1900 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Jul 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der Kaiser schritt sodann die von der Matrosen⸗ Artillerie gestellte Ehren⸗Kornpagnie ab, ließ Sich Beamte er Werft vorstellen und begab Sich hierauf nach dem Offizier⸗Kasino, während Ihre Masestät die Kaiserin an Bord der Yacht „Hohenzollern“ zurückkehrte. Seine Majestät der Kaiser und das Gefolge trugen bayerische Orden, während der Prinz Rupprecht die Insignien des Schwarzen Adler⸗ Ordens angelegt hatte. Bei dem lauf folgte, gab Seine Königliche Hoheit der Prinz Rupprecht von Bayern seinem Dank und seiner Freude über seine Stellung à la suite des See⸗Bataillons Ausdruck und brachte ein mit stürmischer Begeisterung aufge⸗ ommenes Hoch auf den Chef der deutschen Marine, Seine Majfestät den Kaiser, aus. Unmittelbar nachdem die Hurrah⸗ rufe verklungen waren, erhob Sich Seine Majestät der kaiser, um einen Trinkspruch auszubringen, der, nach dem ericht des „W. T. B.“, wie folgt, lautete: „Eurer Königlichen Hoheit danke Ich für die freundlichen Worte, welche Sie an Mich zu richten die Güte hatten. Eure Königliche Hoheit haben heute bei der Taufe des neuen Schiffs der Unterstützung erwähnt, welche die Wittelsbacher den deutschen Kaisern haben zu theil weerden lassen. Ich möchte dabei noch an ein⸗ Episode aus der Vor⸗ geschichte Unserer Häuser erinnern. Auf den Gefilden vor Rom war es einem Vorfahren Earer Königlichen Hoheit im Verein mit einem der Meinigen beschieden, der seltenen Auszeichnung theilhaftig zu werden, hoch zu Roß, in Stahl gepanzert, angesichts der feindlichen Reitergeschwader durch Kaiser Heinrich VII. den Ritterschlag zu erhalten. Der Vor⸗ gang ist im Bilde auf Meiner Yacht „Hohenzollern“ verewigt. Die Nachkommen jener tapferen Fürsten haben sich gegenseitig bei Mühl⸗ dorf geholfen, wo der Hohenzoller dem Kaiser Ludwig von Bayern die Schlacht gewann. Wie damals Wittelsbacher und Hohenzollern Seite an Seite für das Wohl des Reichs kämpften, so wird es auch jetzt und in Zukunft geschehen! Eure Königliche Hoheit haben in diesen Tagen Gelegenheit gehabt, wichtigen Entschlüssen beizuwohnen und der Zeuge historischer Augenblicke zu sein, die einen Markstein in der Geschichte unseres Volkes bedeuten. Eure Königliche Hoheit haben Sich dabei überzeugen können, wie mächtig der Wellenschlag des Ozeans an unseres Volkes Thore klopft und es zwingt, als ein großes Volk seinen Platz in der Welt zu behaupten, mit einem Wort zur Weltpolitik. Der Ozean ist unentbehrlich für Deutschlands Größe. Aber der Ozean beweist auch, daß auf ihm und in der Ferne jenseits von ihm ohne Deutschland und ohne den Deutschen Kaiser keine große Entscheidung mehr fallen darf. Ich bin nicht der Meinung, daß unser deutsches Volk vor 30 Jahren unter der Führung seiner Fürsten gesiegt und geblutet hat, um sich bei großen auswärtigen Entscheidungen bei Seite schieben zu lassen. Geschähe das, so wäre es ein für alle Mal mit der Weltmachtstellung des deutschen Volkes vorbei, und Ich bin nicht gewillt, es dazu kommen zu lassen. Hierfür die geeigneten und, wenn es sein muß, auch die schärfsten Mittel rücksichtslos anzu⸗ wenden, ist Meine Pflicht nur, Mein schönstes Vorrecht. Ich bin überzeugt, daß Ich hierbei Deutschlands Fürsten und das gesammte Volk festgeschlossen hinter Mir habe. Daß Eure Königliche Hoheit die Ehrenstellung à la suite des See⸗Bataillons anzunehmen geruhten, ist von hoher Bedeutung gerade in dem Augenblick, wo Bayern und Württemberger, Sachsen und Preußen nach dem fernen Osten gehen, um die Ehre der deutschen Flagge wieder herzustellen. Wie das Haus der Wittelsbacher im Jahre 1870 zu den Waffen griff, um für Deutschlands Ehre, seine Einigung und die Kaiserwürde zu fechten, so möge alle Zeit das Reich dieses edlen Geschlechtes Unterstützung sicher sein. Als Vertreter dieses Erlauchten Hauses begrüße Ich Eure Königliche Hoheit in unserer Mitte mit dem Wunsche, daß die enge Beziehung, in die Eure Königliche Hoheit durch die à la suite- Stellung zu Meiner Marine getreten sind, alle Zeit Eurer König⸗ lichen Hoheit Interesse für dieselbe lebendig erhalten möge. Ich trinke auf das Wohl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Rupprecht von Bayern! Hurrah, Hurrah, Hurrah!“

Der Bischof Anzer hat, wie „W. T. B.“ meldet, an Seine Majestät den Kaiser das nachstehende Telegramm gerichtet:

„Eurer Majestät spreche ich meinen tiefsten Ab b de . losen That in Peking aus und innigsten Dank für Uschen ob. nteruch Missionen in Allerhöchstdero Rede vom gestrigen Tage.“

Münster, 3. Juli. Der „Westfälische Merkur“ meldet: Die hier lebende Mutter des verstorbenen deutschen Gesandten in Peking, Freifrau von Ketteler, erhielt von Seiner Majestät dem Kaiser und König ein Beileids⸗ Telegramm, in welchem Allerhöchstderselbe Seine innigste Theilnahme und Anerkennung für die treuen Dienste ihres Sohnes ausspricht, „welcher“, so heißt es weiter, „sich bis

ge als treuer Hauses und des Vaterl Vaterlande, seinen Landsleuten und seiner Familie Ehre ge⸗ macht hat. Gott nur allein vermag das trauernde Mutterherz ö1uö“*“ Bremen.

Wie „Bösmann'’s Telegraphisches Bureau“ meldet, fand sensschen den Senaten von Hamburg und Bremen

olgender Depeshame sel statt:

„An den Senat, Bremen. Dem Senat der Schwesterstadt spricht der Senat von Hamburg, erschüttert von dem so Jn. b glück, das den „Norddeutschen Lloyd“ und mit ihm Bremen betroffen hat, seine wärmste Theilnahme aus. Der Senat bittet, auch dem „Norddeutschen Lloyd“ den Ausdruck seines tief empfundenen Mit⸗ gefühls zu übermitteln. Hachmann“.

An den Senat, Hamburg. Dem Senat von Hamburg sprechen wir für die warme Theilnahme an dem Unglück, daß den „Nord⸗ deutschen Lloyd“ betroffen hat und uansere Stadt auf das tiefste berührt, unseren herzlichen Dank aus. Dem „Norddeutschen Lloyd“ haben wir von dem Telegramm Kenntniß gegeben. Gröning.“

8 Oesterreich⸗Ungarn. Der Gemeinderat deng . willigten 800 000 K 0 Krcnen

Großbritannien und Irland. Im Unterhause fand gesterg eine eingehende Erörterung

Festmahl im Offizier⸗Kasino, welches dem Stapel⸗

Der Parlamentssekretär des Aeußern Brodrick erklärte, Nach⸗ richten aus verschiedenen Quellen sei zu entnehmen, daß eine gtoße Anzahl von Fremden und Missionaren verschiedener Bekenntnisse in der britischen Gesandtschaft zu Peking, die belagert werde, Zuflucht esucht hätten, und daß die Lage in Peking sehr ernst sei. Die Regierung babe aber keine direkte Nachricht aus Peking selbst. Es sei ein vom 28. Juni datiertes Telegramm des Konsuls in mit der Meldung eingegangen, daß drei Arsenale mit roßen orräthen an Pulver und sonstigen Kriegsvorräthen von den ruppen der Mächte niedergebrannt worden seien. Pritchard Morgan stellte und be⸗ gründete einen auf Vertagung des Hauses, um die Aufmerk⸗ samkeit auf die britische Gesandtschaft in Peking und auf die Nothwendigkeit, Schritte zu ihrer Rettung zu thun, zu lenken. Er führte aus, Li⸗Hung⸗Tschang allein sei im stande, die Ordnung wiederherzustellen; eine Regentschaft mit Li⸗Hung⸗Tschang als Regenten solle proklamiert werden. Walton bemerkte, die Regierung habe in der gegenwärtigen Krise alles gethan, was in ihrer Macht gestanden, um Leben und Eigenthum der Engländer in China und Peking zu schützen. Gibson⸗Bowler erklärte, die einzige Frage, die Großbritannien in Erwägung zu ziehen habe, sei die, was zu thun sei, um die Beziehungen Groß⸗ britanniens zu China so aufrecht zu erhalten, daß die Beobachtung der Verträge gesichert werde in einer Zeit, wo die Kaiserliche Regierung verschwunden sei. Er habe gehört, daß sechs Vize⸗Könige aus den Mittelprovinzen und dem Süden sich bereits vereinigt hätten zu dem Zvecke, eine provisorische Regierung zu bilden, und daß sie bereit seien, eine gute Regierung zu gewährleisten. Er (Redner) rathe dringend, daß eine solche Regierung von den Mächten anerkannt werde. Dillon fragte an, ob es wahr sei, daß der amerikanische Admiral Einspruch erhoben habe gegen die Politik, die mit dem Angriff auf die Taku⸗Forts be⸗ folgt worden sei, und welcher Art die gegenwärtigen Beztehungen zwischen den amerikanischen Truppen und den Truppen der anderen Mächte seien. Ashmead Bartlett befürwortete dringend, daß Japan gestattet werden solle, eine große Truppenmacht zum Beüsc von Peking und zur Wiederherstellung der Ordnung zu entsenden. Der Parlamentssekretär des A⸗ußern Brodrick erwiderte, er be⸗ dauere nicht Pritchard Morgan's Antrag, aber er bezweifle sehr, ob in diesem Augenblick etwas Gutes durch den Versuch gewonnen werden könne, die Regierung in eine Erörterung über die Lage in China zu ziehen. Die Lage der Dinge daselbst sowie die gegenwärtige Verfassung, in der China sich be⸗ fiade, seien nicht genau bekannt, und man sei gegenwärtig voll⸗ ständig im Ungewissen hinsichtlich der Lage in Peking. Er (Brodrick) bezweifle, ob es gut sein würde, Ashmead Bartlett in allen seinen Rathschlägen, die er gemacht habe, zu folgen, um so mehr, als diese Rathschläge nicht alle darauf berechnet seien, die Ueberein⸗ stimmung und das Einvernehmen der Mächte zu bewahren, welche zu sichern im gegenwärtigen Augenblicke daz größte Be⸗ streben der britischen Fleste n sei. Er sei überrascht, daß Morzan den Ausbruch der gegenwärtigen Unruhen den Bestrebungen von Konzessionären zuschreibe und behaupte, daß ein Druck auf die chinesische Regierung ausgeübt worden sei, um so mehr, als Morgan mit einiger Erfahrung von China gesprochen habe. Morgan fordere die Regierung auf, Li⸗Hung⸗Tschang besondere Voll⸗ macht zu übertragen, im Namen der Mächte für die Aufrechterhaltung der Ordnung mu sorgen. Es möge die Pflicht der Regierung sein, diese Alternative neben anderen in Erwägung zu ziehen; aber es würde nicht ihre Pflicht sein, eine Entscheidung zu treffen, wenn man sehe, daß gegenwärtig jeder Finger⸗ zeig über die etwaige Wirkung fehle. Afhmead Bartlett habe der Regierung in G Punkten Vorwürfe gemacht und die Befürchtung ausgesprochen, daß die Regierung nicht mit genügendem Nachdruck aßnahmen getroffen habe, um die Unterstützung der Macht zu er⸗ langen, die allein zum Entsatz der Gesaadtschaften im stande sei. Di Regierung habe am 6. Juni Macdonald und Seymour die Vollmacht gegeben, nach ihrer Entscheidung zu handeln zum Entsatz oder zum Schutz der Gesandtschaften, und habe den anderen Mächten mitgetheilt, daß sofort eine so große Streitmacht aufgebracht werden solle, als von diesen Offizteren verlangt werde. Dillon habe ihn gefragt, ob der amerikanische Admiral hinsichtlich des Angriffs auf die Forts von Taku anderer Meinung gewesen sei als die Vertreter der anderen Mächte. „Wir haben“, schloß Brodtick, „keinen Grund, anzunehmen, daß Uneinigkeiten unter den Admiralen vorgekommen sind. Was die Eroberung der Forts von Taku betrifft, so haben die Schiffe den Angriff nicht begonnen, sondern die Forts wurden mit großer Schnelligkeit durch chinesische Soldaten bes etzt, und ihre Lage machte die Stellung der Schiffe unhaltbar. Die Forts waren es auch, welche zuerst das Feuer auf die Schiffe der Mächte eröffneten. Soweit wir Kenntniß haben, haben die Amerikaner, welche schon Truppen zur Befreiung Pekings gelandet hatten, denselben Antheil wie die anderen Schiffe der vereinigten Geschwader an dem Kampf um die Forts.“ Hierauf fragte Dillon, ob die Eröffnung des Feuers seitens der Forts nicht die Folge eines Ultimatums der Admirale gewesen sei. Der Parlamentssekretär Brodrick erwiderte, daß er hierüber nichts wisse, doch zweifele er nicht, daß die Admirale zuvor den Kommandanten der Forts irgend welche Mit⸗ theilungen hätten zugehen lassen, aber soweit die Regierung Kenntniß babe, hätten sie in völliger U bereinstimmung gehandelt. Auf die Aafrage Bartlett's, warum die Regierung die japanische Re⸗ gierung nicht ersucht habe, eine große Streitmacht zum Entsatze Pekings zu entsenden, erwiderte Brodrick⸗ „Wir haben mit allen Maͤchten einschließlich Japans in Verbindung gestanden, um diese zur schleunigen Entsendung von Truppen zu veranlassen, welche die Ausschreitungen in Peking unterdrücken sollten. Wir haben es der japanischen Regierung. vollständig klar gemacht, daß wir hofften, sie sei infolge der Nähe Japans in der Lage, innerbalb weniger Tage eine große Truppenmacht nach China zu werfen als Verstärkung der bereits ee beträchtlichen Kontingente. Diese Mittheilung an dte apanische Regierung ist vor einiger Zeit erfolgt.“ Auf die von Bartlett aufgeworfene Frage, ob irgend eine Macht Einspruch erhoben habe, bemerkte Brodrick: „Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß irgend eine andere Macht ihren Einfluß dahin geltend gemacht habe, die japanische Regierung davon abzuhalten, dieses Werk zu unterne men, wenn sie für dasselbe vorbereitet sei. Die Schwierigkeiten des Transports und die egenwärtigen Umstände machen es für eine Entsatztruppe äußerst schwierig, nach Peking vorzu⸗ dringen. Das aus sollte daran denken, daß die Lösung der vor⸗ liegenden Aufgabe nicht so einfach ist, als mnan es sich denkt. Die erste Nachricht von einer ernsten Krisis ging uns zu, ais am 20. Mai in einer Versammlung des diplomatischen Korps beschlossen wurde, daß, wenn die chinefisch Regierung nicht mehr Kraft zur Unter⸗ drückung der Unordnung zrige, es nöthig sein werde, um Wacht⸗ mannschaften nachzusuchen. Die Wachtmannschaften wurden ent⸗ sandt Wund am 6. Juni wurde Seymour und Mac⸗ donald die Vollmacht ertheilt, zu handeln, wie sie es für gut befinden. Seitdem haben wir folgende Maßregeln zur Zewältigung der Schwierigkeiten getroffen: Zunächst wurden ann Truppen von Hongkong aufgeboten und gelandet. Wir haben e t ungefähr 2000 Mann an Land, die mit den Truppen der übrigen Mächte eine Streitmacht von 13 500 Mann mit 53 Feldgeschützen und 36 Moximkanonen bilden. Wir haben jetzt in aku 9 und auf der chinesischen Station 25 weitere Schiffe. Ferner warden Schiffe von Manila und Singapore nach China beordert. Das Schlachtschiff „Goliath“ ist nach China entsandt und hat Aden passiert, ebenso haben die aus dem Mittelmeer kommenden Kreuzer erster Klasse „Duke“ und „Iris“ Aden passiert. Der „Argonaut“ hat die Heimath verlassen, und drei Schiffe sind von Australien nach China beordert worden; zwei Torpedobootzerstörer sind in ongkong in Dienst gestellt worden, zwei weitere Kanonenboote nd in Dienst gestellt, ein Kreuzer zweiter Klasse ist na⸗

Diese Streitmacht dürfte, soweit die 2 reicht und soweit es sich um den Schutz der isolierten Vertragshäfen, in denen Fremde wohnen, handelt, uns in den Stand setzen, alles aus⸗

haben wir 10 000 Mann von Indien beordert. Das Haus wir darin beistimmen, daß nichts versäumt wurde, um den der Lage zu entsprechen. Was den Rath Bowle’'g betrifft, die Vize⸗ Könige für die gegenwärtige Zeit als Regierung Chinas einzusetzen und 9 zu unterstützen, wenn sie es verlangen, so ist der letzte Theil dieses athschlages bereits ausgeführt. Wir können nicht entscheiden, was die Regierung Chinas ist, oder welchen Personen man die Regierung anvertrauen könnte. Macdonald ist daher angewiesen, jede chinesische Behörde zu unterstützen, die im stande ist, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Dies ist auch den Vtze⸗Königen im Süden bekannt gegeben worden, denen mitgetheilt worden ist, daß, so lange sie ihre Autorität zur Aufrechterhaltung des Friedens und der Ordnung gebrauchen, die britischen Schiffs⸗Offiziere mit ihnen zu⸗ sammenwirken wüͤrden, falls es für förderlich gehalten werde. muß unsere Aufmerksamkeit auf die Rettung der Gesandtsch die Aufrechterhaltung der Ordnung gerichtet werden. Die Fragen der Politik müssen beiseite gelassen werden, bis wir sehen, welchen Erfolg die nächsten Tage bringen werden, oder ob wir dem entgegen⸗ zutreten haben, daß ein Volk von 400 Millionen entweder im Bürgerkrieg oder wenigstens unbotmäßig gegen die Zentral⸗ regierung in Peking ist. Aber alle diese Punkte müssen zurückstehen, alle unsere Thatkraft muß darauf gerichtet werden, den augenblick⸗ lichen Anforderungen zu entsprechen. Das Haus wird auch der Meinung sein, daß, Wum den Forderungen Erstrebenswertheste ist, daß ein zwischen den Mächten herrscht. Unsere unausgesetzt darauf gerichtet. Bis jetzt hat vollkommenes Einvernehmen zwischen den Mächten hinsichtlich der zu unter⸗ nehmenden Schritte geherrscht. Frey sagte heute, unsere Sym⸗ pathie sei erweckt durch die Nachricht von dem Unglück, das Deutsch⸗ land betroffen. Jene Nachricht hat die Besorgniß wegen des Schick⸗ sals unseres Gesandten und der Anderen in Peking veinvoll erhöht. Das Rettungswerk ist dringend, und es würde behindert werden, wenn eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Mächten auf⸗ treten sollte. Wenn das Rettungswerk vollendet ist, dann haben wir das Vertrauen, daß die Mächte mit der Zeit sst. Maß⸗ nahmen so treffen werden, daß die Last auf die schuldigen Parteien fallen wird, und daß die britische Regierung alles thun wird, was in ihrer Macht steht, um das Einvernehmen über die Erfordernisse des gegenwärtigen Augenblicks hinaus zu wahren und ihren Einfluß in dem Konzert in der Richtung auszuüben, daß sie alles tbut, was in ihrer Macht steht, um alles, was einer Theilung Chinas gleichen könnte, zu vermeiden, die, wenn sie der Ausgang des gegenwärtigen Unheils wäre, ein Unglück für alle Betheiligten sein würde.“ Hierauf wurde der Antrag Morgan zurückgezogen.

Dem Khedive zu Ehren gab gestern der Lord⸗Mayor von London in der Guildhall ein Frühstück, an welchem der Prinz von Wales, die Herzoge von York und von gb der Premier⸗Minister Lord Salisbury und eine Anzahl von Mitgliedern des Parlaments theilnahmen. Der Khedive wurde auf seiner Fahrt nach der Gulldhall von einer zahlreichen Menge auf den Straßen herzlich begrüßt. Beim Eintreffen in der Guildhall wurde der hohe Gast von dem Mayor, den Sheriffs und Aldermen empfangen. In der 11 drückte der Mayor die Hoffnung aus, daß die reundschaftlichen Beziehungen zwischen Egypten und Großbritannien un⸗ vermindert weiterbestehen und die Handelsbeziehungen immer stärker werden möchten. Der Khedive antwortete, er hoffe, daß durch seinen Besuch die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Egypten und Großbritannien bestätigt würden. Bei dem Frühstück trank der Lord⸗Mayor auf das Wohl der Königin und des Khedive. Der Khedive sprach hierauf seinen Dank für die freundliche Aufnahme aus.

Frankreich. 8

Im Elysée fand, wie „W. T. B.“ meldet, gestern ein Ministerrath statt, in welchem der Minister des Aus⸗ wärtigen Delcassé eine in Shanghai vom 2. Juli Tuan und General Kangsi bemächtigten sich der höchste Gewalt, umzingelten mit ihren Truppen den Kaiserlichen Palast und gaben den Vize⸗Königen den Befehl, gegen die Ausländer die Feindseligkeiten zu eröffnen. Die Vize⸗Könige in Süd⸗ und Mittel⸗China weigern sich jedoch, diesen Befehlen nachzukommen.“ 2

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkamme erwiderte auf eine An rage bezüglich der chinesischen Angelegenheiten der Minister des Aeußern Delca 8

rankreich habe keinerlei Interesse an einer vaalles hinas und hege durchaus nicht Krieges mit China, düͤrfe sich aber Staatsangehörigen zu schützen und für sorgen, nicht entziehen. Frankreich wolle die Aufrechthaltung des status quo in China und habe keine heimlichen Ab⸗ sichten. Der Minister erklarte, er wüßte diesem Augenblick besondere Absichten hegen sollte. hitsänfame Gefahr schaffe für die Mächte eine gemeinsame Pflicht. Diese Ansicht werde von allen Mächten getheilt. Frankreich habe schon Schritte gethan, um das Einvernehmen der Mächte aufrecht zu halten, und werde in diesen seinen Bestrebungen fortfahren.

Der „Temps“ meldet, in Toulon würden unverzüglich zwei neue, für Taku bestimmte Batterien gebildet, und in Cher⸗ bourg, Brest und Rochefort werde ein neues Regiment Marine⸗ Infanterie formiert, um nach China entsandt zu werden. Gestern Abend ist der Transportdampfer „Colombo“ mit 825 Mann an Bord von Toulon nach China in See gegangen. .Auf dem Jenaplatze in Paris wurde gestern ein von amerikanischen Damen gestiftetes Denkmal Washington’s enthüllt. Der amerikanische Botschafter Porter und der Minister des Aeußern hielten Reden, in welchen sie Washington und die unerschütterliche Freundschaft Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika unter dem Beifall der Mesttheilnehmer feierten. Der Präsident Loubet und die Minister des Krieges und der Marine hatten Vertreter entsandt. h

vollkommenes Einvernehmen

bekannt gab, welche

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Nachdem der Kaiser im Mai vorigen Jahres dem Justiz⸗ Minister aufgetragen hatte, einen Gesetzentwurf über die Auf hebung der Verbannung nach Sibirien auszuarbeiten, wurde, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, der Entwurf vom Minister ferti gestellt und vom Reichsrath geprüft. Der endgültig festgestellte Gesetzentwurf ist nunmehr von dem Kaiser sanktioniert, und im „Regierungsboten“ sind gestern der Wortlaut des Ukases über die theilweise Auf⸗ hebung der Deportation sowie eingehende Ausführungs⸗ bestimmungen veröffentlicht worden.

Der Direktor des Departements für Handel und Mannfaktur, Geheimrath Kowalewsky wurde zum Gehilfen des Finanz⸗Ministers ernannt.

Der deutsche Botschafter Fürst von

der Lage in China statt. „W. T. B.“ ichtet über Verlauf der Sitzung, wie fol g 1g 6 i 8g

zuführen, was in dieser Hinsicht von uns verlangt wird. Ferner

nach St. Petersburg zurückgekehrt.

zu entsprechen, das

Anstrengungen waren

Depesche des französischen Konsuls besagt: „Prinz

den Wunsch eines der Pflicht, seine ihre Sicherheit zu

auch nicht, wer in Die

Rabdolin ist gestern 58

nach China in See gegangen.

vor kurzem neugewählt worden sind,

Der Deputirtenkammer legte gestern, dem „W. T. B.“ zufolge, der Schatz⸗Minister einen Gesetzentwurf, betreffend das Budgetprovisorium bis zum 31. Dezember d. J., vor. Nachdem die die Thronrede beantwortende dresse angenommen worden war, wurde die Sitzung geschlossen.

Von Neapel ist gestern der Panzerkreuzer „V. Pisani“

Belgien. Der Senat und die Repräsentantenkammer, welche traten gestern zu einer außerordentlichen Session zusammen. In beiden Häusern wurden Wahlprüfungen vorgenommen. Türkei.

Nach einer Meldung des Wiener „K. K. Telegr.⸗Korresp.⸗ Bureaus“ aus Konstantinopel überreichte der serbische Ge⸗ sandte Mijatowitsch gestern der Pforte eine Note, betreffend den Ueberfall durch Albanesen im Distrikt Gilan (s. Nr. 155 d. Bl.), wo die Ortschaft Moghile nicht Gilan selbst geplündert und mehrere Serben getödtet wurden. Der Gesandte protestiert in der Note gegen die Behauptung des Kaimakams von Gilan, daß die Mitglieder des Serbischen Comités Unruhen S wollten, und fordert eine amt⸗ liche Untersuchung der Vorfälle. 8

Der serbische Gesandte erhielt von seiner Regierung die Instruktion, die Verhandlungen mit der Pforte über den Abschluß einer provisorischen Zoll⸗Konvention sofort zu beginnen. 8 .

ie Pforte beschloß, die früher gewährte Frist von einem Monat zur Beibringung von Ursprungszeugnissen für fremde Einfuhrarkikel auf 1 ½ Monate zu ver⸗ längern; Postpackete sind hiervon befreit. Dänemark.

Der Kronprinz⸗Regent hielt gestern bei einem Fest⸗ mahl anläßlich der großen landwirthschaftlichen Ausstellung in Odense eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, ausführte: es wäre des Königs größte Freude, zu erleben, daß die politischen sich ausgleichen zum Wohle des Vaterlandes. Mit den neuen Ministern, die als gute Patrioten anzusehen seien, gedenke der König die Steuern, welche die Landwirthschaft treffen, möglichst zu vermindern, und hoffe, daß das ganze Volk damit einverstanden sei. „Wir wollen heute alle versprechen“, so schloß der Kronprinz, „jeder in seinem Kreise die Flammen zu verlöschen, welche allzu lange schon das Vaterland ver⸗ heeren.“

Amerika.

Aus New York meldet „W. T. B.“, daß der Präsident⸗ schafts⸗Kandidat Bryan in seiner Platform für ein Ver⸗ hältniß von 16 zu 1 zwischen Gold und Silber eintrete und erklärt habe, er werde dafür kämpfen, selbst wenn er allein stehen sollte. Die Führer der Partei suchten ihn jedoch zu bewegen, in eine weniger auffallende Planke in seiner Platform einzuwilligen.

Asien.

Von dem deutschen Konsul in Tschifu wird dem „W. T. B.“ zufolge gemeldet: „Der Dampfer der Fremden in Tientsin ist wieder umlagert und wird beschossen. Frauen und Kinder sollen fortgeschafft werden. Chinesische Truppen machten einen Vorstoß gegen die Eisenbahn, die Brücken sind zerstört, die Verbindung mit Taku zu Wasser ist aber auf⸗ rechterhalten. Die Missionsgebäude in Mukden sind verbrannt, viele einheimische Christen daselbst getödtet. Zwischen Mukden und Niutschwang ist die Eisenbahnbrücke demoliert.“

Ein von Sir Robert Hart aus Peking nach Tientsin entsandter Kurier brachte die Nachricht, daß am 25. v. M. mit Ausnahme der deutschen, der britischen und der italienischen alle Gesandtschaften in Peking zerstört und sämmtliche Diplo⸗ maten im Gebäͤude der britischen Gesandtschaft von chinesischen Truppen beschossen worden seien.

Nach einer in Washington eingetroffenen Meldung des Konsuls der Vereinigten Staaten in Shanghai wären am 27. Juni nur noch zwei Gesandtschaften in Peking unzerstört gewesen. Der Kaiser und die Kaiserin⸗Wittwe befänden sich im Palast als Gefangene, die Thore der Stadt seien geschlossen. Der Prinz Tuan und seine Boxer hätten S die Macht in der Hand, in den Straßen herrsche völlige Anarchie.

Londoner Blätter melden aus Shanghai: Berichte aus chinesischer Quelle besagten, daß an demselben age, an welchem der deutsche Gesandte Freiherr von Ketteler ermordet worden, noch zwei andere Gesandte getödtet worden seien. Man hege den größten Zweifel, daß in Peking noch irgend ein Ausländer am Leben sei. Aus denselben Quellen verlaute, daß das Missions⸗ hospital in Mukden niederzebrannt und die dortigen christ⸗ lichen Eingeborenen niedergemetzelt seien; die fremden Missionare seien nach Niutschwang geflüchtet. Eine Depesche der „Evening News“ aus Shanghai wiederholt das Gerücht von einem erneuten Kampfe um Tientsin und fügt hinzu, daß der britische Admiral Seymour verwundet sei.

Die Verluste, welche das Expeditionskorps bis zum 25. Juni erlitten hat, betragen nach einem Telegramm des Vize Admirals Alexejew an den russischen Kriegs⸗Minister: 4 Offiziere todt, 7 verwundet, 56 Mann todt, 190 verwundet.

Die Zahl der auf chinesischem Territorium gegenwärtig befindlichen Truppen der Mächte wird in amtlichen russischen Kreisen, dem „W. T. B.“ zufolge, auf insgesammt 16 000 Mann geschätzt, von denen 10 000 in Tientsin unter dem Kommando des russischen Generalmajors Stoessel ständen. Sobald Maßregeln zur Sicherung der Lage in Tientsin getroffen sein würden, werde ein

kheil der Truppen nach Peking abgehen. Die Wirren und 58 hauptsächlich innerhalb der Grenzen des eigentlichen In den Gebieten außerhalb der großen Mauer eien nur sporadische Ausbruche von Aufruhr vorgekommen. zas die mongolische Bevölkerung der Mandschurei betreffe, die mit den benachbarten Russen im Laufe der Jahrhunderte be⸗ kannt geworden sei, so fänden die Boxer für ihre auf⸗ rührerischen Bestrebungen dort keinen dankvaren Boden. Wenn in letzter Zeit kleine Räuberbanden auch versucht hätten, die mandschurische Eisenbahn zu zerstören, so sei denselben dies nicht gelungen. Sie seien zurückgeschlagen, es seien Maß⸗ nahmen zum Schutz von Leben und Eigenthum der Bevöl⸗ kerung getroffen worden, und die Möglichkeit sei jetzt vor⸗ handen, die Arbeiten am Bahnbau ungehindert fortzusetzen.

Der Konsul der Vereinigten Staaten in Canton meldet, wie „W. T. B.“ gus Washington erfährt, daß der Vize⸗König Li⸗Hung⸗Tschang ihm versichert habe, er werde

8

den Jahreshandel von 1899 darstellenden Werkes

sofort eine strenge Proklamation erlassen, welche die Aufrecht⸗ erhaltung von Frieden und Ordnung in seinen Provinzen an⸗ ordne, und er werde die nöthigen Maßnahmen treffen, um die Fremden soweit als möglich zu schützen. Die Meldung besagt ferner, daß Li⸗Hung⸗Tschang seine Truppen bedeutend vermehre.

Afrika.

Eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts aus Pretoria vom 2. Juli bestätigt, wie dem „W. T. B.“ aus London berichtet wird, daß der General Hunter den Vaalfluß überschritten hat. Bullers führende Brigade, heißt es in der Depesche weiter, hat Standerton verlassen und sich nach Grey⸗ lingstad begeben. Sowohl in Pretoria wie in Johannesburg würden mehrere Familien von Buren, die gegen die Briten kämpfen, von diefen unterhalten, einige dieser Familien seien völlig hilflos. In Heilbron, wo es an Nahrungsmitteln fehle, würden von einem Hilfscomité Kolonialwaaren, Fleisch u. s. w. vertheilt. Es seien orkehrungen getroffen worden, damit unter die Landleute der ihnen zu Saatzwecken nöthige Hafer vertheilt werde.

Eine ve väc des Feldmarschalls Lord Roberts vom gestrigen Tage besagt: Der General Hunter sei am 1. Juli mit feicgen Truppen in Frankfort angekommen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Macdonald’s Brigade habe sich dort

estern mit ihm vereinigt. Lord Methuen melde aus

aardekraal, auf dem Wege von Heilbron nach Kroonstad, daß er den Befehlshaber einer Streifpatrouille De Wet'’s und auch den Führer des Afrikanderbonds Wessels gefangen ge⸗ nommen habe.

Nach einer Meldung des Generals Buller aus Standerton vom gestrigen Tage hat der General C lery Greylingstad besetzt, ohne auf Widerstand zu stoßen; doch habe er vorher in kleinen Scharmützeln 4 oder 5 Mann verloren.

Aus St. Louis am Senegal wird der „Agence Havas“ gemeldet, daß 5 Mitglieder der von dem Pariser Blatte „Matin“ behufs Feststellung einer Sahara⸗Bahnlinie ent⸗ sandten Expedition Blanchet von Häuptlingen des Adrar⸗ gebietes gefangen genommen worden seien.

Statistik und Volkswirthschaft.

Auswärtiger Handel des Deutschen Zollgebiets 8 im Jahre 1899. % Das Kaiserliche Statistische Amt hat drei weitere Hefte des „Der Verkehr mit

den einzelnen Ländern in den Jahren 1899, 1898 und 1897(Band, 128 der „Statistik des Deutschen Reichs“; Verlag von Puttkamme Hu. Mühlbrecht, Berlin), nämlich die Hefte III: Oesterreich⸗Ungarn, X: Rußland⸗Finland und XIX: Britisch⸗Nord⸗Amerika und Vereinigte Staaten von Amerika, berausgegeben. Die Hefte enthalten eine karze Besprechung der Entwickelung des deutschen Handels mit diesen Ländern im letzten Jahrzehnt nebst dem Tabelleawerk. .

er Spezialhandel mit Oesterreich⸗Ungarn ergab 1899 einen Werth von 730,4 Mill Mark einschl. Edelmetalle in der Einfuhr, und von 466,0 Mill. Mark einschl. Edelmetalle in der Ausfuhr. Die Edelmetalle hatten in der Einfuhr einen Werth von 14,9, in der Ausfuhr von 16,1 Mill. Mark. Gegen 1898 nahm die Einfuhr 10,5 v. H., die Ausfuhr 27 v. H., einschl. Edelmetalle, und 14,1 v. H. und 5,5 v. H. ohne Edelmetalle zu.

Erster Einfuhrartikel ist Bau⸗ und Nutzholz, erster Ausfuhrartikel Steinkoblen, die aber doch geringeren Werth hatten, als die von Oesterreich eingeführten Braunkohlen. Der Spezlalbhandel mit Ruß⸗ land ergab 1899 mit Edelmetallen einen Werth von 701,7 Mill. Mark in der Einfuhr und von 306 6 Mill. Mark in der Ausfuhr. Die Edelmetalleinfuhr hatte einen Werth von 81 Mill. Mark, ihre Ausfuhr einen solchen von 71,5 Mill. Mark. Gegen 1898 ging die Einfuhr mit Edelmetallen 3,5 v. H. zurück, ohne dieselben 14,4 v. H. Die Ausfuhr ging mit Edelmetallen gegen 1898 um 3,2 v. H. zurück, wahrend der eigentliche Waarenverkehr um 19 v. H. stieg. An dem Einfuhr⸗ rückgang sind besonders Getreide, Bau⸗ und Nutzholz, an der Waaren⸗ ausfuhrsteigerung namentlich Maschinen betbeiligt. Der Spezial⸗ handel mit Britisch⸗Nordamerika belief sich 1899 auf 42 Mill. Mark in der Einfuhr und 23,7 Mill. Mark in der Ausfuhr, was einem Rückgang von 1,7 Mill. Mark in der Einfuhr und von 0,2 Mtll. Mark in der Ausfuhr gleichkommt.

Der Spezialhandel mit den Vereinigten Staaten von Amerika belief sich 1899 auf 907,2 Mill. Mark in der Einfuhr und auf 377,6 Mill. Mark in der Ausfuhr, einschließlich der Edel⸗ metalle. Der Edelmetallwerth betrug 13,4 Mill. tark in Ein., 0,1 Mill. Mark in Ausfuhr. Gegen 1898 stieg die Gesammt⸗ einfuhr 3,4 v. H., die Ausfuhr dagegen 12,8 v. H. Die Aus⸗ fuhr hat sich zwar von dem Rüchschlag seit der Einführung der amerikanischen Dingley⸗Bill etwas erholt, ist aber geringer als 1896. Immerhin ist sie stärker als in dem Jabrfünft 1891/95. Die vier hauptsächlichen Einfuhrartikel aus den Vereinigten Staaten: Baumwolle, Mai;, Weizen, Kupfer, haben einen höheren Wertb als die gesammte deutsche Ausfuhr dorthin. Der deutsche Haupt⸗Ausfuhrartikel: Rohzucker ging nach Menge und Werth zurück; er macht nicht ganz 10 v. H. des Ausfuhrwerths aus (36 4 von 377,6 Mill. Mark). 5 . e8 8 1

88 8 . Zur Arbeiterbewegung.

In dem Königlichen Braunkohlenbergwerk Habichtswald bei Cassel sind, wie die „Rbh.⸗Westf. Zig.“ vom gestrigen Tage berichtet, die Bergleute wegen Lohndifferenzen nicht angefa 1“

Technik.

Im Saale der Bürgergesellschaft zu Köln wurde am 2. d. M., Vormittags 9 8 Uhr, die 41. Haupt versammlung des „Vereins deutscher Ingenieure“ unter dem Vorsitz des Kommerzienraths Lemmer⸗Braunschweig eröffnet An Ehrengästen wohnten der Ver⸗ sammlung der Oder⸗Regierungsrath Finck als Vertreter des Regierungs effirasb der Bäürgermeister Scheidtweiler, der Eisenbahn⸗Direktions⸗Präsident Stieger, der Geheime Bau⸗ rath Stübben als Vertreter des Verbandes deutscher Architekten⸗ und Ingenieurvereine, der Ingenieur Berghausen als Vertreter des Gewerbevereins für Köln und Umgegend, Professor Lynen für die Technische Hochschule zu Aachen und Dr. Duisberg vom Verein deutscher Chemiker bei. Der Vorsitzende machte die Mit⸗ theilung von der Aufnahme des 15 000. Mitgliedes in der Person des Geheimen Kommerzienraths van der Zypen⸗Köln. Die Grashof⸗Denkmünze, eine Auszeichnung des Vereins für wissen⸗ schaftlich⸗technische Leistungen, wurde Herrn Sulzer Steiner, dem Inhaber der Dampfmaschinenfirma Gebrüder Sulzer in Winterthur, verliehen. Hierauf wurden zwei Vorträge gehalten.

Der Ingenieur Carl Schott⸗Köln sprach über „die Braun⸗ kohlenindustrie des Kölner Bezirks!. Die ganze sogenannte Kölner Bucht, die breite Ausmündung des Rheias in früheren Perioden, wird, so etwa führte der Vortragende aus, wahrscheinlich durch ein liegendes Braunkohlenflötz durchsetzt, das an den östlichen Rändern von Pützchen bis Berg.⸗Gladbach bekannt und des weiteren in der Rheinniederung durch Bohrungen bei. Kalk und Brühl festgestellt ist; auch die am westlichen Rande bei Langerwehe und Düren auftretenden Braunkohlen⸗Vorkommen ge⸗ hören wahrscheinlich demselben Horizont an. Nicht so ausgedehnt

siad die Ablagerungen des in derselben Tertiärschicht vorhandenen

hängen n, mächtigen Braunkohlen⸗Flötzes; dieselben beschränken sich vielmehr auf den Höhenzug des Vorgebirges, die Ville. Auf dem be⸗ eichneten Gebiete beginnt das abbauwürdige Vorkommen des Haupt⸗ söges in der Linie Weilerswist⸗Schwadorf im Süden und ee streckt sich n nord⸗nordwestlicher Richtung 25 km weit bis in die Höhe Berg⸗ Die Durchschnittsbreite ist rund 5 km. Bei einer Erstreckung von etwa 120 qkm und einer mittleren Mäͤchtigkeit von 30 m, berechnet Geheimer Rath Heusler⸗Bonn die vorhandene Braun⸗ kohlenmenge auf rund 3000 Mill. Tonnen. Selbst wenn die Förderun in nicht zu ferner Zeit auf 10 Mill. Tonnen jährlich steigen sollte, i deshalb immer noch ein Vorrath für 300 Jahre vorbanden. Der Abbau ee vorliegenden Verhältnissen (die Ueber⸗

heim⸗Stommeln.

beseitigt und mittels Lokomotivbahnen fortgeschafft. . des Wassers macht keine Schowierigkeiten, da nur an wenigen Stelle

eine künstliche Hebung durch Pumpen erforderlich ist. Die Gewin

nung der Kohle selber geschieht von kurzen Stollen aus, die in die feste Kohlenwand vorgetrieben werden. Die Unkosten der Kohlen⸗ förderung sind somit verhältmßmäßig sehr gering. Die meiste Braun

kohle wird unmittelbar zu Briquets verarbeitet, nach denen, da sie ohne Rauch und Ruß verbrennen, eine stets wachsende Nachfrage ist. Absatz an Briquets nach Holland und der Schweiz betrug 1899 146 000 t

dazu kommen noch etwa 20 000 t sonstiger Absatz im Auslande. . Lokalabsatz betrug im selben Jahre 110 000 t, der Absatz übrigen Deutschland 605 000 t. Im Ganzen war die Briquet⸗ erzeugung des vorigen Jahres rund 930 000 t; sie wird für das laufende Jahr auf 1 200 000 bis 1 300 000 t und für das nächste Jahr auf 1 ½ Millionen Tonnen geschätzt. Dem gegenüber ist der Absatz an Rohbraunkohle mit rund 500 000 t für das Jahr verhältniß⸗ mäßig niedrig. Diese Geringschätzung der Rohbraunkohle ist indeß sehr ungerechtfertigt. Die Kohle brennt glatt weg, erfordert nur geringe Bedienung von seiten des Heizers und schont die Kessel, da die scharfe Stichflamme der Steinkohle fehlt. Rechnet man bei Braunkohle auf einen etwas mebrals dreifachen Verbrauch gegenüber Steinkohle, so würde

bis zu einer Entfernung von 30 bis 40 km von den Gruben die

Rohbraunkohle sich billiger stellen, währeno in unmittelbarer Nähe der Gruben der Preis wenig mehr als die Hälfte des Stein⸗

kohlenpreises beträgt. Dazu kommt, daß es der Gasmotorenfabrik Deutz gelungen ist, unter Zufuhr erwärmter Luft ein Kraftgas aus Rohbraunkohle zu erzeugen, das dem bisherigen Generatorgas

nahezu gleichkommt. Somit können auch solche Industrien in der Nähe der Braunkohle vortheilhaft sich entwickeln, die für ihren Betrieb hohe Temperaturen gebrauchen, wie

Stahlschmelzöfen, Glashütten, Fabriken feuerfester Produkte u s. w. Der weitvorgeschrittene Bau großer Gasmotoren eröffnet Aussicht auf Errichtung großer, außerordentlich wirthschaftlich arbeitender Kraftgaszentralen in der Nähe der

Braunkohle; kurz, es dürfte zur Zeit keine Gegend in Deutschland 1 eben, wo man Energie unter günstigeren Bedingungen erhalten kann.

Das Thema des zweiten, von dem Ober⸗Ingenieur A. Wagener 8 von der „Deutschen Kraftgas⸗Gesellschaft“ in Berlin gehaltenen Vor⸗ trags lautete: „Beiträge zur Verwerthung der Kraft⸗ gase“. Nach einem einleitenden Hinweis auf die ernste Heachtung, die den Bestrebungen zur Verwerthung der Kraftgase gegen⸗ wärtig in den Fachkreisen fast aller Industriestaaten g. 8 wird, ging der Vortragende zum Bericht über eine Reihe von und Beobachtungen über, die er im Laufe der letzten vier Jahre an großen Hochofengasmotoren angestellt hat. Die ersten davon wurden an einer beim Hörder Bergwerks, und Hüttenverein versuchsweise aufgestellten Zweitaktgasmaschine System Oechelhaeuser u. Junkers, vorgenommen, die ursprünglich für Leucht⸗ gas eingerichtet war und nach Abänderung ihres normalen Arbeits⸗ vorganges mit Hörder Hochofengas betrieben wurde. Man erzielte dabei einen so befriedigenden Erfolg, daß das Hörder Werk die Erbauung einer großen elektrischen Licht⸗ und Kraftanlage in der Nähe seiner Hochöfen beschloß, für die zunächst 4 Zoillings⸗ maschinen voa je 600 PS effektiver in Aussicht genommen wurden. Von diesen neuen Oechelhaenser⸗Motoren, die auf Grund der an der Versuchsmaschine gewonnenen Erfahrungen von deren Er⸗ bauerin, der Berlin⸗Anhaltischen Maschinenbau⸗Attien⸗Gesellschaft in Dessau, entworfen wurden, kam der erste im Frühjahr 1898 in Betrieb. Der Vortragende ließ dann den Bericht über eine Reihe voa Schwierigkeiten folgen, die anfänglich bei der Durchführung des neuen Unternehmens zu überwinden waren. Hierbei wurde vor allem der Oberleitung und den in der genannten Anlage thätigen technischen Bramten des Hörder Werkes warme Anerkennung gezollt für den Eifer und die hervorragende Sachkenntniß in der Unterstützung der die Gasmaschinen ausführenden Fabrik, wo⸗ durch sich der Hoͤrder Bergwerks⸗ und Hüttenverein ein unvergäng⸗ liches Verdienft erworben habe. Er erwähnte ferner, daß gegenwärtig zwei Motoren des vorher genannten Systems von je 600 PsS in Hörde im Betrieb und ein dritter in der Aufstellung sich befinde. Der Vortragende ging dann zu einer Schilderung der seitens der zur Zeit führenden Gasmotorfabriken neuerdings errungenen namhaften Erfolge auf diesem Gebiete über, wodurch die vüöe Verwend⸗ barkeit von Gasmotoren im Großbetriebe vollkräftig erwiesen sei. Daran schloß er noch eine Betrachtung über den umwälzenden Einfluß, den die Verwendung armer Gase auf die Entwickelung des Gas⸗ motorenbaues ausgeübt hat, und zog zum Schluß aus dem Vorher⸗ gehenden die Folgerung, daß gerade die Gase mit geringem Heizwerth ganz besonders zur vortheilhaften Ausnutzung in der Gasmaschine geeignet seien, und daß der letzteren Verwendung in Verbindung mit großen Gasgeneratoren in der Folge der Industrie eine große Fülle neuer und ganz erheblichen Gewinn versprechender Aufgaben darbiete.

Am Nachmittag fand im großen Saale des Gürzenich ein Fest⸗ mahl statt, an e2, Ngs. etwa 700 Personen, darunter jahlreiche Ver⸗ treter staatlicher und städtischer Behörden, theilnahmen. 8

Die gestrige zweite Sitzung war den Geschäften des Vereins gewidmet. In den Vorstand des Vereins Deutscher Ingenieure für die Jahre 1901 und 1902 wurden die Hrigs Geheimer Marine⸗Baurath Veith (Kiel), Professor von Lossow (München) und General⸗Direktor Nimax (Rans⸗ bach) gewählt. Ueber eine Reihe wurde Bericht erstattet, so über die 2 vollendeten Normalien zu Rohrleitungen für hohen Dampfdruck, über die Vertretung auf der Weltausstellung zu Paris, wo der Verein innerhalb der Ausstellung auf dem Marsfelde ein eigenes Bureau hat, und über die Vorarbeiten zur Herausgabe eines umfassenden internationalen technischen Wörterbuches. Für die Be amten des Vereins wurde eine Pensionskasse in Anlehnung an staat liche und kommunale Vorbilder gegründet. Als Ort für die Haupt versammlung des nächsten Jahres wurde Kiel bestimmt.

Mit der Verlesung eines Huldigungs⸗Telegramms an Sein Majestät den Kaiser wurde alsdann die 41. auptversammlung geschlossen. Für den heutigen Tag war noch ein Ausflug nach Bonn und dem Siebengebirge in Aussicht genommen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßzregeln. Niederlande. Der „Niederländische Staatscourant“ vom 1. und 2 Juli d. J., Nr. 151, enthält zwei Bekanntmachungen des niederländischen Ministerés des Innern vom 29. hezw. 30. v. M., wonach Smyrna und 1 Rio de Janeiro für pestverseucht erklärt werden. Die Beobachtungsfrist für verdächtige Schiffe ist in beiden Fällen auf 10 Tage festgesetzt worden. *

Verkehrs⸗Anstalten.

Köln, 4. Juli. (W. T. B.) Die zweite Post von London über Ostende vom 3. Juli hak in Köln den An⸗

ferner die

wichtiger Vereinsangelegenheiten nach Arbeit

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schluß an Zug 31 nach Berlin über & vev. wegen t 5

verspätung in England und widriger See ni

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