1900 / 136 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Jun 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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erkaufswert volle Mark abgerundet mitgetheilt. Feaufewerth nuf, nicht ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Hafer. 13,20 12,80 14,60 13,90 14,00 14,40 15,00 13,60 13,00 13,20 15,00 13,80

15,00 14,50 16,40 16,20 15,05 13,70 14,40 15,00

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15,50

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15,00 15,00 16,60 16,40 16,13 14,40 14,40 15,00

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12,80 12,60 14,40 13,80 13,40 13,90

13,30 12,80 13,20 14,70 12,80 15,00

16,00 16,20 14,52 13,60 14,20

15,60 13,40

15,00 15,30

16,00 16,00 13,44 13,00 14,20

15,20 13,20 15,00 15,00

15,30 15,70

14,00 14,50

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2 325

2 544 5 126

Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

Deeutscher Reichstag. 206. Sitzung vom 8. Juni 1900, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Darauf beginnt die zweite Berathung des von dem Abg. Müller⸗Fulda (Zentr.) eingebrachten Gesetzentwurfs wegen Abänderung des Reichs⸗Stempelgesetzes. Zu⸗ nächst wird der Stempeltarif zur Diskussion gestellt, wie er von der Budgetkommission gestaltet worden ist.

Die Nr. 1 des geltenden Tarifs betrifft die Besteuerung der Aktien, Renten und Schuldverschreibungen. Hier sollen auch die Kuxe eingefügt werden. Nach dem geltenden Tarif sind inländische Aktien, Aktien⸗Antheilscheine, sowie Interims⸗ scheine und Einzahlungen auf diese Werthpapiere einem Stempel von 1 Proz. unterworfen. Dieser Steuersatz soll auf 2 Proz. erhöht und es sollen ihm auch die Reichsbank⸗Antheil⸗ scheine unterworfen werden. Der Stempel für ausländische Aktien soll von 1 ½ auf 2 ½ Proz. erhöht werden. Die Stempelabgabe soll berechnet werden vom Nennwerth zuzüg⸗ lich des Betrages, um welchen die inländischen Aktien höher als der Nennwerth ausgegeben werden, bei Interimsscheinen vom Betrage der bescheinigten Einzahlungen, und zwar bei in⸗ ländischen in Abstufungen von 2, bei ausländischen von 2 ½ für je 100 1

Abg. Bassermann (nl.) befürwortet einen Antrag, wonach bei der Berechnung der Stempelabgaben die erwähnten Abstu⸗ fungen auch bei nicht vollgezahlten Ramens⸗Aktien zur Anwendung

llen. tommen solen, von Arnim (Rp.) schließt sich diesem Antrage an und spricht sich außerdem unter polemischen Ausführungen gegen die

in der letzten Sitzung gehaltene Rede des Abg. Dr von Siemens Hee üren für 85 höbere Besteuerung der ausländischen Aktien aus.

9

Abg. Müller⸗Fulda erklärt, daß seine Partei dem Antrage Bassermann als einer Verbesserung zustimmen werde. .

Die erhöhten Sätze und die neue Fassung für die Be⸗ rechnung der Stempelabgaben werden hierauf mit dem Amendement Bassermann gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten, der Volksparteien und der freisinnigen Vereinigung

angenommen.

Als neuer Gegenstand der Besteuerung sollen hinter den

aausländischen Aktien die Kuxe und Kuvxscheine eingeschaltet werden. Dieselben sollen einem Fixstempel von 1,50 unter⸗ worfen werden; außerdem sollen für alle nach dem 1. Juli

1900 auf Werthe der angegebenen Art ausgeschriebenen Ein⸗

zahlungen, soweit solche nicht zur Deckung von Betriebs⸗

ist. Diesen Erwägungen schließlich den Stempel auf 1 50 heruntergesetzt und zum Ausgleich

verlusten dienen, 2 % erhoben werden. Zur Entrichtung des Stempels für die nach dem 1. Juli 1900 ausgeschriebenen Einzahlungen ist die Gewerkschaftskasse verpflichtet, und zwar spätestens zwei Wochen nach dem von der Gewerkschafts⸗ vertretung festgesetzten Einzahlungstermin. 8 Abg. Graf von Oriola (nl.): Ursprünglich hatte der Abg. Müller⸗Fulda einen Fixstempel von 30 pro Kux vorgeschlagen. Die Kommission hat sofort eingesehen, daß dieses Verlangen weit über das Maß des Gerechtfertigten hinausginge, und es wurde in der ersten Lesung nur ein Fixstempel von 15 zugestanden. Aber auch in dieser Höhe mußte ein Fiyxstempel für den gewerkschaftlich betriebenen Bergbau verderblich wirken. Ein Fixstempel ist immer ungerecht; erträglich wird er nur, wenn er sehr niedrig entsprechend, hat die Konmission

8 noch für die stärkere Heranziehung der größeren Gewerkschaften

an sich nichts einzuwenden. Natur der Aktien und Kuxe in Betracht.

Lesung in der Kommission erklärte noch der vpon Thielmann, die Sache sei äͤußerst schwierig; namens der Regierung Kdürfe er bloß ein non liquet aussprechen. werther, als der Schatzsekretär sonst anscheinend den Stempelerhöhungen 1 Wir müssen also mindestens eine bestimmtere Erklärung vom Bundesrathstisch haben; wir dürfen doch nichts Zweck⸗ Ich beantrage daher die Ablehnung der Kuxe urscheine. Die Antragsteller und die Kommission wollen die

durchweg geneigt ist. 8 bv. beschließen.

den Ausweg gefunden, daß die Einzahlungen mit 2 % belegt werden sollen. Diese Fassung, die hauptsächlich auf Veranlassung der national⸗ liberalen Mitglieder der Kommission angenommen worden ist, scheint uns eine wesentliche Verbesserung des ursprünglichen Antrage. Der Fixstempel von 1,50 bestebt schon heute in Preußen, er soll einfach der Doppel⸗ ist nicht zu⸗ treffend; es soll ja auch auf der anderen Seite bei Betriebsverlusten Üüberhaupt kein Stempel gezahlt werden.

Gebot der Gerechtigkeit, daß, wenn die Aktienbergbau⸗Unternehmungen besteuert werden, dann auch die Berggewerkschaften besteuert werden

Gegen diesen Grundsatz hätte ich Aber es kommt hier die ganz verschiedene Am Schluß der zweiten Staatssekretär Freiherr

zum Reichsstempel gemacht werden; der Vorwurf besteuerung, den man unserem Antrage gemacht hat,

müssen.

Abg. Richter (fr. Volksp.):

Das ist

und

Wir halten es für ein

um so bemerkens⸗

Stempelpflicht beseitigen, wenn es sich um Einzahlungen zur Deckung von Betriebsverlusten handelt. Eine solche Unterscheidung ist aber ganz unausführbar, da es auch Zubußen giebt, die nicht zur Deckung von Betriebsverlusten zu dienen brauchen. Minister von Miquel hat im Jahre 1895 bei der Revision des Stempelsteuer⸗ gesetzes bezüglich der Koxe auch im Prinzip den Stand⸗ punkt der Antragsteller getheilt, aber in der Praxis bei der Schwierig⸗ keit der Bestimmung des steuerpflichtigen Werthes hat ec sich mit dem Fixstempel von 1,50 begnügt. Natürlich ist es eine Doppelbesteuerung, wenn man z. B. einen Fixstempel auf die Ueckunde, den Prozentstempel auf die Einzahlungen legt. Der preußische Fix⸗ stempel verschwindet auch nicht etwa, wenn man jetzt daneben einen Reichs⸗Fixstempel einführt. Wer jetzt Kohlengruben besitzt und aus⸗ beutet, könnte sih die Steuer gefallen lassen, denn er trägt sie ja schließlich doch nicht; diese Art von Patriotismus ist also sehr wohlfeil; aber die Kohlenkonsumenten müssen wünschen, daß über dieses Angebot auch noch die Meinung Anderer gehört werde.

Abg. Hilbck (nl.): Ich würde es für ein Unrecht anseben, wenn man den gewerkschaftlich betriebenen Bergbau von einer Besteuerung ausschlösse, der im übdrigen der Bergbau unterliegen soll. Der Kom⸗ missionsvorschlag leidet aber allerdings noch an großen Mängela, besonders da die Gefahr der Doppelbesteuerung keineswegs aus⸗ geschlossen ist. Durch die reichsgesetzliche Besteuerung werden die be⸗ stehenden einzelstaatlichen Steuern nicht aufgehoben. Die Zubußen für plötzlich nothwendig werdende Anlagen, die also doch nicht zur Deckung von Betriebsverlusten dienen würden, müßten den 2 %⸗Stempel tragen, was eine offenbare Ungerechtigkeit wäre. Es möchte sich daher doch empfehlen, diese neue Position abzulehnen, dagegen aber die Resolution anzunehmen, welche schon in der Kommission vor⸗ geschlagen wurde und folgenden Wortlaut hat:

„Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägung zu ziehen, ob angesichts der Verschiedenheit der Berggesetzgebung in den einzelnen deutschen Bundesstaaten eine Heranziehung der gewerkschaftlich betriebenen Bergwerke zur Reichs⸗ Stempelsteuer thunlich ist, gegebenenfalls eine entsprechende Vorlage zu machen.“ 18

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Ich möchte mir als Vertreter der preußischen Bergverwaltung auch gestatten, über die vorliegende Position einige Bemerkungen zu machen, die, wie ich glaube, dazu beitragen werden, die Auffassung zu klären.

Es ist in der That, was zunächst den Fixstempel anbetrifft, der hier für den einzelnen Kuxschein zu erheben ist, seitens der preußischen Bergverwaltung ein Bedenken nicht zu erheben. Der Umstand, daß ein großer Theil der Gewerken thatsächlich sich nicht den Kurschein ausfertigen lassen und dadurch nicht in die Lage kommen wird, den Kuxstempel zu entrichten, braucht ja kein Hinderniß zu sein, diesen Stempel aufzuerlegen; denn das würde ja immer dem Stempel⸗ pflichtigen nur annehmbar erscheinen können.

Wie sich die Sache bezüglich der übrigen deutschen Staaten stellt ein großer Theil derselben hat ja das preußische Berggesetz angenommen, aber nicht alle; andere haben besondere Berggesetze —, ob dort in den berggesetzlichen Bestimmungen ein Hinderniß gegen den Kuxstempel vorliegt, vermag ich nicht zu entscheiden, ich glaube es aber nicht.

Dagegen liegen erhebliche Bedenken vor gegen die Besteuerung der Zubußen mit 2 %, und zwar in der Fassung, wie sie in dem Tarif vorgesehen ist. Nach dem Tarif soll die Besteuerung der Zu⸗ buße stattfinden, mit alleiniger Ausnahme desjenigen Theils, der zur Deckung von Betriebsverlusten bestimmt ist. Nun ist aber der Be⸗ griff „Betriebsverlust“ durchaus vage, und es ist namentlich unklar, wie er sich zu dem Begriff „Betriebskosten“ stellt. Nach meiner Ansicht hat es keinen Sinn, Zubußen zu besteuern, die zur Deckung von Betriebskosten dienen. Ich bin aber der Meinung und die Herren Techniker werden mir Recht geben —: in gewissem Sinne kann man die ganzen Kosten, die auf einen Bergbau, wenigstens für die unterirdischen Anlagen, verwendet werden, als à fonds perdu verwendet betrachten, denn das Bergwerk hat die Bestimmung, ab⸗ gebaut zu werden; wenn es abgebaut ist, hat es keinen Werth mehr! Die großen Kosten, mit denen man die Gruben hergestellt hat, die Ausrichtung der Strecken auf den einzelnen Sohlen, die oft sehr große Summen gekostet haben, die Abteufung der Schächte u. s. w., alles das ist verloren, das ist alles Betriebsverlust. Darin liegt es auch, daß die künftige Ausbeute bei den Bergwerken nicht die Bedeutung hat, die sonst der Ertrag eines Unternehmens hat, neben den Betriebskosten die Zinsen und die Amortisation des An⸗ lagekapitals aufzubringen, sondern in der Ausbeute muß alles, was auf das Bergwerk verwendet ist, wieder zur Erscheinung kommen und gedeckt werden, ehe ein eigentlicher Gewinn eintritt. Ich glaube des⸗

halb, daß mit der hier im Tarif vorgesehenen Unterscheidung nichts anzufangen ist. Eine Unterscheidung, wie sie vom Herrn Vorredner vorgeschlagen wird, würde unzweifelhaft eine Verbesserung sein, aber sie würde auch große Schwierigkeiten haben. Was ist bei dem Berg⸗ werk Betriebserweiterung? Ist Betriebserweiterung nur die In⸗ angriffnahme eines neuen Feldes, oder ist sie schon dann vorhanden, wenn man weiter in die Teufe geht und eine neue Sohle abbaut, oder ist sie schon vorhanden, wenn man auf der im Abbau begriffenen Sohle neue Strecken herstellt? Das alles ist fraglich, und ich glaube deshalb, daß die Schwierigkeiten in der Anwendung dieser Vorschrift nach wie vor auch bei dem Vorschlage des Herrn Abgeordneten Hilbck außerordentlich große sein werden.

Nun fragt es sich: wie kommt man da am besten heraus? Der eine Weg wäre ja der, daß man eine Resolution faßt und es der Regierung überläßt, noch genauer zu erwägen, ob es nicht möglich sei, die richtige Fassung zu finden. Der andere Weg wäre der und den möchte ich Ihrer Erwägung anheimgeben —, ob Sie nicht den hochherzigen Entschluß fassen und diese ganze Position fallen lassen wollen. (Heiterkeit links.) Ja, meine Herren, das hat nämlich thatsächlich etwas für sich. Viel herauskommen wird bei dieser Steuer nicht; das können Sie schon daraus entnehmen, daß in der Berechnung, die Sie hier auf Seite 57 des Berichts finden, des Aufkommens aus dieser Position überhaupt nicht mal Erwähnung ge⸗ schehen ist. (Hört! hört! links.) Es ist nicht erwähnt, es wird also zweifellos bei der Sache nicht viel herauskommen, jedenfalls nicht so viel, daß es im Verhältniß steht zu den Schwierigkeiten, die sich bei Anwendung dieser Position ergeben werden.

Nun kommt aber noch eine andere Erwägung hinzu, meine Herren. Die Zubuße ist der Modus der Geldaufbringung gerade für die kleineren Bergwerksunternehmungen und für diejenigen Bergwerks⸗ unternehmungen, die sich in der schwierigen Lage befinden, den öffent⸗ lichen Geldmarkt nicht in Anspruch nehmen zu können. Sobald die Gewerkschaften größeren Umfang, größere Ausdehnung gewinnen, wenn sie größere oberirdische Anlagen, neue Nebenbetriebe haben, wenn sie ein wirkliches Vermögen haben, geben sie an den Geldmarkt, nehmen Anleihen auf; alle großen Gewerkschaften haben bedeutende An⸗ leihen, oder sie wandeln sich um in Aktiengesellschaften und nehmen als solche den öffentlichen Geldmarkt in Anspruch, sodaß thatsächlich der Modus der Zubuße der übliche ist für kleinere Bergwerks⸗ unternehmungen und für diejenigen, die infolge ihrer ungünstigen Verhältnisse nicht in der Lage sind, den öffentlichen Geldmarkt in Anspruch zu nehmen. Nun, meine ich, hat es manches für sich, daß man gerade solche Unternehmungen nicht mit einem solchen bedeutenden Stempel trifft; denn die Steuer mag wohl für den Fiskus, gering sein und sie ist gering, wie ich schon gesagt habe —, aber für den Betreffenden, der 2 % bezahlen soll zu den Zubußen, die vielleicht nur bestimmt sind, Ausgaben zu decken, für die künstig eine Rente garnicht herauskommt, wie das häufiz bei kleinen Gewerk⸗ schaften der Fall ist, ist sie hart genug, und deshalb möchte ich meinerseits dem hohen Hause anheimgeben, den hochherzigen Entschluß zu fassen, die ganze Zubußsteuer zu streichen. (Heiterkeit liaks.)

Abg. von Kardorff (Rp.): Wir sollen doch bei dem stehen bleiben, was die Kommisston beschlossen hat; ist die Regierung der Meinung, daß diese Vorschläge verbessert werden müssen, so kann sie uns ja anderweite Voeschläge machen. Es ist jedenfalls eine Un⸗ gerechtigkeit, den Aktienbergbau zu besteuern und die Gewerkschaften von der Steuer frei zu lassen. .

Abg. Müller⸗Fulda: Der Regierungsvertreter hat uns eben empfohlen, dem Antrag Richter beizutreten; es wird vielleicht in der Konsequenz dieses Standpunktes liegen, daß auch in der Flottenvorlage dem Standpunkt des Herrn Richter entsprochen werden soll. Wenn wir die Flotte bewilligen sollen, so muß auch für die Deckung gesorgt werden; es ist geradezu unbegreiflich, wie in solcher Situation der Vertreter der preußischen Bergbauverwaltung mit solcher Aufforderung an uns herantreten kann. Die Kuxe sind ein Spekulationsobjekt geworden, welches über eigene Börsen verfügt. Warum hat man denn zehn Wochen lang garnichts in der Sache gethan, um uns heute mit besseren Vorschlägen zu kommen; warum beschränkt man sich heute allein auf den Vor⸗ schlag, die ganze Position fallen zu lassen? Bis zur dritten Lesung läßt sich noch die bessernde Hand anlegen; können die verbündeten Re⸗ gierungen aber nichts Besseres vorschlagen, so verbleibt es eben bei dem, was die Kommission vorgeschlagen hat.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von

hielmann: Der Herr Vorredner stellt an die Vertreter der verbündeten Re⸗ gierungen die Anfrage, weshalb sie in den letzten zehn Wochen, daß

mpfänger, den

diese Materie zur Berathung stehe, nicht etwas Besseres gebracht hätten. Ich möchte zuerst nur die Prämisse verneinen. Diese Sache, der Antrag des Herrn Grafen Oriola, steht nicht seit zehn Wochen zur Berathung, sondern seit erheblich kürzerer Zeit, es werden etwa drei Wochen sein. Unmittelbar nach Einbringung dieses Antrages in die Budgetkommission ist seitens der Finanzverwaltung ein Rundschreiben an sämmtliche deutsche Regierungen abgegangen mit der Bitte, das nöthige Material behufs gründlicher Prüfung und Durcharbeitung der Sache einzusenden. Der preußische Standpunkt und Preußen kommt ja in erster Linie hier in Betracht ist Ihnen soeben dar⸗ gelegt worden. Hinsichtlich des Standpunktes der übrigen Regierungen, deren bergbaulich: Verhältnisse jn stellenweise von denen in Westfalen erheblich abweichen, ist jedoch noch nicht so viel Material eingegangen, daß die verbündeten Regierungen daraufhin in der Lage wären, Ihnen heute schon wohlbegründete und klare Vorschläge zu machen. Also in dieser Beziehung und ohne daß irgend jemand eine Schuld träfe, kann ich nur bei dem bleiben, was ich bereits in der Budgetkommission gesagt habe: für den Augenblick liegt noch ein non liquet vor. (Beifall links.)

Minister für Handel und Gewerbe Brefeldt:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat meine Aeußerung von vorhin in einer Weise aufgefaßt, als ob dieselbe eine Bedeutung haben könnte, das Geschick und die Behandlung der Flottenvorlage in irgend einer Weise zu gefährden. Wenn das die Bedeutung meiner Aeußerung hätte sein können, so würde ich sie unter keinen Umständen gemacht haben. Ich habe eine solche Bedeutung meiner Bemerkung überhaupt nicht beigelegt, und ich bin der Meinung und ich glaube, ich bin vielleicht in diesem Punkte von dem Herrn Vorredner miß⸗ verstanden, daß von den drei Positionen, um die es sich hier handelt bei der Besteuerung der Bergwerke, die erste und die dritte die letztere steht noch nicht zur Diskussion meinerseits gar keine Be⸗ anstandung finden. Auch die zweite beanstande ich als solche nicht, ich habe mich nur für verpflichtet gehalten, auf die Schwierigkeiten hin⸗ zuweisen, die bei ihrer praktischen Anwendung nothwendig hervor⸗ treten müssen. Da habe ich gesagt: es giebt nur zwei Wege, um diese Schwierigkeiten zu lösen; der eine Weg ist der der Resolution auch gegen den habe ich meinerseits nichts einzuwenden —, der zweite Weg ist der, den ich nicht beantragt, sondern nur Ihrer Erwägung anheimgegeben habe im Interesse der kleinen Bergwerksunter⸗ nehmungen, die Sie doch auch schützen und fördern wollen, die Zubuß⸗ steuer fallen zu lassen. Wollen Sie davon keinen Gebrauch machen, ich habe nichts dagegen, nun, dann lassen Sie es bei der Zuschußsteuer bewenden dann mag sie stehen bleiben in dem Tarif.

Abg. Richter: Mit Ihrem immerwährenden sic volo, sic jubeo kommen Sie vom Zentrum doch nicht mehr durch, Sie können nicht immer wieder droben, Sie würden die Flotte fallen lassen, wenn dies oder jenes nicht bewilligt würde. Das können Sie ja garnicht mehr; Sie haben sich auf der Leiter viel zu hoch hinaufgewagt. Ein plattdeutsches Sprichwort sagt: Jeder hält seine Eule für ein Täubchen; das ist für das Zentrum ein mildernder Umstand. Herr von Kardorff meint, man solle es bet dem Vorschlage der Kommission belassen, bis dem Reichstage etwas Besseres einfiele; dieser Stand⸗ punkt ist so originell, daß wir namentliche Abstimmung über die Position beantragen.

Abg. Graf von Oriola bleibt dem Abg. Richter gegenüber bei seinen Ausführungen steben und erklärt, er musse aber auch seinerseits dem Erstaunen Ausdruck geben, daß die verbündeten Regierungen nicht einmal heute darüber Auskunft geben könnten, ob der 1,50 ℳ- Fix⸗ stempel mit den Berggesetzgebungen der verschiedenen Einzelstaaten in Uebereinstimmung stehe. Zum Schluß erklärt Redner, seine Partei behalte sich eventuell für die dritte Lesung einen Abänderungzs⸗ antrag vor.

Abg⸗ Müller⸗Fulda: Seit der Einbringung⸗ meines Antrages sind 77 Tage verflossen, da hätte man Material herbetschaffen können, wenn man es hatte herbeischaffen wollen. Geht man im bisherigen Tempo vor, so wird man auch im Herbst nicht weiter sein. In der Kommission hat der Antrag des Grafen Oriola gegen meinen An⸗ trag die Mehrheit erhalten; er bildet jetzt die Grundlage der Be⸗ rathung. Von einem sic volo, sic jubeo des Z'ntrums ist gar keine Rede. Die Heranziehung der Kuxe ist ein einfach's Ge⸗ bot der Gerechtigkeit; es müssen Aktiengesellschaften den vollen Stempel bezahlen, wenn auch die Hälfte oder noch mehr vom gaazen Kapital verloren gegangen ist; ich habe noch nie gehört, daß der Stempel⸗ fiskal aus solchen Gründen die Annahme des Stempels zurückgewiesen hätte. Halten wir jedenfalls für heute an den Vorschlägen der Kom⸗ mission fest; für Belehrungen bis zur dritten Lesung werden wir nicht unzugänglich sein.

Damit schließt die Diskussion.

Der Frstempel von 1,50 wird mit großer Mehrheit angenommen. 8

Ueber den weiteren Kommissionsvorschlag, betreffend die 2 Proz. Stempel für die Einzahlungen und die Ver⸗ pflichtung der Gewerkschaftskasse zur Entrichtung des Stempels, wird auf Antrag des Abg. Richter namentlich abgestimmt. Die Annahme erfolgt mit 180 gegen 103 Stimmen. Dagegen stimmen mit den Sozialdemokraten, den beiden Volks⸗ parteien und der Freisinnigen Vereinigung auch ein Theil der Nationalliberalen, die Polen und der Abg. Prinz zu Hohenlohe⸗ Schillingsfürst. 1

Die Echöhung des Stempels (Nr. 2 des Tarifs) für in⸗ ländische Renten⸗ und Schuldverschreibungen von 4 auf 6 vom Tausend wird ohne Debatte beschlossen, ebenso die Ein⸗ schaltungen der Renten⸗ und Schuldverschreibung von aus⸗ ländischen Eisenbahngesellschaften in die mit 6 vom Tausend zu versteuernden ausländischen Renten⸗ und Schuldverschreibungen.

Ferner soll in diese Nr. 2 neu eingeschaltet werden ein Stempel von 1 Proz. auf Renten⸗ und Schuldverschreibungen ausländischer Korporationen, Aktiengesellschaften oder industrieller Unternehmungen.

Das Haus nimmt diese Einschaltung gleichfalls ohne Debatte an.

Nach Nr. 3 des geltenden Tarifs haben inländische Renten⸗ und Schuldverschreibungen der Kommunalverbände und Kommunen 1 pro Mille, inländische Renten⸗ und Schuld⸗ verschreibungen der Korporationen ländlicher und städtischer Grundbesitzer, der Grundkredit⸗ und Hypothekenbanken oder der Praneportgesellschaften 2 pro Mille Emissionsstempel zu tragen Nach den ommissionsbeschlüssen sollen beide Kategorien einem Stempel von 2 pro Mille unterworfen werden.

bela Abg. Richter beantragt, es bei dem bisherigen Tarif zu

ssen. „Abg. Singer (Soz.) schließt sich diesem Antrage an. Man dürfe die städtischen Körperschaften nicht in der Befriedigung berechtigter Ansprüche der Bürgerschaft dadurch beengen, daß man die Emission staͤdtischer Obligationen vertheuere; die Abwanderung nach den Groß⸗ dten würde andernfalls noch größer werden. Es handle sich geradezu um einen kulturfeindlichen Stempel. 8 Dr. Heim (Zentr): Von 30 Bayern sind zur Zeit 24 hier m Reichstage; aus der Zahl unserer Anwesenheit dürfen Sie aller⸗

1“

dings nicht auf unsere Neigung für die F eßen. Wir würden ganz gern bei der dritten Lesung für die Freilassung der Kommunal⸗ papiere stimmen, wenn Sie dafür für die Erhöhung des Umsatz⸗ stempels stimmen. Wir sind nicht sowohl für die Flotte als dafür begeistert, daß die Lasten, die daraus erwachsen, auf die richtigen Schultern kommen.

Abg. Bebel: Und dazu legen Sie den Kommunen diese Lasten auf, um auch sie ihren Beitrag für die Flottenverstärkung auf diese Weise entrichten zu lassen? Dieses Verfahren ist einfach skandalös. Nach Ziffer 2 des Tarifs sind die Renten⸗ und Schuldverschreibungen der Staaten befreit, die Kommunalpapiere sollen zwei vom Tausend tragen. Nun haben Hamburg, Lübeck und Bremen städtischen Charakter, 89 aber Staaten und nehmen an der Befreiung theil. Diese drei Staatswesen sind also von allen Steuern auf Anleihen für Kommunalzwecke frei. Merkwürdig ist es doch, daß gerade diese drei reichen Gemeinwesen befreit. werden, aber die kleinsten und ärmsten Landgemeinden den Stempel tragen sollen.

Vize⸗Präͤsident Dr. von Frege: Das Wort „skandalös“ des Abg Bebel war parlamentarisch unzulässig.

Abg. Richter: Der bayerische Eifer für die neuen Steuern steht im umgekehrten Verhältniß zu ihrem Eifer für die Flotte. Was Herr Heim vorschlägt, ist ja das reine Wuchergeschäft; er will 300 000 erlassen, wenn wir ihm 5 000 000 bewilligen.

Abg. Dr. Heim: Der jetzige Kommissionsantrag ist nur ein Ausgleich der früher im Tarif bestehenden Ungleichheit und Ungerechtig⸗ keit. Für die Kommunalpapiere würden wir ja auch einzutreten bereit sein; aber warum soll nicht auch für die landlichen und städtischen Grundbesitzer die Ermäßigung auf 1 pro Mille statthaben? Diese Korporationen haben gerade jetzt sehr schwierige Zeiten zu über⸗ winden. Wuchergeschäfte mache ich nicht; was ich vorschlage, ist ein gutes Geschäft.

Abg. Müller⸗Fulda: Schon im Jahre 1894 ist die Gleich· stellung, welche jetzt beantragt ist, vorgeschlagen, aber nicht occeptiert worden. Die Bevorzugung der drei Hansestädte trifft zu; aber diese Städte sind in unserem Entwurf anderweit mit dem Lotteriestempel, mit dem Konnossementstempel ꝛc. sehr stark herangezogen worden.

Abg. Bebel: Es ist mir ein ganz neuer Gesichtspunkt, daß man bei diesem hee . in Rücksicht zieht, daß dieser oder jener Staat schon auf andere Weise berangezogen worden sei. Mit dem größten Scharssinn ist es unmöglich, bei dieser Vorlage irgendwo etwas von ausgleichender Gerechtigkeit zu entdecken, es ist in der aller⸗ willkürlichsten Weise verfahren worden.

Abg. Richter: Transportgesellschaften, die nicht Eisenbahn⸗ gesellschaften sind, giebt es nur drei. (Zuruf des Abg. von Kar⸗ dorff: Pferdebahn!) Pferdebahnen sind Eisenbahnen. Ich habe ausdrücklich beantragt, den Emissionsstempel auf Papiere von Transportgesellschaften, die nicht Eisenbahn⸗Obligationen sind, auch nicht zu erhöhen. Herr Müller ist nun einmal in Schuß gekommen; er koramiert die Finanz⸗Minister, als wenn sie seine Unter⸗Staats⸗ sekretäre wären. .

Abg. Singer: Was Herr von Kardorff über den Charakier der Pferdebahnen geäußert har, steht doch in direktem Gegensatz zum Kleinbahngesetz. Für einen „Kuhhandel“, wie ihn der Abg. Heim uns vorgeschlagen hat, sind wir nicht zu haben. Nicht ausgleichende Gerechtigkeit, sondern ausgleichende Ungerechtigkeit hat Herr Müller⸗ Falda mit seinem Antrage in bedeutendem Maße getrieben; dafür ist die Heranziehung der Kommunalpapiere zu einer wahrhaftigen Kultursteuer ein glänzender Beleg. Es ist doch eigenthümlich, daß jetzt Herr Müller⸗Fulda auf der Bewilligung der von ihm vorgeschlagenen Steuern besteht; es ist doch noch garnicht lange her, daß Herr Windthorst und Herr Lieber es aufs energischste zurück⸗ gewiesen haben. der Regierung Steuern beizubringen. Es ist eine ganz verkehrte Welt, die jetzt durch das Zentrum in den Reichstag eingeführt worden ist. Die Berathung der Steuervorschläge in der Kommission stellte ein Bild der größten Zerfahrenheit und des un⸗ sichersten Umhertappens dar, wie es bei dem Mangel genügender Sachkenntniß der Herren, die uns mit den neuen Steuern beglückten, nicht anders sein konnte.

Abg. Richter brinat einen Eventualantrag ein. aus der Nr. 3 die Renten⸗ und Schuldverschreibungen der Kommunalverbände und Kommunen auszunehmen und wie bisher mit 1 pro Mille zu versteuern.

Abg. Müller⸗Fulda tritt den Angriffen des Abg. Singer ent⸗ gegen. Er habe z. B. seinen Antrag wegen der Besteuecrung der Kuxe zu Gunsten des besseren Antrags des Abg. Grafen Oriola zurück⸗ gezogen. Es gebe auch unnütze Ausgaben, welche die Kommunen

machten.

Abg. Richter: Wenn die Kommunen Schlachthöfe, Schul⸗ häuser, Straßen und Brücken bauen wollen, dann sollen sie fortan einen höheren Emissio sstempel zahlen; ist das keine Kultursteuer? 1888 modifizierter Antrag soll den Wünschen des Dr. Heim entgegen⸗ ommen. 1h

Abg. Singer: Gewiß giebt es auch Ausgaben, die die Kommunen machen müssen, so z. B. kann man für Berlin die Aus⸗ gaben, welche ihr auf Grund der Konsistorial⸗ und Visitations⸗Ordnung von 1573 angesonnen werden, dazu rechnen. Die Anleihen dürfen doch aber garnicht gemacht werden ohne Genehmigung der Regierung, und in dem Antrag auf Genehmigung müssen die Zwecke, denen die Anleibe dienen soll, spezifiziert sein. Die Konkurrenz, in welche Herr Müller⸗Fulda den Staat mit den Städten treten läßt, indem er den letzteren die Unterbringung ihrer Anleihen erschwert, sieht bedenklich nach unlauterem Wettbewerb aus. Ueberall spürt man nach kleinen Einnahmen, aber an den Haupteinnahmequellen geht man mit ver⸗ bundenen Augen vorüber.

Der Eventualantrag Richter wird gegen die Stimmen der Linken und einiger bayerischer Zentrumsmitglieder ab⸗ gelehnt und Nr. 3 unperändert nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen.

Nr. 4 des Tarifs betrifft die Kauf⸗ und sonstigen An⸗ schaffungsgeschäfte. Nach dem geltenden Tarif tragen 1) aus⸗ ländische Banknoten, ausländisches Papiergeld, ausländische Geldsorten, 2) Werthpapiere der unter den Nummern 1 bis 3 des Tarifs bezeichneten Art durchweg 2/10 pro Mille. Die Kommission schlägt vor, für Aktien den Umsatzstempel auf⸗ ⁄10 pro Mille, für Kuxe auf 1 pro Mille zu erhöhen.

Abg. Dr. Heim tritt für einen Antrag ein, den Aktienumsatz⸗ stempel auf 4⁄¼10 pro Mille zu erhöhen. Der Abg. Richter habe gestern gesagt, die ganze Fottenbteiterung der Bayern betrage ⁄10 pro Mille, weil sie die Flotte ablehnen wollten, wenn dieses eine Zehntel nicht zugestanden werde. Dies sei doch nur ein Scherz gewesen, ebenso wie es heute von ihm, Redner, ein Scherz gewesen sek, den Sozial⸗ demokraten ein Geschäft bezüglich zweier Anträge vorzuschlagen. Er hätte Herrn Singer für einen zu großen Politiker gehalten, als daß er hätte annehmen sollen, Herr Singer würde thatsächlich den Ausdruck „Kuhhandel“ für diesen Vorschlag im Ernst gebrauchen. Die Linke und namentlich die Sozlaldemokraten seien in höchstem Maße verdrießlich darüber, daß das Zentrum durch Lösung der Deckungsfrage die Flottenangelegenheit in Ordnung gebracht habe, daher die heutigen Ausfälle gegen die ausschlaggebende Partei. Herr Schädler sei nicht anwesend, weil er im bayerischen Landtage als Referent in diesen Tagen unentbehrlich sei. Auch die bayerischen Sozialdemokraten seien heute nicht hier, nicht Herr von Vollmar, nicht Herr Segitz, nicht Herr Ehrhart. Blau⸗weiß sei bayerisch, und blau⸗weiß seien auch die bayerischen Sosial⸗ demokraten, sie hätten nur ein rothes Bändle drüber. Die Bayern hätten übrigens garnicht das Blut in sich, um von Natur aus „Kuhhandel“ zu treiben. Der Abg. Bebel sei gestern warm für den Bank⸗Mittelstand eingetreten; er habe auch von der zerstörenden Wirkung der Schutzzollpolitik gesprochen. Der Abg. Bebel wisse doch ganz genau, daß Schutzzoll und Freiheit nach Mar für die Partei kein Dogma seien. Marx habe doch selb ausgesprochen, die Sozialdemokraten seien nur deswegen Frei⸗ händler, weil sie sähen, daß der Freihandel weit stärker

zerstörend wirke. „Ein Rückgang der Einnahmen aus der Er⸗ höhung des Kaufstempels werde nicht eintreten, um so weniger, als bisher Millionen dieses Stempels überhaupt nicht gezahlt seien. Man mache natürlich in den reinen Börsenkreisen in allen Tonarten gegen diese Erhöhung auf 40 mobil, man spreche in der Börsen⸗ presse bereits von einem panikartigen Rückgange der Kurse. Aber man habe auch im Jahre 1894 geglaubt, man trüge es nie, und man habe es doch getragen, der Verkehr sei größer geworden, und Alle seien dabet gesund geblieben. Die Deckung, wie man sie jetzt suche, nachdem die Annahme der Flottenfrage als ein fait accompli zu be⸗ trachten sei, werde sich sehr bald als die allervorzüglichste heraus⸗ stellen, die gefunden werden könnte.

Aba. Büsing (nl.): Ist es in der That richtig, einen so großen Theil der Mehrkosten für die Flotte auf den Börsenverkehr abzu⸗ wälzen? Von allen Seiten wird die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der Börseneinrichtungen anerkannt; es kann also eine solche Mehr⸗ 86 belastung, noch dazu zum einseitigen Vortheil des Auslandes, keine praktische Maßregel sein. Wir befinden uns allerdings in einer Zwangslage, wir können die Flotte nicht anders bekommen, als wenn wir die Be⸗ schlüsse der Kommission zur Deckungsfrage gleichfalls annehmen. Gegen die darüber hinaus vorgeschlagene Erhöhung des schon wieder⸗ holt erhöhten Umsatzstempels muß ich aber aufs entschiedenste Ver⸗ wahrung einlegen. Ein Rückgang des Ertrages ist unzweifelhaft, gewisse Zweige des Aktienumsatzes werden durch diese Erhöhüng über⸗ haupt unmöglich gemacht. Kein Staat des Auslandes kennt auch nur in annähernder Höhe einen derartigen Umsatzstempel. Man ergreift hier offenbar nur eine gute Gelegenheit, seiner Antipathie gegen das mobile Kapital Ausdruck zu geben.

Abg. Dr. von Siemens (fr. Vgg.., im einzelnen schwer ver⸗ ständlich) bemüht sich abermals, darzulegen, daß thatsächlich drei Viertel aller Börsenkommissiongen Beträge unter 6000 zum Gegen⸗ stande haben, daß also diese große Zahl kleiner Kommittenten, die man doch eben noch zum Mittelstande rechnen müsse, die Zeche bei der Erhöhung des Stempels zu bezahlen haben würden. Diese Leute, nicht die Böese oder der Handel, würden ins Herz ge⸗ troffen. Die Konzentration des deutschen Börsenverkehrs in Berlin habe schon unter der bisherigen Börsensteuergesetz⸗ gebung rapide zugenommen; so könne von einem seldständigen bayerischen Geschäft kaum noch die Rede sein; fahre man so fort, so werde man in Bayern zuerst merken, was angerichtet worden sei. Andererseits werde eine starke Einschränkung des Verkehrs, wie sie ja auch im Jahre 1895 eingetreten sei, sich bemerkbar machen; man habe sich im Jahre 1899 unter den Ziffern von 1889 befunden. Die Kon⸗ zentration des Geschästs schreite derartig vor, daß der Antrag Heim finanziell keinen Vortheil, politisch aber direkt Schaden bringen werde.

Abg. Graf von Arnim erklärt, er könne weder dem Antrage Heim noch dem Standpunkte des Vorredners sich an⸗ bequemen. In Paris bestehe allerdings eine erhebliche Kotierungs⸗ steuer, die sich sehr wohl mit dem Kommissionsvorschlag vergleichen lasse. Daß jemand, der 6000 anlegen wolle, davon zurückstehen würde, wenn er statt 1,20 nunmehr 1,80 dafür an Stempel zahlen solle, sei doch kaum anzunehmen. Redner widerlegt dann im einzelnen die Ausführungen des Abg. Dr. von Siemens, wobei er aber nur bruchstückweise verständlich wird. 1⁄10 pro Mille Stempelerhöhung sei kein Betrag, der das Arbitrage⸗ geschäft genieren könnte. Ein Theil der Reichspartei stehe allerdings auf dem Standpunkt des Antrags Heim; er (Redner) selbst bleibe mit dem anderen Theil bei ³⁄10, weil sie nicht wüßten, ob nicht doch von einer weiteren Erhöhung ein Rückgang der Umsätze und eine Ver⸗ minderung der Einnahmen zu befürchten sei. Vor der Erhöhung auf 3/10 brauche man aber nicht zurückzuschrecken.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von

hielmann:

Der Herr Antragsteller fragte zu Beginn seiner Rede gegenüber der linken Seite des Hauses: werden durch die Stempelvorlage und auch durch die Zollnovelle zu viel Mittel beschafft oder nicht genug? An zweiter Stelle, ganz nebenbei, streifte er die Frage, die eben auch Herr Graf von Arnim ausführlich erörterte: werden durch eine Stempelabgabe von 1⁄10 mehr Gelder eingenommen als durch eine von ⁄10? Ich glaube, man hätte, wie Herr Graf Arnim es that, die letzte Frage an die Spitze stellen sollen: nimmt der Reichsfiskus mit 4½0 mehr ein oder mit ½1 ? Es ist ganz richtig, was Herr Graf Arnim eben sagte: der Vergleich ist nicht zulässig nach einzelnen Jahren, wie ihn Herr Dr. von Siemens vorbrachte. Er ist nur zulässig nach längeren Abschnitten von mehreren Jahren. Es ist nun richtig, daß die sechs Jahre nach 1894 erheblich höhere Einnahmen geliefert haben als die sechs Jahre vor 1894. Aber das möchte ich denen, die sich für den Antrag Dr. Heim entschließen wollen, doch entgegenhalten wenn eine Steigerung von 1 auf 2 das 1 fache an Einnahmen bringt, vielleicht noch mehr, so ist noch nicht gesagt, daß eine Steigerung von 2 auf 4 auch das 1 ⁄fache des 1 fachen wieder bringen wird. Es ist möglich, daß, wenn wir die Ziffern von ⁄10, welche in der Kommission wohl erwogen ist, überschreiten, damit die Grenze des Zulässigen überschritten ist und statt einer Zunahme ein Rückgang stattfindet. Ziffernmäßig kann Ihnen das keiner in diesem Hause jetzt darlegen, wieviel Kunden sich von Ankäufen oder Verkäufen von Werthpapieren dieser Art werden abhalten lassen, wenn der Stempel „/¹0 beträgt, und wenn 3,10.

Deshalb möchte ich Ihnen sagen: lassen Sie diesem Stempel das Benefizium des Zweifels! Es sind von sehr sachverständiger Seite hier die großen Bedenken Ihnen entgegengehalten worden, welche bei einer Erhöhung auf 4⁄10 gegenüber dem Kommissionsbeschluß eintreten würden. Wenn Sie ihm das Benefizium des Zweifels lassen, wer⸗ den Sie von selbst auf den Satz kommen, der in der Kommission wohl erwogen ist, und den die Kommission dem hohen Hause zur An⸗ nahme empfiehlt, nämlich auf 310

Auf Antrag des Abg. Richter wird aus der Diskussion derafer die Kuxe vorgeschlagene Umsatzstempel einstweilen aus⸗ geschieden.

Abg. Richter: Wir würden sofort einen Antrag auf Einführung einer Reichs⸗Vermögenssteuer stellen, wenn wir damit die Börsen⸗ steuern los werden könnten. Aber Herr Dr. Heim hat nichts hinter sich, wie die vorige Fefr gelehrt hat. Unter seinem Antrag der Erhöhung auf vier Zehntel steht die Elite der Agrarier, der Rechten und des Zentrums; die Landwirthschaft will hier einfach ihr Müthchen an der Börse kühlen, daß ist Geheimniß. Herr Heim meinte, es sei besser, zu vi nehmen, als zu wenig; das habe ich noch nie gehört; zu viel, so wird man sie doch nachher nicht los, da sie dauernd be⸗ willigt sind, und ist das Geld erst da, dann wird man zur Ver⸗ verführt und vergißt alle Rücksicht auf Sparsamkeit In der Kommission ist die Mehrheit von den ursprünglich an genommenen vier Zehnteln zurückgekommen, well an anderer Stelle eine erhebliche, thatsächliche Mehreinnahme erzielt wurde. 8 1⁄10 Tausend kann, obgleich im Verhältniß zur Flottenfrage eine Bagatelle, als Belastung des einzelnen Geschäfts unerträglich sein. Der Antrag Heim hat thatsächlich auf die Börse so gewirkt, daß man bereits von einem schwarzen Donnerstag spricht. Ich bin in diesem Pankt nicht so ängstlich; die Börse ist in Wirklichkeit angesichts der Vorgänge, die zu dieser Vorlage geführt haben, äußerst nervös geworden. Daß der Standpunkt des Herrn Heim, die Konzentration des Börsenverkehrs zu fördern, vom ganzen Zentrum getheilt wird, kann ich nicht annehmen. Herr hat auch dem Banquierstand den ganz unberechtigten und unwahren Vorwurf gemacht, daß Millionen von Börfenstempelsteuern nicht gezahlt