1900 / 169 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Jul 1900 18:00:01 GMT) scan diff

III. Werkstätten mit Wasserbetrieb.

11) Auf Werkstätten der unter I und II bezeichneten Art, in welchen ausschließlich oder vorwiegend unregelmäßige Wasserkraft als Triebkraft benutzt wird, mit Ausnahme der Schleifer⸗ und Poliererwerkstätten der Glas⸗, Stein⸗ und Metallbearbeitung, finden die 135 bis 138 der Gewerbe⸗ ordnung nur in dem aus Ziffer 12 bis 17 sich ergebenden Umfang Anwendung.

12) 135 Abs. 1 der Gewerbeordnung.) Kinder unter dreizehn Jahren dürfen nicht beschäftigt werden. Kinder über dreizehn Jahre dürfen nur beschäftigt werden, wenn sie nicht mehr zum Besuche der Vostese ule verpflichtet sind.

13) 136 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 137 Abs. 1 der Gewerbeordnung.) Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen dürfen nicht vor fünfeinhalb 38 Morgens beginnen und nicht über achteinhalb Uhr Abends

auern.

An Sonn⸗ und Festtagen sowie während der von dem ordentlichen Seelsorger für den Katechumenen⸗ und Kon⸗ firmanden⸗, Beicht⸗ und Kommunionunterricht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden.

14) 137 Abs. 4, 5 der Gewerbeordnung.) Arbeiterinnen

über sechzehn Jahre, welche ein Hauswesen zu besorgen haben, sind auf ihren Antrag eine halbe Stunde vor der Mittags⸗ pause zu entlassen, sofern diese nicht mindestens ein und eine halbe Stunde beträgt. Wöchnerinnen dürfen während vier Wochen nach ihrer Niederkunft überhaupt nicht und während der folgenden zwei Wochen nur beschäftigt werden, wenn das Zeugniß eines approbierten Arztes dies für zulässig erklärt.

15) 138 der Gewerbeordnung.) Sollen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter heschäftägt werden, so hat der Arbeit⸗ S. vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizei⸗ behörde eine schriftliche Anzeige zu machen. In der Anzeige Lage der Werkstätte und die Art des Betriebs anzu⸗ geben.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, statträumen, in welchen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, eine Tafel ausgehängt ist, welche in der von der Landes⸗Zentralbehörde zu bestimmenden Fassung und in deutlicher Schrift einen Auszug aus den Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern enthält.

16) In Werkstätten, in denen in der Regel weniger als ehn Arbeiter beschäftigt werden, dürfen Arbeiterinnen über

5— Jahre an vierzig Tagen im Jahre über achteinhalb Uhr Abends hinaus bis spätestens zehn Uhr Abends beschäftigt werden. Hierbei kommt jeder Tag in An⸗ rechnung, an welchem auch nur eine Alxrbeiterin über achteinhalb Uhr Abends beschäftigt wird. Die Be⸗ stimmungen der Ziffer 7 Abs. 2 über das Verzeichniß finden entsprechende Anwendung. Für mehr als vierzig Tage kann die Beschäftigung bis zehn Uhr Abends unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen in Ziffer 8 Abs. 1 bis 3 ge⸗ stattet werden.

8 Für Werkstätten, in denen in der Regel weniger als zehn

Arbeiter beschäftigt werden, kann, wenn der regelmäßige Be⸗ trieb durch Naturereignisse oder Unglücksfälle unterbrochen ist, oder wenn die Natur des Betriebs oder die Rück⸗ sichten auf die Arbeiter es erwünscht erscheinen

, die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugend⸗ lichen Arbeitern in der Zeit zwischen achteinhalb Uhr Abends und fünfeinhalb Uhr Morgens und die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter an Sonn⸗ und Festtagen sowie während der von dem ordentlichen Seelsorger für den Katechumenen⸗

und Konfirmanden⸗, Beicht⸗ und Kommunionunterricht be⸗ stimmten Stunden unter entsprechender Anwendung der Be⸗ stimmungen in Ziffer 9 gestattet werden.

17) Auf die Beschäftigung männlicher jugendlicher Arbeiter in Werkstätten des Handwerks mit Motorbetrieb, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden (Ziffer 10), finden die Bestimmungen unter Ziffer 13 Abs. 1 und Ziffer 15 keine Anwendung.

Bäckereien und Konditoreien, Getreidemühlen, Konfektionswerkstätten.

18) Für Bäckereien und Konditoreien, welche nicht als Fabriken anzusehen sind, gelten, auch wenn sie mit Motoren betrieben werden, die Bestimmungen der Bekanntmachung vom 4. März 1896 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 55), für die nicht als Fabriken anzusehenden Getreidemühlen mit Motorbetrieb mit Ausnahme derjenigen, in welchen ausschließlich oder vorwiegend Dampfkraft verwendet wird, die Bestimmungen der Bekanntmachung vom 26. April 1899 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 273). Die Bestimmungen

in dem § 135 Abs. 2, 3, den §§ 136, 137 Abs. 1 bis 3 und

dem § 138 der Gewerbeordnung finden auf diese Betriebe keine Anwendung.

8 19) In der Kleider⸗ und Wäschekonfektion gelten auch für

Werkstätten mit Motorbetrieb die Bestimmungen der Ver⸗ ordnung vom 31. Mai 1897 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 459).

8 V. Schlußbestimmung.

20) Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. Januar 1901 in Kraft. 1 Berlin, den 13. Juli 1900.

Deer Reichskanzler.

8 Im Auftrage:

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In Elsfleth wird am 23. Juli d. J. mit einer See⸗

teuermanns⸗Prüfung und am 27. Juli d. J. mit einer

Prüfung für große Fahrt begonnen werden.

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Die von ab zur Ausgabe gelangende Nummer 28 es „Reichs⸗Gesetzblatts“ enthält unter

Nr. 2694 den Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich

und den Niederlanden, betreffend die Eisenbahn von Ahaus nach Enschede, vom 27. Juni 1899; unter

Nr. 2695 die Verordnung, betreffend die Inkraftsetzung er im § 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung getroffenen Vesing

füeehc. vom 9. Juli 1900; und unter Nr. 2696 die Bekanntmachung, betreffend die Ausführungs⸗ estimmungen des Bundesraths uͤber die Beschäftigung von ugendlichen Arbeitern und von Arbeiterinnen in Werlstaͤtten it Motorbetrieb, vom 13. Juli 1900. Berlin W., den 18. Juli 1900. 15 Kaiserliches Post⸗Zeitungsamt. Weberstedt. 8

daß in den Werk⸗

Königreich Preußen.

Das Ober⸗Verwaltungsgericht hat in einem Erkenntniß vom 14. März 1898 ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 10 des Regulativs, betreffend das Verfahren bei Chaussee⸗ polizei⸗ und Chausseegeldübertretungen vom 7. Juni 1844 (Gesetz⸗Samml. S. 167), welche die Zuständigkeit in Chausseepolizeisachen regelt, durch die spätere Gesetzgebun nicht beseitigt worden ist, und demgemäß im Geltungsberei des Regulativs die gesammte Ausübung der Chausseepolizei⸗ gewalt, von der Chausseebaupolizei abgesehen, in Landkreisen nicht dem Landrath ausschließlich, vielmehr, soweit städtische Polizeibezirke in Frage kommen, den betreffenden städtischen Ortspolizeibehörden nach wie vor zusteht. (O.V.⸗G.⸗Entsch. Bd. 33 S. 279 ff.) Nachdem neuerdings auf Grund des Erkenntnisses eine kreisangehörige Stadt die Chausseepolizei in ihrem Bezirk in Anspruch genommen hat, empfiehlt es sich, die von einem abweichenden Standpunkt ausgehende, in den Erlassen vom 13. Dezember 1859, 26. Dezember 1877 und 5. Juli 1897 (M.⸗Bl. d. i. V. 1859 S. 336, 1897 S. 187 und 134) mit⸗

getheilte Auffassung aufzugeben.

Wir ersuchen daher, in Zukunft nach dem in dem Erkenntniß aufgestellten Grundsatz zu verfahren, auch die nach⸗ geordneten Behörden mit entsprechender Weisung zu versehen.

usaz für Potsdam: Der Bericht vom 27. Februar d. J. A. 1651/1 findet hierdurch seine Erledigung.)

Berlin, den 5. Juli 1900.

Der Minister Der Minister

der öffentlichen Arbeiten. des Innern.

In Vertretung:

Im Auftrage: 8 von Bischoffshausen.

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Francke. An die Herren Regierungs⸗Präsidenten in den Provinzen

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Ost⸗ und Westpreußen, Pommern, Brandenburg, Sachsen, Posen, Schlesien, Westfalen und in der Rheinprovinz, ausschl. Trier, Aachen, Köln und Sigmaringen. 1

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Personal⸗Veränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche ꝛc. Ernennungen, rungen und Versetzungen. Im aktiven Heerec. Dront⸗ heim, an Bord S. M. YP „Hohenzollern“, 14 Juli. v. Gontard, Major à la suite des Kaiser Alexander Garde⸗Gren. Regts. Nw. 1, unter Belassung in der Stellung als Militär⸗ Gouverneur des Zweiten Sohnes Seiner Majestät des Kaisers und Königs, des Peinzen Eitel⸗ Friedrich von Preußen Köniagliche Hobeit, von dem Verhältniß als Militär⸗Gouverneur des Dritten Sohnes Seiner Majestät, des Prinzen Adalbert von Preußen Köaigliche Hoheit, enthoben.

Nachweisung der beim Sanitäts⸗Korps im Monat Juni 1900 eingetretenen Veränderungen. Durch Ver⸗ fügung des General⸗Stabzsarztes der Armee. Die nach⸗ stehend Aufgeführten sind mit Wahrnehmung offener Asfsistenzarzt⸗ stellen beauftragt, und zwar:

6. Juni Dr. Stühlinger, einjährig⸗freiwilliger Arzt vom 1. Großberzogl. Hess. Drag. Regt. (Garde⸗Drag. Rogt.) Nr. 23, unter gleichzeitiger Bersetzung zum 1. Großherzogl. Hess. Inf. (Leib⸗ arde⸗) Regt. Nr. 115 und Ernennung zum Unterarzt des Friedens⸗ standes, Dr. Custodis, eiajäbrig⸗freiwilliger Arzt vom Westfäl. Train⸗Bat. Nr. 7, unter gleichzeitiger Versetzung zum Kür. Regt. von Driesen (Westfäl.) Nr. 4 und Ernennung zum Unterarzt des Friedensstandes,

9. Juni Dr. Nieter, Unterarzt vom Inf. Regt. Nr. 154, Dr. Schmidt, Unterarzt vom 2. Hess. Inf. Regt. Nr. 82, Dr. Boehncke, Unterarzt vom Pomm. Füs. Regt. Nr. 34,

12. Juni Dr. Lehmann, einjährig⸗freiwilliger Arzt vom Magdeburg. Füs. Regt. Nr. 36, unter gleichzeitiger Versetzang zum 1. Hess. Inf. Regt. Nr. 81 und Ernennung zum Unterarzt des Friedensstandes,

14. Juni Lindner, einjährig⸗freiwilliger Arzt vom Hus. Regt. König Humbert von Italien (1. H’ss.) Nr. 13, unter gleichzeitiger

Beförde⸗

Unterarzt des Friedensstandes. XIII. (Königlich Württembergischeb) Armee⸗Korps.

Offiztere, Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförde⸗ rungen und Versetzungen. Im aktiven Heere.

Erlenmeyer, Lt. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von reußen Nr. 120, Schäfer, Lt. im 10. Inf. Regt. Nr. 180, cheiden aus, ersterer behufs Uebertritts zu dem 1. Ersatz⸗See⸗Bat. (Kiel), letztere beide behnfs Uebertritts zu dem 2. Ersatz⸗See⸗Bat. (Wilbhelms haven). 9. Juli. v. Normann, Königl. preuß. Oberst, von der Stellung als Kommandeur des Gren. Regts. Königin Olga Nr. 119 enthoben behufs Verwendung als Kommandeur des 1. Ostasiatischen S 82 K fs scheiden aus: Knoerzer, Hauptm. und Komp. Chef im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, Triebia, Oberlt, im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, Legl, Lt. im 9. Inf. Regt. Nr. 127, v. Schnizer, At. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, Karnapty (Friedrich), Lt. im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, behufs Uebertritts zur 8. Komp. (Formierungsort Ludwigsburg) des 3. Ost⸗ asiatischen Inf. Regts., Diez, Oberlt. im Inf. Regt. König Wil⸗ helm I. Nr. 124, behufs Uebertritts zur 2. Komp. (Formierungsort Berlin) des 1. Ostasiatischen Inf. Regts., Schnitzler, Lt. im Feld⸗Art. Regt. König Karl Nr. 13, behufs Uebertrittz zum Ost⸗ asiatischen Feld⸗Art. Regt. (Formierungsort Jüterbog), Oster⸗ maier, Lt. im 2 Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, behufs Uebertritts zur Trainkolonne der Korpstelegraphen⸗ Zrthesr des Ostasiatischen Expeditions⸗Korps (Formierungsort erlin).

10. Juli. Lichtenberg, seitheriger Königl. bayer. Fahnen⸗ kadett, im Armee⸗Korps und zwar als Fähnr. im Felbeürn Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern angestellt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 18. Juli.

Der zum Gesandten für China bestimmte bisherige Ge⸗ sandte in Luxemburg Dr. Mumm von Schwarzenstein hat seinen Posten verlassen. Bis zum Eintreffen seines Amts⸗ nachfolgers fungiert der nach Luxemburg entsandte Dritte Sekretär bei der Kaiserlichen Botschaft in London Freiherr von Mirbach als Geschäftsträger. . Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän von Levetzow, gestern von

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Danzig, 17. Juli. Für die dem XVII. Armee⸗ Korps angehörigen 400 des ostasiatischen Expeditions⸗Korps fand, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag ein Feldgottesdienst statt, welchem das gesammte Offizierkorps der Garnison beiwohnte. Der kommandierende General von Lentze hielt eine feurige Ansprache an die Frei⸗ willigen, welche mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß. Hierauf marschierte das Freiwilligen⸗Korps unter lebhaften Abschiedskundgebungen seitens der Garnison und der Bevölkerung nach dem Bahnhofe, von wo die Abreise nach dem Formationsort erfolgte.

Breslau, 17. Juli. Die Freiwilligen, welche sich aus dem Bereiche des VI. Armee⸗Korps dem ost⸗ asiatischen Expeditions⸗Korps einreihen, verließen heute Vormittag unter lebhaften Kundgebungen der gesammten Be⸗ Sätgeen die hiesige Garnison, um sich zunächst nach Zeithain zu begeben.

Frankfurt a. M., 17. Juli. Nachdem gestern Nach⸗ mittag auf dem Hofe der Kaserne des 1. Hessischen Infanteac Regiments Nr. 81 ein militärischer Festakt stattgefunden hatte bei welchem der kommandierende General von Lindequist eine Ansprache hielt, erfolgte heute früh die Abreise der aus E1’ des XVIII. Armee⸗Korps hier gebildeten riegsstarken Kompagnie des 2. Ostasiatischen Infanterie⸗ Regiments. Am Bahnhofe waren die Generalität und die Offizierkorps erschienen. Die Kompagnie begiebt sich zunächst nach dem Truppen Uebungsplatz Alt⸗ Grabau bei Burg⸗Magdeburg. ““ 1

Baden. G

Die aus Freiwilligen des XIV. Armee⸗Korps zu⸗ sammengesetzten beiden Kompagnien für das ostasiatische Expeditions⸗Korps sind gestern Adend 6 Uhr von Karlsruhe

Versetzung zum Nassau. Feld⸗Art. Regt. Nr. 27 und Ernennung zum

Nikolajew nach Sewastopol in See gegangen.

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nach dem Truppenübungsplatz in Hagenau befördert worden, wo sie, mit den Kompagnien aus Elsaß⸗Lothringen zu einem Bataillon vereint, bis zur Abfahrt nach Bremerhaven verbleiben. Zur Verabschiedung waren Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin, der kommandierende General von Buͤlow und zahlreiche Offiziere erschienen. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hielt eine An⸗ sprache, welche mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß; der kommandierende General von Bülow brachte ein Hoch auf Ihre Königlichen Hoheiten den Groß⸗ herzog und die Großherzogin aus. Die Großherzogin überreichte jedem Offizier eine Gabe in Gestalt eines Bildes des Denkmals Kaiser Wilhelm's des Großen in Karlsruhe. Die Stadt hatte für die Freiwilligen⸗Kompagnien 1000

gespendet. Hessen. Seine Königliche Hoheit der Fürst von Bulgarien ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute zu längerem Kurgebrauch in Bad Nauheim eingetroffen.

Elsaß⸗Lothringen.

Die letzten Faeheerggen⸗ welche das XV. Armee⸗

Korps zu dem ostasiatischen Expeditions⸗Korps stellt, begaben sich gestern nach erfolgter Einkleidung von Straßburg nach dem Truppen⸗Uebungsplatz bei Hagenau. Dort treffen sie mit den Mannschaften des XIV. und XVI. Armee⸗Korps zusammen, mit denen vereint sie das 1. Bataillon des 4. Ost⸗ asiatischen Infanterie⸗Regiments bilden. Die Truppen werden auf dem Uebungsplatz Schießübungen vornehmen und dann die Abreise zur Bildung des Regiments⸗Verbandes antreten.

Oesterreich⸗Ungarn. Die Wiener Abendpost“ stellt bezüglich der mehrfach er⸗ wähnten Entsendung weiterer Kriegsschiffe in die ostasiatischen Gewässer fest, daß das Torpedo⸗Rammschiff „Karl VI.“ nicht für Ost⸗Asien bestimmt ist.

2 ili. Menzel (Julius), Lt. im Inf. Regt. Köaig Wilhelm I. z1.3 Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Oberhauses erklärte in Erwiderung auf mehrere von Bedford gestellte Fragen der Kriegs⸗Minister Lord Lansdowne, dem „W. 9 B. * zufolge, er könne dem Hause versichern, daß die Regie⸗ rung im südafrikanischen Feldzuge gemachte Erfah⸗ rungen in Rechnung ziehen werde, wenn ihr Er⸗ gebniß zeige, daß Aenderungen in der Organisation und Ver⸗ waltung der Armee am Platze seien. Die Regierung werde dieser Frage ganz unparteiisch näher treten und nicht zögern, das Parlament um die Bewilligung der für solche Aenderungen etwa Mittel anzugehen.

Im nterhause lheilte der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Amts Brodrick mit, daß im Laufe der letzten 24 Stunden weder von dem britischen Konsul in Tientsin noch von dem kommandierenden Offizier irgend welche Nachricht eingsqangen sei. Es liege auch keine Bestätigung der nach Schanghai gelangten Meldungen von dem Angriff der Verbündeten auf Tientsin vor. Pritchand Morgan fragte, ob Li⸗Hung⸗Tschang Canton verlassen habe, um das Ober⸗Kommando in China zu über⸗ nehmen. Der Parlaments⸗Sekretär gab darauf keine Antwort. Me Cartnay brachte gestern den Antrag auf Annahme einer Bill ein, welche bestimmt, daß Seesoldaten und Matrosen der Kriegsmarine nach zwölfjähriger Dienstzeit in ein Reserve⸗ verhältniß treten sollen. Bei der Besprechung des Etats⸗ titels „Schiffsbauten“ vertheidigte der Erste Lord der Admira⸗ lität Gos chen das Bestreben der Admiralität, Röhrenkessel einzuführen, und legte dar, daß dieses System von den Ver⸗ einigten Staaten und Frankreich ebenfalls angewandt werde. Das französische Mittelmeergeschwader und die im Norden befind⸗ lichen Geschmoder seien vollständig mit solchen Kesseln versehen. Auch ältere Schiffe lasse Frankreich mit diesen Kesseln aus⸗ statten. Rußland und andere Staaten gingen eben⸗ falls zu diesem Sy tem über. Großbritannien dürfe solche Thatsachen nicht gering anschlagen, sondern im Gegenthei sehen, was andere Nationen machten, von denen es in de letzten Für viel gelernt habe. Die Admiralität glaube, daß sich Desekte an solchen Kesseln ausbessern lassen würden; um aber das Publikum zu beruhigen, wäre er damit einverstanden, daß ein besonderer Ausschuß diese Frage prüfe. 3

Der chinesische Gesandte in London hat gestern dem Auswärtigen Amts eine von dem Eisenbahn⸗Direktor Scheng in Schanghai und den Vize⸗Königen in Nanking und Wutschang unterzeichnete Depesche vom 16. Juli über reicht, in welcher versichert wird, daß die fremde Gesandten und die Ausländer am 9. Juli

wie „W. T.

geben gewesen seien und den Schutz der Regierung ge⸗ nossen hätten, und an die Mächte das Ersuchen gerichtet wird, Tientsin nicht zu zerstören, da die Zerstörung dieser Stadt für den europäisch⸗chinesischen Handel von den schwersten Folgen begleitet sein würde. 1113“ TFrankreich 8 Der Präsident der Republik Loubet ist heute früh von Paris nach Cherbourg abgereist. Wie „W. T. B.“ er⸗ fährt, beabsichtigte der Minister des Aeußern Delcassé den Präsidenten auf dieser Reise zu begleiten, hat aber wegen der Ereignisse in China davon Abstand genommen. .

87 Rußland.

Der Schah von Persien traf gestern Nachmittag in St. Petersburg ein und wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, auf dem Nikolaj⸗Bahnhof von dem Kaiser in Gegenwart von Mit⸗ liedern der Kaiserlichen Familie und der höchsten Hof⸗ und Militärchargen herzlich begrüßt. Der Kaiser geleitete den Schah in Wagen über den Newski⸗Prospekt, welcher im schönsten Flaggenschmuck prangte, zum Winterpalais. Auf dem Newski⸗Prospekt war ein Triumphbogen errichtet, an dem inmitten persischer Fahnen und reichen Guirlandenschmucks das persische Wappen angebracht war. Zu beiden Seiten der Straße bildeten Truppen Spalier, und hinter diesen drängte sich eine gewaltige Menschenmenge, welche dem Schah stürmische Huldigungen bereitete. Im Winterpalais wurde der Schah von der Kaiserin inmitten des Hofstaats empfangen.

Der chinesische Gesandte gab der russischen Regie⸗ rung die Versicherung, daß die Ereignisse in der Mandschurei nicht die Billigung der Regierung in Peking fänden. Gleich⸗ zeitig versprach der Gesandte, seiner Regierung auf dem Wege über Hongkong ernste Vorstellungen zu machen und auf die Folgen hinzuweisen, die entstehen könnten, falls die Feindselig⸗ keiten in der Mandschurei nicht aufhören sollten.

Die „Nowoje Wremja“ meldet, das Geschwader des Stillen Ozeans werde demnächst um 2 Kreuzer ersten Ranges, 1 Panzerschiff, 2 Transportschiffe und 10 Torpedo⸗ boote verstärkt werden. 4 auf der Werft von Schichau ge⸗ baute Torpedoboote würden so bald als möglich nach Ost⸗ Asien abgehen, ihre Mannschaft habe sich bereits nach dem

Bestimmungsort begeben.

Italien.

Der Feewnigiße. di San Martino richtete heute,

aus Neapel meldet, an das Offizierkorps der nach China gehenden italienischen Truppen eine An⸗ sprache, in der er Folgendes sagte:

„Im Vergleich mit den Streitkräften, welche die näher liegenden, stärker betheiligten und reicheren Mächte nach China entsenden, seid Ihr nur wenige, eine kleine um eine Fahne geschaarte Truppe, welche die Mitwirkung Italiens darstellt. Die Meldung von Freiowilligen zu dieser Expedition beweist mir, daß diese Fahne in guten Händen ist. Italien hätte, ohne die Heeresverfassung irgendwie zu ändern, aber mit verhältnißmäßig schwereren finanziellen Opfern mittels des soeben befolgten Systems, theoretisch betrachtet, eine viel stärkere Expeditionstruppe aufstellen können. Aber selbst dann würde die Truppe im Vergleich mit denen, an deren Seite Ihr Euch befinden werdet, klein sein und würde daher weder entscheidende Wirkungen erzielen, noch Eure Stellung innerhalb der inter⸗ nationalen Truppenkörper fühlbar ändern können. Daher ist es die Pflicht der Regierung, die Ereignisse noch abzuwarten, um diesen ent⸗ sprechend ihr weiteres Vorgeben einzurichten, das sie nach den Er⸗ fordernissen des Ansehens und der Interefsen des Landes bemessen wird, dabei aber zugle ich den bei einer großen Expedition in Betracht kommenden finanziellen Ansprüchen Rechnuns tragend. Uebrigens ist weder unser Ziel noch das von Anderen eine Besitznahme von Land⸗ gebiet. Rächet die Gesandtschaften! Die Eroberung aber, nach der gestrebt wird, ist die Eroberung eines Marktes, und hierzu bedarf es vor allem der wirthschaftlichen Kraft des Landes, die durch eine große Expedition nur geschwächt werden könnte. Eure Aufgabe ist ernst, denn das Ansehen und die Ehre des italienischen Heeres sind schon in den ersten Kämpfen in euren Händen!“ Der Minister be⸗ sprach sodann die Zusammensetzung des Expeditionskorps, welches in der Weise gebildet wurde, daß man eine vollständige Kompagnie aus jeder der herangezogenen Brigaden dazu bestimmte und diese durch andere Theile derselben Brigade verstärkte, wobei in erster Linie Freiwillige berücksichtigt wurden. Bezüglich der Artillerte erklärte der Minister, das italienische Geschwader könne sieben zur Landung Geschütze abgeben und das Expeditionskorps sich derselben edienen. Außerdem führe das letztere vier Gardener⸗Mitrailleusen mit sich. Gleichzeitig bemerkte der Minister, daß die begonnene Um⸗ formation von 533 7 cm⸗Geschützen und die Herstellung von 192 neuen Gebirgsgeschützen in 2 Jahren beendet sein würden. Er sreue sich, 18. zu können, daß das Expeditionskorps marschbereit sei; dasselbe werde auf den Dampfern „Giava, „Singa⸗ pore“ und „Marco Minghetti“ am 20. Juli eingeschifft werden. Der Minister forderte darauf die Offiziere auf, während der Ueberfahrt jederzeit für die Mannschaft zu sorgen, und empfahl ihnen, stets gute Freund⸗ schaft mit der Königlichen Marine zu halten, welche bereits durch ihr Blut den Weg in das Innere Chinas gewiesen habe. Von einem engen Zusammenwirken mit derselben werde zu einem guten Theile der Erfolg abhängen. Schließlich wünschte der Minister Allen glück⸗ lichen Erfolg und frohe Heimkehr.

Spanien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid ist

der Chef der „Nationalen Union“, Paraiso, in Saragossa

von seinem Posten zurückgetreten, an v; aus Gesundheits⸗ rücksichten; man glaube jedoch, daß der Rückgang der Union die wahre Ursache seines Rücktritts sei. In Madrid sei man der Ansicht, daß infolge dieses Rücktritts die Frage der Steuerverweigerung als erledigt angesehen werden könne.

Türkei.

Aus Anlaß der vorgestrigen Feier der 200. Wiederkehr des Jahrestages der Errichtung einer russischen Botschaft in Konstantinopel ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel er⸗ fährt, dem Großvezir und dem Minister des Aeußern von dem Faher von 8,n nd das Großkreuz des Alexander⸗Newaky⸗Ordens verliehen worden.

Rumänien. 5 ““

Aus Bukarest berichtet „W. T. B.“: nachdem die kon⸗ servative und die konstitutionelle Partei sich zum Zweck der Verschmelzung der konservativen und der konstitutionellen Elemente geeinigt hätten, habe gestern das Ministerium Kantakußene im Schlosse Pelesch dem König seine Entlassung ein gereicht und Seiner Majestät empfohlen, Carp mit der Bildung eines Kabinets des konservativen Zu⸗ sammenschlusses zu beauftragen. Der König habe die Demission des Kabinets angenommen.

Amerika.

Die „Times“ meldet, dem „W. T. B.“ zufolge, aus Ottawa vom gestrigen Tage, zwischen Großbritannien, den Ver⸗ einigten Staaten von ika und Rußland

ein Abkommen v worden, nach welchem beabsichtigt

werde, die schwebenden Forderungen wegen der Beschlaanahme

britischer und amerikanischer S. urch russische Kreuzer

im nördlichen Theil des Großen Ozeans einem Schiedsgericht 18”

Ueber die bereits kurz gemeldeten Kämpfe, welche am 13. d. M. um Tientsin stattgefunden haben, liegt heute folgender ausführlicherer Bericht des „Reuter'schen Bureaus“ vor: „Alle verbündeten Truppen mit Ausnahme der zum Schutz der Niederlassungen gebrauchten Schutzmannschaften machten gemeinsam einen Angriff auf die Chinesenstadt und auf die schweren Geschütze der Chinesen im Osten. Bei eröffneten 42 Geschütze der Verbündeten das Feuer auf die Stadt und richteten furchtbare Verheerungen an. Große Gebäude⸗Komplexe geriethen in Brand, und fast alle Geschütze der Chinesen in der Stadt wurden zum Schweigen gebracht. Gleichzeitig griff eine Abtheilung von 1 Russen, unterstützt von kleineren deutschen und französischen Truppenkörpern, die acht Geschütze des Feindes an, welche dieser im Osten der Stadt an der Einbettung der Bahnlinie aufgestellt hatte. Die Geschütze wurden ge⸗ nommen, ebenso eine Befestigung, welche der Feind dort errichtet und mit fünf Kanonen versehen hatte. Das Magazin wurde von den Franzosen in die Luft gesprengt. Zu derselben Zeit machten alle verfügbaren britischen, amerika⸗ nischen, japanischen und österreichischen Truppen, denen sich auch die noch übrigen Franzosen anschlossen, einen Vorstoß und griffen das Westarsenal von neuem an, welches

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die Chinesen nach ihrer kürzlichen Niederlage wieder in

Besitz genommen hatten. Nach dreistündigem Kampfe, dem erbittertsten, der in den bisherigen Kämpfen zu verzeichnen ist, gelang es, durch das ununterbrochene heftige Feuern der japanischen, britischen und französischen Feld⸗Artillerie und der britischen Maschinengeschütze den Feind, der sein Gewehr⸗ feuer mit tödtlicher Sicherheit aufrecht hielt, zu vertreiben. Nachdem das Arsenal geräumt war, gingen die Amerikaner, Franzosen, Japaner und die walisischen Füsiliere auf die Chinesenstadt selbst vor. Die noch übrigen Engländer blieben in der Reserve. Es bestand die Absicht, falls mög⸗ lich, durch einen konzentrischen Angriff aller Truppen die Stadt zu nehmen. Die japanische Infanterie und eine Ab⸗ theilung reitender Artillerie gelangten bis an die Wälle der Stadt, unterstützt von den Amerikanern, der französischen Infanterie und den zur Verstärkung inzwischen angelangten britischen Reserven. Da ein sofortiges Eindringen in die Stadt unmöglich war, lagerten die Truppen vor derselben. Die Verluste der Verbündeten waren äußerst schwer, besonders litten die Franzosen, Amerikaner und Japaner. Das Bombardement rief in der Chinesenstadt mehrere Explosionen hervor. Der Feind hatte augenscheinlich kein rauchloses Pulver mehr, da er mit gewöhnlichem Pulver schoß.“

Am Morgen des 14. Juli nahmen, wie der „Daily Mail“ aus Schanghai gemeldet wird, die verbündeten Truppen den Angriff auf den ummauerten Stadttheil von Tientsin wieder auf. Es 9. ihnen gelungen, eine Bresche in die Mauer zu schießen; sie hätten dann alle Forts ge⸗ nommen; die Chinesen seien in voller Auflösung gewesen. Die Verbündeten hätten von der Ein⸗ geborenen⸗Stadt und ihren Befestigungen Besitz ergriffen. Die Gesammtverluste, welche sie in den Gefechten am Donnerstag,

reitag und Sonnabend erlitten haben, betrügen etwa 800 Mann an Todten und Verwundeten. Die größten Verluste hätten die Russen und die Japaner zu verzeichnen.

In Tientsin ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tokio, am 12. d. M. ein geheimer Bote des japanischen Gesandten Nishi aus Peking mit einem Schreiben vom 29. Juni eingetroffen. Nach diesem Schreiben wurde die Gesandtschaft täglich bombardiert. Es war Mangel an Munition eingetreten, und die Niedermetzelung stand bevor. Der Gesandte hoffte auf baldige Hilfe. Der Bote berichtet, daß alle fremden Gesandten sich in der britischen Gesandt⸗ schaft befanden; man befürchtete, daß nach dem 1. Juli keine Lebensmittel mehr zu erhalten sein würden. Der Korrespondent der „Daily Mail“ in Schanghai will erfahren haben, daß der Prinz Tsching und andere fremden⸗ freundliche hohe Beamte dem Zolldirektor Sir Robert Hart den Vor⸗ schlag gemacht hätten, verkleidet zu flüchten, was ihm dadurch, daß er fließend chinesisch spreche, leicht geworden wäre. Hart habe sich aber geweigert, allein zu fliehen und die anderen Aus⸗ länder zu verlassen. Zweimal, und zwar das letzte Mal am 5. Juli, habe Hart den Prinzen Tuan brieflich ersucht, das Leben der Fremden zu schonen, jedoch keine Antwort erhalten. Am 6. Juli soll Hart getödtet worden sein. Der Eisenbahn⸗Direktor Scheng in Schanghai dementiert, einem Telegramm des dortigen französischen Konsuls zufolge, die Nachricht von der Niedermetzelung der Gesandten in Peking.

Aus Chabarowsk wird der „Russischen Telegraphen⸗ Agentur“ unter dem 14. d. M. berichtet, daß der Dampfer „Großfürst Alexei“ 300 Frauen und Kinder von Bahn⸗ bediensteten aus Charbin dorthin gebracht habe. 40 Werst von Charbin sammele sich der chinesische Landsturm. Das Lager und die Zelte habe man von dem Dampfer aus sehen können. Die

Hehhenfle seien unversehrt, die Schiffahrtssignale und das

ahrwasser frei. Die dänische Missionsgesellschaft in Kopenhagen erhielt telegraphische Nachrichten vom 17. d. M., nach welchen die dänische Missionsstation in Jung⸗ kwan⸗tung auf der Halbinsel Liaotong zerstört, die Missionare jedoch gerettet seien. Dieselben befänden sich in Chemulpo. b

Die französischen Missionare sind mit Ausnahme von dreien, einem Telegramm des französischen Konsuls in Tschifu vom 10. d. M. zufolge, dort eingetroffen.

Aus Schanghai wird der „Daily Mail“ vom 17. Juli gemeldet, daß Nachrichten dorthin gelangten, denen zufolge am 9. Juli in Tayen, der Hauptstadt von Schansi, vierzig Ausländer und hundert chinesische Christen niedergemetzelt worden seien. Tausende gut bewaffneter Chinesen be⸗ fänden sich in der Umgegend von Schanghai. Die fremden⸗ Enche Bewegung verbreite sich schnell in Mittel⸗ und Süd⸗ China.

In Hankau ist, nach einem Telegramm des dortigen französischen Konsuls vom 11. d. M., an diesem Tage noch alles ruhig gewesen. Der Vize⸗König habe Maßnahmen getroffen, um Unordnungen in seinem Gebiete vor ubeugen. Das europäische halte die Bahnlinie Hankau Peking bis zum 215. Kilometer besaßt ie Frauen und Kinder derselben seien jedoch nach Hankau gebracht worden. Der apostolische Vikar in Honan aber telegraphiere, daß er an

seinem Sitze Nan⸗yang⸗fou angegriffen worden sei, und der apostolische Vikar im nördlichen Hupe berichte, daß die Missions⸗ anstalten in Siang⸗yang zerstört worden seien und es den Anschein habe, als oh die Aufstandsbewegung sich von Peking aus nach dem Süden ausbreite. Der französische Fenint in Tschung⸗king meldet vom 11. Juli, daß in der

rovinz Sztschwan zur Zeit alles ruhig sei, daß aber die Konsuln im Hinblick auf die Möglichkeit von Ruhestörungen einen Dampfer zurückgehalten hätten, welcher gegebenen Falles die Europäer fortbringen könne.

Der Vize⸗König Li⸗Hung⸗Tschang ist, wie der Konsul der Vereinigten Staaten in Canton nach Washington be⸗ richtet, gestern von dort abgereist, nachdem er in der vorher⸗ gegangenen Nacht ein Edikt erhalten durch welches er zum Vize⸗König von Tschili ernannt und angewiesen worden sei, sich sofort dorthin zu begeben. In Canton, wo französische Kanonenboote eingetroffen seien, werde befürchtet, daß die Abwesenheit Li⸗Hung⸗Tschang’s An⸗ laß zu Ruhestörungen geben werde. Der Vize⸗König sei deshalb vorgestern in Canton von allen fremden Konsuln aufgesucht worden; es sei denselben aber nicht gelungen, ihn von der Reise nach dem Norden abzuhalten. Im Laufe der Unterredung mit den Konsuln habe Li⸗Hung⸗Tschang seiner großen Be⸗ sorgniß bezüglich der fremden Gesandten in Peking Ausdruck gegeben. Er habe den Konsuln erklärt, daß er von dem britischen Premier⸗Minister Lord Salisburyh und dem französischen Minister des Auswärtigen Delcassé gleich⸗ lautende Mittheilungen erhalten habe, in denen sie für ihre Gesandten Schutz verlangten und, falls dieselben ge⸗ tödtet würden, die verantwortlichen hohen chinesischen Beamten mit Todesstrafe bedrohten. Diese Mittheilungen habe er der Kaiserin⸗Wittwe übermittelt, und er hege keinen Zweifel, daß dieselben viel zur Rettung der Gesandten beitragen würden. Die Chinesen e dem „Reuter'schen Bureau“ sufolge⸗ Li⸗Hung⸗Tschang habe sein vizekönigliches Siegel mit⸗ genommen, um dadurch zu verhindern, daß in seiner Abwesenheit Proklamationen erlassen werden können. Ein aus Canton gestern in Hongkong eingetroffener Dampfer hat die Nachricht überbracht, daß die Chinesen hinter den Bogue⸗Forts ein Militärlager errichteten. Der Oberbefehlshaber der Schwarzflaggen Liu⸗lee habe den Befehl erhalten, mit seinen Leuten 85 dem Landwege nach Peking zu gehen. Nach der Ansicht der Chinesen sei es während der Abwesenheit Li⸗Hung⸗Tschang’s um die Sicherheit Cantons besser bestellt, wenn Liu⸗lee, der den früheren Vize⸗König Nan terrorisiert habe, sich fern von Canton befinde.

Aus Tokio meldet „W. T. B.“ vom 14. d. M., der Kaiser und die Kaiserin hätten Abgesandte an die in China Verwundeten der alliierten Truppen, welche in Yoko⸗ hama und Nagasaki liegen, entsandt; auch habe die japanische Gesellschaft vom Rothen Kreuz eine größere Anzahl von Krankenpflegerinnen nach Nagasaki abgeschickk.

Afrika.

Der „Daily Expreß“ meldet aus Beira vom 17. d. M., der dortige britische Konsul Me Master habe einen Dolch⸗ stich ins Genick erhalten; an der Erhaltung seines Lebens werde gezweifelt. Der Thäter sei verhaftet worden.

Aus Pretoria berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß am 16. Juli die Buren den linken Flügel der Stellung des Generals Pole⸗Carew ohne Erfolg angegriffen hätten. Pole⸗ Carew habe eine scheinbare Lücke in seiner Vertheidigungsstellung gelassen, welche jedoch durch das Feuer seiner Schiffs⸗ und Feld⸗ geschütze habe bestrichen werden können. Die Buren seien Lecg, vorgegangen, als die britische Artillerie plötzlich ein heftiges Feuer auf sie eröffnet habe, sodaß jene hätten zurückgehen müssen. Auf Springs sei ebenfalls ein Angriff der Buren gemacht worden, wo sie nach heftigem Kampf bis auf 50 Yards an die Stellung des Royal Irish⸗ Regiments herangekommen seien. Auf die Aufforderung, sich zu ergeben, habe das Regiment als Antwort eine Salve abgegeben, welche den Feind nach allen Richtungen zer⸗ streut habe.

Ferner wird dem eee Bureau Folgendes aus Pretoria gemeldet: „Nachdem die hiesigen Behörden in Kenntniß gesetzt worden waren, daß eine Anzahl vagabondierender, in schlechtem Rufe stehender Ausländer aus Johannesburg, die während des Krieges hierher gekommen waren, Unruhen zu stiften und sich einem Burenkommando, mit dem sie in Verbindung standen, anzuschließen beabsichtigten, wurden 380 solcher Aus⸗ länder verhaftet. Den Konsuln wurde die Mit⸗ theilung gemacht, daß die Verhafteten wieder freigelassen würden, wenn die Konsuln für ihre gute Haltung einstehen.“

Die K konsernte und der Seidenmarkt Italiens.

Der Kaiserliche General⸗Konsul in Mailand berichtet unter dem 4. d. M. Folgendes:

Die Kokonsernte und der Seidenmarkt Italiens im laufenden Jahre weisen wesentlich andere Ergebnisse auf als im Vorjahre.

Die Kokonsernte bezifferte sich im Jahre 1899 auf 41 ½ Millionen Kilogramm und stellte einen Seidenertrag von 3 360 000 kg dar. Die Ernte war somit eine besonders gute und Überschritt die Durchschnittsernten sowohl in Bezug auf die Gesammtmenge der ge⸗ ernteten Kokons, als binsichtlich des Seidengehalts. Der letztere Umstand wirkte günstig auf die Kokogspreise ein, die trotz der sehr befriedigenden Ernteergebnisse die Höhe von 4 bis 5 Lire für das Kilo⸗ gramm reiner gelber Kokons erreichten. Die Seidenzüchter konnten hiernach mit Genugthuung auf die erzielten Gewinne blicken.

Noch günstiger gestaltete sich die Lage der Spinner im Jahre 1899, die infolge der 53687 Nachfrage nach Seldenstoffen und mit Hülfe der Spekulation die Rohseide zu sehr hohen Preisen an die

eber absetzen konnten. Sie bekamen Mitte Juni für klassische Gregie 118 53 bis 54 Lire*) und für sublime Gregie ³0, 52 bis 53 Lire. In der zweiten Hälfte des Jahres 1899 stiegen die Preise 7 1gh Gregie 1, 3 bis auf 62 Lire und für sublime Gregie 10⁄ is au ire.

Ein anderes Bild jeigt das laufende Jahr 1900. Infolge der erzielten guten Gewinne ließen sich die Züchter bestimmen, in diesem Jahre etwa 10 % mehr Seidensamen auszulegen als im Jahre 1899. Unter gleich günstigen Verhältnissen wie im Jahre 1899 hätte man also in der laufenden Kampagne auf einen entsprechend höheren Ertrag rechnen können. Diese Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht. Der späte Beginn des Frühlings in Verbindung mit der lange andauernden feuchten und kalten Witterung en. die Entwickelung der Blätter der Maulbeerhäume und brachte ein Laub hervor, das sich weniger gut für die Aufzecht der Seidenraupen eignete und an manchen Orten theuer bezahlt wurde. Dies zusammen mit dem Auftreten von Krank⸗

*) Die Preiznotierungen verstehen sich für das Kilogramm ge⸗ trocknete Rohseide.