begangen hat.
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Die Expedition und die 12 000 ℳ verletzen beide die Verfassung. Dort ist eine große Ausgabe gemacht worden, die der Reichstag hätte vorher bewilligen sollen, hier hat man eine kleine Einnahme ge⸗ macht, die man nicht hätte annehmen sollen, ohne daß der Reichstag sie vorher genehmigt hätte. Man würde sich geschämt haben, sie in den Etat zu bringen, und damit ist schon dargethan, daß es sich um einen bösen Fehler handelt. Man hätte das Geld Herrn Bueck so⸗ fort mit Dank zurückerstatten sollen, man hätte den Fiskus ersuchen sollen, es auf Grund des Allgemeinen Landrechts als Geld zu unerlaubten Zwecken einfach einzuziehen. Augenscheinlich hat man in einem der höchsten Reichsämter die Tragweite der Sache nicht über⸗ sehen. Das ist höchst bedauerlich. Besser wäre es gewesen, die be⸗ treffenden Arbeitgeber hätten die 12 000 ℳ zur Aufbesserung der Lage ihrer Arbeiter verwandt. Ich möchte den Reichskanzler bitten, uns außer dem gegebenen Versprechen noch zu sagen, welche Vorkehrungen er für die Zukunft treffen will. Wenn diese Erklärung erfolgte, so würde ich ebenso zufrieden sein, wie mein Vorredner.
bg. Dr. von Levetzow (d. kons.): Nach der Erklärung des Reichs⸗ kanzlers könnte ich auf das Wort verzichten; aber ich möchte dagegen protestieren, daß die Arbeitswilligen⸗Vorlage hier ein Ausnahmegesetz genannt wird. Dieselbe ist auch von vielen Arbeitern im Lande ge⸗ billigt worden. Es handelt sich um einen Reichsbeamten, der für das Wohl der Arbeiter thätig gewesen ist und den Versuch gemacht hat, den Verdächtigungen und Verdrehungen der sozialdemokratischen Presse entgegenzutreten. Dies ist an sich durchaus zu billigen, und ich kann mir sehr wohl denken, daß Jemand verleitet wird, auf die Hinter⸗ treppe zu treten. Der Zweck bietet hier eine gewisse Entschuldigung, wenn auch das ganze Vorgehen nicht politisch ist. Indessen der Strick ist glücklich gedreht. Wir können aber nicht finden, daß etwas Ge⸗ meinschädliches oder Unerhörtes geschehen sei.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Meine politischen Freunde haben seiner Zeit alles gethan, um die sogen. „Zuchthausvorlage“ so rasch als möglich zu beseitigen. Man kann also nicht von uns erwarten, daß wir Bemühungen gut heißen, die darauf abzielten, das Gesetz noch hinterher in einer arbeiterfreundlichen Beleuchtung erscheinen zu lafsen. Wir sind der Meinung, daß die bündige Erklärung des Reichskanzlers das Wesentliche unserer Beschwerde gegenüber diesem Vorgange er⸗ ledigt hätte. Wenn der Kanzler in hohen Tönen das Lob des Staats⸗ sekretärs des Innern gesungen hat, so kann ich mit ihm darin ein⸗ verstanden sein; der verehrte Herr ist sogar von dem Inter⸗ pellanten über jeden persönlichen Angriff hinausgehoben worden, und wir haben ihn jederzeit als einen Mann kennen gelernt, der von Herzen arbeiterfreundlich gesonnen ist, und als einen Mann, der voll⸗ kommen unabhängig dasteht von denjenigen Kreisen, an die sein nach⸗
sordneter Beamter sich um Geld gewandt hat. Der Reichskanzler har ausgesprochen, daß sich etwas Derartiges nicht wiederholen werde, so lange er im Amte ist, und zwar in vollem Einverständniß mit dem Staatssekretär des Reichsamts des Innern. Herr Munckel will allerdings noch Antwort auf die weitere Frage, welche Vorkehrungen er treffen werde, um seinem Willen Geltung zu verschaffen, die Wiederkehr solcher Vorkommnisse auszuräumen. Ich glaube, der Reichskanzler wird mit vielen hier im Hause der Ansicht sein, daß dies Sache der inneren Verwaltung des Reiches sei, daß er darin eine Einmischung des Parlaments nicht anerkennen könne. Das Zentrum wenigstens steht auf diesem Standpunkt. Auch will Herr Munckel wissen, was mit dieser Summe von 12 000 ℳ gemacht werden soll. Das Geld ist doch ausgegeben, es müßte also erst nachgewiesen werden, daß noch etwas davon in irgend einem Reichsfonds vorhanden ist. Es ist uns ja mitgetheilt worden, wohin das Geld gekommen ist. Mit dieser Frage dürfte also der Reichskanzler garnichts an⸗ zufangen wissen. Nach der gehörten Erklärung haben wir noch mehr Grund, zu wünschen, daß der Kanzler noch recht lange uns in seinem Amte erhalten bleibe. Aber wir können nicht einsehen, daß jetzt noch Sühne an Personen genommen werden soll. Für uns ist die Sache erledigt. Wir haben es stets verurtheilt, daß man aus politischen Motiven sich zu Henkerknechtsdiensten für Intriganten her⸗
iebt, und zu unserer Freude hat der Reichskanzler sich über solche achenschaften ganz unserer Auffassung entsprechend ausgelassen. Die Zweifel an seiner Erklärung, wie sie ein Zwischenruf des Herrn Singer kundgab, theilen wir nicht. Wir glauben an die Ausführungen des Reichskanllers ebenso treu-wie an die des Herrn Auer. In die Angriffe auf den Freiherrn von Stumm, der durch Krank⸗ heit ferngehalten wird, einzustimmen, halten wir für unangemessen. Der Vorwurf gegen den Erlaß der katholischen Kirchenfürsten ist mit aller Schärfe zurückzuweisen. Das Fuldaer Pastoralschreiben ist nichts weniger als eine arbeiterfeindliche Kundgebung. Es warnt nur vor dem Streben nach der Lhag ⸗ Neutralität in den christlichen Gewerkschaften; damit haben sie sich lediglich innerhalb threr Zu⸗ ständigkeit und innerhalb des Interesses für die katholischen Arbeiter gehalten. Es wird ein Fehlschlag sein, wenn die Herren darauf spe⸗ kulieren, aus Anlaß dieses Schreibens in den Kreisen der katholischen Arbeiter Geschäfte zu machen.
Abg. von Kardorff (Rp.): Ich bin in allen Punkten mit den Ausführungen des Abg. von Levetzow einverstanden. Das Arbeits⸗ willigen⸗Gesetz war kein Gesetz gegen die Arbeiter, sondern ein Gesetz zum Schutze weiter Kreise von Arbeitern. Der Strike von Hamburg hat genau das bestätigt, was Ihnen Freiherr von Stumm hier stets vorausgesagt hat, daß es nämlich nur darauf hinauskommen würde, die Sozialdemokratten noch mächtiger zu machen, wenn man den Gewerk⸗ schaften noch weitere Rechte, so besonders das Recht der juristischen Person, geben würde. Freiherr von Stumm hat vorausgesagt, daß diese Be⸗ strebungen zu dem Schlimmsten führen müßten, was der Arbeiterklasse passieren kann, nämlich zu der Organisation, der Koalition der Arbeit⸗ geber. Das Gesetz von der Harmonie der Interessen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern, das s. Z. gleichzeitig von Carey und Bastiat aufgestellt wurde, besteht, gleichviel ob die Sozialdemokraten es anerkennen oder nicht. Dieser Hamburger Ausstand also zeigt, wie bedenklich die Koalitionen der Arbeitgeber sind, die Sie doch zulassen müssen, wenn die Koalitionsfreiheit einen Sinn baben soll. Den Zentralverband der Industriellen habe ich ins Leben gerufen; ich bin stolz darauf; denn er hat die groß⸗ artige Wirthschaftspolitik des Fürsten Bismarck ermöglicht. Er hat die Schutzzollpolitik durchgesezt und da urch die In⸗ dustrie zur Blüthe gebracht und somit auch den Arbeitern den größten Nutzen gebracht Daß es sich in diesem Verband nur um eine Horde von Ausbeutern handelt, das glauben Sie (zu den Sozialdemokraten gewandt) doch selber nicht. Wenn die Regierung und die Freunde des Arbeitswilligen⸗Gesetzes Interesse daran hatten, die Gründe, welche für das Gesetz sprachen, dem ganzen Volke zugänglich zu machen, so konnten sie einfach im „Reichs⸗Anzeiger“ die Ver⸗ handlungen publizieren. Nach der vorzüglichen Erklärung des Reichs⸗ kanzlers habe ich zu der Sache nichts weiter zu bemerken.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg): Mit der Erklärung des Reichskanzlers kann doch die Sache nicht völlig erledigt sein. In welche That setzt sich denn das Wort des Tadels um? Der Grund allein, daß er sich keiner Intrigue beugen möchte, ist für uns nicht ausreichend. Aber vielleicht erleben wir noch eine Ueberraschung. Wenn hier eine in der Form milde, in der Sache aber sehr scharfe Verurtheilung des Vorganges stattgefunden hat, wird vielleicht die betreffende Stelle freiwillig die Konsequenz ziehen, die ein Anderer nicht ziehen will. Wentgstens unterscheidet sich die Erklärung des Reichs⸗ kanzlers zu ihrem Vortheile von derjenigen der „Berliner Cotrespondenz“. Anfangs hat besonders die Presse der Rechten auf liberale Intriguen gerathen. Die Zentrumspresse vermuthete den Zentralverband dahinter.
Ich glaube, es ist hierbei etwas Gespensterseherei am hellen Tage im Spiel. Die Dinge können sich außerordentlich einfach zugetragen haben. Noch im Mai 1900 hat uns der Staatssekretär Graf Posadowsky ausführlich darüber unterhalten, wie nothwendig es sei, daß sich die förmliche mit der faktischen Verantwortlichkeit decke. Die Annahme von Geld durch die Regierung aus Interessenten⸗ händen steht zur Debatte. Es handelt sich um eine politische Angelegenheit, an welcher die Geldgeber sich wirthschaftlich betheiligt fühlten. Wir unterlassen jede Verallgemeinerung, wir rufen nicht „Panama“. Aber auch der vereinzelte Vorgang ist an⸗
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153 Millionen⸗Forderung für die Cbina⸗
gesichts eines Gesetzentwurfs, welcher den Stempel des Klassen⸗ charakters auf der Stirne trägt, becenklich genug. Mit den unver⸗ antwortlichen Rathgebern wird es ja von nun an anders sein. Künftig legt sich keine Wolke mehr zwischen Fürst und Volk, nachdem Frei⸗ herr von Wangenheim den Kampf gegen die Camarilla so kraftvoll aufzunehmen versprochen hat. Aber auch abgesehen davon, müssen wir das gewählte Verfahren verurtheilen, denn dasselbe ist grundsätzlich verwerflich. Die Regierung hat immer für sich in Anspruch genommen, die iagonale der Kräfte zu sein, dem Gemeinwohl zu dienen. Es ist und bleibt der innerste Rechtfertigungsgrund der Monarchie, mit größter Unparteilichkeit die Interessen der Gesammtheit gerecht und billig abzuwägen. Hier aber ist der Staatsmann mit dem Interessenten verwechselt worden. Der Reichstag besitzt nun keine Organisationsggewalt; wir können nur unseren Empfindungen und dem Wunsche Ausdruck geben, vor einer Wiederholung solcher Mißgriffe geschützt zu werden. Die Erschütterung des Vertrauens in die Unparteilichkeit des Beamtenthums wäre der schwerste Schlag, der die Staatsautorität treffen könnte.
Abg. Schönlank (Soz., schwer verständlich) führt aus, durch die Veröffentlichung sei erwiesen, daß das Reichzsamt des Innern auf Schleichwegen die öffentliche Meinung beeinflußt habe, indem es solche Veröffentlichungen hätte in die Provinzpresse lancieren lassen, ohne daß die Leser ahnen konnten, daß es sich um eine gouvernementale Mache handelte. Das sei von seiten einer Reichsbehörde geschehen, die be⸗ rufen sei, ein unpartetischer Hüter des Rechts zu sein in dem großen Kampfe zwischen der arbeitenden Klasse und einer Vereinigung von Unternehmern, welche die Gesetzgebung seit langer Zeit beeinflusse. Was die Personenfrage anbetreffe, so bitte er (Redner) um die Be⸗ antwortung folgender Frage, in welchen Beziehungen der Staats⸗ sekretär des Reichsamts des Innern Graf von Posadowsky zu dieser ganzen Angelegenheit stehe. Sei er daran betheiligt, sei es durch Handlungen oder durch Unterlassungen? Entweder der Staats⸗ sekretär Graf von Posadowsky babe von der Sache gewußt und habe geschwiegen; oder er habe es zu spät erfahren, dann herrschten einfach anarchische Zustände im Reichsamt des Innern. Ministerstürzerei liege weder in der Absicht der Sozialdemokratie, noch für sie in der Möglichkeit. Darauf komme es ihr auch garnicht an. Sie habe nur das herrschende System und den Korruptionssumpf, in
den man immer tiefer hineingerathe, kennzeichnen wollen. “ Graf von Ballestrem: Die Besprechung ist ge⸗ 0
schlossen.
Darauf vertagt sich das Haus. Schluß gegen 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. (Interpellation des Abg. Grafen Oriola, die Revision der Militärpensionsgesetze betreffend. Erste Berathung der See⸗ mannsordnung )
“ —
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstage ist der Reichshaushalts⸗Etat für das Rechnungsjahr 1901 zugegangen. Derselbe schließt in Einnahme und Ausgabe mit 2 240 947 301 ℳ ab.
Von den Ausgaben entfallen 1 912 609 855 ℳ auf die fort⸗ dauernden, 224 582 751 ℳ auf die einmaligen Ausgaben des ordent⸗ lichen Etats und 103 754 695 auf die einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats. Zur Bestreitung der einmali en außer⸗ ordentlichen Ausgaben ist eine Anleihe im Betrage von 97 362 545 ℳ vorgesehen. Von den fortdauernden Ausgaben entfalle’n auf den Reichstag 699 250 ℳ, auf den Reichskanzler und die Reichskanzlei 233 280 (+ 280) ℳ, auf das Auswärtige Amt 13 307 507 (+ 798 849) ℳ, auf das Reichsamt des Innern 54 423 941 (+ 5 635 266) ℳ, auf die Verwaltung des Reichsheeres 559 932 683 (+ 18 411 590) ℳ, auf das Reichs⸗Militärgericht 512 880 (+ 250 811) ℳ, auf die Kaiserliche Marine 79 831 422 (+ 5 929 780) ℳ, auf die Reichs⸗Justisverwaltung 2 133 234 (+ 13 872) ℳ, auf das Reichs⸗Schatzamt 578 195 680 (+ 57 900 965) ℳ, auf das Reichs⸗Eisenbabnamt 394 470 (+ 2560] ℳ, auf die Reichs⸗ schuld 86 308 000 (+ 8 607 500) ℳ, auf den Rechnungshof 914 710 (+ 58 300) ℳ, auf den allgemeinen Pensionsfonds 70 994 638 (+ 2 830 508) ℳ, auf den Reichs⸗Invalidenfonds 29 329 689 (s— 746 587) ℳ, auf die Post⸗ und Telegrapbenverwaltung 364 269 420 (+ 21 774 294) ℳ, auf die Reichsdruck⸗rei 5 613 651 (+ 308 700) ℳ, auf die Eisenbahnverwaltung 65 515 400 (+ 7 080 100) ℳ
Von den einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats entfallen auf das Auswärtige Amt 26 396 607 (+ 5 233 728) ℳ, auf das Reichsamt des Innern 5 112 500 (+ 1 716 700) ℳ, auf die Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung 18 125 213 (+ 4 710 289) ℳ, auf die Reichsdruckerei 386 322 (— 1 869 591) ℳ auf die Verwaltung des Reichsbeeres 90 012 229 (— 8 377 961) ℳ, auf das Reichs⸗ Militärgericht 18 000 (— 12 000) ℳ auf die Verwaltung der Kaiser⸗ lichen Marine 72 112 150 (+ 24 113 660) ℳ, auf das Reichs⸗ Schatzamt 100 580 (+ 75 280) ℳ, auf die Reichsschuld 425 000 (+ 425 000) ℳ, auf die Eisenbahnverwaltung 8522 000 (+ 467 000) ℳ, auf die Verminderung der Reichsschuld 3 372 150 (+ 1 080 512) ℳ
Die einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats sind eingestellt bei der Verwaltung des Reichsheeres mit 30 157 695 (— 48 716) ℳ, bet der Kaiserlichen Marine mit 59 623 000 (+ 19 002 000) ℳ, bei der Eisenbahnverwaltung mit 13 974 000 (+ 933 000) ℳ
Die Einnahmen sind veranschlagt bei den Zöllen und Verbrauchssteuern auf 810 330 850 (+ 20 605 850) ℳ, bei den Reichs⸗Stempelabgaben auf 114 020 000 (+ 47 537 000) ℳ, bei der Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltunga auf 420 162 950 (+ 26 953 020) ℳ, bei der Reichsdruckerei auf 7777 000 (+ 261 000) ℳ, bei der Eisenbahn⸗Vermwaltung auf 93 676 000 (+ 7 501 000) ℳ, beim Bankwesen auf 14 713 800 (— 140 700) ℳ Verschiedene Verwaltungs⸗ einnahmen sind auf 26 465 024 (+ 7 910 961) ℳ, Reichsinvalidenfonds auf 29 329 689 (— 746 587) ℳ, Veräußerung von Festungsgrund⸗ stücken auf 389 927 (+ 183 272) ℳ veranschlaat. Hierzu kommen der U⸗berschuß des Reichshaushalts von 1899 mit 32 606 081 (+ 1 879 147) ℳ und die zum Aucgleich für die nicht allen Bundes⸗ staaten gemeinsamen Einnahmen eingesetzten Beträge in Gesammt⸗ höhe von 16 788 285 (+ 1 202 416) ℳ Die Matrikularbeiträge sind mit 570 933 000 (+ 43 270 626) ℳ eingestellt.
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Im Reichstage haben die Abgg. Gröber, Dr. Lieber und Dr. Pichler folgende Anträge ein⸗ gebracht:
I. Der Reichstag wolle beschließen: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Errichtung und das Verfahren eines Staatsgerichts⸗ hofs für das Deutsche Reich regelt, zu dessen Zuständigkeit folgende Gegenstände gehören sollen:
1) Streitigkeiten zwischen dem Reich und einem Bundesstaat oder zwischen verschiedenen Bundesstaaten über öffentlichrechtliche Befugnisse;
2) Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und seiner gesetzlichen Stellvertreter;
3) Verfassungsstreitigkeiten, sowie Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in solchen Bundesstaaten, in deren Verfassung nicht eine andere Behörde zur Entscheidung dieser Streitigkeiten bestimmt ist;
4) Beschwerden wegen Verweigerung oder Hemmung der Rechts⸗ pflege in einem Bundesstaat; b
5) Entscheidungen darüber, ob eine landesrechtliche Bestimmung mit dem Reichsrecht im Widerspruch steht, soweit nicht über die Gültigkeit dieser Bestimmung ein Urtheil des Reichsgerichts vorliegt.
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und die Erzeugung landwirthschaftlicher
II. Der Reichstag wolle beschließen: die verbündeten Regierun zu ersuchen, zum Frhlhe des Mittelstands im Gewerbe, Uinsbesonween im Interesse des Kleinhandels: ere I. dem Reichstage Gesetzentwürfe zu unterbreiten, durch wel 1) das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb entsprechend erweitert, 2) das Ausverkaufswesen geregelt, 3) G des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäͤfte be⸗ eitigt, 4) das sogenannte Gutscheinsystem (Gella⸗, Hydra⸗, Schner ball⸗ oder Lawinensystem) beim Verkauf von Waaren verboten. 5) die Vereinigung von Beamten des Reichs, des Heeres der Marine und des Staats sowie von Offizieren zum Be⸗ triebe von Waarenhäusern untersagt wird; II. eine Enquête über die Wirkungen der gewerblich Syndikate und Ringe zu veranstalten. vW“
„Die Abgg. Henning und Genossen haben Reichstage den nachstehenden Entwurf eines stättengesetzes für das Deutsche Reich eingebracht:
üErsmsemgSe aünr F. 5 8 5* bügeee 5 b
Jeder Angehörige des Deutschen Reichs hat nach vollendetem 24. Lebensjahre das Recht zur Errichtung einer Heimstätte.
Die Errichtung erfolgt durch Eintragung eines nach Maßgabe dieses Gesetzes geeigneten Grundstücks in das Heimstättenbuch.
§ 2. Die Größe einer Heimstätte darf die eines
Bauernhofes übersteigen. Sie muß wenigstens einer Familie fes nict
Wohnung gewähre Produkte ermöglichen 1 Zubehör einer jeden Heimstätte sind:
1) die Wohnung des Heimstätten⸗Eigenthümers,
2) die nothwendigen Wirthschaftsgebäude,
3) das zum Wirthschaftsbetriebe unentbehrliche und Feldinventarium schaftlichen Erzeugnisse, welche zur zur nächsten Ernte unentbehrlich sind.
n Geräth, Vieh⸗ der vorhandene Dünger, sowie die landwirth⸗ Fortsetzung der Wirthschaft bis
—öö ECwerrmeNeardn., R ehen e mw eene
§ 3. 128
Der zur Heimstätte festzulegende Besitz darf bis zur Hälfte des Werthes und zwar nur mit Renten oder mit Annuitäten verschuldet sein. Die Renten oder die Annuitäten müssen durch Amortisation getilgt werden. Die Errichtung hat die Umwandlung der Hypotheken und Grundschulden des Grundstücks in amortisierbare Renten oder in Annuitäten zur Voraussfetzung. 6 n a.
Höher verschuldeter Besitz kann von den durch die Landesgesetz⸗ gebungen zu errichtenden Landes⸗Heimstättenbehörden zur Eintragung in das Heimstättenbuch zugelassen werden, wenn der Besitzer die Ver⸗ pflichtung übernimmt, die über die Hälfte des Ertragswerthes hinaus⸗ gehenden Hypotheken und Grundschulden mit 1 % für das Jahr zu tilgen und die Tilgung nach Ermessen der Landes⸗Heimstättenbehörden gesichert erscheint. Verstärkte Amortisation ist gestattet.
§ 4.
Mit Bewilligung der Heimstättenbehörde können aus begründetem Anlaß bis zur Hälfte des Werthes Rentenschulden oder Annuitäten mit einer dem Zweck entsprechenden Amortisationsperiode eingetragen werden. 9
Diese Bewilligung muß erfolgen:
1) im Falle einer Mißernte oder bei sonstigen Unglücksfällen,
2) zu nothwendigen Meliorationen
3) zur Abfindung von Miterben.
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Die Heimstätte unterliegt der Zwangsvollstreckung nur in folgen⸗ den Fällen:
1) wenn die Forderungen aus der stätte stammen und nicht drei Jahre na stätteneigenschaft verflossen sind,
2) auch nach Errichtung wegen rechtskräftiger Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen, die zur Einrichtung und zum Ausbau der Heimstätte verbraucht sind,
3) wegen rückständiger Renten oder Annuitäten,
4) wegen gesetzlicher Verpflichtungen, 1
5) wegen Verpflichtungen aus unerlaubten Handlungen.
In den Fällen zu 2 bis 5 ist als Vollstreckungsmaßregel nur die von der Heimstättenbehörde zu vollziehende Zwangsverwaltung der Heimstätte zulässig.
§ 6. 1 Die Heimstätte ist untheilbar und — vorbehaltlich des Nieß⸗ brauchsrechts des überlebenden Ehegatten — durch Erbgang, im Falle des Vorhandenseins mehrerer Erben, nur auf einen derselben (Anerbe) übertragbar. Der Umtausch von Grundstücken kann mit Genehmigung der Heimstättenbehörde stattfinden.
§ f.
Die Veräußerung der Heimstätte unter Lebenden ist nur mit Ee⸗ nehmigung des Ehegatten und nur an Angehörige des Deutschen Reichs zulässig.
Niemand darf mehr als eine Heimstätte besitzen.
Zeit vor Errichtung der Heim⸗ 7 Veröffentlichung der Heim⸗
§ 8. „Die Aufhebung der Heimstätteneigenschaft ersolgt durch Löschung im Heimstättenbuch.
Die Löschung kann durch Beschluß der Heimstättenbehörde auf hinreichend begründeten Antrag des Heimstätteneigenthümers dann erfolgen, wenn der Ehegatte und die Renten⸗ oder Annuitätenberech⸗ tigten zustimmen. ern *—*
§ 9.
Der landesrechtlichen Ordnung bleiben alle näheren Bestimmugen überlassen und speziell:
1) die Bestimmungen der Maximal⸗ und Minimalgröße der Heimstätten innerhalb der in § 2 angegebenen Grenzen, 1
2) die Gewährung der Stempel⸗ und Gebührenfreiheit bei Er⸗ richtung der Heimstätten,
3) die Abgrenzung der Steuerfreiheit der kleinsten Heimstätten,
4) die Errichtung der Heimstättenbehörde,
5) die Errichtung der Heimstätten⸗Rentenbanken oder ähnlicher Kreditinstitute, .
6) die Regelung des Nießbrauchsrechts des überlebenden Ehegatten an der Heimstätte,
7) die Ordnung des Heimstätten⸗Erbrechts.
1Kreuz mit den Berufsgenossenschaften“, dessen Ausschuß aus den Herren
(Interesse erregen wird.
eine Muth der eigenen Ueberzeugung,
bührend geschätzt worden ist und Vielen zu Glück und Erfolg verholfen lundlung auch in der neuen Auflage gegeben hat, darf das Buch als
greuen Katalog seiner Unterhaltungs⸗ und Beschäftigungs⸗ ipiele für die
4 Oito Robert (Preis 3,50 ℳ); Segeljacht, Beschäftigungsspiel st Anleitung zur selbständigen Herstellung einer lenkbaren Segeljacht
(Aus den vom Auswärtigen Amt mitgetheilten Berichten der deutschen
8 8 9
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
X
Literatur.
Das Kreuz bei Beginn des 20. Jahr⸗ underts. Eine kurze Darstellung seines Zweckes und seiner sation von Victor von Strantz, Major z. D. Zweite, vermehrte Auflage. 56 Seiten. Verlag der Hofbuchhandlung von Karl Siegis⸗ mund, Berlin. Preis 50 ₰. — Diese kleine Schrift legt in übersichtlicher Weise dar, wie das Rotbe Kreuz in den einzelnen Staaten für den Krieg organisiert und vorbereitet ist, wie große Mittel und Kräfte in den schiedenen Ländern auf dasselbe verwendet werden und wie diese äfte den Heeresorganisationen als Theile der nationalen Rüstung angepaßt und in den Rahmen derselben eingefügt sind. Der Dar⸗ stelung und Erläuterung des Zweckes und des Wesens dieser Welt⸗ institute ist ein kurzer Ueberblick über die Leistungen des inter⸗ nationalen Rothen Kreuzes im Burenkriege angeschlossen und eine An⸗ abe der von deutscher Seite für den Feldzug in China getroffenen Porkehrungen beigefügt. Der Reinertrag der Schrift wird der Kaiser Wilbelm⸗Stiftung für deutsche Invaliden zugeführt.
In Karl Heymann’'s Verlag hierselbst erschien ferner die Schrift „Das Rotbe Kreuz und die Berufsgenossen⸗ schaften“ von Max Schlesinger. Sie ist im Auftrage des „Comités für das Zusammenwirken der deutschen Vereine vom Rothen
Vize⸗Ober⸗Zeremontenmeister B. von dem Knesebeck, Reichstags⸗ Abzeordneter Rich. Roesicke, Kommerzienrath Ravené, Ober⸗Stabs⸗ arzt Dr. Pannwitz und Direktor Max Schlesinger besteht, verfaßt und enthält eine Schilderung der Entstehung des Rothen Kreuzes, seiner Aufgaben und seiner Thätigkeit, sowie eine Dar⸗ stelung der sozialen Gesetzgebung, insbesondere der Unfallversicherung, deren Träger die Berufsgenossenschaften sind. Der Verfasser weist ferner auf die vielfachen Berührungspunkte, welche hei den beiden über ganz Deutschland verbreiteten Organisationen vorhanden sind, und auf die Zweckmäßigkeit eines gemeinsamen Zusammenwirkens inebesondere auf dem Gebiete der ersten Hilfe im Frieden wie im Kriege hin. Soweit bereits eine gemeinschaftliche Thätigkeit organi⸗ siert worden ist, wird dieselbe näher dargelegt. Die Schrift, welche auch mit Illustrationen versehen ist, bietet ein abgerundetes Bild von den Aufgaben eines gemeinsamen Wirkens beider in Rede stehenden Institutionen, in deren weiten Kreisen sie sicherlich lebhaftes
In zierlichen Liebhaberausgaben liegen aus dem Verlage von Carl Krabbe in Stuttgart auch für das diesjährige Weihnachtsfest in neuen Auflagen vor: Goethe’s „Fuß (erster und zweiter Theil in einem Bande) und Heine's „Buch der Lieder“ (Preis je 3 ℳ) In diesem gediegenen, einen edlen Kern einschließen den Gewande werden die Bändchen jedem Geschenktisch zur Zierde gereichen.
— Der Charakter. Von Samuel Smiles. Deutsche auto isserte Ausgabe von Fr. Steger. Sechste Auflage. Verlag von J. J. Weber in Leipzig. Preis 4 ℳ 50 ₰, in Leinwand ge⸗ bunden 6 ℳ Der bekannte Moralphilosoph, dessen Buch in deutscher Ausgabe nun schon zum sechsten Mal erscheint, preist darin nächst dem elterlichen Hause sowie der Gesellschaft und Freundschaft mit ihrem Beispiel die Arbeit als den besten Biloner des Charakters, wobei auch die mechanische Thätigkeit ihr oft versagte Würdigung erfährt. Er fordert den mahnt aber auch zur Selbst⸗ beherrschung und zum Pflichtbewußtfein und spornt zur Wahrheits⸗ liebe an. Der modernen Streit⸗ und Zweiselsucht, der lähmenden Schwarzseherei wird entschieden Fehde angesagt. Das Werk hat sonach gerechten Anspruch darauf, besonders der heranwachsenden Lugend als ein Schatz praktischer Lebensweisheit in die Hände gelegt zu werden.
— Katechis mus des guten Tons und der feinen Sitte von Constanze von Franken. Neunte Auflage. Mayx Hesse's Verlag in Leipzig. Preis geb. 250 ℳ — Vor anderen Büchern gleichen Zwecks hat das oben angezeigte den Vorzug, daß es die iußeren Formen des Umgangs überall auf ihren sittlichen Ursprung wurückzuführen, mit Leben und Inhalt auszufüllen sucht. Es ist daher nicht ein bloßer Leitfaden, der für das Verhalten im einzelnen Fall Rath ertheilt, sondern ein gründlich bildendes Lehrbuch für die An⸗ iügnung gesellschaftlicher Tugenden, deren Werth zu allen Zeiten ge⸗
hat. In der ansprechenden Ausstattung, welche ihm die Verlagsbuch⸗
ein preiswerthes Geschenk empfohlen werden.
— Papierblumen undderen Herstellung. Von Mathilde Leon hard. Verlag von Otto Maier in Rarensburg. Preis 1 ℳ
₰. — In dieser Schrift giebt eine praktische Lehrerin gelegenheit, die Kunst der Herstellung von Papierblumen, wie solche zum Zimmerschmuck jetzt vielfach Verwendung finden, durch Selbst unterricht zu erlernen, und zwar durch eine leichtfaßliche, mit lülen Schnittmustern und Bildern versehene Anleitung. Das kleine Buch empfiehlt sich besonders als Geschenk für junge Mädchen.
Der Verlag von Otto Maier in Ravensburg hat einen ie Jugend erscheinen lassen. Diese seit Jahren in datschen Familien wohlbekannten Spiele vereinigen angenehme Unter⸗ biltung mit nützlicher Belehrung und passen sich den verschiedenen Fllenten und Neigungen von Knaben und Mädchen vortrefflich an. 16 reichhaltige Katalog verzeichnet außer den bewährten älteren feelen folgende neuen: Germania, ein vpaterländisches Geschichts⸗ pill von Otto Robert (Preis 3 ℳ); Großes Schattentheater, Unterhaltung und Selbstbeschäftiung, von P. Widmayer 1. 450 ℳ); Lustiges Gesichterspiel, ein ethnologisch phystognomisch⸗ misches Spiel von Fritz Pix (Preis 1,50 ℳ); Camera obscura, ein Arbeitsspiel zur selbständigen Herstellung einer praktischen Camera,
8 üs lang), von Heinrich Cranz (Preis 6 ℳ). Der oben genannte erlag versendet den Katalog auf Verlangen kosten⸗ und postfrei.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
land⸗ und forstwirthschaftlichen Sachverständigen im Auslande.)
Die australische Butterbereitung. 3
düslustraliens Butterwirthschaft befindet sich gegenwärtig in hohem calnn ng, da die Farmer sie für den einträglichsten Betriebszweig staff⸗ 8 Anlagen und Betriebsverfahren sind verschieden. Theils elbe n die Farmer die Milch zur Molkerei, theils entrahmen sie die⸗ Gets selbst oder nehmen die Entrahmung auf einem benachbarten 1970. vor. Die sogenannten Butterfabriken beziehen und ver⸗ gewöhnlich meist oder nur Rahm und besitzen zu diesem äufig eine größere oder geringere Zahl von eigenen Rahm⸗ „iu denen die Farmer die Milch, soweit sie nicht selbst bringen. In diesem Falle nennen sie sich auch Zentral⸗ ein zur Zeit beliebtes Verfahren, das sich mehr und
Eins der größten solcher Unternehmungen ist d
Berlin, Montag, den 26. November
Die Größe der Molkereien ist sehr verschieden. Es finden sich noch sehr viele von außerordentlicher Einfachbeit in Anlage und Be⸗ trieb. Die größten Fabriken liefern in der Hauptzeit tänlich 60 bis 80 dz Butter. Die Hauptlieferzeit ist der australische Winter, wo⸗ durch Australien den übrigen Wettbewerbsländern voraus ist, da b“ dann im europaäͤischen Sommer an den englischen Markt
Die Bezahlung ist vorwiegend nach dem Fettgehalt und erfolgt monatlich, entweder so, daß nach Abzug aller Unkosten der Ueberschuß aus dem Butterverkauf den gelieferten Fettmengen entsprechend an die Einzelnen vertheilt wird, oder so, daß jedem Lieferanten die den ein⸗ gelieferten Fettmengen entsprechenden Buttermengen berechnet und dafür der volle Butterpreis bezahlt wird, nachdem ihm der vorher abgemachte Satz für Unkosten abgezogen ist. Seltener wird nach dem bloßen Fettgehalt oder nach dem Maßgewicht bezahlt.
In den größeren Molkereien werden täglich Proben genommen, die durch Formalin und Borsäure haltbar gemacht und wöchentlich einmal untersucht werden.
Die Heranschaffung der Milch ist bei der Einzellage der Farmen oft schwierig, weshalb sich viele Güter selber Milchschleadern an⸗ chaffen. Das mißfällt zwar den Molkereien; doch läßt sich bei den vorliegenden Verhältnissen wenig dagegen machen. Die Vorbereitungs⸗ verfahren sind nicht überall gleichmäßig gut durchgeführt. Die Regeln der Milchbehandlung und Entrahmung, besonders hinsichtlich Rein⸗ lichkeit beim Melken, Anwärmung beim Schleudern, werden noch häufig vernachlässigt, der Rahm selbst ungenügend für die Verbutterung vor⸗ bereitet. Einige hervorragende Fabriken sind freilich auf der Höhe; in ihnen ist Pasteurisation des Rahms, Anwendung von künstlicher Milchsäure, gründliche Kühlung und Verarbeitung gleichmäßigen Ma⸗ terials die Regel. 82
Man unterscheidet drei Klassen von Butter: creamery, dairy und factory butter. In Melbourne bringt creamery 1,50 bis 2,50 ℳ für 1 kg, je nach der Jahreszeit, dairy nur 1,10 — 2,10 ℳ Im Jahresdurchschnitt wurden für 50 kg beste Butter 95 ℳ gegen 99,70 ℳ in Deutschland bezahlt. Die Herstellung der dairy-Butter geht immer mehr zurück, da die Farmer allmählich den Werth bester Erzeugnisse einsehen und daher den ganzen Berrieb verbessern. Die Versendung der Butter zum örtlichen Gebrauch geschieht in †¼† oder kg-Stücken; im großen Ausfuhrverkehr werden 25,5 lg fassende quadratische Kisten benutzt.
Die Wollerzeugung der letzten Jahre in den wichtigsten Kolonialgebieten
bespricht an der Hand eines australischen General⸗Konsulatsberichts ein Aufsatz in Stück 38 der „Mittheilungen der D. L.⸗G.“ Die Wolgpreiserhöhung der letzten Jahre ist im wesentlichen durch die Veränderung der Schafverwerthungs⸗Möglichkeiten hervorgerufen, da es für Argentinien und Australien einträglicher wurde, für den englischen und neuerdings auch europäisch⸗festländischen Markt frisches bezw. ge⸗ frorenes Schaffleisch statt Rohwolle zu liefern. Dazu kamen, wie be⸗ kannt, die südafrikanischen Wirren, welche die dortige Schafzucht und den Wollhandel lahm legten. Für Australien kamen hinzu die
Inselreichs von rund 124 Mill. in 1891 auf rund 93 Mill. in 1899 verminderten. Dementsprechend nahmen auch die Wollliefe⸗ rungen Australiens ab; während sie z. B. 1894/95 noch 1 959 000 Ballen betrogen, weist die Ausfuhr 1899/1900 nur 1 592 805 Ballen mehr auf. Der bei weitem größte Theil der australischen Wolle ist Merinowolle, die in Schweiß gehandelt wird. Der Rückgang der Wollzucht macht sich übrigens schon auch insofern be⸗ merklich, als noch 1898/99 87 % Merino und 13 % Wollen von auf Fleisch gekreuzten Thieren in den Handel kam, 1899/1900 dagegen 84 % bezw. 16 %. Die geringsten Merinobestände hat der Staat Victoria; hier wurden in Melboutne nur etwa 70 % Merinowollen gehandelt. Der Hauptabnehmer für australische Wolle ist Frankreich mit Belgien (1899/00 321 281 Ballen), dann folgt England mit 180 371 und Deutschland mit 166 802 Ballen; die übrigen Staaten kommen nicht in Betracht. Die geschilderten Verhältnisse beeinflußten also die Wollpreiserhöhung günstig; für uns kam hinzu die erhöhte Kaufkraft des heimischen Marktes, die an die Webeindustrie große Anforderungen stellte, während unsere Ausfuhr sich nicht vergrößerte.
Dreißigjährige Wirthschaftserfahrungen des Ritter⸗ gutsbesitzers Friedrich Schirmer⸗Neuhaus, Herausgegeben von Walter Muller. Mit Porträt und Lebensbeschreibung Schirmer's.
Neudamm, Verlag von J. Neumann. Preis geh. 3 ℳ, geb. 4 ℳ — Ein praktischer Landwirth läßt seine langjährigen wirrhschaftlichen Erfahrungen, die er schon in Vorträgen und Fachschriften mitgetheilt hat, durch die vorliegende Zusammenstellung weiteren Kreisen zugänglich machen. Das von Walter Müller⸗Wilmersdorf zu⸗ sammengestellte Buch bringt zunächst eine kurze Lebensbeschreibung des Verfassers nebst Bildniß desselben und behandelt sodann in vier Theilen unter den Ueberschriften „Acker⸗ und Wlesenbau“, „Vieh⸗ zucht“, „Fischzucht“ und „Verschiedenes“ sämmtliche Gebiete der Land⸗ wirthschaft. Es giebt Austunft über die verbesserten neueren Me⸗ thoden, besonders in der Behandlung des Bodens durch Düngung (Gründüngung), den Werth der stickstofffammelnden Pflanzen, den Zwischenfruchtbau, das vortheilhafteste Ernteverfahren, uüber Rüben⸗, Kartoffel, und Füutterbau. Auch über Pferde⸗, Geflügel⸗ und Fischzucht ertheilt das Buch Belehrung. Endlich findet man darin beachtenswerthe Winke für die Anwendung landwirth⸗ schaftlicher Maschinen. Aus der Praxis für die Praxis ist das Buch geschrieben, und überall zeigt sich darin der auf der Höhe der Zeit stehende, praktisch erfahrene Landwirth, der zwar auch mit der Wissen⸗ schaft Hand in Hand geht, aber vorsichtig abwägt und ihre Ergebnisse für die Praxis erst empfiehlt, wenn er sich durch langes Probieren von ihrem Werth überzeugt hat. Namentlich jüngere Landwirthe mwerden aus der Schrift mannigfache Belehrung und Anregung öpfen.
Im 54 Jahrgange 1901 erschien soeben Mentzel und von Lengerke's landwirthschaftlicher Kalender (Berlin, Ver⸗ lagsbuchhandlung von Paul Parey; zwei Theile, Preis 2 ℳ 50 ₰). Inhalt, Eintheilung und Ausstattung dieses in den Kreisen der Land⸗ wirthe beliebten und weitverbreiteten Kalenders sind im wesentlichen die früberen geblieben. Der erste Theil, das gebundene Taschenbuch, bietet, außer den Formularen für wirthschaftliche Eintragungen der verschiedensten Art, Tabellen für Berechnungen, wie sie im praklischen Betriebe täglich auftauchen und dem Landwirth un⸗ entbehrlich sind. Sie sind für den neuen Jahrgang einer soragfältigen Durchsicht unterzogen und durch eine Anzahl neuer Tabellen bereichert worden. Der zweite Theil, das Jahrbuch, enthält mannigfache, alljährlich revidierte statistische Zusammenstellungen, welche dem Landwirth eine Fülle verschiedenartiger Informationen bieten. An der Spitze dieses Theils findet man einen beachtenswerthen größeren Aufsatz von dem Herausgeber des Kalenders, Ministerial⸗ Direktor im Ministerium für Landwirthschaft ꝛc. Dr. Thiel, welcher die wichtigen Fragen des Anerbenrechts, der Verschuldung und Ent⸗ schuldung behandelt. Der Kalender hat sich seit vielen Jahren dem Landwirth als ein so nützlicher und zuverlässiger Begleiter bewährt,
in Melbourne, der 95 Rahmanstalten zugehören.
daß diese neue Ausgabe keiner besonderen Empfehlung bedarf.
anhaltenden Dürren der letzten Jahre, die den Schafbestand des
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie’.)
Belgien.
Zolltarifentscheidungen. Es sind zu verzollen: „Perforierte Papierstreifen, auf Holzzylinder aufgerollt, für Drehorgeln: Wie „Musikinstrumente“ (Tarifnummer 30), 10 % vom Werth.
Garnituren aus Gold oder Silber, zu Sonnen⸗ und Regenschirmen, bestehend aus einem mit Steinen verzierten Knaufe und acht Endspitzen, letztere bestimmt, an die Schirmrippen angesetzt zu werden: Wie „Metalle: Goldschmiedewaaren (T. Nr. 39), 5 % vom Werth.
Tritte, zusammenlezbare, oder Schemel, aus einer ganz aus vergoldetem Eisen bestehenden Garnitur und vier hölzernen Tritt⸗ brettern gebildet: Wie „Möbel“ (T. Nr. 40), 10 % vom Werth.
Häute und Felle, geschwärzt oder schwarz gefärbt: Wie „Häute und Felle, gefärbte u. s. w.“ (T. Nr. 48), 30 Franken für 1 dz.
Kalbfelle und große Häute, so von Stieren, Ochsen, Kühen, jungen Stieren und Ochsen, Kälbinnen und Pferden, geschwärzt oder schwarz gefärbt, und außerdem gefettet (nourries), das heißt mit Fettstoff imprägniert: Wie „Häute und Felle, auf andere Weise zugerichtet“ (T. Nr. 48), 15 Franken für 1 dz. 6
Rauchschwaches Jag dpulver, sogenannt Lanit der anonymen Gesellschaft Nobel⸗Dynamitwerke in Turin; elektrische Zünder sammt Detonatoren der Nobel's Explosives Co. Limited, Glasgow; Explosivstoff, sogenannt Densité Nr. 1, vorgelegt von Ghinijonet in Lüttich; auf Chlorsalzen beruhende Explosiv⸗ stoffe, fogenannt Street oder Streetit, Type 91 und 120, der Ge⸗ sellschaft für chemische Produkte und Explosivstoffe Bergès, Corbin et Cie in Chedde (Frankreich): Wie „Schießpulver“ (T. Nr. 52), 15 Franken für 1 dz.
Seife in Broten, sogenannt „Savon au bois de Panama, Mortier, L'Hoir et Cie.“: Wie „Seife, andere“ (T. Nr. 59), 6 Franken für 1 dz.
Stöpsel von Schaumweinflaschen, gebraucht und nur nach Umarbeiten wieder verwendbar: Wie „Pflanzen und Pflanzen⸗ stoffe, nicht besonders tarifierte“ (T. Nr. 65), zollfrei.
Glasplatten mit Einlage von Eisengitter in der Glas⸗ masse: Wie „Glaswaaren, andere“ (T. Nr. 66), 10 % vom Werth.
Laternen, sog. „veilleuses Lacorre“, aus auf Eisenrahmen aufgespanntem Percalin bestehend und in photographischen Dunkel kammern verwendet: Wie „wissenschaftliche Instrumente und Appa⸗ rate“ (T. Nr. 29), zollfrei. b
Kabel aus Aluminium: Wie „Maschinen, mechanische Ge⸗ räthe und Werkzeuge aus Kupfer oder jedem anderen Stoffe“ (T. Nr. 33), 12 Franken für 1 dz
Kleine Apparate, sog. „coryleurs“, aus einer Metallröhre bestehend, die mit einer speziellen Verschlußvorrichtung versehen ist, welche das Entweichen einer sich bei Berührung mit der Hand ver⸗ flüchtigenden Flüssigkeit zu regeln gestattet: Wie „Kurzwaaren und Quincailleriewaaren, andere“ (T. Nr. 38), 15 % vom Werth.
Flacons, Leim enthaltend, mit spezieller Verschlußvorrich⸗ tung oder speziellem Deckel oder mit Pinsel: Wie vorstehend.
Zusammenstellung von Einzeltheilen, welche verbunden Hahn’s Patent⸗Klappfensterbeschlag „Famos“ bilden, in Papp⸗ schachteln eingehend, welche je die verschiedenen Theile einer kompleten Vorrichtung enthalten: Wie vorstehend.
Carburateure, nach Form und Dimension bestimmt, an Automobilfahrrädern angebracht zu werden: Wie „Wagen“ (T. Nr. 70), 12 % vom Werth. (Austria)
Türkei.
Verbot der Einfuhr vontalghaltiger Seife. Seife, zu deren Herstellung auch Talg genommen wird, ist von der medizinischen Schule in Konstantinopel als gesundheitsschädlich bezeichnet worden und darf daher nicht eingeführt werden. (Handels⸗Museum, Wien)
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Griechenland. “
Ursprungszeugnisse für die Waareneinfuhr über die Türkei. Nach einer Verordnung des griechischen Finanz⸗ Ministeriums können durch die Türkei transitierende Waaren, welche aus Staaten, mit denen Griechenland im Handelsvertragsverhältnisse steht, zur Einfuhr gelangen, nur dann nach den Vertragszollsätzen behandelt werden, wenn sie von Ursprungszertifikaten begleitet sind; prese müssen von der zuständigen griechischen diplomatischen oder
onsularbehörde vidiert sein, sodaß aus ihnen die Provenienz der Waare aus dem betreffenden Vertragsstaate unzweifelhaft ersichtlich ist. (Handels⸗Museum, Wien.)
Vereinigte Staaten von Amerika. Patentschutz und Urheberrecht im Territorium Hawati. Die hawaiischen Gesetze über die Ertheilung von Pa⸗ tenten und den Schutz des literarischen ꝛc Eigenthums sind durch die Kongreßakte der Vereinigten Staaten vom 30. April 1900 auf⸗ gehoben. Gesuche um Ertheilung von Patenten, des Verlags⸗ rechts ꝛc. in dem genannten Territorium sind deshalb an das Patent⸗ amt in Washington zu richten.
In Ansehung der Eintragung von Waarenzeichen (prints), Handelsmarken und Etiketten sind die hawatischen Gesetze und Ver⸗ ordnungen nach wie vor in Kraft. (The Board of Trade Journal.)
Der Umsatz von Baumwolle in den Vereinigten Stagten von Amerika im Oktober 1909 und der Weltvorrath zu Ende Oktober.
Nach der Feststellung der Baumwollbörse in New Orleans be⸗ ief sich der Gesammtumsatz in Baumwolle im Oktober 1900 auf 2 171 993 Ballen, gegen 1 742 523 Ballen im Vorjahre. Die Zu⸗ nahme beirug daher 429 000 Ballen.
„Ihn den Monaten September und Oktober 1900 zusammen betrug die Zufuhr in allen Ablieferungshäfen der Union 2 142 156 Ballen 1899: 1 913 251 Ballen). Mit den Eisenbahnen wurden über die lüsse Mississippi, Ohio und Potomac 212 813 Ballen verschickt (1899: 299 4380 Ballen). Die Fabriken des Südens nahmen 268 915 Ballen (1899: 282 063 Ballen) und die Lager im Innern des Landes enthielten 427 436 Ballen (im Vorjahre 366 491 Ballen). Der gesammte sichtbar gewordene Umsatz an Baumwolle betrug daher zu Ende Oktober 3 051 320 Ballen (1899: 2 861 235 Ballen).
Die Spinner des Nordens empfingen im Oktober 285 567 Ballen (im Vorjahre 355 661 Ballen). Die Ausfuhr in das Ausland stellte sich in den ersten beiden Monaten der Saison auf 1 427 107 Ballen, demnach 184 209 Ballen mehr als in der Vorsaison. Die Vorräthe an der Seeküste und an den 29 hauptsächlichsten Märkten des Südens beliefen sich Ende Oktober auf 1 147 836 Ballen, gegen 1 473 681 Ballen an dem gleichen Zeitpunkte des Vorjahres. Mit Einschluß
der aus der vorfährigen Ernte stammenden Bestände stellte sich der Umsatz auf 3 173 854 Ballen, gegen 3 480 133 Ballen im letzten Jahre.