1900 / 281 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Nov 1900 18:00:01 GMT) scan diff

den zahlreichen Persönlichkeiten, welche auf ihren Wunsch dem Präsidenten Krüger vorgestellt wurden, befanden sich auch die Prinzessin Mathilde Bonaparte sowie mehrere An⸗ gehörige des in Transvaal gefallenen Obersten Villebois⸗ Mareull.

Gestern Morgen hatte der Präsident Krüger eine Be⸗ prechung mit Dr. Leyds und den Mitgliedern der Buren⸗ mission. Gegen Mittag zogen etwa 400 junge Leute unter dem Rufe „Hoch Krüger!“ mit einer Fahne in den Farben von Transvaal aus der Rue du Quatre Septembre auf den Opernplatz. In diese Rufe mischten sich noch verschiedene andere. Die Theilnehmer an der Kundgebung wurden von der Polizei zurückgetrieben und zogen sich singend durch die Auberstraße und den Boulevard Hausmann zurück. Am Nachmittag sammelte sich eine Menschenmenge vor dem Hotel Scribe an und brachte dem Präsidenten Krüger

vationen dar. Dieser erschien auf einige Minuten auf

dem Balkon. Eine Anzahl junger Leute, welche vor den Redaktionen der „Lihre Parole“ und des „Intransigeant“ Kundgebungen veranstaltete und Hochrufe auf Krüger aus⸗ brachte, wurde von der Polizei zerstreut.

Der „Matin“ fordert die französischen Frauen auf, nationale Sammlungen einzuleiten, um der Königin der Niederlande ein Hochzeitsgeschenk zu widmen als Zeichen es Dankes dafür, daß sie dem Präsidenten Krüger Hilfe ge⸗ leistet und ihm die „Gelderland“ zur Verfügung gestellt habe.

Nußland.

Gestern Vormittag ist in Livadia, wie „W. T. B.“ meldet, über das Befinden des Kaisers folgendes Bulletin ausgegeben worden:

Der Kaiser verhrachte den gestrigen Tag rLuhig. Um 3 Ubr Nachmittag stieg die Temperatur bis 39,70, der Puis auf 88; um 9 Uhr Abends betrug die Temperatur 39°, der Puls 80. Nochts schlief der Kaiser gut. Am Morgen war das Befinden und der Kräftezustand befriedigend. Irgend welche Komplikationen waren nicht bemerkbar. Um 9 Uhr Morgens betrug die Temperatur 37,50, der Puls 75.

Der „Regierungsbote“ und der „Russische Invalide“ ringen eine ausführliche Schilderung der Entwickelung der Ereignisse in China, die zur Mobilisierung und zu militärischen Operationen russischer Truppen Anlaß gaben, und sagen zum Schlusse Folgendes:

Bei der gegenwärtigen beunruhlgenden Lage in der Mandschurei sei es nicht möglich, daß nur eine Schutzwache der Eisenbahn, wenn sie auch bedeutend verstärkt würde, auf einer Linie von 2000 Werst die Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten und besonders die Bahn vor neuen Beschädigungen schützen könne. Deswegen verbleibe zeitweilig ein Theil der nach der Mandschurei gesandten Truppen daselbst. Zu⸗ nächst, während des jetzigen Winters, würden in der Mandschurei die erste, vierte und fünfte ostsibirische Schützen⸗Brigade mit entsprechenden Theilen anderer Waffengattungen einquartiert, dann würden diese Streitkräfte je nach dem Maße der Beruhigung jenes Gegenden vermindert werden. Es sei Hoffnung vorhanden, daß es schon in der ersten Hälfte des känftige;: Jahrts möglich sein werde, eine der in der Mand⸗ schurei zurückgelassenen Brigaden nach dem amurisches Militär⸗ bezirk zurückzusenten. Infolge der Beendigung der mili⸗ tärischen Operationen in der Propinz Petschili sei angeordnet worden, die Zurücksendung unserer T vppen nach dem Kwantung⸗ Gebiet und dem amurischen Militärbezirk in Angriff zu nehmen. Was den Rücktransport der Tauppentbeile betreffe, die aus dem europäischen Rußland nach dem fernen Osten gesandt worden seien, so könne man hoffen, daß alle Theile in der ersten Hälfte des künstigen Jahres sich bereits in ihren früheren Standquartieren befinden würden.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer stand, wie „W. T. B.“ meldet, das Budget des Kriegs⸗ Ministeriums zur Berathung. Die Kammer lehnte die von den sozialistischen Deputirten eingebrachten Tagesordnungen ab, welche dahin gingen, die Ausgaben der Armee um 100 Millionen und die Zahl der Armee⸗Korps von 12 auf 8 herabzusetzen. Nur die äußerste Linke stimmte für diese Tagesordnungen. Der Schatz⸗Minister Rubini theilte mit, daß er spätestens am 2. Dezember sein Finanzexposé halten werde. Heute werden in der Kammer die Interpellationen über die Ermordung des Königs Humbert zur Sprache kommen.

Rumänien. Wie dem „W. T. B.“ aus Bukarest gemeldet wird, wird das Parlament am 15,/28. November zu seiner ordent⸗ ichen Session zusammentreten.

Serbien. 1 8

Der frühere Kreispräfekt Miodrag Protitsch ist am 23. d. M. Abends, wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp⸗Bureau“ erfährt, in Krusevac erschossen worden. Der Thäter ist bis jetzt nicht ermittelt. Es werde angenommen, daß es sich um einen Racheakt handle. Protitsch war früher Gerichts⸗Prä⸗ sident in Cacak und Vorsitzender in dem Heiduckenprozeß. 8

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8

Schweden und Norwegen.

Das „Svenska Telegrambyran“ meldet, die Besserung im Befinden des Königs Oskar schreite täglich fort. b

8

Amerika.

Der Präsient MeKinley hielt am Sonnabend in Phila⸗ delphia bei einem Bankett eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, ausführte, die letzte Wahl habe gezeigt, daß die Vereinigten Staaten sich für die Goldwährung und die Aufrechterhaltung der Politik der kommerziellen Ausdeh⸗ nung und der offenen Thür in China ausgesprochen hätten, ebenso wie für die Wiederherstellung des Friedens und für eine gute Regierung unter amerikanischer Oberhoheit auf den Philippinen. Die Ehre der amerikanischen Waffen sei nicht befleckt, und die Pflichten, welche eine gerechte Kriegsführung auferlegten, seien nicht verletzt worden.

Der „New York Herald“ meldet aus Washington: Der Vorbericht der Isthmus⸗Kanal⸗Kommission befürworte die Nicaragua⸗Route gegenüber allen anderen Plänen und spreche sich für einen Kanal von 30 Fuß Tiefe bei einem Kostenaufwand von 120 Millionen Dollars aus, betone jedoch, daß die Dämme so breit angelegt werden müßten, daß der Kanal, wenn der Verkehr es erfordere, um 5 Fuß vertieft werden könne. ““ v11111111A1“4“

Von dem Ober⸗Kommando in Ost⸗Asien ist, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Depesche aus Peking vom 24. d. M. in Berlin eingetroffen: Das Detachement des Majors von Mühlenfels hat am 22. d. M. auf besonders

sschwierigen Gebirgswegen über Heng⸗ling⸗scheng die große

mehr für Preußen ihren Abschluß gefunden

Mauer erreicht und die Flagge gehißt. Die Franzosen haben 30 km südlich von Paoting⸗fu ein anscheinend größeres Gefecht gegen Boxer gehabt.

Die „Morning Post“ meldet aus Peking vom 24. d. M.: Der Minister Wangwenschao, der sich sett in Singanfu befinde, sage in einem Schreiben an Sir Robert Hart. die Kaiserin⸗Wittwe würde, soweit die Bequemlichkeit der Existenz in Frage komme, gern nach Peking zurückkehren; er selbst jedoch würde dabei schlecht wegkommen und in Ge⸗ fangenschaft gerathen, da ja die fremden Truppen Peking be⸗ herrschten. Auch der Kaiser sehe Gefahr in einem Zu⸗ sammenstoß zwischen seinen Geleitmannschaften und den fremden Truppen.

Die „Times“ meldet aus Schanghai vom 24. d. M.: Nach Meldungen aus Singanfu solle die Kaiserin⸗ Wittwe ennstlich krank sein. Die Bevölkerung in Schanghai nehme jedoch die Meldung fkeptisch auf.

Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Peking vom 24. d. M., daß eine amerikanische Kavallerie⸗Abtheilung am 23. d. M. abgesandt worden sei, um die Räuberbande zu ver⸗ treiben, die sich in einem Dorfe, 16 Meilen von Peking, festge⸗ setzt habe. Die Amerikaner hätten das Dorfstark befestigt gefunden, es angegriffen und genommen, wobei 7 Chinesen gefallen seien. Die Wiederherstellung der Luhan⸗Bahn zwischen Lukukiau und Paoting⸗fu werde von den Franzosen mit großer Energie gefördert. Ein geheimes Edikt aus Singanfu an die Vize⸗Könige und die Gouverneure befehle denselben, die Fabrikation moderner Gewehre und anderer Waffen einzustellen und zu den alten Waffenmodellen zurückzukehren, da die modernen Waffen sich in den Kämpfen gegen die Verbündeten als gänzlich unnütz erwiesen hätten.

Eine Depesche der „Agence Havas“ aus Peking vom 24. d. M. erklärt die Meldung für unbegründet, daß französische Truppen die Gräber von Siling und Tuling geplündert hätten; die Depesche besagt weiter, daß Sikhs die Pagoden von Siling geplündert, die Franzosen aber die Gräͤber gegen die Verwüstungen der Sikhs ge⸗ schützt hätten.

Der französische Admiral Pottier meldet aus Taku vom 21. d. M., daß sich das erste Eis gezeigt habe, die Ver⸗ bindungen mit dem Expeditionskorps aber gesichert seien.

Ein in New York eingetroffenes Telegramm aus Tientsin besagt, daß das kalte Wetter bei den indischen Truppen viele Erkrankungen verursache. Ein Engländer in Tongku sei von den Russen angewiesen worden, ein ihm gehöriges Gehöft innerhalb 48 Stunden zu räumen. Eine Kompagnie Madras⸗-⸗Pioniere sei dorthin entsandt worden, um thn zu schützen, falls er aus seinem Besitz vertrieben werden ollte.

Die Londoner Blätter melden aus Schanghai vom 23. November: wie aus sehr guter Quelle berichtet werde, hätten der Admiral Seymour und der General⸗Konsul Warren die Besuche bei den Vize⸗Königen des Yangtsegebiets auf eigene Verantwortung unternommen. Sie wollten ver⸗ suchen, Liukunji und Tschang⸗tschi⸗tung dazu zu bewegen, daß dieselben einer Entsendung britischer Truppen den Yangtse aufwärts zustimmten, welche weitere Zufuhren an den Hof zu Singanfu verhindern sollten.

Dem „Standard“ wird aus Schanghai vom 23. d. M. gemeldet, daß der Kaiserliche Delegirte Hutingseng in Tschangtscha (Hunan) eingetroffen sei, um die Boxermiliz zu organisieren.

Der russische „Regierungsbote“ meldet vom ostasiatischen Kriegsschauplatz, wie „W. T. B.“ berichtet: der General Fock sei mit einer Abtheilung, bestehend aus einem sibirischen Schützen⸗Bataillon, zwei Schwadronen Kosaken und einer Halbbatterie von Gebirgsgeschützen, zu einer Re⸗ kognoszierung in die Gegend der Quellen des Sungari abgerückt. Die Chinesen seien zurückgedrängt und im Ganzen 10 Geschütze erbeutet worden. Nach kurzer Abwesenheit sei der General Fock von seinem Zuge zurück⸗ gekehrt. Am 9. d. M. habe der General Baron Kaulbars, der Kommandeur des 2. sibirischen Armee Korps, ein Gefecht mit den Chinesen in der Nähe von Duguschan gehabt, bei welchem ein Offizier und 2 Dragoner auf russischer Seite ver⸗ wundet worden seien.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (8.) Sitzung des Reichstages, welcher der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, stand zunächst auf der Tages⸗ ordnung folgende Interpellation des Abg. Grafen von Oriola (nl.):

„Ist der Herr Reichskanzler bereit, Auskunft darüber zu geben, ob die Vorarbeiten für die von dem Herrn Kriegs⸗Minister in Aussicht gestellte Vorlage, betreffend die Revision der Militär⸗ Pensionsgesetze, beendet sind, und ob anzunehmen ist, daß diese Vorlage im Laufe dieser Session an den Reichstag gelangen wird?“

Auf die Frage des Präsidenten erklärte sich der Staats⸗ sekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thiel⸗ mann brreit, die Interpellation sofort zu beantworten.

Zur Begründung nahm der Abg. Graf von Oriola das Wort. Hierauf sprach der Staatssekretär des Reichs⸗ Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann.

Bei Schluß des Blattes wurde auf Antrag des Abg. Dr. Sattler (nl.) in eine Besprechung der Interpellation eingetreten.

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Statistik und Volkswirthschaft.

Der Deutsche Sparkassenverband

trat am Sonnabend im Teltower Kreishause hierselbst unter dem Vorsitz des Ober⸗Bürgermeisters Schmidt Erfurt zu seiner diesjährigen General⸗ versammlung zusammen. Nach dem erstatteten Jahresbericht umfaßt der Verband zur Zeit 1057 Sparkassen mit einem Gesammtein lagebestand von 4300 Millionen Mark. 1040 Kassen sind zu Provinzialverbänden ver⸗ einigt, deren größter, der rheinisch westfälische, 214 Kassen mit 1206 Millionen Mark Einlagen zäblt. Der brandenburgische Verband steht mit 60 Kassen und 270 Millionen Mark Einlagen an vFen Stelle, hinter dem hannoverschen und dem schlesischen. Nachdem auch in Pommern ein neuer Verband begründet worten ist, bat die Verbandsbildung nun⸗

Ein an das Reichsbank⸗

Direktorium gerichtetes Gesuch, es den -J.r zu ermöglichen, 8

die mündelsicheren Werthpaviere ohne Zinsschein bezw. offen zu depp⸗ nieren, ist abschlägig beschieden worden Der Vorstand hat die Einrichtun

einer Stellenvermittelung für Sparkassenbeamte und eines Revisiong⸗ bureagus für die Prüfung von Jahrezrechnungen in Erwägung gezogen; ein Beschluß hierüber soll jedoch erst gefaßt werden, nachdem die Unter: verbände sich dazu geäußert haben. Die seit Jahren erörterte Frage der Errichtung eines Zentralinstituts für die Sparkassen hat zu er⸗ neuten Verhandlungen mit der Staatzregierung geführt, deren Ab⸗ schluß aber noch nicht abzusehen ist. Nachdem eine Anzahl formeller Statutenänderungen im Hinblick auf das neue Bürgerliche Gesetzbuch vorgenommen worden war, beschäftigte sich die Versammlung mit der Frage der Anstellung und Versorgung der Sparkassenbeamten. Man hielt es im eigenen Interesse der größeren Sparkassen für geboten, daß ihre im Hauptamt berufsmäßig beschäftigten Angestellten als öffentliche Beamte mit Pensionsberechtigung und Hinterbliebenenversorgung angestellt werden, und will durch Umfrage feststellen, wie weit dies bereits ge⸗ schehen ist. In der sodann erörterten Frage der Verrechnung der den Sparkassen durch Kurzrückgänge entstehenden Ausfälle waren die Reserenten, Bürgermeister Fischer⸗Magdeburg und Stadtrarh Kunckel⸗ Königsberg, im Prinzip darüber wit der Versammlung einig, bei der Aussichtsbehörde die Genehmigung dazu nachzusuchen, daß die Kurz⸗ rückgänge zunächst und jedenfalls beim Abschlus des laufenden Jahres allein aus dem Reservefonds gedeckt werden. Im übrigen wurde empfohlen, neben dem Reserpefonds eigen besonderen Kursreserve⸗ und Rücklagefonds zu bilden, dessen aus Kursgewinnen und Ueberschüssen

sich ergebende Bestände zur Ausgleichung der Kursverluste bestimmt

sein sollen. 1

Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika. Ergebnisse des Zensus 1900. .

Die Gesammtbevölkerung der Vereinigten Staaten zählte am 30. Juni d. J. nach Angabe des Zensus⸗Amtes 76 295 220 Seelen. Nach dem Zensus im Jahre 1890 hatten die Vereinigten Staaten 63 069 756 Einwohner; demnach hat die Bevölkerung in den letzten zehn Jahren um 13 225 464, d. i. 21 %, zugenommen. Die Be⸗ völkerung der einzelnen Staaten bezifferte sich diesmal, im Vergleich mit der Volkszählung vom Jahre 1890, wie folgt:

1900

1 828 697 1 311 564 1 485 053 539 700 908 355 184 735 528 542 2 216 329 161 771

4 821 550 2 516 463 2 251 829 1 469 496 2 147 174 1 381 627 694 366 1 189 946 2 805 346 2 419 782 1 751 395 1 551 372 3107 117 243 289

1 068 901 42 334 411 588

1 883 669 7 268 009 1 891 992 319 040

4 157 545 413 532

6 301 365 428 556

1 340 312

Außerdem 1890 Indtaner 1 513 017 1 128 179 1 208 130 1 594 412 198 597 746 258 168 493 391 422 1 837 853 84 385 3 826 351 2 192 404 1 911 896 1 427 096 1 858 635 1 118 587 661 086 1 042 390 2 238 943 2 093 889 1 301 826 1 289 600 2 679 184 32 159 1 058 910 45 761 376 530 1 444 933 5 997 853 1 617 947 182 719 3 672 316 313 767 5 258 014 345 506 1 151 149 328 808 1 767 518 2 235 523 297 905 332 422 1 655 980 349 390 762 794 1 686 880 60 705 62 I8 S

1890

Alabama. Arkansas . California Colorado. Connecticut Delaware lorida Georgia. Idaho . . Illinois Indiana Jowa. Kansas. Kentucky Louisiana. Maine .. Maryland .. Massachusetts. Michigan

9öö8“

Minvesota Mississippi Missouri.. Montana. 8 Nebrasa . Nevada 8 New Hampshire New Jersey.. New York 8 Nord⸗Carolina Nord⸗Dakota . Hregon Pennsylvania. Rhode Island Süd⸗Carolina. Süd⸗Dakota . 401 559 Tennessee 2 022 723 3 048 828

10 746 1 665

10 932

Uihbaa . 8 . 2 4 276 565 1 472 Vermont .. 3 343 004 eI““ 1 854 184 Wasbhington. 571 672 2 531 West⸗Virginia. u“ 958 900

Wisconsin.. 2 068 963 1 657 Wyoming.

Zusammen in den 45 Staaten

Territorien u. s. w. 14*“ e“] Distrikt Columbia. Hawai. 6“ Indianer⸗Territorien 6* Bundesbeamte im Auslande. 114*“ Oklahoma.. Zusammen in sieben Territorten

E“ —1 667 313 952 945 89 54. Ueberhauuut 76 295 220 883 069 756 134 158.

An Großstädten mit mehr als 200 000 Einwobnern zählen die Vereinigten Staaten gegenwärtig neunzehn, darunter drei mit über einer Million Bewohner, nämlich New York, Chicago und Phila⸗ delphia. Auch an Großstädten zweiten Ranges mit 100 000 bis 200 000 Einwohnern zählt das Land neunzehn. Vor 40 Jahren gab es in den Vereinigten Staaten nur zwanzig Städte mit einer Be⸗

92 531 74 627 907

44 617

32 052 59 620 230 392 89 990 180 182 153 593

145 582 61 834

1 44 000

. 122 212 24 644

. 278 718

. . 154 001

391 960

194 777 84 400

398 245

56 033 2 937

5 927

völkerung von über 100 000 Seelen, und jetzt hat sich die Zahl nahezu

verdoppelt. (New Yorker Handelszeitung.)

9 8

qq111, Aus Plauen i. V. berichtet die „Lp Ztg.“, daß der dortigt Schiffchensticker⸗Ausstand (vergl. Nr. 278 d. Bl.) nunmehr beendet angesehen werden kann, nachdem am 23, d. M. vor dem Gewerbegericht als Einigungsamt eine Vereinbarung zwischen den Seagsgeehneht und den Arbeltern getroffen worden ist. Hiernach sollen vom 10. Dezember d. J. ab bis zum 31. März 1901 erhöhte Löhne gezahlt werden. Die Festsetzung der Lohnsätze vom 1. April 1901 ab bleibt einer Kommission ih Hälfte aus Stickmaschinenbesitzern und Slickern bestehen soll.

Kunst und Wissenschaft.

Im Lichthofe des Kunstgewerbe⸗Museums sind gegen⸗ wärtig Tapeten, Teppiche, Stoffe, Kacheln ꝛe. nach Ent⸗ würsen von dem Lebrer an der Unterrichts⸗Anstalt des Museums Professor Otto Eckmann ausgestellt. Was hier geboten wird, ist gleich weit entfernt von alten, ausgetretenen Bahnen, wie von halt⸗ losen und wirren Uebertreibungen modernster Stillehren; aus allen riesen Arbeiten spricht ein reifer und besonnener Geschmack, der seine Wirkungen sicher zu berechnen weiß. Nirgends zeigt sich emn Mißklang in de

erlassen, die je zur

Farben, und dabet ist doch auch nichts weichlich,

chj sogar ist die Kraft und Tiefe in den verschiedenen Mustetn über⸗

chend. Daz gilt besonders von den Topeten. Man denkt sie sich 7 Wandbekleidung in großen, prächtigen Räumen und begreift, ses sie auch eine durchaus eigenartige Einrichtung nothwendig machen münten,

s dies wirklich ein Schrstt vorwärts ist zu einem neuen Stil. Die Hauptwirkung erreicht Eckmann durch die Farben, durch zie tiefen und weichen Töne und künstlerisch abgewogenen

usammenstellungen. Die Linien der Zeichnung, so neu sie auch sein möͤgen, treten dagegen zurück. Besonders deutlich wird dies an dem Widdermuster, das ouf hellem Grunde gleichzüͤltig läßt, aber in dem tiefen Roth und dem satten Gelb vortrefflich zur Geltung ommt. Mit grazlöfer Phantasie weiß er auch Blumen, wie z. B. Hopfen, Clematis, Narzissen, organisch zu Arabigken vmzubilden, und führt das Motiv in den Borten mit großem Geschick weiter. Der sawmetartige Ton der einzelnen Muster, vie auf filzähnliches Papier gepreßt sind, dämpft auch die starken Farben.

Ebenso wie bet den Tapeten beruht die Wirkung der Teppiche besonders auf dem Zauber und Schmelz der Farben. Dieses zarte Grau, Grün, Braun, Rosa als Gzrundtönung mit all den hinein⸗ spielenden Nuarcen fesselt den Blick, nicht die Zeichnung, die schließlich, ohne daß es stören würde, auch ganz anders sein fönnte. Bemerkenswerth ist noch ein sehr schöner Leinen⸗ damaft mit vornehmem Muster. Auch auf diesem Ge⸗ biete follten sich mehr als bisher die schaffenden, neu gestaltenden Künstler bethätigen. Der Anfang, der mit bedruckten Velvets schon vor Jahren zemacht worden ist, hat geteiat, daß das Pußlikum Verständniß und Interesse für diese Art künstlerischer Arbeit besitzt. Eine große Auswahl solcher neuen Muster in Velvet und Cretonne findet man auch hier wieder, die sich alle durch diskrete und feine Farben auszeichnen. ““

A. F. Die November⸗Versammlung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie begann unter dem Vorsitz des Geheimen Medi⸗ jinalraths, Professors Dr. Virchow mit einigen Mittheilungen vom Vorstandstisch. Unter den Todesfällen der letzten Zeit wurde mit be⸗ sonderer Wärme des Heimgangfe von Max Müller⸗Oxford und seiner Verrienste um die urges ichtliche Forschung gedacht. Zur nächsten Tagung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, im Jahre 1902, hat die Stadt Dortmund eingeladen. Das korrespondierende Mit⸗ glied der Gesellschaft in Schanghai, Herr Lisco, übersandte 14 bunte Bilder, die in jüngster Zeit auf den Straßen von Schanghat ver⸗ kauft worden sind und im Stil der bekannten Neuruppiner Bilderbogen die Zeitereignisse darstellen sollen, im Widersoruch mit den Thatsachen aber ausschließlich glänzende Siege der Chinesen zu Wasser und zu Lande über die Verbündeten zeigen. Mit besonderer Sorgfalt ecscheint in Bild ausgeführt, auf dem die Gesandten der Mächte den Tsungli⸗ Pamen um Frieden bitten. Eine interessante Mittheilung machte Dr. Seler, der bekannte Entzifferer mexikanischer Bilder⸗ schrift, über eine hölzerne Altarplatte vom Sonnentempel in Tikal, die eine große Menge wohlerhaltener Basreliefs enthielt und deren vorgelegte photographische Abbildung mit Sicherheit die aus aneinandergereihten Monatsdaten bestehende Schrift zu lesen gestattete. Es ist Dr. Seler dabei aufs neue die scharfsinnige Deutung eines schon bekannten, aber bis dahin noch nicht entzifferten Zeichens gelungen, welches soviel als „der Tag vorher“ bedeutet. Hierauf sprach Dr. Strauch über durch ihn aus⸗ geführte Messungen von 59 aus tiroler und schweizee Bein⸗ bäusern stammenden Schädeln. Obgleich ihnen sämmtlich die Unterkiefer fehlten, konnten sie nach den Lebensaltern und Ge⸗ schlechtern bestimmt und die Maße mit wenigen Ausnahmen genau ermittelt werden. Es ergaben sich als größte resp. geringste Länge, Breite und Höhe 193 resp. 161, 167 resp. 131, 146 resp. 119 Milli⸗ meter. Als höchstes Gewicht eines Schädels stellten sich 910 g heraus, als höchste Kapazität eines männlichen Schädels (abgesehen von einem 1900 chem baltenden) 1670, als solche eines weiblichen Schädels 1470 cbem, als geri⸗gste Kapazität 1260 resp. 1200 cbem. Diese Messungsergebnisse befinden sich in guter Uebereinstimmung mit älteren, in Wien ausgeführten Messungen alpiner Schädel. Der Vorsitzende bezeichnete den Werth solcher Messungen davon abhängig, inwieweit sie als Rassenmerkmale amnusprechen seien. Die vorliegenden erhärteten die bekannte That⸗ sache aufs neue, daß im deutschen Süden die Rundschädel gegen die Langschädel überwiegen, während es im Norden umgekehrt sei. Der Kustos Buchholz vom Märkischen Provinzial⸗Museum legte neue prähistorische Erwerbungen des Museums vor, darunter einen bei Jüterbog ausgegrabenen bronzenen Gegenstand un⸗ bekannten Gebrauchs, einen schwach gekrümmten, kegelförmigen, hohlen Dorn mit den Anzeichen daran, daß er wahrscheinlich auf Holz auf⸗ geschoben und daran befestiat worden war. Der Redner erklärte, er glaube den charakteristischen Theil eines „Schwertstabes“ vor sich zu haben, d. i. eines Herrschaftszeichens, und belegte seine Vermuthung durch Ab⸗ bildungen anderswo gefundener Schwertstäbe, die allerringe aus massiver Bronze geformt waren. Der fingerlange Dorn zeigt keine Patina, sondern die Moorfunden eigenthümliche schwarze Farbe der Bronze. Vorgelegt wurde ferner ein ierliches, thönernes Beigefäß sowie einige bronzene Sichelmesser von ungewöhnlicher Klein⸗ heit. Der Redner verbreitete sich hierbei über das häufige Vorkommen bronzener Sicheln in Deutschland und zeigte deren eine Anzahl aus den Sammlungen des Museums, die ihre Verwendung zum Gras⸗ oder Getreidemähen durch eine be⸗ nächtliche Verstärkung des Rückens erweisen. Man könnte daraus auf eine stärkere Ausdehnung des Landbaues im prähistorischen Germanien schließen, als bieher angenommen wurde. Daß diese bronzenen Sicheln an Ort und Stelle ihres Gebrauchs gegossen wurden, beweist die Auf⸗ findung einer wshlerhaltenen steinernen Gußtorm, die vorgelegt wurde, und mit der es gelungen ist, tadellose Nachgüsse berzustellen. Die Sichel war in Deutschland noch zur Zeit der Einführung des Christenthums in allgemeinem Gebrauch. Erst in dieser Periode wurde sie als Erntegeräth durch die eiserne Sense theil⸗ weise abgelöst. Professor K. von den Steinen sprach unter Vorlegung einer großen Anzahl von Proben über beträchtliche Erwerbungen des Museums für Völkerkunde aus Honduras, welche im Laufe des Jahres erfolgt sind. Diese An⸗ üufe haben eine Vorgeschichte. Man wurde erst im Jahre 1898 durch den Bericht des deutschen Forschungsreisenden Sapper darauf aufmerksam, daß im Flußgebiete des Rio Ulua, der sich füdlich der Halbinsel Bucatan in die Nordwest⸗Ecke des Golfs von Hondaras ergießt, merkwürdige Funde gemacht worden seien. Sapper selbst hatte davon nur eine verhältnißmäßig geringe Ausbeute zu bergen vermocht, aber an Ort und Stelle gehört, daß ein im Jateresse des Twoli⸗Museums in Boston rhätiger Amerikaner Gordon in den

bren 1896 und 1897 planmäßige Ausgrabungen angestellt und eine greße Menge interessanter Dinge gefunden habe. Einen Theil dieser Gordon'schen Funde hat das Museum für Völkerkunde jetzt erworben. Sie bestehen in einer Anzahl aut erbhaltener oder wenig verletzter Gefäße, theils aus einem rothen Thon mit gelbem Ueberzug geformt, beils aus weißem Marmor kunstvoll geschnitten, vor allem aber aus einer sehr großen Menge von Thonscherben des gleichen rotben Materials mit eingebrannten farbigen Ornamenten, Zeichnungen von Menschen, Thieren, Pflanzen ꝛc, alles von recht entwickelter Technik; außerdem sind auffallend zahlreich vertreten von Thon geiormte, verschieden gestaltete Pfeifen zur Hervorbringung von 4. 2. auch 3 verschiedenen Tönen, hohle Thonsigzuren, Steinbellchen, ver⸗ schiedene Schmucksachen, u. a. Opal⸗Ohrpfloͤcke, Lanzen⸗ und Pfeil⸗ spizen aus Obsidian ꝛc. Von Metall sind darunter nur zwei kleine friemen aus Kupfer. Skeleite, einzelne Skelstttheile, oder als Grabbeilagen sich kennzeichnende Dinge haben sich nirgends vor⸗

aden. Diese Funde geben der anthropologischen Forschung große

thsel auf. Man wurde im Gebiet des Rio Ulna meerst auf sie aufmerksam, weil in diesem von einer Mischbevölkerung in kleinen Siedelungen bewohnten Flußthal dsters durch Abspülungen der U'er des Flusses, der sich durch stark Schichten bloßgelegt wurden, worin bemerklich machenden Thonscherben in 8 89 v“ ““

undenen

Lauf auszeichnet, iene durch jhre helle Farbe si

großer Zabl vorbanden waren. Alz Gordon in der Näbe des Ort⸗s Playa de los Muertes, oberhalb, und von Travesia, unterhalb am Flusse

gelezen seine Ausgrabungen am Ufer planmäßig und im Umfang von

100 Quadratfuß an jeder Flußseite begann, fand er bis zu

einer Tiefe von 27 Fuß drei Schichten dieser Fundstücke,

jede von der anderen durch eine 6—8 Fuß starke Sandschicht

getrennt. Wie erklärt sich nun diese merkwürdige Er⸗

scheinung? Zur Beantwortung der Frage ist die Geschichte dieser

Gegenden, soweit sie uns bekannt, beranzuziehen. Als erste Eurrväer

haben bald nach der Eroberung Mexikos die Spanier unter de Olid,

einem Waffengefährten von Fernando Cortez, ihren Fuß dorthin ge⸗

setzt. Sie fanden ungefähr in dieser Gegend das Zentrum des Gebietes

eines hochentwickelten Indianerstammes, der Mayn, die, mit den Azteken

in Mexiko verwandt, ibnen jedoch in ihrer Kultur noch überlegen waren.

Die beutige Mischlingsbevölkerung hat mit diesern Urbevölkerung nichts

mehr zu thunz; bei ihr nach Spuren für die Erklärung jener Funde zu

suchen, wäre also aussichtelos. Dagegen giebt nach der Meinung des

89 ssors von den Steinen ein bei den Azteken als vorhanden gewesen

eglaubigter Gehrauch vielleicht die Erklärung. Dieser Brauch be⸗

stand darin, daß beim Anbruch einer neuen Epoche, wie der mexi⸗

kanische, auf der Wiederkshr ähnlicher Stellungen des Planeten Venus

am Himmel begründete, von den Priestern kontrolierte Kalender sie lehrte, also bei Begian eines neuen Zeitabschnitts (etwa nach Analogie unseres Jahrbunderts oder Jahrtausends), alles Hausgeräth erneuert und das alte weggeworfen oder in Stücke zerschlagen werden mußte. Professor von den Steinen sieht somit in den drei vor⸗ gefundenen Schichten von Thonfragmenten den Schluß von eben soviel Zeitepochen markiert. Vielleicht geben weitere Uatersuchungen neue Aufschlüsse. Bis beute aber sind in diesem Landstrich nirgends Gräher noch andere Erinnerungszeichen an die hier bei der Eroberung des Landes doch ziemlich dicht wohnend vorgefundenen Maya entdeckt morden, mit alleiniger Ausnahme von zwei östlich des Rio Ulua von Gordon gesehenen Steinpycamiden von 40 und 30 Fuß Höhe, die aus einer Basis von rothem Lehm, darüber Erde, und einer Stein⸗ bekleidung besteben In einer derselben wurde ein sieben Fuß hohbes, plumpes Steinidol gefunden, von anderen Beziebungen aber ergab sich keine Spur. Als letzter Redner des Abends sprach noch der Geheime Sanitätsrath Bartels. Er legte die einem Kinde in der Gegend von Trier durch Operation abgenommenen sechsten Finger jeder Hand, wit penen es auf die Welt gekommen war, vor und berichtete über die seltsame Thatsache, daß der Vater dieses Kindes durch eine Narbe an seiner linken Hand erweise, daß auch er mit der gleichen Abnormität an einer Hand geboren sei. Ebenso ist eine Mißbildung des operierten Kindes am Daumen in gleicher Weise dem Vater unl einer Cousine eigenthümlich. Aus Neu⸗Herrnhut in Südwest⸗Grönland zeigte der Vortragende Robben⸗ Harpunen und Pfeilspitzen mit Widerhaken aus orn und Knochen, deren sich die Eskimos jener Gegend bedienen, und sußerdem ein ohne Erklärung schwer auf seinen Gebrauch zu be⸗ stimmendes Geräth, einem Drehling in sehr verkleinertem Maßstabe nicht unähnlich, nur nicht rund, sondern viereckig und aus sechs parallelen Stäbchen zusammengesetzt, das zum Schnäuzen des Moes⸗ dochtes der gebräuchlichen Specklampen benutzt wird. Der Redner war im Sommer in Italien und hat die Ueberzeugung gewonnen, daß, entgegen der früher gehegten Ansicht, Italien habe keine S ein⸗ zeit gekannt, es jetzt keine Prorirz des Landes giebt, in der nicht zahlreiche Funde aus der Steinzeit bereits gemacht worden sind. Eine große Sammlung von Funden aus der paläolithischen und noch mehr aus der neolithischen Zeit sand Gebeimer Rath Bartels in Perugia, bei Herrn Giuseppe Perucci; auch gelang es ihm selbst, von Händlern in Perugia eine Anzahl kleiner Geräthe von röthlich gelbem oder rötblich braunem Feuerstein zu erwerben. In der Peruccuschen Sammlung befindet sich u. a. eine schöne, am Trasimenischen See gefundene Speerspitze aus O’sibian, deren Material von Stromkoli herrühren soa. Besonders ergiebige Fund⸗ stätten sind rie bei Brescjsa und Padua erschlossenen Gräberfelder. Eine Seltenbeit aus den italienischen Gräbern der Steinzeit, welche den sogenannten liegenren Hockern angehören, ist, daß man darin auch bereits metallene Grabbeilagen findet, doch ausschließlich solche aus Kupfer, u. a. dreikantige Dolche aus diesem Metall.

In Halle a. S. ist, wie „W. T. B.“ meldet, der evangelische Theologe, ordentliche Professor an der dortigen Universität D. Willi⸗ bald Beyschlag, Mitglied des Herrenhauses, gestern gestorben. Er war am 7. September 1823 in Frankfurt a. M. geboren, wurde evangelischer Hilfsprediaer in Trier, im Jahre 1857 Hofprediger in Karlsruhe und war seit 1860 ordentlicher Professor der Theologie in Halle. Außer einer Reibe von Werten der theologischen Wissenschaft, von denen die meisten mehrere Auflagen erlebten, veröffentlichte er zahlreiche Vorträge (gesammelt unter dem Titel: „Zur deutsch⸗ christlichen Biloung“, Halle, 1880), Predigten und kirchenpolitische Flugschriften. Auf den preußischen General⸗Synoden von 1875 bis 1891 war er der Führer der sogenannten Mitielpartei. Als Organ derselben Richtung gab er seit dem Jahre 1876 die „Deutsch⸗evangelischen Blätter“ heraus. Auch hat er vornehmlich die Anregung zur Bildung des „Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch⸗protestantischen Interessen“ gegeben. 8

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Handel und Gewerbe.

In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank wurde die neue Wochenübersicht vom 23. d. M. vorgetragen. Im Anschluß daran bemerkte der Vorsitzende, Präsident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch, daß die gegen Ende vorigen Monats ein⸗ getretene leichte Spannung inzwischen wesentlich nachgelassen habe. Die Anlage sei um 140 Millionen kleiner als im Jahre 1899, um 47 Millionen kleiner als 1898; das Metall um 46 bezw. 45 Millionen stärker, die fremden Gelder um 34 Millionen geringer als 1899, um 10 Millionen größer als 1898. Eine steuerfreie Notenreserve von 14 Millionen sei an⸗ gesammelt, während in den beiden Vorjahren die steuerfreie Notengrenze um 52 bezw. 6 Millionen überschritten gewesen sei. Im Jahre 1897, in welchem es gelungen sei, den Zinsfuß von 5 Proz. vom 11. Oktober bis zum Ende des Jahres auf⸗ recht zu erhalten, sei allerdings die gesammte Lage stärker ge⸗ wesen. Indessen sei auch in diesem Jahre einstweilen kein Anlaß zur Diskontveränderung, zumal der Privatdiskont hier auf 4 ½6 Proz. gefallen, auch ein Goldabfluß ins Ausland nicht zu besorgen sei. Aus der Versammlung zeigte sich kein Widerspruch gegen diese Ausführungen. Nach⸗ dem sodann aus Anlaß des Artikels 6 der Bank⸗Novelle vom 7. Juni 1899 die Beleihbarkeit der sogenannten Kommunal⸗ Obligationen im Lombardverkehr erörtert worden war, wurden noch gewisse Stadt⸗Schuldverschreibungen zur Lombardierung zugelassen. Auch genehmigte der Zentralausschuß die Zahlung der zweiten halbjährlichen Abschlagsdividende von 1 ¾¼ Proz. auf die Reichsbankantheile vom 15. Dezember d. J. abd.

Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 23. November 1900 betrug der gesammte Kassenbestand 860 927 000 (1899: 782 763 000, 1898: 814 200 000) ℳ, d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 31 562 000 (1899: + 15 969 000, 1898: + 26 850 000) Per Metallbesftand von 825 847 000 (1899: 749 403 000, 1898: 780 569 000) allein hat zugenommen um 35 968 000 (1899:. + 18 359 000, 1898: + 30 334 000) Der Bestand on Wechseln von 815 594 000 (1899: 949 098 000, 1898: 849 416 000) zeigt eine Abnabme um 5 981 000 (1899: 5 501 000, 1898: 17 492 000) und der Bestand an Lombardforderung 66 729 000 (1899: 68 567 000,

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1898: 77 423 000) eine solche um 7 375 000 (1899: 3 888 000, 1898: 8,027 000) Auf diesen beiden Anlage⸗ konten zusammen ist also ein Rückgang um 13 356 000 (1899: 9 389 000, 1898: 25 519 000) erfolgt. Die Position „Sonstige Aktiva“ weist eine Verminderung von 14 436 000 auf. Auf vassiver Seite hat sich der Betrag der umlaufenden Noten mit 1139 973 000 (1899: 1 128 557 000, 1898: 1 113 662 000) der Vorwoche gegenüber um 37 712 000 vermindert (1899: 32 820 000, 1898: 41 553 000) ℳ, und die sonstigen täglich fälligen Arrebind⸗ lichkeiten (Girnguthaben) erscheinen mit 521 733 000 (1899:555 307 000, 1898: 511 703 000) höher um 36 392 000 (1899: + 36 476 000. 1898: + 44 775 000)

(Weitere Nachrichten über „Handel und Gewerbe“ s. j. d. Zwei

Theater und Musik.

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Der „Akademische Verein für Kunst und Literatur“, welcher im Januar d. J. den dankenswerthen und erfolgreichen Versuch gemacht hatte, die Tragödie „König Oedipus“ von Sopbokles in der mustergültigen Uebersetzung des Geheimen Regierungsraths Professors Dr. von Wilamowitz⸗Möllendorff im Berliner Theater zur Aufführun zu bringen, hatte sich jetzt die vielleicht noch schwerere Aufgabe gestellt, die „Oresteia“ des Aeschylos der Allgemeinheit näher zu bringen. In einem einleitenden Vortrage, welcher einige Tage zuvor im Alrchitektenhause gehalten wurde, hat der Uebersetzer darauf hingewiesen, daß die Aufführung nicht den Charakter einer archaistischen Spielerei tragen, sondern, den prakrischen Bedürfnissen der modernen Bühne entsprechend eingerichtet, durch das wirken solle, was auf die Zuhörer⸗ schaft aller Zeiten rein menschlich wirken müsse. Im allgemeinen ist also alles das fortgelassen worden, was lediglich die Zeitgenossen des Dichters verstehen konnten und heute nur auf ein archäologisches Interesse Anspruch hat, dann aber ist die ursprüngliche, den Rahmen der jetzigen Bühne überschreitende Form der Trilogie mit ihren einen allzu breiten Raum einnehmenden Chören preisgegeben worden, um das ganze gewaltige Drama ohne Unterbrechung sich vor den Augen der Zuschauer entwickeln zu lassen. Der nicht leichten Aufgabe der Umarbeitung des Werks nach diesem Gesichtspunkt hatte sich der Regisseur Dr. Hans Oberländer mit anerkennenswerthem Geschick unterzogen, indem er die drei Theile „Agamemnon“, „Die Choephoren“ und die „Eumeniden“ zu einem einzigen Drama ver⸗ schmolz. Als Dritter im Bunde hatte der Komponist Max Schillings mitgearbeitet, dessen für die Aufführung neu geschaffene Musik die Wirkungen des Dramas theils zu unterstützen, theils die verbindende Brücke zwischen den einzelnen Abschnitten zu bilren und die Empfänglichkeit für die düstere Schicksalstragödie vorzubereiten bestimmt und geeignet war. Seit Wochen sind bereits alle Kräfte darangesetzt worden, um das Werk in würdiger Form, gut einstudiert, vorzuführen. Ginige Längen machten sich S. noch bemerkbar, und der letzte Akt, „Die Eumeniden“, drückte die vorherige weihevolle Stimmung durchden etwas theatralischen, äußeren Aufbau und die durch kleine Bühnenverhältnisse bedingte Minderzahl der Volksmassen etwas herab. Hier vermißte man die Orchestra, die immer neu hinzuströmende begeisterte Menge und die Sonne Griechen⸗ lands, die ihren Glanz verklärend über die bewegten, andächtig ge⸗ stimmten Menschen ausgießt, die ihren versöhnten Göttern zujubeln. In dn Dienst der Darstellung hatten sich erste Künstler hiesiger Theater gestellt. Fräulein Luise Dumont's Darstellung der Kly⸗ taimnestra war im Stil so vornehm gehalten, daß sie von der Größe der Antike einen Hauch verspüren ließ. Ihr warmes, volles Organ, das selbst in den Augenblicken höchster Leidenschaft seine Schönheite bewahrte, ihr heißes, ungebändigtes Empfinden, die Verkörperung der Todesangst in Ton und Geberden, das alles zeugte von boher Künstlerschaft. Als Agamemnon stand ihr Herr Kraußneck zur Seite. Der resignierte, tragische Aus⸗ bruck, den er dem unglückseligen König, der widerstandslos und unentrinnbar seinem chicksal verfallen muß, verlieh, war von ergreifender Wirkung. Für die Wiedergabe der Kassandra war Frau Bertens gewonnen. Diese lluge, feinsinnige Künstlerin mit dem tiefernsten Gesichtsausdruck war für die Ge⸗ stalt der nur Entsetzliches verkündenden Seherin wie ge⸗ schaffen, und so war ihre Parstellung von überzeugender Kraft und hochdtamatischer Wirkung. Für den Orestes war Herr Kayßler ein wahrhaft begeisterter Vertreter, der das innerste Empfinden dieses von den Göttern als Rächer bestimmten Jünglings intensiv zum Ausdruck brachte. Zu bebauern ist nur, daß sein Organ die Anspannung zu höchster Leidenschaft nicht ertrug. Die Chorführerrollen lagen in den Händen der Herren Holthaus, Wagner und Reinhardt, die sie würdig und vorzüglich sprachen, mährend die weibliche Chor⸗ fübrerin in Frau Führing eine nicht so vollgültige Vertreterin fand; ebenso ließ die Elekrra in der Wiedergabe durch Fräulein Mahn die Innerlichkeit vermissen. Besonders sind ferner noch zu erwähnen die Chorführerin der Eumeniden und die erste Eumenide, ausgezeichnet gesprochen von den Damen Plaschke und Hobenstein. Die Musik wurde durch das Berliner Tonkünstler⸗Orchester aus⸗ geführt, welches Herr Schillings persönlich und vortrefflich leitete. Für das Gelingen der Aufführung gebührt aber vor Allen dem Regisseur Herrn Dr. Hans Oberländer warmer Dank; durch seine sachkundige und unermüdliche Thätigkeit ist den breiteren Massen des Publikums eine Dichtung zugänglich gemacht worden, die zu allen Zeiten ein unvergänglich erhabenes Denkmal des Geistes antiker Größe und Schönheit bleiven wird. Der Beifall der Zuhörer war ein wahrhaft begeisterter, und immer wieder wurden mit den Parstellern der Uebersetzer, der Regisseur und der Komponist vor den Vorhang gerufen.

Konzerte.

Die Reihe der Konzertveranstaltungen der verflossenen Woche eröffneten am Sonntag, den 18. Novemder, die Herren Professor Robert Hausmann und Robert Kahn im Beethoven⸗Saal mit ihrem ersten Vortragsabend, welcher mit der G-moll⸗Sonate für Klavier und Violoncello eingeleitet wurde, ein Werk, welches an die Ausführenden sowohl bezüglich der Technik, wie der Auf⸗ fassung große Anforderungen stellt. Leider wurde der Gesammt⸗ eindruck durch ein zu starkes Hervortreten des Klavterparts etwas be⸗ einträchtigt, ein Umstand, der sich theilweise auch noch in der folgenden Sonate von Beethoven (op. 102 Nr. 1) geltend machte. Vollendet war dagegen in jeder Beztehung die Wiedergabe der lieblichen Es-dur- Variationen von Beethoven über das Thema „Bet Maͤnnern, welche Liebe fühlen“ aus der Zauber⸗ flöte und der Sonate in F-dur (op. 99) von Brahms mit ihrem himmelanstrebenden, einführenden Allegro vivace⸗Satz. Brahms läßt in diesem ergreifenden Werke vor uaseren Blicken förmlich eine röllig neue Tonwelt entstehen, etwa vergleichbar mit einem Böcklin'schen Gemälde aus der bedeutendsten Schaffenszeit des Meisters. Die Befriedigung des Publikums über das Gehörte gab sich in einem wahren Beifallssturm kund.

Im Saal der Sing⸗Akademie stellte sich am Montag Miß Mary Colden⸗Tracy als Liedersängerin vor Sie verfügt über eine kleine, aber wohlgeschulte Srimme von sympathischem Klange, welche in deutschen, englischen und französischen Liedern gut zur Geltung kam. Ihr Vortrag ließ zwar zuwetlen das Temperament vermissen, war aber im übrigen von angenehm berührender Schlichtheit. Der Tenorist Herr Heinrich Bruns aus Hamburg, welcher die Konzert⸗ geberin unterstützte, ist ein Sänger von glänzenden Mitteln und künstlerisch vornehmer Auffassungsgabe, dem man gern wieder im Konzertsaal begegnen wud. Herr Hermann Balcke trat ebenfalls am Montag in doppelter Eigenschaft, als Klavierspieler und Kompon st, im Saal Bechstein vor das Pablikum. Trotz gewisser Vorzüge im Einzelnen vermochte sein Spiel die Hörer aber nicht zu erwärmen, denn es fehlte ihm der große Zug, das ausgepeägt Persönliche. Am meisten musikalisches Eapfinden, wenn auch wenig Originalitär, verriethen die eigenen

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Kompositionen des jungen Künstlere, ein chromatischer Walzer und

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