5 8 8 4 ü S 9 8 3 1 1 † 8 1 8 8 5 † 8 gh 6 s 1 8
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1 9 I
zu 3 in demselben Verfahren festzustellen.
Die spezielle Leitung und Beaufsichtigung der Arbeiten erfolgt durch den Wasser⸗Bauinspektor zu Dirschau, welcher sich während der Ausführung mit den betheiligten Deich⸗ verbänden in Verbindung zu setzen hat.
Für die Veranschlagung, 158 und Abrechnung der Bauarbeiten gelten die für die Wasserbauverwaltung maß⸗ gebenden Vorschriften.
2) Von dem Ober⸗Präsidenten ist zunächst ein allgemeines Bauprogramm für die Gesammtausführung und ein allge⸗ meiner Verwendungsplan bezüglich der erforderlichen Geld⸗ mittel aufzustellen. Insgesammt ist eine Bauzeit von höchstens 4 bis 5 Jahren in Aussicht zu nehmen.
3) Alljährlich bis 1. August ist unter Zugrunde⸗ legung des allgemeinen Bauprogramms ein Bauplan für die im kommenden Etatsjahr auszuführenden Bauten und eine Nachweisung der aufzuwendenden Kosten aufzustellen.
Die Nachweisung und der Bauplan ist nach vorläufiger Prüfung in technischer Beziehung durch den Strombau⸗ Direktor und landespolizeilich durch die betheiligten Regierungs⸗ Präsidenten in einer durch den Ober⸗Präsidenten anzu⸗ beraumenden Sitzung, in welcher er oder in seiner Vertretung der Strombau⸗Direktor den Vorsitz führt, den betheiligten Deichverbänden zur Begutachtung und Erklärung vorzulegen. Vor der Sitzung ist den Deichverbänden Gelegenheit zur Einsichtnahme in den Bauplan und die Nachweisung zu geben.
Die Vertretung der Deichverbände in der Sitzung erfolgt durch den Deichhauptmann oder seinen Vertreter, den Deich⸗ inspektor und ein von dem Deichamt zu bestimmendes Mitglied desselben. Die Vertreter eines jeden Deichverbandes haben namens desselben eine einheitliche Erklärung abzugeben und diese im Falle einer Meinungsverschiedenheit durch Mehrheitsbeschluß herbeizuführen. Zu der Sitzung sind Kommissare der betheiligten Regierungs⸗Präsidenten zuzuziehen.
Kommt eine Einigung über den aufgestellten Bauplan und die Nachweisung mit den betheiligten Deichverbänden nicht zu stande, so ist unsere Entscheidung einzuholen.
.4) Auf Grund des aufgestellten Bauplans und der Nach⸗ weisung setzt der Ober⸗Präsident alljährlich den Antheil der Kosten fest, welcher auf den einzelnen Deichverband nach Maß⸗ gabe seines Beitragsverhältnisses entfällt. Die Zahlung der Zuschüsse für das laufende Baujahr (Etatsjahr) seitens der einzelnen Deichverbände erfolgt zum 1. Oktober jeden Jahres.
Binnen zwei Wochen nach Mittheilung der zu leistenden Zuschüsse durch den Ober⸗Präsidenten an die Deichverbände steht denselben die bei dem Ober⸗Präsidenten einzureichende Beschwerde an uns zu. Unsere Entscheidung ergeht endgültig unter Ausschluß des Rechtsweges.
5) Der in Ausführung des Gesehen erforderliche Erwerb von Grundstücken für den Staat geschieht durch den Ober⸗ Präsidenten. 6.) Nach Maßgabe des festgestellten Bauplanes hat in jedem Jahr die Bauausführung zu erfolgen. Wesentliche Er⸗ gänzungen und Abänderungen desselben sind gemäß den Be⸗ Wann olche Ergänzungen und Abänderungen als „wesentliche“ an⸗ zusehen sind, bestimmt der Ober⸗Präsident.
7) Ueber etwaige Beschwerden eines Deichverbandes oder einzelner Interessenten während der Bauausführung entscheidet der Ober⸗Präsident. Binnen zwei Wochen nach Zustellung seines Bescheides ist die bei ihm einzureichende Beschwerde an uns zulässig.
8) Nach Beendigung der in Gemäßheit des jähr⸗ lichen Bauplans auszuführenden Arbeiten hat die Ab⸗ nahme der fertiggestellten Deichstrecken durch die betreffenden Deichverbände zu-erfolgen. Die Vertretung der Deich⸗ verbände bei der Abnahme geschieht durch die zu 3 benannten Vertreter. “
„Die Uebergabe fertig gestellter Deichstrecken soll möglichst früh im Sommer erfolgen. Neu geschüttete Deichstrecken dürfen nur zur Uebergabe gelangen, nachdem sie in ihrer ganzen Länge fertiggestellt und an die alten Deiche angeschlossen sind. Den Tag der Uebernahme seitens der Deichverbände bestimmt der Ober⸗Präsident.
Ergeben sich bei der Abnahme Streitigkeiten über die Bauausführung, oder werden von den Deichverbänden Be⸗ schwerden wegen des für die Uebernahme fertiger Deichstrecken festgesetzten Tages erhoben, so werden dieselben von uns nach Anhörung der betheiligten Regierungs⸗Präsidenten endgültig mit Ausschluß des Rechtsweges entschieden.
Nach der Uebernahme der Deiche seitens der Deichverbände geht die Unterhaltung derselben auf die Deichverbände über.
Berlin, den 23. Oktober 1900. “
8 Der Der Minister
Miinister für Landwirthschaft, der öffentlichen Arbeiten. Domänen und Forsten. CCEEETLTEI: beb“ Schultz. Hermes.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Der Regierungs⸗ und Baurath Brinckmann ist der
Feen glichen Regierung in Posen überwiesen worden.
er Regierungs⸗Baumeister Mangelsdorff bei der Klosterkammer in Hannover ist zum Bauinspektor daselbst er⸗ nannt worden. 1AX“ “ Versetzt sind: die Regierunge⸗ und Bauräthe Bohnstedt von Minden nach Cassel, Horn von Stade nach Minden und Peltz von Posen nach Stade, der Land⸗Bauinspektor Holtzheuer von Heiligenstadt an die Regierung in Erfurt, die Wasser⸗Bauinspektoren Kniehahn von Berlin nach Glogau, Dieckmann von Mühlhof, Regierungsbezirk Marien⸗ werder, nach Tapiau, Twiehaus von Königsberg i. Pr. an die Elbstrom⸗Bauverwaltung in Magdeburg und Nizze von Wyk a. Föhr nach Plön. 1
„Der Wasser⸗Bauinspektor, Baurath Heydorn in Plön ist — unter Belassung daselbst — zum Kommissar für die Ablösung der wegebaufiskalischen Verpflichtungen im Regie⸗ rungsbezirk Schleswig bestellt worden.
4
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen
und Forsten.
Den Königlichen Förstern Albert Greiner zu Stolten⸗ hagen, Oberförsterei Abtshagen, Regierungsbezirk Stralsund, und Peter Wagner zu Simmern, Oberförsterei Neuhäusel, Regierungsbezirk Wiesbaden, ist der Charakter als Hegemeister verliehen worden. 1.“ 8
8 1 “
Justiz⸗Ministerium. Versetzt sind: die Amtsgerichtsräthe Seuwen in Krefeld als Landgerichtsrath nach Köln, Radke in Lyck als Land⸗ erichtsrath nach Memel und der Amtsrichter Behrens in Fürstenau nach Winsen a. L.
Dem Landgerichtsrath Freiherrn von Elmendorff in SPene ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.
Der Fabrikant Wilhelm Fues in Hanau ist zum Handelsrichter, der Kaufmann Ernst Zimmermann daselbst zum stellvertretenden Handelsrichter bei dem Landgericht in
anau wiederernannt. Der Fabrikant Huqgo Rempel in Bielefeld und der Kommerzienrath Albert Meyer in Porta sind zu Handelsrichtern, die Fabrikanten Bernhard Nord⸗ meyer und Theodor Droop in Bielefeld zu stellvertreten⸗ den E“ bei dem Landgericht in Bielefeld ernannt. den Ersten Staatsanwälten, Geheimen Justizräthen Cludius in Stade und Heinzemann in Limburg ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.
Der Staatsanwalt Quiring in Braunsberg ist nach Liegnitz versetzt.
Die Notare Justizrath Kochann in Stolp und Lewinsky in Kulmsee haben ihr Amt niedergelegt.
Der Rechtsanwalt Gorke in Glogau ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Breslau, mit Anweisung seines Amtssitzes in Glogau, ernannt worden.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts⸗ anwälte Justizrath Dr. Heymann, Willy Davidsohn und Dr. Max Rosenthal bei dem Landgericht I in Berlin, Justizrath Freiherr von Massenbach bei dem Landgericht in Braunsberg, Justizrath Schultze bei dem Amtsgericht in Charlottenburg, Leusch bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Düsseldorf und Lewinsky bei dem Amtsgericht in Kulmsee.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Rechtsanwälte Justizrath Schultze aus Charlottenburg bei dem Kammergericht, Justizrath Kochann aus Stolp bei dem Amtsgericht in Landeck, Dr. Max Rosenthal aus Berlin bei dem Landgericht in Breslau, Dr. Gradowski aus Neidenburg bei dem Amtsgericht in Charlottenburg, Le⸗ winsky aus Kulmsee bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Neisse, die Gerichts⸗Assessoren Dr. Gemünd und Schrammen bei dem Landgericht in Köln, Dr. von Hille⸗ brandt bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Stettin, Goldstaub bei dem Amtsgericht in Loslau, Dr. Karl Walter bei dem Amtsgericht in Soldau, Hirsch bei dem Amtsgericht in Pr.⸗Stargard, die früͤheren Gerichts⸗Assessoren Kettembeil bei dem Landgericht in Halle und Dr. Helwig bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Allenstein.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der Regierungs⸗ und Schulrath Hermann Löwer ist der Regierung zu Schleswig überwiesen worden.
Dem Gymnasial⸗Direktor Dr. Otto Lücke ist die Direktion des Realgymnasiums nebst Gymnasium in Leer übertragen worden.
Am b zu Habelschwerdt ist der bis⸗ herige kommissarische Seminarlehrer Rudolph zu Proskau als ordentlicher Seminarlehrer angestellt worden.
Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 152) wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der im laufenden Steuerjahr zu den Kom⸗ munalabgaben einschätzbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1899/1 900 bezw. 1899 1) bei der “ Eisenbahn auf. 10 400 ℳ — ₰ 2) bei der Peine⸗Ilseder Eisenbahn auf 27 780 „ 40 „ 3) bei der Hildesheim⸗Peiner Kreis⸗ 64*“] 4) bei der Farge⸗VegesackerEisenbahn auf 5) bezüglich der preußischen Strecken der Braunschweigischen Landes⸗ eisenbahn auf. “ festgestellt ist. Hannover, den 1. November 1900. . Der Königliche Eisenbahn⸗Kommissar. von Eickhof gen. Reitzenstein.
„Die Personal⸗Veränderungen in der Armee zꝛc. befinden sich in der Ersten Beilage.
MNiicchtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 3. November.
Seine Majestät der Kaiser und König trafen gestern Abend 6 ¾ Uhr, von Wernigerode kommend, auf der Pegtian Wildpark ein und begaben Sich nach dem Neuen
alais.
Heute Vormittag hörten Seine Majestät die Vorträge des
Chefs des Generalstabs der Armee, Generals Grafen von
Schlieffen, von Hahnke.
Generals
und des Chefs des Millitärkabinets,
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für ZJustizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
8
Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 3 ½ Uhr unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Grafen von Bülow im Dienstgebaͤude, Leipziger Platz 11, zu einer Sitzung zusammen 8 b
1 “
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Irene“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Stein, gestern in Tschifu e und beabsichtigte, heute nach Taku in See zu gehen.
Bayern. sfest Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗ Regenten wurde vorgestern in der üblichen Weise In München fanden Festgottesdienste im Dom, in der pro⸗ testantischen Matthäuskirche, in der St. Michaelkirche (für den katholischen Theil der Garnison), in der griechischen Kirche und in der Synagoge statt. Seine Königliche Hoheit der Prin z⸗ Regent wohnte mit Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin von Modena dem kirche bei. 1 Mecklenburg⸗Schwerin. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Großherzogin Marie hat sich, wie die „Mecklenburger Nachr.“ melden, am 1. d. M. von Schwerin nach Lensahn begeb
en. 8 b Sachsen⸗Altenburg. „Seine Hoheit der Herzog ist gestern aus der Somrzer⸗ residenz Hum lshain nach Altenburg zurückgekehrt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser hat sich, wie „W. T. B.“ Abend von Wien nach Gödöllö begeben.
Rußland.
„Der russische Botschafter in Konstantinopel Sinowjew ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg heutigen Tage, in Livadia von dem Kaiser empfangen worden.
Der Justiz⸗Minister Murawjew hat sich von St. Peters⸗ burg Vach dir, begeben.
Der frühere serbische Minister⸗Präsident Paschitsch i in St. Petersburg eingetroffen. 11“
derichtet, gestern
Spanien.
Gestern ist in Madrid, wie „W. T. B.“ meldet, eine Verordnung veröffentlicht worden, durch welche die konstitu⸗ tionellen Garantien in ganz Spanien suspendierst werden. — In einem gestern unter dem Vorsitz der Königin⸗ Regentin abgehaltenen Ministerrath gab der Minister⸗ Präsident Azcarraga Erklärungen über die Maßregeln ab, welche dieser Verordnung gemäß ergriffen worden seien.
Die amtliche „Gaceia de Madrid“ veröffentlicht ein Rundschreiben des Ministers des Innern, in welchem die Präfekten angewiesen werden, energische Maßregeln zu er⸗ greifen, um der carlistischen Bewegung Einhalt zu thun. Sie sollen insbesondere Vorlsstschungen vornehmen, das Erscheinen der Zeitungen verbieten, welche die öffentliche Meinung irre führen, und die carlistischen Vereinslokale schließen.
In Madrid sind gestern der Vertreter des Prinzen Don Carlos, Marquis Villadarias, der Baron Sanggarren
somie mehrere andere carlistische Führer verhaftet worden. Bei
dem Marquis Feralbo und bei Cassasola wurden Haus⸗ suchungen vorgenommen; sämmtliche carlistischen Klubs sind geschlossen und zahlreiche Schriftstücke mit Beschlag belegt worden, aus denen sich die weitverzweigte Organisation der Carlisten ergiebt. — In den Provinzen wurden viele bekannte Carlisten festgenommen. — Mehrere von den Personen, welche wegen Verdachts, an der carlistischen Verschwörung theilgenommen zu haben, verhaftet sind, sollen des Landes verwiesen werden. Auf Landgütern in Katalonien ist eine Anzahl Waffen gefunden worden.
In Alcoy, Provinz Alicante, erschien gestern eine zwanzig Mann starke Carlistenbande, verschwand aber bald 1 Die Carlistenschaar bei Berga hat sich gestern auf⸗ gelost.
Türkei.
Aus Konstantinopel berichtet das Wiener „Telegr.⸗ Korresp.⸗Bureau“, daß eine aus dem früheren Minister Turkan Pascha und dem Adjutanten des Sultans, General Nassir Pascha bestehende türkische Mission gestern Abend in Begleitung des zweiten Dragomans der russischen Botschaft, Wirklichen Staatsraths Majkow nach Livadia abgereist sei, um den Kaiser von Rußland im Namen des Sultans zu begrüßen.
Amerika.
Wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, hat sich Bryan gestern in Chicago 1hh ausgesprochen, daß, seiner festen Ueberzeugung nach, die Wahlen in Indiana und Missouri demokratisch ausfallen würden.
Das republikanische Nationalcomité hat eine Kundgebung erlassen, in welcher es behauptet, die Führer der Demokraten drohten mit Gewalt, wo immer Partetrücksichten es erforderten; die republikanischen Leiter der Wahlbewegung würden daher Maßnahmen treffen, um jeden Wähler zu schützen und eine richtige Zählung der Stimmen zu sichern
* 8 8 Assien. 8 858 11“ E164“ Dem „Reuter'schen Bureau“ wird au Pasting⸗fu vom 26. Oktober gemeldet: Eine italtenische Truppenab⸗ theilung habe die als Strafexpedition ausgesandte britische Kavallerie abgelöst. Mehrere Dörfer seien niedergebrannt, viele Boxergetödtet worden. Eine britische Rekognoszierungs⸗Patrouille sei, ohne auf Widerstand zu stoßen, in Itschou angekommen, eine deutsche Truppenabtheilung sei mit ihr bei den öst⸗ lichen Kaisergräbern zusammengetroffen. Die internationale Kommission habe den Provinzrichter Tienyang, den Militär⸗ Kommandanten Wangschangu, den General Kiu und zwei andere Beamte zum Tode verurtheilt. Der General Richardson kehre mit dem britischen Kontingent am 28. Oktober über Langfang zurück. Die Deuts 88 und Sep blieben während des Winters als Garnison in aoting⸗fu. Es seien Vorbereitungen getroffen worden, um einen für besonders heilig gehaltenen Tempel der Stadt zu zerstören. Nach Meldungen der Londoner Blätter aus Peking vom 31. Oktober sind die Todesurtheile, welche gegen die in hnabtngefn verhafteten chinesischen Beamten ausgesprochen iind, dem Feldmarschall Grafen von Waldersee vorgelegt 1h v1X“
Hochamt in der Allerheiligen⸗Hof⸗
1
Stadt hätten die Truppen Quartiere bezggen.
hinterlassen.
Aus Peking vom 31. v. M. meldet die „Vgence Havas“,
daß die verbündeten Truppen fortführen, das Land von Boxern zu säubern. Eine französische Abtheilung sei bei Si⸗ tschung, südlich von Paoting⸗fu, auf Widerstand gestoßen und habe einen Todten und zwölf Verwundete verloren. Die Verluste des Feindes seien bedeutend gewesen. Die Ortschaft sei nieder⸗ gebrannt worden. — Nach einer weiteren Meldung vom 1. d. M. traf eine fe zösilch⸗ Kolonne in Hsiling ein und be⸗ setzte am 28. Oktober das Grab einer Kaiserin. Später kamen auch deutsche, italienische und britische Kolonnen an und besetzten die übrigen Kaisergräber. — Ein am 1. d. M. aus Paoting⸗fu in Peking eingetroffenes Tele⸗ gramm berichte nichts über irgendwelche neue Kämpfe.
In Schanghai ist, wie der „Times“ telegraphiert wird, am 1. November ein Kaiserliches Edikt veröffentlicht worden, durch welches Liukunji und Tschang⸗tschi⸗tung zu Friedensunterhändlern neben Li⸗Hung⸗Tschang und dem Prinzen Tsching ernannt werden.
Der „Standard“ meldet aus Schanghai vom 1. d. M., der Prinz Tschwang, welcher wegen seiner Mitschuld an den chinesischen Frevelthaten seiner Aemter entsetzt war, sei von der Kaiserin⸗Wittwe wieder nach Singanfu berufen worden. — Tausend versprengte Soldaten und Deserteure von der chinesischen Armee bedrohten die 200 Meilen nördlich von Schanghai am Kaiser⸗Kanal gelegene Stadt Tsching⸗kiang. — Nach einer amtlichen chinesischen Depesche aus Peking sollen die fremden Vertreter verlangt haben, daß ihnen ge⸗ stattet werde, den Leichnam Kang⸗jis und den Kopf YNü⸗ hsiens zu sehen. — Der Adoptivsohn Li⸗Hung⸗Tschang's Li⸗ tschingfong sei nach Peking berufen worden, nicht Scheng, wie gestern gemeldet wurde.
Ein Telegramm der „Daily News“ aus Schanghai besagt, nach Meldungen aus Singanfu habe der Thron dem Verlangen eines Zensors gemäß darein gewilligt, daß den Prinzen, die jüngst wegen Unterstützung der Boxer degradiert worden sind, gestattet werde, ihre Gehälter weiter zu beziehen. — Durch Edikte vom 27. Oktober seien zu Präsidenten der Zivil⸗Ver⸗ waltung, der Verwaltung der Staatseinkünfte und des Zensor⸗ amtes Mandschus ernannt worden, welche als reaktionär be⸗ kannt seien. 3
Die Behörden in Canton sollen, einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Hongkong vom gestrigen Tage zufolge, eine Summe von 4000 Doll. auf die Köpfe der her⸗ vorragenden Anhänger der Reformpartei ausgesetzt Ses Viele derselben seien nach Hongkong und Macao ge⸗
ohen.
Der „Nowoje Wremja“ zufolge ist in Südchina eine Bewegung zur Wieherelnseruns der Ming⸗Dynastie im Gange. Der etwa 25 jährige Prätendent Tien⸗su⸗zan, der verborgen bleibe, habe in einer Proklamation zur Ab⸗ schaffung des von den Mandschus eingeführten Zopftragens aufgefordert und ferner verlangt, die Fremden sollten aus dem Innern vertrieben, aber in den Hafenstädten geduldet werden.
Wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, haben, den vom gestrigen Tage datierten Berichten des russischen Generalstabs zufolge, in der Zeit vom 27. September bis zum 10. Oktober zwischen den Russen einerseits und chinesischen Soldaten und Tungusen andererseits in der Gegend von Charbin einige unbedeutende Zusammenstöße stattgefunden. Nach Be⸗ richten aus Mukden werden das dortige Kaiserliche Palais und die Kaiserlichen Gräber im Osten und Westen der Stadt aon russischen Soldaten bewacht.
Ein dem russischen Generalstab zugegangener Bericht über die Operationen am E11““ bei Bojansanfu besagt, daß die russische Kolonne sich auf Schiffen flußabwärts weiter gegen Sindjan bewegt und diese Stadt am 7. ktober eingenommen habe. Am 9. Oktober sei der Weitermarsch nach Pintschau, fast 40 Werst auf durch Regengüsse ausgespülten Wegen, erfolgt. In der Nähe der Stadt seien die Truppen von den Ortsbehörden empfangen worden. Die Einfahrt der Artillerie und der Trains in die Stadt sei wegen des schlechten Zustandes der über den schlammigen Fluß führenden Brücken sehr beschwerlich gewesen, obgleich die Chinesen den Truppen hierbei in jeder Hinsicht behilflich gewesen seien. In der
Aus London wird dem „W. T. B.“ berichtet, daß, laut einer Meldung des Kommandeurs der Ugandaschützen⸗Truppe vom 21. Oktober, in einem Kampfe mit dem Stamm der rebellischen Nandis, der am 13. v. M. stattgefunden habe, Dr. Sherlock gefallen und der Leutnant Henderson schwer verwundet worden sei. b
Nach einer Meldung aus Kapstadt, vom gestrigen Tage, wird der Felmarschal. Lord Roberts etwa am 20. d. M. die Rückreise nach England antreten. Lord Kitchener soll, wie der „Standard“ meldet, als Chef der britischen Truppen in Süd⸗Afrika zurückbleiben. 8
Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Kapstad t vom 2. d. M., es verlaute, das Ergebniß der von Sir Alfred Milner gepflogenen Verhandlungen sei ein derartiges, daß die Flüchtlinge aus Transvaal von der nächsten Woche ab dorthin zurückkehren würden. — 20 Transportschiffe lägen in Kapstadt zur Aufnahme der nach England zurückzu⸗ schaffenden Truppen bereit; es sei jedoch unmahrscheinlich, daß bvereits in nächster Zeit eine beträchtliche Zahl Truppen nach England zurückkehren werde.
Aus Lourenço Marques berichtet dasselbe Bureau, daß viele Burenflüchtlinge, die sich seit der Uebergabe von Komati⸗ poort dort aufgehalten hätten, zu ihren Kommandos Aurück⸗ kehrten. Eine Anzahl von ihnen sei vor einigen Tagen in Sabie eingetroffen. Ein Depeschenreiter, der für den Präsidenten Steijn Depeschen überbringen sollte, sei getödtet, und die Depeschen seien beschlagnahmt worden. Eine Abtheilung von 40 Buren sei auf eine ’ Engländer gestoßen, welche acht von den Buren getödtet und die übrigen gefangen genommen habe.
Die Buren sollen, wie aus Kapstadt vom 2. d. M. gemeldet wird, Koffyfontein besetzt haben.
Aus Bloemfontein vom gestrigen Tage wird dem „Reuter'schen Bureau“ mitgetheilt, daß 300 Buren am 26. Oktober in e eingedrungen seien. Die aus 2 Leutnants und 30 Mann bestehende Garnison habe sich ergeben und sei alsdann freigelassen worden. Die Buren hätten hierauf alle in den Magazinen befindlichen Waaren in Beschlag genommen und dafür in einem Magazin einen Scheck der Regierung des Oranje⸗Freistaats über 1600 Pfund Sterling
Statistik und Volkswirthschaft. Zur Arbeiterbewegung.
Die in Leipzig ausständigen Bildhauergebilfen „haben, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, die Wiederaufnahme der Arbeit von der Bewilligung folgender Forderungen abhängig gemacht: Wiederein⸗ stellung der entlassenen Arbeiter; strenge Einhaltung des gesetzlichen Bergerehee agaes. rechtzeitiges Aufbänken, Aufbauen und Reinigen der Gerüste durch. den Unternebmer; Gewährleistung, daß bei streitigen Accordstücken hinsichtlich der Entiohnung, wenn keine Einigung erziel: wird, der übliche und festgesetzte Tagelohn gezahlt wird (vergl. Nr. 86 d. Bl.).
Zum Ausstand der Leipziger Töpfergebilfen tbeillt dieselbe Zeitung mit, daß die letzteren beschlossen haben, die Arbeit nicht früher wieder aufzunehmen, als bis der frübere gemeinsame Arbeits⸗ nachweis wieder hergestellt ist (vergl. Nr. 250 b. Bl.).
Aus Lens, Departement Pas⸗de⸗Calais, meldet „W. T. B.“ vom gestrigen Tage, daß die Arbeit an mehreren Stellen des Kohlen⸗ revters wieder aufgenommen worden ist, die Zahl der ausständigen Bergleute wird jedoch immer noch auf 8800 angegeben (vergl. Nr. 261 d. Bl.).
In Barcelona hat, dem genannten Bureau zufolge, der Aus⸗ stand der Textilarbeiter an Ausdehnung gewonnen. Es sind über 3000 Mann beschäftigungslos (vergl. Nr. 223 d. Bl.).
Kunst und Wissenschaft.
In der Gesammtsitzung der Akademie der Wissen⸗ schaften vom 25. Oktober (vorsitzender Sekretar: Herr Diels) sprach Herr Branco über „die geologische Bedeutung des Rieses bei Nörd⸗ lingen“. Das Ries bietet, wie derselbe ausführte, zwei schwer zu er⸗ klärende Erscheinungen dar: einmal die Auflagerung großer Schollen älterer Juraschichten auf jängeren in der Umgebung des Rieskessels, oben auf der Alb, zweitens das Auftreten des altkrystallinen Grund⸗ gebirges in einem wesentlich höheren Nipean, als dies in der den Kessel umgebenden Alb der Fall ist. Beide Erscheinungen könnten sich gemeinsam erklären lassen durch die Annahme, daß unter dem Riese sich ein Lakkolith befindet. — Herr Kohlrausch legte eine Arbeit der Herren Professor Dr. H. Rubens und Professor Dr. F. Kurlbaum „über die Emifsion lanzwelliger Wärmestrahlen durch den schwarzen Körper bei verschiedenen Temperaturen“ vor. Die Verfasser der Schrift haben die verschiedenen, für die Strahlung des schwarzen Körpers vorgeschlagenen Intensitäts⸗ formeln geprüft, indem sie die Abhängigkeit der Strahlungsintensitä: von der Temperatur für eine bestimmte große Wellenlänge zwischen — 190 Grad und + 1500 Grad untersuchten. Sie wandten dabei die beiden nach mehrfacher Reflexion an Flußspat orer an Steinsalz bleibenden Reststrahlen an und fanden, daß die von Lummer und Pringsbeim sowie die von Plan gegebene Formel ihre Beobachtungen am besten da stellen. — Der Vorsitzende legte eine Abhandlung des Herrn Dr. W. Crönert in Göttingen vor, detitelt:
Der Epikureer Philonides“. Eine Revision der herkulanensischen Rolle Nr. 1044 hat eine Biographie des von Apollonios von Perge erwähnten Matbematikers Philonides ergeben, deren Text in der Ab⸗ handlung mitgetheilt wird. — Herr Dr. Joh. A. Repsold in Ham⸗ burg hat der Akademie 37 Briefe Bessel's an J. G. Repsold (1809 bis 1829) und 45 Briefe desselben an Adolph Repfold und A. & G. Repsold (1830 — 1845) zum Geschenk gemacht. — Herr von Bezold legte die nachstehenden Publikationen vor: 1) Bericht über die Thätigkeit des Königlich preußischen Meteorologischen Institutzs im Jahre 1899; 2) Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen in Potsdam im Jahre 1898; 3) Ergebnisse der Gewitterbeobachtungen im Jahre 1897; 4) Regenkarte der Provinzen Westpreußen und Posen, im amtlichen Auftrage bearbeitet von G. Hellmann.
Die Akademie hat ihrem auswärtigen Mitgliede Herrn von Sickel zu seinem fünfzigjährigen Doktorjubiläum am 16. August 1900 eine Adresse gewidmet. 1
Die phpsikalisch⸗-mathematische Klasse der Akademie hat zu wissen⸗ schaftlichen Unternehmungen bewilliat: Herrn Engler zur Fortführung des Werkes „Das Pflanzenreich 2300 ℳ; Herrn Lehrer Philipp Fauth in Landstuhl zur Vervosllständigung seiner eE 300 ℳ; Herrn Professor Dr. Otto 2ehmann in Karlsruhe zur Fort⸗ führung seiner Untersuchungen über flüssige Krystalle 1200 ℳ; den Professoren Herren Friedrich Paschen und Karl Runge in Hannover zur Beschaffung eines Halbring⸗Elektromagneten 1400 ℳ; Herrn Privatdozenten Dr. Karl Peter in Breslau zur Herstelluang von Normentafeln, die Entwickelung der Eidechsen betreffend, 500 ℳ
Die philosophisch⸗historische Klasse bewilligte zu wissenschaftlichen Unternehmungen: Herrn Ober⸗Bibliothekar, Professor Dr. Karl de Boor in Breslau zur Fortführung seiner byzantinischen Studien, insbesondere der Bearbeitung der konstantinischen Excerpte 1800 ℳ; Herrn Charles Upson Clark, z. Zt. in München, zur Vorbereitung einer nesen Aus⸗ gabe des Ammianus Marcellinus 1500 ℳ; Herrn Privatdozenten Dr. Franz Diekamp in Münster i. W. zu einer Reise nach Rom zum Zweck der Vergleichung von Handschriften der Doctrina patrum de verbi incarnatione 800 ℳ; Herrn Oberlehrer Dr. Johannes Kirchner in Berlin zur Drucklegung seiner attischen Prosopographie 3000 ℳ; Herrn Privatdozenten Dr. Ludwig Nix in Bonn zu einer Reise nach England zum Zweck der Vergleichung der arabischen Handschriften des Apollonius Pergaeus 500 ℳ 88 ] 8
Die Entscheidung in dem Wettbewerb um Entwürfe zu
einem Denkmal für den Freibherrn von Schorlemer in
Münster i. W. ergab, wie das „Centralbl. d. Bauverw.“ meldet, für den Bildhauer Heising in Berlin⸗Friedenau den ersten Preis, für den Bildhauer Haverkamp in Berlin den zweiten und für den Bild⸗ hauer Hammerschmidt in Düsseldorf den dritten Preis. Außerdem wurden zum Ankauf empfohlen die Arbeiten der Bildhauer Geilin
in Düsseldorf und Bolte in Münster.
Bauwesen.
In dem Wettbewerb, den der „Verein der Wasser⸗ freunde“ in Berlin zur Erlangung von Entwürfen für den Bau einer Badeanstalt ausgeschrieben hatte, hat das Preis⸗ gericht, wie das „Zentralbl,. d. Bauverw.“ meldet, folgende Preise ertheilt: einen Preis von 2000 ℳ dem Entwurf „Quisisana“, Verfasser: Architekt Leonh. Sandkaulen und Chr. Klein (beide in Düsseldorf); einen zweiten Preis von 2000 ℳ dem Entwurf „Tiesfbau“, Verfasser: Regierunas⸗Baumeister Herold in Berlin⸗ Halensee; einen Preis von 1000 ℳ dem Entwurf „Aqua“, Ver⸗ fasser: Architekt Alfr. Lowitzki und Architekt Wilhelm Grieme, beide in Berlin. Zum Ankauf wurden empfohlen die Entwürfe mit den Kennworten „Berlin 1900“ und „Ein Wasserfreundd. 8
Theater und Musik.
Konzerte.
Die Großherzoglich sächsische Hospianistin, Fräulein Adele aus der Ohe, veranstaltete am Sonntag in der Sing⸗Akademie eine Matinée, in welcher lediglich Kompositionen der Konzertgeberin für Klavier und Gesang zum Vortrag gelangten. Die Tonsetzerin bewies
zwar einen gut entwickelten Formensinn, aber nicht allzuvtel Eigenart
der Erfindung. Es gelingen ihr recht gefällige und wohlklingende Sätze, denen es aber zumeist an Tiefe fehlt. Am ansprechendsten war ein Menuett aus der Suite oöp. 2 und „à la Bourrée“ aus der Suite op. 8. Die langsamen Sätze derselben Werke zeigten jedoch kaum einen erquicklichen musikalischen Gedanken. Recht anmuthig war ferner ein Walzer op. 11, während in der Novellette op. 12 und der Melodie op. 4 die Anlehnung an mehr oder weniger bedeutende
Vorbilber etwas n stark hervortrat. Die Künstlerin spielte ihre Kompositionea 8 mit natürlichem Empfinden und mit guter Technik, aber stellenweise mit zu hartem Anschlag. Die mit⸗
wirkende Sängerin Fräulein Blanche Sylvana brachte den Pföng.
lichen Thei, des Programms mit überaus zarter Stimme zu Gehör. Von den Liedern, die gleichfalls auf Originalität keinen besonderen Anspruch erheben konnten, aber trotzdem meist recht stimmungs⸗ voll wirkten, erschien „Thistle-Down“ am besten gelungen. — Am Abend desselben Tages veranstaltete der Königliche Kammerfänger Herr Emil Goetze nach längerer Abwesenheit von Berlin im Beet⸗ hoven⸗Saal einen Lieverabend, dessen Programm außer einer Arie aus Méhul's Oper „Joseph in Egypten“ und dem Prreislied Walther's aus den „Meistersingern von Nürnberg“ Lieder von Schubert, Schumann, Franz, Rubinstein u. A. enthielt. Der frische, lebendige Vortrag des beliebten Künstlers ließ fast vergessen, daß die Stimme nicht mehr den Schmelz und die Modulationsfähigkeit besitzt, die ihr früher eigen waren, und riß das zahlreiche Pu⸗ blikum zu lebhaften Beifallskundgebungen hin. Die Begleitung am Klavier führte der bekannte Pianist Herr Arthur Speed, welcher auch einige wohlgelungene Soli beisteuerte, feinfühlig aus. — Evenfalls am Sonntag fand im Saal Bechstein ein Lieder⸗ und Balladen⸗Abend des Herrn Leopold Löschcke statt. Der Sänger hesitzt eine vorzüglich geschulte, ausgiebige Baritonstimme, die jedoch etwas spröde erscheint; auch fehlt es seinem Vortrage bisweilen an Wärme, wogegen die deutliche Aussprache und die sonstige musikalisch korrekte Wiedergabe seiner Vortragsstücke Anerkennung verdienen. Sein Programm bestand aus Werken von Händel, Schubert, Schumann, Weber, Loewe, Brahms und Leoncavallo.
Am Montag fand im Saale der Philbarmonie das erste dietjährige Konzert des Philharmonischen Chors unter Leitung seines Dirigenten, Herrn Professor Siegfried Ochs statt. Zur Aufführung war „Das Paradies und die Peri“ von Robert Schumann gewählt worden. Obgleich dieses Werk für das moderne Empüinden nicht mehr die Be⸗ deutung hat, die ihm früher beigemessen wurde, so ist es doch in seinen musikalischen Schönheiten und seinem poetischen Inhalt noch immer von eigenartigem Reiz, und man kann Herrn Siegfried Ochs nur dankbar sein, wenn es wieder einmal fast der Vergessenheit entrissen worden ist. Es eignet sich wohl auch kaum ein Chor so sehr wie der Philharmonische zur Aufführung einer derartigen Tonschöpfung und der Wiedergabe seiner zarten Klangfarben. Präzisere Pianceinsätze und feiner schattierte Tonwirkungen sind wohl selten zu finden. Unter den Solisten sei zuerst Frau Grumbacher⸗de Jong erwähnt, welche in letzter Stunde für die plötzlich behinderte SR einsprang. Ihr bheller, in der Höhe recht klangvoller Sopran eignete sich ausgezeichnet für die Partie der Peri; leider sind Mittellage und Tiefe so wenig kräftig, daß sie in den Ensemble⸗Sätzen fast garnicht zur Geltung kamen. Die Dame sang die unerwartet übernommene Partie mit Sicherheit und gutem Ausdruck. Frau L. Sobrino hatte den zweiten Sopranpart übernommen, den sie mit frischer, kräftiger Stimme in angemessener Weise durchführte. Frau Lula Gmeiner sang die Alipartie mit ruhiger Sicherheit und schönem Ton, aber etwas zu wenig belebt. Herr R. von zur Mühlen führte den Tenorpart bei guter stimmlicher Disposition durch, nur erschien sein Vortrag zu schmelzend und süß; etwas mehr Herbheit würde kräftiger gewirkt haben. Ein wenig zu monoton, aber sonst mit großer Tonschönheit sang Herr van Eweyk die Baßpartie. — Ebensalls am Montag Abend stellte sich im Beethoven⸗Saal ein ehe⸗ maliges Mitglied der Meininger Hofoper, Herr Hans Sasse, vor. Seine Stimme läßt eine gute Schulung erkennen und ist besonders im Mezza voce-Gesang annehmbar, hat aber B einen erwas heiseren Beiklang, der den Ton beeinträchtigt. er Vortrag, namentlich derjenige der Balladen von Loewe war dramatisch belebt. — Der an demselben Tage im Saal Bechstein veranstaltete zweite Klavier⸗Abend des Herrn Waldemar Lütschg bedeutete ebenso wie der erste einen Erfolg für den jungen Künstler Sehr erfreulich war unter anderem die Wiedergabe der G-moll-Sonate von Schumann, deren ersten Satz er mit einer wohlthuenden, jugend lichen Frische spielte. Im „Liebestraum“ von Liszt sawie in dem G-moll-Nocturne und dem Mittelsatz des H-moll-Scherzos von Chopin verlor sich der Pianist dagegen zu sehr ins Träumerische. — An demselben Abend gaben Fräulein Abele Otto⸗Moran (Gesang) und Herr Hermann Lafont (Klavier) gemeinsam ein Konzert in der Sing⸗Akademie. Da die Dame von einer plötzlichen Indisposition befallen wurde, läßt sich über ihr Können kein ab⸗ schließendes Uctheil fällen. Jedenfalls verfügt sie jedoch über ein sympathische Sopraͤnstimme und nägt mit Empfindung vor. Ih Partner zeigte sich als ein recht gewandter, verständnißvoller Klavier spieler von weit vorgeschrittener Technik, nur erschien sein Anschla im Forte bisweilen etwas hart. 3
Am Dienstag fand in demselben Saale das erste dieswinterlich Abonnements⸗Konzert der Herren Zajic und Grünfeld unter Mit wirkung der Konzertsängerin Frau Ettinger und des Klaviervirtuosen Herrn Pauer statt. Der Abend zeigte die gewohnte Pbysiognomi dieser beliebten musikalischen Veranstaltungen. Die Künstler ent ledigten sich ihrer mannigfachen Aufgaben, wie stets, in höchst aner kennenswerther Weise und dankten für den lebhaften Beifall der zahlreichen Zuhörer durch Bewilligung von je einer Zugabe. — Im Beethoven⸗Saal gab “ am Dienstag Fräulein Hermine Schwarz einen Klavier⸗Abend. Ihr Spiel befriedigte nicht durchaus, da es durch Unklarheit litt, woran wohl u. a. der zu starke Pedalgebrauch die Schuld trug. Die Künstlerin spielte auch eigene Kompesitionen, kleine anspruchslose Stücke«, die ein gewisses liebenswürdiges musikalisches Talent, aber keine besonders hervor⸗ ragende schöpferische Kraft bekundeten. Sie fanden bei dem an⸗ wesenden Auditorium eine freundliche Aufnahme. — Im Saal Bechstein gaben zu derselben Zeit die Herren Perey Sherwood Klavier) und Johannes Smith (Violoncello) einen Sonaten⸗ Abend, der nur spärlich besucht war. Die beiden Künstler brachten ausschließlich selten gespielte oder garnicht bekannte Werke zu Gehör, von denen das letzte, die Sonate (op. 25) von Nicodé starken Beifall fand. Besonders wohlgelungen erschien dabei die Wiedergabe des Scherzo, des Larghetto und des Allegro animato. Eine eigene Komposition des Herrn Sherwood (Sonate Nr. 2 in A-dur) fand nicht ganz die Aufnahme, die sie wohl verdient hätte. In seinem Spiel zeigte er sich als recht ernst zu nehmenden Künstler. “
Im Königlichen Opernhause geht morgen Auber's Oper „Fra Diavolo“ mit Herrn Philipp in der Titelrolle in Scene. Den Lord Cookburn singt Herr Nebe; die Pamela; Fräulein Rothauser; den Lorenzo: Herr Sommer; die Zerline: Frau Herzog, die Banditen: die Herren Knöpfer und Lieban. Hierauf folgt das Ballet „Vergißmeinnicht“ mit deg Damen Dell' Era und Urbanska in den Hauptrollen. — Am Montag wird Richard Wagner’s Oper „Lohengrin“ in folgender Besetzung gegeben: König Heinrich: Herr Mödlinger; Lohengrin: Herr Kraus; Elsa: Fräulein Destinn; Telramund: Herr Hoffmann; Ortrud: Frau Goetze; Heerrufer: Herr Bachmann. Kapellmeister Walter dirigiert.
Im Köͤntglichen Schauspielhause wird morgen das Lust⸗ spiel „Meine Schwiegertochter“ zum ersten Mal wiederholt. — Am Montag gebt G. von Möser's und T. von Trotha's Lustspiel „Der wilde Reutlingen“ in Scene. — An Schiller’'s Geburtstage, Sonn⸗ abend, den 10. November, wird zum ersten Male „Semele“ in zwei Scenen von Friedrich von Schiller gegeben. Die zur Handlung gehörende Musik ist dem Oratorium „Semele“ von Georg Friedrich Händel emnnommen und für die Bühne eingerichtet von Ferd. Hummel. Die Juno spielt Fräulein Lindner, die Semele Fräulein Wachner, den Jupiter Herr Molenar, den Merkur Herr Boettcher. Hierauf folgt, neu einstudiert, „Turandot, Prinzessin von China“, tragikomisches Märchen in fünf Aufzügen von Friedrich von Schiller. Die zur Handlung gehörende Musisk von Carl Maria von Weber. Die Besetzung lautet: Altoum: Herr Grube; Turandot: Fräulein Poppe; Adelma: Frau von en⸗