Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 22. Juni.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten, wie aus Kiel gemeldet wird, gestern an Bord der Yacht „Hohenzollern“ den Vortrag des Staatssekretärs des Aus⸗ wärtigen Amts, Staats⸗Ministers Grafen von
Das Staats⸗Ministerium trat heute nitt 3 Uhr unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Fürsten zu Hohenlohe im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, zu einer Sitzung zusammwen. g 8
Am 16. d. M. verstarb hierselbst der Königliche Wirkliche Geheime Rath D. Dr. Sydow, welcher in den verschiedenen hohen Staatsämtern, die er nacheinander bekleidet hat, sich als ein treuer Diener des Königs und des Vaterlandes und als ein hervorragend tüchtiger Beamter bewährt hat.
Er war am 5. Oktober 1824 zu Berlin geboren und widmete sich nach Absolvierung einer Gymnasialanstalt dem juristischen Studium. Schon als Gerichts⸗Assessor wurde er als Hilfsarbeiter in das Justiz⸗Ministerium berufen, in welchem er demnächst zum vortragenden Rath aufstieg. Im Jahre 1868 wurde er zum Vize⸗Präsidenten des Appellations⸗ gerichts in Glogau und 1870 zum Präsidenten des Appellationsgerichts in Münster ernannt. Unter dem 11. September 1872 wurde er als Ministerial⸗Direktor in das Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten berufen und in demselben unter dem 26. März 1873 zum Unter⸗ Staatssekretär ernannt. Unter dem 1. August 1879 wurde er sodann als Praͤsident an die Spitze der Hauptverwaltung der Staatsschulden berufen und unter dem 24. Januar 1881 zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Präädikat „Excellenz“ ernannt. In dieser Stellung verblieb er bis zum 1. April 1892, wo zunehmende Kränklichkeit ihn bestimmte, in den Ruhestand überzutreten. Er wurde bei diesem Anlaß durch Allerhöchste Verleihung des Rothen Adler⸗Ordens erster Klasse ausgezeichnet.
Er war ein Mann von hervorragender Begabung und eine charaktervalle Persönlichkeit. Alle, welche ihn gekannt haben, werden sein Andenken in hohen Ehren halten 8
Der hiesige Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld⸗Köfering hat Berlin mit vierzehntägigem Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Legationsrath Freiherr von und zu Guttenberg als Geschäftsträger.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Lappenberg ist von Berlin abgereist.
g des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Geier“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän Peters, gestern von Panama nach Punta Arenas in See gegangen.
Der Dampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ mit der Ablösung für S. M. S. „Cormoran“, Transportführer: Oberleutnant zur See Leonhardi, ist gestern in Antwerpen
Laut Meldung
eingetroffen und beabsichtigt, am 24. Juni die Ausreise fort⸗
zusetzen. 4““
In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird die vom Reichs⸗ Eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ reebs wrgehneffe deutscher Eisenbahnen für den Monat Mai 1900 veröffentlicht, auf welche am Mittwoch an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.
8 Kiel, 21. Juni. Seine Majestät der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ meldet, befohlen, daß auch ein Detache⸗ ment Pioniere nach Maßgabe des verfügbaren Raumes in Stärke von etwa einer Kompagnie nach China eingeschifft werde. — Als Tag der Ausreise für die beiden zum Trans⸗ port der Truppen nach China gecharterten Dampfer „Witte⸗ kind“ und „Frankfurt“ ist der 3. Juli in Aussicht ge⸗ nommen.
Sigmaringen, 21. Juni. Seine Majestät der König und Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferninänt von Rumänien sowie Seine Durchlaucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Karl von Hohen⸗ zollern sind, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern hier ein⸗ getroffen.
Bayern.
Die Kammer der Abgeordneten hat, wie „W. T. B.“ meldet, heute mit großer Majorität die Nachtragsforderung für die Errichtung eines 2reee 8⸗Bureaus für die Kanalisierung des M genommen.
ZA111“*“ “ 5 .“ Großbritannien und Irland.
Der Khedive Abbas Pascha ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern auf der Königlichen Nacht „Oeborne“ in Port Victoria angekommen, hat aber seine Weiterreise nach London krankheitshalber verschoben und wird vorläufig an Bord der YNacht bleiben. Derselbe litt bereits an einem Halsleiden, bevor er sich einschiffte. Auf der Reise verschlim⸗ merte sich dasselbe, und die Symptome lassen, wie versichert wird, auf Diphtheritis schließen. Ein Londoner Arzt ist nach Port Victoria berufen worden. 1
Das Oberhaus genehmigte gestern die zweite Lesung der Bill, betreffend die Uganda⸗Eisenbahn.
Im Unterhause erwiderte gestern der Unter⸗Staats⸗ kretär des Auswärtigen Brodrick auf eine an ihn gerichtete
ains bis Aschaffenburg an⸗
Anfrage, er bedauere, keine authentischen Nachrichten von Peking zu haben. Die letzte Mittheilung von dem groß⸗ britannischen Gesandten Macdonald sei neun Tage alt. Die ausländische Truppe unter dem Admiral Seymour habe sich, als man von ihr vor sieben Tagen zuletzt gehört, 30 oder 40 Meilen westlich von Tientsin und ungefähr in der gleichen ve. von Peking befunden. Dienisin sei von Taku abge⸗ schnitten, und telegraphische FTö von Taku müßten durch Dampfer nach Tschifu befördert werden, welches 250 Meilen davon entfernt liege. Ashmead Bartlett fragte an, ob die Regierung beabsichtige, einen General zum Befehlshaber der britischen Truppen in China zu ernennen, und ob bei dem Einvernehmen, welches unter den Mächten herrschen solle, auch Japan einbegriffen sei. Der Eeste Lord des Schatzamts eh hün erwiderte, der an Ort und Stelle befindliche Admiral habe die Vollmacht, unter den obwaltenden Umständen zu handeln, wie er es für passend erachte. Es sei unmöglich, jetzt schon zu sagen, welche Maß⸗ regeln in Zukunft würden getroffen werden. Auf die zweite Frage Ashmead Bartlett's bezüglich⸗Japans gab Balfour eine bejahende Antwort. Im weiteren Verlaufe der Sitzung theilte der Unter⸗Staatssekretär des Auswärtigen Brodrick mit, die britische Regierung habe erfahren, daß zwischen der Türkei und Rußland ein durch ein Kaiserliches Irade bestätigtes Uebereinkommen zu stande gekommen sei, durch welches die türkische Regierung sich das Recht vorbehalten habe, Eisenbahnen im Norden von Kleinasien zu bauen und für den Fall, daß sie selbst dort keine Eisenbahn baue, das ausschließliche Recht zum Bau derselben der russischen Re⸗ gierung gewährleistet habe, und zwar unter denselben Bedingungen, wie für die Deutschland eingecäumte Kon⸗ zession zum Bau der anatolischen Bahn. rodrick fügte hinzu, daß die Regierung von dem Uebereinkommen amtlich nicht in Kenntniß gesetzt worden sei und auch keinen Einspruch gegen dasselbe erhoben habe. Afhmead Bartlett fragte an, ob die Regierung davon Kenntniß habe, daß die Lieferungsangebote englischer Firmen zur Ausbesserung und neuen Ausrüstung der türkischen Flotte niedriger seien als die Krupp's, ob der Lieferungsauftrag wahrscheinlich der deutschen Firma werde gegeben werden, und zwar infolge einer politischen Pression, ob ferner der großbritannische Botschafter in Konstantinopel beauftragt worden sei, den Wunsch der Pforte zu unterstützen, über diese An⸗ gelegenheit nach finanziellen und technischen Gesichtspunkten zu beschließen. Brodrick erwiderte, die Regierung habe keine Mittheilung erhalten, welche die im ersten Theile der An⸗ frage enthaltene Behauptung bestätige. Die Regierung sei in Kenntniß gesetzt worden, daß von der türkischen Regierung mit einer 8 in Genua ein Vertrag abgeschlossen worden sei bezüglich der Ausbesserung von acht türkischen Panzer⸗ schiffen. Es werde ferner gemeldet, daß die Ausrüstungen der Schiffe von Krupp zu liefern seien. Der großbritannische Botschafter habe die Ansprüche der britischen Firmen bereits dem Sultan zur Kenntniß gebracht und sei weiter ermächtigt worden, der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß britische Firmen einen ansehnlichen Theil der türkischen Aufträge zur Lieferung von Kriegsmaterial erhalten würden.
Die Kreuzer „Isis“ und „Dido“ haben Befehl erhalten, nach China zu gehen.
Frankreich.
Der Senat hat, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern mit 211 gegen 41 Stimmen einen Antrag angenommen, nach welchem Preßvergehen gegen das Staatsoberhaupt, gegen Parlamentarier und gewisse hohe Beamte nicht mehr nur vor dem Schwurgericht, sondern auch vor dem Zuchtpolizeigericht verfolgt werden können.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Minister des Aeußern Delcassé auf eine An⸗ frage, er habe ein vom 20. d. M. datiertes Telegramm er⸗ halten, welches besage, daß die Gesandtschaften und die Fremden in Peking am Sonnabend, den 16. d. M., unversehrt gewesen seien. Ferner habe er (Delcassé) soeben eine Depesche von dem Konsul in Yünnanfu Frangois erhalten, wonach die chinesischen Behörden sich endlich ihrer Verant⸗ wortlichkeit bewußt geworden seien, und Francois vielleicht Yünnanfu werde verlassen können. Eine Besserung der Lage sei thatsächlich eingetreten. Der Minister fuhr dann fort: „Wir haben jetzt in den chinesischen Gewässern 2500 Mann und werden in nächster Zeit 4000 Mann sowie 8 Panzerschiffe, 1 Aviso und 4 Kanonenboote dort haben. Frankreich wird, vereint mit Rußland, im Ein⸗ vernehmen mit den übrigen Mächten an der Herstellung der Ordnung arbeiten und für die Einsetzung einer Regierung in Peking sorgen können, welche im stande ist, allen Aus⸗ ländern in China diejenige Sicherheit zu gewährleisten, welche die Chinesen in Frankreich genießen. In Betreff der Sicherheit der Fremden in China und der Franzosen in Yünnan kann die Regierung nur Hoffnungen aussprechen; aher die chinesische Regierung und der Vize⸗König wissen, welche Verantwortlichkeit sie haben. Ich habe dem Lande von der Lage in YNünnan Kenntniß gegeben, sobald ich das Telegramm unseres Konsuls erhalten hatte. Man fragt mich, ob ich schon Truppen entsandt habe: der Konsul⸗ François hat niemals um die Eatsendung von Truppen gebeten, sondern nur verlangt, daß mit Energie vorgegangen werde; in seiner letzten Depesche hat Frangois sogar empfohlen, keine Truppen über die Grenze von Tongking zu senden; er weiß, daß ein Eindringen unserer Truppen in Nünnan das Zeichen für Unruhen sein würde, die wir rächen könnten, denen vorzubeugen — und das wird auch die Ansicht des Hauses sein — aber wünschenswerther ist.“ Delcassé erinnerte daran, daß er den chinesischen Gesandten aufgefordert habe, dem Vize⸗König von Yünnan zu telegraphieren, daß für die Sicher⸗ heit ihrer Staatsangehörigen die Mächte und Frankreich in Peking und durch Pekin rac würden. Der Minister schloß mit den Worten: „In dieser Hinsicht herrscht unter den Mächten Ein⸗ vernehmen, und mit dieser Erklärung will ich meine Aus⸗ führungen schließen.“ Im weiteren Verlaufe der Sitzung setzte die Kammer die Berathung der Vorlage über die Aus⸗ rüstung der Häfen fort und nahm die von dem Deputirten Pelletan beantragten Abänderungsvorschläge an, durch welche noch 6 Millionen für Arbeiten ächf Korsika, 10 Millionen für die Vertheidigung der algerischen Küsten und 6 Millionen 115 den Teich von Berre bei Marseille „ 3235,8 werden. Pe etan verlangte, es sollten entsprechende Abstriche bei den Forderungen für die Arbeiten in Cherbourg und Rochefort vorgenommen werden. Dieser Antrag wurde aber mit 491 gegen 54 Stimmen verworfen. Die Fortsetzung der Berathung wurde sodann auf eine andere Sitzung verschoben.
MRußland.
Der Tod des Ministers des Auswärtigen Grafen Murawjem erfolgte, wie die „Russische Telegraphen⸗Agentur“ meldet, gestern Vormittag um 9 ½ Uhr, wahrscheinlich infolge eines SB ins Gehirn. Seiner Gewohnheit gemäß begab sich Graf Murawjew, der sich bei dem vorgestrigen Empfange des diplomatischen Korps noch ganz wohl befunden hatte, gestern, nachdem er früh aufgestanden war, in sein Arbeits⸗ kabinet und setzte sich an den Schreibtisch. Später nahm der Graf den Kaffee, muß sich jedoch, wie anzunehmen, bereits unwohl gefühlt haben, da er den Kaffee nicht austrank. Nach kurzer Zeit trat der Diener ein und fand den Minister auf der Diele Uegen. Die in aller Eile herbeigerufenen Aerzte konnten nur den bereits eingetretenen Tod feststellen. — Das diplomatische Korps, die Minister und zahlreiche hohe Würdenträger ver⸗ sammelten sich gestern Nachmittag 3 Uhr am Sarge des heim⸗ gegangenen Ministers zu einer Trauerfeier.
Spanien. t
Wie „W. T. B.“ meldet, hat die „Gaceta de Madrid“ gestern die Aufhebung der verfassungsmäßigen Garantien für die Provinz Madrid bekannt gemacht. In der beigegebenen Begründung heißt es: Die Regierung habe mit allen Mitteln versucht, die Anwendung der äußersten Maßnahmen zu vermeiden, aber in demselben Maße, in welchem die Besonnenheit der Regierung zugenommen, sei auch die Dreistigkeit gewisser Elemente gewachsen, die die Achtung, welche die Regierung vor den konstitutionellen 81 hege, als einen Beweis der Schwäche auslegten. Die Begründung schließt, indem sie betont, die Regierung werde angesichts der gegenwärtigen sozialen Disziplinlosigkeit nicht zögern, die Pflichten zu erfüllen, welche ihr die außer⸗ gewöhnlichen Verhältnisse auferlegten. — Der Präfekt hat gestern die Schließung der kaufmännischen Ver⸗ einigung angeordnet.
ie Regierung hat die gerichtliche Verfolgung eines
Kaufmanns wegen der Worte angeordnet, die er bei Ueber⸗ reichung der Adresse der Kaufleute an die Königin ge⸗ sprochen zu haben beschuldigt wird. Die Kaufleute leugnen daß die betreffenden Aeußerungen gefallen seien.
v Portugal.
Das Kabinet hat dem König seine Demission über⸗ reicht. Wie „W. T. B.“ vernimmt, ist der Führer der Konservativen Hintze Ribeiro mit der Neubildung des kabinets betraut worden.
8 18 3 88
Schweiz.
1u Ständerath hat, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Bern süfalge⸗ dem Beschlusse des Nationalraths zuge⸗
stimmt, dem schweizerischen Volke die Verwerfung der beiden Initiativbegehren auf der Pro⸗ portionalwahl für den Nationalrath und auf Volks⸗ wahl des Bundesraths anzuempfehlen. Die Volks⸗ abstimmung soll im Herbst stattfinden.
Türkei.
Nach einer Meldung des Wiener „Telegr.⸗Korresp Bureaus“ aus Konstantinopel vom 20. d. M. hat der Ministerrath, trotz des erneuten Protestes des griechi⸗ schen Gesandten, welcher unter Hinweis auf das Londoner Protokoll und den griechisch⸗türkischen Friedensvertrag die Meistbegünstigung verlangte, die Anwendung des Differentialtarifs gegen Griechenland vom 20. d. M. ab beschlossen. — Der bulgarische diplomatische Agent ist dahin verständigt worden, daß der Differentialtarif nicht zur Anwendung gelange, die gemischte Kommission für die türkisch⸗bulgarischen Fragen werde neue Spezialtarife ausarveiten. 1“
8 Amerika. 1“ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Philadelphia
hat die republikanische Konvention einstimmig Meo
Kinley zum Kandidaten für die Präsidentschaft und Roose⸗ velt zum Kandidaten für die Vize⸗Präsidentschaft nominiert.
Asien.
wie „W. T. B.“ berichtet, der Kontre⸗Admiral Bruce aus Taku⸗ ohne Datum an die britische Admiralität geschickt hat, besagt: Seit 7 Tagen fehlen Nachrichten von dem Admiral Seymour und seit 5 Tagen solche aus Tientsin. Die verbündeten Truppen halten die Fatme Fora⸗ und Tongku sicher besett und werden zum Entsatz der Europäer nach TDientsin vorrücken, sobald sie in genügender Stärke sind. Morgen werden Truppen aus Hongkong und übermorgen 300 Mann aus Wei⸗hai⸗Wei erwartet. Man glaubt hier in Taku, daß der Kampf rund um Tientsin fortdauere. Die britische Schutzwache in Tientsin müsse etwa 3000 Mann stark sein. Gestern Vormittag wurde beschlossen, sofort fol ende Proklamation der Admirale und dienstältesten See⸗ offiziere der Mächte zu veröffentlichen:
Wir machen hiermit allen Vize⸗Königen, Küsten⸗, Fluß⸗, Stadt⸗ und Provinzial⸗Behörden Chinas bekannt, daß wir nur gegg die Boxer und dieienigen Leute, die uns auf dem Marsche nach Peking zur Befreiung unserer Landsleute entgegentreten, mit Waffengewalt vorgehen werden.
Der amerikanische Admiral Kempf hat, wie aus Washington gemeldet wird, gestern aus Taku über Tschifu telegraphiert: Die Chinesen bombardieren Tientsin. Das amerikanische Konsulat und ein großer Theil der Fremden⸗Konzessionen sind zum theil zerstört Hilfstruppen, darunter 130 amerikanische Soldaten gehen nach Tientsin ab. 1
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Tschifu vom gestrigen Tage, ist daselbst die Nachricht ein⸗ etroffen, daß Tientsin zwei Tage lang beschossen worden ser Die Verluste sollen 100 Mann betragen. — Ein un⸗ bestätigtes Gerücht besage, der Admiral Seymour sei ezwungen worden, nach Tientsin zurückzukehren. — Aus Peking lägen seit 14 Tagen keine Nachrichten vor.
Der „Daily Expreß“ meldet aus Shanghai vom Pltrigen Tage: Tientsin wurde am 15. Juni von zwel
eiten von Boxerbanden angegriffen. Dieselben beschosfen sunächse die Eingeborenenstadt an zwölf Stellen und rückten ann gegen die Fremdenniederlassung vor. Die Eisenbahn station war von einer russischen Truppenabtheilung von 2000 Mann mit 10 Geschützen besetzt. Als die Boxer dort ba kamen, gaben die Russen hintereinander 50 Salven ab. Feu scheint den Boxern unerwartet gekommen zu sein: r
chtete ein großes Blutbad an; etwa 300 Boxer wurden ge⸗ tödtet, 200 verwundet. 11““
„ Ein gestern in Tschifu aufgegebenes Telegramm, welches,
Der „Times“ wird aus Shanghai vom 21. d. M. vele caphiert: In der Nacht zum 15. Juni richteten die Boxer in Tie ntsin in der Eingeborenenstadt große Verheerungen an. Die fremden Truppen erwiesen sich stark genug, die gremdeniederlassung zu schützen. hn vee Das Schiff „Lady“, welches von Taku in Shanghai eingetroffen ist, berichtet, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, über die Beschießung von Taku: Das Ultimatum der vereinigten Flottenführer an die Kommandanten der Forts besagte, wenn die Forts nicht bis Mitter⸗ nacht des 16. Juni kapitulierten, werde am 17. Juni um 2 Uhr das Bombardement beginnen. Die fremden Schiffsoffiziere suchten um Mitternacht den chinesischen General auf und fragten ihn, was er zu thun gedenke. Der General erwiderte, er wolle den Kampf aufnehmen. Um 1 Uhr eröffneten die Chinesen das Feuer. Der erste Schuß ing durch das Takelwerk der britischen Korvette „Algerine“. Fritische Bewohner von Tientsin und Taku befanden sich an Bord des britischen Kriegsschiffs „Monocacy“, das getroffen wurde, ohne daß jedoch erheblicher Schaden angerichtet worden wäre. Das Pulvermagazin des russischen Kanonenboots „Gilijak“ explodierte; 20 russische Matrosen wurden dabei
Die Missionare von Tsuntschau befinden sich wohl⸗ behalten in Wei⸗hai⸗Wej. 1
Die chinesische Presse in Shanghai behauptet, in der Mandschupartei seien ernste Zwistigkeiten ausge⸗ brochen. Im Palast zu Peking herrsche Verwirrung. Die Kaiserin⸗Wittwe schicke sich an zu fliehen. Der Prinz Tuanhsutung und Kungyi seien entschiedene Widersacher Jung⸗lu's und der Gemäßigten, welche dem Throne riethen, die fremden Mächte zu versöhnen Die meisten dieser in der hhinesischen Presse auftretenden Gerüchte seien Meldungen der hhinesischen Provinzialbeamten entnommen.
Nach einer weitern Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Shanghai, trat das Konsularkorps gestern daselbst zu einer Berathung über die Lage zusammen. Man war der Ansicht, daß das Fehlen von Nach⸗ richten aus Peking von übler Vorbedeutung sei. Das Dar⸗ niederliegen des Handelsverkehrs machte 20 000 Kuliarbeiter brotlos. Die Konsuln beschlossen, den Doyen der Konsuln in Tschifu telegraphisch zu ersuchen, sich mit den dienstältesten See⸗Offizieren in Taku wegen e Unterstützung in Ver⸗ bindung zu setzen. Die Koasuln glauben, daß man eine direkte Verbindung mit Peking beschaffen könne, und haben den chinesischen Eisenbahn⸗Direktor Scheng um hierauf bezügliche Mittheilungen ersucht.
Aus Washington berichtet das „Reuter'sche Bureau“, der chinesische Gesandte habe gestern dem Staatssekretär Hay einen Besuch abgestattet und ihm mitgetheilt, er habe von dem Vize⸗König der drei großen Provinzen am Nang⸗tse⸗Kiang eine Depesche erhalten, in welcher dieser erkläre, er fühle sich vollkommen im Stande, für den Frieden in seinen Provinzen und für die Sicherheit der Missionare zu sorgen, und er sei im Verein mit dem Vize⸗König von Hunnan in der Lage, für Wahrung des Friedens und der Ordnung in allen großen füdlichen Provinzen die Verantwortung zu übernehmen. Die „Russische Telegraphen⸗Agentur“ theilt mit, daß sich in den ostchinesischen Gewässern nachstehende russische Kriegsschiffe befänden: Die Panzerschiffe „Sissoi Weliki“, „Navarin“ und „Petropawlosk“ lägen seit den ersten Tagen des Juni vor Taku, ferner befänden sich dort seit dem⸗ selben Termin: die Kreuzer „Dmitri Donskoi“, „Rossija“, des⸗ gleichen die Hochsee⸗Kanonenboote „Manshur“, „Korejez“, „Gremjatschi“, „Ssiwutsch“, „Bobr“ und „Giljak“, endlich noch die Minenkreuzer „Wsadnik“ und „Gaedamak“. In Niutschwang befinde sich das Kanonenboot „Otwashny“; der Kreuzer „Sajiaka“ sei auf dem Wege nach Taku. In Port Arthur befinde sich der ungeschützte Kreuzer
„Rasboinik“. Afrika.
Wie das „Reuter’'sche Bureau’“ vom 20. d. M. aus “ meldet, hat der General Sir Redvers Buller ein Hauptquartier zwei Meilen hinter Zandspruit, einer Station im Norden von Volksrust, aufgeschlagen und sein Lager an der westlichen Seite der Eifenbahn errichtet. 187 Buren aus diesem Distrikt haben sich am 19. d. M. ergeben.
Die „Daily Mail“ meldet aus Louren çCo Marques vom gestrigen Tage, daß die telegraphische Verbindung mit Komati⸗Poort unterbrochen sei.
Aus Accra vom gestrigen Tage meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß, nach Meldungen von Eingeborenen, bei dem lezten Ausfall aus Kumassi der Gouverneur verwundet und acht Offiziere getödtet worden seien.
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Stttatistik und Volkswirthschaft. * 8
Die Fideikommisse in Preußen im Jahre 18988.
sn Nachdem das Königliche Statistische Bureau zum ersten Male 8 das Jahr 1895 eine eingehende Statistik der Fweikommisse und ster Vertheilung in Preußen veröffentlicht hat, werden seitdem all⸗ sältch die Zu⸗ und Abgänge, sowie der Bestand an Fideikommissen tgestellt Das neueste Heft der „Zeitschrift des Königlich preußischen Etatistischen Bureaus“ entbält die tabellarischen Uebersichten über die tgeenisse für das Jahr 1898. I Nach denselben betrug die Gesammtfläche der Fideikommisse 9 reußen am Ende des Jahres 1898 2 165 369 ha gegen r. 271 ha Ende 1897, ihr gesammter Grundsteuer⸗Rein⸗ sairia 26 624 116 ℳ6 gegen 26 286 335 ℳ am Schlusse des Vor⸗ res. Es hat demnach im Laufe des Jahres 1898 im Ganzen ein Ia-,Ie. von 24 098 ha — in den beiden Voaorfabren nur eine Zu⸗ Reime von je rund 10 000 ha — mit 337 781 ℳ Grundsteuer⸗ aar. stattgefunden. Hie Fideikommisse erweiterten sich von steu auf 6,21 % der Gesammtfläͤche und von 5 87 auf 5,94 % des Grund⸗ hetteaait. im ganzen Staatsgebiete. Daraus, daß der Antheil
alt Fideitommi e an dem Grundsteuer⸗Reinertrage etwas kleiner ist 8 sie der Fläche des Staates, darf übrigens nicht gefolgert werden, bleitne überhaupt den geringeren Ackerboden einnähmen; jenes Zurück⸗ Uroßen 8. dem Grundsteuer⸗Reinertrage wird reichlich durch den eingeschä ntheil des Waldes, der in der Regel bekanntlich viel niedriger 8; ö6t ist als der Ackerboden, an der Fiveskommißfläche erklärt näͤmlich erhältniß der Waldfläche blieb dasselhe wie im Vorjahre, Start 44 93 % der gesammten Fideikommißfläche, während im * überhaupt der Wald nur 23,50 % der Fläche bedeckte.
stebednsgesaimmt erfolgten im Jahre 1898 32 Erweiterungen be⸗ bber 2 Fideikommisse (darunter allein 9 in Schlesien), durch welche Zugan — sich um 1522 ha ausdehnte. Viel bedeutender war der fengeng durch die Errichtung neuer Fidetkommisse; Solche wovon an- 20 Fällen statt und brachten einen Zuwachs von 30 739 ha, 8603“ g ein 14 325 auf Schlesien (852) auf den Bezirk Oppeln) uf Posen, 2368 auf Schleswig⸗Holstein und 2219 auf
Pommern kam Ein Ahg in 36 Fällen (mit 3959 ha Fläche, fast durchweg im Bezirk In der Verkleinerung und in 2 Fällen (einem in Brandenburg, Fn in Westfalen) mit 4205 ha aus der Auflösung bestehender Fß eikommisse. Im Ganzen betrug danach der Mehrzugang, wie er⸗ ieeac 24 098 ha; am größten war er in den Bezirken Oypeln mit 725 ha. Posen mit 4526 und Breslau mit 3736 ha, während im Bezirk Münster eine Verminderung um 3019 ha stattfand. 81 Von der Gesammtfläche der Fideikommisse, die am Jahreaschlusse 2 165 369 ha betrug, entfielen auf die Bezirke Oppeln 256 076 Breslau 181 313, Potsdam 152 652, Frankfurt 137 802, Schleswig 9 354, Liegnitz 131 227, Posen 130 790, Königsberg 112 924 ha. iese acht, sämmtlich im Osten belegenen Bezirke umfaßten also mehr als die Hälfte der ganzen Fideikommißfliche. Recht umfangreich ist auch noch der Fideikommißbesitz in den drei Bezirken der Provinz ommern, ferner in den Bezirken Marienwerder, Brwomberg, Magde⸗ burg, Merseburg, Müaster, Arasberg und Cassel; er beträgt hier überall noch über 50 000 ha. In den übrigen Gebieten tritt er mehr oder weniger in den Hintergeund; unter 10 000 ha bleibt er in den Beztrken Erfurt, Hannover, Stade, Aurich, Trier und Aachen. Im Osten waren besonders wenig mit Fideikommißbesitz versehen die Bezirke Gumbinnen (15 174 ha) und Danzig (12 405 ha). Ver⸗ gleicht man Fläche und Geundsteuer⸗Reinertrag der Fideikommisse mit der Gesammtfläche und dem zugehörigen Grundsteuer⸗Reinertrage der entsprechenden Landestheile unter gleichzeitiger Berücksichtigung
der Waldfläche, so entfallen 3 8 auf die auf die Waldfläche der Fideikommisse „% 3 88 „% der der Ge⸗ . Ge⸗ ” Fidei⸗ sammt⸗ Rein⸗ same Wald⸗ kommiß⸗ flͤche ertrages 8 flache fläche
b im Staate 6,21 5,94 79 11,88 44,93 in Ostpreußen. 3,46 4,41 8 29,93 in Westpreußen 3,43 2,95 3,81 42,20 im Stadtkreise Berlin — 88 — in Brandenburg 7,54 6,67 49,55 in Pommern 6,75 9,45 24,31 in Posen . . . 6,32 5781 13,28 in Schlesien 14,11 9,25 54,26 in Sachsen . . 6,04 5225 42,77 in Scheswig⸗Holstein 7,44 9,02 18,29 ia Hannover 2,17 3,07 44,66 in Westfalen 7,54 7,09 54,70 in Hessen⸗Nassau 4,73 4,80 60,42 in Rheinland 2,65 2,62 56,92 in Hohenzollern 16,30 13,59 76,46.
Fideikommisse
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Zur Arbeiterbewegung. .“ Berliner Steinbildhauer sind, wie die „Dt. Warte“ mittheilt, in eine Lohnbewegung eingetreten und haben ihre For⸗ derungen den Unternehmern und Meistern unterbreiten lassen, deren wefentlichste Punkte in der Festsetzung eines Minimallohns von 7 ℳ für den Tag und einer entsprechenden Erhöhung der übrigen Löhne bei 7 ½ stündiger Arbeitszeit bestehen. Die letztere muß ferner Gum 5 Uhr Nachmittags beendet sein, und im Winter dürfen, unter Innehaltung einer einstündigen Mittagspause, keine Lohnabzüge i
Aus Rorschach (Schweiz) wird den „M. N. N.“ berichtet, da etwa 1100 Arbeiter und Arbeiterinnen der 2öet, vaß „Feldmühle“ wegen Lohndifferenzen in den Ausstand getreten sind. Sie verlangen durchgängig Lobnerhöhung und stellen außerdem noch Forderungen, die sich auf die Organisation der Arbeiterschaft beziehen.
In der Sitzung der pbilosopbischehistorischen Klasse der Akademie der Wissenschaften vom 14 Juni (vorsitzender Sekretar: Herr Vahlen) las Herr Sachau eine Uatersuchung über die Quellen von Ibn Saad’s Geschichtswerk. Dieselbe handelt zunächst über die Schicksale der ältesten Geschichtschreibung bei den Arabern, über die Aufgaben der Quellenkritik uad sodann über die Parteibildung infolge der Ermordung des Chalifen Othman im Jahre 655. Für die Frage nach den Quellen des großen Geschichtswerks von Ibn Saad, der vollständigsten Sammlung von Nachrichten über die Träger der Geschichtsüberlieferung während der ersten zwei Jahrhunderte, wird eine Mittheilung aus dem Anfange des Abschnitts über die Bedr- Kämpfer zu Rathe gezogen. Ibn Saad gruppiert seine Gewährs⸗ männer in sechs Reihen, von denen die erste die Quellen Wakidus
angiebt, die zweite Ibn Saad's Verbindung mit Ibn Ishak dar⸗
stellt, während die übrigen vier Reihen diejenige Ueberlieferung be⸗ zeichnen, welche dem Verfasser eigenthümlich ist. Die Unter⸗ suchung dieser Reihen richtet sich besonders auf die Feststellung ihrer Anfangsglieder, der ältesten Informanten, wobei die An⸗ kaüpfung an die zweite und erste Generation der Maslime nach dem Tode Muhammed's gewonnen wird. — Herr Weber leate vor: „Vedische Beiträge Nre. 8: Zum zweiten mandala der Rik-Samhità.“ Die Angaben der Tradittion (zwölftes
Jahrhundert) über die zwiespältige Herkunft der einzelnen Stücke des mandala werden in der Abhandlung durch die aus Inhalt und Form
selbst sich ergebenden Daten zu erhaͤrten gesucht. — Herr Brunner theilte mit, daß sich in der Schweiz eine aus Schweizer Gelehrten bestehende Kommission zur Förderung des deutschen Rechtswörter⸗ buchs gebildet habe, welche bezweckt, die schweizerischen Quellen für das Rechtswörterbuch zu excerpieren oher excerpieren zu lassen und die Excerpte der akabdemischen Kommission zuzusenden. Die Klasse nahm die Mittheilung dankbar zur Kenntniß. — Herr Conze legte im Namen des Kaiserlichen archäologischen Instituts den ersten Band des von August Mau verfaßten Katalogs der Bibliothek des Instituts in Rom vor. — Von den Herren Schrader und Sachau warde der Bericht des Privatdozenten Dr. C. F. Leh⸗ mann in Berlin über die Ergebnisse der von Dr. W. Belck und Dr. 2 F. Lehmann 1898/99 ausgeführten Forschungsreise in Armenien vorgelegt.
Ig der Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klasse der Akademie von demselben Tage (vorsitzender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Koblrausch über Fortschritte, welche sich mit Bezug auf die Messung hoher emperaturen bei neueren Arbeiten der Herren Holborn und Day in der Phvsikalisch⸗ Technischen Reichsanstalt ergeben haben. — Herr Planck legte eine Mittheilung der Herren C. Runge und F. Paschen in Hannover „über das Zeeman'’'sche Phänomen“ vor. Genauere Messungen der durch das Zeeman'sche Phänomen bedingten Spaltung der Spektrallinien, zunächst im Quecksilberspektrum, haben danach er⸗ geben, daß die drei Linien eines natürlichen Triplets im magneti⸗ schen Felde ein typisch verschiedenes, sich in jedem Triplet einer Serie wiederholendes Verhalten zeigen. — Herr Klein legte eine Mitrheilung des Herrn Professors Dr. A. Sauer in Heidelberg, enthaltend „Gesologische Beobachtungen im weeech K. vor. Der Verfasser schickt zunächst allgemeine Bemerkungen über Gneiße überhaupt voraus. Die Ansichten über die Entstehung derselben waren danach früher sehr wechselnde, sind aber mit darch die grund⸗ legenden Untersuchungen des Verfassers vom Jahre 1877 geklärt worden. Man sieht die Gneiße jetzt theils als umgewandelte alte Sedimente, theils als veränderte Eruptivgesteine an. Von letzterer Art ist, wie der Verfasser darlegt, der sogenannte Gneiß von Innertkichen im Haslithal der Schweiz. 6* diesem Fall ich ein massiges Eruptiogestein, ein Granit, vor. . 8,F
Die Kaiserlich russische Akademie 8
in St. Pete sbur tet, wie dem „W. T. B.“
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forschung der Sitten⸗ und Sprachenverhältniss
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Die Polar⸗Expedition des Barons Toll itt, wi „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmitta 8 E.r u⸗
von St. Petersburg abgegangen. 1“
Saatenstand in Preußen um die Mitte des Monats Juni 1900.
Nach den im Königlichen Statistischen Bureau zusammengestellten Ergebnissen der Erhebungen über den Stand der Saaten in Preußen berechtigte derselbe um die Mitte des Monats Juni d. J. zu folgenden Erwartungen (Note 1: sehr gute, 2: gute, 3: mittlere sdurchschnitt⸗ liche], 4: geringe, 5: sehr geringe Ernte): Winterweizen 2,7 (im Mat d. J. 2 8), Sommerweizen 2,7 (wie im Mai). Winterspelz 2 2 lim Mai 2,3), Winterroggen 3,2 (im Mai 3,3), Sommerroggen 3 3 (im Mat 3,0), Sommergerste 2,6 (im Mai 2,8), Hafer 2,6 (im Mai 28), Kartoffeln 26 (im Mai 20), Klee 3,6 (im Mai 3,2), Luzerne 2,9 (wie im Mai), Wiesenheu 3,5 (im Mai 3 3). 8 88 wird zu diesen Zahlen in der „Stat. Korr.“ Folgendes
emerkt:
Auch in der zweiten Hälfte des Monats Mai blieb das Wetter kalt; vereinzelt wird für diese Zeit sogar noch Frost gemeldet, besonders aus einigen Berichtsbezirken des Regierungsbezirks Trier, in welchen vom 19. zum 20. Mai noch eine Kälte von 4° Celsius beobachtet wurde. Erst gegen Ende des vorigen und Anfang dieses Monats ging die Witterung ziemlich unvermittelt in das Gegentheil über. Die Niederschläge er⸗ reichten in der ersten Hälfte der verflossenen Berichtsperiode fast überall nicht den nach langjährigen Beobachtungen zu erwartenden Durchschnitt, und auch jetzt noch wird aus einem großen Theile der Berichtsbezirke über ungewöhnliche Trockenheit gectagr. Unter letzterer haben besonders die beiden Provinzen Ost⸗ und Westpreußen zu leiden, da es hier vieler Orten seit Anfang April entweder garnicht oder doch nur in völlig unzureichender Weise geregnet hat. Vielfache Klagen über un⸗ genügenden Regenfall liegen ferner aus den Provinzen Posen und Schleswig,Holstein sowie aus den Regierungsbezirken Stettin, Köslin, Oppeln, Stade und Trier vor. Von 4758 bis zum 19. d. M. ein⸗ dePngesen Berichten melden 1718 oder 36 v. H. Dürre oder Trocken⸗ heit. Wie sich diese Zablen auf die einzelnen Provinzen vertheilen, ist bh nachstehender Uebersicht zu S Es wurden Berichte gezählt:
mit
aus dem . 89’* über⸗ Angaben Re⸗jieraahot- haupt über
4 Dürre Königsberg.. 216 194 Hannover. 159 Gumbinnen. 123 108 ildesheim 104 Danzig. 76 74 üneburg. 228 Marienwerder 93 84 Stade.. 97 Potsdam.. 97 13 Osnabrück. 107 Feimsbsurt. . 98 42 IC2 Stettin.. 183 12 Münster 74 ESII189 151 Minden . . 70 Stralsund.. 59 19 Arnsberg. 152 “ 90 Cassel.. 175 Brombeg 84 51 Wiesbaden. Breslau.. 198 71 Koblenz.. Liegniitkz.. 180 42 Düsseldorf. LEIWW152 81 T“ Magdeburg 282 13 Aö1“ Merseburg. 219 6 Aachen 83 Erfurt.. 96 8 Sigmaringen. 11. Schleswig 340 203 zusammen 4758
Die zahlreichen Gewitter, welche seit dem Eintritte wärmere Wetters strichweise niedergingen, haben dort, wo sie sich entluden, auch genügend Niederschläge gebracht. Letzteres gilt besonders für die Böfvhe Sachsen, Hannoover — mit Ausnahme von Stade — und
mit
haupt über besirk Dürre
essen⸗Nassau sowie für die Regierungsbezirke Münster und Minden.
n den Provinzen Brandenburg und Rheinland — Trier aus⸗ genommen — sowie in den Reg erungsbezirken Stralsund, Breslau, Liegnitz und Arnsberg wechseln Gegenden, in denen es hinreichend ge⸗ 8 hat, mit solchen, die unter anhaltender Trockenheit zu leiden haben. Mancherorten haben die Gewitter durch wolkenbruchartigen Regen die Felder verschlämmt und durch Wegspülen der Ackerkrume und Versanden der Wiesen örtlich oft nicht unbedeutenden Schaden verursacht, nicht selten auch Hagel mit sich geführt. Von e wurden 65 oder 1,4 v. H. aller Berichtsbezirke, über die An⸗ gaben eingingen, betroffen gegen 04 v. H im Vorjahre, in welchem von 2476 Berichten 10 Hagel meldeten. Es entfallen von den dies⸗ maligen Hagelberichten 20 auf die Provinz Sachsen, 10 auf Rhein⸗ land, 9 auf Hannover, 6 auf Schlesien, 5 auf Brandenburg, je 4 auf Westpreußen und Posen, je 2 auf Pommern und Westfalen und je 1 auf Ostpreußen, Schleszwig⸗Holstein und Hessen⸗Nassau. Aus 22 Be⸗ richtsbezirken kommen Klagen über Beschädigungen durch Drahtwurm. Mäuseschaden wird nur in wenigen Fällen gemeldet; in manchen Gegenden sollen diese Nager fast ganz verschwunden sein
Was die einzelnen Fruchtarten anlangt, so hat der Winter⸗ weizen, welcher bereits zu schossen beginnt, der Ungunst der Witte⸗ rung am besten Widerstand geleister und verspricht, falls die Blüthe ohne Störung verläuft, in der Mehrzahl der Regierungsbezirke eine gute Mittelernte. In einigen Gegeaden wird über Unkraut geklagt. „ Ungünstig lauten dagegen auch in diesem Monat die Rachrichten über den Winterroggen. Die Felder siad durchweg dünn be⸗ standen und haben durch den Frost in der Zeit vom 10. bis 15. Mat vielerorten in noch größerem Umfange gelitten, als es nach der Maiberichten den Anschein hatte. In tiefen Lagen und auf leichtem Boden sind in einzelnen Berichtsbezirken angeblich bis 50 vom Hundert der Felder vernichtet, und es mußten die Arcker entweder umgepflügt werden, oder der Roggen wurde gemäht, um noch als Futter Verwendung zu finden, da auf einen Körner⸗ ertrag nicht mehr zu hoffen bleibt. Besonders umfangreich ist der durch Frost verursachte Schaden in der Provinz Posen und im Re⸗ eeeqhet Magdeburg. In der Mehrzahl der östlichen Regierungs⸗ ezirke bleiben daher die nach den Angaben der Vertrauensmänner er⸗ mittelten Begutachtunzsziffern nicht unerheblich unter Mittel. Der Staatsdurchschnitt (3,2) bleibt hinter dem des Vorjabres um 6 Zehntel zurück und nimmt unter den Juninoten der letzten 8 Jahre die letzte Stelle ein. Hervorgehoben wird jedoch in sehr vielen Berichten, daß der Roggen nach guter Blüthezeit volle Aehren habe.
Die Sommerung, welche zwar spät, aber im Großen und Ganzen gleichmäßig aufgelaufen war, droht in den von der Trockenheit heim⸗ gesuchten Gegenden eine Mißernte zu geben. Der Hafer, welcher in einigen Gegenden vom Drahtwurm gefressen wird, läßt trotzdem eine Mittelernte erhoffen. Die Gerste hat vielerorten durch Frost ge⸗ litten, sich aber dort, wo Gewitter genügende Niederschläge brachten, wieder erholt.
Die Kartoffeln sind von allen Fruchtarten in der Entwickelung am weitesten zurück und sollen in manchen Gegenden infolge der Kälte und Toockenbeit des Vormonats erst im Aufgehen begriffen sein.
Am nachtheiligsten war in den betroffenen Gegenden der Einfluß der Dürre und des Frostes für die Futterpflanzen und den Gras⸗ wuchs. In einer großen Zahl von Berichtsbezirken wird deshalb Fütter haneen befürchtet. In Ost⸗ und Westpreußen sind die Klee⸗ elder pöllig ausgedörrt und können nur noch als Weide beuutzt werden. Auch in den meisten übrigen Provinzen wird der erste Schnitt bei weitem nicht an eine Mittelernte beranreichen. Aehnlich ungünstig lauten die Berichte über die Wiesen, die zumeist nur einen dünnen Stand zeigen, da das Untergras nicht gewachsen und die feineren Gräser durch Frost vernichtet sind. Mit dem ersten Schnitte hat man bereits begonnen; der Ertrag ist jedoch vielerorten nur ein geringer.
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