Königreich Prenßen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: nach Veräußerung des Gräflich von Voß⸗Buch'schen Buch, im Kceise Nieder⸗Barnim, die Unter⸗ age des Grafenstandes des Grafen George Anton Hugo Richard von Voß⸗Buch und seiner Rechtsnachfolger auf das setanans Dölzig, im Kreise Soldin, zu übertragen, wonach ich dieselben rinlighin des Namens „Graf von Voß⸗ Doelzig“ zu bedienen haben.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Regierungs⸗ und Baurath, Geheimen Baurath Wellmann in Stralsund die nachgesuchte Entlassung aus dem Staatsdienst mit Pension zu ertheilen und den Hafen⸗Bauinspektor Reiße in Pillau zum Regierungs⸗ und Baurath zu ernennen. 14A“
Ministerium der zffentlichen Arbeiten.
Der Regierungs⸗ und Baurath Reiße ist der Königlichen Regierung in Stralsund überwiesen,
der Wasser⸗Bauinspektor Nakonz in Pillau zum Hafen⸗ Bauinspektor daselbst und der Land⸗Bauinspektor Leithold in Koblenz zum Kreis⸗Bauinspektor daselbst ernannt,
der Kreis⸗Bauinspektor, Baurath Henderichs in Koblenz als Land⸗Bauinspektor der dortigen Königlichen Regierung überwiesen worden.
Versetzt sind:
der Maschinen⸗Bauinspektor Martschinowski von Gr. Plehnendorf nach Breslau und der Maschinen⸗Bauinspektor Meiners von Breslau nach Gr. Plehnendorf, En der Wasser⸗Bauinspektor Kieseritzky von Berlin nach Stralsund,
der Wasser⸗Bauinspektor Flebbe von Danzig nach Berlin, in das technische Bureau der Bauabtheilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten,
der Wasser⸗Bauinspektor Richter von Danzig nach Lüneburg, üc der Wasser⸗Bauinspektor Taut von Münster i. W. nach
anzig,
der Wasser⸗Bauinspektor Reichelt von Frankfurt a. O. nach Köpenick,
der Kreis⸗Bauinspektor Gaedcke von Verden nach Neisse und
der Kreis⸗Bauinspektor Geick von Elbing als Land⸗Bau⸗ inspektor an die Königliche Regierung in Posen.
Der Kreis⸗Bauinspektor, Baurath Nienburg in Norden ist in den Ruhestand getreten. ö““ Kriegs⸗Minist erium. Bekanntmachung, 8 betreffend die Eröffnung eines Reichsbank⸗Giro⸗ kontos für die General⸗Militärkasse. Die General⸗Militärkasse ist dem Reichsbank⸗Giroverkehr unter den dafür geltenden allgemeinen Bedingungen mit der Maßgabe angeschlossen, daß von jetzt ab Jedermann befugt ist, ei den Reichsbank⸗Hauptstellen und den Reichsbankstellen ge⸗ bührenfrei Einzahlungen auf das Girokonto der General⸗ Militärkasse zu leisten. Von jeder Einzahlung ist der General⸗ Militärkasse seitens des Einzahlers unter eventueller Angabe des Zahlungspflichtigen sofort Mittheilung zu machen. er Geldverkehr der Reichsbank⸗Girokunden mit der General⸗Militärkasse ist von jetzt ab aueschließlich im Giro⸗ wege zu bewirken. Soweit die mit der General⸗Militärkasse in unmittelbarer Abrechnung stehenden Reichs⸗ und Landes⸗ Sükahhe dem Reichsbank⸗Giroverkehr angeschlossen sind, er⸗
olgen die Geldausgleichungen zwischen ihnen und der General⸗ ilitärkasse durch Uebertragung von Girokonto auf Girokonto mittels rother Schecks.
Im Verkehr der General⸗Militärkasse mit den in Berlin befindlichen, dem Giroverkehr beigetretenen Kassen und anderen Feeenr bleibt die Verwendung weißer Schecks ausge⸗
gFlossen.
Berlin, den 30. Juni 1900.
Der Kriegs⸗Minister. In Vertretung: von Viebahn.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. .
Bekanntmachung.
shar Abhaltung der durch die allgemeine Verfügung vom 1. Mai 1894 eingeführten wissenschaftlichen Prüfung der Lehrerinnen habe ich Termin auf Dienstag, den 18. Dezember d. J, Vormittags 9 Uhr, im Gebäude der hiesigen Augustaschule, Kleinbeerenstraße Nr. 16/19, an⸗ eraumt.
Die Meldungen zu dieser Prüfung sind spätestens bis um 18. September d. J., und zwar seitens der im Lehramt sebeben Bewerberinnen durch die vorgesetzte Dienstbehörde, eitens anderer Bewerberinnen unmittelbar an mich einzureichen.
Ich mache noch besonders darauf aufmerksam, daß der Meldung ein selbstgeschriebener Lebenslauf sowie die Zeugnisse über die bestandenen Prüfungen, über die bisherige Lehrthätig⸗ keit, über sittliche Unbescholtenheit und über die körperliche Befähigung zur Ausübung des Lehrberufes beizufügen sind, auch die Bewerberinnen die Fächer zu bezeichnen haben, in welchen sie die Prüfung abzulegen wuünschen. 8
Berlin, den 4. Juli 1900.
Der Minister istlich ts⸗ und Medizinal⸗A “ Im Auftrage:
Der bisherige Privatdozent in der philosophischen Fakultät der Friedrich Wilhelms⸗Universität zu Berlin, Professor Dr. Hermann Thoms ist zum außerordentlichen Professor in derselben Fakultät ernannt worden.
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Bei dem Ministerium des Innern sind die Ge Kanzlei⸗Assistenten Zeisig und Hameyer zu Ge⸗ Kanzlei⸗Sekretären ernannt worden.
eimen eimen
8
Abgereist: 1 S cellenz der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel, mit Urlaub; Seine Excellenz der Präsident des Evangelischen Ober⸗
Kirchenraths, Wirkliche Geheine Rath D. Dr. Bark⸗ hausen, nach Westpreußen;
der Ministerial⸗Direktor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungsrath Kirchhoff, mit mehrwöchigem Urlaub.
Angekomm
Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten Dr. Studt, aus der Provinz Schlesien.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 9. Juli.
Seine Majestät der Kaiser und König arbeiteten, wie „W. T. B.“ aus Kiel meldet, am Sonnabend Nachmittag mit dem Vertreter des Auswärtigen Amts, Botschafter Fürsten zu Eulenburg und erledigten später Regierungs⸗ geschäfte.
Gestern früh fand auf der Nacht Gottes⸗ dienst und sodann eine Besichtigung der Besatzung durch Seine Majestät den Kaiser statt. Vormittags um 11 ½¼ Uhr begaben Sich Seine Majestät zur Verabschiedung der fcde und Mannschaften der nach Ost⸗Asien bestimmten Geschwader⸗ Division auf das Flaggschiff „Kurfürst Friedrich Wilhelm“. Mittags nahmen Seine Ie an Bord der YNacht „Hohen⸗ zollern“ den Vortrag des Botschafters Fürsten zu Eulenburg entgegen.
Der in der Frühe des 7. Juli aus Amt und Leben ab⸗ berufene Präsident des Oberlandesgerichts zu Hamm, Staats⸗ Minister D. Dr. Adalbert Falk war als Sohn eines evan⸗ gelischen Geistlichen 1827 zu Metschkau (Kreis Striegau) in der Provinz Schlesien geboren. Kaum zwanzig⸗ jährig in den preußischen Zustizdienst eingetreten, gehörte er demselben bis 1872 und seit 1882 ununterbrochen an. Im Jahre 1853 wurde er zum Staats⸗ anwalt in Lyck ernannt, 1861 in gleicher Eigenschaft an das Kammergericht versetzt, 1862 trat er als Rath an das Appellationsgericht in Glogauuͤber, 1868 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Justizrath und vortragenden Rath im Justiz⸗ Ministerium, 1871 seine Ernennung zum Geheimen Ober⸗Justiz⸗ rath. Am 22. Januar 1872 zum Staats⸗Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts. und Medizinal⸗Angelegenheiten berufen, verblieb er in dieser Stellung, bis er im Juli 1879 die er⸗ betene Dienstentlassung erhielt. 1882 wurde er zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu Hamm ernannt. Seinem Wirken in diesem Amte hat erst der Tod ein Ziel gesetzt.
In der Leitung des Kultus⸗Ministeriums wie in seiner ganzen früheren und späteren Amtswirksamkeit hat der Dahin⸗ gegangene seine hohe geistige Begabung und seine hervor⸗ ragende Arbeitskraft unverkürzt in den Dienst der ihm an⸗ vertrauten staatlichen Aufgaben gestellt. Was er für recht erkannt hatte, suchte er mit unerschütterlicher Folgerichtigkeit durchzuführen. Mit der Klarheit juristischen Denkens und der ruhigen Sicherheit des Urtheils paarten sich organisatorisches Geschick und Schlagfertigkeit des Wortes. Vor allem aber waren es tiefer sittlicher Eenst und mannhafter Ueberzeugungs⸗ muth, die seiner Persönlichkeit das Gepräge gaben und ihm selbst in den Kreisen der Gegner Achtung errangen. Im amt⸗ lichen Verkehr zeichneten ihn ein unversiegliches Wohlwollen, in allem seinem Thun eine seltene Lauterkeit der Ge⸗ sinnung aus.
So lebt er in der Geschichte Preußens als der Vertreter einer bedeutungsvollen Epoche unseres geistigen und kirchlichen Lebens, zugleich aber als ein leuchtendes Vorbild preußischer Beamtentugend und edler Menschlichkeit.
h 1 Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld⸗Köfering ist nach Berlin vr.as1 und hat die G. schäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische “ Rath Dr. Fischer hat sich mit Urlaub nach Karlsbad egeben.
Der Vize⸗Präsident des Rechnungshofes des Deutschen Reichs Ehrhardt ist von Potsdam nach Harzburg abgereist.
Kiel, 9. Juli. An Bord des Linienschiffs „Kurfürst Friedrich Wilhelm“, des Flaggschiffs der ersien Division des ersten Geschwaders, die nach Ost⸗Asien bestimmt ist, fand, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Morgen ein Gottesdienst statt, an dem auch die Damen der Offiziere des Geschwaders theil⸗ nehmen durften. Seine Majestät der Kaiser begab Sich in Begleitung des Botschafters Fürsten zu Eulenburg, des Chefs des Marinekabinets, Vize⸗Admirals Ffeiherm von Senden⸗ Bibran und des Flügel⸗Adjutanten Grumme um 11 ¼ Uhr von der Nach „Hohenzollern“ in einer Rudergigg an Bord des Flaggschiffs, wo die Standarte gehißt und Präsentiermarsch geschlagen wurde. Auf dem Achterdeck hatte das Offizierkorpz des Geschwaders Aufstellung genommen, an der Spitze der Admiral von Köster, der Vize⸗Admiral Hoffmann und der Kontre⸗Admiral Geißler. Seine Majestät der Kaiser ließ Sich die Offiziere vorstellen und hielt eine Ansprache an dieselben. Hierauf nahmen die Mannschaften des „Kurfürst Friedrich Wilhelm“ auf dem Achterdeck Auf⸗ stellung. Seine Majestät hielt an 88 ebenfalls eine Ansprache. Kontre⸗Admiral Geißler dankte und 9 drei Hutrahs auf Seine Majestät den Kaiser aus. Seine Majestät verweilte noch kurze Zeit auf dem Schiff und kehrte alsdann unter Salutschüssen nach der Nacht „Hohenzollern“ zurück. — Heute Vormittag 9 ½ Uhr hat die erste Division des ersten Geschwaders die Ausreise angetreten. Die Fahrt geht zunächst durch den Kaiser Wilhelm⸗Kanal nach Wilhelmshaven, von wo nach kurzem Aufenthalt die Weiterreise nach Ost⸗Asien erfolgt. 8 5— 8
Bayern. Seine Königliche Hoheit der Prinz Joachim Albrech
von Preußen ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern früh in
München eingetroffen, um als Vertreter Seiner Majestät des Kaisers und Königs an der Hochzeitsfeier Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen Rupprecht und der Herzogin Marie Gabriele in Bayern theilzunehmen. Zum Emp eng auf dem Bahnhof waren Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Luitpold, alle in München weilenden Prinzen, der preußische Gesandte mit den Herren der Gesandtschaft, die Minister Freiherr von Crailsheim und von Asch erschienen. Auf dem hatte eine Ehrenkompagnie mit Fabn⸗ und Musik Aufstellung genommen. Nach herzlichster Begrüßung begab sich der Prinz Joachim Albrecht mit dem Prinz⸗Regenten in offenem vierspännigen Hofwagen, eskortiert von einer Schwadron der schweren Reiter, unter den Hoch⸗ rufen des zahlreichen Publikums nach der Residenz.
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finden Seiner Majestät des Königs dauert fort; Allerhöchst⸗ derselbe unternahm am Sonnabend eine kurze Promenade zu Wagen im Großen Garten.
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Großbritannien und Irland.
Die Reichsregierung nahm nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ das Anerbieten der australischen Kolonie Victoria, ein Marine⸗Kontingent zum Dienst nach China zu entsenden, sowie das Anerbieten der Dienste des Kanonenboots „Protector“ von seiten Süd⸗ Australiens an.
Frankreich.
Der Präsident der Republik Loubet empfing, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend den General Dodds, welchem der Oberbefehl über die nach China beorderten Land⸗ truppen übertragen worden ist und der unverzüglich ab⸗ reisen wird.
Sechshundert Mann, welche das erste nach China zu ent⸗ sendende Marschbataillon bilden, sind mit etwa hundert Unter⸗ offizieren und Kanonieren der Marine⸗Artillerie vorgestern von Brest nach Toulon abgegangen, um sich von dort nach China zu begeben. Die Menge begrüßte sie lebhaft und begleitete sie bis zum Bahnhof. Der kommandierende General richtete an sie eine Ansprache.
Der Kreuzer „Chasseloup Laubat“ hat in Cher⸗ bourg seinen Proviant vervollständigt und geht unverzüglich nach China ab. Eine zweite Abtheilung Artilleristen begiebt sich ebenfalls von dort nach China.
Die Deputirtenkammer genehmigte am Sonnabend die Vorlage, ducch welche gemäß dem mit Brasilien abge⸗ schlossenen Uebereinkommen der Einfuhrzoll auf Kaffee um 20 Francs ermäßigt wird, sowie Anträge, die bezwecken, dem Darniederliegen des Getreidemarkts durch Schaffung von Finfuhr⸗ Gutscheinen aufzuhelfen. — In Beantwortung einer Anfrage über die chinesische Angelegenheit führte sodann der Minister des Aeußern Delcassé aus, Japan habe ausdrücklich seine Bereitwilligkeit ausgesprochen, mit den Mächten Hand in Hand zu gehen und nichts ohne dieselben zu thun. Frank⸗ reich habe Japan mitgetheilt, daß es mit Freude Japan seine Bemühungen der gemeinsamen Sache widmen sehen würde. Zur Frage des Kriegszustandes bemerkte Delcassé: wem solle man denn den Krieg erklären? Die Kaiser⸗ liche Regierung scheine weggefegt zu sein oder befinde sich in der Gefangenschaft der Meuterer, und die Vize⸗Könige schienen den Führern des Aufstandes nicht zu gehorchen. Delcassé wies hierauf auf die Gefahren hin, welche eine offizielle Kriegserklärung für die Europäer in China haben würde. Andererseits könne die Kriegserklärung nicht ein isolierter Akt einer Macht sein, und Frankreich habe keinen Grund, eine Initiative hierin zu ergreifen, welche glauben machen könnte, es habe hierbei besondere Hintergedanken, die aber nicht existierten. Was das Schicksal der Gesandtschaften in Peking betreffe, so sei keinerlei amtliche Mittheilung eingetroffen. Delcassb erinnerte an die Devpesche des französischen Konsuls in Shanghai, welche die Ermordung des deutschen Gesandten in Peking bestätige, und sagte, man müsse sich in Hochachtung neigen vor diesen Opfer seiner Pflichttreue. Hierauf erwähnte Delcassé eine Depesche, aus der hervorgehe, daß am 25. Juni der französische Gesandte und seine Gemahlin noch am Leben gewesen seien, hob Pichon’s Verhalten rühmend hervor, sprach sodann von dem Entsatz⸗ versuche Seymour’s und sagte, die militärischen Führer hätten jetzt erklärt, nicht vorrücken zu können, bevor sie enügende Verstärkungen erhalten hätten. Man hätte in Pekin ebenso handeln müssen wie in Yünnan, und er habe selbst 8 dieser Beziehung den Mächten Vorstellungen gemacht, aber die Lage habe sich jetzt geändert. Die Regierung sei durch einen Aufstand beseitigt worden, einen Aufstand, der nur der Gewalt weichen werde, und diese Gewalt anzuwenden, darum handle es sich. 4000 Franzosen seien bereits abgegangen, weitere 4000 würden vor dem 20. Jult abgehen, andere würden je nach Bedarf folgen. Zu⸗ nächst müßten in Cochinchina die nach Taku entsandten Truppen ersetzt werden, auch seien Maßregeln getroffen worden, damit die Flotte in China in einer Frankreich würdigen Weise vertrelen sei. Frankreich beabsichtige nicht, irgend eines seiner Rechte aufzugeben, aber diese Rechte könnten gegenwärtig nicht von den Rechten der anderen Mächte getrennt werden. Delcassé betonte nochmals die Noth⸗ wendigkeit eines einigen Vorgehens der Mächte und erklärte, daß diese Einigkeit bestehe. Der Minister schloß mit der Bitte, die Kammer möge der Regierung freie Hand lassen, unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit zu handeln; seiger Zeit werde die Regierung die Kammer er⸗ uchen, sie von ihrer Verantwortlichkeit zu entbinden. Hierauf nahm die Kammer eine Vorlage an, nach welcher den
französischen Staatsangehörigen, die sich in China hervorgethan
haben, besondere Auszeichnungen verliehen werden sollen.
Rußzland.
ʒDer Kaiser ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ am Sonnabend in Cholm, Gouvernement Ljutlin, eingetroffen, wo gestern die Feier des 2-8 8848 Jubiläums des Moskauischen Leib⸗Regiments Nr. 65 stattfand. Der Kaiser wohnte am Vormittag der Feier auf dem Platz vor den Kasernen bei, auf welchem vor der Abhaltung des Fest⸗ gottesdienstes der Regiments⸗Kommandeur dem Regiment
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ein Gnade schreiben des Kaisers verlas. Alsdann überreichte Seine Majestät dem Fahnenträger eine neue Fahne, worauf das Regiment den Treuschwur leistete. Nach dem Gottesdienst defilierte das Regiment im Parademarsch vor dem Kaiser. Nach der Speisung der Mannschaften, bei welcher der Kaiser auf das Wohl des Regiments trank, fand im Offizierskasino ein Frühstück statt, an welchem Allerhöchstderselbe theilnahm. Am Nachmittag hielt der Kaiser eine Truppenrevue ab.
In St. Petersburg fand gestern die Feier des weihundertjährigen Jubiläums des Wyborgschen afenageie „Regiments statt, dessen Chef Seine
ajestät der Deutsche Kaiser um 11 Uhr Vormittags hatte, wie das genannte Bureau berichtet, das Regiment auf dem Platze vor der E“ in Parade⸗Uniform in einem offenen Viereck Aufstellung ge⸗ nommen. Bald darauf trat der deutsche Botschafter Fürst von Radolin, der Oberst und I.. im preußischen Großen Generalstab Graf YNork von Wartenburg, der Militär⸗Attaché, Major Lauenstein und die anderen Mitglieder der deutschen Botschaft ein. Nunmehr schritt der komman⸗ dierende General des I. Armee⸗Korps, Baron Meyendorff, die Front unter den Klängen des Regimentsmarsches ab. Hierauf 29 verbunden mit einem Feldgottesdienst, die Einweihung der von dem Kaiser von Rußland verliehenen neuen Regiments⸗ ahne statt, welche der Regiments⸗Kommandeur, Oberst von
ecker, knieend und die Fahnenstange grüßend von dem kom⸗ mandierenden General in Empfang nahm. Am Nachmittag 1 bereits die feierliche Nagelung der von dem Deutschen aiser verliehenen Fahnenbänder stattgefunden. Nach der Beendigung der kirchlichen Feier brachte der kommandierende General Baron Meyendorff ein Hoch auf den Kaiser von Rußland und auf den Deutschen Kaiser aus, welches unter den Klängen der beiden Nationalhymnen brausend über den weiten, von den Volksmassen dicht besetzten Platz schallte. Der Oberst Graf York von Wartenburg trat sodann vor die Front und überreichte ein Allerhöchstes Handschreiben des Deutschen Kaisers an den Regiments⸗Komman⸗ deur, in welchem dem Regiment die herzlichsten Wünsche des Hohen Regimentschefs in russischer Sprache ausgesprochen wer⸗ den. Der Regiments⸗Kommandeur, Oberst von Becker verlas darauf die huldvollen Glückwünsche des Hohen Regimentschefs und brachte ein Hurrah auf Allerhöchstdenselben aus, wobei die Kapelle „Heil Dir im Siegerkranz!“ intonierte. Ein Parademars des Regiments schloß diesen Theil der Fbe eier ab. Na der Rückkehr in die Kaserne versammelten sich die Unteroffiziere und Mannschaften zu einem Festessen, welches auf dem von dem Kaiser von Rußland jedem Einzelnen zur Erinnerung an das Jubelfest nebst einem Becher geschenkten Teller mit dem Namenszug und den Jubeljahrzahlen 1700 — 1900 eingenommen wurde. Der kommandierende General, der -e 2ö.enn der Oberst Graf York von Warten⸗ burg, der Major Lauenstein und die anderen Herren wohnten der Speisung bei, während der Baron Meyendorff wiederum der beiden Kaiser in zündenden Worten gedachte. Der Oberst von Becker bat hierauf die Gäste des Regiments, mit dem Ofsizier⸗Korps das Frühstück einnehmen zu wollen, welches in der geschmackvoll mit Flaggen und Blumenarrangements geschmückten Reitbahn der Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Brigade serviert wurde. Die Eintretenden erblickten vor sich in einem Blumen⸗ schmuck die Büsten der beiden Kaiser und ein verhülltes großes Bild. Als die Gäste versammelt waren, trat der Major Lauenstein mit dem Obersten von Becker vor das Bild und über⸗ gab dasselbe im Auftrage des Deutschen Kaisers unter all⸗ gemeiner Spannung der Anwesenden dem Regiments⸗Komman⸗ deur, welcher, nachdem die Hülle gefallen war, auf den Hohen Regiments⸗Chef ein Hurrah ausbrachte, worauf die Kapelle das „Heil Dir im Siegerkranz“ spielte. Das vorzüglich aus⸗ geführte lebensgroße Bild stellt Seine Majestät den Deutschen Kaiser in der Uniform Seines Wyborgschen Regiments mit dem Bande des Andreas⸗Ordens dar. Inzwischen hatten sich dem Regiments⸗Kommandeur Deputationen zahlreicher Regimenter genähert, welche, ebenso wie die Deputationen der Städte St. Petersburg und Nischni⸗Nomwgorod, dem Jubelregiment Glückwünsche und werthvolle, künstlerisch ausgeführte Geschenke überreichten. Alsdann folgte ein Frühstück, bei welchem der kommandierende General die offiziellen Toaste auf die beiden Kaiser, der deutsche Botschafter in russischer Sprache den Toast auf das ZJubelregiment ausbrachte und der Oberst von Becker in begeisterten Worten der Kameraden der deutschen Armee und ihrer an⸗ wesenden beiden Vertreter, des Grafen York von Wartenburg und des Majors Lauenstein, gedachte. Als der Regiments⸗ Kommandeur geendet hatte, erhob sich der Oberst Graf Lerk von Wartenburg zu folgender Ansprache in russischer Sprache: „Gestatten Sie mir, Herr Oberst, Ihnen auch im Namen meines Kameraden, des Majors Lauen⸗ stein, zu danken für die freundlichen Worte, mit denen Sie uns empfangen haben. Wir haben uns sehr gefreut, als wir erfuhren, daß unser Kaiser uns der Ehre gewürdigt hat, Seinem Wybvorgschen Regiment Sein Porträt und Seine herzlichsten Glückwünsche zu überbringen. Der freundliche Empfang, den Sie uns bereitet haben, wird von uns hoch geschätzt, und wir erwidern Ihnen mit denselben kameradschaftlichen Gefühlen. In diesem Augenblick wissen wir die alte Freundschaft zwischen der russischen und der deutschen Armee doppelt zu schätzen, da unsere Soldaten erade jetzt unter dem Befehl eines russischen Generals im Finnäcgen Feuer gestanden haben. Wir waren froh und tolz, als wir in der Depesche des Generals Stoessel lasen,
daß unsere Soldaten 1a2 Lob erworben haben, denn wir i
wissen, daß ein russischer General stets ein kompetenter Beurtheiler der militärischen Tapferkeit und ein gerechter, unparteiischer Richter über alle militärischen Eigenschaften ist. (An dieser Stelle der Rede brachen alle Anwesenden in nicht endenwollende Hoch⸗ und Dankesrufe aus.) So trinken wir,“ schloß Graf York von Wartenburg, „Major Lauenstein und ich, auf das Wohl der Spitzen der russischen Armee, auf alle russischen Generale und Offiziere, ve r. . e⸗ auf die hier anwesenden Chefs, den Regiments⸗Kommandeur und die Offiziere des ruhmreichen Wyborgschen Regiments. Sie leben hoch! Hurrah!“ Der Toast wurde enthusiastisch auf⸗ genommen. Das Fest, bei welchem die deutschen Gäste auch im weiteren Verlaufe Gegenstand wiederholter allseitiger A der russischen Kameraden waren, die in liebenswuürdigster Weise das Gastrecht ausübten, verlief in animiertester Stimmung.
Der Prinz Kanin von Japan traf gestern in St. Ferraburg e dem Bahnhof von g Gga.
gen Alex exandrowitsch empfangen. Der Prinz eg im Winterpalais ab.
Italien. “ „Die Deputirtenkammer setzte in ihrer vorge rigen Sitzung die Berathung des Sn 89 Der Deputirte Prinetti, führte nach dem Bericht des „W. T. B.“, aus, Italien müsse die Hinschlachtung seiner Söhne rächen. Die chinesische Frage sei so ernst, daß sie eine Rückwirkung auf Europa ausüben werde. Italien dürfe dabei nicht interesselos bleiben. Sonnino meinte, Italien habe kein Interesse an der Zerstückelung Chinas, aber es müsse sich nach Maßgabe seiner Kräfte zusammen mit den anderen Mächten an der Wiederherstellung der Ordnung in China betheiligen, welche die Einsetzung einer zivili⸗ sierten Regierung und die Sccherung einer gerechten Genug⸗ Hhuung für die geschehene Unbill bezwecke. Der Minister⸗
räfident Saracco erklärte, Liberale und Konservative hätten die heilige Pflicht, sich zu einigen. Was die chinesische rage angehe, so seien die Gerüchte über die von der
egierung angeordneten Maßnahmen sehr übertrieben. Die Regierung habe Vorbereitungen zur Entsendung von Truppen nach China getroffen, damit man sehe, daß Italien nicht beabsichtige, seinen Platz zur Vertheidigung der Zivilisation bei der gemeinsamen Aktion der Mächte zu ver⸗ lassen, aber ohne Absichten einer Auftheilung Chinas und ohne abenteuerliche Pläne. Italien habe sich der Erfüllung seiner Pflichten nicht entziehen können, da die Völker wie die einzelnen Menschen nicht vom Brot allein leben könnten, sondern auch ihre Ehre und Würde wahren müßten. Niemand könne von Italien verlangen, daß es der Pflicht, seine Todten zu rächen und seiner Flagge Achtung zu ver⸗ schaffen, entsage. Giolitti erklärte seh durch die Aus⸗ führungen des Minister⸗Präsidenten befriedigt. Hierauf wurde die Debatte geschlossen. Die Kammer nahm das Budget⸗ provisorium bis zum 31. Dezember an.
Wie die „Tribuna“ meldet, wird das italienische Expeditionskorps für China aus einem Bataillon Infan⸗ terie unter dem Oberstleutnant Salsa und einem Bataillon 1. S. unter dem Major Aaliardi bestehen. Jedes Bataillon wird etwa 900 Mann stark sein. Dem Expeditions⸗ korps werden ferner zwei Abtheilungen Artillerie mit 8 Norden⸗ feldt⸗Geschützen, eine Abtheilung Genietruppen, ein Lazareth mit 50 Betten und eine Abtheilung Train beigegeben werden. Den Oberbefehl wird der Oberst Garioni führen.
Rumänien. Der König, die Königin, der Prinz und die Prinzessin von Rumänien, so vie die Prinzlichen Kinder qar. sich von Bukarest zum Sommeraufenthalt nach Sinaia egeben. Das Amtsblatt giebt die Ratifikation der Konvention der Haager Friedenskonferenz bekannt.
Amerika.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser sandte, wie dem „W. T. B.“ aus Canton (Ohio) unter dem 7. d. M. gemeldet wird, an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika MeKinley folgendes Telegramm:
„Für Eurer Excellenz warme Worte der Theilnahme an der Ermordung Meines Vertreters in Peking spreche Ich Meinen auf⸗ richtigsten Dank aus. Ich erkenne darin den gemeinsamen Pulsschlag der Interessen, welche Kulturvölker mit einander verbinden.
Asien. b ö
Seine Majestät der Deutsche Kaiser hat aus Tsingtau folgendes Telegramm erhalten:
Auf Bekanntgabe Eurer Majestät Telegramm antwortet der Gouverneur von Schantung: „Von jeher war ich in größter Sorge wegen der in Peking eingeschlossenen Europäer, habe wieder⸗ bolt versucht, Kundschafter zu schicken und Hilfe zu bringen, bisber vergeblich. Jetzt sind alle Wege nach Peking voll von Rebellen, alle Maßnahmen bieten daher noch weniger Aussicht auf Erfolg. Trotz⸗ dem werde ich es für meine Pflicht halten, mein Aeußerstes zu thun, um Hilfe zu bringen. Buan⸗Shi⸗Kai, Gouverneur von Schantung.
Nach einer aus Tientsin am 29. Juni abgesandten und aus Tschifu am 7. d. M. dem „Reuter'schen Bureau“ zu⸗ gegangenen Meldung ist in Tientsin ein Bote mit Neuig⸗ keiten aus Peking, die bis zum 24. Juni reichen, ein⸗ getroffen. Derselbe meldete, daß bei den Kämpfen um die britische Gesandtschaft fünf Seesoldaten gefällen, 1 Offizier und 6 Mann verwundet worden seien; außerdem seien je ein Franzose, Holländer, Italiener und Russe gefallen und noch einige Europäͤer verwundet worden. Das Südthor der Tatarenstadt werde von deutschen Soldaten mit erbeuteten Geschützen der Chinesen bewacht. Das nächste Thor nach Osten zu werde von General Tung⸗Fu⸗Siang's Truppen mit einem Hinterladergeschütz gehalten, während alle übrigen Thore von chinesischen Truppen mit Geschützen besetzt seien. Beinahe alle Häuser der Chinesenstadt seien verbrannt, ebenso hätten die Boxer das innere Thor der Kaiserlichen Stadt niedergebrannt. Alle Missions⸗ und die meisten Gesandtschaftsgebäude seien gleichfalls eingeäschert, nur die britische, die deutsche und ein Theil der russischen Gesandtschaft seien noch stehen geblieben und würden von Truppen bewacht; auch alle chinesischen Jr in der Nähe der Gesandtschaften seien zerstört. Die
aiserliche Stadt werde von den Truppen Tung⸗Fu⸗Siang’s bewacht, der 20 000 Mann zwischen Peking und Tientsin stehen haben soll. Der Prinz Tsching soll mit 2 bis 3000 Mann mit Gewehren bewaffneter Truppen zum Kampf gegen die Boxer aus⸗ gezogensein, welche Tsching gefangen nehmen möchten. Der Bote be⸗ richtet, als er Peking am 24. Juni verließ, hätten unter den Aus⸗ ländern in Peking keine Krankheiten geherrscht, auch ei Frauen und Kindern kein Leid geschehen, aber Nahrung und Schießvorräthe seien so knapp gewesen, daß die Soldaten nicht zu schießen wagten, um ihre Munition nicht zu erschöpfen. Der Kor⸗ respondent des „Reuter'schen Bureaus“ fügt hinzu, der Be⸗ richt scheine den Stempel der Wahrheit zu tragen, doch sei er, da er aus chinesischer Quelle stamme, wahrscheinlich be⸗ trächtlich übertrieben. Die Lage der Fremden sei zwar un⸗ bedingt höchst verzweifelt, dennoch brauche die Hoffnung nicht 8. zu werden, daß die Gesandtschaften sich noch einige Zeit halten könnten. — 1b Das Auswärtige Amt in London erhielt eine Depesche von dem britischen Konsul in Shanghai vom 7. d. M., welcher meldet, daß er aus absolut glaubwürdiger Quelle er⸗ fahre, ein Kurier aus Peking habe gesagt, daß am 3. Juli noch zwei Gesandtschaften sich gehalten hätten und Boxer und die chinesischen Truppen sehr entmuthigt seien. Mehr als 2000 chinesische Soldaten und viele Führer der Boxer seien gefallen. Die Boxer erklärten, die Fremden hätten den Zauber der mystischen Macht der Boxer gebrochen, und die Boxer wagten es nicht mehr, sich den esandtschaften zu nähern. Der Kurier habe hinzugefügt, die Fremden könnten sich noch lange halten, wenn sie genügend mit Lebensmitteln und Munition versehen würden.
Nach einer von „W. T. B.“ verbreiteten Meldung des deutschen Konsuls in Shanghai besagt ein Telegramm des Gouverneurs von Schantung gleichfalls, daß die Be⸗ sHühangs der beiden in Peking noch bestehenden Gesandt⸗ chaften am 3. Juli infolge starker Verluste der An⸗ greifer nachgelassen habe, sodaß die Lage der ein⸗ geschlossenen Fremden nicht hoffnungslos sein würde, falls Munition und Lebensmittel noch vorhanden wären. — Einer Depesche des „Reuter'schen Bureaus“ aus Shanghai zufolge sollen die beschchsstan in Peking auch am 4. Juli unversehrt gewesen und die Chinesen den Angriff auf dieselben eingestellt haben, sodaß nur noch befürchtet werde, der die darin Eingeschlossenen an Nahrungsmangel leiden.
Dagegen meldeten die Londoner Abendblätter vorgestern aus Shanghai vom 6. d. M., daß die Gesandten in Peking sowie ihre Frauen und Kinder und die europäischen Wachen nach achtzehntägigem Widerstande niedergemetzelt worden seien. Als die Munition und die Lebensmittel erschöpft gewesen, seien die Chinesen in die Gesandtschaften eingedrungen, hätten die am Leben Gebliebenen getödtet, dann die Gesandtschafts⸗ ebäude in Brand gesteckt und die Verwundeten und
odten verbrannt. Von dem Prinzen Tuan seien selbst gegen Chinesen schreckliche Grausamkeiten verübt worden. Er habe 4000 angesehene chinesische Bürger tödten 8 weil sie es gewagt hätten, in einer Petition ihn zu ersuchen, dem Blutbade Einhalt zu thun.
In einem längeren Artikel des russischen „Regierungs⸗ boten“ über die Vorgänge der letzten Wochen in China wird gesagt, nach den letzten Mittheilungen der Admirale be⸗ trage die Stärke aller Truppen der fremden Mächte 20 000 Mann in Tientsin und Taku, wogegen die Zahl der chinesischen Aufrührer in dem Gebiet zwischen diesen Städten und Peking auf mehr als 150 000 Mann geschätzt werde. Es sei daher sehr zweifelhaft, ob es möglich sei, eine internationale Truppenabtheilung mit Aussicht auf Erfolg vor der Ankunft bedeutender Verstärkungen nach Peking zu ent⸗ senden. Da die rechtmäßige chinesische Regierung durch die Macht der Umstände in die Unmöglichkeit versetzt sei, die aufrührerische Bewegung zu bekämpfen, sei es selbst⸗ verständlich, daß die volle Verantwortung für die möglicher⸗ weise entstehenden Folgen auf die aufrührerischen chinesischen Würdenträger und ihre verbrecherischen Helfershelfer falle, welche die Macht in ihre Hände gebracht hätten.
In Tientsin wurde, nach einer Meldung des „W. T. B.“, die Chinesenstadt am 2. Juli von Russen ohne Erfolg bombardiert. Die Stärke der dort befindlichen fremden Truppen betrage ungefähr 10 000 Mann. — Seit dem 3. Juli wurden die Fremdenniederlassungen wieder heftig von den Chinesen bombardiert. Auf Anordnung des Admirals 8“ sollten Frauen und Kinder nach Taku gebracht werden.
Von dem Chef des deutschen Kreuzer⸗Geschwaders, Vize⸗Admiral Bendemann ist aus Taku nach⸗ stehendes Telegramm vom 7. d. M. eingegangen: „Ich habe gestern eingetroffene deutsche und ür Flüchtlinge aus Tientsin, 16 Frauen, 9 Kinder, 19 Männer, mit Geschwader⸗Dampfer nach Nagasaki gesandt. Nach Mit⸗ 2 vom 2. d. M. aus Tientsin ist das Befinden aller
erwundeten gut. Nach Tientsin ist noch immer nur der Wasserweg offen.“
Die heutigen Londoner Morgenblätter veröffentlichen ein Telegramm aus Shanghai vom 7. d. M, nach welchem eine große Abtheilung von Russen und Japanern, wie eine über Nanking eingegangene Depesche aus Paotingfu melde, längs der Eifenbahn wieder au Lang⸗fang vorgerückt sei und von dort einen Vorsto nach Huang⸗tsun, 18 Meilen südöstlich von Peking, gemacht habe, wo sie den ve evne;; Truppen eine schwere Niederlage beigebracht habe. Ueber tausend Chinesen seien gefallen. Der Gouverneur von Che⸗kiang, welcher bisher den Anordnungen des Prinzen Tuan Folge geleistet, habe sich nunmehr der von den Gouverneuren der südlichen Provinzen befolgten Politik angeschlossen. Der Prinz Tuan habe ein Dekret erlassen, welches den Vize⸗Königen der südlichen Pro⸗ vinzen androhe, sie würden als Verräther behandelt werden. Gleichzeitig verlaute allerdings, Tientsin werde infolge der Schwierigkeit, die Verhindungen aufrecht zu halten, von den Truppen der Mächte Söee Die Chinesen hätten zwei neue Batterien errichtet und am 4. Juli das Bombardement mit schweren Geschützen wieder aufgenommen. Die Japaner hätten indessen an diesem Tage ebenfalls schwere Artillerie erhalten und das Feuer mit vorzüglicher Wirkung erwidert. Der Kommandant der japanischen Artillerie Ota sei gefallen. — Der „Standard“ meldet aus Shanghai vom 6. d. M., die britischen Seesoldaten, die bisher in Tientsin gewesen seien, hätten sich wieder auf ihre Schiffe begeben und würden durch Japaner ersetzt.
Wie der „Ostasiatische Lloyd“ erfährt, hat der Gouverneur von Schantung Nuan⸗Shi⸗Kai von dem Prinzen Tuan den Befehl erhalten, mit 18 000 Mann geübter Truppen auf Nanking zu marschieren; doch sei, wie aus gut informierter Quelle verlaute, dem Befehl nicht Folge geleistet worden. Der Direktor der Eisenbahnen Sheng, welcher eine starke fremden⸗ feindliche Gesinnung bekunde, fei nach Pnafses gegangen. 15 000 Mann Kaiserlicher Truppen sollten auf dem 8 Kanal heranziehen, um Nanking anzugreifen. Nanking sei jedoch nicht gefährdet, wenn der Vize⸗König von Nanking, Liu, sich entschließe, einem Vorrücken gegen seine Stadt Widerstand entgegenzuschen. Seine treitmacht auf dem Jangtse beträgt fünfzehn Krtegsschiffe. Alles hänge von dem Verhalten des Vize⸗Königs von Nanking ab. Es sei kürzlich eine große Anzahl von Schießbaumwolle⸗Minen vom Arsenal in Shanghai übersandt, aber auf Befehl des Vize⸗Königs noch nicht gelegt worden.
Eine in Brüssel eingegangene Depesche aus Shanghai vom 7. d. M. besagt, der „Agentur Havas⸗Reuter“ zufolge, daß nach der Angabe eines hohen chinesischen Beamten ein Theil der Truppen unter dem PFrimien Tsching sich den Boxern nicht angeschlossen, vielmehr einen Angriff auf die Aufrüͤhrer gemacht und eine Gegenrevolution unternommen habe. Auch der Gouverneur von Schantung habe dem Prinzen Tuan, der ihm befohlen, sich Nankings zu bemächtigen, den Gehorsam verweigert. S-
Der britische Konsul in Nanking bestätigt, dem „Reuter'schen Bureau“ zmfolhe, daß der Gouverneur von Schantung Nuan⸗Shi⸗Kai sich weigere, auf Befehl des
rinzen Tuan gegen Nanking zu marschieren; offenbar bereite sich der Vize⸗König von Nanking Liu vor, jeder fremden Ein⸗ mischung am Jangtse Widerstand zu leisten.
In Briefen, die in Hongkong aus Tschifu eingetroffen