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Qualität
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Verkaufte
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner Menge
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Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) Durch⸗ nach überschläglicher schnitts⸗ Schätzung verkauft preis Doppelzentner (Preis unbekannt)
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Paderborn . 85 1““ Mayen Kleve. Krefeld ök44“ 13,10 11114AA*“ 10,75 XX4XX“ 13,06 Regensburg. ö“ — vL1AAAA4X*X“ 12,50 h44X““ 13,60 I 1X“ 13,00 ““ — Mainz.. 13,80
B emerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung,
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koch: Hafer. 12,60 12,75 13,00 12,30
13,25 13,25 13,50 13,50 13,25 13,25 12,80 12,80 11,80 12,80 15,80 17,00 13,98 15,05 14,82 15,34 1420 14220 6 14,00 14,40 13,60 11,00 14,40 14,40 13,40 50 13,75 14,00 ““ 14b1—— 19 88g6“
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12,72 12,70 12,75 12,75 26. 13,50 13,00 25. 13,14 13,70 18.
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det m Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Deutscher Reichstag.
39. Sitzung vom 1. Februar 1901. 1 Uhr.
Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1901 wird bei dem Etat des Reichsamts des Innern, und zwar bei dem Kapitel „Kaiserliches Gesundheits⸗ amt“ fortgesetzt.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.) will eine Anregung betreffs verstärkter Theilnahme des Reichs an der Malariaforschung geben. Es wäre wohl Sache des Reichs, ein Ineinanderarbeiten zoologischer und medizinischer Kräfte auf diesem Gebiet bei der biolo⸗ gischen Abtheilung, die man selbständig machen sollte, zu organisieren oder wenigstens den Medizinern einen Zoologen beizuordnen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Als die biologische Abtheilung beim Kaiserlichen Gesundheitsamt begründet wurde, regte man schon damals die Frage an, ob auf die Dauer die Verbindung dieser Institute sich als nützlich und nöthig erweisen werde, ob sie dem einen oder anderen Zweige des Gesammtinstituts nicht hinderlich oder sogar schädlich sein werde. Ich ließ damals die Frage offen und erklärte, man müsse erst an der Hand des alten Instituts diese biologische Abtheilung sich allmählich ent⸗ wickeln und so klarer hervortreten lassen, welche praktischen Ziele sie verfolgen könne. Erst danach könne man beurtheilen, ob eine Abtrennung der biologischen Abtheilung stattzufinden habe und — eine besonders wichtige und schwerwiegende Frage — wo eventuell ein selbständiges biologisches Institut zu domizilieren sei. Wie der Herr Vorredner bereits andeutete, ist jetzt ein Beirath aus hervor⸗ ragenden Männern der Wissenschaft gebildet, um die biologische Ab⸗ theilung bei ihren Arbeiten zu berathen und namentlich mitzuwirken bei der Feststellung des Arbeitsplans. Ich glaube, die Berathungen dieses neuen Sachverständigen⸗Kollegiums werden sich auch seiner Zeit mit der Frage zu beschäftigen haben, ob die biologische Abtheilung besser in ihrem bisherigen Verhältniß zum Kaiserlichen Gesundheits⸗ amt zu belassen, oder ob sie zur wirksameren Erreichung ihrer Ziele selbständig zu machen ist. Ohne den verbündeten Regierungen vorgreifen zu wollen, habe ich das Gefühl, daß schließlich die Entwickelung dahin gehen wird, ein selbständiges biologisches Institut zu begründen. (Hört! hört!) Aber vorher muß die eine Frage gelöst werden — und die kann nur von dem Sach⸗ verständigen⸗Kollegium gelöst werden —, wo würde man das Domizil einer selbständigen Abtheilung am besten hinverlegen? Man wird prüfen müssen, ob insbesondere die lokalen Verhältnisse in Dahlem, um mich präziser auszudrücken, die atmosphärischen Verhältnisse in Dahlem geeignet sind, dort ein biologisches Institut auf die Länge bestehen zu lassen. Wir haben Reichs⸗Institute, die wir, wenn wir heute noch freie Hand hätten, niemals dahin legen würden, wo sie jetzt thatsächlich liegen, weil sich später herausgestellt hat, daß die lokalen Verhältnisse den wissenschaftlichen Arbeiten dieser Reichs⸗ institute nicht günstig, wenn nicht schwer hinderlich sind. Wenn man also eine selbständige biologische Abtheilung in Zukunft begründen
Ulte, so wird eine vorsichtige, auf längere Erfahrungen begründete Prüfung vorausgehen müssen, wo der geeignete Ort für die Begründung einer solchen Anstalt ist; denn selbstverständlich muß für eine solche Anstalt vermieden werden, daß man wegen der wissenschaftlichen Versuche, die innerhalb einer solchen An⸗ stalt vorgenommen werden müssen, in Reibungen mit der um⸗
Bevölkerung kommt, und zweitens muß man dafür sorgen, daß in den lokalen Verhältnissen nicht Einflüsse liegen, die die Richtigkeit und die Zuverlässigkeit der wissenschaftlichen Versuche, die dort gemacht werden, nach gewisser Richtung hin stören, sodaß sie viel⸗ leicht nicht maßgebend für die Verhältnisse im übrigen Lande sein können. Ich meine, es wird eine wichtige Aufgabe dieses neuen Bei⸗ raths sein, diese Frage zu prüfen, und erst dann wird man in nicht allzulanger Zeit über die Endfrage: ist die Verbindung zwischen Kaiserlichem Gesundheitsamt und der biologischen Abtheilung zu be⸗ lassen, oder ist ein selbständiges Institut zu begründen? — im Schoße der verbündeten Regierungen sich schlüssig machen.
Was die zweite Frage, die Malaria⸗Frage betrifft, so haben wir ja auf diesem Gebiete, was Herr Professor Dr. Koch erforscht hat, demselben so große Erfolge zu verdanken, daß ich nicht wage zu sagen, daß wir noch weitere Studien unsererseits machen könnten. Es steht uns, glaube ich, kein Gelehrter zur Verfügung, der so ausgezeichnet Bescheid weiß in dieser Frage, wie Professor Dr. Koch; aber ich meine allerdings, daß es richtig sein wird, auf den Koch⸗ schen Forschungen weiter zu bauen in der Richtung, die Pro⸗ tozoen⸗Forschung auszudehnen auf die medizinische Wissenschaft. Das ist allerdings eine Aufgabe, die meines Erachtens dem Kaiserlichen Gesundheitsamt obliegt. (Sehr richtig!) Ich meine, zu diesem Zwecke würde es allerdings nöthig sein, daß man in einer Malariagegend (sehr richtig!), welche, wenn auch nicht über Ser ge⸗ legen, doch noch innerhalb Curopas liegt, lokale Forschungen macht und einen jüngeren Gelehrten, der sich speziell mit dieser Frage befaßt
nachdem er längere und lohnende Forschungen angestellt über die Malaria in Verbindung mit der medizinischen Wissenschaft, später innerhalb des Rahmens des Reichsdienstes verwenden könnte und würde, kann eine spätere Frage sein. Ich glaube aber, es wird nützlich sein für die medizinische Wissenschaft, in dieser Weise auf Grund lokaler wissenschaftlicher Forschungen die Protozoen⸗Forschung auf die medizinische Wissenschaft auszudehnen. (Bravo!)
Abg. Antrick (Soz.): Es wird erinnerlich sein, wie der Präsident des Kaiserlichen Gesundheitsamts und der Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath meine Beschwerde über Mängel in Berliner Krankenhäusern als unbegründet hingestellt und auf den europäischen Ruf hingewiesen haben, dessen sich diese Anstalten erfreuten; Prinz Carolath forderte mich zur Erhärtung meiner Anklagen im Einzelnen auf, damit man Untersuchungen eintreten lassen könne. Als ich meine Angaben spezifiziert hatte, erklärte der Präsident Köhler sie für über⸗ trieben, es solle aber eventuell Remedur geschaffen werden. frage jetzt, wie weit diese Untersuchungen gediehen sind, und ob sie zur Beseitigung der gerügten Mißstände geführt haben. Infolge meiner damaligen Rede habe ich eine Fülle von zustimmenden Zuschriften aus allen Theilen des Reichs erhalten, auch von Aerzten. Nur dasjenige von dem mir zugekommenen Material, was durchaus beglaubigt ist, unterbreite ich der Oeffentlichkeit. Insbesondere erscheint reformbedürftig die heutige Einrichtung in Ansehung der Auswahl, Besoldung und Fort⸗ bildung des Fmnaken teheher ünehe Die Krankenwärter werden zu schlecht bezahlt und sind außerordentlich angestrengt, haben zuweilen eine mehr als 16stündige Dienstzeit und werden vielfach schlecht beköstigt. In Berlin besteht vielfach eine Arbeitszeit von 17 bis 18 Stunden. Die Gehälter erreichen selbst für die Oberwärter nur 50 ℳ monatlich; die staatlichen Anstalten zahlen ganz besonders niedrige Löhne; so fängt die Charito mit 19 ℳ an. Auch in Hamburg beträgt die Arbeitszeit 14 bis 15 Stunden. Die Löhne der Wärterinnen und Oberwärterinnen sind entsprechend niedrig. Dabei hat sich in diesem Gewerbe die Stellenvermittelung mit allen ihren häßlichen Neben⸗ erscheinungen gerade so breit gemacht wie anderswo; eine Kranken⸗ wärterstelle wird mit bis zu 50 ℳ bezahlt. So sind die eigenthüm⸗ lichsten Elemente in die Krankenhäuser eingedrungen. Die Wohn⸗ stätten und Schlafräume der Wärter sind meistens unter aller Kritik; ja manche Krankenhäuser, so in Sachsen, sorgen überhaupt nicht für Schlafräume für ihr Wärterpersonal. Vielfach liegen die Schlaf räume unterirdisch, sind ungesund und feucht. Die Behandlung der Krankenwärter läßt Alles zu wünschen fübrig; daher erklärt sich nicht zum geringsten Theile auch der überaus rasche Wechsel im Personal. Mir sind Fälle bekannt, sogar in Berlin, wo Wärter in den Kranken⸗ häusern beim Tragen von Kranken einen Unfall erlitten, Knochen⸗ brüche u. s. w. davongetragen haben; dann werden sie zwar nicht entlassen, denn dieses Odium, einen Krüppel auf die Straße gesetzt zu haben, ersparen sich die Verwaltungen doch, aber sie bekommen keine Zulage, wenn sie Jahre lang zu leiden haben; höchstens, daß man ihnen Stellen anweist, wo sie sich gewisse Nebenverdienste erwerben können, also auf Almosen angewiesen werden, welche sie aber erst noch aus den Kranken herauszupressen suchen müssen. Daß darunter die Kranken selbst schwer zu leiden haben, ist selbstverständlich, namentlich wenn es sich um die Kranken handelt, die von den Krankenkassen in die Krankenhäuser geschickt worden sind. Da müssen denn die Angehörigen sich ins Mittel legen, sie müssen zu Hause Noth leiden, um dem Kranken, d. h. dem Wärter, etwas zu⸗ kommen zu lassen. Die Eier, der Wein, welcher zur Stärkung ver⸗ ordnet wird, gehen einfach in die Hände des Wärters über, der sie entweder selbst verbraucht oder anderen Kranken verkauft, die dafür bezahlen können. Man kann sagen, die Wärter müssen stehlen, weil sie so jämmerlich bezahlt werden. Wie wollen Sie mit einem solchen Personal den Aufgaben der Krankenhäuser, der öffentlichen Hospitäler gerecht werden, wenn einmal eine Epidemie ausbricht? Daß die Gemeinden besser bezahlen können, dafür hat man ja Beispiele. Die Pflegeschwestern er⸗ halten höhere Sätze. (Zwischenruf des Abg. Dr. Langerhans: Das sind Gelernte!) Ja, auch die gelernten Wärter und Wärterinnen bekommen nur 23, 24 ℳ als Anfangsgehalt. Jene Schwestern bekommen das beste Essen; das Essen des Wärter⸗ personals ist manchmal so schlecht, daß sie es nicht zu sich nehmen können, sondern sich anderwärts beköstigen müssen, was wieder Geld kostet. Aus den vorgetragenen Thatsachen werden Sie hoffentlich den Schluß ziehen, daß die so beschaffenen Zustände einer gründlichen Aenderung bedürfen. „ J. den dringenden Wunsch, daß der neue Reichs⸗Gesundheitsrath sich einmal mit dieser Materie beschäftige; denn bis in den einzelnen Landtagen und von den Einzelregierungen etwas schieht, wird wohl noch viel Wasser den Berg hinunterfließen. r Finger muß einmal in diese klaffende Wunde gelegt werden. Wer das preußische Abgeordnetenhaus kennt, weiß, daß dieses für alles, nur nicht für Kulturausgaben wie diese Geld übrig hat. Kurze „ nachdem ich meine Rede hier gehalten hatte, sind in zahlrei Krankenhäusern Revisionen veranstaltet worden, wobei eine Reihe scheußlicher Mißstände, die ich berührt hatte, zur Feststellung gelangte; aber es hat in einem mir s bekannt gewordenen Falle geheißen: Ja, wenn das alles ab⸗ gestellt und gebesse we sollte, was beanstandet wird, dann müßten wir ja neue Steuern auferlegen, dann würden ja die Arbeiter überhaupt nicht mehr arbeiten, sondern einfach in die Krankenhauser gehen. denkt man in amtl Kreisen! Es ist unzweifelhaft, daß in den letzten Jahren vieles besser geworden ist, aber es könnte noch viel besser sein, wenn man nicht mit Worten begnügte, sondern den ernsten Willen e, dem Uebel ernsthaft zu Leibe zu gehen. In dem Krankenhaufe, in dem ich gelegen habe, sind einige eingetreten; aber die schlechte Löhnung und Behandlung, die beitszeit der Wärter, alles das ist unverändert. Man 2 das bum nach China unter Auf⸗ —⁸ Hunderten von Millionen; hier ist eine viel schönere Ge praktisches Christenthum zu trhiben.
hat, mit he! Aufgabe betraut. Wie man nachher diesen ne 8 8 1 1. 5 8 * ““ 8
Kommissar des Bund „Geheimer Ober⸗ inalrat Dr. Pistor: Unmittelbar der Rede, die g. Nüanngh “
im vorigen Jahre über das Moabiter Krankenhaus gehalten hatte, ist dieses Krankenhaus revidiert worden. Dabei haben sich die Angaben des Vorredners über die Wärterverhältnisse als unrichtig herausgestellt. Die Wärter erhalten nicht 19 bis 20 ℳ, sondern nach Feststellung des Geheimen Raths Kirchner beginnt das Gehalt mit 27 ℳ und steigt bis 60 ℳ bei freier Station, Wohnung und Kleidung. Die Arbeitszeit dauert von 6 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends einschließlich einer Ruhepause von 3 bis 4 Stunden, wo die Wärter zwar nicht schlafen, aber ruhig sitzen können. Der Herr Vor⸗ redner beschwert sich über das Trinkgelderwesen; ich habe Häuser be⸗ sucht, in denen das Trinkgelderwesen absolut verboten war, und ich bin mein Trinkgeld doch los geworden. Trinkgelder werden immer für gewisse Gefälligkeiten gegeben werden. Was die Vorbildung der Wärter betrifft, so werden nur unbescholtene und nach ärztlichem Zeugniß gesunde Wärter angestellt, die eine genügende Vorbildung genossen haben. Die Räume werden nach dem Berichte des Ver⸗ waltungs⸗Direktors Merke dreimal täglich desinfiziert. Badewannen sind genügend vorhanden. Die Revision fand den folgenden Morgen nach der Rede des Abg. Antrick statt. Man könnte also annehmen, daß das Moabiter Krankenhaus darauf eingerichtet war. Mein Chef hat aber eine unvermuthete Revision sämmtlicher Krankenhäuser Berlins angeordnet, und der Referent des Polizei⸗Präsidiums hat erst eine halbe Stunde vorher den Vorsitzenden der Krankenhaus⸗Deputation per Telephon dahin verständigt; man kann doch ein Haus nicht be⸗ treten, bevor man sich mit dem Eigenthümer verständigt hat. Sämmt⸗ liche Krankenhäuser, auch der Woßlthäͤtigteitsvereine, Genossenschaften und Kongregationen sind ebenfalls revidiert worden; und das Ergebniß ist in jeder Hinsicht durchaus befriedigend. Wenn der Lohn be⸗ mängelt worden ist, so darf man nicht vergessen, daß es den Kom⸗ munen, abgesehen von Städten wie Berlin, Frankfurt a. M., sehr schwer ist, darin weiter zu gehen, als geschehen ist. Im übrigen möchte ich dringend bitten, wenn Mißstände vorkommen, uns die Namen zu nennen, damit die zuständigen Behörden einschreiten können. Schon im Jahre 1878 sind Erhebuugen über die Stellung des Pflegepersonals im preußischen Staat angestellt worden: diese Berichte haben aber kein Material beigebracht, das dazu veranlassen könnte, weiter darauf einzugehen. Weitere Erhebungen stehen in Aussicht; den Wärtern wird nichts Unbilliges zugemuthet. Es giebt Schwestern, die vier Wochen lang ununterbrochen gewacht haben, ohne daß es ihnen schadete. Die Wohnungseinrichtungen für die Wärter sind in Berlin ausreichend. In einzelnen Krankenhäusern sind sie in Souterrainwohnungen untergebracht. Auf die übrigen Punkte einzu gehen, habe ich nicht nöthig.
Abg. Dr. Endemann (nl.): Die ausgeworfene Gehaltserhöhung von 4000 ℳ für den Präsidenten des Kaiserlichen Gesundheitsamts ist völlig gerechtfertigt, da das Kaiserliche Gesundheitsamt von Jahr zu Jahr eine größere Bedeutung gewinnt und sein Wirkungskreis sich immer mehr erweitert. Auch die diesmal im Etat vorgesehene Ernennung eines neuen Mitgliedes, für welches 4500 ℳ verlangt werden, ist freudig zu begrüßen, da diese Ernennung der Förderung des Veterinärwesens gelten soll, welches immer wichtiger in unserem öffentlichen Leben wird. Fs ist unbedingt geboten, daß die Veterinärärzte einen höheren Stand⸗ punkt einnehmen, vor allem, daß sie eine ausgezeichnete Vorbildung er⸗ halten, damit sie in Bezug auf die Anforderungen des Fleischbeschaugese allen Ansprüchen genügen. Wenn neulich ein Redner der Rechten gesagt hat, man müsse Häckel's „Welträthsel“ verbieten, dann könnte man mit demselben Recht auch die mikroskopischen Forschungen in
der biologischen Station verbieten. Leider ist das Interesse selbst unter unseren Kollegen hier im Reichstage für diese Forschungen noch
ein sehr geringes. Als der Präsident des . un Gesundheitsamts im vorigen Jahre zu einem Vortrag T
ladungen ergehen ließ, damit man das geplante Institut kennen lernen solle, hat sich leider nur eine geringe Anzahl der Herren Kollegen eingefunden, obgleich der dort vorgezeigte Pestbacillus an der Kette lag und also nicht beißen konnte. Was die Flußverun⸗ reinigungen betrifft, so wird eine besondere Kommission oder das Kaiserliche Gesundheitsamt einen Druck auf die Einzelstaaten ausüben müssen, damit sie ihrerseits den Flußverunreinigungen mehr steuern. Auch eine einheitliche Regelung der fakultativen Feuerbestattung er⸗ scheint nothwendig, nachdem in den verschiedenen Bundesstaaten in
dieser Beziehung eine verschiedenartige Praxris befolgt wird. In Bezug b t Deutschland in den letzten Jahrzenten große Fortschritte gemacht, und wir dürfen auch noch weitere Fort⸗
auf die Krankenanstalten
schritte erwarten. Der Abg. Antrick hat wohl etwas nach dem Sprichwort gehandelt: Calumniare audacter, semper aliquid
haeret.
Abg. Dr. Hahn (b. k. F.): Ich kann den vorgeschlagenen Neu⸗ forderungen nur zustimmen und thue dies schon aus schuldiger Rücksichtnahme auf die 687seffe der Budgetkommission. die Flußverunreinigung betrifft, 2 on Mi im preußischen Abgeordnetenhause nur die rechtliche Seite dieser Frage berührt, dagegen die hoygienische Nothwendigkeit von neuen hcgh nicht erörtert, 1.. 724 für gen sesbseer saendlüch giche Ich n
ß das neue biologische Institut vollständig selbständig — verkenne veermage⸗ dann die Frage des Domizils zu keiten führen kann. sind auf diesem Gebiete von den F überholt worden; ich erinnere nur daran, daß durch Impfu die Tollwuth im Institut 5— Frankreich Hunderte den Püchene erhalten worden sind. Ebenso sind durch das ium der Seidenraupen⸗Krankheit große Verm erhalten geblieben. Der Redner auf zwei Malaria⸗Mücken hin, welche von dem 82 Müller auf den Tisch des Hauses niedergelegt worden sind von einer Gruppe von Abgeordneten eifrig Mücken müßten sehr u studiert werden. Es sei doch sehr bedeut⸗ sam, unsere bentschen Nie bis tief in das 19. Jahrhundert
bern ‿ —89 V spricht 8, e E würden. Das verlange unsere nationale ö1 Langerhan 8 (fr. Volksp.) tritt für die obligatori v
Gegen 32 wü
n. erden nur kir Feseraenweüht, werne; aber eine so s Ei nicht 128 tattung zu verbieten, —
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in kein Anlaß vor; das sei
r dieses Thema Ein-.
o hat der Vize⸗Präsident I)r. von Miquel
lache, und man könne ja auch keine Familie
hindern, die Feuerbestattung ihrer Angehörigen im Auslande vor⸗ nehmen zu lassen. Redner geht dann auf die Verhältnisse der Thierärzte ein und verlangt als Vorbedingung für das thierärztliche Studium die Bestehung der Maturitätsprüfung. Der Abg. Antrick stelle es so dar, als wenn all: Krankenhäuser schlecht seien. Es müsse aber doch anerkannt werden, daß die Berliner Krankenhäuser ganz erhebliche Fortschritte gemacht hätten; die alten Kranken⸗ häuser allerdings entsprächen noch nicht modernen Ansprüchen. Daß die Wärter Fehler machen, sei nicht ganz aus der Welt zu schaffen. Das Wärterpersonal ließe allerdings manches zu wünschen übrig. Nicht alle seien genügend vorgebildet. Krankenhaus⸗ schwestern und Wärterinnen seien den Krankenwärtern vorzuziehen. Die städtische Verwaltung Berlins sei auf das eifrigste bemüht, auch hier Wandel zu schaffen. Mitunter brächten die Zeitungen über die Krankenhäuser Berichte, die von A bis Z erfunden seien; er könne
dafür Namen nennen. Wenn man behauptete, daß die Kranken sich
aus Furcht vor der Rache der Wärter nicht zu beschweren wagen, so
muüßte allerdings die Oeffentlichkeit und die Presse in Anspruch ge⸗
nommen werden, und darum sei es gut, daß der Abg. Antrick seine Beschwerden vorgebracht habe; denn es sei nicht zu leugnen, daß selbst in den besten Krankenhäusern Fehler vorkämen. .
Abg. Singer (Soz.): Ich würde mich wundern, wenn jetzt in den Krankenhäusern ein Krankenwärter noch wegen der Annahme von Trinkgeldern entlassen würde, da er sich ja auf den Herrn Geheimen Rath Pistor berufen kann. Hätte die Rede des Abg. Antrick vom vorigen Jahre auch nur die erwähnten unvermittelten Revisionen zur Folge
gehabt, so wäre das schon ein großes Verdienst unseres Kollegen. Derselbe hat auch nicht alle unsere Krankenhäuser in Grund und Boden verurtheilt; er hat aus seinen eigenen traurigen Er⸗ fahrungen Mittheilungen gemacht darüber, wie es in solchen und noch dazu verhältnißmäßig gut geleiteten Krankenanstalten zu⸗ geht. Wie muß es nun erst in Krankenhäusern stehen, welche nicht mit den Mitteln Berlins ausgestattet sind? Jeder Kranke verläßt das Krankenhaus mit dem Gedanken: Wie traurig, daß für die armen Kranken nicht besser gesorgt ist! Herr Langerhans ruft mich zum Zeugen auf dafür, daß wir in Berlin seit Jahren bemüht sind, die Verhältnisse der Krankenhäuser zu verbessern. Ganz unbedingt kann ich dem nicht zustimmen. Es ist richtig, die Löhne sind aufgebessert worden; es hat aber großer Mühe bedurft, die Verwaltung dahin zu bringen, Mißstände auf diesem Gebiet anzuerkennen. Können infolge der Ueberlastung des Warte⸗ personals Dinge vorkommen in den Krankenhäusern, wie sie Antrick vorbrachte, so verlieren die Hinweise des Herrn Geheimraths Pistor auf die schönen Instruktionen jeden Werth. Nicht auf die schönen Instruktionen kommt es an, sondern darauf, daß sie auch innegehalten werden. Die liebenswürdige Sprechweise des Herrn Endemann hat dem Hause nicht ganz zum Bewußtsein gebracht, daß er mit dem Worte schloß: Verleumde dreist, es bleibt doch etwas hängen! Wie kommt der Kollege Endemann zu einer solchen Beleidigung meines Freundes Antrick? Will er damit den Grad seiner gesellschaftlichen Bildung dokumentieren? 8 Abg. Antrick: Der Kommissar des Bundesraths hat meine vorigen Ausführungen theilweise für unwahr erklären wollen. Ich halte alles aufrecht, was ich damals angegeben habe. In Berlin kommen auf 30 Kranke 3 Wärter; die Nachtwachen werden auch heute nur von einem Wärter besorgt. Die Ermittelungen über die Arbeits⸗ zeit, welche der Chef des Kommissars hat anstellen lassen und welche der letztere hier hat anstellen lassen, sind ebenfalls unrichtig, soweit sie sich auf das Moabiter Krankenhaus beziehen. Das Trinkgelderunwesen hat man hier direkt zu vertheidigen gesucht. Woher weiß der Re⸗ gierungsvertreter, daß nur gesunde Krankenwärter angestellt werden? In der Station, auf der ich lag, war ein Wärter direkt geschlechts⸗ krank! Ich habe behauptet, daß Ansteckungen vermittelt werden können dadurch, daß den Raum, wo das Sputum und die Erkremente von Infektionskranken bis zur Untersuchung aufbewahrt werden, alle Kranken der Station, die sich zum Kloset begeben wollen, passieren müssen. Dagegen hat der Kommissar überhaupt nichts Zutreffendes vor⸗ gebracht. Die Badewannen sind trotz aller schönen Vorschriften nicht ge⸗ reinigt worden. Was der Regierungsvertreter über die Lohn⸗ und Arbeits⸗ zeit vorbrachte, widerlegt meine Angaben in keiner Weise. Ich bleibe dabei, daß die Löhne vielfach ungenügend sind und die Arbeits zeit viel zu lang ist. Der von mir angeführte Hamburger Fall ist unwiderlegt geblieben. Wenn der Regierungsvertreter einmal in einem Krankenhaus behandelt würde, würde er wohl anders urtheilen. Höchst eigenthümlich ist es doch, daß es den Krankenhäusern bekannt gegeben wird, wenn eine Revision bevorsteht. Wenn der Abg. Endemann am Schlusse seiner Rede mir Verleumdungen vorgeworfen hat, so ist das ein so schwerer Vorwurf, daß ich für denselben keinen parlamentarischen Ausdruck habe. Wenn es parlamentarisch zulässig wäre, würde ich diese Handlungsweise als ehrlos bezeichnen.
Abg. Dr. Südekum (Soz.) bringt als Vertreter von Nürnberg die Milzbranderkrankungen r Arbeiter in Pinselfabriken und Roß⸗ haarspinnereien zur Sprache und behauptet, die zum Schutz der Arbeiter erlassenen Bundesrathsverordnungen entsprächen nicht den Wünschen der Arbeiter und seien nach verschiedenen Richtungen hin reform⸗ bedürftig. Redner führt zum Beweis dieser Reformbedürftigkeit und für die mangelhafte Durchführung der Verordnungen verschiedene Beispiele an und kommt außerdem auf den bekannten, in der Universitätsklinik zu Jena vorgekommenen Fall zurück, wo einem ein⸗ gesperrten Kranken kein Wasser verabreicht worden sein solle.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: 8 Meine Herren! Ich muß es selbstverständlich unterlassen, meritorisch einzugehen auf die Ausführungen des Herrn Abg. Antrick; ich muß das dem preußischen Herrn Kommissar üÜberlassen, soweit er sich dazu noch veranlaßt fühlt. Aber das möchte ich doch dabei be⸗ merten, daß aus dem Gesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten so weitgehende Kompetenzen des Reichs⸗Gesundheits⸗ raths nicht hergeleitet werden können, um sich in diese Einzelheiten der Krankenhaus⸗Verwaltung der Einzelstaaten zu vertiefen. Es ist in dem Reichs⸗Gesundheitsratch zwar eine besondere Abtheilung für Heilwesen gebildet; diese Abtheilung für Heilwesen wird sich mit derartigen Fragen — Organisation der Krankenhäuser, Maßregeln gegen Verschleppung von ansteckenden Krankheiten u. s. w. — eingehend beschäftigen, sie wird auch eine sehr große Autorität auf diesem Gebiete beanspruchen köͤnnen und dadurch ein gewisses Schwer⸗ gewicht ausüben können auf das, was im einzelnen Fall in dieser Richtung geschieht. Aber es ist ebenso unzweifelhaft, daß die einzel⸗ staatlichen Verwaltungen an sich bei Unterdrückung der Krankheiten, die unter das Gesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, überhaupt fallen, nach wie vor vollkommen unabhängig geblieben sind. Ich muß in dieser Beziehung auf § 37 verweisen, wo es ausdrücklich heißt: „Die Anordnung und Leitung der Abwehr⸗ und Unterdrückungs⸗ maßregeln liegt den Landesregierungen und deren Organen ob.“
Es ist ferner die Frage angeregt worden, ob man nicht für die
näre auch das Abiturienteneramen als Vorbedingung ihrer Vor⸗
g fordern sollte. Die Frage ist bereits zwischen dem Reichsamt
des Innern und dem Kaiserlichen Gesundheitsamt Gegenstand einer
eingehenden Erörterung gewesen und liegt jetzt bei den preußischen
Ressorts zur Entschließung. Ich kann deshalb weitere Auskunft über den Stand der Sache zur Zeit nicht geben.
Es ist ferner darauf hingewiesen worden, daß der Gesundheits⸗
rath, wie es schien, nicht reich genug dotiert sei für die Zwecke, die er
zu erfüllen habe. Meine Herren, der Gesundheitsrath ist nach dem
vorliegenden Etatsentwurf noch garnicht dotiert, sondern die Kosten des Reichs⸗Gesundheitsraths sollen vorläufig noch aus dem Fonds des Kaiserlichen Gesundheitsamts bestritten werden; erst wenn der Reichs⸗ Gesundheitsrath vollständig organisiert und in Thätigkeit getreten sein wird, wird man übersehen, welche Aufwendungen er erfordert, und in dem demnächst vorzulegenden Etat für 1902/3 wird jedenfalls die Ausgabe für den Reichs⸗Gesundheitsrath besonders berücksichtigt werden.
Dem Herrn Abg. Dr. Endemann möchte ich erwidern, daß die Ausführungsvorschriften auf Grund des Gesetzes zur Bekämpfung ge⸗ meingefährlicher Krankheiten, soweit es sich um die Pest handelt, bereits erlassen und im Reichs⸗Gesetzblatt zum Abdruck gelangt sind.
Auf die fakultative Feuerbestattung will ich mich nicht einlassen; meines Erachtens ist das eine Sache, mit der das Reich garnichts zu thun hat. Wir verhindern niemand, sich begraben oder verbrennen zu lassen, wo er will, aber er muß sich dabei eben nach den gesetzlichen Bestimmungen richten, die in den Einzelstaaten bestehen.
Ueber das biologische Institut wird Ihnen in allernächster Zeit, ich hoffe im Verlauf von 14 Tagen, eine eingehende Denkschrift des Kaiserlichen Gesundheitsamts zugehen, die sowohl über die Begründung, wie über die bisherige Thätigkeit der Anstalt Auskunft giebt. Ich glaube, der Herr Abg. Dr. Hahn war im Irrthum, wenn er annahm, daß nur 60 000 ℳ für die biologische Anstalt eingestellt wären. In den außerordentlichen Etat für 19012 sind überhaupt nur 19 500 ℳ für den Bau eines Gewächshauses eingestellt. (Zuruf rechts.) Im übrigen möchte ich anführen, daß die biologische Abtheilung die Ausgaben des Kaiserlichen Gesundheitsamts ganz außerordentlich gesteigert hat. So war im Jahre 1898 die Zahl der Mitglieder 11, im Jahre 1900 18, die Zahl der technischen Hilfsarbeiter im Jahre 1898 10, im Jahre 1900 15, der Fonds zur Remunerierung von Hilfsleistungen im Jahre 1898 31 000 ℳ, im Jahre 1900 47 000 ℳ, und der Amts⸗Bedürfnißfonds betrug im Jahre 1898 85 000 ℳ, im Jahre 1900 160 000 % Sie sehen also, welche erheblichen Mittel aufgewendet sind, um die biologische Abtheilung zu dotieren.
Es ist dann der letzte Herr Redner auch wieder auf die Frage der Desinfizierung der Roßhaare zurückgekommen. Der Herr Vor⸗ redner kann sich darauf verlassen, daß wir Jahre lang unter Zuziehung der ausgezeichnetsten Sachverständigen, unter Anhörung von Arbeit⸗ gebern und Arbeitern jene Verordnung vorbereitet haben, und daß einer arbeiterfreundlichen Ausgestaltung dieser Verordnung keineswegs der Stein der Arbeiterfeindlichkeit entgegenstand. Aber, meine Herren, was man verlangt, kann doch nur so weit gehen, daß es die Industrie noch tragen kann, um zu eristieren, und daß es wirklich ausführbar ist. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wenn die Bestimmungen der gegenwärtigen Verordnung nicht ausgeführt werden, so bedauere ich das auf das alleräußerste. Es ist dann Sache der Gewerbe⸗Inspektoren, das in ihren Berichten klar⸗ zulegen und an die zuständigen Exekutivorgane zu gehen und zu ver⸗ langen, daß das, was gesetzlich einmal angeordnet ist, auch thatsächlich ausgeführt werde. Denn das halte ich für den allerbedenklichsten Zu⸗ stand, daß man Verordnungen macht, die nachher nur auf dem Papier stehen bleiben. (Sehr richtig!) Es entspricht der Würde der gesetzgebenden Faktoren, daß, was einmal gesetzlich oder administrativ angeordnet ist, unter allen Umständen auch durchgeführt wird, und wenn es sich nicht durchführen läßt, muß man erwägen, ob eine solche Verordnung nicht geändert werden muß. Dafür kann man also die Reichsinstanz nicht verantwortlich machen. Haben die Herren Beschwerden, so kann ich ihnen nur anheimstellen, daß sie sie an die zuständigen Landesorgane richten, dann, bin ich fest überzeugt, wird Abhilfe erfolgen.
Es ist richtig, wie mir eben von einem Mitgliede des Kaiserlichen Gesundheitsamts gesagt wird, daß in Nürnberg jetzt allgemein mit strömendem Dampf desinfiziert wird; aber nicht im hygienischen, sondern im technischen Interesse, soviel ich übersehen kann, um Haare, die man durch Desinfizieren gekrümmt hat, wieder gerade zu ziehen, werden dieselben unter Umständen auch noch gekocht. Aber nun zu verlangen, daß auch alle kleinen Fabriken ebenso desinfizieren, womöglich in öffentlichen An⸗ stalten desinfizieren, wird, glaube ich, nicht durchführbar sein, und weil es nicht durchführbar ist für diese kleinen Anstalten, hat man für diese das Kochen zugelassen. Die Techniker waren eben der Ansicht, daß das Kochen in gewisser Hitze die Milzbrandkeime voll⸗ kommen zerstört. Die Frage wird fortgesetzt weiter von uns bezw. vom Kaiserlichen Gesundheitsamt studiert, und Sie können sich darauf verlassen: wenn es möglich ist, ohne Ruin der betheiligten Industrie und unter Beachtung neuerer wissenschaftlicher Erfahrungen die Ver⸗ ordnung besser und wirksamer zu gestalten im Interesse der Be⸗ theiligten, so wird es sicher geschehen.
Es hat auch einer von den Herren Vorrednern, angeregt, ob es nicht möglich wäre, die Anstalten des Kaiserlichen Gesundheitsamts, insbesondere die biologische Anstalt in Dahlem zu besichtigen. Ich kann den Herren nur sagen: so oft sie kommen, sollen sie dort will⸗ kommen sein. Ich bitte Sie nur, im Bureau des Reichstages anzu⸗ zeigen, welche der Herren sich an einer solchen Besichtigung betheiligen wollen, und der Herr Präsident des Kaiserlichen Gesundheitsamts wird dann gern bereit sein, einen Tag mit den Herren zu vereinbaren, um Ihnen sowohl das Kaiserliche Gesundheitsamt, wie die Anstalt in Dahlem zu zeigen. Ich kann mich nur freuen, wenn mög⸗ lichst viele Mitglieder des Hauses sich an einer solchen Besichtigung betheiligen, damit Sie ein zutreffendes Bild von der Entwickelung der biologischen Anstalt bekommen und sich ein Bild von der ganzen Situation in Dahlem bilden können, da Sie seinerzeit vielleicht zu beschließen haben werden, ob dort die biologische Anstalt endgültig zu errichten sein wird oder nicht.
Bei der späten Stunde werden Sie es mir schließlich erlassen, noch auf die Frage der Leichenschau einzugehen. Dieselbe ist so oft erörtert worden, daß ich nicht in der Lage bin, neues Material bei⸗ zubringen. Die verbündeten Regierungen halten bis auf weiteres die Leichenschau, namentlich in den östlichen Provinzen Preußens, nicht für allgemein ausführbar.
Großherzoglich sächsischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ge⸗ heimer Legationsrath stellt den von dem Abg. Südekum erwähnten Fall richtig. Die von Dr. Strubel an dem betreffenden ten vorgenommene Untersuchung habe zu dem bniß geführt,
die 2r; der Harnkrankheit nur durch eine sserentziehung vhng ei. Der Patient sei über die Unbequemlichkeiten dieser Kur
unterrschtet worden und habe ic. damit iovecstanden erklärt. Medizinische Autoritäten hätten erklärt, daß solche Kranke mit voller
Willenskraft sich bereit erklärten, sich einer solchen Kur zu unter⸗
werfen, daß sie aber, wenn die Kur beginne, sich der Kur wieder zu entziehen suchten. Die Kranken ließen sich auch isolieren und ver⸗ sprächen, kein Wasser zu trinken, trotzdem aber versuchten sie, sich auf heimlichen Wegen Wasser zu verschaffen. In dem vorliegenden Falle habe Dr. Strubel die Klinik nicht verlassen, sondern sich mit vollem Eifer des Patienten angenommen und stundenlang bei ihm ausgehalten. Wenn dem Patienten die Isolierung leid gewesen wäre, so wäre er nicht daran verhindert worden, die Klinik zu verlassen; er habe sich auch durch Klopfen bemerklich machen können. Die Wasser⸗ entziehung habe einmal 8 und das andere Mal 10 Stunden gedauert, und vorher habe der Patient einige Liter bekommen, täglich 20 1. Die Frau des Patienten habe aber bekundet, daß ihr Mann, bevor er in die Klinik gekommen sei, seinen Durst sogar aus Pfützen gelöscht habe. Es sei nur bedauerlich, daß der Mann verstorben sei; er würde sonst selber Auskunft haben geben können, daß er sich niemals über schlechte Behandlung beklagt habe. Er sei auch nicht im An⸗ schluß an diese Kur gestorben. Kurze Zeit, nachdem er entlassen worden sei, sei er wieder in die Klinik zurückgekehrt und habe sich mit vollem Einverständniß einer nochmaligen Kur unterzogen. Das Durchbrechen des Gitters sei viel harmloser gewesen, als man es dargestellt habe; die Stäbe seien lose gewesen, und das Verlassen des Zimmers sei nicht lebensgefährlich gewesen.
Geheimer Ober⸗Medizinalrath Dr. Pistor stellt fest, daß die Revision der Krankenhäuser in Berlin denn doch anders erfolgt sei, als der Abg. Antrick annehme. Hintergehungen kämen überall vor, auch bei den privaten Anstalten. Die Gehaltsverhältnisse seien so, wie er sie vorhin geschildert habe. Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath (nl.): Die Behand⸗ lung, welche der Patient in Jena erfahren hat, ist im Publikum mit mit Recht als eine sehr seltsame und auch als eine sehr schmerzliche empfunden worden. Wenn der Mann die Freiheit hatte, sich jeden Augenblick der Behandlung zu entziehen, so durfte er nicht ein⸗ geschlossen werden. Die medizinische Wissenschaft halte ich so hoch wie Einer; aber um so schärfer muß den Ausschreitungen dieser Wissenschaft, deren erster Fall dieser nicht ist, ent⸗ gegengetreten werden. Man hätte einfach den vorgetkommenen Fehler zugestehen, aber nicht ihn zu beschönigen suchen sollen. Jeden⸗ falls hat dieser Fall ein sehr mißliches Aufsehen erregt. Auch in Jena selbst hat man das Verhalten des betreffenden Arztes nicht gebilligt. Mit derartigen Experimenten am lebenden Körper werden die Herren nun wohl etwas vorsichtiger verfahren. Gegenüber der Anklage des Kollegen Antrick habe ich im Juni hervorgehoben, daß verhältnißmäßig unsere deutschen Krankenhäuser besser eingerichtet und verwaltet wären als in anderen Kulturstaaten, daß auch unser Armee⸗Sanitätskorps vorzüglich sei. Was heute Herr Antrick dagegen ausgeführt hat, habe ich nicht selbst hoͤren können. Die geschichtlichen Vorgänge haben aber meinen damaligen Ausführungen Recht gegeben, ich brauche nur auf die Art der Unterbringung der französischen Soldaten auf Madagaskar und die Mittheilungen aus den Burenkriegen hinzuweisen. Immerhin hat sich Herr Antrick ein Vexrdienst erworben, wenn er die Dinge zur Sprache brachte. Das Schlimmste ist die Mangelhaftigkeit des Wärter⸗ personals; hierüber kommen die Klagen immer häufiger vor, und auch aus Kreisen, die mit der Sozialdemokratie garnichts zu thun haben. Besonders in unseren Irrenhäusern bedarf das Wärterpersonal der größten Aufsicht, und häufige staatliche Revisionen müssen dort stattfinden. In ein⸗ zelnen Krankenhäusern, so in der Berliner Charité, herrschen allerdings Zu⸗ stände, die sehr reformbedürftig sind. Es giebt dort eine Verpflegung, die wohl noch keinen Kranken zufriedengestellt hat. Dasselbe gilt von dem Institut in der Ziegelstraße. Es wird Mittags gekocht, aber selbst die Aerzte kommen erst um 5 oder 6 Uhr dazu, ihr Essen ein⸗ zunehmen. Wenn das schon den Aerzten gegenüber geschieht, wie mag da erst das Mittagsmahl für die Wärter aussehen? Wenn es möglich ist, daß sich die Offiziere um das Essen der Mannschaften kümmern, dann muß für den Verwaltungs⸗Direktor oder eine andere Instanz dasselbe in Bezug auf die Wärter möglich sein. Ich kann nur wünschen, daß diese verschiedenen Anregungen auf fruchtbaren Boden fallen.
Geheimer Legationsrath Dr. Paulssen: Es handelt sich nicht
um Akte der Verzweiflung, welche der Jenenser Patient begangen hat, sondern um eine Manipulation, durch die der willensschwach gewordene Patient sich Wasser zu verschaffen gesucht hat. Das ist auch durch einwandfreie Zeugenaussagen bewiesen. Abg. Dr. Südekum: Der Versuch des Herrn Bevollmächtigten für Weimar ist mir unverständlich; ich weiß garnicht, was damit klar⸗ gestellt werden soll. Es handelt sich nicht um ein Verbrechen, sondern um einen Uebereifer, der eben aufs höchste mißbilligt werden muß. Einge⸗ schlossen gewesen ist der Patient; daruͤber giebt es keinen Zweifel, daß er auch 1400 cçem seines eigenen Urins getrunken und eine Gitterstange herausgerissen hat. Lalten Sie das nicht für Akte der Verzweiflung? So wenig wir den Staatsanwalt auf den Dr. Strubel hetzen wollen, so sehr müssen wir darauf dringen, daß solche Grausamkeiten nicht vorkommen dürfen. Wir brauchen ja auch nur auf den Fall Neisser hinzuweisen. Wer das banausische Absprechen über die Medizin zurückdämmen will, der muß besonders bestrebt sein, folche mißlichen Vorgänge, wie den in Rede stehenden, völlig aufzuhellen. Milzbrand⸗ sporen machen doch, wie auch der Herr Staatssekretär weiß, keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Fabriken. Die Vorschriften müssen so gestaltet werden, daß die Arbeiter geschützt werden; wie dann die technische Einrichtung zu gestalten sei, ist curn posterior.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich glaube, der Herr Vorredner befindet sich in einem gesetzlichen Irrthum. Diese Vorschriften werden erlassen auf Grund des § 120 a der Gewerbeordnung, und dieser § 120a, den der Herr Abgeordnete die Güte haben wird, nachzulesen, schreibt vor, daß solche Ein⸗ schränkungen nur zuständig sind, insofern sie das ist ungefähr der Inhalt — mit der Natur des Betriebes vereinbar sind. Nun ist von den Sachverständigen ich selbst bin nicht Sachverständiger, sondern es sind Sachverständige im Reichsamt des Innern gehört worden — behauptet worden, daß dieses Kochen, wenn es so geschieht, wie es in der Verordnung vorgeschrieben ist, für ausreichend zu erachten sei. Der Herr Vorredner ist demgegenüber der Ansicht, es ist nicht aus⸗ reichend. Die Frage wird fortgesetzt im Kaiserlichen Gesundheitsamt weiter studiert. Sollte es in der That richtig sein, daß dieses Koch⸗ sostem nicht für ausreichend zu erachten ist, und stellt man sich auf den Standpunkt des Herrn Vorredners, so giebt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder muß man den Betrieb in diesen kleinen Fabriken überhaupt gesetzlich verbieten, was möglicherweise Entschädigungsforderungen nach sich ziehen könnte, oder man muß ihnen die Bedingung stellen, daß sie sich selbst auch derartige Desinfektionsapparate anschaffen, wie sie die großen Fabriken in Nürnberg haben, und wie sie dort ausgezeichnet funktionieren sollen. Wenn man aber solche Bedingung den kleinen Betrieben stellte, dann wäre es vielleicht gerade so, als ob man solche Betriebe thatsächlich unmöglich machte. Dazu sind wir aber nicht in der Lage. Es ist das eben eine Streitfrage zwischen dem, was man ideal fordern kann, und dem, was praktisch durchzuführen ist. Aber so scharf, wie der Herr Vorredner die Frage pointiert, ist sie noch garnicht, weil die Sachverständigen eben der Ansicht waren, daß das Verfahren, was in zweiter Reihe zugelassen ist, hogienisch ausreicht, und der Beweis ist bisher nicht geführt, daß dieses Verfahren nicht aus⸗ ausreichend ist, und wenn trotzdem Milzbrandfälle vorgekommen sind — ich weiß nicht, ob der Herr Vorredner das nachweisen kann —,
dann liegt es wahrscheinlich daran, daß das vorgeschriebene Verfahren