1900 / 251 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Oct 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Der Fürst zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst ist gestern Abend in Baden⸗Baden eingetroffen. desra

Hessen.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Heinrich von Preußen trafen gestern zum Besuch Fhrer Königlichen Hoheiten des und der

roßherzogin in Wolfsgarten ein und setzten Abends die Reise nach Kiel fort. vI111A1A4A4X*“

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Oesterreich⸗Ungarn.

Im Justizausschuß des ungarischen Unter⸗ hauses wurde gestern über die Gesetzvorlage, betreffend die Eheschließung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este, verhandelt. Gegenüber den von der Opposition erhobenen Einwendungen erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister⸗Präsident von Szell, daß die morganatische Ehe ein auf dem ganzen Kontinent anerkanntes Rechtsinstitut sei. Die Erklärung des Erzherzogs besage, daß er eine morganatische Ehe schließe; die aus dieser Ehe etwa hervorgehenden Kinder seien keine 88 Nur Erzherzoge aber seien im Sinne der Pragmatischen Sanktion thronfolgeberechtigt, Kinder aus dieser Ehe des Erzherzogs Franz Ferdinand seien also von der Thronfolge ausgeschlossen. Eine Aenderung der Thronfolgeordnung sei nicht eingetreten. Er der Minister⸗ Präsident sei der Ansicht gewesen, daß dieser Vor⸗ gang im Herrscherhause dem Reichstage habe zur Kenntniß ge⸗ bracht werden müssen, und daß die Erklärung des Erzherzogs in die Gesetzsammlung werden solle. Die Haus⸗ gesetze der Dynastie enthielten nichts, was der Pragmatischen Sanktion widerspreche. Die Verhandlung soll heute fortgesetzt werden. 8

Großbritannien und Irland.

Unter dem Vorsitz der Königin fand am Donnerstag in Balmoral eine Sitzung des Geheimen Raths statt; es heißt, das Parlament sei vorläufig auf sechs Wochen vertagt worden.

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Frankreich.

Der Pariser Gemeinderath hat, wie „W. T. B.“ berichtet, den von dem Seinepräfekten vorgelegten Budget⸗ entwurf der Stadt Paris abgelehnt, da in demselben behufs Deckung der Kosten von Neubauten Steuerzuschläge in der Höhe von 11 Millionen Francs beantragt werden.

Rußland.

Der Minister⸗Resident beim päpstlichen Stuhle Tscharykow ist, wie „W. T. B.“ meldet, zum Gesandten in Belgrad ernannt worden. 1 8 d“

Der Senat hat, dem „W. T. B. zufolge, gestern den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Alkohol⸗ abgabe, angenommen; die Deputirtenkammer ge⸗ nehmigte den Gesetzentwurf über die Salinen.

Die „Agence Roumaine“ meldet, das Ministerium des Auswärtigen habe dem rumänischen diplo⸗ matischen Agenten in Sofia behufs Uebergabe an die bulgarische Regierung eine authentische Ueber⸗ setzung des Beschlusses der Anklagekammer übermittelt, durch welchen 22 der materiellen und intellektuellen Urheber⸗ schaft sowie der Mitschuld an den Morden bezichtigte Bulgaren vor das Schwurgericht verwiesen werden. Das Ministerium werde die weiteren Aktenstücke in dieser An⸗ gelegenheit, sobald sie einliefen, ebenfalls dem Agenten zustellen.

Schweden und Norwegen.

Wie „W. T. B.“ aus Stockholm vom gestrigen Tage meldet, hatte der König eine gute Nacht verbracht, die Kräfte nehmen zu, und der Husten läßt nach. Tägliche Krankheits⸗ berichte werden nicht mehr ausgegeben werden.

Amerika.

Einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus

Washington zufolge hat die chinesische Regierung an die Regierung der Vereinigten Staaten die Bitte gerichtet, daß die Verhandlungen in Peking heute beginnen möchten. Eine Antwort auf die chinesischen Vorschläge habe das Staatsdepartement bisher noch nicht ertheilt, es heiße indessen, daß die Regierung die chinesischen Angebote nicht als ausreichend ansehe. Der amerikanische Gesandte in Peking Conger habe der Regierung mitgetheilt, daß die Echtheit des chinesischen Edikts über die Bestrafung der Würdenträger in Peking in Frage gestellt werde. Der Präsident Me Kinley⸗ erhielt ein Schreiben des Kaisers von China. In seiner Antwort auf diesen Brief spricht der Präsident die Hoffnung aus, daß die Verhandlungen beginnen würden, sobald die be⸗ leidigten Regierungen davon überzeugt seien, daß der Kaiser im stande sei, die Hauptschuldigen mit der gebührenden

Strenge 8 bestrafen. In New York 955 Depeschen aus Panama

vom 8. d. M. besagen, daß der Bürgerkrieg in Columbien fortdauere; das Land werde allmählich aller Hilfsquellen beraubt, das Innere des Landes sei verwüstet.

Ein aus drei Schiffen bestehendes brasilianisches Geschwader mit dem Präsidenten Salles an Bord ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern von Rio de Janeiro nach Buenos Aires in See gegangen, wo der Präsident den 15

im vorigen Fahre von dem Präsidenten von Argentinien

gemachten Besuch erwidern will.

Asien.

Am 16. d. M. ist, wie „W. T. B.“ meldet, in London zwischen dem Kaiserlichen vesanfee Grafen von Hatzfeldt und dem britischen Premier⸗Minister Lord Salis bury durch Notenaustausch die folgende Vereinbarung getroffen worden:

„Die Kaiserlich deutsche Regierung und die Königlich

roßbritannische Regierung, von dem Wunsche geleitet, ihre Brmbressen in China und ihre Rechte aus bestehenden Ver⸗

1 iinnd übereingekommen, für ihre beiderseitige Politik in China nachstehende Grundsätze zu beobachten:

1) Es entspricht einem gemeinsamen und dauernden inter⸗ nationalen Interesse, daß die an den Flüssen und an der Küste Chinas gelegenen afen dem Hande

trägen aufrecht zu erhalten,

und jeder sonstigen

erlaubten wirthschaftlichen Thätigkeit für die Angehörigen aller Nationen ohne Unterschied sre⸗ und offen bleiben; und die beiden Regierungen sind miteinander einverstanden, dies ihrerseits für alles chinesische Gebiet zu beobachten, wo sie einen Einfluß ausübem können. ““

2) Die Kaiserlich deutsche Regierung und die Königlich großbritannische Regierung wollen ihrerseits die gegenwärtige Verwickelung nicht benutzen, um für sich irgend welche territorialen Vortheile auf chinesischem Gebiet zu erlangen, und werden ihre Politik darauf richten, den Territorialbestand des chinesischen Reichs unvermindert zu erhalten. 1

3) Sollte eine andere Macht die chinesischen Komplikationen benutzen, um unter irgend einer Form solche territorialen Vortheile sn erlangen, so behalten beide Kontrahenten sich vor, über etwaige Schritte zur Sicherung ihrer eigenen Interessen in China sich vorher unter einander zu verständigen.

4) Die beiden Regierungen mwerden diese Uebereinkunft den übrigen betheiligten Mächten, insbesondere Frankreich, Italien, Japan, Oesterreich⸗Ungarn, Rußland und den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika, mittheilen und dieselben ein⸗ laden, den darin niedergelegten Grundsätzen beizutreten.“

Nach einem Telegramm des „Standard“ aus Schanghal ist dort die Nachricht eingelaufen, daß der Kaiserliche Hof am Tunkwan⸗Paß, wo die Provinzen Schansi, Schensi und Honan zusammenstoßen, angekommen sei. Man glaube, daß er am 19. d. M. in Singanfu eintreffen werde, welches noch 80 Meilen weiter nach Westen liege.

Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus YNokohama vom gestrigen Tage meldet, hat der Kaiser von Japan am 10. d. M. auf ein Schreiben des Kaisers von China, in welchem dieser ihn dringend ersuchte, seinen Einfluß zur Wiederherstellung des Friedens und Bewahrung des bis⸗ herigen Zustandes in Ost⸗Asien geltend zu machen, erwidert: wenn der Kaiser Kwangsü die Wiederherstellung des Friedens wirklich wünsche, so werde er alle reaktionären Beamten aus ihrer Stellung entfernen, an ihrer Statt liberale Staatsmänner ernennen und eine neue se einrichten. Ferner spricht der Kaiser von Japan den Wunsch aus, der Kaiser Kwangsü möge, statt nach Schensi zu gehen, sofort nach Peking zurück⸗ kehren, die Stimmung des Volks beruhigen und unzweideutige Beweise seines Bedauerns über die gegen die Vertragsmächte begangenen Frevel liefern; dadurch werde er einen unbestreit⸗ baren Anspruch auf Rücksicht seitens der fremden Regierungen begründen.

Die „Politische Korrespondenz“ erfährt, den Mächten liege ein japanischer Vorschlag vor, nach welchem zur Er⸗ leichterung und Beschleunigung der Verhandlungen wegen Beilegung der Wirren in China die Vertreter der Mächte in Pering ermächtigt werden sollten, kollektiv in Ver⸗ handlungen mit den E““ Bevollmächtigten ein⸗ zutreten. Diese Anregung solle wegen ihrer politischen Vor⸗ theile beifällige Aufnahme gefunden haben.

Am Morgen der Ankunft des General⸗Feldmarschalls Grafen von Waldersee besichtigte dieser, wie das „Reuter’sche Bureau“ berichtet, alle Truppen, ausgenommen die durch ander⸗ weitigen Dienst behinderten, in den Straßen der Stadt. Die gesammten Truppen begleiteten sodann den Grafen von Waldersee nach seinem Absteigequartier.

Der deutsche Gesandte Dr. Mumm von Schwarzen⸗ a. trifft, dem „W. T. B.“ zufolge, Vorbereitungen zu einer Abreise von Tientsin nach Peking. Der russische Ge⸗ sandte von Giers hat am Mittwoch die Reise nach Peking angetreten. 1

Das deutsche Truppen⸗Transportschiff „Andalusia“ ist am 17. d. M. in Taku angekommen. Nach amtlichen, in Berlin eingetroffenen Nachrichten aus Tsingtau ist durch den Wirbelsturm vom 14. d. M. (s. Nr. 246 d. Bl.) ein Chinese getödtet und der Zivil⸗Ingenieur Scheithauer schwer verletzt worden.

Eine in London eingetroffene Depesche des britischen Generals Gaselee aus Tscho⸗tscho vom 14. Oktober besagt: Das Land ist ruhig, die Leute sind freundlich gesinnt. Die chinesischen regulaͤren Truppen ziehen sich zurück. Es sind reichlich Lebensmittel vorhanden. Die Orts⸗ behörden scheinen alle Anstrengungen zu machen, um die Boxer niederzuwerfen. Der General Campbell, welcher von Tientsin aus mit der Expedition des Generals Gaselee gegen Paoting⸗fu kooperiert, meldet in einer Depesche vom 13. Oktober: „Ich kam mit den Truppen in Tinlin an, alles ist wohl, das Land ist ruhig, die Truppen sind im besten Gesundheitszustand, Vorräthe stehen zur Verfügung.“ Derselbe meldet weiter vom 14. Oktober: „Ich erreichte Wangschiafu. Der erste Theil des Marsches war schwierig wegen heftiger Regenfälle. Die Leute sind freundlich und liefern reichlich Vorräthe“; ferner vom 15. Oktober: „Nach einem Eilmarsch von 22 Meilen erreichte ich die befestigee Stadt Menanhsien, nahm unter⸗ wegs 20 berittene Boxer gefangen und erbeutete eine große Menge Maulesel und Pferde. Die Truppen marschierten aus⸗ gezeichnet. Der Gesundheitszustand ist vortrefflich. Lebens⸗ mittel sind reichlich vorhanden“; vom 16. Oktober: „Ich erreichte Schangschiawo. Alles ist wohl. 2000 Mann chinesischer Kavallerie zogen sich südwärts zurück, als wir heranrückten, ohne Widerstand zu leisten.“

Aus New York wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß dort die Nachricht eingetroffen ist, der Taotai von Wangtschiafu habe dem General Campbell mitgetheilt, daß eine Truppenabtheilung wahrscheinlich Franzosen oder Deutsche die Boxer in der Umgegend von Wenan am 9. Oktober auseinandergetrieben und ihnen schwere Verluste beigebracht, auch verschiedene Dörfer niedergebrannt habe. Der General Chaffee habe angeordnet, daß zwei Kom⸗ Piaee des 9. Regiments sich als Garnison nach Tientsin

egeben sollten.

Die Boxer in der Kensgen⸗ von Tungtschau ent⸗ wickeln, wie das „Reuter’'sche Bureau“ aus Peking vom 17. d. M. meldet, eine lebhafte Thätigkeit. An mehreren Plätzen seien Aufrufe an die Bevölkerung angeschlagen worden, worin diese aufgefordert werde, die Waßen gegen die Fremden 8 ergreifen. Zugleich werde behauptet, Li⸗Hung⸗Tschang

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ei nach dem Norden zu dem besonderen Zwecke gekommen, en Widerstand gegen die Europäer zu organisieren, unter 88 Führung sei der -Sg gesichert. Diese Behauptung abe offenbar nur den Zweck, die Unentschlossenen unter den Boxern zu veranlassen, von neuem für ihre Sache einzutreten. Die Boxer hätten vor einigen Tagen mehrere Häuser 12 Meilen von Tungtschau niedergebrannt. Den Fremden freund⸗ lich gesinnte Chinesen behaupteten, eine Anzahl verzweifelter

Subjekte Peking zurückgekehrt in der Hoffnung, im

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] der deutschen kriegerischen Expedition nach Ost⸗Asien und

Dienste der Fremden Verwendung zu finden, und mit der A sicht, Räubereien und Brandstiftungen zu begehen, wo imm 8 sie günstige Gelegenheit dazu fäͤnden. et

Dem „Standard“ wird gemeldet, daß eine Anzahl Boxer, welche durch den Vormarsch der verbündeten Truppe von Paoting⸗fu nach Süden vertrieben war, in der Provim Schantung eine Zuflucht zu finden suche. Ihr Er scheinen verursache daselbst neue Aufstände und christenfeind⸗ liche Erhebungen. Der Gouverneur treffe kräftige Maßnahmen zur Unterdrückung der Unruhen.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aug Schanghai vom gestrigen Tage, berichten dortige chinesische Blätter, Kangji sei todt. Die chinesischen Beamten hätten jedoch keine Bestätigung dieser Nachricht erhalten, und di Vertreter des Auslandes schenkten der Meldung keinen Glauben

Dasselbe Bureau berichtet aus Hongkong vom 19. d. M. der Militär⸗Mandarin in Samtschun theile mit, die Truppen des Admirals Ho seien auf Rebellen gestoßen, von denen etwa 100 getödtet worden seien; die Rebellen hätten sich nördlich vom Ostflusse zurückgezogen. Wie indessen aus Canton berichtet werde, mache der Aufstand am Ostflusse große Fortschritte: derselbe sei weit verbreitet und erinnere an den Taiping⸗Auf⸗ stand. Die Missionen blieden unbelästigt.

Ein Depesche des „New York Herald“ aus Hongkong vom 18. d. M. meldet: Die Aufrührer hätten unweit von Huichau wo ihr “] sei, eine starke Stellung eingenommen. Ihre Anführer, die offenbar Anhänger Kangju wei's seien hätten einen Aufruf erlassen, in welchem sie sagten, China sei auf Gnade und Ungnaͤde seinen Feinden ausgeliefert, und für diesen Zustand seien allein die Mandarinen verantwortlich. Eine Abtheilung Aufständischer sei nordwärts in der Richtung auf Canton gegangen. An der britischen Grenze sei alles ruhig.

Wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet ward, heißt es in dem gestrigen Berichte des russischen General⸗ stabes: Der Kommandeur des II. sibirischen Armee⸗Korps, Generalleutnant Baron Kaulbars, telegraphierte aus Kirin an den Kriegs⸗Minister: Ich traf am 9. d. M. in Kirin ein und wurde von dem chinesischen General⸗Gouverneur festlich empfangen. Bei einem Festmahl brachte letzterer einen Trink⸗ spruch auf den Kaiser von Rußland aus. Der Gesund⸗ heitszustand der Truppen ist gut. 16 1

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Ein Telegramm des Feldmarschalls Lord Roberts aus Pretoria vom 18. d. M. meldet: Einer Abtheilung Buren sei es in der Nacht zum 16. d. M. gelungen, in Jagers⸗ fontein einzudringen. Am nächsten Morgen hakbe sich ein Kampf entsponnen, bei welchem die Verluste der Engländer 9 Todte und 2 tödtlich Verwundete betragen hätien. Die Buren hätten ihren Kommandanten und 20 Todte verloren. Der General Kelley⸗Kenney habe am 17. d. M. Truppen fatan ah. welche am 18. d. M. in Jagersfontein eintreffen ollten.

Aus Mafeking vom 18. d. M. berichtet das „Reuter'sche Bureau“, ein amtliches Telegramm besage, daß der General Lord Methuen und der Oberst Douglas in Zeerust ein⸗ getroffen seien, nachdem sie mit Delarey und Lemmer ein mehrtägiges Gefecht gehabt hätten.

Die Eisenbahnbehörden in Lourenço Marques haben, wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, die Anweisung erhalten, das sämmtliche inländische rollende Material der britischen Militär⸗Eisenbahnverwaltung, soweit diese es wünsche, zur Verfügung zu stellen.

Parlamentarische Nachrichten.

raf Klemens von Schönburg⸗Glauchau, Mitglied in Berlin ge⸗

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des Herrenhauses, ist geste storben.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In dem Ausstand der Solinger Arbeiter (vergl. Nr. 204 d. Bl.) ist, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ berichtet, nunmehr eine Einigung erzielt worden. Die Bedingungen, unter denen dies geschehen ist, sind im wesentlichen folgende: Die Arbeit wird in allen Betrieben sofort wieder aufgenommen. Die Fabrikanten verpflichten sich, die neueinzustellenden Arbeiter aus der Zahl der Ausständigen zu nehmen. Eine Kommission von je fünf Fabrikanten und fünf Arbeitern soll eine Preisregulierung vornehmen, nach welcher die neuen Preise bereits am 1. Januar 1901 in Kraft treten können. Falls bis dahin hierüber eine Einigung nicht erzielt ist, soll die augenblicklich als Einigungsamt tagende Kom mission die Erledigung der Angelegenbeit in die Hand nehmen, eventuell unter Zuziehung des Gewerbe⸗Inspektors als Obmanns. Des letzteren Schiedsspruch soll für betde Theile bindend sein. Bis zum Jnkraft⸗ treten des neuen Preisverzeichnisses sollen die vor Beginn des Aus⸗ standes gezahlten Löhne weitergezahlt werden. Ferner soll eine Ver⸗ gleichskammer zwischen beiden Vereinea geschaffen werden. Hinsicht⸗ lich der Reider⸗Aussperrung (vergl. Nr. 212 d. Bl.) steht die Be⸗ schlußfassung noch aus.

In Leipzig haben, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, die Graveure, Ziseleure und Angebörige verwandter Berufe eine Lohnbewegung begonnen. Sie beschlossen, von den Arbeitgebern die Verkürzung der Arbeitszeit von 9 auf 8 ½ Stunden ohne Lohnkürzung zu verlangen und alle Ueberstundenarbeit zu verweigern, bez. für durchaus dringende Fälle einen Lohnzuschlag von 25 % zu fordern

Aus Hamburg wird der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt, daß die dortigen Buchbindergebilfen gleichfalls eine Lohnbewegung be⸗

onnen haben. Sie fordern für männliche Arbeiter: neunstündige

Arbeitszeit, Mindestlohn von 21 für Ausgelernte, nach Ablauf eines Jahres 24 ℳ, eine Erhöhung um 10 % für die Gehilfen, die davon nicht berührt werden, und für Aushilfe 4,50 pro Tag; für weibliche Arbeiter einen Mindestlohn von 13,50 ℳ, für Lehrmädchen zunächst 9 ℳ, nach einem halben Jahr 10 ℳ, nach einem Johr 13,50 ℳ; ferner 20 % Zuschlag bei Accordarbeit nach dem Leipziger Tarif, Bezahlung der Fefertage, Beschränkung von Ueberzeit⸗, Accord⸗ und Sonntagsarbeit und Erhöhung des Tarifs um 33 ¼ bis 50 % für solche, endlich Anerkennung des Arbeitsnachweises der Zahlstelle Ham⸗ burg des Deutschen Buchbinder⸗Verbandes. Die Heünstzale sind auf⸗ gefordert worden, sich hierüber bis zum 24. d. M. zu äußern.

Nach einer Meldung desselben Blattes sind in Pont⸗de⸗ 1'Arche an der Seine die Strumpfweber und in Brüssel. etwa 900 Arbeiter einer dortigen Leinewandspinnerei und Weberei ausständig. b

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Im wissenschaftlichen Theater der „Urania“ sprach am Mittwoch Abend Professor Dr. von Drygalski über „Plan und Aufgaben der deutschen Südpolar⸗Expedition“. Zwischen der jetzt ge⸗

Messerschlägerei⸗

friedlichen zum Südpol findet der Redner einen Zusammen⸗

beide sind Ergebnisse des deutschen National⸗Aufschwunge, werden datu helfen, die Geltung Deutschlands unter den stem der Erde zu erhöhen und im besonderen die Erfolge Vößszer Forschung, abweichend von früher, auch an erster g le dem deutschen Volke zu gute kommen zu lassen. 82 Südpolar. Expedition wird auf einem z. Z. noch auf der Die aldt'schen Werft in Kiel im Bau begriffenen Schiff am 1. August hor den Hamburger Hafen verlassen. Auf der Fahrt nach Kapstadt, 19 die zwei Monate in Aussicht genommen sind, sollen die wissen⸗ baftlichen Untersuchungen im füdatlantischen Ozean mit Messungen Meerestiefen beginnen, um die Verhältnisse eines unterseeischen vhebirgsrückens zu bestimmen, welcher, bisher wenig bekannt, den Ozean etwa in der Höhe der Walfischbay zu durchqueren cheint. Diese Untersuchung mittels zahlreicher Lothungen ist von scenderem Interesse für den Hauptzweck der Expedition, weil hier, wie uch die Meeresfauna und die vorgefundenen Tang⸗Arten zu beweisen sheinen, eine Art Abschluß des Atlantischen Ozeans gegen das füdliche giemeer vorzuliegen scheint, dessen physische und biologische Verhält⸗ isse zu bestimmen von Wichtigkeit ist. Kapstadt soll in süd⸗ gsllicher Richtung am 1. Oktober 1901 verlassen werden. Anfang November denkt man auf der unterm 70. Grade östlicher Länge von Greenwich, also 50 ° östlich vom Kap, unter 520 S. B. elegenen Kerguelen⸗Inselgruppe anzukommen und auf dem Wege Hahin die Prince Edward⸗ und die Croset⸗Insel anzulaufen. Die vor wei Jahren in diese Meerestheile eingedrungene deutsche Tiefseeforschungs⸗ Expedition auf der „Valdivia“ hat vom Kap aus einen südsüdwestlichen Kurs auf die etwa unterm Meridian von Greenwich gelegene, bei dieser Gelegenheit wiederentdeckte Bouvet⸗Insel genommen und südlich derselben ungeahnte, sehr bedeutende Meerestiefen festgestellt. Die Aufgabe der neuen Erpedition wird es u. a. sein, genau zu ermitteln, ob sich diese Meerestiefen auch weiter nach Osten bis zum 70. und 90. Meridian östlicher Länge erstrecken oder ob, wie in der Nähe der Prince Edward⸗ und Croset⸗Inseln bereits wahrscheinlich gemacht, nach NO. und dem Indischen Ozean zu Verflachung eintritt. Auf den Frankreich zugehörigen Kerguelen⸗Inseln, die einen an seinen West⸗ küsten vornehmlich noch ziemlich unbekannten Archipel darstellen, wird für die Dauer der Expedition eine Beobachtungsstation eingerichtet und ein Theil, des wissenschaftlichen Stabes hier zurückgelassen werden. Welcher Platz für die Station zu wählen, ob auf der Hauptinsel an deren NO.“ oder besser auf einer kleineren Insel an deren Westküste, soll erst an Ort und Stelle entschieden werden. Ende November oder Anfang Dezember wird das Schiff dann seinen südsüdöstlichen Kurs bis etwa zum 90. Meridian wieder auf⸗ und nach Erreichung der letzteren Richtung nach Süden nehmen, somit in bisher noch gänzlich unbekannte Gebiete einzudringen ver⸗ suchen, welche zwischen dem gegenüber Australien gelegenen Victoria⸗ und Wilke's Land einerseits und dem gegenüber Süd⸗Afrika gelegenen Enderbyv⸗ und Kemp⸗Land andererseits sich auf eine ungehbeure Entfernung erstrecken. Die Erwägungen, welche diesem Plan zu Grunde liegen, sind folgende: Südlich von dem nur in langgestreckten Küstensäumen bekannten Victoria⸗ und Wilke's Land scheint der magnetische Südpol gelegen, denn die Richtungslinien der Magnetnadel, wie sie an verschiedenen Punkten des südlichen Eis⸗ meeres bestimmt worden sind, schneiden sich rückwärts verlängert un⸗ gefähr an diesem Punkte. Andererseits liegt derjenige Punkt, wo eine durch den bekannten magnetischen Nordpol und den Erdmittelpunkt ezogene Achse die Erdoberfläche auf der füdlichen Halbkugel trifft, auch babiefem Theil des Polargebietes, der zu erreichen gesucht wird. In jedem Fall erscheint das Gebiet somit als besonders aussichtsvoll für erd⸗ magnetische Forschungen, und da es außerdem gänzlich unbekannt, so ist auch für die geogeaggische Forschung hier noch alles zu gewinnen. Nach⸗ richten über die Eisverhältnisse lassen außerdem hoffen, daß dem Vor⸗ dingen in dieser Richtung keine unübersteiglichen Hindernisse bereitet sein werden. Vielleicht erreicht man auf diesem Wege die West⸗ lüste von Wilke’'s und Victoria⸗Land, dessen schon bekannte beträchtliche Erstreckung von Osten gegen Westen eine Fort⸗ setzung in letzterer Richtung vermuthen läßt, vielleicht wird auch ein anderer Theil des vermutheten Kontinents oder Archipels entdeckt. In jedem Fall ist noch im Winter 1901 auf 1902, also im antarktischen Sommer, die Errichtung einer Station an einem passenden Punkte beabsichtigt, auf der ein ganzes Jahr auszubalten der Vorsatz ist, um endlich ein Beobachtungsmaterial zu gewinnen, das eine ganze Jahresperiode an einem Punkt umfaßt, nicht bloß kürzere oder längere Zeit fortgesetzte Beobachtungen auf sehr vielen Punkten, wie sie sich bei einer Seereise ergeben. Von diesem festen Punkt aus sollen dann im Herbst 1902, also im antarktischen rühjahrsbeginn, womöglich auf drei von gezogenen chlitten, Vorstͤße in der Richtung na dem Südpol unternommen werden. Bis zum Beginn dieser Aktion denkt man bemüht zu bleiben, in der Nähe der Beobachtungsstation kleinere Forschungsreisen, eventuell unter Benutzung eines mitgeführten Naphtha⸗ Boots, auszuführen. Die Hunde werden 50 in der Zahl der Expedition auf einem deutschen Dampfer via West⸗Australien von Kamtschatka aut nach den Kerguelen⸗Inseln zugeführt. Diese Kamtschatka⸗ Rasse soll als ganz besonders ausdauernd und gegen starke Kälte widerstandsfähig bewährt haben. Unsicher ist nur, wie weit sie den Transport durch die Tropen ertragea werden. Wenn von 50 nur 30 bis nach den Kerguelen⸗Inseln Fangen, wird dies als ein befriedigendes Resultat zu betrachten sein. Professor von Drygalski erörterte nun die Aussichten auf wissenschaft⸗ liche Ergebnisse. Ob um den Südpol, abweichend vom Nordpol, ein ausgedehnter Kontinent oder nur ein mannigfach zerklüfteter Archipel vorhanden ist, darf als eine bisher ungelöste rage gelten, so sehr auch die an vperschiedenen Punkten ent⸗ deckten, wesentlich westöstlichen Küstenstrecken dafür zu sprechen inen. Außer den oben genannten Küsten gegenüber Australien und Süd⸗Afrika ist es noch Graham⸗, und Alexander⸗Land gegenüber von Süd⸗Amerika, das einen Theil des fraglichen Kon⸗

inents zu bilden scheint; doch ist andererseits erwiesen, daß in dem

mit dem Atlantischen Ozean korrespondierenden Theil des Südpolar⸗ meeres, dem nach seinem Entdecker genannten Weddel⸗Meer, die Küste des angenommenen Kontinents weit hinter die Grade zurückweichen würde, bis zu denen Graham⸗ und Alexander⸗Land vorgeschoben sind. Hier ist also noch ebenso terra incognita, wie an der Stelle 120 bis 150 ° östlich derjenigen, welche sich die deutsche Südpolar⸗Expedition fün ihren“ Vorstoß erwählt hat. Für die Ansicht, daß man nur eine Inselwelt vorzufinden erwarten dürfe, ist Nansen mit großer Bestimmtheit eingetreten, für die Erwartung eines Kontinents dagegen Sir John Murray, der berühmte Leiter der Challenger⸗ Expedition. Murray's Gründe sind im wesentlichen zwei: die eschaffenheit des Meeresbodens im Südpolarmeer, welcher die

ersetzungsprodukte von Gneis und Granit, bezeichnend für die

Rähe eines großen Kontinents, aufweist, und die aus der Beobachtung der Winde auf der südlichen Halbkugel sich ergebende Thatsache, daß über dem Südpol, etwas gegen 9 Indischen Ozean hin verschoben, dauernd ein Maximum des uftdrucks lagert, wie solches nur mit der Ch ters eines großen, zu⸗

sammenhängenden Kontinents vereinbar ist. Professor von Drygalski warnt indessen vor der Annahme, daß in der Feststellung des wahren Sachverhalts und in der Erreichung des Südpols der eigentliche Zweck er Expedition liege, sodaß sie künftig als verfehlt gelten könne, wenn

ediese Zwecke nicht erreichte. Die wissenschaftlichen Zwecke, die voraus⸗

zu erreichen sein werden, sind im Gegentheil so mannigfaltige,

sie sind ausnahmslos von so hervorragender Wichtigkeit, daß deren

M schung, auf die sicher gehofft werden kann, selbst über einen 8 zerfolg in den geographischen Fragen, der wahrscheinlicher ist als as, Gegentheil, binwegbelfen würde. Diese wissenschaftlichen Auf⸗

-9 een beziehen sich e auf meteorologische, als auf ozeano⸗ mabhische, biologische, geologische, physische, bakteriologische 8 erdmagnetische Forschungen. Um nur einige davon

nennen, so sind die Untersuchung der Eisverhältnisse

anmd die Beobachtung der schon erwähnten, über dem Sudpol lagernden

ntiegelone von hohem Interesse, alsdann die Frage nach der mittels endel zu untersuchenden Eeefts glahc womit die Bestimmung der

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Abplattung der Erde zusammenhängt, die Frage, ob die Fauna am Südpol die gleiche ist wie am Nordpol, ob sich Spuren vulkanischer Thätigkeit finden ꝛc. Für alle diese Untersuchungen wird eine reiche Ausrüstung mitgenommen, selbst Fesselballon und Drachen. Zur gründlichen Erledigung gerade dieser Untersuchungen sind inter⸗ nationale Vereinbarungen getroffen, wonach gleichzeitig plan⸗ mäßige Beobachtungen außer auf den beiden Stationen der deutschen Expedition auch an einem Punkte der Südinsel Neuseelands, in Mel⸗ bourne, in Kapstadt und, von der argentinischen Regierung veranlaßt, an einem Punkte Südpatagoniens stattfinden werden. Vollstes Einver⸗ nehmen besteht auch mit einer gleichzeitigen englischen Südpolar⸗Expe⸗ dition, die sich nach dem vorgedachten Weddel⸗Meer richten wird. Die deutsche Expedition gedenkt im Sommer 1903 zurückzukebren, ist jedoch eventuell auch auf ein Jahr länger eingerichtet. Da sie ihren Rückweg durch den Atlantischen Ozean zu nehmen beabsichtigt, wird das Personal der Kerguelen⸗Station anderweit abgeholt werden. Wahrscheinlich wird auch zu derselben Zeit noch eine schottische, vielleicht auch eine schwedische Expedition nach dem Südpolarmeer abgehen, sodaß den Problemen des Antarktes in den ersten Jahren des neuen Jabrhunderts mächtige Förderung in Aussicht steht. Im zweiten Theil seines Vortrags gab Professor von Drygalski noch interessante, durch Lichtbilder erläuterte Mittheilungen über das Schiff der Expedition. Dasselbe, ein Dreimastschoner, ebenso Segler als, im Besitz einer Dampfmaschine von 250 P. S., Dampfer, wird sich wesent⸗ lich in seiner Bauart von dem bewährten Schiff Nansen's, dem „Fram“, unterscheiden. Die Konstruktion ist das Ergebniß eingehendster Berathungen der ersten deutschen Marinesachver⸗ ständigen. Abweichend vom „Fram“, dessen oberhalb der Wasserlinie bereits starke Zuschrägung den Bug feast keilförmig erscheinen läßt, wird das Exvpeditionsschiff erheblich weniger zugeschrägt sein, auch wird die Zuschrägung erst unterhalb der Wasserlinie beginnen. Der Grund der Aenderung ist die Er⸗ wägung, daß beiden Schiffen sehr verschledene Aufgaben gestellt sind. Nansen hatte vor sich eine kurze Seereise, aber lange und starke Eis⸗ pressungen, deshalb mußte der Gesichtspunkt maßgebend sein, wie den letzteren am sichersten zu begegnen sei. Das neue Schiff muß aber an erster Stelle für lange Seereisen tüchtig sein, und die Eisgefahr tritt bei ihm zurück, weil erfahrungsgemäß im Südpolarmeer die Eispressungen minder heftig sind als in dem rings von Land eingeengten Nordpolarmeer. Dessenungeachtet wird auch das Schiff der deutschen Südpolar⸗Expedition nichts an Festiagkeit vermissen lassen. Es ist ein Holzschiff gleich dem „Fram“. Zu seinen drei Plankenlagen sind aus den Beständen der deutschen Marine in Danzig die geeignetsten Hölzer, das nordamerikanische Pitch⸗Pine⸗Holz innen, das südamerikanische Green⸗Heart⸗Eisenholz unten verwandt und im Innern des Schiffsrumpfes Versteifungen von großer Widerstandskraft angebracht worden. Das Schiff wird keine Fenster, noch andere Oeffnungen irgend welcher Art an der Seite haben, Steuer und Schraube sind durch Tunnel geschützt. Auf Deck haben 6 Boote ihren Platz, die Beleuchtung ist elektrisch, die Heizung geschieht mit Dampf, die Kohlenbunker haben einen Fassungsraum von 400 Tonnen. Zum letzten Male werden von Australien herbeigeschaftte Kohlen auf den Kerguelen⸗Inseln eingenommen werden. Die Besatzung wird aus 20 Mann bestehen, deutsche Seeleute bis auf einen im nordischen Meer erprobten norwegischen „Eismeister“. Zum Führer des Schiffes ist Kapitän Hans Ruser von der Hamburg⸗Amerika⸗Linie erkoren, ein auch in nordischen Gewässern wohlerfahrener Seemann, 38 Jahre alt, unverheirathet, derselbe ent⸗ schlossene Mann, der vor mehreren Jahren von sich reden machte, als er ein verlassenes französisches Schiff auf dem Ozean traf und das⸗ selbe, mit einem Theil seiner eigenen Mannschaft besetzt, sicher in den nächsten Hafen brachte. Kapitän Ruser, der im August noch Nansen begleitet hat, ist bereits im Dienst des Unternehmens und mit Beaufsichtigung des Schiffbaues betraut. Den wissenschaftlichen Stab der Expedition werden bilden: nächst dem Leiter, dessen Spezialfach physische Geographie und Geodäsie ist, Dr. Ernst Vanhöffen, Privatdozent in Kiel, für Zoologie und Botanik, Dr. n Gazert⸗ München, Arzt und Bakteriologe, Dr. Emil Philippi⸗Breslau für Geologie und Chemie, Dr. Friedrich Bidlingmeier⸗Lauffen (in Württemberg) für Erdmagnetismus und Meteorologie. Auf der Kerguelen⸗Station werden thätig sein: Emil Werth, Biologe, und Dr. Karl Lupken, Physiker. Als Leiter der englischen Südpolar ⸗Expedition wird Robert Scott, Kapitän in der englischen Marine, fungieren; ihm zur Seite wird als wissenschaftlicher Leiter Dr. Gregory, Pro⸗ fessor der Geologie in Melbourne, stehen. Designierter Leiter der schottischen Expedition ist der Sgolohe Bruce, der schwedischen Oscar Nordenskjöld, Neffe des berühmten Forschungsreisenden. Professor Dr. von Drvygalski beendete seinen Vortrag unter dem lebhaften Beifall der bis zum Schluß von den Mittheilungen über die bevorstehende Unternehmung gefesselten Zuhörerschaft. Un⸗ beschränkt, so schloß der Redner, sei die Zahl der zu bearbeitenden Probleme; Wahrbeit, Gesittung, Recht zu mehren, sei das Endziel auch dieser Expedition. Möge ihr Glück und Erfolg und dereinst glückliche Heimkehr beschieden sein!

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In dem Wettbewerb für den Neubau eines Häuser⸗ blocks am Kaiser Wilhelm⸗Platz in Bremen hat das Preis⸗ gericht, dem „Centralblatt der Bauverwaltung“ zufolge, den ersten Preis (3000 ℳ) dem Entwurf der Architekten Schädtler u. Müller in Hannover zuerkannt. Den zweiten Preis (2000 ℳ) erhielt der Architekt Hagberg in Friedenau bei Berlin, den dritten (1000 ℳ) die Architekten Fastje u. Schaumann in Hannover. Insgesammt waren 47 Entwürfe rechtzeitig eingegangen.

In dem behufs Erlangung von Plänen zu Eisenbahn“⸗, Hafen⸗ und Kanalisationsanlagen in Bergen (Norwegen) veranstalteten Wettbewerb waren 18 Entwürfe eingegangen, und zwar 13 für die Bahn⸗ und Hafenanlagen, 5 für die Kanalisation und den Ausbau des Lille Lungegaards⸗Wassers. Für die besten Entwürfe zu den Eisenbahnanlagen erhielten den ersten Preis (5000 Kr.) die Ingenieure der norwegischen Staatsbahnen Bjerke und Haeg⸗ land Jversen, den zweiten (3000 Kr.) die Bauunternehmerfirma R. Schneider in Berlin, den dritten (2000 Kr.) der Ingenieur Henriksen in Voß (Norwegen). Für die afenpläne erhielt den ersten Preis (5000 Kr.) die schon genannte Firma R. Schneider in Berlin, den zweiten [2000 Kr.) die Ingenieure Bjerknes und Oedegaard in Christiania ie Entwürfe „Ingestion“ und „Udvikling“ sind für je 1000 Kr. angekauft worden.

Auf der Bauausstellung in Dresden sind, nach dem „Centralblatt der Bauverwaltung“, u. a. folgende Preise ertheilt worden: n.

Königlich sächsische silberne Staatsmedaillen: dem Architekten Professor Sold Neckelmann in Stuttgart, dem Geheimen Ober⸗ Baurath, Professor Karl Hofmann in Darmstadt, dem Regierungs⸗ und Baurath P. Tornow in Metz;

von der Königlich preußischen Staatsregierung gestiftete Medaillen: den Architekten 8 Bruno Schmitz in Berlin, Franz Brantzky in Köln a. Rh. und Privatdozent F. Pützer in Darmstadt;

von der Königlich bayerischen Staatsregierung gestiftete Medaillen: den Architekten Theodor Fischer, Professor Karl B Prpfese⸗ Emanuel Seidl, Professor Gabriel von Rälah⸗ und Professor Friedrich von Thiersch, sämmtlich in

ünchen; b

von der Herzoglich braunschweigischen Staatsregierung gestiftete Medaillen: den Architekten Professor G. Halmhuber in Stuttgart, J. G. Poppe in Bremen, Hermann Schaedtler in Hannover, Wilb. Kreis in Dresden und dem Glasmaler und Architekten A. Lüthi in Frankfurt a. M.; Her oggich altenburgische silberne Staatsmedaille: dem Architekten Richard Schleinitz in Dresden;

Feen lpvische Staatsmedaillen: dem Königlichen Bau⸗ inspektor Graef in Berlin als Schriftleiter der Blätter für

8 Peeftur und Kunsthandwerk und demn Architekten Fritz Gottlob n Berlin;

Stadt Dresdner silberne Ehrendenkmünzen: dem Archit Fürgen Kröger in Berlin, dem Baurath, Prosessor 52 88 hi 8* in Leipzig und dem Architekten Professor Korl Weichardt DW“ 2 E“ 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die zweite englische Post über Ostende vom 19. Oktober in Köln den Anschluß an 2 31 nach Berlin über Hildeshein wegen Zugverspätung in Belgien nicht erreicht.

Wien, 19. Oktober. (W. T. B.) Nach Mittheilung der Direktion der. Südbahn können infolge des Ausstandes ihrer Magazinarbeiter in Triest Frachtgüter zur Beförderung nach Triest Südbahnhof bis auf weiteres nicht angenommen werden. Ebenso mußte die Annahme von in Triest⸗Südbahnhof eingestellt werden. Sendungen nach und von Triest⸗Freihafen, sowie nach und von den übrigen Abfertigungsstellen in Triest können jedoch abgefertigt werden. 8

Bremen, 19. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Bonn“ 18. Okt. v. New York n. Bremen abgeg „Aller“ 18. Okt. v. Bremen in New York angekommen.

20. Oktober. (W. T. B.) Dampfer „Helgoland“ 18. Okt. v. New Orleans n. d. Weser abgeg. „Weimar“, n. New York best., 18 Okt. Dover und „Barbarossa*, n. Australien best., Gibraltar pass. „Prinz⸗Regent Luitpold“, v. Australien kommend, 19. Okt. a. 8 . angek. „Pfalz“, n. d. La Plata best., 19. Okt. Ouessant passiert.

London, 19. Oktober. (W. T. B.) Castle⸗Linie. Dampfer „Pembroke Castle“ gestern auf Ausreise in Kapstadt angekommen.

Union⸗Linie. Dampfer „Galeka“ heute auf Ausreise die Canarischen Inseln passiert.

Theater und Musik.

Theater des Westens.

Flotow's noch immer sehr beliebte Oper „Martha“ ging gestern in neuer, sorgfältiger Einstudierung zum ersten Male in Scene und fand bei den zahlreichen Zuhörern eine außerordentlich beifällige Aufnahme. Die Titelrolle sang Fräulein Mugrauer, welche vor kurzem als Leonore im „Troubadour“ bemerkenswerthe Proben ihres Könnens abgelegt hatte. Daß sie in dieser ganz anders gearteten Partie ebenso Gutes leistete, spricht für ihre Verwendbarkeit in dem abwechselungsreichen Spielplan, auf welchen die Charlotten⸗ burger Opernbühne angewiesen ist. Ihr Partner, Herr Aranyi, konnte als Lyonel die Schönheiten seiner glänzenden Tenorstimme voll zur Geltung bringen, war aber leider auch diesmal nicht frei von den früher an seinen gesanglichen Leistungen gerügten Unmanieren. Die Arie „Ach, so fromm“ mußte er auf stürmisches Verlangen wiederholen. Sehr glücklich waren ferner die Rollen der Nancy, des Plumkett und des Tristan durch Fräulein Brackenhammer, die Herren Waschow und Gillmann besetzt. Chor und Orchester hielten sich unter Kapellmeister Vollerthum's Leitung gut. e eine geschmackvolle Inscenierung 9 der 1“ Ehrl gesorgt.

onzerte.

Der zweite Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle, welcher unter Kapellmeister Weingartner's Leitung am Donnerstag im Königlichen Opernhause stattfand, brachte ein ebenso ge⸗ schmackvoll gewähltes als abwechselungsreiches Programm, dessen Einleitung die zwar düster angelegte, aber doch so, poesievolle, tief wirkende Ouvertüre zu „Manfred“ von Schumann bildete. Ihre Wiedergabe war freilich nicht ganz einwandfrei, wurde aber doch recht beifällig aufgenommen. Geradezu meisterhaft war dagegen die Vorführung der zweiten Nummer des Programms, der überaus frischen, anmuthsvollen, in diesen Konzerten zum ersten Male gespielten Symphonie Nr. 5 in B-dur (op. 55) von Glazounow. Es ist dies eine interessante Schöpfung des jungen russischen Tondichters, die namentlich im letzten Satze, in dem Allegro maestoso echt natioaale Eigenart zeigt, während sich in den dret andern Theilen unverkennbar Anklänge an Wagner, Weber und besonders in dem reizenden „Scherzo“ an Mendelssohn vor⸗ finden. Da hört man die Elfenmusik aus dem „Sommernachtstraum“ einfach ins Russische übertragen; und doch schien, nach dem Beifall zu urtheilen, gerade dieser Satz der Symphonie den nachhaltigsten Ein⸗ druck auf die Zubörerschaft zu machen. Die vollste Anerkennung ge⸗ bührt aber Herrn Weingartner wie dem Orchester vor allem für die vollendete Wiedergabe der symphonischen Dichtung „Tasso, Lamento e Trionfo“ von Liszt; sie war dazu nene sts Zuhörer Ver⸗ ständniß dafür zu erwecken, was der große Meister in Tönen zu schildern beabsichtigt hat; sie ermöglichte es, „die große Antithese des im Leben verkannten, im Tode aber von strahlender Glorie umgebenen Genius“ zu erkennen. Den Schluß des Programms bildete die zweite Symphonie (in D-dur) von Beethoven, die in gleich schöner Weise vorgeführt wurde.

Königlichen Opernhaufe findet morgen eine Aufführung von Meyerbeer's Oper „Die Afrikanerin“ mit Fräulein Destinn als Selika statt. Den Vasco de Gama singt Herr Sylva, den Nelusco Herr Hoffmann, die Ines Frau Herzog. Kapellmeister Walter dirigiert. Am Montag geht „Der ea in Scene.

Im Königlichen Schauspielhause kommt morgen G. von Moser's und T. von Trotha's Lustspiel „Der wilde Reutlingen“ in nachstehender Besetzung zur Aufführung: König Friedrich II.: Herr Kraußneck; Jobst von Reutlingen: Herr Matkowsky; Heinz: Herr R. Arndt; Ulrike von Trebenow: Fräulein Lindner; Susanne von Zellin: Fräulein Sperr; Annette: Fräulein Hausner.

Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater wird morgen und am Montag „Der Mikado“ gegeben. Am Mittwoch geht als seeig italienische Opern⸗Vorstellung „Der Barbier von Seoilla“ in Scene.

Das Deutsche Theater bringt Wiederholungen von „Rosen⸗ montag“ außer morgen am Montag, Mittwoch, Freitag, Sonnabend und am nächstfolgenden Sonntag Abend. Am Dienstag kommt „Der Biberpelz“ zur Aufführung, am Donnerstag „Hedda Gabler“. Als Nachmittagsvorstellung ist sa morgen „Cyrano von Bergerac’, für den nächstfolgenden Sonntag das Schauspiel „Die Weber“ angesetzt.

58 Lostspiel „Die strengen Herren“ gelangt im Berliner Theater morgen, am Montag, Mirtwoch, Donnerstag. Sonnabend und nächsten Sonntag Abend zur Aufführung. Am Dienstag wird „Ueber unsere Kraft’, am Freitag (8 Abonnements⸗Vorstellung) „Käthe“ gegeben. Morgen Nachmittag wird „Der Pfarrer von Kirch⸗ feld“, am nächsten Sonntag Nachmittag Prinz Friedrich von Homburg“ aufgeführt.

8 Im Schiller⸗Theater wird morgen Nachmittag „Maria Stuart“ gegeben, Abends geht der Blumenthal⸗Kadelburg'sche Schwank „Die Orientreise“ in Scene. Für Montag ist Sudermann's Schau⸗ spiel „Das Glück im Winkel“, für Dienstag und Mittwoch „Faust“, r. Theil, erster und zweiter Abend, für Donnerstag „Die goldene Eva“ angesetzt. Am Freitag und Sonnabend finden die ersten Auf⸗ führungen von „Faust*, II. Theil, erster und weiter Abend, statt.

Im Theater des Westens geht morgen Nachmittag zu halben Preisen Verdi's Oper „Der Troubadour’“ in Scene; morgen Abend und am Dienstag finden Wiederholungen von Offenbach's phan⸗ tastischer Oper „Hoffmann’'s Erzählungen“ statt. Am Montag gelangt „Der Waffenschmied“, am Mittwoch „Undine“ und am Donnerstag „Der Bettelstudent“ zur Aufführung. Am Freitag eröffnet die spanische Koloratursänzerin Fräulein Maria Barrienos ihr Gastspiel als

Rosine in Rossini's Oper „Der Barbier von Sevilla“, und für