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Tafeln mit dem Namen der Inhaber versehen sein müssen, auch auf
die beim Herumziehen von Zigeunern benutzten Wagen ausdehnen.
Es war bisher sehr schwierig, die Namen der Zigeuner festzustellen, und deshalb sind solche Tafeln vorgeschlagen. Ferner könnte den Behörden aufgegeben werden, sich gegenseitig Mit⸗ theilung zu machen, welchen Zigeunern der Wandergewerbeschein versagt oder entzogen worden ist. Wenn Zigeuner von einer Regierung abgewiesen sind, wenden sie sich vielfach an andere Regierungen, und diese ertheilen dann bisweilen den Wandergewerbeschein, weil sie von den Ablehnungsgründen der anderen Regierung nichts wissen. Dies sind kleinere Mittel.
Es kommt noch eine weitergehende Maßnahme in Betracht, und
zwar eine Aenderung der Bestimmungen der Reichs⸗Gewerbeordnung. Der § 57 Nr. 4 sagt, daß der Gewerbeschein versagt werden kann, wenn der Nachsuchende wegen gewohnheitsmäßiger Arbeitsscheu, Trunksucht, Bettelei, Landstreichens ühbel berüchtigt ist. Dieser Paragraph ist von den Verwaltungsgerichten etwas eng inter⸗ pretiert worden. Es wird verlangt der Nachweis der Gewohnheits⸗ mäßigkeit und des Uebelberüchtigtseins; die betreffenden Zigeuner können daher leicht das Gegentheil eben dadurch beweisen, daß sie den Antrag auf Ausstellung eines Gewerbescheins stellen und damit den Anschein erwecken, als ob sie gewillt seien, durch Arbeit bezw. ihren Gewerbebetrieb ihren Unterhalt redlich zu erwerben. Es wäre daher erwünscht, wenn dieser Paragraph nach der Richtung erweitert würde, daß die Versagung auch dann eintreten könne, wenn Thatsachen vor⸗ liegen, aus denen geschlossen werden kann, daß der Wandergewerbe⸗ schein lediglich zur Vagabondage benutzt werden soll.
Ein weiterer Punkt, den ich auch für sehr wichtig halte, ist die Möglichkeit, das Zwangserziehungsgesetz auch auf die Zigeuner⸗ kinder anzuwenden. Bisher hatten wir diese Möglichkeit nur in sehr geringem Maße. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß die Kinder der Zigeuner in körperlicher, und vor allen Dingen in geistiger Beziehung, in den meisten Fällen einer schweren Verwahrlosung ausgesetzt sind. Ich hoffe, daß die Verwaltung von dem neuen Mittel, von dem Zwangserziehungsgesetz, das am 1. April in Kraft tritt, Gebrauch machen wird, um die Kinder in eine geordnete Erziehung zu bringen, und um damit auch dazu beizutragen, das Zigeunerunwesen einzu⸗ schränken. Irgend ein Mittel, das sofort und radikal helfen könnte, haben wir nicht. Aber die Möglichkeit ist uns gegeben, von den ge⸗ setzlichen Bestimmungen thunlichst weitgehenden Gebrauch zu machen. Diese Anweisung habe ich gegeben, es steht allerdings noch dahin, ob sie Erfolg haben wird. Sollte das nicht der Fall sein, so bin ich gern bereit, in eine Prüfung einzutreten, ob nicht nach den ange⸗ deuteten Richtungen hin eine Ergänzung der Gesetzgebung möglich ist, um die Uebelstände, die der Herr Graf hier hervorgehoben hat, wenn auch nicht ganz zu beseitigen, so doch zu beschränken. (Lebhaftes Bravo!)
Eine Besprechung der Interpellation wird nicht beliebt.
Von dem Freiherrn von Maltzahn ist eine Inter⸗ pellation, betreffend die Vivisektion, von dem Grafen von Klin owstroem ein besonderer Antrag, die unver⸗ Searich weretichugo der Ostpreußischen Südbahn
treffend, eingegangen. chluß nach 3 ½ Uhr.
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Nächste Sitzung unbestimmt.
““ Haus der Abgeordneten. 8. 2. Sitzung vom 9. Januar 1901, 11 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Auf der Tagesordnung steht die Entgegennahme von Vorlagen der Königlichen Staatsregierung. Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf
Bülow: Meine Herren! Von Seiner Majestät dem Könige zum Prä⸗ sidenten des Staats⸗Ministeriums ernannt, möchte ich die erste Ge⸗ legenheit ergreifen, welche sich mir bietet, um mich diesem hohen Hause vorzustellen und das Entgegenkommen und das Wohlwollen zu erbitten, dessen ich für eine ersprießliche Leitung der Geschäfte des Landes bedarf.
Es ist nicht meine Absicht, mein Zusammenwirken mit Ihnen damit einzuleiten, daß ich hier ein Programm aufstelle; eins aber möchte ich schon heute sagen. Nach meiner politischen Gesammtauf⸗ fassung betrachte ich es als die vornehmste Aufgabe der Regierung, in dem einstweilen sich noch immer lebhafter gestaltenden Kampf der wirthschaftlichen Interessen die vorhandenen Gegensätze nach Möglich⸗ keit zu versöhnen, zwischen den verschiedenen Interessen einen möglichst gerechten Ausgleich herbeizuführen (Bravo!) und diejenigen zu stützen, die sich aus eigener Kraft nicht helfen können. (Bravo!)
Ich weiß wohl, daß eine solche vermittelnde Politik, die keine produktive Thätigkeit einseitig auf Kosten der anderen begünstigen will, die bei wirthschaftlichen Maßnahmen für einen Berufszweig sich fragt, wie weit dadurch Lebensbedingungen der anderen berührt werden, mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft ist. Ich weiß, daß eine solche ausgleichende Politik auf Augenblickserfolge verzichten muß, um dauernde Wirkungen zu erzielen, daß sie hier und da Mißdentungen ausgesetzt sein kann. Ich weiß sehr wohl, daß sich der Gedanke der Zusammengehörigkeit der Interessen der großen erwerbsthätigen Stände gegenüber menschlicher Kurzsichtigkeit, gegenüber menschlicher Selbstsucht nur schwer durchringt. Ich werde mich aber dadurch nicht irre machen lassen.
Ich werde festhalten an der Ueberzeugung, daß, wenn ein Glied des sozialen Körpers leidet, alle anderen Glieder mitleiden, und daß, so lange namentlich ein so wichtiges Glied, wie die Landwirthschaft, zu leiden hat (Bravo! rechts), der Gesammtorganismus sich keiner sicheren Gesundheit erfreuen kann. (Bravo! rechts.) Ich bin davon durchdrungen, daß die großen Erwerbsstände gleichmäßigen Anspruch haben auf den Schutz der Regierung, daß die Regierung die Pflicht hat, Landwirthschaft, Handel und Industrie gleichmäßig zu schützen (Bravo!) und daß unsere Landwirthschaft unbedingt einer kräftigen Unterstützung bedarf. (Bravo!l rechts.)
Meine Hetren, im Zeichen jener ausgleichenden Gerechtigkeit, von der ich soeben sprach, steht auch der Gesetzentwurf über den Ausbau und die Verbesserung der Kanäle und Flußläufe (Bravol links), welcher neben dem Etat den Hauptgegenstand Ihrer diesjährigen Be⸗ rathungen bilden wird. Mit Recht hat in der vorletzten Session der Herr Abg. Graf Limburg⸗Stirum die Vorlage über den Rhein⸗Elbe⸗
von
welcher diesem hohen Hause seit der Verstaatlichung der Eisenbahnen unterbreitet worden sei. 7 Ueber die Ihnen jetzt zugehende Vorlage will ich mich mit voller Offenheit aussprechen. Wenn durch diesen Gesetzentwurf die Industrie einseitig auf Kosten der Landwirthschaft, der Westen der Monarchie zum Nachtheil des Ostens begünstigt würde, so hätte ich die Hand zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs nicht geboten. Denn ich glaube, daß unser gesammtes Erwerbsleben durch nichts mehr ge⸗ fährdet und geschädigt werden könnte, als durch einen Zwie⸗ spalt zwischen Landwirthschaft und Industrie (sehr richtig! links), die aufeinander angewiesen sind, wie der eine Arm auf den andern. (Sehr gut! links.) Mit großem Recht hat unser Kaiser und König in Dortmund hervorgehoben, daß auf dem Ineinandergreifen von Landwirthschaft und Industrie das Blühen und Gedeihen und der wirthschaftliche Fortschritt des Landes beruhen. Und ebensowenig werde ich je Tendenzen begünstigen, die zu einer Trennung, die auch nur zu einer Entfremdung zwischen dem Westen und dem Osten führen könnten (sehr gut! links), die durch Natur und geschichtliche Entwicklung bestimmt sind, sich gegen⸗ seitig zu ergänzen (sehr richtig! bei den National⸗ liberalen); der Osten mit seiner hochbedeutsamen Landwirth⸗ schaft, der Westen mit seiner mächtig entwickelten Industrie; der Westen mit seiner alten Kultur, mit seiner Regsamkeit, mit seinen reichen Hilfsquellen, der Osten, der die Wiege der Monarchie ist (Bravol rechts), der unserem Beamtenthum, der Armee seinen starken und großen Stempel aufgedrückt hat, und der in der kritischesten Stunde der deutschen Geschichte, vor bald hundert Jahren, mit der preußischen Staatsidee das deutsche Volksthum gerettet hat. (Bravo!) 4 h Ausgehend von diesem Gesichtspunkte der Solidarität zwischen Landwirthschaft und Industrie, zwischen Osten und Westen, ist die Frage des Ausbaus der Wasserstraßen nochmals allgemein einer Prü⸗ fung unterzogen worden, die nunmehr dahin geführt hat, daß eine Reihe weiterer Projekte, eine Reihe weiterer von der Staatsregierung sachlich als begründet erachteter Projekte, welche die Herstellung und Verbesserung der Kanäle und Flußläufe theils im Interesse der Schiffahrt, zum wesentlichen Theil aber im Interesse der Landes⸗ kultur bezwecken, mit dem Projekte des Rhein⸗Elbe⸗Kanals zu einer Vorlage verschmolzen worden sind. Hierbei wurde, wie in der Be⸗ gründung der Vorlage näher ausgeführt wird, der Grundgedanke ver⸗ folgt, unter Verbindung der natürlichen schiffbaren Ströme ein zu⸗ sammenhängendes Wasserstraßennetz von möglichst großer Leistungs⸗ fähigkeit herzustellen, das allen Gebietstheilen der Monarchie und allen Erwerbszweigen zu gute kommen soll. Daß die in dieser Vorlage enthaltene direkte Wasserverbindung zwischen Rhein und Elbe nicht nur der Industrie des Westens, sondern auch der Landwirthschaft des Ostens nützen wird, ist meine ruhig erwogene Ueberzeugung. (Lebhaftes Bravo! links.) Diese direkte Verbindung wird dem Osten mit seinem Ueberschuß an landwirthschaftlichen, an forstwirthschaftlichen Produkten das reiche Konsumtionsgebiet des Westens erschließen, der daran Mangel leidet. Sie wird dem Osten die Möglichkeit gewähren, mit seinen Produkten unter verhältnißmäßig billigen Verfrachtungsgebühren und unter gesichertem Zollschutz nach außen, für den wir sorgen müssen (Bravo!), und für den wir sorgen werden, auf den Märkten des Westens zu konkurrieren, der seinerseits wiederum die Möglichkeit zur weiteren Versendung seiner Industrieerzeugnisse erhält, die für ihn ein Bedürfniß ist. Meine Herren, nachdem die Königliche Staatsregierung durch eine umfassende Erweiterung der ursprünglichen Vorlage den aus diesem hohen Hause an sie herangetretenen Wünschen und Bedenken soweit als möglich entgegengekommen ist, hofft sie um so mehr auf eine zu⸗ stimmende Aufnahme der Vorlage, als hinsichtlich der Ausführung der geplanten Bauten verständige Rücksicht obwalten soll auf die Finanz⸗ lage des Staats wie auf die Steuerkraft des Landes. Die Ausführung der Bauten foll nur allmählich erfolgen. Es ist hierfür ein längerer Zeitraum in Aussicht genommen, und ich bezweifle nicht, daß eine Verständigung hierüber im Einzelnen sich unschwer erzielen lassen wird. Die Königliche Staatsregierung giebt sich der Erwartung hin, daß diese Vorlage, welche nach Inhalt und Bedeutung wirthschaft⸗ licher Natur ist, eine günstige und von Parteigegensätzen freie Beur⸗ theilung finden wird. (Bravo!) Dann werden auch Ihre Be⸗ rathungen zu dem positiven Ergebniß führen, welches die Regierung Seiner Majestät des Königs mit Zuversicht erwartet. Meine Herren, als Minister⸗Präsident habe ich die Pflicht, Preußen wirthschaftlich und politisch auf der Höhe zu erhalten, welche ihm seine ruhmvolle Geschichte vorzeichnet. (Bravo!) Diese Pflicht kann ich nur erfüllen, wenn ich Ihre vertrauensvolle Unterstützung finde. Ich bin gewiß, daß diese Unterstützung mir nicht fehlen wird; denn ich weiß, daß die Wohlfahrt der gesammten Volksgemeinschaft, daß das Wohl der ganzen Monarchie Ihr wie unser Leitstern ist. (Lebhaftes Bravo!)
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! »Ich gebe mir wiederum die Ehre, dem hohen Hause den Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Staatshaus⸗ halts⸗Etats für das Jahr 1901, nebst der allgemeinen Rechnung über den Staatshaushalts⸗Etat des Jahres vom 1. April 1897/98, und die Uebersicht von den Staatseinnahmen und ⸗Ausgaben für das Etats⸗ jahr 1899 auf Grund Allerhöchster Ermächtigung zur verfassungs⸗ mäßigen Beschlußfassung vorzulegen.
Meine Herren, der Ihrer Berathung und Beschlußfassung vor⸗ gelegte Staatshaushalts⸗Etat ist einer der reichst dotierten, vielleicht der reichstdotierte, den Preußen jemals aufstellen konnte. Er balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 2 649 014 606 ℳ — ich werde Ihnen in Zukunft des besseren Verständnisses wegen nur runde Zahlen nennen. Die Ausgaben im Ordinario betragen 2 431 482 000 ℳ, während die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben in diesem Jahre nicht weniger als 217 531 000 ℳ betragen. (Bravo!) Der Etat verhält sich gegen den schon reichen Etat von 1900 in folgender Weise: Er hat gegen diesen Etat in der Einnahmmne eine Erhöhung von 176 748 000 ℳ; die dauernden Ausgaben sind höher als die im laufenden Etatsjahre um 125 406 000 ℳ und die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben höher um rund 51 000 000 ℳ, das ist, meine Herren, — man kann wohl den Ausdruck gebrauchen — eine wahrhaft außerordentliche Steigerung von einem Jahre aufs andere
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Kanal als den wirthschaftlich wichtigsten Gesetzentwurf bezeichnet,
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Wenn ich die letzten 5 Jahre nehme, so sind die Bilanzziffern in Einnahme und Ausgabe seit dem Jahre 1895/96 um nicht weniger als 749 009000, ℳ gestiegen. Meine Herren, diese Schnelligkeit im Ansteigen brauchen wir nicht zu fürchten — ich werde das später noch darlegen — bezüglich einer gleichen Schnelligkeit im Absteigen. Wir können uns das Zeugniß geben, daß wir die guten, glänzenden Jahre mit Porsicht benußt und eine Reihe Reserven gelegt haben, die auch in weniger günstigen Jahren vorhalten werden. Z“ Meine Herren, daß diese reichliche Dotierung des Etats benutzt worden ist, um alle Ressorts, sowohl die Betriebsverwaltungen, als namentlich die eigentlichen Staatsverwaltungen, in erheblichem Maße besser auszurüsten, das können Sie sich ohne weiteres vorstellen. Um in dieser Beziehung eine einfache Uebersicht, die durch allzuviele Details nicht verdunkelt wird, zu geben, möchte ich hervorheben, daß folgende Erhöhungen der Ausgaben in den Staatsverwaltungen vor⸗ geschlagen sind. Das Finanz⸗Ministerium hat einen Minderbedarf von 130 939 ℳ hauptsächlich durch eine Verminderung des Extraordinariumg um 5113 457 ℳ; dagegen erhält die Bauverwaltung einen höheren Ausgabe⸗Etat von 5 684 000 ℳ, die Handels⸗ und Gewerbe⸗ verwaltung — das liegt in der Verringerung des Extraordinariums — einen solchen nur von 398 000 ℳ, die Justizverwaltung erfordert und erhält mehr 5 261 000 ℳ, das Ministerium des Innern 5 376 000 ℳ. das der Landwirthschaft 4 387 000 ℳ, und endlich der Kultus nicht weniger als 22 621 000 ℳ Einem solchen Etat gegenüber werden die Klagen, die man hier und da in den Zeitungen liest: wo bleiben die Kulturaufgaben? wohl endlich, wenigstens für das esne Jahr, verstummen. 1““ 1 Meine Herren, daß auch in diesem Etat nicht alle Wünsche be⸗ friedigt werden, ist ohne weiteres klar; denn die Wünsche hören nicht auf, in Deutschland namentlich nicht auch die Forderungen an die Staatskasse, während die Neigung oft gering ist, dem Staate auch wieder die er⸗ forderlichen Mittel zuzuführen. Einen richtigen Ueberblick über die Lage unserer Staatsfinanzen wird man aber erst bekommen, wenn man das abgelaufene Etatsjahr und das laufende mit dem bevor⸗ stehenden Jahr vergleicht. Der Finalabschluß des Jahres 1899 er⸗ giebt einen Ueberschuß von 87 659 000 ℳ Das entspricht fast genau der Schätzung, die ich Ihnen damals vorlegte. Dieser Ueberschuß setzt sich zusammen aus 90 888 000 ℳ Mehrüberschuß bezw. Minderbedarf und 3 228 000 ℳ Mehrausgaben bezw. Mindereinnähmen, sodaß der bezeichnete Ueberschuß verbleibt. Ich will die Einzelheiten, aus denen sich dieser Ueberschuß zusammensetzt, der Kürze wegen hier nicht bis in die ein⸗ zelnen Details vorführen. Ich will nur erwähnen, daß unter den Verwaltungen, welche diese großen Ueberschüsse gebracht haben, hervor⸗ ragen die Forstverwaltung mit 11 372 000 ℳ, die Verwaltung der direkten Steuern mit 16 Millionen, die der indirekten Steuern mit fast 10 Millionen, die der Bergwerksverwaltung mit 12 530 000 ℳ und endlich die der Eisenbahnverwaltung mit 21 Millionen. Danehen, meine Herren, haben aber auch die übrigen Verwaltungen, selbst die eigentlichen Staatsverwaltungen, mehr oder weniger zu dem Ueberschuß beigetragen. B Was nun den wahrscheinlichen Finalabschluß des laufenden Jahres betrifft, so ist derselbe ja nur noch mit großer Reserve zu schätzen; bei uns in Preußen vor allem, weil in den letzten vier Monaten, die noch nicht buchmäßig vorliegen, ja noch erhebliche Aenderungen in unseren Betriebsverwaltungen eintreten können; aber bis jetzt sind Anzeichen bedenklicher Art dafür durchaus nicht vor⸗ handen, und so schätze ich den wahrscheinlichen Ueberschuß des laufenden Jahres etwa auf die gleiche Summe wie im Vorjahr. Wir kommen bei unseren Schätzungen auf rund 85 000/ 000 ℳ heberschuß. Hier wirken dieselben Faktoren mit, die ich eben in der Hauptsache bezeichnet habe. Die Forsten werden wahrscheinlich einen noch größeren Ueberschuß bringen, nämlich einen folchen von 17 ½ Millionen, die direkten Steuern einen solchen von 13 Millionen, die Bergwerke von 17 Millionen und die Eisenbahnen von 25 Millionen. Es werden die Mehrüberschüsse bezw. der Minder⸗ bedarf etwa 93 Millionen betragen, während die Minderüberschüsse bezw. der Mehrbedarf auf 8 Millionen geschätzt sind. Wenn wir nun fragen: wie haben diese Ergebnisse in den be⸗ sonders guten Jahren auf die gesammten preußischen Finanzen ein⸗ gewirkt, so wird man wohl zuerst fragen müssen, in welchem Maße wir in der Lage sind, Schulden zu tilgen. Meine Herren, ich habe Ihnen schon oft auseinandergesetzt und brauche es hier wohl nicht zu wiederholen, wie wichtig eine geregelte, ausgiebige Schuldentilgung gerade für Preußen ist, weil wir eben diese schwankenden Einnahmen und Ausgaben haben infolge unserer großen Betriebsverwaltungen, und weil ein Geschäftsführer einer großen Betriebsverwaltung, mit welcher ja auch große Risiken verbunden sind, wenn er solide ver⸗ fahren will, in guten Zeiten erhebliche Abschreibungen zu machen, d. h. Schulden zu tilgen hat. Wenn dies nun mal in ein paar Jahren möglich wird, so kann man deswegen noch keineswegs von Ueberschußverwaltungen sprechen, sondern man thut nur das, was nothwendig ist, nicht nur beim einzelnen Unternehmer, sondern auch und erst recht bei einem großen Staat und vor allem bei einem Staat mit einem so großen Vermögen, das verschiedene Einnahmen und Ausgaben nach Maßgabe der Konjunkturen der Wirthschaft bringt. b .
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Einnahmen und Ausgaben. Unsere Etats sind überhaupt in
den letzten Jahren in ihren Bilanzisfen wom außercderälih gestiegen
letzten Jäahren rund je 50 Millionen zur Schuldentilgung verwendet,
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Deutschen
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zum
1]
Meine Herren, von diesen Ueberschüssen haben wir in den beiden
zur extraordinären Schuldentilgung, wenn ich so sagen soll; es sind jedesmal. 30 Millionen Mark von den Ueberschüssen abzusetzen gewesen für den extraordinären Dispositionsfonds der Eisenbahnverwaltung. Außer⸗ dem haben wir in jedem Jahre nahezu 40 Millionen Mark Schulden obligatorisch auf Grund des Gesetzes getilgt, sodaß wir mehr, aber nicht viel mehr als ein Prozent der gesammten Staatsschulden getilgt haben, während wir aber gleichzeitig und zwar zum theil für wenig rentable Zwecke einen erheblich viel größeren Betrag Schulden haben machen müssen. Meine Herren, diese Schuldscheine haben wir noch nicht wirklich zu emittieren gebraucht, die Ueberschüsse haben wir verwendet, um auf die Anleihekredite Vorschüsse zu machen. Wir haben mit unserem eigenen Gelde, wenn ich so sagen soll, diejenigen Ausgaben gemacht, die für Eisenbahnen, für Erwerb von Gütern in Posen, für Kanäle ꝛc. auf Anleihekredite verwiesen waren. Wir baben diese bisher decken können aus unseren eigenen Mitteln. Es wird ja niemand Anleihen machen, wenn er das nöthige Geld selbst besitzt, um die Aufgaben zu erfüllen, für die die Anleihe bewilligt ist. Natürlich, meine Herren, kann das aber nicht ewig dauern; wir werden ja die Zeit erleben, wo wir diese Vorschüsse, welche die Anleihekredite empfangen haben, aus der wirk⸗ lichen Emission der Anleihe wieder zurückzahlen müssen. Wann das der Fall sein wird, weiß ich nicht; gegenwärtig ist es noch nicht der Fal,, und wir wollen hoffen, daß es noch längere Zeit so bleiben wird. Das wird im wesentlichen von dem Gang der industriellen und gewerblichen Bewegung abhängen.
Meine Herren, um aber das Bild der preußischen Finanzen voll⸗ ständig klar zu machen, wird man auch das Extraordinarium ins Auge fassen müssen. Das Extraordinarium betrug im Anfange des vorigen Jahrzehnts etwa 2 bis 2 ½ bis 3 % des gesammten Staatshaushalts. In diesem Jahre beträgt dasselbe 8,2 % der gesammten Staatsausgaben, ich habe die Zahl 9 schon genannt, mit dem Betrag von 217 Millionen. Meine Herren, hierin stecken Reserven. Sie sichern uns, daß wir, ohne die Ver⸗ wendungen des Staates wesentlich einzuschränken, ohne in plötzliche schwere Defizits zu gerathen, doch im großen Ganzen auch in un⸗ günstigeren Zeiten die Verwendungen des Staates fortsetzen, daß wir eine stabilere Wirthschaft in dieser Beziehung führen können; und welchen Werth, selbst abgesehen von der finanziellen Seite, das für den Staat hat, brauche ich nicht weiter auszuführen.
Indem ich nun auf die Einzelheiten übergehe, so fange ich gleich mit dem ungünstigsten Punkte an; das sind die Domänen. Diese haben schon seit Jahren gekränkelt, und wir haben schon vor dreißig Jahren mehr Netto⸗Einnahmen aus den Domänen gehabt als heute. Wenn aber diesmal der Domänen⸗ Etat mit einem Minderüberschuß von 7 Millionen abschließt (hört hört! rechts), so liegt das doch nur zum ganz geringen Theile an dem Verlust an Einnahmen, es liegt in der Vermehrung der Aus⸗ gaben, welche aber zum größten Theile eine Vermehrung des Staats⸗ vermögens bedeuten. (Hört! hört! links.) Allerdings, meine Herren, ist der Ertrag von Domänen⸗Vorwerken wiederum um 205 000 ℳ zurückgegangen (hört! hört! rechts), wie wir in den letzten Jahren in dieser Beziehung überhaupt nur Rückgänge erlebt haben; und ich habe schon gesagt, daß, wenn mehr und mehr die alten Pachten ablaufen,
wahrscheinlich die Rückgänge noch längere Zeit fortdauern, es sei denn, es gelänge, die Erträgnisse der Landwirthschaft überhaupt wieder in die Höhe zu bringen. Meine Herten, unter den Positionen, welche, wie ich sagte, eine Vermehrung des Staatsvermögens bedeuten, ragt hervor eine Ausgabe von drei Millionen für die Herstellung der Domäne Dahlem bei Berlin zu einer allmählich zu verwerthenden Anbaufläche. Diese Domäne ist 531 na groß; zum erheblichen Theile wird sie bekanntlich für die Herstellung des neuen Botanischen Gartens verwendet. Aber es bleibt ein sehr bedeutender Theil übrig, welchet nicht wieder verpachtet werden soll, sondern, vom Staat selbst hergestellt, als eine große Anbaufläche zu einem Villen⸗ terrain und vielleicht für Bauland für kleine Wohnungen aptiert und wahrscheinlich später sehr bedeutende Einnahmen bringen wird. Aehnlich, meine Herren, liegt es mit einem Betrage von
2 352 000 ℳ für den Erwerb von Grundbesitz auf der Insel Wilhelms⸗ burg. Wir besitzen auf dieser Insel von alter Zeit her sehr erheb⸗ liches Domanialland, welches in Gemenge lag mit bäuerlichem Besitz. Diese Insel wird immer mehr zu industriellen Zwecken gebraucht. Die Ausdehnung eines Hafenterrains, eines Terrains für Arbeiter⸗ wohnungen im Hafen u. s. w., ist kaum nach einer andenen Seite noch möglich. Wir haben daher auf den Rath des sachkundigen Regierungs⸗Präsidenten das Terrain auf dieser Insel angetauft, und zwar, weil keine Mittel anderer Art vorhanden waren, hat die Seehandlung diesen Kauf vorläufig bei der Eile der Sache hewerkstelligt, wird ihn aber jetzt wieder nach diesem Vorschlage auf die Domänenverwaltung übertragen. Der Gewinn, den wir aller Wahrscheinlichkeit nach aus dieser Sache machen, und auch die freie Disposttion über einen großen Theil dieser Insel an der Elbe wird so hoch geschätzt, daß ich die Summe gar nicht nennen möchte; jeden⸗ falls glauhe ich, daß die Budgetkommission, die die Sache näher prüfen wird, das Vorgehen der Staatsregierung billigen wird. Meine Herxren, die Forstverwaltung wird 1 562 000 ℳ mehr einbringen. Das Extraordinarium ist auch hier sehr erheblich gestiegen. Der Forftbaufonds ist um 900 000 gesteigert, für Wegebauten werden in den Forsten 700 000 und für Chausseebauten rund 300 000 ℳ als außerordentlicher Zuschuß veranschlagt. Es liegt in all diesen Aus⸗ gahen eine erhebliche Melioration der Forsten mit inbegriffen. Was die direkten Steuern betrifft, meine Herren, so ist die
ZBZweite Bei lage “ Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berrlin, Donnerstag, den 10. Januar
etwa dem gegenwärtigen Stande; ich glaube kaum, daß für das nächste Jahr ein Herabgehen der Einkommensteuer zu erwarten ist, vielmehr würde noch eher das Gegentheil zu erwarten sein. Meine Herren, Sie werden die Statistik über die Veranlagung der Einkommensteuer ja schon bekommen haben oder sehr bald bekommen. Ich rathe Ihnen, diese mal genau zu studieren; denn Sie werden dadurch die erfreuliche Gewißheit erhalten, daß nicht bloß die Reichen heute reicher geworden sind und ihre Zahl sich ver⸗ mehrt hat, sondern daß eine ungemeine Steigerung des Einkommens der mittleren und unteren Klassen eingetreten ist. (Hört! hört!) Das werden Sie mit Freude nachgewiesen sehen. Namentlich ist die Zahl derjenigen Arbeiter, die nunmehr in dem letzten Jahre die Steuer⸗ grenze erreicht haben, außerordentlich gewachsen. Das zeigt, daß durch⸗ gängig die Löhne erheblich erhöht geworden sind, und zwar nicht bloß in Industriegegenden, sondern auch in den landwirthschaftlichen Erwerbs⸗ zweigen überall ist die Lage der arbeitenden Klassen erheblich besser geworden, und wir können nur hoffen und wünschen, daß dieser günstige Zustand lange noch fortdauert und niemals ganz wieder zurückgeht, was auch der Erfahrung entspricht.
Die indirekten Steuern sind höher veranschlagt um vier Millionen. Das liegt zum theil in der Erhöhung der Vergütung des Reichs für die Erhebung der Reichssteuer mit 1 674 000 ℳ
Dann ist die Staats⸗Stempelsteuer um 2 Millionen, die Erb⸗ schaftssteier um 600 000 ℳ erhöht. Eine Mehrausgabe von 198 000 ℳ resultiert aus der Vermehrung neuer etatsmäßiger Stellen. Die Bergwerke sollen ein Mehrergebniß von 9 Millionen Mark bringen. Man könnte ja hier, meine Herren, einigen Zweifel haben, ob die Kohlenpreise so hoch bleiben im nächsten Jahre und ob der Absatz in dieser Höhe vorhanden sein wird; aber dennoch habe ich mich bei genauer Prüfung der Sache überzeugen müssen, daß der Anschlag noch immer recht vorsichtig ist, und daß wir fast mit Sicher⸗ heit nach den abgeschlossenen Verträgen auf ein Nettoaufkommen in dieser Höhe rechnen können. Ich werde nachher auf die Grundsätze der Veranschlagung der Einnahme noch einmal mit zwei Worten zurückkommen. Die Mehreinnahmen der Eisenbahnen sind veranschlagt auf 77 Millionen, die Mehrausgaben im Ordinario auf 47 ½ Millionen. Danach würde das Ordinarium einen Mehrüberschuß von 29 ½ Millionen liefern. Nun ist aber das Extraordinarium der Eisenbahnen um 14 Millionen höher angenommen, sodaß der früher schon genannte Gesammtmehrüberschuß von 15 ½ Millionen sich ergiebt. 1 Wir haben uns nicht gescheut, meine Herren, namentlich auf die Autorität meines hochverehrten, leider heute verhinderten Kollegen, des Herrn Ministers für öffentliche Arbeiten, hin, wiederum eine Steigerung gegen den Etat des laufenden Jahres von 4 % bei den Verkehrseinnahmen anzunehmen. Sie dürfen sich hier nicht irre machen lassen und nicht, nachdem die Eisenbahnverwaltung diese un⸗ geheure Höhe der Einnahmen bereits erreicht hat, noch mit Sicherheit auf eine Steigerung von 4 % zu rechnen. Diese 4 %, meine Herren, bedeuten ungefähr den gleichen Betrag, den die Ist⸗Einnahme schon in diesem Jahre wirklich beträgt, und die Ist⸗Einnahme ist zur Vergleichung in dieser Beziehung ja weit wichtiger als der Etat für das laufende Jahr. Man wird daher nicht zu sehr besorgt sein brauchen, ob der jetzt geschätzte Betrag auch er⸗ reicht wird, obwohl zugegeben werden muß, daß hier Faktoren mit⸗ wirken, die man mit Sicherheit in keiner Weise vorhersehen kann, und daß die Schätzung immerhin eine Schätzung bleibt, bei der man sich nach oben und nach unten irren kann.
Die persönlichen Ausgaben der Eisenbahnverwaltung sind wieder um 11 Millionen gestiegen. Meine Herren, wundern kann man sich darüber nicht. Wenn wir hier eine Einnahmevermehrung von 77 Millionen annehmen, daß dann natürlich auch die persönlichen Ausgaben sehr bedeutend steigen müssen, das liegt in der Natur der Sache. Auch sind, wenn wir auch im übrigen den vom Hause ge⸗ billigten Grundsatz, vorläufig die Gehaltsfrage der Beamten als ab⸗ geschlossen zu betrachten, streng festhalten, doch noch an einzelnen Stellen nicht direkte Gehaltserhöhungen, aber auf andere Weise er⸗ hebliche Verbesserungen für die Beamtenschaft vorgeschlagen. Ins⸗ besondere ist die hier so oft erörterte Frage wegen der Eisenbahn⸗ Betriebssekretäre hier dadurch zu lösen versucht, daß 1000 neue Stellen für Eisenbahn⸗Sekretäre vorgeschlagen sind. (Bravo!)
Meine Herren, wir büßen hier in gewisser Weise unsere eigene Schuld; es ist immer ein sehr übles Ding, Beamtenstellen zu schaffen, lediglich um ein besseres Avancement herbeizuführen; das ist eine sehr gefährliche Sache, die man im allgemeinen streng vermeiden muß. Aber wie hier in besonderer Weise die Sache lag, hat auch das Finanz⸗Ministerium sich dazu entschlossen, hier zuzustimmen. Wir hoffen, daß damit die Klagen dieser Herren, die hier immer so lebhaft erschallt sind, nun endlich verstummen werden. 8
Für die Betriebsmaterialien sind 16 Millionen, für den Oberbau 6 ½ Millionen, für die Betriebsmittel 8. Millionen mehr veranschlagt. Dagegen sind die Dispositionsbesoldungen aus den früheren Organi⸗ sationen, die den Herren bekannt sind, allmählich um 827 000 ℳ heruntergegangen.
Ich komme nun zu den Dotationen und der allgemeinen Finanzverwaltung. Meine Herren, die Mehrausgaben der öͤffentlichen Schuld, zur Verzinsung dreiprozentiger Anleihen, die etwa in diesem Jahre ausgegeben werden können, betragen 450 000 ℳ, und dann ist 1 Million Mark angesetzt für Schatzanweisungen, wobei be⸗ kanntlich gegenwärtig nur noch der Diskont in Frage kommt, da sie als solche unverzinslich sind.
Bei der allgemeinen Finanzverwaltung ist ein Minderbedarf von 7 852 000 ℳ berechnet. Dieser Minderbedarf ist aber in Wahrheit nur rechnungsmäßig; er releviert daher, daß in dem Etat für das Deutsche Reich die Mehrüberweisungen auf 34 687 000 berechnet sind, während der Matrikularbeitrag nach dem Reichs⸗Etat nur um 28 052 000 höher veranschlagt ist.
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Daraus ergiebt sich eine für
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daß nach den im Reich geltenden oder wenigstens praktisch gehand⸗ habten Vorschriften die Einzelstaaten in diesem Jahre eine Rück⸗ zahlung und Mehrleistung an Matrikularumlagen an das Reich nicht vorzunehmen haben, weil im Jahre 1899 das Reich an die Einzelstaaten keine Mehrüberschüsse geliefert hat: und nach der Spannungstheorie daher die zu diesem Zweck sonst nöthig gewesene Erhöhung der Matrikularbeiträge wegfällt. Diese Sache ist so ver wickelt, daß ich verzichten muß, sie im einzelnen hier zu entwickeln; die Budgetkommission versteht sie ohnehin.
Ich komme nun zu den Staatsverwaltungsausgaben. Sie haben, wie ich schon andeutete, eine Mehreinnahme von 10 Millionen rund und eine Mehrausgabe im Ordinarium von 24 Millionen. In diesem Jahre hat auch das Ordinarium eine er⸗ hebliche Vermehrung erfahren, und zwar von fast 14 Millionen. Das Extraordinarium ist aber noch stärker gestiegen, nämlich von 66 758 600 im laufenden Jahre auf 99 350 000, folglich um rund 29 ½ Millionen.
Meine Herren, ich möchte zur Rechtfertigung namentlich in Bezug auf frühere Aeußerungen, die hier sowohl von mir als auch von anderer Seite gefallen sind, noch hervorheben, daß die Finanz⸗ verwaltung in diesem Jahre so reichlich fließender Einnahmen sich erft recht bewogen gefunden hat, bei den Ausgaben auch ungünstigere schlechtere Jahre ins Auge zu fassen. Ich habe meine Dezernenten dahin instruiert, in dem Falle, wo Ausgaben vorkommen, welche man sicher in den nächsten Jahren leisten muͤß und die man dauernd über⸗ haupt nicht zurückweisen kann, diese Ausgaben, soweit die Finanzlage es gestattet, schon in diesem Jahre zuzugestehen, selbst wenn man sie noch einige Zeit hätte zurückschieben können. Das werden Sie fast in allen Etats finden. Außerdem sind die Raten aus demselben Grunde hoch gehalten. Endlich ist das gesammte Extraordinarium so gestellt, daß es mindestens die Bedürfnisse dieses Jahres, wahrscheinlich auch noch vorgreifend zum theil die Bedürfnisse andeter Jahre, decken kann. Ich sage das, meine Herren, um zu zeigen, daß wir — weder das hohe Haus noch der Finanz⸗Minister — trotz des Drängens aller Bevölkerungsklassen, trotz des natürlichen Drängens meiner Herren Kollegen uns nicht haben verführen lassen, in dieser Hausse⸗Periode mitgerissen zu werden, sondern daß wir, wie das in einer großen Finanzverwaltung vor allem nothwendig ist, auch für ungünstigere Jahre Voraussicht geübt haben und daher mit um so sicherer Ruhe auch in möglicherweise ungünstige Jahre hineintreten können.
Meine Herren, beim Finanz⸗Ministerium, welches eine Erhöhung von etwa 5 Millionen hat, finden Sie eine Erhöhung der Zivilpensionen um 2 Millionen, der Wittwen⸗ und Waisengelder um 1 200 000 ℳ Außerdem verlangt die Postverwaltung und hat er⸗ halten eine Erhöhung des Porto⸗Aversums um 1 300 000 ℳ
Im Extraordinarium finden Sie die dritte Rate zum Neubau der Kaiser Wilhelm⸗Bibliothek und des Provinzial⸗Museums in Posen mit einer halben Million. Sie finden den Rest des Kauf⸗ geldes für das sogenannte Akademieviertel in Berlin, den vorigjährigen Beschlüssen dieses hohen Hauses entsprechend, mit einer Million. Sie finden die Beihilfe für den Neubau des Stadttheaters in Posen mit 880 000 ℳ, d. h. zwei Dritteln der Gesammtkosten des Neubaues, während die Stadt Posen ein Drittel dieses Neubaues übernimmt.
Die Entscheidung über die Entfestigung der Stadt Posen ist leider noch nicht erfolgt; die zwischen der Stadt und der Militärverwaltung
werden wird. Vor dem Brandenburger Thor im Thiergarten soll aus Gründen,
finden für die dort zu errichtenden Denkmäler. Die Kosten dieser
311 000 ℳ
sieht hier, daß man die Abgaben von den Kanälen und Wasserstraßen durchaus nicht so niedrig zu schätzen hat, wie es sonst wohl üblich ist — bisweilen auch aus taktischen Gründen. Jahre hindurch erhebliche Mehreinnahmen aus den Wasserstraßen gehabt, wir haben auch Wasserstraßen, die die Zinsen der Anlage⸗
hört! links.) Das werden auch sehr bald, wie ich glaube, die märki⸗ schen Wasserstraßen thun.
eingetreten, hauptsächlich durch Vermehrung der etatsmäßigen
Stellen von Regierungs⸗ der Seehäfen, Binnenhäfen und Kanäle.
5 ½ Millionen auf 32 oder, man kann sagen, auf nahezu 33 Millionen gestiegen ist — ein recht großer Betrag; ich kann mich noch erinnern, daß er noch nicht einmal die Hälfte hiervon betrug eine Steigerung von 2 Millionen für den Wegeablösungsfonds in den östlichen Landestheilen, der jetzt von 7 auf 9 Millionen erhöht ift. Sie finden eine erste Rate für die
der Schiffahrtsverhältnisse der unteren Havel mit 2 225 000 ℳ, für den Ausbau der schiffbaren Spree mit 1 200 000 ℳ, während der Etat der landwirthschaftlichen Verwaltung einen Betrag von 1 000 000 ℳ für die Betheiligung des Staats an dem Ausbau der nicht schiffbaren Spree enthält. Die Gesammtkosten dieser Projekte betragen rund 68 Millionen Mark, und es ist beabsichtigt, daß der Staat davon % zu übernehmen hat, während wir sonst bei solchen Meliorations⸗ bauten nie weiter als auf ½ gegangen sind. Meine Herren,
b Ein ommenften mit 15 000 000 höber veranschlagt, entsprechend
* 8
Preußen günstige Differenz. “ 22
itA 1“
Diese Differenz entsteht
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1
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aber nur dadurch, aber
hierbei ausdrücklich erkläten, daß die Verwendung der aus⸗
die demnächst klargelegt werden, eine Umgestaltung des Platzes statt⸗
Umgestaltung, soweit sie dem Staate zur Last fallen, betragen
kapitalien weitaus decken und noch Netto⸗Ueberschüsse einbringen. (Hört!
Im Extraordinarium der Bauverwaltung, welches jetzt um
nach den Verträgen mit den Provinzen, Kreisen und Interessenten
schwebenden Verhandlungen sind noch nicht zum Abschluß gekommen. Es kann aber sein, daß je nach Maßgabe, wie dieser Abschluß recht zeitig erfolgen wird und wie er aussieht, möglicherweise in dieset Session das hohe Haus mit dieser Frage auch selbst noch befaßt
Meine Herren, die Bauverwaltung hat eine Mehreinnahme 3 von einer Million aus der Vermehrung der Verkehrsabgaben. Man
Wir haben die letzten
Im Ordinarium ist eine mäßige Erhöhung von einer Million
und Bauräthen und Bauinspektoren, “ dann aber auch durch das Wachsen der Kosten für dier Unterhaltung b
Verbesserung der Vorfluth der unteren Oder mit 3 Millionen, für die Verbesserung der Vorfluth und 8
ich maßsß