absatzwege und Absatzmittel schaffen will, die ist gerade eine ganz ungesunde und unvernünftige Politik. im Auslande unterzubringen, wenn man nicht gleichzeitig die Erzeugnisse
des Auslandes in das eigene Land in entsprechendem Maße herein⸗ 8
läßt. Die scherzhafte Aeutzerung, die ich in der Kommission gemacht habe, daß man, um die heimische Zichorie zu schützen, die Einfuhr von Kaffee verbieten würde, sehe ich, wie ich ausdrücklich heute hinzu⸗ setzen muß, nur zur Zeit als scherzhaft an. Auch sachlich ist der Ausspruch, den die Resolution erhebt, unberechtigt. Der Vertrag
legt dem Unternehmer eine Anzahl von Verpflichtungen auf, welche er nur erfüllen kann, wenn er stets auf volle Rückfracht zu rechnen
Das ist ein auffälliger Widerspruch Man er-⸗
Es ist geradezu unmöglich, die Erzeugnisse des eigenen Landes
hat. Schon die vorgeschriebene Tragfähigkeit erfordert den Bau großer
und kostspieliger Schiffe. Für Deutschlands Weltinteresse könnte es nichts Verkehrteres geben,- als eine solche kleinliche und einseitige Maßregel. Wir werden deshalb gegen die Resolution stimmen.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): „Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenne auch den Herrn Verfasser!“ Es sind immer dieselben Gründe, mit derselben Ueberzeugungstreue vorgetragen; aber um in diesem Falle gegen die Resolution anzukämpfen, mußte der Vorredner erst das Gefechtsfeld verschieben. Eine erhebliche Weizenproduktion hat kein Kolonialenthusiast von unseren afrikanischen Kolonien er⸗ wartet. Bezüglich der berechtigten Wünsche, welche man über den Gebrauch der deutschen Sprache auf den deutschen subventionierten Postdampfern haben muß, wird hoffentlich das Erforderliche geschehen; es ist doch selbstverständlich, daß der Unternehmer der Dampferlinien und die Offiziere der Dampfer sich auch als Deutsche fühlen. Die hohen Frachtsätze werden plelleicht etwas herabgesetzt werden können. Wir freuen uns der fast allgemeinen Zustimmung zu der Vorlage um so mehr, wenn wir uns der harten Kämpfe erinnern, welche bei der ersten Dampfersubvention den Reichstag durchtobten.
Abg. Bebel (Soz) führt aus, kein Land nehme solche Be⸗ dingungen, wie sie die erste Resolution vorschreibe, in die Verträge auf. Dabei bildeten die Agrarier, für welche alle diese Liebesdienste geleistet würden, nur eine kleine Minorität. Die subventionierten Postdampfer sollen neue Handelsbeziehungen mit überseeischen Ländern anknüpfen, aber wenn die Ausfuhr von dort nach Deutschland in Frage komme, da heiße es, die und die Artikel dürften unter keinen Um⸗ ständen nach Deutschland hberein. Nur für jetzt wolle man das nicht gesetzlich machen, weil Deutschland bis auf weiteres eine nennenswerthe Konkurrenz von den Schutzgebieten nicht gemacht werden könne. Das heiße doch, man behalte sich für später vor, die Einfuhr von dort, wenn sie erst einmal ernsthaft in Frage kommen werde, mit allen Mitteln zu erschweren. Und wenn auch in Ost⸗öAfrika einst⸗ weilen noch die Verhältnisse so lägen, daß Konkurrenz nicht zu be⸗ fürchten stehe, so passe diese Auffassung doch nicht auf West⸗Afrika, wo doch die Zukunft sehr aussichtsvoll und auch der Massenanbau landwirthschaftlicher Erzeugnisse keine Unmöglichkeit sein solle.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.): Wenn die Resolution dahin aufgefaßt werden soll, daß die Einfuhr derjenigen Produkte aus⸗ zeschlossen sein soll, welche ihrer Zweckbestimmung nach mit Produkten der heimischen Landwirthschaft konkurrieren könnten, so würde ein großer Theil der Rückfracht und würden gerade die Massenfrachten der Dampfer in Fortfall kommen. Das würde der Resolution eine Tragweite geben, welche sie für den überseeischen Verkehr als gefährlich erscheinen läßt. Soll diese Auffassung nicht gelten, so ist die Resolution überflüssig. Herr Areadt ließ auch einflietzen, die Reso⸗ lution würde dazu dienen, uns vor Uebervölkerung in Deutschland zu bewahren. Von einer Uebervölkerung den Vertreter einer Partei reden zu hören, die sonst über Leutenoth nicht genug klagen kann, ist jedenfalls neu. Wir können doch thatsächlich das Ausland nicht zwingen, diejenigen Tarife anzunehmen, die wir ihm vorschreiben; wer nehmen will, der muß auch geben. Deshalb soll man den gegen⸗ seitigen Austzusch der Produkte durch solche Vexationen nicht er⸗ schweren. Die zweite Resolution soll kein Blankowechsel für den Reichskanzler sein, um die Leistungen des Unternehmers auf Kosten irgend welcher anderer Unternehmungen unverhältnißmäßig steigern zu können. In diesem Sinne werden wir ihr nicht entgegen sein; die erste Resolution aber müssen wir ablehnen.
§ 1 der Vorlage wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten und der Freisinnigen Volkspartei angenommen, desgleichen die Resolution ad a gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen und des größten Theils der Nationalliberalen.
Mit § 2 wird auch die Resolution ad b angenommen, ferner ohne Debatte der Rest der Vorlage.
Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung der Unfallver⸗ sicherungsgesetze, fort.
Nach § 7b des Gewerbe⸗Unfallversicherungs⸗ gesetzes kann auf Grnud statutarischer Bestimmungen der Berufsgenossenschaft der Vorstand einem Rentenempfänger auf seinen Antrag an Stelle der Rente Aufnahme in ein In⸗ validenhaus oder in ähnliche, von Dritten unterhaltene An⸗ stalten auf Kosten der Berufsgenossenschaft gewähren. Der Aufgenommene soll auf ein Vierteljahr, und, wenn er die Er⸗ klärung nicht einen Monat vor Ablauf dieses Zeitraumes “ jedesmal auf ein weiteres Vierteljahr an den Verzicht auf die Rente gebunden sein.
Abg. Fischer⸗ Sachsen (Soz.) befürwortet einen Antrag wonach nicht an Stelle der gesammten Rente, sondern an Stelle „eines Betrages der Rente, der 300 ℳ nicht übersteiat“, die Gewährung der Aufnahme in ein Invalidenhaus statthaben soll. Der zweite Satz