Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der bisherige Dozent am eidgenössischen Polytechnikum, ngenieur Alwin Nachtweh zu Zürich ist zum außerordent⸗ lichen “ in der philosophischen Fakultät der Universität Halle⸗Wittenberg ernannt worden.
Hauptverwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung.
Von den zum 1. März 1896 gekündigten Nieder⸗ schlesischen Zcpeigbahe ⸗Prioritäts⸗Obligationen der Oberschlesischen Eisenbahn⸗Gesellschaft sind noch die Nummern 3881 bis 3884 zu 100 Thlr. rückständig. Die In⸗ haber dieser Stücke werden wiederholt aufgefordert, sie baldigst an die Staatsschulden⸗Vilgungskasse in Berlin W., Tauben⸗ straße 29, an Leine Regierungs⸗Hauptkasse oder an die Kreis⸗ kasse in Frankfurt a. M. zur Einlösung einzuliefern. Der Anspruch aus den Obligationen erlischt, wenn sie, 10 Jahre lang alljährlich einmal aufgerufen, nicht binnen Jahresfrist nach dem letzten Aufruf zur Einlösung vorgelegt werden.
Berlin, den 18. Oktober 1900.
Hauptverwaltung der Staatsschulden
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 25. Oktober.
Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Eitel⸗ Friedrich und Adalbert besuchten heute Vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, in Begleitung des Geheimen Kommerzien⸗ raths Krupp und dessen Gemahlin die im Flaggen⸗ und Guirlandenschmuck prangende Arbeiterkolonie Altenhof bei
Essen und wohnten daselbst den feierlichen Einweihungen der neuerbauten evangelischen und der katholischen Kapelle bei. Eine zahlreiche Volksmenge begrüßte Ihre Majestäten bei der Ankunft und Abfahrt durch sich immer wiederholende stürmische Furufe. Nach etwa halbstündigem Aufenthalt erfolgte die Rückfahrt nach der Villa Hügel.
Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung. Vorher beriethen der Ausschuß für Handel und Ver⸗ lihe und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen.
In Nr. 245 der „Leipziger Volkszeitung“ vom 22. d. M. findet sich ein angeblich von dem General⸗Sekretär des „Zentral⸗Verbandes deutscher Industrieller“ herrührendes
chreiben abgedruckt, an welches die „Leipziger Volkszeitung“ heftige Angriffe gegen das Reichsamt des Innern knüpft. Zur Klarstellung der Thatsachen wird Folgendes bemerkt:
Gegenüber den zum theil sehr tendenziösen Entstellungen in der Oeffentlichkeit erschien es weiten Kreisen, insbesondere aus der Industrie, nach der Ende Juni 1899 im Reichstage vollzogenen ersten Lesung des Gesetzentwurfs zum Schutz der Arbeits⸗ willigen unbedingt nothwendig, an der Hand des amt⸗ lichen parlamentarischen Materials des Reichs⸗ tages die öffentliche Meinung möglichst umfangreich darüber aufzuklären, welche Thatsachen die Einbringung dieses Gesetz⸗ entwurfs veranlaßt hatten und welche Gründe von den Ver⸗ tretern der Regierungen bei der Vertheidigung des Gesetz⸗ entwurfs im Reichstage beigebracht worden sind. Zu diesem Zweck wurden Auszüge aus der der Begründung des Gesetz⸗ entwurfs beigegebenen, das amtliche Material enthaltenden Denkschrift, sowie der stenographische Wortlaut von Reden, die bei der Verhandlung des Gesetzentwurfs im Reichstage von Regierungsvertretern gehalten worden waren, in zahl⸗ reichen Exemplaren provinziellen Blättern beigefügt. Auf Anregung und durch Vermittelung des Direktors im Reichs⸗ amt des Innern Dr. von Woedtke hat der General⸗ Sekretär Bueck eine Summe von 12 000 ℳ zur Verfügung ge⸗ stellt; diese ist zur Deckung der Druckkosten verwendet worden, die durch die Wiedergabe des obenbezeichneten amtlichen Ma⸗ terials entstanden sind. Ueber die Verausgabung der Summe behufs Verbreitung des bezeichneten, in den Drucksachen des Reichstages bereits niedergelegten amtlichen Materials besitzt der genannte Beamte urkundliche Beläge.
Infolge der durch das Gesetz vom 14. Juni 1900 (R.⸗Ges.⸗Bl. S. heg-, herbeigeführten Erhöhung der Reichs⸗ Stempelabgabe auf Lotterieloose von 10 Prozent auf 20 Prozent des planmäßigen Preises hat sich auch eine Erhöhung des Preises der Loose der Preußi⸗ chen Klassen⸗Lotterie für die 204. Lotterie nicht vermeiden lassen. Derselbe beträgt künftig für ein ganzes Loos 48 ℳ, für ein halbes Loos 24 ℳ, für ein Viertelloos 12 ℳ und für ein Zehntelloos 4,80 ℳ für jede Klasse. Gleichzeitig ist jedoch der niedrigste Gewinn in der 2. Klasse von 110 ℳ 2. 120 ℳ, in der 3. Klasse von 160 ℳ auf 176 ℳ und in der 4. Klasse von 220 ℳ auf 236 ℳ erhöht worden. Die hierdurch bedingte Einziehung größerer und mittlerer Gewinne ist insofern 8 ein thunlichst —n Maß beschränkt worden, als die bisher (bei der 3. Klasse) für die Staatskasse ver⸗ rechneten 13 ½ Prozent vom Betrage sämmtlicher Freiloose zu Gunsten der Erhöhung des Spielkapitals (der Gewinnsumme) in Wegfall gebracht und die nach § 11 des früheren Plans für die Lotteriekasse und die Lotterie⸗Einnehmer von den Ge⸗ winnen in Abzug zu bringenden 15 ⅛ Prozent auf 15 ½ Prozent herabgesetzt sind. In Fortfall gekommen ist ferner die bisher —2z § 6 des Plans im Falle der Annahme des Freilooses r die Freiklasse zu zahlende Schreibgebühr und damit auch die von dem Betrage derselben zu entrichtende Reichs⸗Stempel⸗ abgabe, sodaß künftig nur die planmäßigen Beträge für die bereits gezogenen Klassen nachgezahlt zu werden brauchen.
Der Kaiserliche Gesandte in Brüssel, Wirkliche Geheime Rath Graf von Alvensleben ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte in Stockholm Graf von Wallwitz hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ getreten. Während der Abwesenheit desselben fungiert der etatsmäßige Legations⸗Sekretär der Kaiserlichen Gesandtschaft, Legationsrath Dr. Freiherr von Heintze⸗Weißenrode als Geschäftsträger.
Der Königliche Gesandte in München Graf von Monts ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich sachsen⸗ altenburgische Staats⸗Minister von Helldorff ist in Berlin
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Gefion“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Rollmann, gestern in Amoy angekommen.
S. M. S. „Iltis“, Kommandant: Kapitänleutnant Sthamer, ist gestern in Wuhun eingetroffen.
S. M. Tpbt. „S 91“ ist gestern in Amoy angekommen und an demselben Tage nach Hongkong weitergegangen.
Der Dampfer „Köln“ mit den abgelösten Mann⸗ schaften der Schiffe des Kreuzergeschwaders, Trans⸗ portführer: Oberleutnant zur See Petzel, ist gestern von Dsingtau nach Schanghai in See gegangen.
Der Dampfer „Prinz Heinrich“ mit dem Fähnrichs⸗ Vransport für das Kreuzergeschwader, Transport⸗ führer: Kapitänleutnant Blomeyer, ist gestern in Antwerpen angekommen und beabsichtigt, am 26. Oktober nach Southampton in See zu gehen.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine vorläufige Nachweisung des Taback⸗Anbaues im deutschen Zollgebiet im Jahre 1900, zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen
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Barmen, 24. Oktober. Die Antwort Seiner Majestät des Kaisers und Königs auf die Ansprache des Ober⸗ Bürgermeisters Dr. Lentze in der Ruhmeshalle lautete nach dem Bericht des „W. T. B.“, wie folgt:
Den tiefen Dank namens der Kaiserin und in Meinem Namen für den Empfang seitens Ihrer Stadt bitte Ich Sie, der Bürger⸗ schaft kund zu thun. Die freudigen Gesichter und die wundervolle Aus⸗ schmückung der Häuser und Straßen Ihrer Stadt sind Zeugen von den Gefühlen, die die Bürgerschaft beseelen und denen Sie in so geeigneter Weise soeben Worte verliehen haben. Ich habe es tief bedauern müssen, daß Ich die Stadt auf Unsern Besuch habe warten lassen müssen, allein die Soecge um das in Gefahr schwebende Leben Meiner Frau Mutter ließ Mich nicht von ihrem Krankenlager weichen. Ich bin nunmehr froh, daß Mir ihr Zustand gestattet, den Besuch aus⸗ zuführen, wenn auch des Herzens freudige Bewegung durch den Schatten, der über ihr liegt, noch getrübt ist. Sie hat Mich aber ersucht, auch in ihrem Namen der Stadt einen Gruß zu überbringen. Dieses Auftrags entledige Ich Mich hiermit. Daß Ihre Stadt besonders auf Handel und Wandel und das Schaffen der Industrie angewiesen ist, das weiß die Welt längst. Ihre Leistungen stehen frei und offen vor allem Volke da, und Sie brauchen sich dessen wahrlich nicht zu schämen. Daß es stets Mein erstes Ziel und Meine größte Arbeit ist, für Mein Volk und seine arbeitenden Theile den Frieden nach Möglichkeit zu erhalten, davon habe Ich vor wenigen Tagen erst, glaube Ich, wieder einen Beweis abgelegt: das Uebereinkommen mit dem mächtigsten germanischen Staate außer unserem Volke wird, so hoffe Ich, in die weite Zukunft hinaus ein gemeinsames Streben auf dem offenen Weltmarkte für unsere beiden Völker gewährleisten in freundschaftlichem Wettkampfe, ohne Schärfe. Alles aber, was wir fühlen, denken und thun, vereinigen wir in dem Wunsche, daß Gottes Segen auf der Arbeit der Bürger Ihrer Stadt auch in der Folge ruhen und sie blühen und gedeihen möge.
Elberfeld, 24. Oktober. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten trafen, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Vormittag nach 11 Uhr hier auf dem Neuen Markt ein, wo das neue Rathhaus errichtet ist. Nicht enden wollende Hochrufe erschallten aus der zahl⸗ reichen Volksmenge, die auf dem Platze sich eingefunden hatte und alle umliegenden Häuser bis auf die Dächer besetzt hielt. Am Eingange des Rathhauses wurden Ihre Majestäten von dem Ober⸗Bürgermeister Funck, dem Beigeordneten Lütje und dem Senior der Stadtverordneten Krugmann empfangen. Sowohl Seine Majestät der Kaiser als Ihre Majestät die Kaiserin unterhielten Sich einige Zeit mit den Herren, welche Allerhöchstdieselben hierauf in den Festsaal des Rathhauses führten, wo sich die Beigeordneten, die Stadtverordneten und einige Ehrengäste versammelt hatten. Auf den Treppen zum Festsaale bildeten Ehrenjungfrauen Spalier. Nachdem Ihre Majestäten Sich unter den Baldachin im Saale begeben hatten, begrüßte der Ober⸗Bürgermeister Funck Allerhöchstdieselren mit einer Ansprache, in welcher er dem Dank und der Freude Elberfelds Ausdruck gab und die Liebe, Treue und Dankbarkeit der Stadt gegen das Königshaus hervorhob, welche in den Denkmälern für den Kaiser Wilhelm I. und für den Kaiser Friedrich ihren sichtbaren Ausdruck fänden. Das neue Rathhaus erfahre durch den Kaiserlichen Besuch die höchste Weihe. Der Ober⸗Bürgermeister bot sodann den Ehrentrunk Elberfelds in einem von den Frauen und Jungfrauen Elberfelds gestifteten Kaiserbecher dar. Seine Majestät der Kaiser erwiderte hierauf, wie „W. T. B.“ meldet, Folgendes:
Für die Uns dargebrachte Huldigung und für den Empfang, den die Bürgerschaft der Stadt Elberfeld Uns bereitet haben, sagen Wir Beide, die Kaiserin und Ich, von ganzem Herzen Unseren wärmsten Dank. Wenn es Uns erst heute vergönnt ist, in Ihren Mauern zu er⸗ scheinen, so liegt das daran, daß Uns bange Sorge an das Krankenlager Meiner Hohen Mutter gefesselt hielt. Gott sei Dank hat es die Wendung zum Besseren gestattet, daß Wir heute Ihrem Wunsche entsprechen konnten. Meine Frau Mutter,
die Lebensgefährtin des Kaisers Friedrich III., dessen Standbild Sie
in so herrlicher Schöne vor Ihrem Hause stehen haben, bietet Ihnen von ihrem Lager durch Meinen Mund ihren Gruß. Ich freue Mich von ganzem Herzen, daß Ich der Einladung, die Sie an Mich vor Jahren gerichtet haben, Ihr Haus einzuweihen, entsprechen kann. Ich beglückwünsche Sie zu dem stolzen Bau, den Sie auf⸗ geführt haben. Möge in seinen Räumen immer der alte gute deutsche Bürgersinn walten, gemeinsam zu wirken und gemeinsam große Ziele zu erringen, und möge der Handel und die Industrie dieser Stadt, die allseitig anerkannt sind auf dem Weltmarkte, ihren Ruhm von Jahr zu Jahr mehren. Daß Mir Gott aber die Möglich⸗ keit verleihen möge und die Kraft und die Fähigkeit, den dazu noth⸗ wendigen Frieden zu erhalten und zu bewahren und, wenn es nöthig ist, zu erzwingen, das sei Mein erstes Gebet an dieser Stelle. Ich trinke den Pokal auf das Wohl der Stadt und auf das Gedeihen Ihrer Bürgerschaft und zum Heile dieses Hauses, das Ich damit wethe.
Ihre Majestät die Kaiserin wurde hierauf von einem kleinen Mädchen mit einem Gedicht begrüßt und Allerhöchst⸗ derselben ein Blumenstrauß überreicht. Sodann wurden Ihren Majestäten die Beigeordneten und die Stadtverordneten vor⸗ gestellt. Der Kaiser, die Kaiserin sowie das Gefolge zeichneten Sich dann in das Ehrenbuch der Stadt Elberfeld ein. Als die Majestäten den Balkon des Rath⸗ hauses betraten, wurde unter ungeheurem Jubel von der auf dem Platze versammelten Volksmenge die Nationalhymne ange⸗ stimmt. Erst nach etwa einer Stunde verließen Ihyre Majestäten das Rathhaus, wobei Allerhöchstdieselben abermals auf das freudigste begrüßt wurden. Der Jubel pflanzte sich in den Straßen, welche Ihre Majestäten durchfuhren, fort und dauerte noch einige Zeit an, nachdem die Majestäten den Bahnhof der Schwebebahn bereits betreten hatten, mit welcher Allerhöchstdieselben Sich nach Vohwinkel begaben. Nach der Abfahrt der Majestäten durchwogte die Feststraße eine freudig bewegte Volksmenge; auf den zentlichen Plätzen spielten die Kapellen. Abends war die Stadt illuminiert.
Vohwinkel, 24. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin wohnten, nachdem Aller⸗ höchstdieselben mit der Schwebebahn hier eingetroffen waren, der Enthüllung des Siegesbrunnens bei, welcher die Figur einer Germania zeigt, und setzten sodann die Fahrt nach Essen 18 Um 3 Uhr 20 Minuten erfolgte die Ankunft Ihrer
ajestäten in der Villa Hügel. 1 Bayern.
Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat, wie „W. T. B.“ meldet, an den Fürsten zu Hohenlohe⸗ 8T unter dem 19. d. M. aus Hintersee das nachstehende Telegramm gesandt:
„Mein lieber Fürst! Einer Mittheilung Seiner Majestät des Deutschen Kaisers habe ich entnommen, daß Sie wegen Ihrer ge⸗ schwächten Gesundheit den Rücktritt von Ihren Aemtern erbeten und erhalten haben. Diese Nachricht erfüllt mich vom allgemeinen wie vom besonderen bayerischen Standpunkt aus mit großem Be⸗ dauern. Sie haben mit ruhiger Sicherheit die Geschäfte des Reiches geleitet und zugleich die Zugehörigkeit zu dem engeren Vaterlande niemals verleugnet. Immer durfte ich die Ueberzeugung haben, daß Sie auch den bayerischen Interessen und Anliegen ein wohlmeinendes Verständniß und thunlichste Rücksichtnahme jederzeit entgegenbringen. Dafür spreche ich Ihnen bei Ihrem Scheiden aus dem aktiven Dienste meinen warmen Dank aus. Mögen Sie sich des wohlverdienten Ruhestandes noch lange erfreuen.“
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Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute früh von Budapest wieder in Wien eingetroffen.
Das Wiener ‚Fremdenblatt“ bestätigt, daß Oesterreich⸗ Ungarn dem T.“ Abkomm betreffend China, beigetreten sei. 3
Großbritannien und Irland.
Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain hielt gestern im Gildenhause der Londoner Fischhändler eine Rede, in welcher er, wie „W. T. B.“ berichtet, ausführte: die Ver⸗ einigung mit den Kolonien bedeute nicht, daß Großbritannien den anderen Völkern feindlich gesinnt sei; im Gegentheil, Großbritannien wünsche deren Freundschaft, wenn sie nicht zu theuer erkauft werde. Es hoffe, daß die anderen Völker die freundschaftlichen Gefühle erwidern würden, die es für sie fühle und zum Ausdruck bringe. „Wenn die fremden Völker,“ so fuhr der Staatssekretär fort, „unsere Freundschaft ablehnen, so werden wir ohne diese wirken. Wenn wir sie nicht überreden können, dann müssen wir isoliert sein, jedoch umgeben und stark gemacht durch Schwesternationen, nämlich die Kolonien; unsere Isolierung wird eine 189 ende Isolierung sein, sodaß, selbst wenn Großbritannien fallen sollte, die überseeischen Kolonien die britische Tradition weiter führen würden. Der neue Imperialismus bedeutet die Anerkennung, daß alle britischen Kolonien dieselben Rechte haben, wie Großbritannien selbst.“ Der Staatssekretär drückte so⸗ dann die Hoffnung aus, daß die Föderation von Canada und von Australien ein Beispiel für Süd⸗Afrika sein werde, und wies darauf hin, daß die Reichs⸗Föderation das Reich in den Stand setze, die Mission der Gerechtigkeit, der Zivilisation und des Friedens fortzuführen. Er bestritt, daß Großbritannien Zeichen des Verfalls aufweise, und schloß, indem er auf das nach Süd⸗Afrika gesandte ausgezeichnete Heer hinwies und besonders der Freiwilligen und der von den Kolonien gesandten Unterstützungen gedachte.
Der Kanzler der Schatzkammer Sir Michael Hicks⸗ Beach, welcher gestern Abend auf einem Bankett der Handelskammer von Liverpool eine Rede hielt, sagte darin, dem „W. T. B.“ zufolge, bezüglich des letzten deutsch⸗ britischen Abkommens, daß die britischen Grundsätze hinsicht⸗ lich Chinas von Deutschland angenommen worden seien. Er wolle dem Abkommen keine S Bedeutung bei⸗ messen; aber es sei schon etwas, daß in einer so schwierigen Frage wie dieser zwei große Mächte im Stande gewesen seien, ihre Interessen und ihre Ziele genau festzustellen und sie den anderen Mächten zur Genehmigung zu unterbreiten. Wenn man ich vergegenwärtige, was diese Mächte und besonders der Kaiser von Rußland, zu welchem, wie er glaube, die ganze Welt vollstes Vertrauen haben könne, erklärt hätten, so habe man allen Grund zu hoffen, daß die in dem deutsch⸗britischen Abkommen enthaltenen Grundsätze von den an dieser großen und wichtigen Angelegen⸗ heit betheiligten Mächten allgemein würden angenommen und, wenn dies der Fall sei, die Angelegenheit in
freundschaftlicher Weise erde geregelt an könne weiter hoffen, daß durch diese Regelung die Interessen Großbritanniens in China völlig gewahrt und überhaupt in der ganzen Welt friedliche Verhältnisse würden herbeigeführt werden. v1
Frankreich. 8
Wie die „Agence Havas“ meldet, empfing der Minister des Auswärtigen Delcassé zwei vom 20. Oktober datierte Telegramme des Gesandten Pichon über dienstliche Angelegen⸗ heiten, in welchen jedoch von dem Gesundheitszustand des Ge⸗ sandten nicht die Rede sei.
Die „Agence Havas“ meldet ferner, die gegenwärtig in Paris
stattfindenden Besprechungen zwischen Vertretern Frank⸗ reichs, Deutschlands und Oesterreich⸗Ungarns bezweckten, daß gegen eine in entsprechender Höhe erfolgende Aufhebung der Zuckerprämien von Großbritannien und den anderen Zucker⸗Einfuhrländern der Verzicht auf die bestehenden oder eplanten Kompensationsabgaben erlangt werde. Der Abschluß eines Abkommens zwischen den drei Mächten stehe nahe bevor. b. Pariser Zuchtpolizeigericht verhandelte gestern, wie „W. T. .“ berichtet, in einem Beleidigungs⸗ prozeß, welchen der Oberstleutnant Picquart vor zwei Fahren gegen das Blatt „Le Jour“ angestrengt hatte, weil in diesem Blatt behauptet war, der Generalstab besitze eine Momentphotographie, welche Piequart Arm in Arm mit dem früheren deutschen Militär⸗Attaché von Schwartzkoppen im Park von Karlsruhe darstelle. Die angeklagten Journalisten Possien und Galli wurden schuldig befunden und ersterer zu sechs Monaten, letzterer zu einem Monat Gefängniß sowie zu einem 8eee in Höhe von 30 000 Frs. und zur Be⸗ kanntmachung des Erkenntnisses in 60 Zeitungen verurtheilt.
Italien.
Der Minister des Auswärtigen, der Direktor der Posten und der Schatzmeister der Südafrikanischen Republik sind, dem „W. T. B.“ fufolge, estern an Bord des Dampfers „Herzog“ in Neapele ecossen und gedachten am Abend die Reise nach Hamburg fortzusetzen.
Auf ärztliche Anordnung hütete der Papst am Dienstag während des ganzen Tages das Bett, um sich von den langen Empfängen der letzten Tage, welche ihn ermüdet hatten, zu erholen. Der Papst empfing jedoch den Kardinal⸗Staatssekretär Rampolla und dessen Stellvertreter. Gestern stand der Papst auf und ertheilte die gewöhnlichen Audienzen.
Schweden und Norwegen.
Das norweägische Storthing wurde, wie dem W. T. B.“ aus Christiania gemeldet wird, gestern durch 8 Kronprinz⸗Regenten feierlich eröffnet. Der älteste Sohn des Kronprinzen, E.“ Adolph, leistete den Eid auf die Verfassung. In der Thronrede wird hervorgehoben, daß die Beziehungen zu den fremden Mächten unverändert freund⸗ schaftliche seien. Nach einer kurzen Besprechung des Krieges in Süd⸗Afrika, der chinesischen Unruhen, der Haager Konvention, der Errichtung des Nobel⸗Instituts, dessen erste Preisvertheilung am 10. Dezember 1901, dem Todestage Nobel's, stattfinden solle, wurden Gesetzentwürfe angekündigt, betreffend das allge⸗ meine bürgerliche Strafrecht, die Anmeldungspflicht sür Reisende und Ausländer ꝛc.
Asien.
Nach einem in London eingetroffenen amtlichen Bericht aus Simla ist in dem gestern gemeldeten Kampfe mit den Mahsud⸗Waziris bei Jandola nur ein Leutnant gefallen, welcher dem 45. Sikhs⸗Regiment angehörte.
Die japanische Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, bei den Mächten den gestellt, daß seitens der Kabinette die Erörterungen und Vereinbarungen über die chinesischen Angelegenheiten zunächst den fremden
ertretern in Peking übertragen würden.
Der „Times“ wird aus Peking vom 19. d. M. gemeldet, daß daselbst eingegangene Telegramme des Kaisers, welche am 12. Oktober in Tungkuan am Gelben Flusse aufgegeben worden seien, keine J“ dafür enthielten, daß der Hof nach Peking zurückzukehren beabsichtige. Der Hof stehe im Gegentheil ganz unter dem Einflusse TLungfuhsiang's und seiner Kansu⸗Truppen, deren Interesse verlange, daß der Hof in Singanfu bleibe. — Eine Antwort auf die Note Li⸗Hung⸗ Tschang’s und des Prinzen Tsching an das diplomatische Korps vom 16. Oktober sei noch nicht abgesandt worden. — Die Russisch⸗Chinesische Bank habe Anweisung erhalten, ihre Thätigkeit in Peking wieder aufzunehmen.
In Tokio ist, wie das „Reuter'’sche Bureau“ erfährt, aus Hankau die Nachricht eingetroffen, daß der Kaiser von China am 20. Oktober auf seinem Wege nach Singanfu in Toukan eingetroffen sei. Seine Ankunft in Singanfu werde für den 25. oder 26. Oktober erwartet.
Dem „Standard“ wird aus Schanghai gemeldet, in gut unterrichteten nicht militärischen Kreisen erwarte man, daß im Winter von den Chinesen ein ernster Versuch werde gemacht werden, Fekins w seser zu nehmen.
Der „Times“ wird aus Schanghai berichtet, der Admiral Seymour sei am 24. d. M. dort eingetroffen; der Fürst Uchtomsky habe sich von Schanghai nach Port Arthur begeben. Die Verbindung mit Peking sei äußerst schlecht; Briefe erlitten eine Verzögerung von 6 Wochen. Alle Ver⸗ suche, die eschäftliche Thätigkeit in Tientsin wieder auf⸗ zunehmen, sgeiterten an den Schwierigkeiten der Leichter⸗ verhältnisse in Taku.
Nach einem Telegramm des „Daily Telegraph“ aus Canton vom 23. Oktober haben die Aufständischen Huitschau eingeschlossen. Dieselben hätten, nachdem sie den Kaiserlichen
ruppen eine schwere Niederlage beigebracht, die große Handels⸗ stadt Samts chun erobert. Am 23. d. M. sei ein Aufstand in Namhung an der Grenze der Provinzen Kwantung und
wangsi ausgebrochen.
Wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, ist gestern bei dem russischen Generalstab folgender Bericht eingetroffen: Am 28. September sei in der Nähe der Stadt kaigi (nördlich von der Station Udini an der mandschu⸗ rischen Eisenbahn) durch eine Abtheilung der Eisenbahn⸗ schutzwache eine 300 Mann starke Ie hernng Tun⸗ gusen und chinesische Soldaten, welche verschiedene Raub⸗ züge ausgeführt hatte, angegriffen und gezwungen worden, ie Stadt zu verlassen. Dieselbe habe hierauf eine starke
tellung gegenüber der Stadt am Maicheflusse einge⸗ nommen. Die Russen unter dem Kommando des Kapitäns Pawlowsky hätten jedoch den Fluß überschritten und en geschlagenen Feind, soweit es das sumpfige Gelände er⸗
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laubte, verfolgt. Es seien eine Menge Waffen und zwei Ge⸗ schübe erbeutet worden. Die russischen Verluste seien unbedeutend. us Omosso werde berichtet, daß die Chinesen aus der Stadt Santschaku vertrieben und von Kosaken weit ver⸗ folgt worden seien. Viele Gewehre und Patronen seien erbeutet worden.
Afrika.
Eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts aus Pretoria vom 22. d. M. meldet: Der General French erreichte von Carolina aus am 20. Oktober Bethel, nachdem er auf dem größeren Theil seines Marsches, besonders in der Gegend von Ermelo, auf Miderstand gestoßen war. Von seiner Abtheilung wurden am 16. Oktober 1 Offizier und 5 Mann getödtet, 3 Offiziere und 16 Mann verwundet, während 5 vermißt werden; am 17. Oktober wurden 4 Mann verwundet, am 20. Oktober 1 Mann getödtet und 4 verwundet. Die Kolonne des Generals Settle erreichte Hoopstadt; auch sie war unterwegs von Buren angegriffen worden; 1 Offizier und 15 Mann wurden verwundet. Bei Zeerust geschah ein Angriff auf den Convoi der Kolonne des Generals Lord Methuen; 1 Offizier und 1 Mann fielen, während 1 Offizier und 8 Mann verwundet wurden. Eine auf Fouragierung begriffene Abtheilung der Truppe des Generals Barton wurde am 18. Oktober bei Frederickstadt an⸗ gegetffen⸗ 2 Offiziere und 2 Mann geriethen in Gefangen⸗ chaft, 2 Mann fielen, 4 wurden verwundet. Am 21. Oktober kam der General Barton nochmals mit den Buren, welche mit großer Kühnheit vorgingen, ins Gefecht; dabei fiel ein Offizier. Bei Pienarsriver wurde eine Buren⸗Abtheilung mit Erfolg überrascht; ein Engländer wurde verwundet, während 18 Buren gefangen genommen wurden.
Steatistir und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die Arbeiter der städtischen Markthallen in Berlin sind, wie hiesige Blätter berichten, bei der Direktion um die Ein⸗ führung des „Zweischichtensystems“ vorstellig geworden, und zwar soll die eine Arbeitsschicht von 5 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags, die andere von 1 Uhr Mittags bis 10 Uhr Abends währen. Außerdem fordern sie von der Direktion eine Erhöhung der Löhne. Der An⸗ fangslohn soll 3 ℳ betragen, nach einem Dienstjahre sollen 3,50 ℳ und nach zwei Dienstjahren 4 ℳ gezahlt werden. Ferner wünschen sie die Gewährung eines Sommerurlaubs unter Weiterzahlung des Lohnes (vergl. Nr. 199/1899 d. Bl.). Die Fahrstuhlfahrer der Zentral⸗Markthalle fordern außerdem für sich die Einführung der Achtstundenschicht. 8
Kunst und Wissenschaft.
Für die ethnologische Abtheilung des Museums für Völkerkunde hierfelbst sind in den Monaten April bis Juni d. J. nach den „Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ nachstehende Erwerbungen ersolgt:
Aus Indien wurde der Abtheilung eine Sammlung Papier⸗ abklatsche von Reliefs des Tempels von Angkor Wat überwiesen, aus dem malaiischen Archipel als Geschenk des Herrn Carl Stangen zwei Modelle, Haus und Schiff, aus Singapore; angekauft wurden Kalang⸗Figuren von Java und ein Wayang Kalitik aus Desa Sede Pekalongan, Java. — Aus Pst. Asien wurden durch Ankauf erworben: ein älteres japanisches Tempel⸗ bild, der Shingon⸗Sekte (Mystizismus) angehörig; die japanische Originalbezeichnung auf der Rückseite lautet: Kongökai mandara (= Sanszkrit: Vajradhàtumandala), es bildet somtt die Ergänzung zu einem bereits früher erworbenen Mandala⸗Bild; ferner die Fort⸗ setzungs⸗ und Ergänzungshefte des „Nihon bijutsu gahb“ = „Maga- zine of Japanese art“; die Fortsetzung des großen kultur⸗ und kunstgeschichtlichen Lieferungswerks in Folio: Kokkwa Nr. 99 — 117; Photographien aus Nordost⸗Tibet, aufgenommen durch Dr. Futterer in Karlsrube; — aus Persien durch Ankauf eine gravierte Schale.
Aus Ost⸗Afrika ging der Abtheilung eine größere Zahl von Geschenken zu: Herr Oberleutnant Glauning überwies in abermaligem Anschluß an die früheren hochbedeutsamen Sammlungen, die ihm das Museum seit 1895 zu verdanken hat, eine Anzahl wichtiger Stücke aus Uwinsa, Herr Hauptmann von Prittwitz und Gaffron eine wichtige Sammlung aus Uhehe und Upogoro, Herr Hauptmann Lang⸗ held, gleichfalls schon seit Jahren ein Gönner des Museums, einen Blasebalgbezug aus Irangi. Herr Carl Wiese schenkte eine große Sammlung von den Angoni, Senga, Atschewa und Wasimba, alles aus der Gegend von Chiromo, die bisher im Museum noch so gut wie garnicht vertreten war und durch diese Schenkung nun mit einem Mal in sehr würdiger Weise zur Vertretung gelangt. 885 Hilfskassenführer Wendt schenkte eine Zauberkiste mit mannigfachem Inhalt, aus dem Besitze des gefürchteten Hauptes des Kroni⸗Aufstandes, Herr Berg⸗ Assessor Dr. Dantz einen eigenartigen eisernen Kopfputz in Gestalt einer Federkrone. Der Güte des Herrn Oberleutnants Baumstark ist eine größere Sammlung aus dem abflußlosen Gebiete Deutsch⸗Ost⸗ afrikas zu verdanken. Angekauft wurden eine Thonpfeife aus Uganda und einige Stücke aus Madagaskar. — Aus West⸗Afrika schenkte eerr Oberleutnant Graf Zech eine größere Anzahl ethnographis cher Stücke aus dem nördlichen Hinterlande von Togo, alle von großer wissenschaftlicher Bedeutung und mit bewundernswerth genauen Angaben aus dem Munde vvereeshse Eingeborenen. Ebenso hat Dr. Kersting im Anschluß an seine früberen werthvollen * wendungen abermals eine Serie wichtiger Stücke aus dem nördlichen Togo, darunter als völlige Neuheit Pfeile aus Dagomba mit einem kleinen Federbüschel auf einer der Kerbenspitzen, geschenkt. Frau Oberst von Queis überwies der Abtheilung die don ihrem Sohne, Leutnant von Queis, hinterlassene Sammlung mit vielen wichtigen neuen Stücken aus dem westlichen Kamerun, darunter mehrere ge⸗ schnitzte Köpfe in einem eigenartigen, bisher unbekannt gewesenen Stil. In die Form eines Tausches mit Herrn Professor Hans Meyer gekleidet ist eine wichtige Erwerbung aus Benin: eine große Rundfigur, einen Europäer darstellend, und noch eine andere Rundfigur (angeblich eine Königin von Benin), ferner eine von einem größeren Bildwerk stam⸗ mende Gruppe mit zwei Figuren, eine vorzüglich schöne Panthermaske, eine von allen sonst bisher aus Benin bekannten Typen abweichende
locke, ein erzenes Messer und ein aus Elfenbein geschnitzter Ibis. Herr C. H. Read schenkte einen bemalten Gipsabguß des schönsten im British Museum befindlichen Benin⸗Kopfes, und Herr Professor Hans Mevyer gestattete die Abformung von vier für das Museum wichtigen Stücken seiner eigenen Benin⸗Sammlung. Herr Oberarzt Dr. Spdow schenkte die vollständige Haartracht einer Pangwe⸗Frau. Angekauft wurden drei Sammlungen aus Kamerun, im Ganzen mit 257 Nummern, außerdem ein schoͤnes Holzgefäß aus Benin in Form einer Antilope. — Aus Süd⸗Afrika wurden durch Tausch drei in Thierform aus Horn geschnitzte Bebälter für Schnupf⸗ taback erworben. — Aus Nord⸗Afrika sandte Herr F. Kilian eine Schnur mit Thonperlen von den Guanchen. —
Aus Oceanien gingen der ethnographischen Abtheilung folgende Geschenke zu: Herr Professor Lewin überwies einen Angelhaken von den Salomonen von ganz ungewöhnlicher, bisher hier nicht vertretener Form, Herr Professor Baeßler zwei kostbare alte Ruderkeulen von den Marke’as, von ganz seltener Größe und ungewöhnlicher Foemz Herr Dr. Thilenius schenele eine Pobe, tvpisch bemalte Tapa von Samoa und hatte die Güte, die Erwerbung ausgezeichneter Modelle eines Schleppnetzes und eines Tuthorns aus Neusetcland zu vermitteln. Herr C. Scharf in Hamburg schenkte einen großen, alten Schleifstein für Steinbeile aus Taiohae, Markesas⸗Inseln, Herr Missionar John
A. Crump elge in verschiedenen Stadien der Bearbeitung, Herr M. Fromm drei Gesichtsmasken mit menschlichen Knochen aus Reu⸗Britannien. Herr Edward Tregear, der bekannte Erforscher der polynesischen Sprachen, überwies ein in wirklicher Größe aus⸗ geführtes Modell eines Kotaha, jenes alterthümlichen, jetzt vergessenen Wurfapparates der Maori, Herr von Luschan zwei Bogen aus Tabitt und drei Pfeile von den Keuen Hebriden, alle fünf Stücke von der zweiten Cook'schen Reise stammend. Durch Ankauf wurden erworhen: zwei Sammlungen aus Britisch⸗Neu⸗Guinea, im Ganzen gegen drei- hundert Stücke umfassend und reich an großen Schaitzwerken und an Wernmn. und bemalten Schädeln aus dem Maipua⸗Distrikt; erner einige ältere Wurfhölzer aus Neu⸗Holland, ein Schild von de French⸗Inseln und eine Reihe „prähistorischer“ Funde aus Nanmatal. Die Anthropologische Sammlung erhielt an Geschenken: drei Schädel aus Ost⸗Afrika (Muhesa, Mbondei, Mdigo) von Herrn Regierungs⸗Arzt Dr. F. Plehn und zwei Schädel aus Süd⸗Ruhanda von Herrn Hauptmann Langheld. 8 Aus Nord⸗Amerika wurden erworben: als Geschenk von Herrn Professor Dr. E. von Drygalski Grabfunde aus Westgrönland, von seiner im Auftrage der „Gesellschaft füe Erdkunde zu Berlin“ ausgeführten Expedition herrührend, von Herrn Scharnweber ein Modell eines Kanus der Sioux aus Birkenrinde; durch Ankauf Geräth von Eskimos aus Jacobshavn und Wachsköpfe und⸗Hände für Kostümfiguren. — Aus Zentral⸗Amerika wurden der Abtheilung überwiesen: als Geschenk der Frau Cäcilie Seler zwei Hemden mexikanischer Indianerinnen, eins mit dem Saft der Purpurschnecke gefärbt; als Leihgabe von dem Kaiserlichen Gesandten in Serbien Freiherrn von Wäcker⸗Gotter ein mexikanisches Steinjoch, skulptiert; angekauft wurde eine große Sammlung von Alterthümern aus Honduras, Gebiet des Rio Ulua, sowie ein Gipsabguß einer Steinskulptur aus Mexlko, nachdem Herr Hauptmann von Levetzau freundlichst das Original zur Verfügung gestellt hatte. — Aus Süd⸗Amerika warden überwiesen: als Geschenk von Herrn J. Rochet in Paris ein kleiner Topf mit Thierornamentik aus Ecuador, von Herrn Ernst Vahl in Desterro ein Topf und altindianisches Steingeräth aus Sta. Catharina; als Leihgabe von Herrn Professor Dr. A. Baeßler zw prächtige Goldhelme der Quimbaya im Caucathal und drei kleiner Goldfunde aus Columbien.
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A. F. Die erste Versammlung der Berliner Gesellschaft
8 ür Anthropologie in dem soeben begonnenen Winterhalbjahr er⸗
öffnete am 20. d. M. das Vorstandsmitglied Professor Dr. von den Steine im Namen und Auftrage der Gesellschaft durch eine herzliche An⸗ sprache an den Vorsitzenden, Geheimen Medizinalrath, Professor Dr. Virchow, aus Anlaß von dessen vor zwei Monaten gefeierter goldenen Hochzeit. Ein schönes, gleichzeitig übergebenes Arrangement von großblüthigen Alpenveilchen galt der Lebensgefährtin des Gefeierten. Professor Virchow dankte SKielch bewegt für die ihn angenehm überraschende Kundgebung. — Es folgten vor Eintritt in die Tages⸗ ordnung verschiedene Mittheilungen über Büchereingänge (darunter Arthur Baeßler's mit Spannung erwartetes Buch von den Südfee⸗ Inseln), Begrüßungen der anwesenden Gäste von außerhalb, unter ihnen der Botaniker Bidart aus Santiago de Chile, der ein großes Herbarium aus Chile auf den Tisch des Hauses legte, kurze Berichte über Versammlungen des letzten Sommers und zum Schluß einige Nekrologe auf im Laufe der letzten Monate aus dem Leben geschiedene Mitglieder der Gesellschaft. — Viel Interesse erregte eine Mittheilung von Dr. Goetz über die Freilegung und Untersuchang eines Hügelgrabes bei Weißenfels in Thüringen. Bisher unterschted man bei diesen der Steinzeit angehörigen Hügelgräbern solche mit uad solche ohne Steinkiste. Erstere gehören mehr dem deutschen Norden, letztere Mittel⸗ und Süddeutschland an. An dem vom Redner aufgedeckten Grabe sind alle Merkmale des Hügel⸗ grabes ohne Steinkiste, dagegen bestimmte Anzeichen dafür vorhanden, daß ursprünglich eine Auskleidung des Grabes mit hölzernen Balken und 8- ohlen in Anwendung gebracht worden war. Der Gebrauch der Bestattung war also, im Grunde genommen, der nämliche, nur das zur Herstellung der Grabkammer verwandte Material von den erklärlicher Weise 8 erhaltenen nordischen Steinkistengräbern erheblich verschieden. olz konnte natürlich nicht mehr gefunden werden; dagegen zeigten die Erdschichten des von Menschenhand ganz unberührt gebliedenen Grabes durch ihre schwarze Färbung deutlich die Stellen an, wo früher Holz vorhanden gewesen, und diese Stellen markterten ungezwungen die Pfeiler eines viereckigen Grabes von 70 auf 50 cm. Grunde fand man dann auch im Sande verschüttet außer einem Feuersteiamesser die Theile eines menschlichen Gerippes, wenn auch in einer beim ersten Anblick verwirrenden Unregelmäßigkeit der Lage. Die Abmessungen des Grabes erlauben den Schluß, daß der Todte in hockender Stellun beigesetzt worden ist; aber die Skeletttheile zeigten sich gegenwärtig durcheinander geworfen. Bei näherer Untersuchung gaben im — vorgefundene Gänge von Hamstern oder Kaninchen die Erklärung, daß die Theile wahrscheinlich von m Thieren verschleppt worden waren. Es mußte ursprünglt also ein Hohlrau vorhanden gewesen sein, der viel später unter Nachschieben des Erdreiches zusammengfallen war, als die Holzverkleldung vermorschte. Der früher anscheinend große Gegensatz zwischen Hügelgräbern d einen und der andern Art ist somit geschwunden. — Dr. Lehman Nitsche, erster Afsistent des argentinischen Landes⸗Museums in La Plata, legte eine Anzahl Schädel vor, die verschiedene Verletzungen, u. a. künstliche Auslösung des Unterkiefers und ähnliches, auch Schwärzung zeigen. Die Erklärung hierfür liegt nahde, wenn man diese Schädel als die Reste kannihalischer Mahlzeite annimmt. Der junge Forscher, dem die Wissenschaft schon eine Reihe werthvoller obachtungen und Funde in Argentinien und Patagonien verdankt, erbat indessen die Ansicht der Fachgenossen, ob auch Nagethiere solche Verletzungen der Schädel hervorhringen könne Eine Antwort aus der Versammlung lautete dahin, die letztere Ver muthung sei im vorliegenden Falle wohl nicht zutreffend, wenn auch feststehe, daß Nager unter Umständen selbst Knochen zerstören, z. B. die Schiffsratten Elephantenzähne, welche beim Transport ungenügend vor ihnen geschützt werden. 2
Den Vortraz des Abends hielt Professor von Luschan über d neuen Erwerbungen des Museums für Völkerkunde au dem Bismarck⸗Archipel. Dieselben sind, wie der Vortragende anerkennt, in letzter Zeit, dank der Thätigkeit der Herren Meneke und des Regterungsarztes im Bismarck. Archipel Dr. Schnee, vor allem aber dank dem Eifer des Kaiserlichen Gouderneurs von Bennigfen, den dem fast mit jeder Post werthvolle Sendungen eintreffen, ganz außere.— ordentlich zahkreich gewesen. Die „Fine fleour“ des in den letzten 8 Monaten Erhaltenen führte der Voartragende in natura 1 Augen. Es sind vor allem Erwerhungen von den Aamiralitäts Inseln, von den Eingeborenen „Tani“ genannt. Diese Inselgrupde ist seit mehr alz 100 Jahren dekannt, ader selten besucht. vorüber⸗ gehend fast vergessen worden. Die erste geographische Aufnahme der. selden erfolgte durch die Challenger⸗Expedition auch S. M. S. „Gazelle“ hat sie s. Z. angelaufen und der Admiral Strauch darüber 1 Ihre ethnographifche Erforschung aber ist neuesten Datums. Die letzigen Erwerdungen von daher sind im wesentlichen große G Holzschnitzwerke, die zur Hausarchitekrue gehören, eigenthümlich gestaltete schlanke Säul deren Le sich fast den vertikalen Theilen der Häuser von Taut, 22 und kürzeren Pfrilern aller Art wiederdolt. Das untere Dr dieser Säulen stellt immer einen aufrechtstehenden Manz dar, die oderen zwei Prittel ein mit dem Schwanz nach oden gerichtetes Krokodil, das an schicht, den Mann zu verschlingen und seinen Kopf schon zum theil im Rachen dat. Bei anderen Holzschnitzwerken don Taut hat man sich, um ihren Gebrauch zu derstehen, zu wäntigen, daß die Bewohner Pfahldauer find, deren Häuser au Pfählen im S odesx Wasser stehen. Sie stellen z. B. eigenartige Beitern dar. einer menschlichen Figar.
Von Neu⸗Britannien darunter eine Anzahl ke