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Außerdem wurde Verkaufs⸗ n8e . Marktt 8 rleäeae 8 8 nach überschläglicher vns gcer et. e Stsasea re F 88 7 2 (Preis unbekannt)
14,30 14,40 10,75 11,80 11,60 12,80
WF.“ Saarlouis Landshut. Augsburg . — 8 Bopfingen Laupheim . 13,00 Z116G61G6“; 8 13,75 —2 1166 13,50 n 2 1. T 8 . 9 . 2 2 2. 8 . . Svr.E. St. Avold 5 * 8 ⸗ 8 * * * 9 * 13,50 emerkungen. Die verkaufte Menge wird
30 B
14,30 14,60 14 60 14,60 14,60 14,80 14,80 15,00 11,83 12,37 13 44 13,98 15,05 12,60 12,80 13,10 13,20 13,60 12,00 12,20 12,50 12,60 13,00 12,80 13,20 13,20 13,60 13,60 1320 13,30 13,75 — — 13,50 14,40 14,40 15,80 15,80
14,00 14,40 14,50 15,20 15,60
ef volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durchschntttepre wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Noch: Hafer. 14,80 14,80
13,50 13,60 14,00 14,75 14 75
13,20 13,20 14,00 14 00
2 544 14,70 14,30 5 326 13,20 13,04 5 335 12,98 13,05 3 330 12,47 12 60 13,32 13,40 13,27 13,62
13,69 13,52 24. 11. 15,15 15,40 24. 11.
8 Deutscher Reichstag. 1. Sitzung vom 30. November 1900. Zur Berathung steht zunächst die Denkschrift über die
Ausfuührung der seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihe⸗ 822
8es-e. Fritzen⸗Düsseldorf (Zentr.): Es ist wohl noch nicht da⸗
daß diese Denkschrift im Reichstage einer längeren Erörterung —X. wurde. Wenn das jetzt geschieht, so liegt der Grund dafür darin, daß am 14. September für 80 Millionen Schatzanweisungen zu
4 2 % in Amerika begeben worden sind. Man hat damit zunächst
das Selbstgefühl der
Bürger der nordamerikanischen Union Es ist ganz sicher, daß unter denselben Be⸗
ungemein gestärkt. 88 dem deutschen Markte
die Schatzanweisungen auf n werden können. In der Presse wurde damals zur Ver⸗
hätten . — ee der Maßregel ausgeführt, daß von derselben ein erheblicher
an Gold aus Amerika nach Deutschland zu erwarten sei.
das trifft ja um so weniger zu, als wir jährlich 3 Millionen dorthin zu schicken haben, und in vier Jahren der ganze ag zurüöckgezahlt sein muß. Ich frage daher den Schatzsekretär nach den besonderen Gründen dieser Begebung. Weiter muß ge⸗ fragt werden, warum plötzlich zum 4 %oigen Zinsfuß übergegangen worden stt, während doch das Reich in den letzten Jahren nur 3 % ige Anleihen emittiert hat. Will man zum 4 %üigen Zinsfuß zu⸗ rückkehren? Nach den sonstigen Wahrnehmungen scheint man doch für Deutschland bei dem 3 %⸗Typus bleiben zu wollen. Für die Reichs⸗ iger würde es ein sehr bitteres Gefühl sein, wenn man jetzt wieder zum 4 %⸗Typus übergeht; jedenfalls müßte doch dawischen
der 3 ½ % ⸗Typas wieder aufgenommen werden. Rathsamer aber wäre
überhaupt, zu verloosbaren Anleihen überzugehen, welche u. a. den Vorzug haben, daß sie eine Art obligatorischer Schuldentilgung involvieren. Die jetzige Art der Schuldentilgung Deutschlands ist sehr problematischer Natur. Die Gläubiger andererseits haben den Vortheil, daß sie bei der Verloosung das Kapital wenigstens al pari zurückbekommen. Ein großer Theil der europäischen Staaten hat theils ausschließlich solche verloosbaren Anleihen oder doch neben den nicht amortisablen noch einen großen Theil amortisable Schulden.
haben die letzteren Anleihen auch ihre schwachen Seiten, aber
diese leinen Mißstände haben sich nicht so fühlbar gemacht, daß man
in jenen Ländern ausschließlich zu dem anderen System über⸗
der Ausgabe verloosbarer Schuldtitel.
gegangen wäre.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Meine Herren! Ich möchte die soeben an mich gestellten Fragen
in umgekehrter Reihenfolge beantworten.
Die letzte Frage des Herrn Abg. Fritzen betraf die Möglichkeit Der Herr Abgeordnete hat somohl die Gründe, die für eine solche Ausgabe zu sprechen scheinen, wie die dagegen sprechenden Ihnen dargelegt, und er ist sich vielleicht nicht bewußt gewesen, daß er bei der Darlegung der gegen eine solche Makßregel sprechenden Gründe fast wörtlich ein altehrwürdiges Doku⸗ ment zitiert hat, nämlich den Bericht des preußischen Finanz⸗Ministers von 1873, auf Grund dessen zuerst der Uebergang zu Konsols bewerk⸗ stelligt wurde, und ich möchte einige Worte hieraus verlesen. Der Finanz⸗Minister, der damals sich einer Menge verschiedener Schuld⸗ titel gegenübersah, die mit verschiedenem Zinsfuß, mit verschiedener Amortisation und noch sonst verschiedenen Bedingungen ausgestattet
maren, sagte in jenem Berichte:
8
Ich bin dafür, so lange sich die Verhältnisse nicht sehr ver⸗
„Wie wenig das Publikum auf die in Preußen bei den 4 ½—⸗ und 4 prozentigen Anleihen bis dahin bestehende Tilgungspflicht Werth legt, solange das Ende der Tilgungsperiode sehr entfernt ist, ergiebt der unter gewöhnlichen Verhältnissen gleiche Preis, zu welchem gleich hoch verzinsliche Anleihen aus verschiedenen Jabhren und daher mit verschieden stark dotierten Tilgungsfonds gehandelt werden. Für die große Mehrzahl der Staatsgläubiger ist die Aus⸗ sicht, für ein selbst erheblich unter Pari stehendes Anleihepapier nach Dezennien in den Besitz des vollen verschriebenen Kapitals ge⸗ Langen zu können, von verschwindender Bedeutung. Dagegen ist es eine empfindliche Belästigung, welche dem Verkehr mit preußischen Staatspapieren namentlich im Auslande Abbruch that, daß die Staatsgläubiger, sobald die Anleihen den Parikurs erreichten, zu genauer Durchmusterung der periodischen Ausloosungslisten genöthigt waren, u. s. w.“
Ich glaube, meine Herren, diese Gegengründe sprechen auch heute noch dafür, es bei dem System der Konsols zu belassen. Ich gebe
m, daß die Gründe für die Ausgabe tilgbarer Obligationen auch ihr Gewicht haben. Jedoch das größere Gewicht schreibe ich jetzt noch den Gegengründen zu. Ich glaube nicht, daß das Publikum die tügbaren Obligationen, deren schließliche Tilgung doch erst nach einem oder mehreren Menschenaltern würde vorgesehen werden können, an der Börse erheblich höher bewerthen würde als die gleich hoch ver⸗ zuinglichen Konsols. Ein Beschluß in dieser Richtung ist, wie ja der Herr Abgeordnete auch nicht voraussetzte, innerhalb der verbündeten Regierungen nicht gefaßt worden. Was meine persönliche Ansicht anbetrifft, so habe ich sie eben ausgesprochen.
schieben, es bei den Konsols zu belassen. Dazu bestimmt mich aber
auch noch ein anderer Grund. Wir haben jetzt zwar in jedem Jahre ein Tilgungsgesetz, aber wir haben von Jahr zu Jahr infolge des Flottengesetzes wenigstens noch für ein Jahrzehnt und länger sehr erhebliche Anleihen aufzunehmen, und ich weiß nicht, ob es nützlich sein würde, mit der einen Hand das Geld vom Publikum zu nehmen, um einen Bruchtheil dieses Bedarfs gegen amortisierte onen dem Publikum wieder herauszuzahlen. Daß Preußen
ein Schuldentilgungsgesetz mit fester Bindung für die Re⸗ gierung und für den Landtag besitzt, ist für Preußen sehr erfreulich, aber Preußen ist in der Lage, jetzt seine Anleihen so gut wie ausschließlich auf werbende Zwecke zu beschränken. In dieser Lage ist das Reich nicht, wir müssen gegenwärtig, bis die Flotte auf den wünschenswerthen Stand gebracht ist, auch noch Anleihen zu unserer Vertheidigung machen, die man nicht direkt als werbende be⸗ trachten kann; also das auszugebende Schuldkapital würde fürs Erste die denkbar gesetzlich festzulegende Amortisation im nächsten Jahrzehnt noch um ein Erhebliches übersteigen, und dieser Grund zwingt mich also, den Gedanken an die Ausgabe amortisierbarer Obligationen zurückzustellen. Außerdem möchte ich gewissermaßen nebenbei erwähnen, daß ein bindendes Schuldentilgungsgesetz, etwa nach Art des preußischen oder ähnlich gestaltet, doch nur im Verein mit einer Reichs⸗Finanz⸗ reform denkbar ist. sehnlicher als ich und, ich glaube, auch sämmtliche Finanz⸗Minister der Einzelstaaten; aber wir stehen heute noch nicht vor ihr.
Diese Reichs⸗Finanzreform wünscht niemand
Die andere Frage des Herrn Abgeordneten war gewissermaßen
schärfer pointiert, sie lautete: Denken die verbündeten Regierungen den Typus der 3 proz. Konsols zu verlassen und zu 4 roz. Anleihen zurückzukehren? Meine Herren, da kann ich nur sagen: ein Beschluß darüber ist an den maßgebenden Stellen noch nicht gefaßt. Ich selber würde es für unrichtig halten, jetzt zu 4 proz. Papieren zurückzukehren. Denn wenn auch gegenwärtig die Induftrie erheblich minder gut situiert ist als noch vor einem Jahre, so ist es doch sehr leicht möglich, daß der Tiefstand, der sich jetzt anmeldet, in einer nicht zu langen Reihe von Jahren überwunden wird, und dann würden 4 prozentige Paptere der Lage nicht mehr entsprechen.
Die erste Frage des Herrn Abgeordneten war die Kernfrage des
heutigen Tages: Wesbalb ist die 80⸗Millionenanleihe in Amerika be⸗ geben worden und nicht in Deutschland? Meine Herren, das mit kurzen Worten zu sagen, ist kaum möglich. Ich denke, heute im Laufe der Diskussion die sämmtlichen Gründe
es sind viele Gründe gewesen — nach einander vorzuführen. Ich möchte aber dem Herrn Abg. Fritzen zur Zeit nur den Hauptgrund nennen: Als im Monat September das Geldbedürfniß sich bei uns geltend machte, war der Geldstand kein so flüssiger hier zu Lande, daß wir hätten hoffen können, diese 80 Millionen aus dem deutschen Markte zu ziehen und doch bis Jahresschluß den gegenwärtigen Bankdiskont von 5 % nicht zu überschreiten. Im vorigen Winter hatten wir während einer Periode von, wenn ich nicht irre, 90 Tagen einen Diskont von 6 % und während einer ferneren Periode von 3 Wochen einen solchen von 7 %, und gerade aus diesem Hause wurde der hohe Stand des Diskonts gerügt, und die Regierung wurde auf das aller⸗ dringendste aufgefordert, ihrerseits alles zu thun, was eine Wieder⸗ holung ähnlich hoher Diskontsätze für die Zukunft vermeiden lassen könnte. Das war für mich der Hauptbeweggrund, mit den 80 Millionen nach Amerika zu gehen. Im September näherte sich der Londoner Kurs bereits bedenklich dem Goldpunkt. Wir hätten, wenn wir im Inlande die 80 Millionen aus dem Markt gezogen hätten, befürchten müssen, daß bedeutende Goldverschickungen nach dem Auslande ein⸗ treten würden, und es war deshalb dringend gerathen, vom Auslande Gold heranzuziehen. Ich möchte hier einflechten, daß das Gold ja nicht in Barren oder fremden Münzen von Amerika hierher geschickt zu werden braucht. Wir erreichen denselben Zweck, indem wir Wechsel auf London nehmen. Erstens erleichtern wir damit unsere Zahlungsbilanz, und zweitens hätten wir, wenn uns baares Gold erwünscht gewesen wäre, diese Wechsel von London jeder Zeit gegen baares Gold umsetzen können. Nun, meine Herren, ist in keinem Lande der Welt der Geldstand so flüssig wie in den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika, und ich möchte aus einem jüngsten New Yorker Bericht einige Worte vorlesen, welche die Gründe des flüssigen Geldstandes vor die Augen führen. Es sind zwei Gründe, haupt⸗ sächlich und an erster Stelle die für die Vereinigten Staaten über⸗ haupt günstige Handelsbilanz der letzten Jahre. Sie wissen, daß die amerikanische Ausfuhr einen ganz auffallenden Aufschwung genommen hat, während die Einfuhr nicht dementsprechend wuchs. Ein zweiter Grund indessen liegt im neuen amerikanischen Währungs⸗ gesetz, welches den Nationalbanken — für diejenigen Herren, welche die amerikanische Bankengesetzgebung nicht kennen, will ich hier ein⸗ schalten, daß die Nationalbanken solche sind, welche sich dem Bank⸗ gesetz von 1863 unterworfen haben und infolge dessen Banknoten ausgeben köanen; es ist eine ganz bedeutende Anzahl, weit über 1000 meines Wissens, — alse nach dem neuen Währungsgesetz können die Nationalbanken, während ihre Notenausgabe früher mit 90 % ihres Grundkapitals begrenzt war, gegenwärtig bis zu vollen 100 % ihres Kapitals Noten ausgeben. Der Bericht unseres General⸗Konsuls in New York sagt darüber Folgendes:
„Der Goldüberfluß in diesem Lande ist, wenn man von der günstigen Handelsbilanz der letzten Jahre und den dadurch aus dem Auslande hierher fließenden großen Summen, den Ueberschüssen der Ausfuhr über die Einfuhr absieht, im wesentlichen auf die Wirkungen des Gesetzes vom 14. März des Jahres zurückzuführen, durch welches die Goldwährung für die Vereinigten Staaten gesetzlich festgestellt wurde. Dieses Gesetz gestattet den Natisnalbanken die Emission
von Banknoten bis zu dem Vollbetrag ihres Kapitals, statt wie bis
dahin bis zu 90 %, was einem Plus von etwa 80 Millionen Dollars gleichkommt. Außerdem können die Banken nunmehr die von ihnen als Sicherheit zu hinterlegenden Bonds der Vereinigten Staaten in billigeren zweiprozentigen Bonds statt wie bis dahin vierprozentigen bestellen. Ueberdies hat das neue Gesetz die Errichtung von Nationalbanken in allen Städten über 25 000 Einwohner zugelassen, wodurch eine große Anzahl neuer Bankinstitute mit Emissions⸗ befugniß geschaffen worden ist.“ Am Schlusse des Berichts sagt der General⸗Konsul:
Die Banken sind daher gesetzlich in der Lage, ihre Bank⸗ notenemission um 400 Millionen Dollars zu vergrößern.“
Wie gesagt, war bereits Anfang Herbst, im September, der Geldstand in New York ein außerordentlich flüssiger, und wenn wir günstige Bedingungen für unsere Anleihen haben wollen, so war es, ganz abgesehen von etwaigem Patriotismus, das Geeignetste, an den New Yorker Markt zu gehen. Wir hätten — und das gebe ich dem Herrn Abg. Fritzen ausdrücklich zu die 80 Millionen auch in Deutschland aufnehmen können, und ich zweifle keinen Augenblick, daß sie auch hier gezeichnet worden wären. Aber was uns davon abhielt, war der Gedanke, den ich bereits vorher berührte. Wenn wir so große Ansprüche an den Kapitalmarkt stellten in einem Augenblick, wo die Hamburger Anleihe, verschiedene Stadt⸗Anleihen, meines Wissens auch Anleihen ver⸗ schiedener anderer Bundesstaaten bereits am Horizonte waren, so ent⸗ blößten wir unseren Markt so sehr von Geldmitteln, daß gegen Schluß des Jahres ein Springen des Diskonts von 5 auf 6 % viel⸗ leicht nicht zu vermeiden sein würde, und in diesem Dilemma gingen wir den vorsichtigeren Weg und gaben das Geld nach Amerika. Wenn wir also, wie heute Grund ist anzunehmen, mit dem fünfprozentigen Diskont über den Dezember⸗Ultimo hindurch aushalten werden, so glaube ich, meine Herren, trifft ein Theil des Verdienstes hieran die Vergebung der Anleihe nach Amerika.
Abg. Graf von Kanitz (d. kons.): Die Anregung des Abg. Fritzen ist mir in gewissem Sinne sympathisch gewesen, weil sie uns Gelegenheit giebt, die 80⸗Millionen⸗Anleihe in Amerika zu besprechen. Zuvörderst bin auch ich der Meinung, daß wir zunächst bei dem Prozentsatz von 3 ½ % bleiben müssen. Ich kann nur bedauern, daß wir die 80⸗Millionen⸗Anleihe in Amerika und nicht auf dem deutschen Markt aufgelegt haben. Es würde dadurch für uns keinerlei finanzieller Nachtheil entstanden sein. Als die 3 %, preußische Staatzanleihe von 200 Mihllionen Mark aus⸗ gegeben wurde, ist sie vom deutschen Markte 22 mal über⸗ zeichnet worden. Das sollte doch als Beweis dafür dienen, daß der deutsche Markt auch die 80⸗Millionen⸗Anleibe recht wohl hätte tragen können. Ich gebe zu, daß die vom Reichs⸗Schatzsekretär geäußerten Bedenken eine gewisse Berechtigung haben. Vielleicht war der Gold⸗ bestand der Deutschen Reichebank so gering, daß er unter allen Umständen geschont werden mußte. Mag aber der Herr Schatz⸗ sekretär immerhin aus diesem Grunde nach Amerika gegangen sein, so kommt es doch viel auf die Form an, in welcher das geschehen ist. Vorläufig müssen wir damit rechnen, daß unsere Anleihe auf einem fremden Markt als eine Erschöpfung des deutschen Marktes aufgefaßt werden kann. Es ist ein großer Unterschied, ob man sucht oder sich suchen läßt, ob wir nach Amerika gehen oder ob die Amerikaner zu uns kommen. Zu einer Besserung dieser Zustände, zu einer günstigeren Gestaltung unseres Verhältnisses zu Amerika werden wir nicht früher gelangen, als bis unser ganzes wirthschaft⸗ liches System ein anderes geworden ist. Die 3 % ige Rente Frank⸗ reichs steht über Pari, die 2 ¾ „%q igen englischen Konsols stehen auf 98 bis 99, die deutschen Anleihen stehen also durchschnittlich 13 bis 14 % schlechter als die gleichwerthigen Anleihen anderer Staaten. Wir müssen dahin zu kommen suchen, daß auch unser 3 %⸗Typus auf den Parikurs gelangt. b 1 8
Abg. Büsing (nl.): Mit dem letzten Wunsche können wir uns nur einverstanden erklären. Den Uebergang zu amortisierbaren An⸗ leihen würde ich für ein Unglück halten. Für eine regelmäßige Schuldentilgung sind meine Freunde immer zu haben gewesen und werden dafür immer zu haben sein. Die Begebung der 80⸗Millionen⸗ Anleihe in Amerika hat im Lande nicht unbedeutendes Aufsehen erregt. Ein Theil der Presse hat diese Maßregel aus nationalen Gründen getodelt. Man hat von einer schweren Niederlage Deutsch⸗ lands gesprochen, die uns vor der ganzen Welt ein Armuthszeugniß ausgestellt habe u. s. w. Deutschland hätte ja gewiß leicht die 80 Mill onen aufbringen können; im übrigen weiß ich mich aber in dieser Frage frei von patriotischen Beklemmungen. Ich weise darauf hin, daß unsere Anleihen seit langem in England notiert werden, und England hat auch bereits in Amerika Anleiben negoztiert, ohne daß deshalb in England irgend jemand patriotische Schmerzen gehabt hätte. Im September waten immerhin die deutschen Geldverhältnisse etwas beengt, und man wollte das Kreditbedürfniß des deutschen Ge⸗ werbes schonen. Es handelte sich auch weniger um die Stärkung unseres Goldbestandes als um die Heranziehung von Zahlungsgold. An sich bin ich also durchaus geneigt, den Gründen des Staatssekretärs Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Aber ein Moment heht das Ge⸗ wicht dieser Gründe wieder auf, und das ist die Einführung des Papiers im Betrage von fünf Millionen Mark an der Berliner Börse; denn jetzt ist es in die Hand der Amerikaner gegeben, in dem ihnen geeignet scheinenden Augenblick die ganze Anleibe heröber⸗ zuwerfen, den Kurs zu drücken und uns 80 Millionen Gold zu ent⸗ ziehen. Jedenfalls werden wir uns über die Angelegenhett in der Budgetkommission weiter zu unterhalten haben; denn der Schabsekretär hat für sein Vorgehen gewiß noch andere Gründe gehadt.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Freiherr von Thielmann:
Meine Herren! Die Worte des Herrn Abg. Bäösing fingen an wie Zucker und hörten auf wie Essig. (Heiterkeit.) Ich möchte, soviel
an mir liegt, den Mitgliedern der Budgetkommission hier im Plenum
des hohen Hauses bereits alles mittheilen, was ich zu sagen bale
Ich glaube, die Mitglieder der Budgetkommission würden mir dankbar sein, wenn die Besprechung hier im Plenum zu Ende geführt werden könnte. (Sehr richtig! rechts.)
Der Herr Abg. Büsing hat meinen Gründen, die ich vorhin an⸗ führte, daß es wünschenswerth gewesen sei, den deutschen Markt zu entlasten, beigepflichtet. Er hat aber nachher gesagt: hätte die Reichs⸗ bank an ihren sämmtlichen dreihundert und einigen Stellen dem kleinen Publikum die Stücke der Schatzanweisungen al pari an⸗ geboten, sie wären wie warme Semmel abgegangen. Das glaube ich, die Reichsbank hätte gewiß auf diese Weise sie unterbringen können, aber dann wäre gerade das eingetreten, was der Herr Abg. Büsing mit mir für unvortheilhaft hielt, die 80 Millionen wären dem deutschen Markt entzogen worden und die Reichsbank wäre nicht ge⸗ stärkt worden.
Der zweite, und, wie mir schien, ernstere Gegengrund des Herrn Abgeordneten liegt in der Möglichkeit für die Amerikaner, jederzeit, wenn es ihnen einmal paßt, wenn das Geld bei ihnen nicht so flüssig ist, die Stücke wieder nach Deutschland herüberzuwerfen. Meine Herren, es ist Ihnen wahrscheinlich bekannt, daß zur Zeit des Tief⸗ standes unserer Konsols nicht unerhebliche Summen davon auf offenem Markt aufgekauft wurden und nach England gegangen sind. (Sehr richtig! rechts.) Ich möchte also die Gegenfrage stellen: Was hindert die Engländer, die Konsols, die sie von uns aufgekauft haben, zurück⸗ zuschicken in einem Moment, wo es ihnen paßt und uns nicht paßt? In derselben Lage sind wir den Amerikanern gegenüber. Die Amerikaner können jeden Augenblick Konsols auf unserem Markt aufkaufen und können sie uns zurückschicken, wenn es uns am wenigsten gelegen ist; daß sie aber gerade diese Schatzanweisungs⸗Anleihe vorzeitig zurück⸗ schicken, das glaube ich aus einem rein praktischen Erwägungsgrunde nicht. Die Amerikaner haben sie uns auf dem Papier mit 99 ¾ be⸗ zahlt, der amerikanische Nehmer hat sie, da die ¾ % in Kommission und Spesen stecken — ich erinnere unter anderem an die ziemlich hohe Versicherungsgebühr über den Ozean —, mit pari bezahlt, in Wirklichkeit hat er sie aber etwas über pari bezahlt, da in der Kursnotierung an der New Yorker Börse der Kurs für je 400 ℳ mit 95 ½ angenommen wird, während der Vista⸗ markkurs auf Berlin nur 94 ⅞ ist, d. hb. der abnehmende Amerikaner — ich meine nicht Kuhn, Loeb u. Cie., sondern deren Hinterleute, welche die Anleihe abgenommen haben — hat sie de facto mit 100 b bezahlt. Sollten einmal unsere Konsols sinken und gleich⸗ zeitig in Amerika Geldknappheit eintreten, was ich nach der Wieder⸗ wahl Me Kinley’s für die ersten zwei bis drei Jahre nicht annehme (hört, hört! rechts), dann werden die Amerikaner die Anleihe nur mit einem Verluste, und zwar mit Rücksicht auf die Spesen mit einem nicht ganz unerheblichen Verluste berübersenden können, während sie 1904 sicher sind, den Pariwerth baar hier wiederzuerhalten. Diese Gefahr, die theoretisch, wie ich dem Herrn Abg. Büsing zu⸗ gebe, gewiß vorhanden ist, schrumpft dadurch praktisch erbeblich zusammen; denn in der Lage, Konsols auf unsern Markt zu werfen zu einer Zeit, wo sie den Kurs drücken und uns nicht gelegen kommen, ist jedes Land, welches beispielsweise wie England uns auf offenem Markte Konsols abgenommen hatte. Nun fragt der Herr Abg. Graf von Kanitz nach meinen weiteren Gründen, und der Herr Abg. Büsing hat sich, wenn ich mich recht entsinne, dieser Frage an⸗ geschlossen. Ein weiterer Grund stand im Zusammenhang mit der Anleihe vom Winter 1899; das deutsche Publikum hat daran keine rechte Freude gehabt: es hat sie zu 92 genommen, und wer sie nicht halten konnte, hat verschiedene Prozente daran verloren. Gegenwärtig, meine Herren, und ich konnte das bereits im September wissen, das Publikum ahnte es vielleicht, aber es war darüber noch wenig in der Presse gesagt worden, steht eine Anleihe von ungefähr 150 Millionen für die Expedition nach China in Aussicht, und es ist in den Erläute⸗ rungen zu dem betreffenden Gesetzentwurf Ihnen bereits gesagt, daß das Jahr 1901 fernere Ansprüche bringen wird zur Fortsetzung dieser Expedition. Ich werde — wann, weiß ich noch nicht, das unterliegt selbstverständlich noch der Beobachtung der Marktlage und anderen Erwägungen — mit einer Anleihe für China auf den Markt treten müssen; auch ganz abgesehen von der ordentlichen Anleihe des Etats 1901. Ob und in welcher Weise diese Anleihen werden kombiniert werden können, ist noch eine Frage der Zukunft. Aber ich spreche es deshalb bereits aus, daß das Jahr 1901 nicht ohne eine größere Anleihe vorübergehen wird. Nun fragte ich mich damals im September: ist es praktisch für das Reich, jetzt, im Herbst 1900, 80 Millionen zu begeben, wo das Publikum sich doch deutlich an den Fingern abzählen kann, daß im Jahre 1901 an seinen Geldbeutel noch erheblich höhere Anforde⸗ rungen werden gestellt werden? Ich beantwortete es dahin: lieber ein⸗ mal gründlich, und die Hauptanleihe bleibt bis 1901; die 80 Millionen, die wir jetzt brauchen — und ich schicke voraus, durchaus nicht etwa wegen China brauchen, sondern für laufende Bedürfnisse —, werden besser aus anderer Quelle bezogen; denn wenn wir in einer Zeitfrist von, sagen wir, †¼ oder vielleicht ¾ Jahren zwei Anleihen auf den deutschen Markt werfen, so ist das nicht geeignet, die Kurse zu heben. Das waren im wesentlichen die anderen Gründe, welche Herr Graf Kanitz hören wollte.
Nun hat Herr Graf Kanitz noch gesagt: wenn es so weit war, so hätten wir doch nicht den Amerikanern nachlaufen sollen — so habe ich es wenigstens verstanden; sollte ich mich geirrt haben, so bin ich jeder Verbesserung zugänglich. Meine Herren, ich kann Ihnen die Versicherung geben, die Amerikaner sind uns gekommen — ich will nicht sagen, nachgelaufen; aber sie sind uns gekommen, und das ist ganz natürlich bei einem flüssigen Geldstande, wie er jetzt in Amerika herrscht, der Kapitalsanlage auf dem Weltmarkte sucht. Also die Mpthe, die in der Presse vielfach aufgetaucht ist, wir wären Hilfe suchend nach Amerika gegangen, möchte ich hiermit zerstört haben.
Was der Herr Graf Kanitz sonst über das goldene Zeitalter in Amerika sagte, ist ja wahr; die Amerikaner haben eine Handelsbilanz, wie sie auf der Welt noch nicht dagewesen ist. (Hört, hört!) Sie haben eine industrielle Blüthe, wie sie auf der Welt vielleicht noch nie dagewesen ist. Das sind Sachen, die kann ich nicht ändern, die kann ich höchstens bedauern. Aber das Bedauern würde nicht viel helfen. Ich wünschte auch, wir hätten dieselbe Blüthe und
denfelben Reichthum nicht allein an Geld, sondern auch an allen Naturschätzen. Aber, wie gesagt, meine Herren, mit diesen frommen
Wänschen konnten wir uns über die gegenwärtigen Finanzverhältnisse nicht hinweghelfen.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Es ist mir nicht recht verständlich, was bei der allgemeinen Besprechung hier herauskommen soll. 28 man hier geltend macht, kann ebenso gut in der Kommission vor⸗ gebracht werden; und will man besondere Wünsche zum Ausdruck bringen, so steht es ja Jedem frei, bei der zweiten Lesung Anträge zu stellen. In sachlicher Beziehung würde ich es für einen nicht zu verantwortenden Schritt halten, wenn man zu den verloosbaren Anleihen zurückkehren wollte. Ich habe bereits im Jahre 1869 durch eine Publikation mit den ersten Anstoß zur Konsolidierung der preußischen Anleihen gegeben, die dann vom Finanz⸗Minister Camphausen ausgeführt worden ist. Man klagt so viel über das Schuldenmachen. Es giebt ja ein ganz einfaches Mittel: machen Sie ein Gesetz, in dem bestimmt wird, daß alle Ueberschüsse nicht auf den Etat gebracht, sondern zur Verminderung der Anleihen verwendet werden. Zweifellos hätten die 80 Millionen auch in Deutschland begeben werden können; aber es ist bekannt, daß sich gerade damals te., Kommunen in einem finanziellen Nothstande befanden und stellen⸗ weise, wie Köln, die Reichsbank in Anspruch nehmen mußten. Es wäre durch die Auflegung der Anleihe im Innern entschieden den Ftinanzbedürfnissen der Kommunen nicht entsprochen worden. Die ausgesprochene Befürchtung, es würden die Amerikaner die 80 Millionen plötzlich herüberwerfen, kann ich nicht theilen; es ist doch nicht anzunehmen, daß die verschiedenen amerikanischen Besitzer der einzelnen Obligationen alle gleichzeitig nach Deutschland verkaufen werden. Das liegt ganz außerhalb des Bereichs der Möglichkeit. Es hat dies eine auffallende Aehnlichkeit mit der ewigen Behauptung der Ueberschwemmung Deutschlands mit aus⸗ ländischem Getreide. Man hat weiter gesagt, es wäre den armen deutschen Reichs⸗Anleihe⸗Besitzern, die an den 3 ½ % igen Papieren so viel verloren hätten, wohl zu gönnen gewesen, daß sie auch bei der 4 % igen Anleihe etwas abbekommen hätten. Das ist doch garnicht ernst zu nehmen. Denn wenn die 80 Millionen⸗Anleihe zu 4 % auf den deutschen Markt gekommen wäre, so würde für die 3 ½ % igen Papiere sicher ein großer Kurssturz entstanden sein. Daß die Finanzverwaltung sich immer an eine bestimmte Begebungsform halten solle, halte ich für falsch. Die Begebungeform muß wechseln und unter Umständen direkt das Publikum betheitligt werden. Die „Kölnische Zeitung“ hat vor einigen Wochen den Vorschlag gemacht, um den armen Besitzern von 3 % Obligationen zu Hilfe zu kommen, ihnen nachträglich 3 ¾ % zu gewahren. Kursrückgänge macht man am leichtesten durch Be⸗ schränkung der Anleihen unmöglich.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Ich bin in der seltenen Lage, mit dem Abg. Richter in allem Wesentlichen übereinstimmen zu können. Ich glaube, es sind Schmerzen über die Begebung in Amerika ledig⸗ lich bei den Barquiers vorhanden, denen der Vermittelungsgewinn für diese Anleihe entging. Schlagend hat Herr Richter ferner nach⸗ gewiesen, daß es ein böser Rückschritt wäre, wenn man die Form der Konfols verlassen und zu den verloosbaren Anleihen zurückkehren wollte. Es würde dadurch die Möglichkeit von Zinsherabsetzung und Konversion sehr erschwert werden. Ich bin überzeugt, daß auch unsere 3 % igen Konsols viel früher, als man jetzt glaubt, über Pari kommen werden. Alle Ueberschüsse des Reichs zur Deckung von An⸗ leihen zu benutzen, wie das in Preußen geschieht, ist indessen wohl für das Reich nicht praktisch. Obwohl ich ferner mit dem Abg. Richter die Begebung der Anleihe nach Amerika durchaus für nützli halte, halte ich die Meinung doch für zu weitgehend, daß wir in diesem Jahre über den Herbst leichter hinweg gekommen sind als sonst. Dazu ist die 80 Millionen⸗Anleihe doch nicht bedeutend genug, daß sie allein uns vor einer Diskonterhöhung schützte. Die Gründe dafür, daß eine folche nicht eingetreten ist, liegen in der inter⸗ nationalen Geldmarktes. Das liegt heute klar zu Tage; sonst könnte sich der Diskont garnicht so niedrig halten, wie es jetzt der Fall ist und voraus sichtlich bis zum Jahresschluß der Fall sein wird. Daß Deutschland, wie Herr Büsing sagt, auch seinerseits jene 80 Millionen aufgebracht hätte, steht fest; es hat sich eben in diesem Fall nicht um die Kapital⸗, sondern um die Goldfrage gehandelt; es galt, unsere geschwächten Goldbestände zu stärken; und bei allem prinzipiellen Dissensus muß ich mich mit der Maßregel einverstanden erklären. Die 80 Millionen werden nicht plötzlich nach Deutschland zurück⸗ kehren, aber nicht aus dem von dem Staatssekretär an⸗ geführten Grunde, weil das nur mit Verlust geschehen könnte, sondern aus den Gründen, die der Abg. Richter dar⸗ legte. Unsere Haute⸗Finance hat sich außerordentlich übernommen, sie hat die deutschen Mittel in übergroßem Maßstabe im Aus⸗ lande festgelegt; nun ist die Ehbe eingetreten. Dazu kommt die schlechte Handelsbilanz. Wenn nun auch diese 80 Millionen nur ein ganz geringer Posten sind, so spielen sie doch in dieser Gestaltung der Dinge eine gewisse Rolle. Herr Richter hat auch schon darauf hin⸗ gewiesen, wie diese Summe schon wegen ihrer Geringfügigkeit keines⸗ wegs den durch den Kursrückgang geschädigten Inhabern der 3 % Konsols einen Ausgleich hätte bieten können. Die Begebung in Amerika war auch deshalb sehr dankenswerth, weil die Re⸗ gierung dabei das Prinzip der Anleihen ganz verlassen hat. Der Schatzsekretär hat mit Recht auf die künftige Handels⸗ bilanz hingewiesen. Möchte er seinen Einfluß aufbieten, daß wir ebenfalls eine solche günstige Handelsbilanz bekommen. Wenn die Aenderung des Währungksgesetzes in Amerika eine Erhöhung des Geldumlaufs um 400 Millionen Dollars zur Folge gehabt hat, so kann ich auch hier nur wünschen, daß er solche Bestrebungen auf eine Förderung des Geldumlaufs dei uns unterstützen wird. Im übrigen halte ich die Begebung der 80 Millionen in Amerika im Interesse der Staatsfinanzen und der Volkswirthschaft für durchaus richtig. Leider haben wir aber heute keinen selbständigen deutschen Geldmarkt mehr. Wir sind von dem internationalen Geldmarkt abhängig. Es ist gut, daß durch die Begebung der 80⸗Millionen⸗Anleihe in
Amerika die Goldbestände der Reichsbank etwas aufgebessert worden
sind. Hoffentlich führt die Zinsdifferenz zwischen Frankreich und Deutschland das französische Publikum dazu, sich wieder den deutschen Staatswerthen zuzuwenden wie vor 1870. Die herzliche Aufnahme des Präsidenten Krüger hat bei uns einen weiten Widerball gefunden. Mögen die gemeinsamen Sympathien und Antipathien dazu bei⸗ tragen, den alten Groll Frankreichs zu beseitigen und die natürliche wirthschaftliche Verbindung zwischen beiden Ländern ihre Auferstehung feiern zu lassen, zum Nutzen Deutschlands, aber auch Frankreichs. Wir werden jede Maßregel unterstützen, welche die Goldbestände der Reichsbank vermehren kann. Präsident des Reichsbank⸗Direktoriums Dr. Koch: Meine Herren! Die ausführliche vorangegangene Diskussion hat die Frage der Placierung der Anleihe von 80 Millionen in Amerika behandelt und die nähere Frage des Verhältnisses des Geldmarkts und der Reichsbank. Zwar sind ja auch diese Verhältnisse von dem Herrn Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts neben den aus der Finanz⸗ wirthschaft des Reichs entnommenen Gründen und von mehreren Herren Abgeordneten, namentlich den Herren Richter und Dr. Arendt, aus⸗ führlich beleuchtet worden, sodaß mir dadurch das Meiste schon vorweg genommen ist. Dessen ungeachtet mögen Sie gestatten, Einiges hinzu⸗ zufügen. Die Reichsbank war bei dieser ganzen Maßregel nur aus⸗ führende Instanz, sie konnte als Reichsbank nicht dem Reichs⸗ Schatzamt die Mitwirkung versagen. Ich will auch garnicht Anstand nehmen, anzuerkennen, daß die Reichsbank die Maßregel im vollsten Maße gebilligt hat. Die Verhältnisse waren in der That dazu an⸗ ethan; es war in der ganzen ersten Hälfte des Jabres noch ziemlich 6 die Bedürfnisse der Industrie und des Handels zu übersehen. Infolge dessen war die Durchschnittsanlage der Reichsbank, die sich wesentlich aus Industrie und Handel durch Wechsel und Lombard 2 sammensetzt, vom 1. Januar bis 30. September, dem stärksten Termin, noch 28 Millionen höher als im vergangenen Jahre 1899. Es hatien Wechselankäufe bis dahin stattgefunden: seit dem 1. Januar 5872 ½ Millionen, 1899 nur für 5718 Millionen. Das ist also eine Steigerung von 2,70 %, selbst in diesem Jahre, Zegen das voran⸗ egangene, das zu einem hohen Zinssatz bis zu 7 % geführt hat. aneden herrschte eine fast unverminderte Emissionsthätigkeit. Es ü- vom 1. Januar bis 1. Oktober für ca. 1948 Millionen Mark ier an der Berliner Börse emittiert. So war es nun auch mit der Anleihe vom 7. tember. Das Geschäft wurde Mitte
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September abgeschlossen. Es
war anzunehmen mit Rücksicht auf den sehr gesteigerten Herbstbedarf, den auch der Herr Abg. Büsing vorhin betonte, daß bis zum 30. September noch eine sehr bedeutende Steigerung eintreten würde, die nachträglich auch ungeachtet des Geschäfts eingetreten ist. Die Anlage ist gestiegen um 152 Millionen, das Metall hat sich um 108 Millionen vermindert. Es hat sich eine Ueberschreitung der Notengrenze um 192 Millionen ergeben. Damit im Zusammenhang stand nun eine recht bedrohliche Steigerung für Wechsel. Wir baben das ganze Jahr üher mit ungünstigen Kursen des Auslandes zu kämpsen gehabt, hauptsächlich durch die Pariser Weltausftellung, die viel Gold ins Ausland entführte, und durch den Transvaalkrieg. Der Wechselkurs in London war zu einer solchen Höhe gelangt, daß er die Ausfuhr von Gold nach England geradezu begünstigte. Unter diesen Umständen konnte es räthlich erscheinen, das bekannte Mittel anzuwenden, um das Gold im Inland etwas festzuhalten und die Einfuhr zu begünstigen, wenn man eine Anleihe im Ausland auf⸗ nahm. Das ist ja das Mittel, was vielfach früher empfohlen worden ist; es ist eigentlich das einzige, um erhebliche Bestände an Gold hereinzubringen, sonst sind die Mittel, abgesehen von der Handels⸗ bilanz, nicht erhebliche — es könnte räthlich erscheinen, im Geld⸗ markte das Gold im großen Verkehr zu schonen, wie den Gold⸗ bestand der Reichsbank, der wesentlich heruntergegangen war. Wir haben das Mittel angewandt, um die Goldbestände etwas zu halten bei einem Diskont von 5 ½ % — allerdings weniger als im vorigen Jahre, aber immerhin 5 ½ %. Auf diese Weise war es gelungen, den bisherigen Stand zu erhalten. Nachher hat das Abkommen einen erheblichen Posten von ausländischem Golde hereingeführt. Die Valuta des Abkommens konnte nicht allein in effektivem Golde bestehen, sondern sie bestand auch in der Begründung eines Guthabens im Auslande, z. B. in Wechselfonds. Dieses Gut⸗ haben ist jitzt fast gleichbedeutend mit Goldbestand. Wir sind namentlich auch mit dem Bestande in der Lage gewesen, von den Wechseln, die wir hatten, etwas zu verkaufen und dadurch den früher hohen Wechselkurs etwas zu drücken. Wir haben jetzt noch ein sehr bedeutendes und ausgiebiges Geschäft im Auslande, das sich nicht unterschätzen läßt und sich in ähnlicher Richtung immer verwenden läßt. Inzwischen hat nach den Vorgängen ein sehr bedeutendes Nachlassen der Ansprüche in Handel und Industrie statt⸗ gefunden. Ich glaube, daß dies wesentlich der Grund gewesen ist, im Zusammenhange mit dem Abkommen, den Diskont in diesem Sommer erheblich niedriger zu halten. Dadurch werden meines Erachtens auch die Ausführungen des Herrn Abg. Arendt widerlegt, daß die Verhält⸗ nisse des internationalen Geldmarktes früber den Diskont gesteigert hätten und ihn später auch wieder steigern würden. Ich glaube, es wird im wesentlichen der Aufschwung von Handel und Industrie daran schuld sein. Ich stimme durchaus den Ausführungen des „Economiste frangais“ über das vorige Jahr zu, der als Ursache angiebt: wegen der viel⸗ fachen Mobilisation und der fortwährend gesteigerten Ansprüche! Nun ist ja jetzt, nachdem die Ansprüche von Fhndesf und Industrie zurückgegangen sind, das Geld billiger geworden. Daß das auch zu⸗ sammentrifft mit der internationalen Bewegung, das will ich gar⸗ nicht leugnen; es sind verschiedene Umstände, die dieses Resultat herbeigeführt haben. Aber obgleich die Goldproduktion in Transvaal gehemmt worden ist, obgleich der früher so große Import von Gold hierher etwas zurückgegangen ist, ist trotzdem eine Verbilligung des Goldes bei uns eingetreten. Das zeigt doch, daß noch andere Gründe wesentlich mitspielen. Ich will auf diesen Punkt nicht weiter eingehen. Der jetzige Zustand ist recht befriedigend: es hat in den letzten Wochen ein sehr bedeutender Rückstrom seit dem Monat Sep⸗
tember, wo die Situation eine gespannte war, stattgefunden, die An⸗
lagen sind zurückgegangen seit dem 30. September um etwa 140 Millionen, sie sind gegen den 30. September v. J. gestiegen, der Goldbestand ist ebenfalls gestiegen, und zwar nicht unerbeblich. Es wurde gesagt, wir gingen mit der Reserve zurück. Unsere Reserve hat sich aber seit November v. J. um 66 Millionen und seit 30. Sep⸗ tember um 306 Millionen Mark vermehrt. Ich glaube, dieser Zu⸗ stand ist ein befriedigender, und zwar hat das Abkommen dazu, wenn nicht sehr erheblich, so doch etwas beigetragen. Denn schließlich können auch bei der Diskontfrage 80 Millionen Mark immerhin eine gewisse Rolle spielen, wenn sie dem Geldmarkte ent⸗ zogen werden. Es ist zuletzt eine kleine Bewegung, die den Stein ins Rollen bringt. Ich will hoffen, daß wir den verhältnißmäßig nicht zu hohen Zinsfuß behalten. Nun ist noch die Befürchtung auegesprochen worden, daß die Vortheile des Abkommens da⸗ durch illusorisch gemacht werden könnten, daß die Papiere von Amerika wieder zu uns zurückkommen und das Gold, das durch die Valuta hereingekommen ist, wieder abgezogen werden könnte. Ich glaube nicht, das besorgen zu müssen. Nach den Erfahrungen, die bisher in Amerika gemacht worden sind, befindet sich ein großer Theil dort in festen Händen, bei Versicherungsanstalten und ähnlichen Instituten, die darin eine gute Anlage gefunden haben. Hier an der Berliner Börse sind allerhöchstens ½ Millionen gehandelt. Daß sich ein Markt dafür nicht verwahren laͤßt, ist schon erwähnt. Ich wieder⸗ hole, daß sich die Reichsbank dem Urtbeile anschließen kann und muß, daß das Abkommen an sich ein räthliches und in seinen Folgen nütz⸗ liches gewesen ist. 1
Abg. Dr. von Siemens (fr. Bgg. — kehrt der Journalistentribüne den Rücken zu und ist deshalb nicht in allen Theilen seiner Rede verständlich): Man hat behauptet, die Begebung der Anleihe in Amerika sei ein Akt der Nothwendigkeit gewesen. Ich meine, es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß es der Regierung möglich gewesen wäre, die 80 Millionen im Inlande zu begeben; an dem Kredit des Landes kann man meines Dafürhaltens überhaupt nicht zweifeln. Ich halte es für nützlich, das ausdrücklich zu konstatieren, weil sich an d * Operation eine ganze Reihe von Kritiken im Aus⸗ lande geknüpft hat, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Wenn der Abg. Richter gesagt hat, der Widerspruch des Herrn Büsing er⸗ kläre sich aus der allgemeinen Banquierwuth, daß ihnen ein solches Geschäft entgangen sei, so muß ich sagen, daß das Gefühl, welches entstanden ist, durch etwas ganz Anderes veranlaßt war. Ein solches Gefühl ist allerdings in der ganzen Presse bemerkbar gewesen, aber warum? Weil man sich sagte, daß es dem Kredit des Landes nicht dienlich sei, daß man sich ohne irgend welche Angabe von Gründen an das Ausland gewendet hat. Und warum hat diese Sache im Auslande solches Erstaunen erregt? An sich ist es eine ganz selbstverständliche und natürliche Sache, daß jeder Staat seine Papiere auf dem besten Markt zu verkaufen sucht. Kein Land der Welt hat sich je gescheut, seine Papiere einem fremden Lande zu geben. Oesterreich sucht seinen Schwerpunkt draußen, ebenso Italien, Rußland, jetzt sogar England. Warum ist es nun in Deutschland aufgefallen? Es hat sich ein gewisser Zwiespalt in unserer Finanzverwaltung in den letzten Jahren gezeigt. Man hat nun in Deutschland, namentlich in Preußen, in den letzten Jahren ganz besonderen Werth darauf gelegt, die Papiere im Inlande zu placieren, und nicht allzu viel ul⸗ den im Ausland zu machen. an ist den Weg gegangen, daß man durch die Konvertierungen, die in Preußen stattgefunden haben, indem man eine, meines Dafürhaltens vorübergehende, Konjunktur benutzte, den inneren Besitz des Landes unsicher gemacht hat. Das hat zur Folge gehabt, daß ein Theil der Leute, die Konsols besaßen, sie nicht mehr mit 3 % nehmen konnten, sondern daß sie ihr Geld theils in ausländischen Werthen angelegt haben, theils sich der Industrie zugewendet haben, und ich glaube, daß ein wesentlicher Theil der übertriebenen Entwickelun der Industrie mit zuzuschreiben ist der Bewegung die durch diese Konvertierung entstanden ist. Auch die Landwirthschaft hat darunter gelitten, indem diese Bewegung den Bevölkerungszug aus dem Osten in die Industrie des Westens, vom Land in die Stadt beförderte. Unter diesen Umständen wird man sich nicht wundern, wenn man im Auslande stutzig wurde. Während in Preußen der 8 herab⸗ gesetzt wird, kommt auf einmal die Reichs⸗Verwaltung und sagt: ich werde jtzt ein 4 %iges Papier begeben und dieses Ausland zmu placieren suchen. Der Abg. Fritzen konnte mit Recht den Satz auf⸗ stellen: Entweder man geht in der Richtung der Konvertterung wetiter
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