1900 / 140 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Jun 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Nun kommt die Auseinandersetzung, warum sie ebenso wichtigere Dienste leisten als die Bahnmeister. Wer von den beiden Recht hat,

ehrliche Organe der Staatsverwaltung, denen eine große Verant⸗ wortung und ein großes Maß von Arbeitsleistung und Pflichttreue zugemuthet werden muß. Das ist ein Beispiel; so geht es aber in allen den Kategorien.

Wenn Sie nun die Bahnsteigschaffner nach der Petition und

ach dem Antrage erhöhen wollen, so müssen Sie gleich⸗ zeitig auch erhöhen die Portiers, die Krahnmeister, die Brückenwärter u. s. w., die mit den Bahnsteigschaffnern in einer Gruppe stehen. Abgesehen von den Bahnsteigschaffnern, trifft das bei jeder einzelnen von den Kategorien, deren Petition hier vorliegt, in gleichem Maße zu. Nicht die einzelne Kategorie, sondern die ganze Gruppe müßte erhöht werden.

Es kommt dann dahin, daß die Beamtenbesoldung, wie sie im vorigen Jahre festgesetzt worden ist, überhaupt vollständig über den Haufen geworfen wird (sehr richtig! rechts), daß wir zu den 35 Millionen, die für die Erhöhung der Beamtenbesoldung aus⸗ gegeben worden sind, nach genauen Berechnungen noch 33 181 000 hinzu ausgeben müssen.

Aber, meine Herren, ich habe schon das vorige Mal gesagt: damit ist die Sace keineswegs abgeschlossen, sondern es kommt dann die Schraube ohne Ende wieder. Es wird immer dasselbe Exempel gemacht werden und wird dasselbe Exempel auch hier im Landtage seine Vertreter finden. Mir ist in den letzten Tagen eine Sammlung von Schriftstücken vorgelegt worden, Korrespondenzen, die zwischen den hauptsächlichsten Agitatoren einzelner Beamtenkategorien und einzelnen Vertretern der Interessen dieser Kategorien in diesem Hause geführt sind. (Hört, hört! rechts.) Durch Autographie werden in den Beamtenkreisen die Briefe der Abgeordneten mitge⸗ theilt. (Hört, hört!) Sie würden einen Schreck bekommen, wenn Sie in diese Indiskretion einen Blick werfen würden. Ich kann unmöglich annehmen, daß das Ihren Wünschen entspricht, so in der Welt mit Ihren Briefen herumzufahren. Ich will hier natürlich keine Namen nennen (Zuruf links: Namen nennen!) ich bin bereit, Herr von Eynern, wenn Sie zu mir kommen, Ihnen die Namen mitzutheilen; Sie sind nicht dabei betheiligt.

Außerdem möchte ich darauf aufmerksam machen, daß da, wo man sieht, daß das gewährte normale Gehalt mit dem Wohnungs⸗ geldzuschuß nicht ausreicht, beispielsweise bei den Beamten, die Herr Goldschmidt genannt hat, im Bezirk Essen in sehr ausreichendem Maße Theuerungszulagen gegeben werden bis zu 200 für die Unterbeamten, und daß damit ein Ausgleich gewährt wird für die den Beamten besonders nachtheilig sich gestaltende Lebenshaltung. Auch das ist bei der letzten Festsetzung des Besoldungs⸗Etats berück⸗ sichtigt worden und den Ressort⸗Ministern eine sehr groß: Summe hierfür zur Disposition gestellt worden.

Ich möchte daher nochmals dringend befürworten, daß auch aus diesem Hause heraus die Erhöhung der Beamtenbesoldungen als abgeschlossen betrachtet wird. Sie sagen: jz, das thun wir auch, wir wollen nur die einzelnen Härten, die xetwa noch vorhanden sind, deseitigen. Sie sind aber nicht bei einzelnen Härten geblieben, sondern Sie nehmen eine Kategorie nach der andern, die sich meldet, wieder vor und befürworten für diese Kategorie eine Erhöhung ihrer Besoldung. (Sehr wahr!) Das führt zu den allerbedenklichsten Zuständen in der Beamtenwelt. Sie können das aber unmöglich wünschen. (Bravo! rechts.)

Abg. von Eynern tritt entschieden für das Petitionsrecht der Beamten ein und polemisiert dann gegen den Abg. Grafen zu Lim⸗ burg⸗Stirum, bleibt aber im einzelnen auf der Tribüne unverständlich.

Geheimer Ober⸗Finanzrath Belian: Von Härte und Ungleich⸗ heit in der Beamtenbesoldung kann nicht mehr die Rede sein. Ich erkläre auf das bestimmteste, daß die Regierung es nicht für angängig erachtet, einzelne Klassen aufzubessern, damit neue Ungleichheiten zu schaffen und so wieder die Besolrungsfrage ins Rollen zu bringen. Kirsch betont, daß es sich noch um alte Ungerechtigkeiten

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Bei uns hat die ruhige Art des Grafen Limburg⸗Stirum eine sehr angenehme Empfindung erweckt. Den Standpunkt des Abg. von Eynern finde ich statuiert dadurch, daß er sagt, der Minister sei der Vertreter der Arbeitgeber und das Haus der der Arbeitnehmer; wir dagegen sehen uns für die Vertreter der Allgemeiaheit an. Beschlüsse des Hauses über die Beamtenpetitionen entsprechen fast nie der Ansicht der Mehrheit des Hauses; denn sie werden von schwach besuchtem Hause gefaßt, während in der Budgerkommission, welche alle Verhältnisse der Beamten mit dem nöthigen Ernst prüft, fast immer einstimmige Voten zu stande kommen. Die Beamten werden doch nicht zufrieden werden, wenn in ihnen Hoffnungen erweckt werden, welche die Regierung nicht erfüllen kann. Damit kommen wir dazu, daß die Eisenbahnbeamten schließlich, wie es jz die Straßen⸗ bahnangestellten gethan haben, zur Selbsthilse greifen. Die Lebens⸗ haltung ist nicht so gestiegen, daß sich von einem Tage zum andern ein Nothstand entwickeln könnte. Wollen Sie denn die Beamten

durch die fortwährenden Gebaltserhöhungen aus ihrer Lebenssphäre berausheben? 1“

Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:

Meine Herren! Gestatten Sie mir, daß ich bezüglich der Bahn⸗ steigschaffner noch ein Wort nachhole, was ich vorhin vergessen habe. Es ist gesagt worden, bei den Bahnsteigschaffnern läge um so mehr die Nothwendigkeit vor, eine Verbesserung nach oben vorzunehmen, weil diese Leute keine Gelegenheit hätten, in höher besoldete Dienst⸗ zweige eintreten zu können. Das ist nicht richtig; es ist ausdrücklich den Bahnsteigschaffnern offen gehalten worden, sofern sie hierfür geeignet sind, Schaffner, Packmeister und Zugführer werden zu können. Es sind auch neuerdings die Direktionen nach dieser Richtung von mir ausdrücklich angewiesen worden.

Dann bin ich bezüglich der Theuerungszulagen nicht verstanden worden. Diese Theuerungszulagen werden für die unteren Beamten bis zu 200 gegeben. In Essen trifft das zu; in Düsseldorf ist es möglich, daß diese 200 nicht voll gegeben werden, sondern vielleicht etwas weniger. Nach der Verfügung soll die unterste Klasse das Meiste bekommen, so daß also auch nach der Richtung die Un⸗ gleichheit in der Lebenshaltung möglichst ausgeglichen wird. Der Staat ist jz in der Beziehung in einer üblen Lage; er kann die Besoldungen nicht einrichten nach den jeweiligen Verhältnissen der Lebenshaltungen. Wir haben alle möglichen Ver⸗ suche gemacht, in der Beziehung zu einem vernünftigen System zu kommen, wir haben uns aber überzeugt, daß das nicht hbaltbar ist. Wir müssen daher dem Manne, der als Bahnwärter zwischen Köslin und Stolp steht, dasselbe geben, wie decm Bahnwärter zwischen Essen und Duisburg, und können es nur auf dem Wege der Theuerungs⸗

Verkehr auf den deutschen Wasserstraßen.

Prinz in seinem Dorf mit seinem Gehalt; der Bahnwärter zwischen Essen und Duisburg muß sich durchschlagen, so gut es geht, und wenn er eine große Familie hat, muß die Verwaltung hinzutreten, damit er durchkommt; das läßt sich aber im Staat nun einmal nicht ver⸗ meiden, und das ist die Folge des Systems der allgemeinen gleichen Besoldungszuwendungen, und von diesem System davon habe ich mich in dem langen Zeitraum meiner Amtsführung überzeugt werden wir nicht abgehen.

Abg. Wallbrecht vertheidigt die Ansicht von Eynern’'s. Die Kommission möge ja ernsthaft geprüft haben, aber das Plenum müsse dies auch thun, ehe es die Vorschläge der Kommission bestätigen könne. Es sei viel wichtiger, ausgleichende Gerechtigkeit zu üben als Gehaltserhöhungen zu schaffen.

Abg. Goldschmidt hält es für nöthig, die Beamten durch ein genügendes Gehalt in die Lage zu versetzen, ihr Amt gewissenhaft zu erfüllen. Er habe solche Briefe, die der Minister erwähnt, an die Beamten nicht geschrieben. Das Haus möge sich durch die Debatte nicht irre machen lassen, sondern dem Antrage Kirsch zustimmen.

Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrage den Ueber⸗ gang zur Tagesordnung.

Durch einen gleichen Beschluß wird eine ganze Reihe anderer Petitionen von Eisenbahnbeamten erledigt, wobei der Abg. von Pappenheim die Budgetkommission gegen den Vorwurf des Abg. Werner (Anti⸗ L. daß sie die Beschwerden der Beamten nicht genügend geprüft habe.

Bei der Berathung von Petitionen der Eisenbahn⸗Portiers erwidert auf eine Anfrage des Abg. Werner ein Regierungs⸗ kommissar, daß es den Beamten verboten sei, für Dienstleistungen innerhalb ihrer Amtsthätigkeit Trinkgelder anzunehmen.

Abg. von Pappenheim bemerkt gegenüber einer Aeußerung des Abg. Werner, daß er nichts Beleidigendes darin sehe, wenn die Portiers Trinkgelder nehmen. Für andere als ihre Amtsverrichtungen dürften sie Trinkgelder nehmen, und er gönne ihnen von Herzen daraus eine große Nebeneinnahme.

Abg. Werner berichtet über einen Fall, in welchem ein Portier die 30 ₰, die er für das Gepäckholen von einer Dame bekommen, babe herausgeben müssen und noch eine Ordnungsstrafe von 2 er⸗ halten habe.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:

Meine Herren! Wenn der Fall sich so verhält, wie der Herr Abg. Werner ausgeführt hat, so hat der betreffende Mann sich in Dinge gemischt, die ihn nichts angehen. Es ist nicht das Amt des Portiers, das Gepäck zu holen, sondern das ist daz Amt des Gepäck⸗ trägers, und wenn ihm gesagt worden ist: Du hast Dich in Dinge gemischt, die Dich nichts angehꝛn, gieb die 30 J wieder heraus, damit sie an die richtige Stelle kommen, so hat eben die Verwaltung in richtiger Weise verfahren.

Meine Herren, ich will weiter nichts anführen, als daß die Portierstellen die allergesuchtesten sind unter den betreffenden Beamten⸗ stellen. (Sehr richtig! Heiterkeit.)

Ich will nicht weiter untersuchen, ob nicht doch noch manches Trinkgeld in ihre Tasche fließt, ich müßte mich sonst als schuldig be⸗ kennen, daß ich zuweilen auch eins gebe. (Große Heiterkeit.)

Die Petitionen der Portiers werden ebenfalls durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, nachdem ein Antrag auf Ueberweisung zur Erwägung mit geringer Mehrheit abgelehnt worden ist.

Darauf wird noch in dritter Berathung der Gesetz⸗ entwurf, betreffend das Ruhegehalt der Organisten, Kantoren und Küster ꝛc., auf Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) ohne Debatte en bloc angenommen.

Schluß 3 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. Kleinere Vorlagen; aus dem Herrenhaus zurückzuerwartende

orlagen; Petitionen.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Seereisen deutscher Schiffe. 8

Ueber die Seereisen deutscher Schiffe im Jahre 1898 enthält das 2 Heft des Jahrgangs 1900 der „Vierteljadrshefte zur Stattstik des Deutschen Reichs“ etne Anzahl von Nachweisungen. Diese Reisen sind unterschieden in solche: 1) zwischen deutschen Häfen, 2) vom Aus⸗ lande nach deutschen Häfen und von deutschen Häfen nach dem Aus⸗ lande und 3) zwischen außerdeutschen Häfen.

Die Gesammtzabhl der Seereisen deutscher Schiffe bezifferte sich im Jahre 1898 auf 95 109, der dabei zur Verwendung gelangte Netto⸗ Raumgehalt auf 43 795 172 Registertonnen (wobei jedes Schiff so oft gerechnet ist, als es Reisen ausführte); mit dem Jahre 1897 ver⸗ glichen, zeigen die Erhebungen des Jahres 1898 eine Zunahme in der Zahl der Reisen um 8108 (9,3 v. H.) und im Raumgehalt der dabei beschäftiat gewesenen Schiff⸗ um 3 498 892 Registertonnen (8,7 v. H.). Im Jabre 1898 sind bei den Reisen zwischen deutschen Häfen 51186 Schiffe mit 3 587 726 Registertonnen gezählt worden. Auf Reisen zwischen deutschen und fremden Häfen und umgekehrt waren 21 939 deutsche Schiffe in Thätigkeit, deren Gesammt⸗Raumgebalt 11 715 113 Registertonnen betrug, und zwischen außerdeutschen Häfen ver⸗ kehrten 21 984 Schiffe mit einem Raumgehalt von 28 492 333 Register⸗ tonnen. Dabei sind die Zwischenreisen, welche hauptsächlich von bremischen und hamburgischen Dampfern auf der Ausreise nach außer⸗ deutschen Häfen und auf der Rückreise von dort zwischen einzelnen fremden Häfen gemacht wurden, als selbständige Reisen zwischen außerdeutschen Häfen gerechnet.

Von sämmtlichen Seereisen deutscher Schiffe wurden im Jahre 1898 83 3 v. H. mit Ladung und 16,7 v. H. in Ballast oder leer

ausgeführt.

““

Das neueste „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs“ enthält ferner eine Darstellung des Verkehrs auf den deutschen Wasserstraßen in den Jahren 1872 bis 1898, d. h. der Entwickelung der Schiffahrt an den Hauptverkehrspunkten der deutschen Ströme während dieses Zeitraums.

Im Jahre 1898 har der Schiffs⸗ und Güterverkehr auf fast allen deutschen Wasserstraßen gegen die Vorjahre nicht unbedeutend zu⸗ genommen. Diese Verkehrszunahme war begründet durch die fast während der ganzen Schiffahrtszeit anhaltenden günstigen Witterungs⸗ und Wasserstandsverhältnisse, dann aber besonders durch den fort⸗ gesetzten Aufschwung, den Handel und Gewerbe nahmen.

In Breslau ist der Güterverkehr auf der Oder im Ganzen (d. b. Eingang, Abaang und DPurchgang zusammengerechnet) von 904 000 t im Fabre 1889 auf 2 019 000 t im Jahre 1898 gestiegen. In Hamburg sind auf der Oberelbe bei Entenwerder 1898 zu Berg durchgegangen 3 056 000 t gegen 1 940 000 t im Jahre 1895 und 1 550 000 t im Jabre 1891, zu Thal 1898 2 434 000 t gegen, 1 626 000 t im Jahre 1895 und 1 748 000 t im Jahre 1891. Beim Ueberschreiten der deutscheösterreichischen Zollgrenze in der Nähe von Schandau sind auf der Elbe durchgegangen zu Bera (Aus⸗ fuhr nach Oesterreich) 1898 490 000 t gegen 323 000 t im Jahre 1895, zu Thal (Einfuhr aus Oesterreich) 1898 2 519 000 t gegen 2 208 000 t im Jahre 1895 (ohne das Floßbolz). In Berlin sind auf der Spree angekommen zu Berg 1898 2 978 000 t gegen 2 753 000 t im Jahre 1895, zu Thal 1898 2 083 000 t gegen

mlage einigermaßen ausgleichen. Der Bahnwärter bei Köslin ist

t im Jahre 1895. Diese Zahlen geben aber kein voll⸗

ständiges Bild des Wasserverkehrs der Reichshauptstadt, da hier die innerhalb der Weichbildgrenze von Berlin angekommenen Gäüt. ärüet⸗ sind, während über den sehr bedeutenden Schiffsverkehr k. ororte Nachweise nicht vorliegen. Der Güterverkehr auf dem Rber an der holländischen Grenze bei Emmerich bezifferte si b. h. Durchgang zu Berg (der Einfuhr aus Holland) 1898 8 7 877 000 t gegen 4 880 000 t im Jahre 1895, beim Dart gang zu Thal (der Ausfuhr nach Fenn 1898 auf 4 090 000 gegen 3 048 000 t im Jahre 1895. In Ruhrort sind auf dem Rbeis abgegangen zu Berg 1898 2 470 000 t zu Thal 1898 2 002 000“ während die betreffenden Zahlen des Jahres 1895 sich auf 1 964 000/ bezw. 1 737 000 t beliefen; hier werden fast nur Steinkohlen verladen In Mannheim, dessen Hafen als Stapelplatz für den Güterverkeh zwischen dem unteren Rhein einerseits und Süddeutschland und Oester reich andererseits große Bedeutung hat, sind auf dem Rhein zu Bern Sea 1898 3 . 000 t gegen 2 436 000 t im Jahre 1895 und zu Thal abgegangen 1898 455 000 t gegen 365 Jahre 189 Floßholz ist nicht eingerechnet. im Jahre 169

Zur Arbeiterbewegung.

Die in der Lohnbewegung der Berliner Bäckergeselle seitens des Gewerbegerichts als Einigungsamts gestern nochmals 5 genommenen Verhandlungen haben, wie hiesige Blätter mittheilen, „. einer Einigung zwischen beiden Parteien auf Grund des ersten Ven gleichsvorschlags geführt. Die wesentlichsten Punkte desselben sun folgende: Wohnung und Mittagessen im Hause, des Meisters fale⸗ vom 1. Juli d. J. an fort, wofür ein Zuschlag von 6 fnd die Woche den detreffenden Arbeitnehmern gezahlt wird; all übrigen Mahlzeiten werden jedoch wie bisher von den Meisten geliggert; der Durchschnitts. Wochenlohn soll 10 ℳ, ausschließlich den Kost und Wohnung, hetragen, für Werkmeister und Kneter entsprecheng mehr; Ueberstunden sind den Werkmeistern mit je 50 ₰, den Knetern mit je 40 ₰%, und den übrigen Gesellen mit je 35 ; vergüten. Während der Weihnachts⸗, Oster⸗ und Pfingie feiertage ist jedem Gesellen eine freie Nacht zu gewähren; durch die Innungen und Gesellenausschüsse sind ferner Ermittelungen über die bestehenden Arbeitsnachweise gemeinsam anzustellen und etwaige Beschwerden zu prüfen. Zu diesen Sitzungen müssen jedoch drei Arbeitnehmer hinzugezogen werden, welche bei nicht der Innun angehörenden Meistern in Stellung sind; Maßregelungen wegen dieser Lohnbewegung dürfen nicht stattfinden. 8

In Gent haber, der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ zufolge, die ausständigen Weber beschlossen, die Arbeit unter den alten Bedingungen wieder aufzunehmen, da die Arbeitgeber erst dann, wenn dies 8.2e. if mit ihnen verhandeln wollen. (Vergl. Nr. 116 d. Bl.)

Literatur.

F. F. Zum Andenken an die Mitglieder des Preufi⸗ schen Landtags im Februar 1813 zu Königsberg und an die Thaten der Preußischen Landwehr und des Preußi⸗ schen National⸗Kavallerie⸗Regiments in den Jahren 1813 und 1814. Ven Dr. phil. Georg Bujack, Gymnaßzl⸗ Professor. Im Auftrage der Ostpreußischen Provinztalverwaltung nen bearbeitet von Dr. Adalbert Bezzenberger, ordentlichem Peac⸗ fessor an der Königlichen Albertus⸗Universität, Geheimem Regierungt⸗ rath. Königsberg i. Pr. 1900. Druck von Emil Rautenberg. 122 8. Die vorliegende Schrift weckt Erinnerungen an eine große Zeit. es wird darin auf Grund sorgfältiger Forschung der bedeutungse⸗ volle Antheil der Preovinz Preußen an der Erhebdung des Jahres 1813 geschildert. Zunächst werden in drei Abschnitten die Veranlassung und Berufung des Landtages, seine Va⸗ handlungen und die Ausführung seiner Beschlüsse erzählt. E folgt ein Ueberblick über die Leistungen der ostpreußischen Landmweir in dem Befreiungskriege, und zwar auf drei Schauplätzen: bei der Be⸗ lagerung Danzigs, bei der Blockade von Küstrin und im Feldkruge in der Mark Brandenbarg und in Sachsen. Der Ueberblick enthätt im wesentlichen Auszüge aus den Aufzeichnungen eines Mitstreitat, des Majors Frieccius. Dieser tapfere Mann, ein Altmärker dan Geburt, hatte sich schon 1806 als der erste den gebildeten Ständen angehörende preuzische Freiwillige zum Eintritt in das Heer gemelde und als Leutnant unter Gneisenau bis zum Tilsiter Frieden mit Aus⸗ zeichnunga gefochten. Beim Beginn der Erhebung gegen Napoleamn war er Oberlandesgerichtsrath in Königsberg; auch diesmal lut es ihn nicht in seiner bürgerlichen Stellung, und so wurde er im April 1828 vom König zum Major und Kommandeur des Königsberger Landwehr⸗ bataillons ernannt. In dieser verantwortlichen Stellung hat er sich bei Leipzig und nachher vor Paris trefflich bewährt. Hervorge⸗ hoben sei aus dem Bericht des Majorz Friccius der warmempfunden Rachruf an den Grafen Ludwig zu Dohna, den Inspekteur der dar Danzig liegenden Landwehr, der bald nach dem Einzug in die Stet dem Nervenfieber erlag. Neben der Landwehr war in Ostpreußen ein National⸗Kavallerie⸗Regiment gebildet worden; Ruhmesthaten haben einen beredten Erzähler gefunden in dem w⸗ maligen Freiwilligen August Jordan, einem Pfarrerssohn. der in August 1871 als Superintendent von Ragnit im Alter von 78 Jahrm starb. Aus den hier abgedruckten Berichten Jordan's sind desonden die Abschnitte über die Schlacht an der Katzbach, die Schlacht be⸗ Leixpzig und die Schlacht vor Paris oder am Mont⸗Martre (30. Män 1814) bemerkenswerth. Aber nicht nur der Kämpfer, sondern auh der Heimgebliebenen wird in dem vorliegenden Buche gedacht, de⸗ sonders des Königsberger Ober⸗Bürgermeisters Heidemann, der infolg seiner aufreibenden Thätigkett bei der Errichtung der Landwehr eint frühzeitigen Tod fand. Ein Bericht des Präsidenten von Schön, I treffend Vorschläge für das Eiserne Kreuz, wird im Wortlaut mt⸗ getheilt. Des weiteren ist Yort’s Abschied vom 1. Armee⸗Korpe m. von der Provinz Preußen und seine Korrespondenz mit dem Comtt der ostpreußischen und littauischen Stände abgedruckt. Den Sch bilden ausführliche biographische Mittheilungen über die Deputrt des Köntgsberger Lanktages im Februar 1813 von seiten ihrer komm n und Angehörigen, sowie ein Anhaag: Aus dem Tagebuch Landhofmeisters von Auerswald. Die in dem Buche vorkommenha Namen sind zu einem Register geordnet. Die vorliegende Se mahnt die Gegenwart daran, welche Opfer einst eine altpreu Provinz in schwerer Zeit dem Vaterlande gebracht hat; sie zeigt und Bürgerthum, Stadt und Land von dem gleichen Bestreben de dem angestammten Könige mit Gut und Blut zu dienen. Titelblatt vorgeheftet ist eine Photographie des Gemäldes von fessor Otto Brausewetter hierselbst, darstellend die Werkung der sprache General York's an die preußischen Stände, am 5. Fr 1813 (im Sitzungssaal des Ostpreaßischen Provinzial⸗Lann 2 nebst den Namen der Dargestellten auf cinem Sk

att. „Die von Seiner Majestät dem Kaiser Wilbeln gestifteten Denkmäler in der Sieges⸗Allee zu Ber betitelt sich eine kleine, im Verlag von F. Dietze in Berlin (Bra burgstraße 24) erschienene Schrift (Pr. 40 ₰), die in erkläram, Weise in Wort und Bild dem Publikum die neu errichteten Wa mäler näher zu bringen sucht. Ein kurzer Text giebt eine Ueversun über das Leben und die Thaten der durch die Standbilder veremise⸗ brandenburgischen Fürsten und weist auch auf die Bedeutung Nebenfiguren bin. Die Abbildungen sind mit einem Gvernf. Unsch, Apparat aufgenommen und wohlgelungen. Das Büchlei mwirte⸗ Führer durch die prachtvolle Monumentalstraße Fremden wie heimischen willkommen sein. 2 .

Zur Fortführung der fünften Auflage von „Meyer bing versations⸗Lexikon“ beginnt die Verlagshandlung des v— phischen Instituts in Leiptig und Wien soeben mit der 2. 89 lichung des XX. Bandes ober des Zweiten Jahres⸗Sumg ments. Die Besitzer des Hauptwerks, die den vielgestaltigen unun Zeitereignissen, den letzten Forschungsergebnissen, Erfindungen g Entdeckangen folgen wollen, werden dieses neuen Ergaänzunezang nicht entrathen können. Daß derselbe aber auch als scon n encyklopädisches Jahrbuch von Werih und Nutzen ist, beweift scher

auch dessen

erschienene erste Lieferung mit den Artikeln: Afrika (Besitzverhält⸗ Verkehr, insbesondere Telegraphenverbindung; Forschungs⸗

Akademien (internationale Vereinigung der Akademien 1899), Amerfka (territoriale Besitzveränderungen; Forschungs⸗ reisen), Arbeiterschutz (Weiterentwickelung der gesetzlichen Maß⸗ nahmen), Arbeiterversicherung, Architektur der Gegenwart (die archi⸗ tektonische Entwickelung Wiens im letzten Jahrzehnt), Artillerie neueste Fortschritte), Asien (Forschungsreisen), Aussatz, Ausstellungen

aris) ꝛc. Die Darstellung ist, wie in dem Hauptwerk, gedrungea, achkundig und objektiv. Von den illustrativen Beigaben verdienen die Farbendruck⸗Tafel „Orchideen’, die Holzschnitt⸗Tafela Medaillen 1-—IV“ und die Karte des „älteren Stromsystems in einem Theil Norddeutschlands“ besondere Hervorhebung.

Das Junibeft der „Deutschen Rundschau“ (Verlag der Gebrüder Paetel, Berlin W., Lützowstraße 7) bringt den Schluß von Ernst von Wildenbruch'g neuer Erählung „Neid“. Professor Theobald Fischer schildert darin seine auf einer Reise in Marokko gesammelten Eindrücke und bietet einen um so werthvolleren Beitrag zur Kenntniß der dortigen Zustände, als er mit persönlichen Vollmachten seitens des Sultans ausgerüstet war. In allgemein verständlicher Form sucht Bernhard Dessau die Erfindung der „Telegraphie ohne Draht“ dai⸗ zustellen und zugleich eine wissenschaftliche Erklärung der elektrischen Schwingungen in ihrem Zusammenhang mit der so viel besprochenen Entdeckung Marcoai's zu geben. Wilhelm Dllthey steuerte eine aus Anlaß der Jubelfeier entstandene Abhandlung über die Berliner Akademie der Wissenschaften, ihre Vergangenheit und ihre gegen⸗ wärtigen Aufgaben bei. In das Wesen des „Romanzero“ und der spanischen Ependichtung führt Heinrich Morf durch eine Darstellung der Entstehungsgeschichte und Eigenart der Sage von den „sieben Infanten von Lara“ ein. Ueber die bedeutsameren Novitäten, die das Berliner Musikseben der letzten Monate an die Oeffentlichkeit brachte, berichtet Carl Krebs. Eine politische und eine literarische Monats⸗Rundschau beschließen hergebrachtermaßen auch dieses Heft.

Dazsz neueste Heft (4, III. Jahrgangs) der illustrierten Zeit⸗ schrift „Berliner Leben“ (Freier Verlag. Berlin) schildert in mehreren vorzüglichen photographischen Aufnahmen die einzelnen Phasen des Einzuges Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph in Berlin, am 4 Mai d. J., die Fahrt durch die Ehrenpforte auf dem Pariser Platz, die ö die städtischen Behörden, die Parade vor dem Schlosse ꝛc. Die Serie der Porträts von Herren und Damen aus der Berliner Hofgesellschaft, die im vorigen Heft begonnen hatte, wird in dieser Nummer fortgesetzt. Aus dem übrigen reichen illustra⸗ tiven Inhalt seien noch erwähnt die Abbildung der Statue des Königs Friedrich Wilhelm I. für die Sieges⸗Allee von Professor Siemering nebst dem Bilde des Künstlers von Scheurenberg, sowie die Porträts der Darsteller und Darstellerinnen des Wiener „Deutschen Volks⸗ theaters“, welche vor kurzem am hiesigen Deutschen Theater als Gäste auftraten. 88 8

soeben nisse reisen),

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.)

Deutsches Reich.

Tarifierung doppelseitig gewebter, plüschartiger Jutedecken. Aus Oesterreich⸗Ungarn gelangen gefärbte Decken zur Einfuhr, deren Kette durchweg aus Jute besteht, während im Schuß Jutefäden mit Chenillefäden abwechseln, bei denen Jutefasern auf baumwollene Fäden gesponnen sind. Die Waare, welche zwar als Toppichstoff bezeichnet wird, kann zu den Fußdecken nicht gerechnet werden, weil sie, was bei den Fußdecken nicht der Fall zu sein pflegt, doppelseitig gewebt ist und daher auf beiden Seiten ein plüschartiges Ausseben besitzt, und weil sie wegen ihrer Weichheit und Schmiegsamkeit als Tischdecke, Thürvor⸗ hang, Wanddecke und zu Dekorationszwecken dienen kann Eine der⸗ artige Waare ist daher nicht als Fußdecke, sondern als Zeugstoff zu behandeln, und zwar als gefärbtes dichtes baumwollenes Gewebe der Tarifnummer 2 d 3 Zollsatz 120 für den Doppel⸗Zenkner zu unterstellen, weil gemäß der Bestimmung in Ziffer 3 des Artikels „Zeugwaaren“ auf Seite 504 des amtlichen Waarenverzeichnisses die Anwendbarkeit der Tarifnummer 22 ausgeschlossen ist. (Entscheidung der General⸗Zolldirektion der freien und Hansestadt Hamburg vom 18. April 1900.)

Tarifierung ornamentierter Eisschränke. Eisschränke aus lackiertem Holz, im Innern mit Platten und einem Rost aus Zink, sind, sofern das Holz in nicht unwesentlicher Ausdehnung mit eingepreßten Verzierungen versehen ist, gemäß der Vorschrift in Ziffer 14 des Artikels „Holzwaaten u. s. w.“ auf Seite 186 des amt⸗ lichen Waarenverzeichnisses nach der Tarifnummer 13 g mit 30 für den Doppel⸗Zentner zu verzollen. Die dieser Tarifierung scheinbar entgegenstehende Bestimmung auf Seite 102 des amtlichen Waarenverzeich⸗ nisses, woselbst „Eisschränke aus Holz, im Innern mit Platten und einem Rost aus Zink“ ausdrücklich benannt und der Tarifposition 13 f (Zollsatz 10 für den Doppelzentner) zugewiesen worden sind, ist dahin auszulegen, daß hiermit über die Eisschränke nur im Hinblick auf die tarifarischen Zweifel wegen der Verbindung mit Zink hat Entscheidung getroffen werden sollen, sodaß andere ale die in dem Artikel beschriebenen Eisschränke nach Beschaffenheit des Materials zollpflichtig bleiben. (Desgl. vom 20. April 1900.)

Tarifierung von gedämpftem Baumwollengarn. Da nach Gutachten der technischen Deputationen zu Dresden und Berlin bloß gedämpfte Baumwollengarne von naturfarbigen Baumwollen⸗ garnen durch nichts sicher unterschieden werden können, wird im Anschluß an die in anderen Bundesstaaten ergangenen Entscheidungen verfügt, daß bloß gedämpfte Baumwollengarne ohne Rücksicht auf den Grad der durch das Dämpfen hervorgebrachten Braunfärbung zolltarifarisch in jeder Beziehung den rohen Garnen gleichzustellen, also auch die gedämpften eindrähtigen Feingarne über Nr. 60 englisch zu den vertragsmäßigen Zollsätzen der Tarifnummern 2 1 und * zuzulassen und alle bloß gedämpften Garne bei der Ermittelung der Feinheitsnummer wie Rohgarne zu behandeln sind. (Desgl. vom Antheil Deutschlands an dem Handel von Valenciennes

im Jahre 1899.

An der Einfuhr von Valenciennes im Jahre 1899 war Deutschland hauptsächlich mit folgenden Waaren betheiligt: Steine und Erden 17 101 dz, Felle 7896 dz. Sämereien, besonders Zacker⸗ rübensamen 8946 dz. Hopfenstangen 2326 dz. Hopfen 769 dz, Schleif⸗ und Wetzsteine 1837 dz, Steinkohlen 22 666 dz, Roheisen 36 299 dz, Zinkerz 8918 dz, Braunsteinerz 2891 dz, chemische Produkte 42 856 da, Porzellan⸗, Fayence⸗, Glas⸗ und Krystallwaaren 21 452 dz und

aschinen. und Elsenwaaren. Die Ausfuhr nach Deutschland bestand hauptsächlich in Malz 209 dz, Trebern 7505 dz, Lumpen 147 dz, Fensterscheiben, gewöhn⸗ lichen und bemalten 408 dz und Lederwaaren 108 dz. Giach Bericht des Kaiserlichen Vize⸗Konsuls in Dünkirchen.)

8 8 Handel von Nikolajew im Jahre 1899. ie Einfuhr des Hafens von Nikolajew belief sich im Jahre 1899 auf 2 521 320 Pud gegen 1 829 802 Pud im Vorjahre. Auf die Kohleneinfuhr entfielen hiervon allein 1 322 439 Pud, also mehr als die Faͤlste der gesammten Einfuhrmenge. Von den übrigen Ein⸗ fuhrartikeln folgten in beträchtlichem Abstande: Steine, Ziegelsteine und feuerfeste Dachpfannen 640 535 Pud, Eisen, Stahl, Gußeisen rr Waaren daraus 469 247 Pud, Maschinen und Maschinentheile 1 102 Pud, Holz und Holzwaaren 13 020 Pud, Graphittiegel 3430. Pud, Kupfer und Kupferwaaren 903 Pud u. s. w. 2 Die Ausfuhr erstreckte sich fast ausschließlich auf Getreide. Gen der Gesammtausfuhrmenge von 32 894 571 Pud entfielen auf d2 reide, Oelsaaten, Mehl und Kleie 30 708 572 Pud. Auf die nzelnen Fruchtarten vert eilt olgt: Wei

.

17 233 871 Pud, Gerste 6 939 341 Pud, Roggen 4 537 979 Pad, afer 1 454 231 Pud, Leinsaat 276 525 Pud, Raps 195 630 Pud, leie 65 895 Pud und Mehl 5100 Pud. An Manganerz wurden 1 246 653 Pud, an Rapskuchen 379 064 Pud und an Sandzucker 204 944 Pud ausgeführt. Da in der näheren Umgebung von Nikolajew fast ausschließlich Landwirthschaft betrieben wird, so ist der Platzhandel dieses Ortes direkt abhängig von dem Ausfäll der Ernte in den benach⸗ barten Bezirken. Unter der Einwirkung der 1899er Mißernte hatte nicht, nur der Ausfuhrhandel, sondern auch der Einfuhrhandel zu leiden. Es fehlte der landwirthschaftlichen Bevölkerung die Kauf⸗ kraft. da sie an vielen Stellen nicht einmal so viel erntete, um die Aussaat für das nächste Jahr übrig zu behalten. Durch das starke Anwachsen der Bevölkerung genügt das den einzelnen Gemeinden zur Verfügung stehende Land vielfach nicht mehr zur Ernährung der Bewohner. Man ist daher gezwungen, entweder neues Land zu kaufen oder von den benachbarten Gutsbesitzern in r. zu nehmen, wodurch sich auch die in den letzten Jahren vielfach vorgekommenen Parzellierungen großer Besitzungen erklären. Einige größere Grund⸗ besitzer des Chersoner Gouvernements haben in letzter Zeit Versuche mit Anpflanzungen von Wein gemacht und damit so gute Re⸗ sultate erzielt, daß auch kleinere Besitzer zum Weinbau übergegangen sind. Die Viehzucht im Großen geht von Jahr zu Jahr zurück, weil die Steppenflächen mehr und mehr für den Getreideban 2 Kultur genommen werden. Dagegen macht sich in der Viehzucht im kleinen eine Aufbesserung der Rassen bemerkbar. Das Getreide⸗ geschäft war infolge der Mißernte nur mäßig. Vielfach hielten auch Produzenten und Händler mit ihren Verkäufen zurück, weil sie eine Preissteigerung infolge der ungünstigen Ernteergebnisse erwarteten. Da die Preise aber infolge der geringen Vorräthe fast stets über aus⸗ ländischer Parität standen, so war ein reguläres Geschäft ganz aus⸗ geschlossen. Am Schluß des Jahres hatte sich wieder ein ziemliches Depot angesammelt, das allerdings wesentlich kleiner war als das vor⸗ jährige. Dasselbe belief sich einschließlich aller Getreidearten auf 7 046 550 Pud gegen 8 855 047 Pud im Jahre 1898.

Infolge der Mißernte und des dadurch hervorgerufenen mangel⸗ haften Exports ist der Schiffsverkehr im Jahre 1899 hinter dem vorjährigen bedeutend zurückgeblieben. Während im Jahre 1898 384 Schiffe von 520 295 Reg.⸗Tons den Hafen von Nikolajew besuchten, waren es im Jahre 1899 nur 226 Schiffe von 305 000 Reg.⸗Tons. Unter den einzelnen Nationen, welche an dem Schiffsverkehr mit Nikolajew betheiligt waren, nahm Deutschland mit 7 Schiffen gegen 5 im Jahre 1898 die fünfte Stelle ein und wurde von Großbritannien mit 115 Schiffen, Griechenland mit 51, Oesterreich mit 25 und Italien mit 17 Schiffen übertroffen. Die deutsche Levante⸗Linie hat seit Juli 1899 einen regelmäßigen monat⸗ lichen Verkehr zwischen Hamburg und Nikolajew über Antwerpen eingerichtet und durch direkte Frachtsätze den Verkehr wesentlich er⸗ leichtert. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Vize⸗Konsuls in Nikolajew.)

8 Niederlande —Spanien.

Handelsabkommen zwischen beiden Staaten. Zwischen

den Niederlanden und Spanien sind folgende Abänderungen zu der

Erklärung vom 12. Juli 1892 über die Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten (Handels⸗Archiv 1892 I. S. 896) vereinbart worden:

1) Der Artikel „Stärkemehl zum Gewerbegebrauch und Dextrin, einschließlich Kartoffelmehl“, aufgeführt in der der vorerwähnten Er⸗ klärung anliegenden Tabelle II, wird in die Liste der in ihrer Tabelle I genannten Artikel hinübergenommen. Der Höchstsatz der Eingangs⸗ ghhahf 83 den genannten Artikel wird auf 2 Pesetas für 100 kg estgesetzt.

2) Die §§ 2 (mit der Tabelle II) und 3 der Erklärung vom 12. Juli 1892 werden durch einen neuen Paragraphen folgenden Inhalts ersetzt:

Die in Tabelle I aufgezählten Artikel sowie alle anderen aus den Niederlanden und ihren Kolonien herstammenden Artikel werden bei ihrer direkten Einfuhr nach Spanien und den an⸗ liegenden Inseln keinen anderen noch höheren Abgaben unterworfen als diejenigen, welchen die ähnlichen Erzeugnisse jeder anderen Nation unterworfen sind.

3) Die vorstehenden Bestimmungen sind nicht anwendbar auf die Vergünstigungen, welche mit Rücksicht auf die Erleichterung des Grenzhandels durch Spanien an Portugal und Frankreich zur Zeit bewilligt sind oder später noch zugestanden werden sollten, voraus⸗ gesetzt, daß diese Vergünstigungen in gleicher Weise nicht etwa einem anderen Staate gewährt werden.

Die gegenwärtige Erklärung wird alsbald nach ihrer Ratifizierung in Kraft treten.

Diese in Madrid am 13. November 1899 abgeschlossene Erklä⸗ rung ist durch Gesetz vom 9. April d. J. für die Niederlande geneh⸗ migt worden. (Niederländisches Staatsblad Nr. 56 vom 9. Mai 1900)

Belgien.

Verkehr mit harzigen Baumknospen. Nach einem bel⸗ gischen Gesetz vom 4. d. M. ist der Kauf, Verkauf, die Aufbewah⸗ rung und die Versendung von harzigen Baumknospen unter Strafe gestellt. (MMoniteur Belge vom 11. Mai 1900.)

Einfuhr von Eisen und Eisenwaaren nach Brastlien.

Ein englischer Spezialbericht giebt folgende Mittheilungen über die Einfuhr der wichtigsten Eisenwaaren nach Brasilien: Roheisen ist meist britisch, aber Fabrikanten aus den Vereinigten Staaten versuchen, einen Antheil an diesem Handel zu erhalten. Stangen⸗, Winkel⸗, Bolzen und Stabeisen wird vorzuasweise von Belgien und Deutschland eingeführt, ein beträchtlicher Theil indessen auch von Großbritannien. Eiserne Träger sind durchweg belgisches Fabrikat. In Eisenbahnmaterialien aller Art, Federn, Rävern, Achsen, Bremsen u. s. w. haben die britischen Fabrikanten hauptsächlich mit dem belgischen Wettbewerb zu kämpfen, aber die Einfuhr Groß⸗ britanniens ist sehr beträchtlich. Galvanisierte Bleche pflegten steis aus Großbritannien zu kommen, aber jetzt werden einige glatte (nicht gewellte) Bleche, an welchen ein ziemlicher Bedarf für gewisse Kaffeemaschinen ist, aus Belgien bezogen. Verzinnte Bleche werden im Bezirke Säo Paulo stets viel gebraucht für Rinnen u. s. w., Guß⸗ eisen oder Schmiedeeisenwaaren und alle anderen Eisenwaaren. In Brückenkonstruktionen macht sich hauptsächlich wieder der belgische Wettbewerb bemerkbar. Schmiedeeiserne Röhren, schwarz und galvanisiert, beginnt man aus den Vereinigten Staaten von Amerika einzuführen. Große Gußeisenröhren für das Wasserwerk in Santos kommen jetzt gleichfalls aus den Vereinigten Staaten. Drahtnägel Drahtstifte) werden in einer Fabrik in Sao Paulo angefertigt.

chrauben⸗Bolzen und Muttern kommen in großer Menge aus Deutschland. Zaundraht, ein bedeutender Bedarfsartikel in diesem Staate, ist jetzt ganz deutscher Herkunft; der Markt ist den englischen Fabrikanten kürzlich verloren gegangen. Der aus Deutschland ein⸗ geführte Draht ist nicht nur billiger, sondern auch von gleichmäßigerer Stärke. Stacheldraht wird nur wenig gebraucht; die bedeutendsten Viehzüchter in dem Staate erheben Einwendungen gegen seine Ver⸗ wendung. (Das Handels⸗Museum.)

Zpodproduktion in Chile.

Die unter den Salpeterproduzenten Chiles bestehende Jod⸗ kombination, über welche wir bereits in Nr. 53 der Nachrichten vom 28. April d. J. in dem Artikel „Waarenausfuhr, Bergbau und Sal⸗ petergewinnung Chiles“ kurze Mittheilungen brachten, ist vom 1. April d. J. ab auf weitere drei Jahre verlängert worden. (Nach einem Bericht des Kaiserlichent General⸗Konsuls in Valparaiso.)

Regiments ein

Einfuhr von Musikinstrumenten nach den Philippinen.

Der französische Konsul in Manila macht in einem Bericht darauf 8

aufmerksam, daß die Einfuhr von Masikinsteumenten nach den Pzhilippinen stets recht lohnend gewesen ist und neuerdings sich wieder

zu entwickeln scheint. musikliebendes Bolk; nur wenig Eingeborene giebt es, die nicht irgend ein Instrument, wie Mandoline, Guitarre. Violtne, Flate u. deral. verstehen, und fast in jedem Dorfe giebt es eine Musik⸗ apelle. 8

Nach diesem Bericht sind die Tazalen ein

Im letzten hat der Kapellmeister eines amerikanischen usikkorps aus fast hundert Eingeborenen gebildet und mit großem Eifer eingeübt. Der Erfolg war so vorzüglich, daß er beabsichtigt, in Manila ein Konservatorium zu errichten. In Manila hat jedes Theater und jedes Veranügungslokal sein Orchester, und selbst die zahllosen, seit der Besitzergreifung durch die Amerikaner entstandenen Bars saten sich genöthigt, dbem Waunsche ihrer Gäste entsprechend, sich mit einigen Mustkern asder doch wenigsteng mit einem Klavser zu versehen. Nach Ansicht des französischen Konsuls wäre der Wetthewert mit den seither meist von amerikanischen Fabrikauten gelieferten Instrumenten nicht schwer; nur müßte man recht billige Instrumente liefern, da die Eingeborenen hobe Preise nicht zaßlen ku nnen, vals aber auch mit recht einfachen Jastrumenten zufrieden sind. (Nach einem französischen Konsulatsbericht, veröffentlicht im Moniteour

Officiel du Commerce.)

Außenhandel Neufundlands im Jahre 1898/99. Die Einfuhr nach Neufundland erreichte in dem mit dem 20 Jan 1899 abgelaufenen Rechnungsjahre einen Werth von 6 311 245 Poll gegen 5 188 863 Doll. im Jahre 1897/98; die Ausfuhr bezifferte si e. 99 auf 6 936 315 Doll. gegen 5 226 933 Doll. im vorhergehenden ahre. Die am Außenhandel hauptsächlich betheiligten Lünber waren zie folgenden: Einfuhr

1897,98 1898/99 1897/98 Werth in Dollarz 1 519 253 1 935 025 1 355 920 1 823 238 2 088 093 482 512 107 542 209 229 272 668

1 928 834 427 478 1 740 172 875

66 172 125 262

41 114 753 258

5 190 74 147

23 1 288 728

Großbritannien.. 665* Britisch⸗Westindien Vereinigte Staaten von Amerika. Spanien . Portugal.. Deutschland Brasilien .. Frankreich. 6 912 5 650 Niederlande.. 5 377 25 340 b Im Nachstehenden geben wir noch eine Zusammenstellung der wichtigsten Einfuhrartikel nach ihrem Werth in Dollars während der beiden letzten Jahre:

1 671 134 2 436

Ochsen, Kühe und Stiere.. Rindflleich, Schweins⸗Köpfe und

A“ 67 9 130 446 Butter und Oleomargarine 109 103 bETöö1“ 1 462 297 Melasse 216 768 Schweinefleisch 652 Rohzucker. EEEEEEöEö I1“ Oele und Fette.. Kurzwaaren.. 8ö- Lederwaaren . 8 Eisenbahnmaterial .... Wollen⸗ und Baumwollenwaaren ““ Steinkohlen.. v1“ Edelmetall und Münzen

83 661

. 2 * 2 . 8 2 2 .

205 781 60 433 82 768 (Nach der amtlichen Zollstatistik)

Ausfuhr der Kapkolonie im Jahre 1899.

Nachstehend bringen wir eine Zusammenstellung der wichtigsten Ausfuhrartikel der Kapkolonie in den beiden letzten Jahren. 1898 1899 Werth der Ausfuhr in Pfund St 262 830 446 985 4 566 897 3 806 645 748 565 842 000

15 394 442 647 548 779 899 199 543 34 012 104 524 102 324 244 411 211 946 1 766 940 2 183 904

Kupfererz. 6 Diamanten. Straußfedern .. Gold, roh . Angorahgagng., . . . Häute (Ochsen⸗ und Kuh⸗). e4“*“ b4* Wolle. 111“ Zusammen einschließlich aller anderen Waaren. . 8 24 112 483 22 502 448. Der angegebene Werth der ausgeführten Diamanten und des rohen Goldes umfaßt die gesammte Ausfuhr von Diamanten und rohem Gold aus Süd⸗Afrika über die Kapkolonie. EE1“ (Cape of Good Hope Government Gazette.)

v67668“ 1“

Bereits in früheren Zeiten wurde in den Ä9ö der Insel Pezo Waschgold aufgefunden. Dasselbe soll jedoch damals in so un⸗ bedeutenden Mengen vorgekommen sein, daß die Ausbeute für die arme Bevölkerung der 12 nur geringe Verdienste abwarf.

In den letzten Jahren hat nun die Goldgewinn dort 8☛ Fortschritte gemacht; insbesondere hat man seit 1898 in Esashi, welcher zu der im Norden von Pezo belegenen Provinz Kitamt gehört, große Goldfelder entdeckt. Viele Tausende von Japanern sind von ihnen angelockt worden und haben versucht, bier ihr Glück machen. Dhbeehcee Zeitungen sprechen bereits von Esasht 8& einem japanischen Klondyke und bringen recht sanguinische Nachrichten über den Goldreichthum des Distrikts.

Die Gesammtausbeute im Jahre 1899 hat nahezu 450 Waschgold betragen. Doch ist die Ziffer nicht völlig genau, da nur diejenigen Goldfunde einschließt, welche von den Konzesstamtz⸗ inhabern der Bergbauinspektion angezeigt worden sind. Eine große Anzahl von Funden soll jedoch nicht zur offiziellen Anmeldung kommen.

Im „Japanischen Staats⸗Anzeiger“ vom 30. März 1900 ist die vor kurzem vom Parlament angenommene Novelle zu dem Bergbaugesetze vom September 1890 veröffentlicht worden. Danach wird das Recht, Bergbau zu betreiben, auch den Recht gebildeten Handelsgesellschaften zugestanden,

aus ländern bestehen oder an denen Ausländer betheili (Nacd einem Bericht des Kai erlichen eneral⸗Konsr n 2.,—