1900 / 261 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Nov 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Kaufleuten Gebrüdern Heinrich C. und Emil August Engel“, zu Wiesbaden

Engel, Inhabern der Firma als Königliche Hoflieferanten zu verleihen.

das Prädikat

Auf Ihren Bericht vom 12. Oktober d. J. will Ih der er Kleinbahngesellschaft, G. m. b. H. Regierungsbezirk Magdeburg, das Ent⸗ eignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für den Bau einer Kleinbahn von Salzwedel nach Dül berg mit Abzweigung nach der Zuckerfabrik in Salzwedel Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums verleihen. ereichte Karte folgt zurück. Homburg v. d. H., den 19. Oktober 1900. Wilhelm R. von Thielen.

Salzwedel Salzwedel

Ministerium

Die infolge Ernennung ihres bisherigen Inh Landrentmeister und Rendanten der Regierungs⸗ Erfurt frei gewordene Rentmeisterstelle bei Kreiskasse in Worbis ist dem früheren Re Steuer⸗Sekretär Dorau in Siegburg verlie

abers zum Hauptkasse in der Königlichen ntmeister, jetzigen hen worden.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe ist der Bureau⸗Diätar Brüggemann zum Geheimen Re⸗ und der Kanzlei⸗Diätar Groth zum Geheimen Sekretär ernannt worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Der bisherige Kreis⸗Wundarzt Dr. Bekker in Schokken zum Kreisphysikus des Kreises Wongrowitz und

der Arzt Dr. Balzar in Heddesdorf zum Kreisphysikus Kreises Neuwied ernannt worden. Dem Oberlehrer am Real⸗Progymnasium in Nauen Dr. Ernst Georg Friedrich Joachim Bardey ist das Prädikat „Professor“ beigelegt wocden. 1

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 39 r „Gesetz⸗Sammlung“ enthält unter 8 Nr. 10 234 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend ie Anlegung des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks es Amtsgerichts Biedenkopf, vom 23. Oktober 1900; unter Nr. 10 235 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend ie Anleguag des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks des Amtsgerichts Saarlouis, vom 24. Oktober 1900; und Nr. 10 236 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend nderweitige Bestimmungen über die Bildung von Ortsgerichts⸗ ezirken und über den Sitz von Ortsgerichten im rankfurt, vom 28. Oktober 1900. Berlin W., den 1. Novemher 1900. KFönigliches Gesetz⸗Sammlun Weberstedt.

Oberlandes⸗ gerichtsbezirk Krle

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 1. November.

Seine Majestät der Kaiser und ildesheim kommend, gestern Abend 6 ½ Uh eingetroffen, von dem Fürsten zu Stolberg Bahnhof empfangen und nach dem Schlosse

König sind, von r in Wernigerode g⸗Wernigerode am geleitet worden.

Aus Hildesheim, vom 31. Oktober, berichtet „W. V. B.: Ihre Majestäten der Kaiser und die trafen heute Nachmittag um 1 ½ Tochter des Ober⸗

Kaiserin Uhr hier ein. Nachdem die germeisters Struckmann einen prachtvollen Strauß überreicht und ein kurzes Gedich begaben Sich Ihre Majestäten, Seine Ma Pferde, nach dem Denkmalsplatz. elben von der Bevölkerung jube Ehrenkompagnie vom 79. Infanterie⸗ wie Vertreter zahlreicher Kriegervereine Nach einer Ansprache

t vorgetragen hatte, jestät der Kaiser zu Auf dem Wege dorthin wurden Allerhöchstdies Ind begrüßt. Bei dem Denkmal hatten eine Aufstellung des Regierungs⸗Präsidenten Zeichen Seiner Majestät des den Klängen der Musik die Hülle. t rung des Bildhauers, über welches Seine

Regiment so genommen. von Philipsborn fiel auf ein Kaisers unter Majestäten besichtigten hierauf unter Füh Professors Lessing das Denkmal, Kaiser Seine vollste Anerkennung aussprach.

hüllung begaben Ihre Majestäten Sich Im großen Saale vesselben waren an⸗ des Magistrats und des Bür

Nach der Denkmalsent nach dem Rathhause. wesend die Mitglieder Kollegiums, der Vize⸗Präsident des Staats Minister Dr. von Miquel, der Mini herr von Rheinbaben, der Ober⸗Präsid Schulenburg, der Regierungs⸗Präs sitzende des Provinzial⸗Aus hausen, der kommandiere eneral von Stünzner, der Divisions⸗Kommandeur, G yl sowie der Bildhauer, Professor Professor Prell. Ihre Majestäten der Kaiser den von dem Ooer⸗Bürgermeister Struck⸗ mann und dem Bürgervorsteher⸗Wortführer Stoelter vor dem Rathhause empfangen und nach dm Als Ihre Majestäten auf der To eingang angekommen waren, Kaiserhymne von Schoppe an. Bürgermeister Struckmann eine in welcher er der hohen Freude Ausdruck Majestäten hier begrüßen zu dürfen in ei Künstlerhand geschaffen und vem heute e Bild hinzugefügt werde. aufgenommenes H redenzte er Seiner Majestät

gervorsteher⸗ ⸗Ministeriums, Finanz⸗ ster des Innern Frei⸗ ialrath Graf ident von Philipsborn, der Vor⸗ schusses Fürst zu Inn⸗ des X. Armee⸗

1 hen, I und Knyp⸗ e z er 2

leutnant Freiherr von Ga Lessing und der Maler, und die Kaiserin wur

großen Saale geleitet.

stimmte ein Sängerchor die

Hierauf richtete der Ober⸗ an Ihre Majestäten, gab, die Kaiserlichen nem Saale, der von in neues, unvergeßliches Nachdem der Redner ein Majestäten ausgebra dem Kaiser i

Ansprache

och auf Ihre

becher“ den Ehrentrunk der Stadt. Seine Majestät der Kaiser nahm den Ehrentrunk und erwiderte, daß, wenn Er auf so historischem Boden wie auf dem der Stadt Hildesheim stehe, Sein Herz höher schlagen müsse. Seine Majestät sprach sodann zugleich im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin den herz⸗ lichsten Dank aus für die freundliche Einladung und bat, den⸗ selben der Bürgerschaft mitzutheilen. Sodann besichtigten Ihre Majestäten die von dem Professor Prell geschaffenen Fresco⸗Gemälde im Rathhaussaale und begaben Sich mit dem Gefolge und den Vertreiern der Stadt in die anstoßenden Sitzungszimmer und das Bürgermeisterzimmer. Hier überreichte der Ober⸗Bürgermeister Seiner Majestät das erste Exemplar einer großen Reproduktion der sechs Fresco⸗Gemälde von Prell mit einem von dem Geheimen Ober⸗Regierungsrath Dr. Jordan geschaffenen Widmungsblatt und Ihrer Majestät der Kaiserin einen auf weißer Seide in der alten Schrift aus⸗ geführten Abdruck des in der hiesigen Stadtbibliothek vor⸗ handenen, im Jahre 1806 der Königin Luise bei ihrer An⸗ wesenheit in Hildesheim von hiesigen Jungfrauen über⸗ reichten Gedichts. Seine Majfestät der Kaiser sprach Sich dann noch lobend über das Gesehene und über die großartige Ausschmückung aus und sagte: Er hoffe, daß der Geist, der in der Bürgerschaft wohne, auch ferner erhalten bleiben möge.

Vom Rathhause begaben Ihre Majestäten Sich nach dem Dom, wo Allerhöchstdieselben im Westportal von dem Bischof und dem Domkapitel empfangen und in das Innere geleitet wurden. Ihre Majestäten desichtigten hier den Domschatz, die Domgruft, den St. Annen⸗Friedhof und den tausendjährigen Rosenstock und verabschiedeten Sich hierauf von dem Bischof. Sodann fuhren Ihre Majestäten nach der Michaelskirche, wo Allerhöchstdieselben von dem General⸗ Superintendenten Dr. Hahn, umgeben von der protestantischen Geistlichkeit, be⸗ grüßt wurden. Nach eingehender Besichtigung der Kirche begaben Sich Ihre Majestäten unter dem Jubel der Bevölkerung nach dem Bahnhofe. Ihre Maäjestät die Kaiserin fuhr um 4 ½ Uhr nach Wildpark und dem Neuen Palais zurück, während Seine Majestät der Kaiser fünf Minuten später die Fahrt nach Wernigerode antrat.

Nach der Abreise Ihrer Majestäten fand ein Festmahl statt, an welchem der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und der Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben theilnahmen. Der Regierungs⸗Präsident von Philipsborn brachte der Tafel ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Der Ober⸗Bürgermeister Struckmann feierte die Gäste, und der Staats⸗Minister Dr. von Miquel toastete auf die Stadt Hildesheim.

Entgegen den von mehreren Blättern verbreiteten An⸗ gaben, wonach zu dem deutsch⸗englischen Noten⸗ austausch vom 16. v. Mts. noch irgendwelche bisher nicht ver⸗ öffentlichte Zusatzbestimmungen vereinbart sein sollen, sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß außer der am 20. v. Mts. in Berlin und London gleichzeitig im vollen Wortlaut veröffent⸗ lichten Note keinerlei Vereinbacung getroffen ist. Die Blätter, die gegentheiligen Behauptungen Raum gegeben haben, sind 1 ihren „Gewährsmännern“ mit Unwahrheiten getäuscht worden. W“““

In der am 31. v. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗

sekretärs des Ianern, Staats⸗Ministers Dr. Grafen von Posadowsky⸗Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurden der Entwurf eines Gesetzes wegen Verlegung der preußisch⸗österreichischen Grenze längs des Przemba⸗Flusses, ferner die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung von Elsaß⸗Lothringen für 1899 sowie der Entwurf von Abänderungen und Ergänzungen der Bestimmungen über die Statistik der Bewegung der Bevölkerung den zuständigen Ausschüssen über⸗ wiesen. Von einer Mittheilung, betreffend eine Denkschrift über die Thätigkeit der Kaiserlichen Normal⸗Aichungskommission, wurde Kenntniß genommen. Außerdem wurde über mehrere Vorlagen, betreffend Zoll⸗ und Steuerangelegenheiten, sowie über eine größere Anzahl von Eingaben Beschluß gefaßt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Stosch“, Kommandant: Kapitän zur See Ehrlich, am 30. Oktober in Neapel angekommen und beabsichtigt, am 8. November nach Corfu in See zu gehen.

S. M. S. „Gneisenau“, Kommandant: Kapitän zur See Kretschmann, ist am 30. Oktober in Lissabon einge⸗ troffen und geht am 4. November nach Tanger in See.

S. M. S. „Charlotte“, Kommandant: Kapitän zur See Vüllers, ist am 30. Oktober in Palermo angekommen und Eht am 10. November nach Alexandrien in See.

S. M. S. „Tiger“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän von Mittelstaedt, ist am 30. Oktober in Taku eingetroffen und beabsichtigte, heute wieder in See zu gehen.

S. M. S. „Irene“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Stein, ist gestern von Tsingtau nach Tschifu in See ge⸗ gegangen.

S. M. S. „Wörth“, Kommandant: Kapitän zur See Borckenhagen, beabsichtigte, heute von Tsingtau nach Wu⸗ sung in See zu gehen.

Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern, wie der „St.⸗A. f. W.“ berichtet, die Berathung des Berichts der staatsrechtlichen Kommission fort und erörterte zunächst die Frage, ob Württemberg ein Recht auf die Ersp arnisse am württembergischen Militär⸗Etat zustehe. Die Streitfrage ist die, ob dieses in Art. 12 der Maälitär⸗Konvention aufgestellte Er⸗ sparnißrecht nur für die damalige Zeit der Panschalbewillt gung der Militärausgaben im Neich oder auch seit dem Bestehen des spezialisierten Militär⸗Etats Geltung haben solle. Der Berichterstatter Abg. Gröber bemühte sich dar⸗ zuthun, daß die Gründe füͤr die von der Rei sverwaltung bestrittene W des württembergischen Ersparnißrechts so klar und überzeugend seien, daß es an der Zeit sei, nicht mehr bloß, wie bisher, bei Ablieferung der württem⸗ bergischen Ersparnisse an die Reichskasse den württembergischen Rechtsstandpunkt zu wahren, sondern den württembergischen Anspruch zur Geltung zu bringen. Der Kommissionsantrag

ersucht denn auch die Regierung, hierzu die erfeorderlichen Schritte zu thun. Der Minister⸗Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht gab, im Anschluß an die von Poschinger ver⸗ öffentlichten „Denkwürdigkeiten des Kriegs⸗Ministers von Suckow'’, eine historische Darlegung über das Zustandekommen der Militärkonvention, aus welcher er die Möglichkeit, ja Wahrschein⸗ lichkeit ableitete, daß der württembergische und der preußische Kriegs⸗Minister damals bezüglich der Frage der Ersparnisse nur für die aktuelle Zeit der Pauschalwirthschaft die noth⸗ wendigen Vorkehrungen hätten treffen wollen. Die Regierung habe die Frage seit 1875 ruhen lassen, weil sie den württembergischen Anspruch nach seinem Rechtsbestand und namentlich auch nach seinem praktischen Werth nicht als unzweifelhaft habe an⸗ erkennen können. Wenn nun die Stände in dieser Sache eine Initiative ergreifen wollten, bei der man die Möglichkeit eines entschiedenen Mißerfolges ins Auge fassen müsse, so lege er Werth darauf, zu konstatieren, daß die Regierung hierbei nicht die treibende Kraft gewesen sei. Der Abg. Freiherr von Wöllwarth bekämpfte den Kommissionsantrag und stellte den Gegenantrag, statt „zur Geltung“ zu sagen: „zum Austrag“ zu bringen. Der Abg. von Geß ge⸗ langte zu einem ähnlichen Antrag. Da dieser Redner erwähnte, daß der Kommission ein vertrauliches Aktenstück mitgetheilt worden sei, erklärte der Minister⸗Präsident Dr. Frei⸗ herr von Mittnacht, dieses Aktenstück müsse nun 8. zur Kenntniß des Plenums gebracht werden, zu welchem Zweck sodann die Abhaltung einer geheimen Sitzung beschlossen wurde. Der Kommissionsantrag wurde später mit 60 gegen 9 Stimmen unverändert angenommen.

Hessen. Der frühere Finanz⸗Minister Küchler ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend nach längeren schweren Leiden gestorben.

Desterreich⸗Ungarn.

Der österreichische Industriellentag nahm gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Resolution an, durch welche der Eisenbahn⸗Minister ersucht wird, die durchgeführten Tarif⸗ erhöhungen der Staatsbahnen aufzuheben und die früheren Tarife wiederherzustellen; ferner eine Resolution, be treffend die Schaffung eines Schiffahrtsbeiraths, die Auf⸗ hebung der erhöhten Frachtsätze des Oesterreichischen Lloyd nach der Levante, Albanien, Griechenland, Ost⸗Indien und China und die Wiederinkraftsetzung der Tarife vom 1. Ja nuar 1899. Bei dem Bankett des Industriellentages hielt der Freiherr von Call eine Rede, in welcher er erklärte, er erblicke den kräftigsten Rückhalt für eine gedeih⸗ liche Lösung der Frage des neuen Zolltarifs und der Handelsverträge in der Mitwirkung des Parlaments, er wünsche daher dringend die Thätigkeit des ögeoronetenhauscs Der Minister betonte, daß die achtunggebietende, erst jüngst in der Pariser Welt⸗ ausstellung glaͤnzend bewährte Leistungsfähigkeit der öster⸗ reichischen Industrie es derselben zur Pflicht mache, mit aller Macht auf eine Milderung des die besten Kräfte lähmenden inneren Streites hinzuwirken.

Wie das Wiener „Telegraph.⸗Korresp.⸗Bureau“ meldet, bestätigt sich eine dem „Neuen Wiener Abendblatt“ zu⸗ gegangene Nachricht aus Mostar über einen Zusammen⸗ stoß zwischen einer österreichisch⸗ungarischen Militär⸗ patrouille und montenegrinischen Soldaten, bei welchem auf montenegrinischer Seite ein Mann getödtet wurde und auf beiden Seiten Verwundungen vorkamen. Nach den bisher vorliegenden Berichten scheine es sich bei dem Vorkommniß nur um einen durch strittige Wald⸗ benutzungsansprüche hervorgerufenen Konflikt der betreffenden Grenzbevölkerungen zu handeln, sodaß dem Zwischenfall geringe Bedeutung beizumessen sein würde.

Das ungarische Unterhaus setzte gestern die B⸗⸗ rathung der Gesetzesvorlage, betreffend die Eheschließung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich⸗ Este, fort. Der Minister⸗Präsident von Szell erklärte im Verlaufe der Sitzung: Die von dem Abg. Kossuth aufgestellte Alternative, wonach die Vorlage entweder ein Novum bezüglich der Thronfolge enthalte und dann unstatthaft sei, da man eine Aenderung der Thronfolge nicht so nebenbei durchführen dürfe, oder aber kein Novum schaffe und dann überflüssig sei, sei unzutreffend. Eine Neuerung sei in der Erklärung des Erzherzogs nicht ent⸗ halten, der Begriff der Ebenbuürtigkeit, von dem jene Er⸗ klärung ausgehe, sei durch Gewohnheitsrecht anerkannt. Die Thronfolge in Ungarn stehe nur den Erzherzogen von Oesterreich zu, welche nur aus einer ebenbürtigen Ehe ent⸗ stammen könnten. Dies sei im Hausgesetze bestimmt, und es sei nicht richtig, daß dieses Hausgesetz ein Geheimniß bilde. Der Minister⸗Präsident verlas sodann die Bestim⸗ mungen des Hausgesetzes, welche sich auf Eheschließungen beziehen und aus welchen sich ergiebt, daß bei mangelnder Zu⸗ stimmung des Familien⸗Oberhauptes eine Ehe nichtig, und daß auch für die Eingehung einer morganatischen Ehe die Zu⸗ stimmung des Familien⸗Oberhauptes erforderlich sei. Weiter bezeichnete der Minister⸗Präsident die Behauptung als unrichtig, daß die morganatische Ehe, wenn sie auch durch positives Recht nicht anerkannt sei, dem allgemeinen Bewußtsein in Ungarn fremd sei, und hob hervor, daß den Nachkommen der Erzherzoge Johann und Heinrich, eben weil sie einer morga⸗ natischen Ehe entstammten, kein Thronanspruch zuerkannt worden sei. Auf die Frage eines Abgeordneten, ob rie Ge⸗ mahlin des Erzherzogs Franz Ferdinand Königin von Ungarn sein werde, erwiderte der Minister⸗Präsident, daß dies auf Grund der Erklärung, welche jetzt inartikuliert werden solle, nicht der Fall sein könne, so sehr er dies auch gleich den Abgeordneten bedauere. (Große Bewegung und Lärm auf der äͤußersten Linken.) Der Abg. Olay ruft: „Uns wird sie Königin sein!“ (Heiterkeit rechts und links; großer Lärm auf der äußersten Linken. Rufe: „Ein unabhängiges Ungarn! Ein unabhängiges Ungarn!“) Der Minister⸗Präsident von Szell fuhr fort, man möge ihm glauben, daß er ebenso denke wie die Abgeordneten (Hört! hört! rechts und links) und daß, wenn dermaleinst der Erzherzog Franz Ferdinand den ungarischen Thron besteige,

er der Gemahlin desselben die gleichen Gefühle und die

gleiche Hochachtung entgegenbringen werde,

ganze Nation es thun werde. (Großer Lärm auf der äußerste Linken.) Für das Heiligthum ihrer Familie würden Gebet der ungarischen Nation emporsteigen, auch wenn Ungarn si

nicht auf dem Throne verehren könne infolge eines Hindernisses, welches nicht die ungarische Nation, sondern ihre eigene feste

Entschließung geschaffen habe. Doch möge man nich

in die Sphäre jener Gefühle eingreifen, welche heilig und

verschlossen bleiben müsse. Derjenige, welcher mit eigener Entschließung dieses Familienheiligthum sich errichtet und dieses Glück sich erkämpft hüb9 und diejenige, welche er in dieses Heilig⸗ thum eingeführt habe, würden darüber wachen, daß die Harmonie zwischen der edlen Erfüllung des Herrscherber ufes und den übrigen Seiten des Lebens stets erhalten bleibe. Das wünsche er, und dazu erflehe er den Segen Gottes. Der Minister⸗Präsident schloß mit der Bitte, die Vorlage an⸗ zunehmen. Großbritannien und Irland.

Im Gegensatz zu den vielfach verbreiteten ungünstigen Mel⸗ dungen über das Befinden der Königin Victoria erfährt das „Reuter'sche Burcau“ aus Balmoral, daß in dem Ge⸗ sundheitszustand der Königin keine Aenderung eingetreten sei, und daß Ihre Majestät sich sehr wohl befinde, nachdem Aller⸗ höchstdieselbe den Schrecken überstanden, den der Tod des Prinzen Christian Viktor zu Schleswig⸗Holstein verursacht habe.

Der Unter⸗Staatssekretär des Krieges Wyndham hielt gestern in Dover eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, auf die anerkannte Nothwendigkeit einer Militärreform hinwies und sagte: Es sei häufig auf dem Kontinent behauptet worden, daß die Engländer dadurch, daß sie sich ihrer Reichspflichten bewußt würden, eine neue, den legitimen Bestrebungen der europäischen Mächte feindliche Gesinnung zu erkennen äben. Dies sei aber nicht der Fall. Der Geist, der die öngländer beseele, entspringe dem großherzigen Antriebe, zu er⸗ 8 welches von den begünstigten Völkern der Welt am esten die ihm obliegenden Pflichten gegen die noch in

barbarischem oder halbzivilisiertem Zustand befindlichen L nder

erfüllen könne. Frankreich. 11““ Der in Paris lebende Vertreter Aguinaldo's, Agoncillo, hat, der „Agence Havas“ zufolge, eine Kundgebung an das Volk der Vereinigten Staaten von Amerika erichtet, in welcher er auf den materiellen und moralischen Eeeber hinweist, den der gegenwärtige Krieg den Philippinen und Amerika bereits zugefügt habe und noch zufügen werde. Weiter erklärt Agoncillo, die Eingeborenen auf den Philippinen seien fähig, sich selbst zu regieren, und verlangt ein Plebiszit in der Ueberzeugung, daß alle Filippinos die Unabhängigkeit fordern würden.

Italien. Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ w'rd der

b Papst zu Ende dieses Monats ein Konsistorium abhalten, in

welchem aber nur Bischöfe ernannt werden sollen. In einem Konsistorium, das im Monat Januar stattfinden soll, würden, dem Vernehmen nach, 6 Italiener und 5 Ausländer, unter letzteren der Erzbischof Dr. Simar in Köln, zu Kardinälen ernannt werden.

Spanien. 1 8

Der Admiral Ramos Izquierdo ist, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, zum Marine⸗ Minister und der General Despujol an Stelle des Generals Polavieja zum Präsidenten des Obersten Kriegs⸗ raths ernannt worden

Nach einer amtlichen Meldung aus Madrid vom gestrigen Tage ist die in Berga aufgetauchte carlistische Bande 800 Mann stark. Die Truppen sind in eifriger Verfolgung derselben be⸗ griffen. Der Verkehr zwischen Berga und Barcelona ist ab⸗ geschnitten.

Aus Barcelona vom heutigen Tage berichtet „W. T. B.“, der dortige Gouverneur habe zwei Niederlagen von Gewehren verschiedener Systeme, Säbeln und Munition entdeckt. Eine carlistische Verschwörung habe in der ersten Hälfte des November zum Ausbruch kommen und sich zugleich gegen den Munizipalrath, den Zivil⸗Gouverneur und den General⸗ kapitän richten sollen. Aus dem nahe bei Barcelona Orte Sarria seien zahlreiche Personen verschwunden.

an glaube, daß sie sich den carlistischen Banden anschl eßen würden. In Villafranca habe eine catalonische Kund⸗ gebung stattgefunden.

In carlistischen Kreisen wird erklärt, Don Carlos stehe der Bewegung in Catalonien vollkommen fremd gegen⸗ über. Die Führer werden getadelt, weil sie eine Bewegung, die zu nichts führen könne, so unbesonnen ins Leben gerufen hätten.

Amerika.

Bryan hielt, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend seine Abschiedsreden im Staate New York und wird bis zum Sonnabend sich in Ohio, Illinois und Indiana auf⸗ halten. Der „New York Herald“ veröffentlicht eine Er⸗ klärung Bryan’s, in welcher er sagt, die Demokraten hätten gute Aussichten, im Staate New York zu siegen. Der Gouverneur Roosevelt betreibe eine energische Wahl⸗ agitation, indem er im Staate New York in Massenversamm⸗ lungen Reden halte. Der Vorsitzende des demokratischen Comités spreche sich ebenfalls über die Aussichten Bryan'’s m Staate New York zuversichtlich aus. Die Republi⸗ aner hätten gleichfalls Vertrauen zu ihrer Sache und seien der Ansicht, daß MeKinley eine größere Majorität als im

Jahre 1896 haben werde.

Asien.

Aus Peking vom 30. Oktober meldet „W. T. B.“, daß, nachdem die auf Paoting⸗fu vormarschierten Kolonnen nach der Einnahme dieser Stadt den Rückmarsch auf Peking und Tientsin angetreten hätten, die zweite deutsche Brigade, eine Eskadron und die zweite Abtheilung des Feld⸗A. tillerie⸗Regi⸗ ments in Paoting⸗fu versammelt seien.

Nungping⸗fu (ca. 80 km westlich von Schan⸗hai⸗Kwan am Tsinglungho gelegen) ist durch Engländer und zwei Kom⸗ pagnien des deutschen ostasiatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 2 besetzt worden.

Das deutsche Truppentransportschiff „Roland“ ist nicht, wie „W. T. B.“ gemeldet hatte, am 28. v. M. i Tientsin, sondern in Tsingtau eingetroffen.

Afrika. Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Pretoria vom 30. Oktober: Die Kommission für die Prüfung der Konzessionen in Transvaal habe an diesem Tage die eugenvernehmungen in der Angelegenheit der Dynamit⸗ esellschaft fortgesetzt. Einer der Direktoren habe die Bestechung von Mitgliedern des Raad und Anderer fain echtfertigen gesucht. Aus den Büchern der Ge⸗ ellschaft, die bei der Besetzung Pretorias durch die Engländer

beschlagnahmt worden seien, gehe nach den Aussagen der mit der Prüfung dieser Bücher beauftragten Sachverständigen hervor, daß die Rechnungen unter dem Gesichtspunkt aufgestellt worden seien, die Regierung ihres Antheils am Gewinn zu berauben. Aus anderen Rechnungen gehe hervor, daß die Gesellschaft in diesem Jahre Transvaal eine Quantität weich⸗ spitziger, vorn gespaltener Kugeln geliefert habe.

Dasselbe Bureau berichtet aus Pretoria vom gestrigen Tage, daß, nach einer dort eingetroffenen Meldung, der General Botha sich mit einer starken Streitmacht auf dem Marsch nach dem Kenhardt⸗Distrikte befinde, von wo aus eine Anzahl unversöhnlicher Buren einen neuen Trek beabsichtigten.

Aus Kapstadt vom gestrigen Tage erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß der General Hunter, nachdem zahlreiche An⸗ griffe auf die Eisenbahn in der Nähe von Ventersburg⸗Road ausgeführt worden seien, die Buren angegriffen und, ohne wesentlichen Widerstand zu finden, aus Ventersburg ver⸗ trieben habe.

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Statistik und Volkswirthschaft.

Wohlfahrts⸗Einrichtungen.

Der Geheime Kommerzienrath Wolf in Magdeburg hat dem Vaterländischen Frauenverein der Provinz Sachsen für dessen Volks⸗ heilstätte für lungenkranke Frauen und Mädchen im Forst⸗ revier Vogelsang bei Gommern 30 000 gespendet und außer⸗ dem zu Wohlfahrtseinrichtungen für seine Arbeiter die Summe von 100 000 gestiftet.

Zur Arbeiterbewegung. vW

Aus Lens meldet „W. T. B.“, daß im Kohlenbecken von Pas

de Calais gegenwärtig über 20 000 Grubenarbeiter ausständig

sind (vergl. Nr. 260 d. Bl.); nur in Arras ist, infolge einer

Einigung zwischen den Direktoren der Kohlenberqwerke und den Arbeitersyndikaten, der Ausstand als beendigt anzusehen.

Kunst und Wissenschaft.

Das Märkische Museum wird morgen zum ersten Mil nach dem Unzug seine Pforten öffnen, allerdings nur für einen be⸗ schränkten Kreis, und zwar für die Theilnehmer an dem Deutschen Goldschmiedetag, denen morgen und am Sonnabend von 11 bis 2 Uhr Gelegenheit geboten werden soll, die Gold⸗ und Silberschätze des Museums zu besichtigen. Hierbei soll zum ersten Mal der kostbare Schatz des verstorbenen Stadtraths Löwe zuar Ausstellung gelangen. Die Wiedereröffnung des Museums für das Publikum erfolgt am 12. November.

Der Kunstsalon von Bruno u. Paul Cassirer (Victoria⸗ straße 35) eröffnet morgen, Freitag, eine neue Ausstellung. Diese wird zunächst eine Sammlung von 14 Werken des französischen Malers Paul Cézanne enthalten, des Zeitgenossen und Mitstrebenden von Manet und Freundes Zola's, dessen Werke in Deutschlan dnoch nicht zu sehen waren. Die Ausstellung enthält ferner eine Reihe von Landschaften des Berliners Walter Leistikow aus dem Grunewald und von der norwegischen Küste, eine größere Sammlung des nach Berlin übergesiedelten Müncheners Louis Coecinth, Figurenbilder und Porträts, unter diesen das Bildniß Max Liebermann's und das soeben vollendete von Gerhart Hauptmann; schließlich Skulpturen von Fritz Klimsch und einige Bilder von D. Y. Cumeron in Glasgow. Auch von d'Espagnat werden einige neue Werke zu sehen sein.

Dem Afrika⸗Reisenden Karl Schillings, der zur Ecforschung

der Lebensverhältnisse der großen Säugethiere eine wissenschaftliche

Reise nach Ost⸗Afrika unternommen und der zoologischen Sammlung des bayertschen Staates eine bei dieser Gelegenheit zusammengebrachte ausgezeichnete Sammlung von 22 vorzüglich konservierten Fellen und Schädeln riesiger kolonialer Säugethiere zum Geschenk gemacht hat, wurde, wie die Münch. „Allg. Ztg.“ meldet, von der Königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften die höchste Aus⸗ zeichnung derselben, die goldene akademische Denkmünze, ver⸗ liehen. Unter der Schenkung befinden sich auch zwei tadellose Stücke der neuen Hyaena Schillingsi und Girafa Schillingsi.

FTvheater und Musik.

Belle⸗Alliance⸗Theater. Das Ensemble der Tegernseer brachte am Dienstag „Die

Zwiderwurz'n“, Volksstück in vier Akten nach einer Erzählung

gon H von Schmid von Richard Manz, erstmalig zur Aufführung. Der Spitzname „Zwiderwurz'n“, welcher der schönen Stasi, der Tochter des Kurz'nbauern in der Jachenau, beigelegt worden ist, be⸗ deutet ungefähr dasselbe, was Shakespeare mit „thoe shrew“ (die Widerspenstige) bezeichnet hat. wie überhaupt das Volks⸗ stück die auf bäuerlich⸗ Verhältnisse übertragene „Zähmung der Widerspenstigen“ behandelt, welche dem Flosser Martl schließlich durch die Macht der Liebe gelingt. Wie sich die heftige, zanksüchtige und launenhafte Stasi allmählich zum sanften, liebenden Mädchen wandelt, wird mit gutem Humor und anerkennenswerther Charakteristik geschildert. Die flotte Darstellung zeigte wiederum die natürliche schau⸗ svielerische Veranlagung der Tegernseer Gesellschaft. Insbesondere zeichnete sich Fräulein Lina Triebenbacher in der durchaus nicht leicht wiedern⸗ zugebenden weiblichen Hauptrolle aus. In Herrn Wenga (Flosser Martl) hatte sie einen trefflichen Partner, und auch Frau Bergmooser in der komischen Rolle einer alten Jungfer, Herr Glas als Bader und Herr Sachs als Kurz'nbauer führten ihre Aufgaben mit an⸗ erkennenswerther Sicherheit durch. Das Publikum schien sich gut zu unterhalten und spendete sowohl den Darstellern wie den treff⸗ lichen Jodlern, Schuhplattlern und Zitherspielern lebhaften Beifall.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Hector Berlioz' Oper „Benvenuto Cellini“ in der deutschen Bearbeitung von Peter Cornelius und in nachstehender Besetzung gegeben: Kardinal Salviati: Herr Mödlinger; Balducci: Herr Nebe: Theresa: Frau Herzog; Benvenuto Cellini: Hens Kraus; Aecanio: Frau Goetze; Fieramosca: Herr ulß; Pompeo: Herr Stammer; judischer Schankwirth: Herr Lieban. Personen der Pan⸗ tomime: die Herren Q aritsch, Müller, Burwig und Fräulein Pfaffenberg. Die Handlung begiebt sih in Rom um das Jahr 1532 unter Papst Clemens VII. Die neuen Dekoratsonen „Innerer Hof einer Taverne“ und „Der Colonna⸗Platz“ sind vom Königlichen Theatermaler Quaglio, die „Wersstäͤtte und Gießerei Cellini's im Collosseum, vom Dekorationsmaler Brkach gemalt. Zwischen dem ersten und zweiten Akt wird die Oavertüre „Le carnaval romain“ gespielt. Kapellmeister Strauß dirigtert. Am Dienstag, den 6. November, geht zum ersten Male „Der Barbier von Bagdad“, komische Oper in zwei Akten von Pter Cornelius. in Scene. Die Besetzung lautet: Khalif: Herr Berger; Baba Mustapha, Kadi: Herr Lieban; E dessen Tochter: Frau Herzog; Bostana, eine Verwandte des Kadi: Frau Goetze; Nureddin: Herr Sommer; Abul Hassan Ali Ebn Bekar, Barbier: Herr Knüpfer. Der Ort der Handlung ist Bagdad. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. Das Wert ist vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff in Scene gesett.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen G. von Moser's und T. von Trotha's Lustspiel „Der wilde Reutlingen“ in

der bekannten Besetzung gegeben. Am Sonnabend geht zumt ersten Male „Meine Schwiegertochter“ (Ma bru), Lustspiel in drei Aufzügen von Fabrice Carré und Paul Bilhout, deutsch von Paul Bleock, in Scene. Die Besetzung ist folgende: Levendier sen . Deputirter: Herr Vollmer; Frau Levendier: Frau Schramm; Paul Levendier, Staatsanwalt, beider Sobn: Herr Boettcher; Martha Levendier, Paul's Frau: Fräulein Sperr; Honoré Teossand: Herr Malescot: Herr Keßler; Gräfin Lodoiska: Frau Sandomw; Ferdinand Laruelle: Herr Kirschner; Gustav Laruelle: Herr Kraußneck; Marie: Frau Pagay; Herr aus dem vierten Stock: Herr Paris Das Stück spielt in Paris in der Gegenwart und ist vom Regisseur Droescher in Scene gesetzt.

Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater findet morgen eine Auffährung der „Fledermaus“ statt. Am Sonnabend geht als s-chste Vorstellung der italienischen Oper Rossini's Oper „IIl Barbiere di Siviglia“ in Scene. Die Rosine singt Frau Marcella Sembrich; außerdem wirken die Herren Bonci, Bensaude, Arimondi und Tapecchia mit. Der Billetverkauf findet täglich im Schauspielhause am Abend⸗ kassenschalter statt.

Im Deutschen Theater geht am nächsten Sonnabend Tolstoi's Drama „Die Macht der Finsternit“ zum ersten Male in Scene. Dem Texte ist die Uebersetzung von A. Scholz in der Bühneneinrichtung von Hans Meery zu Grunde gelegt. Die Hauptrollen werden von den Damen Heims, Lehmann, von Poellnit,⸗ Sarrow und den Herren Bassermann, Fischer, Reinhardt und Schwaiger dargestellt.

In dem am 5. November stattfindenden dritten Phil⸗ harmonischen Konzert unter Arthur Nikisch's Leitung ge⸗ langen zwei Werke zum ersten Male in diesen Konzerten zur Auf⸗ führung, und zwar die Symphonie in F-moll von Tschaikowski und das Violin⸗Konzert von Sinding, welches letztere von dem mitwirkenden Solisten Herrn Henri Marteau zum Vortrag gebracht wird. Die Ouvertüre zu Mozart's Oper „Figaro's Hochzeit“ und das Vorspiel zur Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ bilden den übrigen Theil des Programms. ö““

Mannigfaltiges. Berlin, den 1. November 1900. A. F. In der Oktober⸗Versammlung des „Deutschen Vereins

zur Förderung der Luftschiffahrt“ wurde zunächst auf Anregung

des Vorstands die Uebersendung von Glückwunsch⸗Adressen an Seine Hoheit den Herzog Heinrich zu Mecklenburg und den Kapitän⸗ lentnant Lans, beide seit längerer Zeit Mitglieder des Vereins, sowie an den Gorafen Zeppelin beschlossen, die von den ungewöhnlich zahlreich erschienenen Mitgliedern sofort unterzeichnet wurden. So⸗ dann sprach Oberleutnant von 11 vom 24. Artillerie⸗ Regiment, der als Aöronaut die eiden letzten Auf⸗ fahrten des Zeoppelin'schen Luaftschiffs geleitet hat, über diese in der Geschichte der Luftschiffahrt jedeafalls bedeutungs⸗ vollen Ereignisse. Der Vortragende hatte während der Fahrt seinen Platz in der vorderen Goadel, nahe dem das Steuer regierenden Grafen Zeppelin. Die hiatere Gondel nahm der Reisende Eugen Wolff ein, die beiden Ingenieure hielten sich in der Nähe der Motoren in der Mitte auf. Die Einrichtung war so getroffen, daß vom Platz des Aöconauten aus die an 14 Stellen vertheilten Ballast⸗ bebälter, jeder für sich, entleert werden konnten. Ein Zug an der betreffenden Leine entleerte ihn ganz, nur bei den 200 resp. 240 kg Wasser als Ballast enthaltenden Gefäßen in der vorderen und hinteren Gonsel folgte auf jeden Leinen⸗ zug bloß die Entleerung von 20 kg. Alle anderen Ballast⸗ behälter hielten 50 kg jeder. Außer diesem, vom Stande des Aöro⸗ nauten aus durch 14 Leinen regierten Ballast war noch eine geringe Menge losen Ballafts in Säcken an Bord. Im Ganzen betrug der Ballast 1200 kg. Auch die fünf Ventile, eins je vorn und hinten, drei in der Mirre, wurden durch den Aöronauten mittels Leinen be⸗ herrscht. Derselbe batte somit 19 Leinen, übersichtlich angeordnet und außerdem drel Jastrumente, nämlich zwei Aneroid⸗Barometer und einen Barographen, zu uͤberwachen, ungerechnet eine seine Aufmerksamkeit unausgesetzt beanspruchende Sekundenuhr. Von der ersten der beiden Oktober⸗Fahrten berichtete der Vortragende nunmehr, wie fol,t: Nach⸗ dem das Luafeschiff die Balloahalle verlassen, erfolgte das Kommando „Laßt los!“ um 4 Uhr 46 Minaten. Es wurde mit solcher Präzision ausgeführt, daß die Leinen a tempo in die Luft flo jen und der Bllon in tadellos horizontaler Lage aufstieg. Schon nach 9 Minuten war er 250 m hob, Richtung auf Immenstaoht zu, gegen den Wind, Neigung der Gondel etwaz nach vorn. Als Graf Z⸗ppelin Lang unter sich sah, machte er eine wohlgelungene Wendung nach dem See zurück. Wenige Minuten später war das Fahrzeug 310 m boch. Da es jetzt starke Neigung nah hinten zeite, warde Eugen Wolff telephonisch ersucht, einen Sack seines Ballastes zu entleeren. Um 5 Uhr 21 Minuten stellte sich wieder eine starke Neigung nach vorn ein, die trotz starker Entlastung und trotz Drehens des Laufgewichts sich nicht äderte, irgend eine z. Z. nicht erkennbare Unregel⸗ mäßigkeit eingetreten sein mußte. Deshalb wendete Graf Z *pypelin zur Halle zurück und gab den Befehl zum Landen. Da auf ein 5 Sekunden langes Oeffnen des Ventils 3 der Ballon noch nicht fiel, wurden auch die Ventile 2 und 4 je 3 S⸗kunden geöffnet, worauf ein langsames Fallen begann, das sich aber schnell sehr beschleunigte, sodaß in kürzester Frist der Ballon mit erhebli her Geschwindigkeit ins Wasser sauste und der Windrichtung entsprechend gegen Konstanz trieb. Da der zur Bergung bestimmnte Dampfer nicht gleich zur Hand war und von der Luvseite, auf der er sich befand, nicht leicht an das treibende Luftschiff herankam, so verging einige Zeit, bis er nach der Leeseite ewechselt und das Schlepptau angelegt hatte. Trotz dieser Aufent⸗ hele war der Ballon 4 Stunden spaͤter glücklich in seiner Halle ge⸗ borgen und der Zwischenfall vollständige Entleerung der Ab⸗ theilung 3 von Gas, infolge Klemmens des Ventils so genau ermittelt, zugleich auch im übrigen die völlige Unversehrtheit des Fahrz⸗uges festgestellt, daß eine neue Auffahrt in den nächsten vier Tagen in Aussicht genommen werden konnte. Von seinen persönlichen Eindrücken berichtete Oberleutnant von Krogh, daß ihm der Bedeutung des Moments nachzedenken, zwar wenig Zeit geblieben, daß ihm als Luftschiffer aber die Empfindung des starken W ndes, namentlich beim Fahren gegen den Wins, sehr neu und eigenartig ge⸗ wesen sei. Der zweite, vier Tage später, am Sonntag, den 21. Oltober, erfolgte Aufstieg fand unter weniger günstigen Auspicien als der erste statt, weil Gasverlust und Hfoien die Kraft des Aaftriebs sehr geschwächt batten, auch rotz

der Aushilfe, die mit bemerkenswerther Promptheit die

bayerische Luftschifferabtheilung duich Sendung ron Wasserstoffgas leistete. Es mußte deshalb der Ballast sehr verringert, der Wasser⸗ ballast ganz beseitigt und das Gesammtgewicht auf 60 kg ein⸗ geschränkt werden. Von diesem geringen Ballast war man gleich nach dem wiederum tadellos vor sich gehenden Aufstzeg genöthigt, einen Sack auszuwerfen, um über 50 m Höhe hinauszukommen und bis 200 m m steigen. In dieser Höhe wurde sodann eine große Kurve beschrieben, zu der statt in Aussicht genommener 15 nahezu 17 Mi⸗ nuten verwandt wurden. In dieser Zeit wa: die Längs⸗ schwankung des Fahrzeuges unbedeutend. Nach Ausführung der Kuree bat der Aöronaut, dem die geringe Menge Ballast an Bord Sorge machte, den Abstieg einleiten zu dürfen. Nach erfolgter Genehmigung wurde zunächft das Ventil 3—5 Sekunden lang gezogen. As trotz⸗ dem der Ballon noch stieg, wurden auch die Ventile 2 und 4 noch 5 und endlich alle drei Ventile noch 6 Sekunden lang offen gehalten. Jetzt siel der Ballon in so mäßiger Geschwindigkeit, daß erst 40 m über dem Wasser der letzte Ball-st⸗Sack entleert zu werden brauchte. Dann ersolgte in völlig normaler Art die Landung. Das Wasser spritzte an der vorderen Gondek hoch in die Höhe, doch blieben die Insassen trocken. Eine halbe Stunde später war das Luftschiff, diesmal ganz unversehrt, in der Ballonhalle geborgen. Die erste Ovation wurde dem Grafen Zeppelin von den anwesenden sachverständigen Luftscheiffern beceitet. Sie that ihm besonders wohl. „Jedenfalls“, so schloß der Redner, der seinen Vortrag mit Erläaͤuterungen n einer eichnung pes Luftschiffs be⸗