1900 / 296 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Dec 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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politische Lage der Dinge in Süd⸗Afrika die weitere Ausführung der Bestellung bis auf weiteres zu inhibieren. Wir geben uns der Hoff⸗ nung hin, daß die Rheinische Maschinen⸗ und Metallwaarenfabrik in ganz der gleichen und loyalen Weise, wie das seitens der Firma Krupp geschehen, dem Ansuchen des Herrn Reichskanzlers entsprechen wird. Herr Dr. Hasse ist in seinen Ausführungen sodann auf die Aus⸗ weisungen zurückgekommen und hat mit den Worten irgend eines englischen Offiziers: Only a German! eine Andeutung gemacht, die das wiederholte, was er bei der Berathung der China⸗Vorlage sagte: daß von Reichswegen ein genügender Schutz den aus Transvaal aus⸗ gewiesenen Deutschen nicht zu theil geworden sei. Zunächst bemerke ich, daß in meinen neulichen Aeußerungen irgend eine Vertheidigung der englischen Haltung in keiner Weise enthalten war; mir scheint, daß in vielen Fällen die Ausweisung nicht gerechtfertigt war, auch die Art und Weise der Ausführung den bisherigen bölkerrechtlichen Prinzipien in vielen Punkten widersprochen hat. (Hört! hört!) Wir haben diese unsere Ansicht auch in London nachdrücklich kund⸗ gegeben. Andererseits möchte ich im Interesse der mir unterstellten Beamten vollkommen aufrecht erhalten, daß dieselben unter den schwierigen Verhältnissen, in denen sie wirkten, ihre Schuldigkeit im weitesten Umfange gethan haben. Unter schwierigen Verhältnissen besonders nach zwei Richtungen hin. Zunächst nach der Seite der englischen Verwaltung. Sie, die Sie vielleicht an einem unserer Kriege theilgenommen haben, werden wissen, wie wenig occupierende militärische Behörden geneigt sind, den Ein⸗

wirkungen der Vertreter der zivilen Macht des occupierten Gebiets

nachzugeben; und Sie werden verstehen, wie schwer es den Konsuln unter diesen Verhältnissen hat werden müssen, sich und ihre Anträge da zur Geltung zu bringen, wo ihnen der legale Boden ihrer amt⸗ ichen Thätigkeit durch die Thatsache der fremden Occupation selbst entzogen ist. Es ist nur dem außerordentlichen Takt der Konsuln zu danken, daß allmählich die englischen Behörden sich daran gewöhnt haben, die konsularischen Reklamationen zu beachten.

Sodann nach der zweiten Richtung hin, bezüglich der eigenen eutschen Eingesessenen des Amtsbezirks. Herr Dr. Hasse proklamierte orhin den Satz: erfülle die Pflicht jedes deutschen Reichsbürgers! Ist im Einklang damit überall gehandelt worden? Der Krieg st ausgebrochen, das Deutsche Reich hat seine Neutralität roklamiert, die Konsuln haben dies sofort veröffentlicht und ie deutschen Reichsangehörigen aufgefordert, sich danach zu richten.

Dessen ungeachtet hat sich eine große Zahl deutscher Reichsbürger den

Burenkommandos ohne weiteres angeschlossen, und nachdem sie das ethan, nachdem sie zurückgekommen sind in ihre Wohnplätze, haben es als eine natürliche Pflicht desselben Konsuls, dessen Gebot sie mißachtet hatten, angesehen, daß er bei den englischen Behörden für e einträte. Es ist überhaupt in diesem Kriege die Wahrnehmung u machen, daß viele deutsche Reichsangehörige sich der Schwere ines Krieges von vornherein doch nicht völlig bewußt gewesen sind, amentlich daß sie nicht beachtet haben, daß einerseits unter den Waffen ie Gesetze schwieriger, daß andererseits der Krieg „ein roh und ge⸗ waltsam Handwerk“ ist. Ein Anderes hat sich bethätigt bei einem weiten Theil der dort wohnenden Deutschen: sie hatten entweder unter Beibehaltung der deutschen Reichsangehörigkeit oder unter Auf⸗ abe derselben die Staatsangehörigkeit der südafrikanischen oder der Oranje⸗Republik angenommen; als sie nachher die Folgen davon zu püren hatten, haben sie sich ihrer zweiten oder früheren deutschen Reichsangehörigkeit erinnert und sich an unsere Konsuln mit dem nter diesen Umständen nicht leicht erfüllbaren Antrage gewendet, hnen zu helfen.

Wie weit aber überhaupt eigenartige Anforderungen an Konsuln rgangen sind, dafür bloß zwei Beispiele: Ein deutscher Offizier eitet zwischen Burenvorposten und englischen Vorposten hin und her

und ist sehr erstaunt, als er plötzlich von den Engländern gefangen genommen wird. Er nimmt dann die Konsulate und das Auswärtige Amt in Anspruch, Telegramme werden hin und her gewechselt, und während der Offizier sich in der Gefangenschaft befindet und dort noch ganz leidlich behandelt wird, veröffentlicht er sein Tagebuch in deutschen Blättern, aus dem hervorgeht, daß er dem Kriegsrath der Buren⸗Generale angewohnt und die Buren mit militärischem Rath versehen hat. Das zweite Beispiel: Kriegsgefangene in Ceylon be⸗ schwerten sich bei dem dortigen Konsulat darüber, daß im Lager nicht genügender Wechsel in den Speisen gegeben sei.

Ich führe das alles an als eine Art Warnung für die Deutschen

hiimm Auslande, in ähnlichen Fällen in Zukunft etwas vorsichtiger zu „werfahren (sehr gut!), damit sie im Privatleben thun, was der Herr

Reichskanzler vorgestern für das Staatsleben als geboten andeutete, nämlich, daß man nicht den Finger zwischen Thür und Angel klemme, daß man nicht für Andere die Kastanien aus dem Feuer holen und sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten mischen solle. Denn, wenn das geschieht, ist die natürliche Folge die, daß man den Dank von keiner der beiden Parteien hat.

Der Herr Abg. Hasse hat ja vorhin schon hervorgehoben, daß eutschland für eine etwaige Hilfe gegenüber den Buren einen Dank icht zu fordern habe, aber bemerkt, daß vielleicht der Einzelne ein

Recht auf solchen Dank hätte, welcher an dem Burenkrieg theil⸗ enommen hat. Aber auch in dieser Beziehung haben die Deutschen, 1 ie in Transvaal mitgefochten haben, ein großes Glück nicht gehabt. Mirr liegt der Brief eines Deutschen aus Süd⸗Afrika vor, welcher dort an den Verhältnissen der letzten Jahre mitgewirkt hat, und der wiederholt das Interesse für die Burensache schriftlich und mündlich ier in Anspruch genommen hat. Dieser schreibt aus Lourengo Marques in einem Briefe an eine Verwandte: „Alle, ich nicht ausgeschlossen, befinden sich in größter Noth. Viele sind darunter, die zu Krüppeln geschossen oder vom Fieber angegriffen sind. Niemand hat auch nur einen Heller erhalten und doch wurde den Leuten versprochen, sie zu bezahlen. Jetzt, nachdem die Pflicht gethan ist, wird gesagt: wir brauchen Euch nicht mehr (hört! hört!), wir haben Euch ja garnicht gerufen (hört! hört!). Es ist einfach abscheulich!“ Sie sehen, daß da der Dank auch von den Einzelnen nicht ein⸗ kassiert ist. Darüber kommt man mit freundwilligem Gedenken an Steammesbrüderschaft und Niederdeutschthum auch nicht hinweg, ein

do Bedenken, welches das möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen

zptrelich viel mehr von deutscher als von burischer Seite betont worden ist. Saerea. weradent Krüger hat auf deutschem Boden, soweit ich aus den Zeitunggnachricngten habe entnehmen können, die Stammesbrüderschaft mit uns nur g einmal erwähnt und dann sogleich

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Nun möchte ich auf den indireckten Spezialvorwurf kommen, den der Herr Abg. Hasse auch dieses Mal wieder gegen die Konsuln ge⸗ richtet hat, und der schließlich im Hinblick auf das Wort des eng⸗ lischen Offiziers: „Only a German!“ darin gipfelte, daß die Deutschen in Transvaal viel schlechter behandelt worden seien als die Angehörigen anderer Nationen. Der Hauptvorwurf richtet sich wohl gegen den Konsul in Johannesburg, welcher angeblich nicht genügend aktiv ge⸗ wesen sein soll bei Gelegenheit der Massenausweisungen aus dieser Stadt. Die Massenausweisung hat am 13. Juli Abends statt⸗ gefunden; am 14. Juli früh hat der Konsul Nachricht erhalten, er hat sich sofort ins Gefängniß begeben, viele der Leute vernommen und alle Ermittelungen angestellt, damit die Bürgschaft, welche der Konsul übernehmen sollte, daß die Leute einwandsfrei und mit genügenden Existenzmitteln versehen seien, in möglichst vielen Fällen von ihm gegeben werden konnte. Am 15. Juli bekam er die Nachricht, daß der ganze Transport Nachmittags 2 Uhr abzugehen habe. Es haben ihm also nur 30 Stunden zu Gebote gestanden mit einem geringen Personal, und wenn Sie das in Betracht ziehen, werden Sie die Leistung des Konsuls nach den Ziffern, die ich Ihnen mittheilen werde, als besonders befriedigend betrachten.

Diese Ziffern sind folgende: Es sind freigegeben worden von 46 damals verhafteten Deutschen 26. Ferner hatte der Konsul Oester⸗ reich⸗Ungarn, Schweiz und Italien zu vertreten. Von 73 verhafteten Oesterreichern und Ungaren hat er 12 frei bekommen, von 2 Schweizern 1, von 75 Italienern 20, im Ganzen von 196 Festgenommenen 59. Auf Veranlassung des französischen Konsuls waren von 6 verhafteten Franzosen 4, von 80 Russen 4, von 15 Griechen 5 freigelassen, im Ganzen von 101 Verhafteten 13. Auf Veranlassung des Konsuls der Vereinigten Staaten von Amerika wurden von 8 Verhafteten 2 freigelassen. Von 12 Niederländern wurde keiner freigelassen, weil der niederländische Konsul von der Milifär⸗ behörde nicht rechtzritig benachrichtigt wurde. Abgesehen von dieser danach nicht in Betracht kommenden Ziffer, sind durch die Bemühung des deutschen Konsuls freigekommen 56 % der verhafteten Deutschen, 30 % aller seiner Schutzbefohlenen, durch die des französischen 12 und des Konsuls der Vereinigten Staaten 25 %.

Ich glaube, daß ich damit schließen kann und damit bewiesen habe, daß dieser Kaiserliche Beamte voll seine Pflicht gethan hat; dasselbe gilt von allen seinen Kollegen in Pretoria, Kapstadt, East⸗ London, Lourengo Marquez und Vlissingen, gegen die in den Zeitungen gleichfalls ungerechtfertigte Vorwürfe erhoben worden sind. (Bravpo.)

Abg. Bebel (Soz.) führt aus, weder er noch der Abg. Hasse hätten dem Deutschen Reich zugemuthet, den Finger zwischen Thür und Angel zu legen, fremden Leuten die Kaͤstanien aus dem Feuer holen zu sollen; von einer Intervention sei keine Rede ge⸗ wesen, denn sie hätte auch nach seiner Meinung für die deutschen Interessen verhängnißvoll sein müssen. Der Reichskanzler habe heute weitere Mittheilungen gemacht: die Nachricht, daß der Präsident Krüger nach Berlin kommen wolle, sei hier ganz überraschend gekommen; man habe ihm mitgetheilt, daß der Deutsche Kaiser ihn für jetzt nicht empfangen könne; gleichwohl sei Krüger nach Köln gekommen, und da habe man ihm eröffnet, daß er für jetzt nicht empfangen werden könnte. Er (Redner) frage, ob aus diesem „füͤr jetzt“ zu schließen sei, daß der Präsident Krüger in Zukunft während seines Aufenthalts in Europa werde empfangen werden; habe man ihm gesagt, g man ihm für irgend welche Zukunft gern zur Verfügung stehen werde? Man habe ihm eine solche Andeutung nicht gemacht, er habe die Antwort als pure Ablehnung empfinden müssen, das deutsche Volk habe dieselbe Empfindung gehabt, und daher die Aufregung über diese Abweisung. Man könne den Eindruck nicht wegwischen, daß gewisse Konnivenzen gegen England es veranlaßt hätten, daß man Krüger in Berlin nicht empfing. Nach weiteren Ausführungen über diese Frage und Entgegnungen auf Aeußerungen der Abgg. von Kardorff und Graf von Schwerin kommt der Redner wieder auf die 12 000 Mark⸗ Angelegenheit zu sprechen, deren Einzelheiten er eingehend rekapituliert. Die Agitation, die man mit den 12 000 Mark⸗Flugschriften getrieben, sei der letzte verzweifelte Versuch gewesen, das Buchthausgefetz⸗ zu retten, und da dieses Gesetz einem Herzenswunsch des Kaisers ent⸗ sprochen, habe es Graf Posadowsky für seine vornehmste Aufgabe gehalten, für dieses Gesetz zu wirken.

Präsident Graf von Ballestrem: Ich bitte, die Person des Kaisers nicht in dieser Weise in die Debatte zu ziehen.

Abg. Bebel: Die betreffenden Kaiserreden haben im „Reichs⸗ Anzeiger“ gestanden.

Präsident Graf von Ballestrem: Die Art und Weise, wie die Heranziehung erfolgte, war nicht zulässig.

Abg. Bebel sucht dann fortfahrend auseinanderzusetzen, daß die gestern von dem Staatssekretär gezogene Parallele zwischen dem so⸗

enannten „Zuchthausgesetz“ und dem von dem französischen Handels⸗

Kinister Millerand ausgearbeiteten Gesetzentwurf über die obliga⸗ torischen Schiedsgerichte und die Strikeregelung unzutreffend sei, da das französische Gesetz auch die Strikepflicht vorsehe; daß ferner das Reichsamt des Innern doch vom Zentralverband deutscher Industrieller abhängig sei, da auf den Generalversammlungen des Verbandes die Regierungsvertreter als Delegirte erschienen und die Novellen zu den Arbeiterversicherungsgesetzen auf das Betreiben des Zentralverbandes verzögert worden seien; daß das Reichsamt des Innern getheilt werden müsse, wenn die Arbeiten zu groß seien, viel⸗ leicht in der Weise, daß die gesammte Arbeiterversicherung abgezweigt und das Reichs⸗Versicherungsamt selbständig gemacht werde. Daß der Staatssekretär das Schreiben des Vorsitzenden der Sceberufsgenossen⸗ schaften, die Unfallverhütung betreffend, nicht mit Entrüstung auf⸗ genommen, sondern gewissermaßen entschuldigt habe, zeige das Kapitalistenberz des Staatssekretärs in seiner wahren Gestalt. Wie habe es Herr Laeisz wagen können, seinen Kollegen ein solches schamloses Schreiben vorzulegen? Er müsse seine Kollegen doch recht tief eingeschätzt haben. Wenn der Staatssekretär aus dem kapitaltsti⸗ schen Ideenkreise nicht heraus könne, so möge ihm dies zur Ent⸗ schuldigung gereichen, aber dann möge er nicht länger von seiner Un⸗ parteilichkeit reden. Auf die Koblendebatte zurückkommend führt Redner aus, daß auch der preußische Handels⸗Minister Brefeld die Arbeiterfreundlichkeit vermissen lasse, wie die von ihm für die siskalischen Kohlengruben erlassene Arbeitsordnung, aus der Redner verschiedene Bestimmungen verliest, beweise. In dem berüchtigten Telegramm des Schiffsrheders Schiff in Els⸗ fleth: „Schiff verloren, Mannschaft leider gerettet!“ suche man jetzt das Wort „leider“ auf einen Flüchtigkeitsfehler zurückzuführen, was lächerlich sei. Dem Kriegs⸗Minister gegenüber legt Redner ent⸗ schieden Verwahrung dagegen ein, 9 er (Redner) zunächst Gerüchte im „Vorwärts“ veröffentlichte, um sie dann seinen Reichstagsreden zu Grunde zu legen. Der Kriegs⸗Minister sollte ihm dankbar sein, daß er ihm Gelegenheit zu einer Richtigstellung gegeben habe. Daß er beim Militär⸗Etat Beschwerden vorbringe oder Anfragen stelle, sei seine Pflicht als Abgeordneter.

Se des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Wenn mir in meiner Stellung das Recht zu einer persönlichen Bemerkung zustände, würde ich wohl das Wort nicht mehr ergriffen haben. Aber auf zwei Aeußerungen des Herrn Vorredners muß ich antworten. Er hat zunächst wieder den Raab⸗ schen Brief, das heißt den Brief, den der Herr Abg. Raab hier im

hat, erwähnt und

hauptet, ich hätte diesen Brief entschuldigt. Wer mein Stenogramm nachliest, wird finden, daß diese Behauptung unrichtig ist. Ich habe diesen Brief als äußerst bedauerlich, als sehr bedenklich bezeichnet und, meine Herren, wenn ich mich über einen Verstorbenen, der in diesem Falle gewiß schwer gefehlt, der aber sonst die größte bürgerliche Achtung in seiner Vaterstadt genossen hat, vorsichtig auz. gedrückt habe, so glaube ich, habe ich damit einen Akt der Pietät gegen seine Hinterbliebenen erfüllt. (Bravo! rechts. Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wenn ich ferner die Männer, die unter einem praktischen Vorschlag einfach ihre Einwilligung erklärten, nicht sofort verurtheilt habe, weil sie nicht protestierten gegen die übrigen Be⸗ merkungen des Schreibens, so habe ich mich, glaube ich, in einer durchaus angemessenen Weise zurückgehalten. Das Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt ist und bleibt die Aussichtsinstanz, und wenn ich in einem anderen Falle der Aufsichtsinstanz des Reichs⸗Versicherungsamts vor⸗ greifen würde, so würden die Herren von der Sozialdemokratie mit vollem Recht dagegen entschieden Widerspruch erheben.

Ebenso ist mir heute wieder von dem Herrn Abg. Bebel ich habe ihn so verstanden geradezu ein Vorwurf daraus gemacht worden, daß ich mich nicht über Herrn Schiff entrüstet habe. Ich kann dem Herrn Abg. Bebel auf Ehre und Gewissen versichern, daß ich den Fall Schiff, der sich ereignet hat, ehe ich in das Amt eintrat, überhaupt erst kennen gelernt ebenso wie den Namen des Herrn Schiff aus der Broschüre des Herrn Abg. Raab „Die Nothflagge weht“. Ich habe daraus auch ersehen, daß ich einmal bei einer Versammlung neben Herrn Schiff gesessen haben soll. Ich konnte mich aber weder des Namens des Herrn noch seiner Persönlichkeit auch nur im ent⸗ ferntesten erinnern. Der von Herrn Bebel berührte Vorgang selbst ist bestritten; aber das kann ich Herrn Bebel ohne weiteres zugestehen: wenn die Thatsache richtig wäre, theilte ich seine Auffassung über dieselbe in allen Punkten.

Im übrigen, meine Herren, muß ich dringend bitten, mich doch nicht verantwortlich zu machen für Dinge, die sich vor meiner Ver⸗ waltung zugetragen haben. Ich bin weder verantwortlich, ob mein Herr Amtsvorgänger mit seinen Räthen bei dem Zentralverband der Industriellen gewesen, noch ob er nicht dagewesen ist. Ich kann nur das verantworten, was innerhalb meiner Amtsverwaltung ge⸗ schehen ist.

Wenn der Herr Abg. Bebel schließlich gesagt hat, ich wäre in meiner Auffassung durch den Verkehr mit Kapitalisten schon so verwirrt, daß ich nicht mehr das sozialpolitisch Richtige erkennen könnte, so weiß ich nicht, ob im Bundesrath und in meinem Amt sehr viel Kapitalisten sind, aber im übrigen glaube ich, verkehrt niemand mit den Kreisen, die man vorzogsweise als kapitalistisch be⸗ zeichnet, weniger wie ich. (Zuruf links.)

Nach weiteren mehr persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Sattler, Richter und Dr. Hasse wird die Sitzung gegen 7 Uhr geschlossen. Nächste Sitzung Donnerstag, 12 Uhr. (Fortsetzung der ersten Lesung des Etats.)

Verdingungen im Auslande.

Rußland. Nach einer Mittheilung der „St Petersburger Zeitung“ wird

V seitens des rufsischen Ministeriums für Verkehrswesen beabsichtigt, die

Güterzüge der Staatsbahnen Anfang n. J. ab mit Schnellzugs⸗ maschinen zu versehen. Es wird hinzugefügt, daß die russischen Fabriken allein kaum den ganzen Bedarf werden decken können. DOhne Datum. Die Staͤdtverwaltung von Kertsch (Provinz Venikale) beabsichtigt, eine Konzession zum Bau und Betrieb einer elektrischen Bahn zu ertheilen. Näheres bei der Handelsbank Asow⸗ Don in Kertsch. Italien.

Ohne Datum. Mittelmeerbahnen: Legung eines zweiten Schienen⸗

geleises zwischen Pisa und Colle Salvetti. Anschlag 1 400 000 Fr. Niederlande.

5. Januar 1901. Direktor der Noordooster Lokaalspoorweg Maatschappij, in Zwolle, Badhuiswal 41: Lieferung von tannenen Eisenbahnschwellen, stählernen Verbindungsplatten, Schienenklammern, Schraubenbolzen, stählernen federnden Platten. Näheres bet oben⸗ genannter Verwaltung.

11. Januar, 1 Uhr. Desgl.: Lieferung von 7000 t Stahl⸗ schienen und 300 t Schienenlaschen aus Stahl.

Belgien.

20. Dezember, Mittags. Gouvernement provincial in Lüttich: Lieferung von Würfelkohlen für 1901. Angebote bis spätestens zum 17. Dezember.

21. Dezember, Mittags. Hospices Civils in Namur: Lieferung von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen für die gesammte Ver⸗ waltung für das Jahr 1901. 14 Loose.

21. Dezember, 10 Uhr. Gouvernement provincial in Brüssel: Neupflasterung der Straßen von Tirlemont nach Diest und von Tirlemont nach Winghe St. Georges. 64 459 Fr. Kaution 2900 Fr. Angebote bis 17. Dezember.

28. Dezember, 11 Uhr. Ebenda: Unterhaltung der Staatsstraßen von Brüssel und Umgegend während dreier Jabre. 2 Loose. 71 150 Fr. bezw. 68 833 Fr. für das Jahr. Kautionen 3600 Fr. bezw. 3500 Fr. Dagl kahtenbest Nr. 154 ist für 1 Fr. in Brüssel, Rue des Augustins 15, er ich.

28. Dezember, 11 Uhr. Ebenda: Unterhaltung der Staatsstraßen in der Provinz Brabant während dreier Jahre. 18 Loose. Das Lastenbeft Nr. 149 ist für 2,70 Fr. wie vorstehend erhältlich.

23. Januar, 11 Ubr. Société Nationale des chemins de fer vicinaux 14, rue de la Science in Brüssel: Bau der Strecke von Tillv nach Chastre (Linte Courcelles Incourt) 282 638 Fr. Kaution 28 000 Fr. Das Lastenheft und die Pläne können bei der Gesellschaft und bei dem Provinzial⸗Ingenieur Dartevelde, in Saint⸗Gilles bei Brüssel, Rue de Turqaie 18, vom 9. Januar ab eingesehen werden. Angebote bis spätestens zum 22. Januar.

Rumänien.

23. Januar 1901. Kommunal⸗Verwaltung von Ploesti: Anlage und Betrieb einer elektrischen Bahn. Konzessionsdauer 30 Jahre. Vorläufige Kaution 50 000 Fr.

Brasilien.

Die Regierung ist ermächtigt worden, Beihilfen von 10 Contos de Reis für den Kilometer zum Bau einer Schmalspurbahn (60 Centi⸗ meter Zwischenraum) zu gewähren, die von Franca aus über Patroecinio de Sapucaly bis an die Grenze des Staats Minas⸗Geraes in der Nähe der Ortschaft S. Thomas de Aquino gehen soll. Höchstbetrag der Subvention 600 Contos de Reis. Ausführungsfrist 5 Jahre.

16. Februar 1901, Mittags. Staatssekretariat für Ackerbau, 2⸗ und öffentliche Arbeiten in St. Paul: Kanalisation der Stadt

aantos. Kaution 20 000 Milreis. Näheres in der „Gaceta Com- mwercial e financeira“ Nr. 270 vom 4. November d. J. S. 8.

Egypten.

17. Dezember. Präsident des Verwaltungsraths der Steaatz⸗

eisenbahnen in Katro: Lieferung von 170 000 kg farbigen Baumwol⸗

abfällen. Muster und Lastenheft, letzteres für 10 Milliemos, etwa 2,05 ℳ, erhältlich befinden sich in den Magazinen von Ga

(Alexandrien). 2

Zweite Beilage „Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember

F. F. Kais riedrich der G 1 ndisches Ehrenbuch von Hermann Müller⸗Bohn. Historischer Verlag von Paul Kittel in Berlin SW. In Originaleinband Pr. 26 ℳ, mit Goldschnitt 8 Das vorliegende Prachtwerk ist unter der persönlichen Mitwirkung des Generals der Infanterie und General⸗ Adjutanten von Mischke, eines Vertrauten und Freundes des hochseligen Kaisers Friedrich, entstanden; daher war der Verfasser in der Lage, seiner Darstellung die neuesten und besten, zum theil bisber unbenutzten Quellen zu Grunde zu legen. Aufzeich⸗ nungen und Mittheilungen von Augenzeugen aus hohen und höchsten Kreisen sind aufs ausgiebigste verwerthet. Eine besondere Zierde des Buches bildet der überaus reiche, geschichtlich treue und vorzüglich wiedergegebene Bilderschmuck von ersten Künstlern, eine Fülle interessanter Portraits und mancherlei Faksimile⸗Beilagen. So ist ein umfassendes, gehaltvolles Werk entstanden, das in Wort und Bild mit aller Treue den Lebensweg Kaiser Friedrich's schildert. Der Inhalt ist in drei große Abschnitte oder Bücher gegliedert, welche die Aufschriften: Werdegang, Auf der Heldenbahn und Unser Fritz führen. Jedes dieser drei Bücher zerfällt wieder in eine Reihe von Kapiteln mit besonderen Ueberschriften, und da auch die Kapitel wieder die betreffenden Stichworte enthalten, so kann man den Inhalt des Werkes an dem vorgedruckten Verzeichniß Seite für Seite verfolgen. Die Kapitelüberschriften und die einzelnen Stichworte sind auch über den jedesmaligen Seiten abgedruckt, so daß man an jeder Stelle des Buches weiß, in welchem Theile man sich befindet. Ein Anhang ent⸗ hält die nöthigen Anmerkungen, wie Literatur⸗ und Quellennachweise, Erläuterungen, Hinweise, Belege und Parallelstellen. Den Schluß bildet ein Verzeichniß der 510 Abbildungen im Text, die zu den 34 Kunst⸗ beilagen in Schwarz⸗ und Farbendruck hinzukommen. Es ist ein mit strengem Fleiß und peinlicher Genauigkeit gearbeitetes Werk und dabei in einem frischen, auf den Gegenstand liebevoll eingehenden Ton geschrieben, sodaß man aus diesem Gedenkbuch in gleicher Weise Be⸗ lehrung wie Unterhaltung gewinnen kann. Das Buch gehört zu den vornehmsten Erscheinungen der diesjährigen Geschenkliteratur.

Die Halben. Ein Roman aus unserer Zeit. Von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß. Stuttgart, Verlag von Greiner u. Pfeiffer. Pr. geh. 4 ℳ, geb. 5 Dieser Roman erschien in der von dem Verfasser herausgegebenen, schnell zu Ansehen ge⸗ langten Zeitschrift „Der Türmer“ und fand den Beifall der Leser derselben. Im Rahmen einer bewegten Handlung bietet derselbe ein farbenreiches Bild aus den Kämpfen unserer Zeit, wie sie in ihren charakteristischen und typischen Erscheinungen dem geistigen Auge des Verfassers sich darstellten. Daß dabei auch religiöse, soziale und andere Probleme unserer Tage nach dichterischer Gestaltung und Lösung ringen, ergiebt sich aus der Eigenart des gewählten Stoffes. Die Eidechse. Roman von A. von Klinckowström. Stuttgart, Deutsche Verlags⸗Anstalt. Eleg. geb. Pr. 4 Diese Erzählung, deren Schauplatz das moderne Paris ist, streift die Frage des Frauenstudiums. Eine junge deutsche Dame widmet sich in Paris dem Studium der Chemie und wird durch ihren Bräutigam, einen Maler, in die Kreise der künstlerischen und literarischen Bohome ein⸗ geführt. Die außerordentlich lustige, aber zum theil auch recht bedenkliche Gesellschaft bringt dem ernsten, gewissenhaften Mädchen keine Gefahr, aber der leichtfertige Maler geht, verlockt durch ein Modell mit dem Spitznamen, der zum Titel der Erzähblung gewählt 8 verloren. Die Handlung ist spannend, die Lokalfarbe gut

roffen.

. Ahasver und andere Novellen von Nina Meyke. (7. Band IX. Jahrgangs der Veröffentlichungen des „Vereins der Bücherfreunde*). Pr. geh. 3 ℳ, geb. 4 (für Mitglieder des „Vereins der Bücherfreunde“ 1 85 bezw. 2 25 ₰). Verlag von Alfred Schall, Königliche sofonesgandlang. Berlin W. Die Ver⸗ fasserin entnimmt die Stoffe zu ihren Erzählungen mit Vorliebe dem Volksleben Westrußlands und Polens. Sie versteht, lebenswahr und interessant zu schildern, und hat schnell die Beachtung der Lesewelt auf sich gelenkt. Auch dieser neueste Novellen⸗Band der talentvollen Schriftstellerin wird deren Beifall finden.

Aus Italien. Sieben Monate in Kunst und Natur. Von Alfred Graf Adelmann. Gesammelte Werke, 6. Band. Stutt⸗ gart, Deutsche Verlagsanstalt. Pr. geh. 3 ℳ, eleg. geb. 4 In lebhaften Farben schildert der Verfasser die Eindrücke, die er in Italien gewonnen hat. Mit offenem Auge nahm er die Herrlichkeiten der Natur auf, und wie von ihnen, so weiß er von den reichen Kunst⸗ schätzen, welche die Hauptorte bergen, anziehend zu plaudern. Auf seiner Reise führt er den Leser durch die ganze apenninische Halbinsel und hinüber nach Sizilien. Wer je die gleiche Fahrt gemacht, wird hemn an der Hand des liebenswürdigen Führers seine Erinnerungen neu eleben, und wer all das Schöne, das ihm hier in frischer, oft poetischer Darstellung geschildert wird, noch nicht kennt, dürfte kaum dem Wunsche zur Nachsolge widerstehen können.

Die diesjährige Weihnachtsnummer der „Modernen unst- (Verlag von Richard Bong, Berlin, Leipzig, Wien, Stutt⸗ 2 ist in einem stimmungsvoll entworfenen und in Farbendruck glänzend ausgeführten Umschlage erschienen. Aus dem nicht minder prächtigen Inhalt verdienen die doppelseitigen farbigen Kunstblätter Hervorhebung, von denen G. Barison’s „Madonna mit Engeln“ und W. Gause’'s „Kaiser Franz Joseph auf dem Hofballe“ technische üisterwerke sind. Während das erstere eine anmuthige Maria dar⸗ 2 t, die den holden Jesusknaben im Verein mit einem Engelschor h den Schlaf gesungen hat, veranschaulicht das zweite Bild die viel⸗ andiße Pracht, die an einem großen Feste in der Wiener Hofburg Fmniceit wird. Dazu kommen eine Menge von Kunstbeilagen in Folischnitt sowie zahlreiche farbige und schwarz⸗weiße Text⸗IJllustra⸗ ionen. Die meisten textlichen Beiträge athmen echte herzliche Weih⸗ bachtefreude und sind besonders für diese Nummer verfaßt. Der Preis erselben beträgt für Abonnenten 1,20 ℳ, für Nicht⸗Abonnenten 3 Ching Schmidt u. Günthers Welrbibliothek. Heft II: N iag (Tientsin, Hongkong, Kanton), mit 54 Illustrationen; Heft III: ve eo⸗ auf St. Helena, mit 97 Illustrationen; Heft IV: Vesuy ud Pompeji, mit 55 Illustrationen. Jedes Heft, mit 32 Seiten 4°, . 30 ₰. Leipzig, Verlag von Schmidt u. Günther. Die durch ü- reich illustrierten Festsgerte ekannte 9. bietet sa dieser Publikation Bildersammlungen aus dem Gebiete der Ge⸗ sch se, Geographie und Kulturgeschichte, welche jenen entnommen 2 zu billigem Preise. Ein Text ist nicht beigegeben, wohl aber b. durch eine Unterschrift erläutert. Die „Weltbibliothek“

n Serien von je 12 Heften zwanglos erscheinen.

Ver Die Camera obscura ist für die Jugend eine Quelle größten ale Mügens und angenehmsfter Unterhaltung. Zaubert doch der Apparat Bild orgänge von der Straße und im Freien als lebende bewegliche auf die Platte. Einen solchen Apparat herzustellen, wird in hübschen Büchlein von O. Robert gelehrt (Verlag von 8 Maier in Ravensburg, Preis 1,50), welches nicht nur in de danh Wort eine treffliche, klare Anleitung dazu giebt, sondern auch nabe aildogen für die Herstellung des Kastens enthält Jeder Schul⸗ anfert ann sich bei einiger Geschicklichkeit danach selbst eine Camera dern gen. Da der Apparat sich auch als Hilfsmittel beim Zeichnen

enden läßt, verdient das kleine Buch noch die besondere Beachtung

der Eltern, denn die Kinder können damit Studien im Zeichnen, Schattieren und in der Perspektive machen.

Kunterbunt im Jabresrund. 25 Bilder von dem Genre⸗ maler Aug. H. Plinke, mit Text von Helene Binder. Langen⸗ salza, Verlag von Hermann Beyer u. Söhne. Herzoglich sächsischem Hofbuchhändler. Preis 2 ℳ. Der im Titel genannte Künstler hat die Kinderwelt in ihrem Sinnen und Denken, ihrem Thun und Treiben sorgsam belauscht, und was ibr das Jahr in seinem bunten Wechsel an Freuden und Antrieben zu kindlichem Schaffen bietet, das hat er in sinniger, vielfach humorvoller Weise in einer reichen Zahl von Genrebildchen zur Darstellung gebracht. Die poetischen Erläͤute⸗ rungen sind den Bildern glücklich angepaßt. Das Buch darf als Weihnachtsgeschenk für kleine Knaben und Mädchen empfohlen werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Veröffentlichungen des Katserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 50 vom 12. Dezember 1900.) Pest.

Vereinigte Staaten von Amerika. Zufolge amtlicher Mittheilung sind am 1. November in San Francisco 2 Pesttodes⸗ fälle bei Chinesen (Mutter und Kind) in einem Haase festgestellt, das gesundheitlich in üblem Rufe steht; am 4. November wurden dort außerhalb der Chinesenstadt 2 Pesttodesfälle unter der weißen Bevöl⸗ kerung angemeldet. Man glaubt, daß vielleicht weitere Pesttodesfälle unter anderer Bezeichnung angezeigt seien. Nach einer anderweitigen Angabe waren auch vom 6. bis 14. Oktober in San Francisco 2 tödtlich verlaufene Fälle von Pest vorgekommen, im Ganzen sind seit dem 7. März 23 Erkrankungen und 21 Todesfälle, seit dem 7. Juli 10 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle dort beobachtet.

Cholera. Britisch⸗Ostindien. In Kalkutta sind in der Zeit vom 28. Oktober bis 10. November 35 Personen an der Cholera gestorben.

Gelbfieber.

Es gelangten zur Anzeige in Barranquilla vom 24. Sep⸗ tember bis 21. Oktober 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle, in Port Limon vom 31. Oktober bis 4. November 2 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Havanna vom 28. Oktober bis 3. November 13 Todesfälle (vom 1. bis 31. Oktober wurden 308 Erkrankungen und 74 Todesfälle angezeigt), in Matanzas vom 7. bis 14. No⸗ vember 3 Erkrankungen, in Sagua am 2. November 1 Erkrankung, in Mexiko⸗ vom 15. bis 21. Oktober 1 Todesfall, in Tampico vom 15. Oktober bis 4. November 19 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Vera Cruz vom 21. Oktober bis 3. November 23 und 19, in Natchez (Staat Mississippi) von Mitte Oktober bis 9. November 12 und 7, in Puerto Plata auf San Domingo vom 6. Oktober bis 3. November 5 Erkrankungen. In eingehenden Berichten aus Barbados und aus Nassau auf der Insel New Providence wird ausgeführt, daß diese Häfen seit vielen Jahren durchaus frei von Gelbfieber gewesen sind.

Pocken.

Frankreich. Nach den bulletins hebdomadaires de statistique municipale sind vom 14. Oktober bis 17. November d. J. in Paris 350 Erkrankungen und 60 Todesfälle an den Pocken zur An⸗ meldung gelaugt.

In den Hospitälern der Stadt befanden sich am 14. Oktober 124, am 10. November 190 und am 17. November 174 Pockenkranke; den⸗ selben waren innerhalb des fünfwöchentlichen Zeitraums 228 Pocken⸗ kranke zugegangen. Aus dem übrigen Seinedepartement wurden in der gleichen Zeit 121 Peockenerkrankungen gemeldet.

Nach den Monatsausweisen sind während der ersten 5 Monate

des laufenden Jahres in Paris 15, während der folgenden 5 Monate

(Juni bis einschl. Oktober) 100 Todesfälle an den Pocken vorge⸗ kommen, und dürfte diese Steigerung zum theil dem Zusammen⸗ strömen großer Menschenmassen von außerhalb anläßlich der Welt⸗ ausstellung zuzuschreiben sein. Die Krankheit soll besonders in den nördlichen, nordöstlichen und östlichen Stadttheilen beobachtet sein.

Die Polizeipräfektur von Paris bat öffentliche Anschläge ver⸗ anlaßt, in denen dem Publikum die Impfung bezw. Wiederimpfung (beide kostenlos in den betreffenden öffentlichen Anstaiten) als Mittel gegen die Weiterverbreitung der Krankheit in Erinnerung gebracht und die Wiererimpfung allen seit länger als 6 Jahren nicht geimpften Personen dringend empfohlen wird.

Trichinose.

„Preußen. Reg.⸗Bezirk Merseburg. Die Trichinen⸗ Epidemie in Sangerhausen ist erloschen; seit dem 30. August ist kein neuer Erkrankungsfall zur Kenntniß gekommen. Im Ganzen sind 67 Erkrankungsfälle gemeldet, 52 bei männlichen, 15 bei weiblichen Per⸗ sonen. Ein odesfall ist nicht eingetreten Die Dtagnose ist gesichert durch den Nachweis einer lebenden, noch nicht verkapselten Trichine in einem einer Erkrankten entnommenen Muskelstückchen. Die weiteren Settetee haben bestimmt als Ausgangspunkt der Epidemie die Schlächterei von B. W. in Sangerhausen erweisen lassen.

Der Trichinenschauer hat sich insofern einer nachweisbaren Pflicht⸗ widrigkeit schuldig gemacht, als er das Fleisch zur Untersuchung nicht selbst entnommen hatte. Er ist deshalb, da im übrigen sein Schau⸗ buch mit dem Schlachtbuche des Fleischers W. übereinstimmend be⸗ funden ist, auf Grund des § 13 der für den Regterungsbezirk Merse⸗ burg erlassenen, die Trichinenschau betreffenden Polizeiverordnung vom 31. Oktober 1882 bestraft worden.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Odessa 10, Paris 17, Warschau 32, Kalkutta 8 Todes⸗ fälle; Paris 109, St. Petersburg 47, Warschau (Krankenhäuser) 41 Erkrankungen; Genickstarre: New York 2 Todesfälle; Toll⸗ wuth: Moskau 1 Todesfall; Milzbrand: Hamburg, Lübeck, New York je 1 Todesfall; Varizellen: Nürnberg 35, Budapest 75, Prag 43, Wien 150 Erkrankungen; Roth⸗ lauf: Wien 32 Exrkrankungen; epidemische hrspeichel⸗ drüsenentzündung: Wien 28 Erkrankungen; Influenza: Berlin 4. Breslau 3, London 14, Moskau 6, Paris 4, St. Peters⸗ burg 7 Todesfälle; Kopenhagen 73 Erkrankungen; Keuchhusten: London 21 Todesfälle; Nürnberg 30, Wien 40 Erkrankungen; Lungenentzündung: Warschau (Krankenhäuser) 27 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1886/95: 1,15 %): in Altendorf, Bochum, Königshütte Erkrankungen kamen zur Meldung in Berlin 40, in den Regierungsbezirken Arns⸗ berg 93, Düsseldorf 212, Erfurt 110, Königsberg 198, Schleswig 160, Hamburg 205, Budapest 208, Edinburg 113, Kopenhagen 94, New York 47, St. Petersburg 84. Wien 884 desgl. an Scharlach (1886/95: 0,91 %): in Altendorf, Beuthen, Elbing Erkrankungen wurden angezeigt in Berlin 41, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 106, Düsseldorf 147, Königsberg 117, in Hamburg 75, Budapest 47, Edinburg 29, Kopenhagen 34, London (Krankenbäuser) 279, New York 101, Paris 50, St. Petersburg 95, Stockholm 32, Wien 61 desgl. an Diphtherie und Croup (1886/95: 4,27 %): in Altendorf, Offenbach Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 64, im .e Düsseldorf 107, in Nürnberg, Hamburg je 28, London (Krankenhäuser) 173, New Pork 226,

1900.

Paris 48, St. Petersburg 119, Stockholm 64, Wien 46 desgl. an Unterleibstyphus (1886/95: 0,75 %): in Krefeld Erkrankungen kamen zur Anzeige in London (Krankenhäuser) 55, New York 105, Paris 55, St. Petersburg 166.

Der Ausbruch und das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt gemeldet worden vom Viehhofe zu Mannheim am 11. Dezember, das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlacht⸗Viehhofe zu Dresden an demselben Tage.

Handel und Gewerbe.

(Aus den ing Me des Innern zusammen e tellte „Nachrichten für Handel und Iadufr esste 3

Der Viehhandel Ungarns im Jahre 1899.

Der Viehhandel Ungarns im Jahre 1899 weist im Vergleich mit dem Vorjahre keine wesentliche Besserung auf. Die allgemeine Geschäftsstockung, die Arbeitslosigkeit und das Bestreben, den in⸗ ländischen Konsum auf das Allernöthigste zu beschränken, haben es bewirkt, daß die Nachfrage nach Hornvieh für das Inland eine gesingen wurde. .

us Serbien kam gut genährtes Vieh nach Ungarn, welches zu annehmbaren Preisen theils für Ungarn, theils für das Ausland zum Verkauf gelangte. Die Einfuhr von serbischem Hornvieh ist trotz der ausgebreiteten Viehzucht in Ungarn noch immer ein Bedürfniß, da das bessere ungarische Vieh nach dem Ausland exporttert wird, während die serbischen Thiere für den Konsum im Inlande ver⸗ wendet werden. Auch die in Ungarn auftretenden Käufer aus Böhmen, aus Triest und Pola kaufen mit Vorliebe das auf Fleisch gemästete seg. 1 8 füe d

er Hauptkonsument für das ungarische Hornvieh ist der Wiener Markt, wohin im Jahre 1899 aus Ungarn 186 980 Stück, aus Galizien 39 440 Stück, aus den übrigen österreichischen Ländern 34 791 Stück, aus Bosnien 10 705 Stück und aus dem Zollausland 541 Stück, zusammen also 272 465 Stück aufgetrieben wurden.

Auf den Budapester Viehmarkt gelangten im Jahre 1899 zu⸗ sammen 404 649 Stück, darunter 184 706 Stück Hornvieh, 120 000 Stück Kälber, ferner Schafe und Ziegen. Von dem Hornvieh waren 105 801 Stück ungarischer und 68 161 Stück serbischer Provenienz.

Der Export Ungarns an Hornvieh gestaltete sich 1899 im Gegen⸗ satz zum schwächeren Vorjahre befriedigend.

Ungarn war im Jahre 1900 an dem Export nach Deutschland unmittelbar (ohne Vermittelung des Wiener Viehmarktes) mit 25 592 Stück Ochsen und 4800 Stück Kühen betheiligt gegen 20 624 Stück Ochsen und 2968 Stück Kühe im Vorjahre, mithin mit 7000 Stück mehr als im Vorjahr.

Der Außenhandel Ungarns in Hornvieh zeigt eine noch größere Zunahme als der des gemeinsamen Zollgebietes.

Ungarn hat nämlich nach Oesterreich und nach dem Zollauslande ausweislich der amtlichen statistischen Daten ausgeführt:

Ochsen gemäͤstete Thiere Schlachtkäͤbe

im Jahre 1898 195 445 16 915 19 449 Stück E““ 20 475 1 915 Hiervon gingen nach Oesterreich:

im Jahre 1898 . 173 208 16 260 16 448 Stück

1855 186 690 19 400o [1

Der Export Ungarns bat sich demnach gegenüber 1898 im Jahre 1899 um 34 000 Stück gehoben; davon sind etwa 27 000 auf den Export nach Oesterreich und der Rest auf den unmittelbaren Export nach dem Zollausland zu rechnen.

Außerdem hat Ungarn im Jahre 1899 8920 Slück Jungvieh und 13 000 Stück Kälber ausgeführt.

Der Verkehr in Schafen hat fast gänzlich aufgehört, der Export ist ganz unbedeutend. Die Ausfuhr nach Oesterreich betrug im Jahre 1899 113 000 Stück, der Export nach Frankreich, welcher in früheren Jahren mehrere hunderttausend Stück erreichte, hat nahezu aufgehört (im Jahre 1899 wurden 1300 Stück exportiert). Dagegen wurden von den nach Oesterreich eingeführten ungarischen Schafen etwa 11 ü br; *v 1“ 1 4

e dtrelte Ausfuhr aus Ungarn nach der Schweiz beschränkte sich auf 500 Stück.

Für den Handel mit Schafen bildete der Wiener Schafmarkt den Hauptfaktor, während der Budapester keine Bedeutung hat.

Der Hener mit Schweinen hat sich auch im vergangenen Jahre nicht gebessert. Der Export nach dem Zollauslande hat gänzlich aufgehört. Der Verkehr auf dem Budapest⸗Steinbrucher Borsten⸗ viehmarkt hat sich auf den Bedarf der Hauptstadt Budapest und auf die österreichischen Konsumplätze beschränkt. In letzterer Beziehung hat die in der zweiten Hälfte des Vorjahres ins Leben getretene Viehverkehrs⸗Konvention fördernd gewirkt. Infolge der Erleichterungen hat sich die Ausfuhr von Schweinen aus Steinbruch⸗Budapest nach Wien und Oesterreich von 40 000 Stück im Jahre 1898 auf 60 000 Srück im Jahre 1899 und die Ausfuhr aus ganz Ungarn von 228 000 Stück auf 311 000 Stück gehoben.

„Aus Serbien wurden 90000 Schweine nach Steinbruch auf⸗ getrieben.

„Bei der Verwerthung der Schweine wurden geringe Preise erzielt, die vielfach unter den Gestehungskosten blieben. Die ungarischen Mäster haben im Durchschnitt 42 Kreuzer für das Kilogramm er⸗ 8 as einem Bericht des Kaiserlichen General⸗Konsulats in

udapest. 8

Der Handel Siams im Jahre 1899.

Der Gesammtwerth der Ein⸗ und Ausfuhr in Bangkok betrug im Jahre 1899 5 844 068 Pfd. Sterl., von denen 200 000 Pfd. Sterl. auf den siamesischen Küstenhandel entfallen.

Die Ausfuhr zeigt bei einem Werthe von 3 123 775 Pfd. Sterl. eine Abnahme um 193 387 Pfd. Sterl., gegen das Vorjahr. Dieser Ausfall wurde durch die theilweise Fehlernte an Reis hervor⸗ gerufen. Die Reisausfuhr fiel von 519 200 Tonnen im Jahre 1898 auf 428 661 Tonnen im Jahre 1899 und dem Werthe nach von 2 642 792 Pfd. Sterl. auf 2 223 953 Pfd. Sterl. Die 1899 er Ausfuhr von Reis war demnach die geringste seit sieben Jahren. Der nächstwichtigste Ausfubrartikel Siams ist Teakholz. von welchem im Jahre 1899 36 616 Tonnen im Werthe von 323 867 Pfd. Sterl, gegen 22 692 Tonnen im Werthe von 168 605 Pfd. Sterl. im Vorjahre ausgeführt wurden. In letzter

it hat die siamesische Regierung Maßsegeln getroffen, daß die eakwaldungen durch eine geregelte Forstwirthschaft geen Ra Feschät werden. Der Bedarf an Teakholz zum Schiffsbau, zur Her⸗ benen von Eisenbahnwagen und zum Bau von Wohnhäusern nimmt etig zu.

Die übrigen Ausfuhrartikel Siams sind von geringerer Wichtigkeit.

Der Einfuhrhandel bewerthete sich auf 2 532 137 Pfd. Sterl; unter Weglassung des Edelmetallverkehrs hat sich der Werth der Einfuhr um 107 974 Pfd. Sterl. vergrößert. An haben namentlich Baumwollwaaren beträchtlichen Ant Der Werth der Eimfuhr von Eisen, Stabl und M. hob sich von 50 445 Sterl. auf 157 416 Peb Hierunter befanden sich Stahl und Stahlwaaren im Werthe