1900 / 113 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 May 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Der Kaiserliche Gesandte in Buenos Aires von Treskow hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben fungiert der etatsmäßige Legations⸗Sekretär der Kaiserlichen Gesandtschaft Freiherr von Werthern als Geschäftsträger.

Der Königliche Gesandte in Daemstadt Peing zu Hohenlohe⸗Oehringen hat einen ihm Allerhöchst be⸗ willigten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit des⸗ selben werden etwa vorkommende wichtigere Angelegenheiten eiliger Natur im Wege 87 direkten mit der Großherzoglich hessischen Regierung zu erledigen sein, wogegen die ennaJ 8ö- laufenden Geschäfte einfacher Art dem Legations⸗Kanzlisten, Hofrath Kannengißer überlassen bleibt. Erlasse in letzteren Angelegenheiten sind „an die Königliche Gesandtschaft in Darmstadt“ zu richten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Lappenberg ist von Berlin abgereist. 8 vh 8

Koblenz, 10. Mai. Die Torpedoboot⸗ Divisi n, welche gestern Abend Neuwied angelaufen war, passierte eute Vormittag Koblenz. Das Divisisnsboot, welches in Rutereb geblieben war, folgte nach und ging hier heute Nach⸗ mittag vor Anker. Baden. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind am Mittwoch von Berlin wieder in Karlsruhe eingetroffen. 8 Mecklenburg⸗Schwerin. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich am Mittwoch von Cannes zum Universitätsstudium nach Bonn

Elsaß⸗Lothringen. .

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiseri trafen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern früh 9 Uhr von Schloß Urville in Metz ein und begaben Sich zu Pferde nach dem Uebungsplatz bei Frescaty, wo Allerhöchstdieselben von dem Statthalter Fürsten zu. Hohenlohe⸗Langenburg und dem kommandierenden General des XVI. Armee⸗Korps Grafen von Haeseler erwartet wurden. Seine Majestät der Kaiser ließ zu⸗ nächst die drei Bataillone des Königs⸗Infanterie⸗Regiments Nr. 145 einzeln vorexerzieren. Hierauf folgte eine Gefechts⸗ übung des ganzen Regiments. Inzwischen waren die shrccen Truppen der Garnison Metz auf den Uebungsplatz gerückt und hatten daselbst Aufstellung zum Parade⸗ marsch genommen. Bald nach 12 Uhr begann der Vorbei⸗ marsch, der von der Infanterie in Regimentskolonne, von der Kavallerie und Artillerie in Eskadrons⸗ bezw. Batterie⸗ front ausgeführt wurde. Seine Majestät der Kaiser führte Sein Regiment Ihrer Majestät der Kaiserin vor, der Statt⸗ halter Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg setzte sich an die Spitze des 1. Hannoverschen Dragoner⸗Regiments Nr. 9, bei welchem derselbe à la suite geführt wird, der General der In⸗ fanterie Freiherr von der Goltz begleitete die Pioniere. Nach der Truppenschau kehrte Ihre Majestät die Kaiserin nach Urville zurück. Seine Majestät der Kaiser frühstückte bei dem Offizierkorps des Königs⸗Infanterie⸗ Regiments Nr. 145 und fuhr Sg; nach Fort Saulny. Um 5 Uhr kehrte Seine Majestät von Devant⸗les⸗Ponts aus nach Urville zurück. 1“

SDesterreich⸗Ungarn.

Das „Armee⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht die Er⸗ nennung Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen zum Oberst⸗Inhaber des 13. Husaren⸗Regiments.

Der Minister des Aeußern Graf Goluchowski ist, wie „W. T. B.“ meldet, in Begleitung der Sektionschefs Graf Széecsen und von Doczi sowie des Legationsraths Merey von Kapos⸗Mére gestern Nachmittag von Wien nach Budapest abgereist. 1 *

In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses wurden zunächst die Eingänge verlesen. Darunter befand sich ein dringlicher Antrag der Abgg. Dr. Lueger und Genossen, in welchem die Regierung aufgefordert wird, die Befreiung der ungarischen Staatspapiere von der öster⸗ reichischen Rentensteuer unter keinen Umständen zu billigen, ferner eine Interpellation des Abg. Verkauf, betreffend das zweite Gleis der Nordwesthahn, sowie ein Antrag desselben Abge⸗ ordneten, wonach die Dividende an die Aktionäre der

Suͤdbahn, solange die Gesellschaft nicht den An⸗ forderungen an die Betriebssicherheit vollkommen ent⸗ sIpreche, nicht ausgezahlt und die Südbahn eventuell seeguestriert werden soll. Nach Beendigung der Verlesung beantragte der Abg. Gregr den Beidruck einer Petition zum stenographischen Protokoll. Der Abg. Wohlme yer erweiterte diesen Antrag dahin, 29 sämmtliche eingegangenen Petitionen dem stenographischen Protokoll beigedruckt werden sollten. Die Abgg. Kramarc und Herold bezeichneten den Antrag Wohlmeyer als geschäftsordnungswidrig. Letzterer stellte eine Reihe von Anträgen auf Abstimmung. Nach einer formellen Debatte, an der die Abgg. Blaczek und Horica theilnahmen, zog der Abg. Wohlmeyer seinen Antrag zurück mit der Motivierung, daß er der Obstruktion nicht eine neue Förderung angedeihen lassen wolle. Die Anträge des Abg. Herold waren somit gegenstandslos geworden. Das Haus stimmte hierauf über den Antrag Gregr, betreffend den Beidruck einer Petition zum stenographischen Protokoll, namentlich ab. Nach weiteren drei namentlichen Abstimmungen wurde die Sitzung infolge der Beschlußunfähigkeit des Hauses unter großem Lärm ge⸗ schlossen. Die nächste Sitzung wird am 17. d. M. stattfinden.

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge hat der Abg. von Jaworski im Namen der Rechten den Obmännern der Deutschen den Vorschlag gemacht, es möge unter Verzicht auf die erste Lesung des Sprachengesetzes ein Sprachen⸗ ausschuß eingesetzt und demselben eine Frist für die Beendigung seiner Arbeiten gestellt werden. Bis dahin sei die Verhandlung über alle wesentlichen Vor⸗ lagen zurückzustellen. Unter diesen Bedingungen mache sich die Rechte anheischig, die Czechen zum vorläufigen Aufgeben

dder Obstruktion zu bestimmen. Die Obmänner der Deutschen lehnten jedoch den Vorschlag ab, da sie in dem⸗

½

Der Rektor der Universität empfing gestern die Vertreter der farbentragenden G und drohte ihnen namens des akademischen Senats ein allgemeines Verbot des Farbentragens an, wenn die Vertreter nicht die Verantwortung für ein gutes Verhalten der Mitglieder der Verbindungen übernähmen. Der Rektor gewährte eine 24stündige Frist zur Beantwortung. 1 Nach einer Meldung aus Salzburg ist der dortige Weihbischof Katschthaler zum Fürst⸗Erzbischof von Salzburg gewählt worden. 1

Die Mitglieder der ungarischen klerikalen Volks⸗ partei Graf Johann Zichy und Stefan Rakowszky haben ihre Mandate als Mitglieder der Dele⸗ gation niedergelegt und in einem Schreiben an den Präsidenten des Reichstags erklärt, daß sie zu diesem Schritt sich als Oppositionelle veranlaßt gefühlt hätten, weil die Majorität die Nominierung des Abg. Ugron seitens seiner Fraktion nicht respektiert habe. Es werden nunmehr statt der ausgetretenen 4 Mitglieder der Volkspartei und der Ugron⸗ fraktion 4 Ersatzmänner aus der Regierungspartei einberufen, sodaß in der Delegation keine oppositionelle Frakton ver⸗ treten sein wird.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause erklärte, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, gestern der Unter⸗Staatssekretär des Auswärtigen Brodrick, die Regierungs habe keine Bestätigung der Meldung erhalten, wonach zwischen Rußland und der Türkei ein Meinungs⸗ austausch mit Bezug auf das Ersuchen im Gange sei, daß die Türkei Rußland Kohlenstationen auf Tenedos und Rhodos einräumen solle. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain theilte mit, daß in Natal gegenwärtig eine von der dortigen Regierung eingesetzte Kommission thätig sei, um über die Entschädigungsansprüche der Loyalgebliebenen in Natal wegen der ihnen durch den Krieg erwachsenen Verluste eine Entscheidung zu treffen, und daß diese Ansprüche aus der vom Feinde zu erhebenden Kriegsentschädigung befriedigt werden sollten. 9

Lord Rose bery hielt gestern in London bei einem Bankett. des Glasgon⸗Universttatsklube eine Rede, in welcher er aus⸗ führte, Großbritannien habe viel von Deutschland zu lernen aus seiner außerordentlichen Industrie und außerordentlichen Konzentration und der besonnenen Art und Weise, mit der Deutschland im Vergleich zu England seine Regierung unterstütze. b

Ffreankreich. Seine Majestät der Deutsche Kaiser hat, wie „W. T. B.“ aus Paris meldet, durch ein an den Fürsten Münster von Derneburg gerichtetes Telegramm aus Urville für die Versicherung treuer Anhänglichkeit sowie für die Glückwünsche der am Montag im deutschen Ausstellungshause versammelten deutschen Kolonie huldvollst danken lasen. 4 Spanien. b1““

Infolge eines Beschlusses des Verbandes der Han⸗ delskammern haben gestern Mittag die Ladenbesitzer in Madrid, Valladolid, Saragossa und zahlreichen anderen Städten ihre Läden geschlossen, um gegen die neuen Steuern zu protestieren. In den Theatern fanden Abends keine Vorstellungen statt. In Madrid versuchte, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Anzahl junger Burschen, einige Häuser mit Steinen zu bewerfen, wurde aber ausein⸗ andergetrieben. In dem Vorort Telnan wurde der Versuch gemacht, Straßenbahnwagen zur Entgleisung zu bringen. Es kam dabei zu einem Zusammenstoß mit der Polizei, bei welchem fünf Personen verwundet und mehrere Verhaftungen vorgenommen wurden. Aus Valencia wird berichter: In der Calle Ruzafa wurden Barrikaden errichtet, die Gendarmerie wurde mit Steinen beworfen und dann auf sie geschossen. Zwei Gendarmen wurden verwundet. Die Gendarmerie schoß eben⸗ falls, nahm die Barrikaden und stellte die Ordnung wieder her.

In dem gestern Nachmittag abgehaltenen Ministerrath erklärte der Minister⸗ Prasidemt Silvela in Bezug auf diese Vorgänge, die Regierung achte alle polit’schen Meinungen, werde aber die Ordnung energisch aufrecht erhalten; was die Unruhen in Barcelona betreffe, so seien dieselben das Werk einer kecken Minorität. 1.“

Rumänien.

Wie dem „W. T. B.“ aus Bukarest gemeldet wird, erschien gestern ein Lehrer Namens Constantiniu, welcher infolge eines gegen ihn durchgeführten Prozesses seiner Stelle enthoben worden war, bei dem Unterrichts⸗Minister Istrati in Audienz. Nachdem er einige erregte Worte an den Minister gerichtet hatte, zog er einen Revolver aus der Tasche. Anwesende Bedienstete entwaffneten Constantiniu und über⸗ gaben ihn der Polizei. Beim ersten Verhör erklärte er, er habe in Gegenwart des Ministers Selbstmord verüben wollen. Eine Untersuchung soll klarstellen, ob es sich um einen Mord⸗

anschlag oder einen Selbstmordversuch gehandelt hat. 3

Amerika. 84

Aus Sioux Falls (Süd⸗Dakota) meldet „W. T. B.“, die Nationalkonvention der Populisten habe durch Zu⸗ ruf Bryan zum Kandidaten für die Präsidentschaft der Ver⸗ einigten Staaten nominiert. 8 . 1”“

Afrika. 5 8

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Pretoria hat der Volksraad vorgestern mehrere Re⸗ solutionen angenommen, in denen dem Bedauern Ausdruck gegeben wird, daß Großbritannien nicht auf die ihm unter⸗ breiteten Friedensvorschläge eingegangen sei, und die falsche Darstellung der Sachlage in der Depesche Lord Salisbury’s beklagt wird. Der Volksraad dankte den Mächten für ihre Unterstützung und Sympathie, protestierte gegen die Ver⸗ letzungen der Genfer Konvention und ermächtigte die Regierung, Beschlüsse je nach Bedarf und Umständen zu fassen. Die Session wurde sodann geschlossen.

Nach einer in Pretoria eingetroffenen amtlichen Meldung haben die Engländer am Sonnabend Fourteenstreams in Besitz genommen. Die Beschießung war so heftig, daß die Buren zum Rückzug gezwungen wurden, welcher in guter

Ordnung bewerkstelligt wurde. Der Präsident Krüger erhielt ein Telegramm von einer

Bürgerin, in welchem dieselbe anfragt, ob die Zeit für Bildung eines Frauenkorps nicht gekommen sei; sie sei bereit, mit einer Truppe von Frauen⸗Freiwilligen zur Vertheidigung der Un⸗

Er nahm eine Stellung ein, die Die vrtise sind

ist in vollem Rückzuge. E 1 über mehr als 20 englische Meilen erstreckte. Stellung war natürlich viel länger. Unsere Verluste wie ich hoffe, nicht groß. Die Kavallerie und die reitende Artillerie verfolgen den Feind auf drei verschiedenen Wegen. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Durban vom gestrigen Tage berichtet, bei den Truppen Sir Redverz Buller's herrsche eine lebhafte Thätigkeit, es würden aber belnf Mittheilungen über die gegenwärtigen Bewegungen durch⸗ gelassen.

Dasselbe Bureau meldet aus Accra vom 9. d. M,, daß dort das Gerücht umlaufe, Kumassi sei gefallen, die S ämme der Akims, Kwahus und Khoranzas machten wahrscheinlich mit dem Feinde im Geheimen gemeinsame Sache. Die Tele⸗ graphenlinie nach Prahsu sei unterbrochen. Im britischen Kolonialamt lag gestern keine Bestätigung dieses Gerüchts vor. Nach einer Depesche der „Kölnischen Zeitung“ aug Tanger ist dort die Nachricht eingetroffen, daß der Groß⸗ vezir von Marokko Ahmed ben Mussa gestorben sei.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Herrenhauses befinden sich in der Ersten Beilage.

Der Reichstag beschloß in seiner heutigen (191.) Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky beiwohnte, das Gesuch des Rechtsanwalts Dr. Link in Zittau als Bevoll⸗ mächtigten des Kaufmanns Richard Henke in Leutersdorf um die Genehmigung der strafgerichtlichen Verfolgung des Abg. Fischer⸗Sachsen (Soz.) wegen Heleldigueh auf Grund des Antrages der Geschaftsordnungs ommission abzulehnen. .

Darauf setzte das Haus die zweite Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung der Unfall⸗ 1A4A4“X“ (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (11.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗ Minister Dr. von Miquel und der Minister für Landriirth⸗ schaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein beiwohnten, gelangte zunächst der Bericht der Agrarkommission über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Gewährung von Zwischen⸗ kredit bei Rentengutsgründungen, zur Berathung.

Die Kommission hat die Fassung des Abgeordnetenhauses dahin geändert, daß sie, entsprechend der ursprünglichen

Regierungsvorlage, in § 1 die Zweckbestimmung des Zwischen⸗ kredits „zur Abstoßung der Schulden und Lasten der aufzu⸗ theilenden oder abzutrennenden Grundstücke und zur erfst⸗ maligen Fescheng der Rentengüter mit den nothwendigen Wohn⸗ und Wirthschaftsgebäuden“ wieder eingefügt hat. Die Kommission hat ferner einen § 2 hinzugefügt, nach welchem über die Verwendung des Zwischenkredits dem Landtage alljährlich Rechnung zu legen ist.

Berichterstatter Herr von Graß empfiehlt die Annahme der Vorlage in dieser Faffung. Die Streichung der Zweckbestimmung sei erfolgt, um den gemeinnützigen Gesellschaften, wie der Deutschen Ansiedelungsgesellschaft, welche systematisch große Güter auftheilen wollen, diesen Kredit zugänglich zu machen b 8

Graf von Mirbach: Allgemein anerkannt und unanfechtbar ist die These, daß es in idealer, sozialer und wirthschaftlicher Hinsicht nothwendig ist, daß Klein⸗ und Großgrundbesitz in gleicher Vertheilung nebeneinander liegen. Deshalb läßt sich eine Rentengutsbildung nur da vornehmen, wo der Großgrundbesitz prävaliert. Wo nur Kleingrund⸗ besitz vorbanden ist, muß entsprechend Großgrundbesitz geschaffen werden. Das ist besonders im Osten zu berücksichtigen. Wir haben in der Kommission einstimmig es für richtig gehalten, die Regierungsvorlage wiederherzustellen und dem Zwischenkredit eine bestimmte Zweck⸗ bestimmung zu geben, damit nicht gemeinnützige Gesellschaften diesen Kredit erhalten. Wenn die Regierungsvorlage nicht wiederhergestellt wird, müssen meine Freunde gegen das Gesetz stimmen.

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel (bdessen Rede morgen im Wortlaute nachgetragen werden wird): Ich bin heute noch der Ansicht, daß der Unterschied zwischen der Regierungsvorlage und den Beschlüssen des Abgeordneten⸗ hauses nicht groß ist, wenn von der Regierung mit entsprechenper Vorsicht vorgegangen wird. Ob man auch einer Gesellschaft oder einer Privatperson zum Ankauf von Gütern Kredit gewähren soll, erscheint mir selbst nach der erweiterten Fassung des Abgeordnetenhauses zweifelhaft. Wie auch die Fassung lautet, die Regierung würde doch ihren Zweck im Auge behalten, die Zerschlagung der Guͤter in Rentengüter durch Gewährung eines billigen Kredits zu erleichtera, andererseits aber auch zu kontrolieren und eine solide Ansiedelung zu sichern durch die Mitwirkung uninteressierter Staatsbehörden. Wir werden, glaube ich, nie dahin kommen, das Grundeigenthum so weit einzuschränken, daß wir für die Rentengutsbildung ein Monopol des Staats be⸗ anspruchen könnten und dürften. Diejenigen Einrichtungen, welche bei der Rentengutsbildung die Garantie solider Verhält⸗ nisse, der Existenzlähigkeit, der Verhinderung der Ueber⸗ vortheilung und Auswucherung bei der Gewährung von Vor⸗ schüssen und Krediten bieten, sollen nach dem Zweck des Gesetzes berücksichtigt werden. Wir würden dies mit der Regierungs⸗ vorlage vollständig erreichen, aber ich würde aus der Annahme der Abgeordnetenhausfassung keine Kapitalfrage machen. Das Haus hat also vollkommen freie Hand. Nehmen Sie die Regierungsvorlage an, so steht nichts dem entgegen, später die Befugnisse der Regierung zu erweitern. 3 16

Berichterstatter Herr von Graß bemerkt nochmals, daß für die Verwendung des Kredits eine bestimmte Marschroute gegeben werden müsse. Die Kommission habe vorhandene Mißstände beseitigen, aber nicht zur Rentengutsbildung anregen wollen. Wenn es sich bloß um Abstozung der Schulden und erste Einrichtung der Wohnungen handele, würden sich keine Kapitalisten mit der Auftheilung der Güter beschäftigen. 16“ I 1

Der Gesetzentwurf wird in der Kommissionsfassung an⸗ genommen. b 1

Alsdann folgt die Verlesung der Interpellation des Ober⸗Bürgermeisters Struckmann⸗Hildesheim:

„Welche Maßnahmen gedenkt die Königliche Staatsregierung zu ergreifen, um der in verschiedenen Landestheilen sich bemerkbar machenden, für die Landwirthschaft und Forstwirthschaft in hobem Grade verderblichen Verbreitung der wilden Kaninchen rechtzeitig und wirksam entgegenzutreten?“

Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein erklärt, daß der Ober⸗Landforstmeister Donner die Interpellation sofort beantworten werde. 8 E

Ober⸗Bürgermeister Struckmann: Es sind bereits Verfügungen zum Abschuß und Einfangen der wilden Kaninchen in den Staats⸗ forsten, auf Exerzierplätzen u. s. w. ergangen, aber in der Bevölkerung wird diese Angelegenheit leider noch unterschätzt, und meine Inter⸗ pellation bezweckt, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Es wird auch zu erwägen sein, welche geschgeberische Maß

abhängigkeit des Landes die Waffen zu ergreifen. e Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts vom

selben die Absicht zur ernsten und aufrichtigen Bekämpfung der Obstruktion nicht zu erkennen v b

Zand River von gestern Mittag 1 Uhr meldet: Der Feind

nahmen zu ergreifen wären. Bei ihrer Fruchibarkeit vermehres sich die Kaninchen mit ungeheurer Schnelligkeit und können plötz

in Landesthrilen auftreten, wo sie bisher nicht vorhanden waren. Manche halten den Kampf gegen die Kaninchen für aussichtslos; dieser Standpunkt ist ebenso falsch wie der entgegengesetzte, der die Gefahr zu leicht nimmt. Es handelt sich sozar um eine interaationale An⸗ gelegenheit. In Australien, wohin die Kaninchen importiert sind, haben sie Weideplätze von Hunderten von Meilen kahl gefressen. Ja Australien hat man bereits Hunderttausende für die Bekämpfung der Kaninchen ausgegeben und hohe Preise für das beste Bekämpfungs⸗ mittel ausgesetzt. Das Kaninchen wirft jährlich vier, bis achtmal 3 4 Junge, die schon nach 6 Monaten fortpflanzungsfähig sind. Der

Rledner schildert eingehend die großen Schäden, welche die Kaninchen

den Forsten und der Landwirthschaft bereiten. Wo das Kaninchen auftrete, verschwinde der Hase. Es müsse in großem Stile in der ganzen Monarchie der Kaninchengefahr entgegengetreten und namentlich der Weiterverbreitung vorgebeugt werden Das zahme Kaninchen wandele sich in der Freiheit in wenigen Generationen in das wilde um, des⸗ halb müsse das Halten von zahmen Kaninchen unter polizeiliche Auf⸗

sicht gestellt werden. In der Provinz Hannover rechne man das Kaninchen zum tbeil noch zu den jagdbaren Thieren; die Jagdlosigkeit des Kaninchens müsse fuͤr die ganze Monarchie gesetzlich fest⸗ gestellt werden. Selbst da, wo der freie Wildfang für das Kaninchen herrscht, habe sich der Fang durch Tellereisen und das Frettieren nicht als wirksam erwiesen, weil die Ausführung dieser Maßregeln nicht einheitlich sei. Die Anwendung von Gift sei gefährlich und könne den einzelnen Grundbesitzern nicht überlassen bleiben. Die Regierung müsse rechtzeitig auf dem Verordnungs⸗ und auf gesetzgeberischem Wene gegen die große Gefahr der Kaninchenplage vorgehen.

Ober Landforstmeister Donner: Für den größten Theil der Monarchie ist durch das Wildschongesetz von 1891 die Nichtjagdbarkeit der Kaninchen festgesetzt, aber auch in Hannover und dem ehemaligen Kurfürstenthum Hessen rechnet die Mehrzahl der Jäger die Kaninchen zu dem nichtjagdbaren Wild. Der Jagdberechtigte darf die Kaninchen abschießen, der nied e oöbesechtigte Besitzer darf sich, jedoch ohne Anwendung von Schlingen und Gewehren, der Kaninchen bemächtigen. Ob die Bestimmung des § 23 des Gesetzes von 1850, wonach der Landrath unter bestimmten Voraussetzungen dem Eigen⸗ thümer die Erlaubniß zum Abschuß geben kann, noch in Kraft ist, mag zweifelhaft sein; das Landwirthschafts⸗Ministerium hält die Bestimmung für nicht mehr geltend. Die Vermehrung der Kaninchen geht wellen⸗ mig auf und ab, je nach der Stärke und Länge der Winter. Das Landwirthschaftsministerium hat verfügt, daß die Kaninchen nach Möglichkeit vermindert werden follen. Gegen die Kaninchen⸗ plage wird eine Einzäunung mit engmaschigen Drahtgattern empfohlen, die aber auf 30 40 cm versenkt werden müssen. Im Regierungsbezirk Düsseldorf wird dies Mittel mit bestem Fr⸗ folge angewendet. In Posen hat man sogar Schutzmaß⸗ regeln für das kleinere Raubzeug getroffen. um so den Kaninchen zu Leibe zu gehen; allerdings hat diese Sache ja auch ihre Kehrseite. Ein absolut sicher wirkender Bacillus, wie gegen die Mänuseplage, ist noch nicht gefunden. Die Regierung behält die Frage fortgesetzt im Auge, und es geschieht alles, um der Vermehrung der Kaninchen ent⸗ gegenzutreten.

Auf Antrag des Grafen von Schlieben findet eine Be⸗ sprechung der Interpellation statt.

Graf von Mirbach stimmt der Tendenz der Interpellation zu. Das Kaninchen habe sich allerdings geographisch verbreitet, aber von einer besonders starken Vermehrung könne nicht die Rede sein. Es vermehre sich hauptsächlich da, wo man die Gefahren noch nicht genügend kenne und nicht gute Jägerei sei. Man dürfe auch nicht bloß den Schaden, den ein Wild verursache, in Rechnung ziehen, sondern müsse auch bedenken, welchen Nutzen man davon habe; das beste Mittel gegen die Kaninchengefahr sei die Jägerei. Private könnten sich durch allerlei Mittel schützen. Eine Novelle zum Jagd⸗ 9s e nicht erforderlich. Eigentlich müßte man auch gegen die

aikäfer vorgehen, die mehr Schaden machten als die Kaninchen. nenr wo Unkenntniß über die Sache herrsche, könne eine Gefahr ent⸗ ehen.

Damit schließt die Besprechung der Interpellation.

Ueber eine Petition der Schleswig⸗Holsteinischen Landes⸗ Genossenschaftskasse in Kiel um Erhöhung des Grund⸗ kaspitals der Preußischen Zentralgenossenschafts⸗ kasse und um verhältnißmäßige e des gleichen Kredits der 8e an alle provinziellen Zentralkassen be⸗

erichterstatter der Finanzkommission, Herr

48 der von Graß, zur Tagesordnung überzugehen, und das Haus

beschließt ohne Debatte demgemäß. (Schluß des Blattes.)

1““

Herausgabe der Monumenta Germaniae historic

1 Von E. Dümnler. s. Die 26. Plenarversammlung der Zentral⸗Direktion der Monu-

menta Germaniae historica wurde in diesem Jahre vom 19. bis 21. April in Berlin abgehalten. An der Theilnahme war Herr Geheimer Rath von Hegel in Erlangen verhindert. An der Versamm⸗ lung betheiligten sich demnach die Herren Professor Breßlau aus Straß⸗ burg, Geheimer Rath Dümmler als Vorsitzender, Professor Holder⸗ Egger als Schriftführer, Professor Ritter Luschin von Ebengreutb aus Graz, Professor Mommsen, Professor Mühlbacher aus Wien, Professor Riezler aus München, Professor Scheffer⸗Boichorst, Dr. Traube aus München, Professor Zeumer.

Im Laufe des Jahres 1899/1900 erschienen

in der Abtheilung Epistolae: 8

1) Epistolarum tomi II (Registrum Gregorii I0) pars III (Schluß);

2) Epistolarum tomi V (Karolini aevi III) pars posterior;

in den Scriptores rerum Germanicarum in usum Scholarum ex Mon. Germ. separatim editi:

3) Vita Heinrici IV imperatoris ed. tertia recogn. W. Eberhard;

4) Monumenta Erphesfurtensia saec. XII. XIII. XIV ed O. Holder-Egger;

5) von dem neuen Archiv der Gesellschaft Band XXV, heraus⸗ gegeben von H. Breßlau. UInter der Presse befinden sich sechs Quartbände, ein Oktavband.

An dem als Abschluß der Auctores antiquissimi geplaaten 14. Bande der Carmina selecta aetatis Romanae extremae hat Herr Dr. Fr. Vollmer, 1. Z. General⸗Redaktor des Phesaurus linguae Latinae in München, die Arbeit unter Mitwirkung des Herrn Dr. Traube aufgenommen und wird sie auf einer Reise nach der Schweiz und Italien in diesem Jahre fortführen. Der Band soll in zwei Hälften getheilt erscheinen, deren erste außer den Resten des Merobaudes vornehmlich die Gedichte des Dracontius und Eugenins von Toledo enthalten würde, die zweite dagegen den von Herrn Traube selbst bearbeiteten Codex Salmasianus. Für jene wurden einige Vorarbeiten Rud. Peiper's aus seinem Nachlaß angekauft. Für den zweiten Theil des Liber pontificalis, die Vitae Gregorii und die übrigen Quellen zur Papstzeschichte ist Herr Dr. Brackmann in Göttingen unter Leitung des Herrn Professors Kehr unausgesetzt thätig gewesen und befigdet sich augenblicklich in Rom, um das sehr reiche handschriftliche Material, welches Italien bietet, auszunutzen. In der Abtheilung der Scriptores ist durch Herrn Archivar Krusch der seit Oktober 1898 begonnene Druck des 4. Bandes der Mero⸗ wingischen Geschichtsquellen, die Fortfetzung der Heiligenleben, regel⸗ mäßig bis jzum 50. Bogen weiter gediehen, während gleichzeitig der

förderte, daß derselbe fast zur Häͤlfte Ergänzung der handschriftlichen Vergleichungen unternahm Herr Dr. Lepison einen kurzen Ausflug na Wolsenbüttel und benutzte einen Aufenthalt in London, um die dort vorhandenen Handschriften der Heiligenleben durchzumustern und, soweit es erforderlich war, zu vergleichen. Außer der gefälligen Förderung dieser Abtheilung durch viele auswärtige und heimische Bibliotheken ist besonders auch die groß⸗ Zuvorkommenheit der Bollandisten van den Gbeyn und Poncelet in Brüssel zu rühmen. Die Abwehr weiterer Angriffe auf die kritische Methode des Herrn Krusch wurde von ihm im Neuen Archiv und den Mittheilungen des österreichischen Instituts fortgesetzt

Nachdem Herr Professor Holder.Egger die umfangreiche Hand⸗ ausgabe der Erfurter Denkmäler des 12. bis 14. Jahrhunderts abge⸗ schlossen hatte, ist er zur Vorbereitung des 31. Bandes der 88., welcher außer den Annales Cremonenses die Chronik Sicard's von Cremona, die Doppelchronik von Reggio und wo möglich auch die Chronik Salimbenes umfassen soll, zurückgekehrt und gedenkt die sehr schwierigen kritischen Fragen, welche sich an di se

nellen knüpfen, in einer besoaderen Untersuchung zu be⸗ handeln. Die Handschrift der Chronik von Reggio wird einen Besuch Modenas erfordern. Eine vom Januar bis August 1899 unternommene Reise des Mitarbeiters Dr. Cartellieri nach Italien, namentlich nach Rom und Neapel, galt den Handschriften der späteren staufischen Chroniken, zumal des sogenannten Nicolaus von Jamsilla und des Saba Malaspina, deren Ueberlieferung eine sehr ungenügende ist. An einigen dieser späteren Quellen arbeitete auch der Mitarbeiter Dr. Eberhard als Herausgeber.

Von der im Buchhandel vergriffenen Vita Heinrici IV hat Herr Dr. Eberhard unter nochmaliger Vergleichang der Handschrift einen verbesserten Abdruck veranstaltet. Eine neue Handausgabe der wichtigen Chronik des Cosmas von Prag und seiner Fortsetzer auf Grund umfassender Studien wurde dem Landesarchivar Dr. B. Bret⸗ holz in Brünn übertragen und befindet sich in Vorbereitung.

„Der Abschluß des 3. Bandes der Deutschen Chroniken, der Werke Enikel's, hat durch eine schwere Erkrankung des Herausgebers, des Heern Professors Strauch in Halle, eine bedauerliche Verzögerung erfahren. 8 den 6. Band hat Herr Professor Seemüller in Inns⸗ bruck seine Vorarbeiten zur Ausgabe der Chronik Hagen’'s fortgesetzt und einige neue Handschriften verglichen. Für die Sammlung der politischen Sprüche und Lieder wurde das Material durch eine Reise Süddeutschland von Herrn Dr. Meyer vermehrt und ergänzt.

In der Abtheilung Leges ist der Druck der großen Ausgabe der Leges Visigothorum durch Herrn Professor Zeumer regelmäßig fortgeschritten. Ein Gesetz des Königs Theudis in der Kapitels⸗ bibliothek in Leoon wuͤrde durch Heren Dr. Violet auf seiner spanischen Reise verglichen. Für die Lex Baiuvariorum set;te Herr Professor von Schwind in Wien die Vergleichung der Hand⸗ schriften, namentlich auf einer italienischen Reise, fort und wird nunmehr zur Feststellung der kritischen Grundlagen des Textes übergehen. Auf einer französisch⸗belgischen Reise im Frühjahr 1899, über welche ein Bericht folgen wird, untersuchte Herr Dr. Werming⸗ hoff eine größere Zahl von Handschriften für die karolingischen Synoden bis 843, viele andere in Berlin, einige spanische auch Herr Dr. Violet, sodaß schon eine Reihe von Stücken füc den Druck ausgearbeitet werden konnte; immerhin aber bleibt zur Vervollständigung des Materials noch ein längerer Besuch Italiens nothwendia. Eine Quellenuntersuchung für Benedictus Levita wird Herr Professor Seckel im Neuen Archiv veröffentlichen. Ebenfalls in Paris arbeitete auf der National⸗ Bibliothek und im Archiv Herr Professor Tangl für die fränkischen Gerichtsurkunden, deren Zerstreuung noch vielfache Nachforschungen, zumal auch in den französischen Archiven der Departements, erheischen dürfte, ehe an einen Abschluß dieser Sammlung gedacht werden kann.

Herr Dr. Schwalm, der inzwischen seinen Wohnsitz von Göttingen nach Berlin verlegt hat, beschäftigte sich gleichzeitig mit dem 3. und 4 Bande der Constitutiones et Acta publica imperii, namentlich auch mit der für diese Zwecke ungemein reichen Zeit Ludwig's des Bayern. Es gelang ihm, das Original⸗ exemplar der Appellation aus der Kanzlei Ludwig's auf⸗ zufinden, das 1324 nach Avignon gesandt wurde. Durch gefällige Auskünfte unterstützten ihn insonderheit die Herren P. Ehrle und Eubel sowie Arnold und Pogatscher in Rom, Redlich in Wien, Herre in München und Schaus in Wiesbaden. Um die schon früher begonnenen Forschungen in Rom abzuschließen, hat Herr Dr. Schwalm im März eine Reise dorthin angetreten, auf deren Räückweg er auch die Archive von Besangon und Dijon zu besuchen gedenkt.

In der Abtheilung Diplomata bereitete Herr Professor Breßlau den 4. Band, die Regierungen Konrad's II. und Heinrich' III., durch eine Reise nach Italien vom Oktober 1899 bis Ende März d. J. in um⸗ fassender Weise vor. Der Druck der Urkunden deinrich's II. wurde vollendet, sodaß allein noch die des Königs Arduin sowie die Nach⸗ träge fehlen. Nur die Fertigstellung der Register, welche durch die geographische Rach weisung der Ortsnamen sehr mühsame Nachfor⸗ schungen erfordern, wird sich noch in das nächste Kalenderjahr ver⸗ zögern. Von den bisherigen Mitarbeitern ist der Privatdozent aus geschieden und Dr. R. Holtzmann zunächst allein übrig geblieben.

Die Bearbeitung der Karolingerurkunden ist so weit vorgerückt, daß im Winter in Wien der Druck beginnen konnte und sich bis zum 5, Bogen ausdehnte. Es ist deber Heficef vorhanden, daß die erste, bis 814 reichende Hälfte des ersten Bandes in Jahresfrist vollendet sein wird. Der Umfang der Urkunden des Gesammtreichs sowie der Linien Lothar's I. und Ludwig's des Deutschen ist auf 3—4 Bände zu veran⸗ schlagen, die in unmittelbarer Folge gedruckt werden können. Als regelmäßiger Mitarbeiter wirkte an dieser Abtheilung Dr. Joh. Lechner, für einzelne Partien bethätigten sich die Professoren Dopsch und Tangl, der Letztere namentlich bei Gelegenheit eines Aufenthaltes in Paris für die Leges. Für die Auflösung der Tironischen Noten leistete Herr Sektionschef von Sickel in Rom dankenswerthen Beistand. Einige kleinere Entdeckungen in Italien verdanken wir Herrn Professor Kehr und seinem Mitarbeiter Schiaparelli.

In der Abtheilung Epistolae ist der Schluß des 2. Bandes, der zugleich das von Herrn Dr. Hartmann herausgegebene Registrum Gregorii beendete, im Jahre 1899 ausgegeben worden, desgleichen zu Anfang des Winters der zweite Theil des 5. Bandes, an dessen Register der inzwischen als Mitarbeiter aus⸗ geschiedene Dr. von Hirsch⸗Gereuth noch mitgewirkt hatte. Für den 6. Band sind die Briefe des Abtes Lupus von Ferriöres sowie eine Anzahl einzelner Stücke schon vorbereitet; den Haupttheil desselben werden jedoch die Briefe der Päpste Nicolaus I. und Hadrian II. sowie die an sie gerichteten füllen, deren römische Handschriften von dem Mitarbeiter A. Müller jetzt an Ort und Stelle benutzt werden, nachdem schon einige Pariser vorher aus⸗ gebeutet worden.

In der Abtheilung Antiquitates ist der Druck der Register zum 2. Bande der Necrologia Germaniae stetig weitergeführt und im

Freising nach Brixen in Angriff genommen worden. 8 Von den lateinischen Dichtungen der karolingischen Zeit heschäftigten Herrn Dr. von Winterfeld vorzugsweise die Sequenzen, die als besondere Gattung über die Zeit ihrer Entstehung hinaus durch die folgenden Jahrhunderte von ihm verfolgt werden. Eine Reise nach Süddeutschland und der Schweiz diente hauptsächlich der Vermehrung dieses Materials, für welches jedoch die Schätze der überaus gefälligen St. Galler Stiftsbibliothek in erster Reihe stehen. Bei dem Um⸗ fange, welchen diese Sammlung zu gewinnen droht, und bei dem Interesse, welches sie nach manchen anderen Seiten hin einzuflößen geeignet ist, erschien es zweckmäßig, sie für einen besonderen 5. Band aufzusparen und für diesen, namentlich aus Rücksicht auf die dafür erforderlichen musikalischen Erörterungen, ausnahmsweise die deutsche Sprache anzuwenden. Zur Ergänzung der jetzt fast vollendeten karo⸗ lingischen Dichter noch rückwärts wurde beschlossen, einen Band mit vorkarolingischen Dichtungen und Grabschriften, namentlich auch lango⸗ bardischen, herauf zugeben und die Fürsorge für diesen wie für die

Mitarbeiter Dr. W. Levison die Vorarbeiten für den 5. Band so emsig

Abtheilung Anti zuitates überhaupt Herrn Dr. Traube zu übertragen.

schon vorbereitet erscheint. Zur b

3. Bande von Herrn Reichs⸗Archivrath Dr. Baumann die Diözese

Der D r im vorige und dürfte zu Anfang des Sommervz vollendet werden. forschungen nach einer 5 des Klosters Gandersheim blieben lelder erfolalos.

25. Bande des Neuen Archivs, welcher zum Theil unter stell⸗

hier das zweite,

Druckeret und des Verlegers in verhältnißmäßig kurzer Zeit hergestellt, auch nach dieser Seite hin, wie durch seinen reichen und mannig⸗ faltizen Inhalt, den Empfaänger zu wärmstem Danke für so viele un⸗ verdiente Aufmerksamkeit verpflichtet.

Mit dem Ausdrucke des Dankes nach allen Seiten hin, an die Behörden wie an die Bibliotheken des In⸗ und Auslandes so⸗ wie an manche einzelne Gelehrte, für die wohlwollende und opfer⸗ Farlige Förderung unserer Bestrebungen haben wir wie gewöhnlich zu

ießen.

Kunst und Wissenschaft.

In der Sitzung der philosophisch⸗historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften vom 3. Mat (vorsitzender Sekretar: Herr Vahlen) las Herr Brunner „über die erbrechtliche Stellung der Weiber bei Langobarden, Westgothen und Salfranken“. Im Gegensatz zu neuerdings ausgesprochenen Ansichten wird in der Abhandlung auszuführen versucht, daß im langobardischen Volksrecht die ursprüngliche Zurücksetzung der Weiber nur abgeschwächt worden sei, daß bei den Westgothen unter Eurich die Töcht hinsichtlich des Grundbesitzes znrückgesetzt waren und daß Lexr Salica 59 nur die Erbfolge der Muttermagen, und zwar nach Analogie der Erbfolge der Vatermagen, geregelt habe.

In der Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klaff der Akademie von demselben Tage (vorsitzender Sekretar: Her Waldeyer) svrach Herr Klein über „die neueste Vermehrung der Mineraliensammlung der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Universität. Diese Sammlung hat danach durch den auch von der Königlichen Akademie befürworteten Ankauf der von Janson’'schen Mineraliensammlung eine Bereicherung von über

die Reihe der großen europäischen Sammlungen eingetreten. Eine Aufstellung der besonders hervorragenden Stücke hat in der Schau⸗ sammlung stattgefunden. Ferner legte Herr Klein eine Mittheilung des Herrn Professors Dr. Rinne von der Königlichen Technischen Hochschale in Hannover vor, entbaltend einen „Beitrag zur Petro⸗ graphie der Minahassa in Nord⸗Celebes“. In dieser Arbeit werden die in jenem Gebiet vorkommenden alten und jungen Eruptivgesteine dehedet⸗ von denen besonders die letzteren außerordentlich ver⸗ reitet sind. B

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zufolge, den ordentlichen Profe heimen Regierungsrath Dr. Fis ernannt.

er zum korrespondierenden Mitgliede

„Aus Christiania vom 8. Mai wird dem „W. T. B.“ be⸗ richtet: Der für die bevorstehende Eismeer⸗Expedition des russischen Barons Toll auf der Archer'schen Werft in Larvik (Norwegen) aus⸗ gerüstete Dampfer „Zaria“ ist hier eingetroffen, um Kohlen u. s. w. einzunehmen. Da der Hauptzweck der Expedition Untersuchungen des Meeresgrundes, der Strömungen u. dergl. sind, so wird an Bord ein

nehmen, eingerichtet. Von hier geht die Expedition zurück nach Larvik, um Rettungsboote und Segel an Bord zu nehmen, und sodann direkt nach St. Petersburg, wo Proviant und Ausrüstung an Bord kommen, u a. 10 zweisitzige Kajaks, von denen jedes nur 36 kg wiegt, 10 Schlitten und eine Menge Skis, alles aus Rorwegen bezogen. Anfangs Juni geht die Expedition von St. Petersburg ab und nimmt die Route nördlich von Sibirien nach Wladiwostok. Von norwegischen Städten wird nur Tromsö angelaufen, um getrocknete Fische als Hundefutter mitzunehmen. Hierauf wird Kola angelaufen, wo 62 Schlitten⸗ hunde an Bord genommen werden. Dann geht die Expedition nach Kara, wo das Schiff gegen den 1. August eintreffen foll. In der Dicksonsbucht werden die Kohlenvorräthe ergänzt. Dann geht das Schiff nach Zanikow⸗Land, wo die Exvedition bis zur Fortsetzung ihrer Route im nächsten Sommer zu überwintern gedenkt. Von Zanikow⸗Land hinab nach der Behringstraße werden sehr schwierige Eisverhältnisse zu überwinden sein, doch hofft die Expedition im Laufe des Herbstes 1901 Wladiwostok zu erreichen. In Wladiwostok verläßt die Expedition das Schiff und kehrt durch Sibirien und Rußland mit der Eisenbahn nach St. Petersburg zurück. Alle Mitglieder der Expedition werden Russen sein. Außer dem Leiter, Baron Toll, befindet sich bei derselben der Schiffsführer Leutnant Kolomeitzoff, der sich den nächsten Winter hindurch in Norwegen aufhält, um die Interessen der Expedition wahrzunehmen. Außer diesen Beiden wird die Expedition aus vier Gelehrten, drei Offizieren und zwölf Mann Besatzung bestehen. Die Offiziere und die Mannschaften sind alle ausgesuchte Leute von der russischen Marine.

ELand⸗ und Forstwirthschasftt.

Auf der gestern beendeten XXVI. Berliner Mastvieh⸗Aus⸗ stellung wurde, als Züchter⸗Ehrenpreis Seiner Majestät des Kai⸗ sers und Königs, die goldene Staatsmedaille dem Rittergutsbesitzer von Kierski⸗Brzezna bei Jelice, Kreis Wongrowitz, zugesprochen. Ehrenpreise des Landwirthschafts⸗Ministeriums erhielten: Admini⸗ strator Sachs in Ober⸗Alt⸗Ellguth bei Pantwitz (Schlesien), Frau Landes⸗Oekonomierath Kiepert⸗Marienfelde, A. W. Brauer⸗ Tenever bei Hemelingen (Bremen), Graf von Alvensleben⸗Ostro⸗ metzko auf Glauchau bei Kulmsee (Westpreußen); Ehrenpreise der Stadt Berlin (Geldpreise von 250 bis 750 ℳ): Hoflieferant Christian Wittet ⸗Braunschweig, Rittergutsbesitzerin Frau von Potworowska⸗Bozejewice (Posen), Oberamtmann Ad. Stich⸗Kaisershof (Posen). Amtsrath Richard Nonne⸗FEroß⸗ Heidau (Schlesien) und D. Ratjen⸗Bargfeld (Schleswig⸗Holstein); Silber⸗Ehrenpreise des Klubs der Landwirthe: Hofbesitzer Schaper⸗ Maine, Landwirth Heinrich Harke⸗Vollbüttel und Landwirth Mühle⸗ Rötgesbüttel (sämmtlich Braunschweig); die goldene Nathusius⸗ Medaille: Br. Kozlowski⸗Wollstein (Posen).

11“ g des Königlich belgischen Ministeriums für Landwirthschaft vom 23. v. M. ist bis auf weitere Bestimmung die Ein⸗ und Durchfuhr von Rind⸗ und Schafvieh aus der Argentinischen Republik verboten. Die direkte Durchfuhr dieses Viehs wird eintretendenfalls nur mittels der Eisenbahn in plombierten Wagen und ohne Umladung während der Beförderung erfolgen können. 92 8 H Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗

Maßregeln. 1] Malta. Durch veeenc der Lokalregierung in Malta vom 2. d. M. ist

für Schiffe und Passagiere, die aus Egypten kommen, ein⸗ zwölftägige Quarantäne angeordnet worden. (Bgl. „R*Ar., 8

Nr. 76 vom 27. März d. J.)

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1 Jahre beschlossenen Sonderausgabe von den Werken der Nonne Hrotsvith von Gandersheim 82 beünnden Die 9 ach⸗ Handschrift ihres Gedichtes über die Anfänge

Von dem zu ungewöhnlich starkem Umfange angewachsenen vertretender Leitung des Herrn Dr. Bloch gedruckt wurde, verdient

dem Vorsitzenden der Zentral⸗Direktton gewidmete Heft Hervorhebung, weil es, nur durch besondere Anstrengungen der

10 000 Stück Mineralstufen ersten Ranges erfahren und ist damit in

Die Académie de médecine in Paris hat, dem „Temps⸗ or an der Berliner Universität, Ge⸗-

ganzes Laboratorium für die Gelehrten, die an der Expedition theil-

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