hat. Auch Seiner Majestät des Kaisers hat die Versammlun
begeistert gedacht und erlaubt sich, Eure Königliche Hoheit ergeben
zu bitten, das anliegende Telegramm Seiner Mäjestät Allergnädigst übermitteln zu wollen.“
Das Telegramm an Seine Majestät den Kaiser lautet:
„Die bei dem Bankett zu Ehren der Torpedo⸗Division Eurer Majestät vereinigte, äußerst zahlreich besuchte Versammlung von Bürgern der Haupt⸗ und Residenzstabt Karlsruhe gab soeben be⸗ geisterter Hulvigung und innigem Daak Ausdruck für das von Eurer Majestät unternommene große Werk der Verstärkung und Mehrung der deutschen Seemacht und entbietet Eurer Majestät ehrfurchtsvollsten Gruß in dem lebhaften Wansche, daß das nafionale Unternehmen im Volke überall verstanden werden und zum Segen des Reichs ge⸗ lingen möge.“
Der Ober⸗Bürgermeister Schnetzler brachte dann einen be⸗ geistert aufgenommenen Trinkspruch auf Seine Majestät den Kaiser und Seine Königliche Hoheit den Großherzog aus. — Heute Mittag sollte zu Ehren der Offiziere und Mann⸗ schaften ein Festmahl stattfi nden.
D1““
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Budgetausschuß der österreichischen Dele⸗ gation nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern den Vor⸗ anschlag des Occupationskredits an, nachdem der Reichs⸗Finanz⸗Minister von Källay auf einzelne Fragen be⸗ züglich Vonlens und der Herzegowina ausführlich geantwortet hatte. Auf die Anfrage, ob bei der Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina der Widerwille gegen die Okkupation abgenommen habe, erklärte der Minister, die große Masse der Bevölkerung füͤhle, daß ihre Lage gegen früher sowie im Vergleich zu anderen Balkanstaaten sich gebessert habe. Er sei
vollkommen überzeugt, daß, wenn man mit der Kulturarbeit in Bosnien fortfahre und das Volk materiell vorwärts bringe, sich die Ueberzeugung von seiner guten Lage im Volke immer mehr befestigen werde, und er glaube schon jetzt sagen zu können, daß man auf die Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina unbedingt rechnen könne. Sodann nahm der Ausschuß das Heeres⸗Extraordinarium an, nachdem der Reichs⸗Kriegs⸗Minister von Krieghammer bezüglich der Geschützfrage eine den von ihm am Freitag in der ungarischen Delegation gemachten Ausführungen analoge Erklärung ab⸗ gegeben hatte. 8 In dem Marineausschuß der ungarischen Delegation führte der Marine⸗Kommandant von Spaun in Beantwor⸗ tung einer Anfrage aus, daß alle neugeforderten Schiffe Ersatzbauten für die alten, nicht mehr verwendbaren Schiffe seien. Betreffs des Tonnengehaltes der zu erbauenden Schiffe erwähnte der Redner, daß die Schiffsbautechnik einen unge⸗ heuren Fortschritt gemacht habe: Großbritannien sei zu Schiffen mit über 15 000 Tonnen, Deutschland zu solchen von 11. 000 bis 14 000 Tonnen übergegangen. Bei diesem allgemeinen Bestreben nach Vergrößerung des Tonnengehalts sei es unmöglich, an dem kleinen Tonnengehalt festzuhalten. Für die öster⸗ reichisch⸗ungarische Marine werde es genügen, Schiffe mit 10 000 Tonnen Gehalt zu bauen. Der Redner meinte schließ⸗ lich, daß die Geschützfrage in der Marine insoweit gelöst sei, als alle Geschütze fuͤr zwei Panzerschiffe, ausgenommen die 24 cm⸗Kanonen, im Lande würden hergestellt werden. Nach der dieser Rede folgenden Debatte, bei welcher es sich hauptsächlich um Berücksichtigung der ungarischen Jndustrie bei den Lieferungen für die Marine sowie um die Frage der Erbauung neuer Schiffe handelte, und in welcher sämmtliche Redner der Marine ihre Anerkennung aussprachen, wurde das Marine⸗ Budget angenommen und gleichzeitig beschlossen, in dem Bericht dem Vertrauen gegenüber der Marineleitung Ausdruck u geben. gDie nächste Sitzung des österreichischen Abgeordneten⸗ hauses ist auf den 6. Juni anberaumt worden. Als erster Gegenstand steht das Budgetprovisorium auf der Tages⸗ ordnung.
Großbritannien und Irland.
Ins der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte, wie „W. T. B.“ meldet, der Staatssekretär für die Kolonien Chamber⸗ lain bei der zweiten Berathung der Vorlage über den australi⸗ schen Bund, er freue sich, dem Hause mittheilen zu können, daß üͤber die Frage der Berufung an den Geheimen Rath ein Ab⸗ kommen mit den australischen Abgesandten zu stande gekommen sei. Nach der nunmehr vorgeschlagenen Abänderung der Vor⸗ lage solle dieses Berufungsrecht in allen Fällen mit Ausnahme jener, bei denen rein australische Interessen in Betracht kämen, bestehen. Auch habe man sich über die Aufnahme einer Be⸗ stimmung geeinigt, wonach die Sanktion der Krone für solche vom Bundesparlament angenommene Gesetze nöthig sein solle, welche dieses Berufungsrecht einschränken sollten. Asquith (liberal) beglückwünschte darauf die Regierung zu diesem Abkommen, welches sowohl Großbritannien als den australischen Vertretern zum Verdienst gereiche. Die zweite Lesung der Bill, betreffend den australischen Bund, wurde darauf ohne Ab⸗ stimmung genehmigt. — Der Unter⸗Staatssekretär des Aeußeren Brodrick berichtete, die Regierung habe erfahren, daß die russische Regierung pachtweise einen Platz für ein Kohlen⸗ lager und ein Marinehospital an dem koreanischen Vertragshafen von Masambpho erworben habe. Der
Heis sei offen für die Fahrzeuge aller Länder. Das
Landen und Aufstapeln von Vorräthen für die russische Flotte an dem so erworbenen Platze regele sich nach den be⸗ stehenden Vertragsrechten. An die russische Regierung sei kein ausschließliches Recht abgetreten, und die den britischen Staatsangehörigen durch Verträge zugestandenen Rechte seien durch das neue Abkommen nicht beschränkt worden. Die Regierung habe ferner erfahren, daß ein Ab⸗ kommen getroffen worden sei, durch welches die russische Regierung hc selbst binde, niemals für ihren eigenen Ge⸗ brauch oder für denjenigen russischer Unterthanen irgend ein Stück Land auf der Insel Kojedo, oder auf dem gegen⸗ überliegenden Festlande, oder auf irgend einer der umliegenden Inseln zu beanspruchen, und daß die koreanische Regierung sich verpflichtet habe, nicht zu gestatten, daß eine andere Regierung in den bezeichneten Gegenden Land pachte oder erwerbe. „Nachdem Maclean angefragt 88 ob das Vorgehen Rußlands in Uebereinstimmung sei mit seiner ausdrücklichen Verpflichtung, keinerlei Territorien in Korea, wo immer es sei, zu erwerben, erwiderte Brodrick, die Regierung habe den Wortlaut des Abkommens noch nicht er⸗ halten, er könne daher diese Frage nicht beantworten. — Der
Erste Lord des Schatzamts Balfour theilte hierauf unter lautem Beifall mit, daß die Entsetzung Mafekings
“
sich bestätige, und schlug dem Hause vor, die Pfingstferien vom 29. Mai bis 14. Juni dauern zu lassen. 1 Der „Times“ zufolge bestätigt sich die Nachricht, daß die Regierung ein Telegramm des Präsidenten Krüger mit der Bitte um Frieden erhalten habe, in keiner Weise. Das Kolonialamt ist seit einigen Tagen ohne Nach⸗ richten von dem Gouverneur von Kumassi.
Frankreich.
Die „Agence Havas“ meldet, daß der Deputirte Graf Castellane eine von ihm beabsichtigte Anfrage über eine von Reinach in Digne gehaltene Rede in eine Interpellation umgewandelt habe. Infolge der Einbringung dieser Interpellation erscheine es als sicher, daß heute in der Deputirtenkammer eine Erörterung der allgemeinen Politik der Regierung stattfinden werde. Der inister⸗ Präsident Waldeck⸗Rousseau werde sich der Kammer zur Verfügung stellen und diese ohne Zweifel über ihre Beur⸗ theilung der Lage sogleich im Reinen sein und sie der Regie⸗ rung klar zu erkennen geben. 1
Der Kaiser hat, einer Meldung der „Russischen Tele⸗ graphen⸗Agentur“ zufolge, am Sonnabend alle von der Haager Konferenz gefaßten Beschlüsse ratifiziert.
Der Fürst Swjatopolk Mirski ist zum Gehilfen des Ministers des Innern ernannt worden.
Amerika. 8 88 Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Washington meldet, gestaltete sich vorgestern der Empfang der Buren⸗ Delegirten im dortigen Opernhause zu einer großen Kund⸗ gebung. Der Raum war dicht gefüllt; die offizielle Welt war zwar nicht vertreten, jedoch waren verschiedene Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses anwesend. Der Senator Sulzer bewillkommnete die Delegirten und sagte: neun Zehntel der Amerikaner seien gegen Großbritannien. Im Namen der Menschlichkeit müsse man für die Herbei⸗ führung des Friedens eintreten. Die Buren seien nur zu be⸗ siegen, wenn sie gleichzeitig ganz vernichtet würden. Dem Zerstörungsmarsche Großbritanniens müsse Einhalt gethan werden. Der Burendelegirte Fisher sprach sich in seiner Er⸗ widerung ähnlich aus, wie er dies in New York gethan hatte. Die Delegirten Wessels und Wolmarans gaben ihrem Dank für die ihnen von den Amerikanern bekundete Sympathie Ausdruck. Hierauf sprach Bourke⸗Cockeran. Er wies auf die Nachbarschaft Canadas hin und bemerkte, Canada als britischer Besitz bedrohe die Aufrechterhaltung der Monroe⸗Doktrin. Sodann griff der Redner heftig die britische Regierung an. Ob die amerikanische Regierung interveniere oder nicht, fügte er hinzu, die nöthigen Mittel müßten gefunden werden, dem gegenwärtigen Unrecht gegen die Zävilisation ein Ende zu machen. 1 Gestern empfing der Staatssekretär Hay die Buren⸗ mission in nicht offizieller Weise. Nachdem dieselbe das Staatsdepartement verlassen hatte, begab sich der Staats⸗ sekretär nach dem Weißen Fen und hatte dort eine Be⸗ rathung mit dem Präsidenten MeKinley. Später veröffentlichte Hay einen langen Bericht, in welchem die Einzelheiten der Zasammenkunft beschrieben werden und die Haltung des Präsidenten MoKinley den Kriegführenden in Süd⸗Afrika gegenüber begründet wird. Der Staatssekretär theilte, diesem Bericht zufolge, den Burendelegirten mit, daß in Anbetracht der Artikel 3 und 5 der Haager Konvention jedes weitere Vorgehen der Vereinigten Staaten unter den jetzigen Umständen unrathsam erscheinen müsse. Der Bericht schließt folgendermaßen: Man könne sagen, daß der Präsident mit seinen Schritten, die er, von dem ernsten Wunsche beseelt, den Krieg beendigt zu sehen, unternommen habe, bis zu der äußersten Grenze gegangen sei. Nachdem der Präsident seine volle Pflicht gethan habe, indem er einerseits seine neutrale Haltung streng bewahrt und andererseits die erste ihm sich darbietende Gelegenheit ergriffen habe, um im Interesse des Friedens seine guten Dienste an⸗ zubieten, sei er von der Ansicht durchdrungen, daß ihm unter den jetzigen Umständen kein anderer Weg offen stehe, als bei der Politik unparteilicher Neutralität zu verharren. Hiervon abzuweichen würde allen Traditionen und nationalen Interessen widersprechen und Folgen haben, mit denen sich weder der Präsident noch das Volk der Vereinigten Staaten be⸗ freunden könnten. Der Senat hat, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern mit 36 gegen 21 Stimmen beschlossen, den Buren⸗Delegirten den Zutritt zum Sitzungssaal zu verweigern, nachdem der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Davis aus⸗ geführt hatte, die Delegirten seien im Lande herumgezogen, wobei sie sich an Versammlungen betheiligt und das Volk dafür zu gewinnen gesucht hätten, einen Druck auf die Regierung auszuüben. 1 Einer in New York eingetroffenen Depesche aus Kingston (Jamaica) zufolge sind nach dort eingetroffenen Berichten aus CFolumbien die Aufständischen im Norden von Panama ver⸗ trieben worden. Am 16. Mai sei Cartagena noch im Besitz der Regierung gewesen. In der Nacht vom 13. Mai habe vor Cartagena ein verzweifelter Kampf stattgefunden, in welchem die Aufständischen geschlagen worden seien. Etwa 500 Aufständische seien gefallen. Das Land befinde sich in einem schrecklichen Zustande. Der Papierdollar sei fünf Cents werth. 1 88s “
Das französische Flaggschiff „D’'Entrecasteaux“ ist, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonntag in Taku eingetroffen; der Admiral Courrejolles hat sich gestern von dort nach Peking begeben.
Der „Times“ wird aus Peking vom gestrigen Tage gemeldet, das diplomatische Korps habe am Sonntag eine gemeinsame Note an das Tsung⸗li⸗YNamen gerichtet, worin die Regierung aufgefordert werde, die „Boxers“ und die fremdenfeindliche Bewegung zu bekämpfen, welche ernste Proportionen angenommen habe. Die Note sei in festem Tone gehalten und stelle in Aussicht, daß, wenn die Bewegung nicht niedergeworfen werde, die Vertreter der auswärtigen Mächte gezwungen sein würden, wieder militärische Wachen nach Peking zu bringen.
In Peking sind, dem „Reuter schen Bureau“ zufolge, bereits estern sechs Leiter der „Boxer“⸗Bewegung verhaftet worden. In die von der Bewegung ergriffenen Distrikte sind Truppen entsandt worden, welche Befehl haben, die Bewegung mit unnachsichtlicher Strenge zu unterdrücken.
Die Abgrenzung von Wei⸗Hai⸗Wei ist in bef digender Weise ohne die Beihilfe der chinesischen Kommi A zum Abschluß gelangt. “ ommissare
Afrika. „
Dem „Daily Expreß“ wird aus Lourenço Ma vom gestrigen Tage berichtet, daß die Buren Pretoria hne lassen anfingen. Die Frauen und Kinder würden mit der Eisenbahn von der Hauptstadt nach Machadodorp gesandt welches auf dem Wege nach Lydenburg liege, wo die Buren ein Lager aufzuschlagen gedächten. 1
Eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts aus Kroonstad besagt: Der General Sir Redvers Buller berichte, sein Vormarsch werde wegen der Zerstörung der Eisenbahn um einige Tage verzögert. Der General Rundle melde, daß er Ladybrand besetzt habe. Der General Hunter rücke längs der Eisenbahn mit Vorräthen für die Garnison von Mafeking vor und richte einen Hospitalzug ein für die Beförderung der Kranken nach Kimberley Lord Methuen habe Hoopstad verlassen, um mit der Abtheilung des Generals Hunter zu kooperieren.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Kroonstad ge⸗ meldet, daß am Sonntag ein englischer Convoi auf dem Wege Lindley angegriffen und gezwungen worden sei, Halt zu machen.
Der Berichterstatter des „Daily Chronicle“ in Kroon⸗ stad meldet, der General de Wet spreche sich für Nieder⸗ legung der Waffen aus, wenn annehmbare Bedingungen erlangt würden; der Ober⸗Kommandant Botha dagegen rathe zum Widerstande.
Die „Morning Post“ berichtet aus Kroonstad vom 20. d. M., die Buren verließen Harrysmith und wendeten sich nach Norden. Es gehe das Gerücht, daß der Van⸗ reenenspaß frei sei und daß der Bothapaß nur von wenigen Buren vertheidigt werde.
Eine Depesche des Gouverneurs Sir Alfred Milner an den Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain aus Kapstadt vom 21. Mai besagt: Der General Barton tele⸗
raphiere aus Taungs, daß Mafeking am 17. Mai ent⸗ betzt worden sei. Die 8888 unter dem Befehl des Obersten Mahon sei etwa 2300 Mann stark gewesen.
Der Oberst Baden⸗Powell ist zum Generalmajor be⸗
fördert worden.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗
tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Zweiten und Dritten Beilage.
— Die heutige (200.) Sitzung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky und der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieber⸗ ding beiwohnten, wurde von dem Präsidenten Grafen von Ballestrem mit folgenden Worten eröffnet:
Ich eröffne die 200. Sitzung des Deutschen Reichstages in dieser Legislatur⸗Periode und danke den Herren, die aus dieser Veranlassung den Präsidentensitz so schön geschmückt haben. Es ist soeben ein Antrag der Abgg. Graf von Hompesch und Genossen eingegangen. Derselbe enthält einen neuen Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs. Ich habe den Druck dieses Antrags verfügt; derselbe ist in der Vertheilung begriffen. Wir treten in die Tagesordnung ein.
Abg. Dr. Spahn (Zentr.) (zur Geschäftsordnung): Herr Prä⸗ sident, mit Rücksicht auf die Mittheilung, die Sie uns soeben gemacht haben, bitze ich, den ersten Gegenstand von der Tagesordnung für heute abzusetzen und dafüt die erste event. zweite Berathung des von Ihnen angekündigten Antrags auf die Tagegordnung zu setzen.
Präsident Graf von Ballestrem: Ueber den ersten Antrag kann das Haus mit Stimmenmehrheit beschließen, der zweite Antrag ist nur zulässig, wenn kein Mitglied widerspricht. 1
Der Antrag auf Absetzung des erstgenannten Gesetz⸗ entwurfs („lex Heinze“) von der Tagesordnung wird ein⸗ stimmig angenommen. Gegen den zweiten Antrag wird von keiner Seite ein Widerspruch erhoben 8
Der Präsident eröffnet infolge dessen die erste Berathung des später mitzutheilenden Antrags der Abgg. Graf von Hompesch (Zentr.) und Genossen.
Abg. Graf von Pompesch: Ich habe namens der bei weitem größten Mehrzahl meiner politischen Freunde folgende Erklärung ab⸗ zugeben:
8 Die Zentrumsfraktion hat zu der sogenannten „lex Heinze“ einen wichtige Theile ersetzenden Initiativantrag in Verbindung mit Mitgliedern anderer Parteien eingebracht, nachdem auf Grund einer von dem Herrn Präsidenten veranstalteten Verständigung mit anderen Parteien des Hauses die Annahme dieses Antrags ze⸗ sichert und dadurch ein sofort zu erreichender erheblicher Fortschritt in der Bekämpfung der Uasitlichkeit gewährleistet ist. Wir legen den Ergaänzungen des geltenden Strafgesetzbuchs namentli durch die Vorschriften über Herstellung zweifellos unzüchtiger Schriften und Bilder, wie Aufstellung, Ankündigung und Anpreisung zum unzüchtigen Gebrauch bestimmter Gegenstände und die Bestimmungen zum Schutz der Jugend gegen das Anbieten schamloser Schriften, Darstellungen und Abbildungen ein solches Gewicht bei, daß wir Bedenken tragen, diese so wichtige Ver⸗ besserung des Strafgesetzbuchs von dem Schicksal der anderen Be⸗ stimmungen abhängig zu machen. 3 1
Der Initiativantrag wurde bei Schluß des Blattes in erster, zweiter und dritter Lesung en bloc gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Freisinnigen angenommen.
— In der heutigen (73.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und der Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben bei⸗ wohnten, fand zunächst die dritte Berathung des Entwurfs einer Hohenzollernschen Gemeindeordnung statt.
Abg. Dr. Lotichius (nl.) beantragt, die Vorlage en bloc
anzunehmen.
Abg. von Bornstedt (kons.) erklärt, daß seine Freunde 5 Bestimmung, daß die Ausübung des Stimmrechts sehere sein soll, eine folche Vedeutang beilegten, daß sie sich veranlaßt sähen, gegen ganze Gesetz zu stimmen. i
Abg Bumiller (Zentr.) ist mit der Annahme en bloc verstanden und will auf Anträge verzichten, damit das Gesetz zu stande komme. An⸗
Die Vorlage wird en bloc angenommen, ebenso auf 8 trag des Abg. Dr. Lotichius der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Hohenzollerf⸗ schen Amts⸗ und Landesordnung, der Gesetzentwun, betreffend die Aenderung des erfahrens für 8 Wahlen zum Hause der Abgeordneten in den Hohen, zollernschen Landen, und der Gesetzentwurf,
treffend die Umgestaltung der direkten Staatssteuern
1
gelehnt.
den Hohenzollernschen Landen, in dritter Be⸗
n rathung. 8 1 Es folgt der Kommissionsbericht über den Antrag der Abgg. von Eynern (nl.) und Genossen, betreffend die Uelerweisung eines Fonds von 50 Millionen Mark aus den Ueberschüssen des Etatsjahres 1899/1900 an die Provinzialverbände.
Die Kommission beantragt, statt den Antrag von Eynern folgenden Antrag anzunehmen:
„die Königliche Staatsregterung zu ersuchen, in der nächsten Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die den ein⸗ zelnen Provinzialverbänden gewäß dem Dotationsgesetz vom 8. Juli 1875 zustehende Dotationsrente unter Berücksichtigung der Benachthei⸗ ligung der leistungsschwachen Provinzen durch die Bestimmungen des § 20 a. a. O. und der seitdem durch die Gesetzgebung herbeigeführten höheren Belastung, ferner einerseits der Leistungsfähigkeit, anderer⸗ seits der Höhe der zur Erfüllung ihrer Aufgaben nothwendigen Leistungen dieser Verbände erhöht wird.“
Berichterstatter Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch kons.) berichtet über die Kommissionsverhandlungen. Die Re⸗ gierung habe in der Kommission erklärt, daß der Antrag von Eynern nannehmbar sei, daß sie aber ein solches Bedürfniß anerkenne und nach möglichst beschleunigter Beschaffung des statistischen Materials einen Gesetzentwurf vorlegen wolle. Die Kommission habe beantragt, daß eine Abhilfe geschafen werden müsse, besonders mit Rücksicht auf die bedrohliche Lage der Landwirthschaft. Die Abbhilfe sei dringend nothwendig mit Rücksicht auf die bisherige ungerechte Vertheilung
der Provinzialdotationen und auf die großen neuen Aufgaben, welche
en P ovinzen vom Staat auferlegt seien. Abg. Dr. Sattler (nl.) beantragt die Zurückverweisung der
1 Anträge an die Kommission zur Erstattung eines schriftlichen Berichts, da der Vortrag des Berichterstatters nicht vollständig zu verstehen
ewesen sei. Die Budgetkommission habe vielfach schriftlichen Bericht erstatten müssen. Der Berichterstatter habe viele Fragen in seinem
Vortrag berührt, selbst die Verkehrspolitik, sodaß das Haus einen
schriftlichen Bericht haben müsse.
Abg. Freiherr von Erffa (kons.) spricht sich gegen die Zurück⸗ verweisung aus, da die Geschäfte des Hauses es nöthig machten, die Sache bald zu erledigen.
Abg. Fritzen (Zentr.) schließt sich dem Vorredner an.
Der Antrag Sattler auf Zurückverweisung wird ab⸗
(Schluß des Blattes.)
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Fahrer und Schaffner der Großen Berliner Straßenbahn⸗, der Westlichen und der Südlichen Vorortbahn⸗Gesellschaft ist beendet, nachdem, wie hiesige Blätter be⸗ richten, gestern durch die n des Ober⸗Bürgermeisters Kirschner ein Vergleich zwischen der Direktion dieser Gesellschaften und ihren Angestellten auf folgender Grundlage zu stande gekommen ist: Fahrer und Schaffner erhalten fortan ein monatliches Anfangsgehalt von 85 ℳ, nach 6 Monaten bei definitiver Anstellung 90 ℳ, nach 2 Jahren 95 ℳ, nach 5 Jahren 100 ℳ, nach 8 Jahren 105 ℳ, nach 10 Jahren 110 ℳ, nach 12 Jahren 113 ℳ, nach 15 Jahren 115 ℳ, nach 17 Jahren 118 ℳ und nach 20 Jahren 120 ℳ Monatsgehalt. Weichensteller, Stallleute, Hilfsarbeiter erhalten einen Tagelohn von 3 ℳ, steigend bis 4 ℳ Die Ktilometergelder bleiben dieselben. Für Ueberstunden, zu denen die Instruktionsstunden zu rechnen sind, werden 50 ₰ vergütet. Die Dienstzeit beträgt für Fahrer 9, für Schaffner 11 Stunden, ein⸗ schließlich der Feit die zum Dienstantritt, zum Halten an den Endstationen und zur Kassenerledigung nothwendig ist. Den Angestellten werden monatlich vier freie Tage zugesichert, der siebente freie Tag muß auf einen Sonntag fallen. Außerdem wird jedem Angestellten alljährlich ein Erholungsurlaub gewährt Den zu militärischen Uebungen ein⸗ gezogenen Beamten wird das volle Gehalt gezahlt, abzüglich desjenigen Betrages, der den Uebenden vom Staate geleistet wird. Das Verschicken der Beamten nach anderen Bahn⸗ höfen ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Solche Versetzungen sind verheiratheten Beamten drei Monate, ledigen vier Wochen vor⸗ her anzuzeigen. Falsch durchlochte Fahrscheine werden von den Hof⸗ verwaltern kassiert, Geldstrafen nur bei groben Fabrlässigkeiten ver⸗ hängt. Auf jedem Bahnhof wird eine Kommission gewählt, die periodisch mit der Direktion über die Abstellung von Mißständen im Betriebe und in der Verwaltung verhandeln soll. Die n kasse tritt bereits am 1. Juli auf der Basis der von dem Magistrat gestellten Bedingungen in Wirksamkeit. Maßregelungen und Entlassungen von Ausständigen finden nach der Wiederaufnahme des Betriebs in keinem Falle statt. Die Angestellten hatten sich heute früb in gewohnter Weise zum Dienst wieder einzustellen. Vergleicht man die Einigungspunkte mit demjenigen, was die Direktion vor dem Ausbruch des Strikes shen zu⸗ estanden hatte, so besteht der Hauptunterschied darin, daß
ie tägliche Dienstzeit für die Wagenführer 9 und nicht 10 Stunden betragen soll und daß Maßregelungen der Ausständigen nicht erfolgen dürfen. Alles Uebrige war von der Direktion schon vor dem Strike zugestanden worden. Die Ausständigen hatten für die Schaffner eine Dienstzeit nicht von 11, sondern von 10 Stunden ver⸗ langt, auch ein um 5 ℳ höheres Anfangsgehalt, welches in kürzeren Terminen bis zu 130 ℳ, statt bis zu 120 ℳ. steigen sollte. — Die Angestellten der Straßenbahnlinie Treptow — Behren⸗ straße (Siemens u. Halske) haben Mitte voriger Woche eine Versammlung ““ um über die Forderung einer Lohnerhöhung iu verhandeln. In den nächsten Tagen will eine Deputation der ffner und Wagenführer an die Direktion herantreten, um ihre orderungen zu präzisieren. — Die Allgemeine Omnibus⸗ Iktiengesellschaft bat, 7 zufolge, den Kutschern eine Lohnerhöhung bewilligt. Unter den Schaffnern ist noch eine ewegung im Gange.
In Uerdingen (Rhein) sind, nach der „Rh.⸗Westf. Ztg., gestern sämmtliche Schreinergesellen der dortigen aggon⸗ fabrik (A.⸗G.) wegen Lohndifferenzen ausständig geworden.
Wie der „Voss Ztg.“ aus Lübeck mitgetheilt wird, ist der Aus⸗ — der Schmiede und Kesselschmiede der Lübecker Maschinen⸗ augesellschaft (Akt.⸗Ges.) und der Koch'schen Schiffswerft nach Be⸗ wi sung einer sofortigen Lohnerhöhung von 2—4 ₰ für die Stunde, hhe tündiger Arbeitszeit und eines Lohnaufschlags von 50 % für eberstunden und Sonntagsarbeit, sowie von 20 % für Nachtarbeit eendet (vergl. Nr. 105 d. Bl.).
Kunst und Wissenschaft. 8 “
6 Wie das „Dresdner Journal“ amtlich bekannt macht, bat nit enehmigung Seiner Majestät des Königs von Sachsen das Mini⸗ erium des Innern beschlossen, der Kunst⸗Akademie und Kunst⸗ gewerbeschule zu Leipzig den Namen „Königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe“ zu verleihen.
„Berliner Architekturwelt“, Zeitschrift für Baukunst neanera⸗ Plastik und Kunstgewerbe der Gegenwart. Unter Leitung der b vr. Heinrich Jassoy, Ernst Spindler, Bruno Möhring und unter Waüw rkung der Vereinigung Berliner Architekten. Verlag von Ernst . muth, Architektur⸗Buchhandlung, Berlin W. 8, Markgrafenstraße 35. eimnementspreis für den Jahrgang (12 Hefte) 20 ℳ — Die beiden dhc. velche den neuen, III. Jahrgang eröffnen, bringen die Fort⸗ nüng 5 im Märzheft begonnenen, mit vielen photographischen Auf⸗ Architeit er Original⸗Entwürfe versehenen Beiträge über „Berliner ektur und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in Paris 1900“.
Das erste Heft bietet eine mit Textbildern und einer Farbendruck⸗ tafel aus zestattete Schilderung des reich ausgemalten Saales für die soztale Wohlfahrtspflege im „Deutschen Hause“ (Architekt: Bernhard Schaede), das zweite eine durch zwölf Ansichten erläuterte Beschreibung der Fagadenmalereien an demselben (Maler: R. Böhland). Aus dem weiteren Inhalt des ersten Hefts verdient Hervorhebung die Schilderung des Neubaues des Königlichen Marstallgebäudes (Architekt: Geheimer Hof⸗Baurath Ernst Ihne) mit Ansichten der Fronten, Grundrissen, sowie Abbildungen der beiden Wandbrunnen (vom Bild⸗ hauer, Professor Otto Lessing), darstellend den von den Okeaniden be⸗ klagten Prometheus und die Befreiung der Andromeda durch Perseus. Für Architekten von Interesse ist auch die Mittheilung der im Wettbewerb um ein Geschäftshaus für die in Magdeburg domizilierende Versicherungs⸗ Aktiengesellschaft „Wilhelma“ in Berlin eingegangenen Entwürfe. Freunde des Kunstgewerbes wird der vorzüglich illustrierte Aufsatz über die Ausstellung der aus der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbe⸗Museums hervorgegangenen Schülerarbeiten anziehen. Im neuesten Heft findet man, als weitere Folge der von dem Seadt⸗ baurath Hofmann der Zeitschrift überlassenen Veröffentlichungen über die neuesten Hochbauten der Stadt Berlin, eine eingehende Beschreibung der nach neuen praktischen Prinzipien erbauten Gemeinde⸗Doppelschule in der Glogauerstraße, mit vier Abbildungen, Ansichten, Grundrissen ꝛc. Mittheilungen über bemerkenswerthe Malereien oder Skulpturen aus Berliner Ausstellungssalons, moderne Zimmereinrichtungen, einzelne Möbel oder andere kunstgewerbliche Arbeiten, stets mit Beigabe sorg⸗ fältiger photographischer Aufnahmen, bilden den weiteren Inhalt der wegen ihrer Vielseitigkeit und Gediegenheit in Architekten⸗ und Künstlerkreisen verdientermaßen stetig an Beifall und Verbreitung gewinnenden Zeitschrift.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand und Getreidehandel in Syrien und Palästina.
Der Kaiserliche General⸗Konsul in Beirut berichtet unter dem 6 v. M. Folgendes: „Die Ernte⸗Aussichten, welche zu Anfang des verflossenen Monats überall in Syrien ausgezeichnete waren, haben sich wegen des unzu⸗ reichenden Regenfalls im April wieder verschlechtert, wenigstens für gewisse Gegenden, unter denen namentlich die Distrikte von Saida, Suͤr und Merdschajun, die Hochebene Bekaa, die Distrikte von Akka⸗ Haifa, Nablus und Jerufalem zu nennen sind. Die Saaten, namentlich der Weizen, haben dort unter der anhaltenden Trockenheit, welche während des April in Palästina herrschte, gelitten. Der Ausfall der Weizenernte in den erwähnten Gegenden wird im wesentlichen davon ab⸗ hängen, ob zu Anfang Mai noch Regen fallen wird oder nicht. Die Gerste steht überall gut. Im ganzen nördlichen Syrien, in den Provinzen Aleppo und Adana, in den Distrikten von Hama und Homs und im Hauran war der April weniger trocken, und die dortige Ernte verspricht iveacn sowohl für Weizen als für Gerste, eine ausgezeichnete zu werden. Die Preise standen in Beirut: 8 16 pro dz Weizen f. a. b., 8 „ Braugerste f. a. b., „ „ Futtergerste f. a. b.
Der Kaiserliche Konsul in Jerusalem berichtet unter dem 6. d. M. Folgendes:
Infolge des Ausbleibens eines eigentlichen Regens im verflossenen Monat ist der Saatenstand weniger befriedigend, als nach dem günstigen Anfange des Jahres erwartet werden konnte. Die Gerstenernte hat in den Ebenen begonnen und eine Peeissteigerung der Gerste ver⸗ ursacht indem durch die Erntearbeiten die Zufuhr vermindert worden ist.
Weizen kostet heute pro Tabbé = ca. 23 ½ kg Jerusalem 18 Ptaster = 2,69 ℳ
Gerste pro Tabbé = ca. 18 ¾ kg Jerusalem 14—14 ½ Piaster 2,10 — 2,17 ℳ
Ernteaussichten in Klein⸗Asien.
Der Kaiserliche General⸗Konsul in Smyrna becichtet unter dem 7. d. M. Folgendes:
In Anbetracht ungewöhnlich starker Regenfälle im Winter war man für den Ausfall der diesjährigen Ernte, zumal in den feuchten Niederungen, besorgt. Nachdem trockene Witterung eingetreten, glaubt man jetzt auf eine durchaus günstige Ernte mit einem Mehrertrage von etwa 30 % gegen das Vorjahr rechnen zu dürfen.
„ 8 Saatenstand in Rumänien. “ 8
Fol “ Konsulat in Jassy berichtet unter dem 14. d. M. olgendes:
Das Wetter ist im Monat April und bisher auch im Mai trocken gewesen; der in den letzten Tagen gefallene Regen war so unzureichend, daß er für die Weiterentwickelung der Saaten nicht in Betracht kommt. Trotzdem bisher ein wesentlicher Schaden nicht zu verzeichnen ist, s doch die anhaltende Trockenheit die Landwirthe mit Be⸗ sorgniß.
Weizen und Roßgen stehen in fast allen Bezirken gut. Der Raps dagegen, der infolge der Trockenheit an Würmerfraß leidet, ent⸗ spricht nicht den auf ihn gesetzten Hoffnungen.
„Die Fühjahrsbestellung von Gerste und Hafer hat unter den
ünstigsten Verhältnissen stattgefunden. Die Saaten stehen bis jetzt, oweit sie aufgegangen sind, gut. Der Maisanbau geht seiner Vollendung entgegen. 1 1“
8
Ernteaussichten in Dänemark.
Der Kaiserliche General⸗Konsul in Kopenhagen berichtet unter dem 16, d. M. Folgendes:
Das Wetter ist in der letzten Zeit für die Entwickelung der Saaten wenig günstig gewesen; Kälte, theilweise sogar Nachtfröste, Wind und Trockenheit haben nachtheilig eingewirkt, jedoch scheinen ernstere Schädigungen der Saaten nicht vorgekommen zu sein.
Die Wintersaaten stehen im Ganzen befriedigend. In einzelnen Gegenden Jütlands hat jedoch der Roggen gelitten, theilweise auch der Weizen, der eine schwache Farbe zeigt.
„Die Frühjahrsbestellung dürfte auch auf den Inseln beendet sein, während in Jütland mehrere Gegenden noch damit im Rück⸗ stande sind. 8
Die frühzeitig gesäeten Frühjahrssaaten stehen recht gut, namentlich Weaßt wird in einzelnen Landestheilen als besonders kräftig entwickelt geschildert.
Die Zuckerrüben stehen namentlich da, wo sie früh gesäet sind, recht gut, und man glaubt nicht, daß die Nachtfröste der letzten Wochen ihnen ernstlich Schaden gethan haben.
Die von der argentinischen Regierung gegen das aus Deutschland einzuführende oder mit deutschem Vieh in Berührung gekommene Rindvieh erlassenen Quarantänemaßregeln, die seinerzeit durch Zeitungsnachrichten gemeldet wurden (vergl. „R.⸗A.“ Nr. 59 vom 7. März d. J.), sind inzwischen von der argentinischen Regierung amtlich bekannt gegeben worden.
Der Professor an der Landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin, Geheime Regierungsrath Dr. Max Delbrück hat die Festreden, welche er als Rektor am 26. Januar 1900 zur Feier des Geburts⸗ tages Seiner Majestät des Kaisers und Königs über „Die König⸗ liche Landwirthschaftliche Hochschule in der Zukunft“ und am 12. Januar d. über „Die deutsche Landwirth⸗ schaft an der Jahrhundertswende“ gehalten hat, in einer Schrift vereinigt, vor kurzem im Druck erscheinen lassen (Verlagsbuchhandlung Paul Feng, Berlin; Preis 1 ℳ). In beiden Reden hat der Verfasser sehr beachtenswerthe Hinweise auf
den jetzigen Stand der deutschen Landwirthschaft und der ihr nahe⸗ stehenden Gewerbe, auf ihre weitere Entwickelung und auf die dazu erforderlichen Maßnahmen, besonders in Hinsicht einerseits auf die Heranbildung und Forschung der Dozenten und andererseits auf den Unterricht der Studierenden gegeben. Der Verfasser glaubt, daß die Erträge der Landwirthschaft im Großen und Ganzen noch lange nicht derartige seien, wie sie nach dem Beispiele der guten Wirthschaften sein könnten, und er spricht (S. 32) aus, „daß für die Körnerfrüchte im Durchschnitt eine Verdoppelung der Erträge in Aussicht gestellt werden kann und muß, und daß eine Verdreifachung der Kartoffelerträge keineswegs außer dem Bereich der Möglichkeit liegt“. Als Haupt⸗ forderung für die Forschung und auch für die Ausbildung der Dozenten der Landwirthschaft stellt er diejenige einer größeren, in Verbindung mit der Landwirthschaftlichen Hochschule stehenden Versuchswirthschaft auf, in welcher praktische und theoretische Fragen der Pflanzen⸗ und Thierzüchtung, des Betriebs⸗ und Rechnungswesens ꝛc. studiert werden könnten; eine solche „Versuchswirthschaft für den Sandboden im Osten“ müsse der Versuchswirthschaft für schweren Boden in Lauch⸗ städt zur Seite gestellt werden. Die Schrift bietet sonach mancherlei Anregung.
Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ v“
8
„Durch Bundesrathsbeschluß vom 11. d. M. werden folgende
Bezirke als pestverseucht bezw. als pestverdächtig erklärt:
53 Said (Egypten), sämmtliche Häfen des Rothen eeres und Sydney (Australien).
Es kommen daher gegenüber diesen Bezirken die durch den Bundesrathsbeschluß vom 19. Januar 1900 in Kraft gesetzten Bestimmungen der Verordnung vom 30. Dezember 1899, welche sich auf den Waaren⸗ und Gepäckverkehr beziehen, zur Anwendung (vgl. „R.⸗Anz.“ Nr. 34 vom 6. Februar d. F.).
Namentlich soll die darin vorgesehene Revision und die eventuell als erforderlich erachtete Desinfektion des Reisegepäcks am An⸗ kunftsort des Reisenden in jedem Falle stattfiaden, auch wenn die Reise länger als zehn Tage gedauert hat und infolge dessen eine ärztliche Ueberwachung des betreffenden Reisenden nicht mehr nöthig ist. Ferner sind zugereiste Personen, welche einen als verseucht erklärten Bezirk (z. B. Port Said oder einen Hafen des Rothen Meeres) vor weniger als zehn Tagen verlassen haben, am Ankunftsort bis zum Ablauf der zehntägigen Frist ärztlich zu über⸗
wachen. Belgien.
Die Verordnungen des belgischen Ministeriums für Landwirth⸗ schaft vom 17. August 1899 und 17. November 1899, betreffend Maßnahmen zur Verhütung der Einschleppung der Beulenpest in Belgien u. a. auch aus den Mascarenen⸗Inseln, Madagascar und Paraguap („R.⸗Anz.“ Nr. 199 vom 24. August 1899 und Nr. 278 vom 24. November 1899), werden durch Verfügung des genannten Ministeriums vom 14. Mat 1900 („Moniteur Belge“ Nr. 136, vom 16. Mai ie 8 Mai 1900 ab aufgehoben.
Türkei.
Zufolge Verfügung des Internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel ist die für Herkünfte von der egyptischen Küste des Mittelmeers und des Golfs von Suez ein⸗ schließlich des Kanals angeordnete fünftägige Quarantäne auf zehn Tage erhöht worden. (Vgl. „R.⸗Anz.“ Nr. 112 vom 10.
d. M.) Griechenland.
Die griechische Regierung hat die aus Anlaß der Pestgesahr gegen die Türkei angeordneten Quarantäne⸗Maßregeln wieder aufgehoben.
Bulgarien. „Ddie bulgarische Regierung hat infolge des Ausbruchs der Pest in Smyrna folgende Bestimmungen getroffen:
1) Das Vilayet Aidin (Smyrna) wird für pestverseucht erklärt.
2) Reisende, welche aus Konstantinopel oder anderen, nicht für verseucht erklärten Orten des ottomanischen Reiches kommen, unter⸗ liegen einer ärztlichen Untersuchung ohne Desinfektion ihres Gepäcks. Im übrigen haben sie sich einer elftägigen Beobachtung an ihrem Bestimmungsort zu unterwerfen.
ür die mohamedanischen Pilger gelten besondere Bestimmungen. .3) Für Reisende, welche zu Schiff aus der Türkei kommen, findet die ärztliche Untersuchung in Burgas, Varna und Slilistra statt, wenn sie über Sulina, und in Rufstschuk, wenn sie über Constantza kommen.
4) Die auf der Elsenbahn aus der Türkei über Hebitchewo ein⸗ treffenden Reisenden werden durch den Quarantänearzt in Hebitchewo während der Fahrt bis Harmanly untersucht. Der Zug hält in Hebitchewo, um den Arzt aufzunehmen. Befinden sich Krauke im Zuge, so untersucht der Arzt diese noch vor Abgang des Zuges und läßt sie eventuell in die Quarantäneanstalt bringen. Liegt nichts Verdächtiges vor, so fährt der Zug sogleich wieder ab. Wenn der Arzt während der Fahrt bis Harmanly einen verdächtigen Kranken ausfindig macht, so wird dieser in Harmanly ab⸗ gesetzt, isoliert und mit dem nächsten Zuge nach der Quarantäneanstalt gebracht. Die Wagen, in welchen sich dieser Reisende aufgehalten hat, werden desinfiziert.
5) Der Orient⸗Expreß hält nicht in Hebitchewo. Reisende, welche mit diesem Zuge aus der Türkei kommen und in Bulgarien aussteigen, werden von den Bahnhofsärzten untersucht und unterliegen im übrigen der elftägigen Beobachtung an ihrem Bestimmungsort.
Marokko. „Durch Beschluß des Gesundheitsraths in Tanger vom 12. d. M. ist der Hafen von Alexandrien für verseucht erklärt worden. Hersnfte aus dem genannten Hafen werden in Marokko nicht zu⸗ elassen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Am 15. Mai ist auf dem Leuchtfeuerschiff „Borkum Riff“ eine See⸗Telegraphenanstalt mit beschränktem Tagesdienste von 6 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends, zunächst versuchsweise, eröffnet worden. Sie ist durch eine Anlage für Funken⸗Telegraphie nach dem System Marconi mit der See⸗Telegraphenanstalt Borkum Leuchtthurm verbunden. Diese neue See⸗Telegraphen⸗ anstalt hat die Aufgabe, Telegramme, welche für Schiffe in See bestimmt sind oder von solchen herrühren (See⸗ Telegramme), mit den betreffenden Schiffen auszuwechseln. Ferner liegt ihr die Aufnahme oder Weitergabe der See⸗Telegramme von oder nach Land auf den anschließenden Telegraphenanlagen ob. Der Signaldienst der Anstalt erfolgt durch Flaggensignale des Inter⸗ nationalen Signalbuchs oder durch Funken⸗Telegraphie, sofern die Schiffe mit Einrichtungen für Funken⸗Telegraphie ausgerüstet sind. Außer den tarifmäßigen Telegrammgebühren wird für jedes See Telegramm eine Zuschlagsgebühr von 80 ₰ erhoben. 8
IE im Schutzgebiete von Deutsch⸗Südwestafrika 0 3
anstalt eingerichtet worden 8
ist eine
Die Postverwaltung der Vereinigten Staaten von Amerika läßt neuerdings Kisten mit festgenageltem oder auf⸗ geschraubtem Deckel als Postpackete wieder zu. Dagegen bleiben Packete mit zugenähter oder zugeklebter Umhüllung sowie alle ver⸗ siegelten Sendungen auch weiter von der Beförderung als Postpackete nach den Vereinigten Staaten ausgeschlossen.
Postanweisungen nach Tanger aben nicht übr 22 Feenhs Lelnen., 8 5. Lxcüegtaefn Pfen 88- zu lauten. Die Auszahlung am B.⸗. t lgt in der Landeswährung (Pesetas und Sesbeeshnnnangeor erfolgt in der
6