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worden ist.
lichkeit zu bieten, in naheliegender Zeit auch dieses Projekt in das 8 entwurf nicht unwesentlich zum Vortheil geworden; er ist gründlicher
aobgeklärter geworden sind, das Bedürfniß größer geworden ist,
vwird ihrerseits bemüht sein, nach besten Kräften die sachliche Prüfung
Winter in Konitz nicht gesühnt. Die Justizverwaltung sollte sich bemühen, das Heian nicht lange auf der deutschen Justiz sitzen zu lassen, daß solche s ußliche Blutthaten ungesühnt bleiben. Hätte man sofort nach der Entdeckung der Mordthat den Ort ab⸗ gesperrt und rücksichtslose Haussuchungen vorgenommen, der Mörder wäre entdeckt worden. Reichten die 32 000 ℳ Belohnung nicht, so sollte man sie auf 100 000 ℳ erhöhen. Sonst werde sich im Volke der Zweifel immer mächtiger regen, ob man in Deutschland überhaupt eine gut funktionierende Justiz habe.
Hierauf wird um 5 ½ Uhr die Fortsetzung der Berathung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.
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Preußischer Landtag. 2 Haus der Abgeordneten.
17. Sitzung vom 4. Februar, 11 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Herstellung und den Ausbau von Kanälen und Flußläufen im Interesse des Schiffahrtsverkehrs und der Landeskultur, und der Staatsverträge zwischen Preußen und Bremen, zwischen Preußen, Breaunschevelg und Bremen, sowie zwischen Preußen und Lippe über die Kanalisierung der Weser von Hameln bis Bremen.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:
Meine Herren! Der Herr Minister⸗Präsident hat bereits in der zweiten Sitzung dieser Session in allgemeinen Umrissen die Grund⸗ lagen, auf denen der vorliegende Gesetzentwurf aufgebaut ist, mit so klaren und beredten Worten dargelegt, wie sie mir nicht zu Gebote stehen. Gleichwohl darf ich bei der ganz außerordentlichen Bedeutung des Gesetzentwurfs, der in wirthschaftlicher und finanzieller Beziehung wohl zu den wichtigsten gehört, die jemals dem Landtage der Monarchie vorgelegt sind, nicht darauf verzichten, namens der Staatsregierung in einer knapp gehaltenen Ouvertüre Ihnen nochmals die Leitmotive vorzuführen, welche für die Staatsregierung maßgebend gewesen sind, Ihnen diesen Gesetzentwurf zur Beschlußfassung zu unterbreiten.
Freilich neue Weisen werde ich ebensowenig Ihnen vortragen können wie einer derjenigen Redner, der nach mir das Wort ergreifen
ird. Aber, meine Herren, die Verpflichtung der Staatsregierung zu einer allgemeinen Einleitung der Berathung ist umsomehr geboten, als der vorliegende Gesetzentwurf nicht etwa eine mit einigen kost⸗ ieligen Arabesken dekorierte Wiederholung der Kanalvorlage von 1898/99 darstellt, sondern ein umfassendes, auf breiter Grundlage aufgebautes wasserwirthschaftliches Programm für die nächsten fünfzehn Jahre. — Meine Herren, die technische und wirthschaftliche Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs hat sich zu unserm Bedauern nicht so rechtzeitig abschließen lassen, daß der Gesetzentwurf noch in der vorigen Session hätte eingebracht werden können. Die Verhandlungen mit den Be⸗ theiligten haben sich bis in den späten Herbst hineingezogen trotz der energischen Förderung, welche ihnen von allen Seiten zu theil ge⸗ — Meine Herren, wir bedauern lebhaft, daß in diese Vor⸗ lage der masurische Seekanal nicht hat einbezogen werden können. Die Gröünde sind bereits in der Thronrede dargelegt worden; sie beruhen m wesentlichen darauf, daß die Auffassung über die Zweckmäßigkeit der Linienführung und Ausdehnung dieses Kanals unter den zunächst Betheiligten noch eine verschiedene ist. Die Staatsregierung ist indessen der Zuversicht, daß es gelingen wird, baldigst eine Einigung der ver⸗ schiedenen Auffassungen auf ein zweckmäßiges Projekt unter ange⸗ messener Vertheilung der Kosten herbeizuführen und dadurch die Mög⸗
große wasserwirthschaftliche Programm einzufügen. Andererseits ist die Verzögerung der Vorlage selbst dem Gesetz⸗
urchgearbeitet und ausgereift. Ebenso dürfen wir wohl auch an⸗ nehmen, daß auch die Anschauungen im Lande ruhiger und
diese wichtigste wirthschaftliche Frage ruhig und gründlich mit der Staatsregierung zu prüfen, unbeeinflußt von allem, was aaußerhalb des Rahmens dieser Vorlage fällt. Die Staatsregierung
der Frage im allgemeinen und im einzelnen zu erleichtern und über alle diejenigen Punkte Auskunft zu ertheilen, die etwa noch zweifelhaft sein möchten. b Von der Vorlage des Jahres 1898/99 unterscheidet sich die Vor⸗ lage im wesentlichen dadurch, daß diese sich nicht auf ein einzelnes, wenn auch sehr weitgreifendes und hochbedeutsames Kanalunternehmen beschränkt, sondern den Wäünschen des Landes entsprechend ein um⸗ fassendes, die Verkehrs⸗ und Landeskulturbedürfnisse fast aller Pro⸗ vinzen des Ostens und Westens berücksichtigendes Programm aufstellt. Nach diesem Programme sollen nicht nur die schwer empfundenen Mihßstände in den einzelnen Flußgebieten, anschließend an diesenigen Werke, die ausgeführt werden zur Minderung der Hochwassergefahren, beseitigt werden, sondern ein alle großen Ströme des Landes mit ein⸗ ander verbindendes Wasserstraßennetz, ein Rhein⸗Weichsel⸗Kanal, auf⸗ gestellt werden. Dasselbe soll in seinen Hauptlinien möglichst ein⸗ heitlich gestaltet und dadurch befähigt werden, die Transportkosten ins⸗ besondere der Massengüter sehr erheblich auf größere Entfernungen weit unter die Selbstkosten der Eisenbahnen heruntergehenden Tarif⸗ sätzen zu ermöglichen, die wirthschaftliche Annäherung des Ostens und Westens, die Verwerthung der beiderseitigen Produkte auf den in⸗ ländischen und ausländischen Märkten zu befördern, eine ganze Reihe von werthlosen Gütern zu werthvollen zu machen, dadurch, daß sie transportfähig werden, und zuletzt und nicht am wenigsten die Wehrkraft des Landes zu erhöhen. ee Es wird Aufgabe der Staatsregierung sein, im Plenum sewohl, als auch ganz besenders in den Kommissionsverhandlungen den Beweis zu liefern, daß der Gesetzentwurf wohl befähigt ist, diese Vortheile dem Lande auch wirklich zuzuführen. Sie ist ihrerseits davon überzeugt, daß, wenn das Pregramm ausgeführt wird, die große Rhein⸗Weichsel⸗ straße hergestellt ist, inzwischen auch noch das Programm durch einige zur Zeit noch nicht liquide Linien ergänzt und vergrößert ist, dann die überaus günstigen Verhältnisse, die die Bodenbeschaffenheit und der Wasserreichthum unseres Landes dem Bau von Wasserstraßen darbietet, zum reichsten Segen des Landes ausgenutzt werden können, daß wir dann aber auch auf der Höhe stehen, vor allen anderen Kulturländern, daß wir uns zu Wasser und zu Lande solcher Verkehrswege zu erfreuen haben, wie kein anderer um uns herum. Hat doch in den letzten Tagen einer der hervorragendsten Professoren
bahnrente dadurch eine wesentliche Ermäßigung erlitten hätte; im
wenn die wasserwirthschaftliche Vorlage wirklich zur Ausführung ge⸗ kommen ist, wird Deutschland im 20. Jahrhundert an die Spitze der ganzen technischen Produktion treten. (Heiterkeit rechts.) Dies un⸗ bestreitbare wirthschaftliche Uebergewicht, welches wir durch die Ausführung der geplanten Wasserstraßen erlangen werden, wird aber durchaus nicht nur einseitig einzelnen Zweigen unserer Wirthschaft zu gute kommen und nicht einzelnen Landestheilen, sondern allen, wenn auch nicht allen in demselben Maße. Das letztere ist überhaupt niemals der Fall, auch nicht beim Bau der Eisenbahnen; auch dort ergeben sich größere und geringere Vortheile, ergeben sich Verschie⸗ bungen oft der allereinschneidendsten Art.
Meine Herren, zu allen Zeiten und in allen Ländern haben die auf die Vermehrung und Vervollkommnung der Verkehrswege auf⸗ gewandten Mittel die zuverlässigsten und die reichsten Zinsen getragen. Daß diese Ansicht auch jetzt noch allgemein im Lande und in der Landesvertretung getheilt wird, dafür legen bündige Zeugnisse ab die Verhandlungen, die jedes Jahr hier im Landtage geführt werden, und alle die Wünsche, die das Land noch hat in Bezug auf die Vermehrung seiner Verkehrswege. Wenn Sie in die Akten des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten einsteigen möchten, würden Sie dafür noch beweis⸗ kräftigere Zeugnisse finden.
Bestritten wird überhaupt nur, daß in unserem Zeitalter des Schienenweges noch den Wasserstraßen eine solche wirthschaftliche Be⸗ deutung beizumessen sei wie ehedem in den Zeiten, wo man das ge⸗ flügelte Rad noch nicht kannte. Es wird behauptet, daß es heutzutage nicht mehr gerechtfertigt sei, auf die Wasserstraßen so außerordentlich große Mittel zu verwenden, wie Ihnen der Gesetzentwurf vorschlägt, sondern daß es zweckmäßiger und segensreicher sei, diese Mittel auf den Bau von Eisenbahnen zu verwenden.
Meine Herren, nach der Auffassung der Staatsregierung trifft auch hier der Satz zu, das eine thun und das andere nicht lassen. Daß weder die natürlichen noch die künstlichen Wasserstraßen durch die Schienenwege von ihrer Verkehrsbedeutung abgelöst oder auch nur zurückgedrängt worden seien, läßt sich an der Hand der amt⸗ lichen Statistik beweiskräftig verneinen. Die Statistik beweist aber auch ferner — und das ist für meine Stellung als Eisenbahn⸗Minister, für meine persönliche Auffassung durchschlaggebend gewesen —, daß Eisenbahnwege und Wasserstraßen einander durchaus nicht ausschließen, nicht einander feindlich sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen können, ohne sich gegenseitig in ihrer Rente wesentlich zu schwächen. (Sehr gut! links.) Die ganze Vergangenheit unserer Wasserstraßen bietet dafür ein vollgültiges Zeugniß, und wo wir eine neue Wasser⸗ straße angelegt haben, ist der Erfolg nicht der gewesen, daß die Eisen⸗
Gegentheil, es ist mit dem wachsenden Wasserverkehr auch der Eisenbahn⸗ verkehr gewachsen. Das ist der Fall gewesen beim Main⸗Kanal, beim Oder⸗ Spree⸗Kanal, bei der kanalisierten Oder, beim Fulda⸗Kanal und endlich auch bei dem viel angezweifelten und geschmähten Dortmund⸗Ems⸗Kanal. Ich kann Ihnen mittheilen, daß z. B. die Einnahmen der Eisenbahn⸗ station Münster, trotzdem Münster einen ziemlich stark anwachsenden Wasserverkehr erhalten hat, nicht zurückgegangen sind, sondern daß noch eine, wenn auch geringe Steigerung eingetreten ist.
Daß das Nebeneinanderwirken, die gegenseitige Unterstützung und Ergänzung der beiden Formen der Verkehswege namentlich da ange⸗ bracht und segensreich ist, wo sie in einer Hand, in der Hand des Staates, liegen, das, meine Herren, bedarf wohl kaum einer näheren Ausführung. Es sind zwar allerdings die Formen, in denen der Staat betheiligt ist, bei der einen Art anders als bei der anderen: die Aufsicht, die Verwaltung ꝛc. bewegt sich in ganz verschiedenen Ge⸗ leisen; aber im übrigen ist es doch der Staat, der in seiner festen Hand beide Formen der Verkehrswege vereinigt. Es kann nicht Aufgabe meiner Einleitungsrede sein, das hier im einzelnen nachzuweisen; ich will mich heute vielmehr darauf beschränken, Ihnen in wenigen knappen Zahlen ein Gesammtbild aufzurollen.
In der Zeit von 1875 bis 1895, also in zwanzig Jahren, ist der Binnenschiffahrtsverkehr von 2,9 Milliarden Tonnen⸗Kilometer auf 7,5 Milliarden Tonnen⸗Kilometer gestiegen, daneben der Eisenbahn⸗ verkehr von 10,9 auf 26,5 Milliarden Tonnen⸗Kilometer. Der An⸗ theil, den Wasser und Schienen an dem gesammten Verkehr gehabt haben, war zu Anfang dieser Periode für das Wasser 21 %, zu Ende der Periode für das Wasser 22 %. Meine Herren, einen schlagenderen Beweis, daß die Wasserstraßen den Eisenbahnen nicht wehe gethan haben, giebt es überhaupt nicht; sie sind miteinander gewachsen, und zwar ist ihr Antheil am Verkehr derselbe geblieben. Noch 1895 bis 1898 — weiter liegen die statistischen Zahlen noch nicht vor — ist das Verhältniß ebenfalls nahezu dasselbe geblieben, obwohl in den drei Jahren der Verkehr der Binnenwasserstraßen von 7,5 auf 10,7 Milliarden Tonnen⸗Kilometer gestiegen ist. Es zeigt sich hier der Einfluß der Verbesserungen und Vermehrungen der Wasser⸗ straßen. Und der Eisenbahnverkehr? — Meine Herren, an dieser Stelle brauche ich nicht auszuführen, wie gewaltig der Eisenbahnver⸗ kehr in diesen Jahren zugenommen hat; und trotz der besonders günstigen Verhältnisse in der Vermehrung und Vervollkommnung der Wasserstraßen ist der Antheil beider Wege am Gesammtverkehr doch um eine ganze Kleinigkeit verschoben; er hat betragen am Ende dieser Periode für das Wasser 25 % und 75 % für die Schiene.
Meine Herren, der Eisenbahnverkehr ist, wie ich sagte, gerade in diesen Jahren und in den Jahren 1899/1900 noch viel mehr gestiegen und unser Binnenverkehr mindestens in demselben Maße. Der Eisenbahnverkekr ist in einem Maße gestiegen, daß seine Bewältigung an einzelnen Punkten nur mit den allergrößten Schwierigkeiten und nur mit Aufbietung ganz außergewöhnlicher
finanzieller und perseneller Kräfte hat durchgeführt werden können; ich werde auf dieses Thema uachher noch näher eingehen. Hieraus kann man dech gewiß nicht die Befürchtung herleiten, daß der Bau derjenigen Wasserstraßen, die wir Ihnen vorschlagen, die Eisenbahn⸗ rente in Wirklichkeit erschüttern wird.
Wenn aker wirklich der schematisch ausgerechnete Minderüberschuß von 53 Millionen Mark — eine aldere als schematische Berechnung hat nicht stattfinden können, wenn man sich nicht auf ganz fundament⸗ lose Spekulationen einlassen wollte — aus seiner rechnerischen Papier⸗ eristenz sich in die Wirklichkeit übersetzen sollte, dann ist seine Existenz⸗ möglichkeit überhaupt längst beseitigt; er ist dann längst überholt von den mit aller Sicherheit anzunehmenden gewaltigen Mebreinnahmen, die inzwischen die Eisenbahnverwaltung in der natürlichen Entwickelung der Dinge wird aufweisen können. Der Güterverkehr hat — das wissen Sie aus den vorgelegten Etats — in den letzten Jahrzehnten
5 % Mehr⸗Einnahme gezeigt, was noch mehr heißen will; denn wir
haben von Jahr zu Jahr die Tarife heruntergesetzt, alle möglichen Ausnahmetarife eingeführt. Aber ich kann mir die Zeit nicht denken, in der diese schematisch ausgerechneten 53 Millionen wirklich greifbar werden sollten, es sei denn, daß ein allgemeiner Weltkrieg oder eine sonstige allgemeine Krisis dazwischen träte. Einzelne magere Jahre thun hierbei erfahrungsmäßig garnichts. Einzelne magere Jahre haben wir auch in der letzten zehnjährigen Periode gehabt, und doch haben die fetten Jahre die mageren so übertragen, daß wir mit 5 % Mehreinahme haben rechnen können. Wenn indessen wirklich die 53 Millionen bei den Eisenbahnen weniger ein⸗ genommen würden, fallen diese denn nutzlos in das Wasser? Werden sie nicht dem Verkehr, der Wirthschaft des Landes zu gute kommen?
Es sind doch, wenn diese Mindereinnahme von 53 Millionen wirklich
einträte, die Veranlassung hierzu Tarifermäßigungen, Herabsetzungen der Frachtkosten gewesen, die dem Lande, und zwar allen Theilen des Landes, zum großen Theile zu gute kommen.
Meine Herren, Sie sagen vielleicht: ja, dieser Minder⸗
überschuß von 53 Millionen ist nicht das Einzige, was wir in 8
Bezug auf die Eisenbahneinnahmen befürchten, wir befürchten noch mehr die Nöthigung, die die Eisenbahnen erfahren werden, nunmehr mit ihren Tarifen noch weiter herunterzugehen, um die Konkurrenz gegen die Wasserstraßen bestehen zu können. Meine Herren, sind Sie in der Lage, mir hierfür aus der Vergangenheit auch nur ein Beispiel anzuführen? Haben wir denn wirklich aus Konkurrenzrücksicht gegen die Wasserstraßen die Tarife ermäßigt? Meine Herren, das kann vielleicht mal in Zeiten der Privateisenbahnverwaltung vorgekommen sein; der Staat wird das nimmermehr thun; der Staat wird immer bei jeder Tarifermäßigung sich zunächst und hauptsächlich die Frage vorlegen, ob sie aus wirthschaftlichen Rücksichten an sich gerechtfertigt ist, nicht aber aus Rücksichten auf die Konkurrenz der Wasserstraßen. Steht das Schiffergewerbe nicht ebenso unter dem Schutze des Staats wie die Eisenbahn? Hat der Staat nicht dasselbe Interesse, Anwohnern der Kanäle das Leben zu erleichtern wie den Anwohnern der Eisenbahn? Wie gesagt, aus der Ver⸗ gangenheit können Sie diese Befürchtung nicht rechtfertigen.
Wir sind leider, muß ich sagen, mit dem weiteren Ausbau unserer Wasserstraßen, namentlich der künstlichen Wasserstraßen, seit dem Ein⸗ tritt in die Eisenbahnära zurückgeblieben — zurückgeblieben nicht eben zum Vortheil unseres Landes. Hätten wir von Anfang der 40 er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem Ausbau der Schienenwege
den Ausbau der Wasserstraßen nicht vernachlässigt, wären wir viell
mehr auch bezüglich dieser in der Entwickelung fortgeschritten, soweit unsere Finanzlage es damals gestattete, so ständen wir jetzt im Lande und den anderen Ländern gegenüber ganz anders da; wir würden wett⸗ erwerbsfähiger sein; der Wohlstand in unserem Lande, die Ernährungs⸗
verhältnisse unserer wachsenden Bevölkerung wären offenbar günstiger,
als es heutzutage der Fall ist. Es ist auch ein geringer Trost, daß
es unseren Nachbarn nicht besser gegangen ist — mit alleiniger Aus-
nahme von Frankreich. Auch die Nachbarn haben lange Jahre hin⸗ durch, Jahrzehnte hindurch den Ausbau der Wasserstraßen vernach⸗ lässigt, und erst allmählich ist man zu derselben Ueberzeugung ge⸗ kommen, die diesem Gesetzentwurf zu Grunde liegt, daß das ein Fehler war, daß man nicht beide Verkehrswege nebeneinander ausbaute. Ich könnte mich auf eine ganze Reihe von Beispielen berufen; ich will
nur aus den letzten Tagen mich berufen auf die Erkenntniß, die auch
in Bayern jetzt zu demselben Programm führt, welches in Preußen
ausgeführt werden soll.
Wenn auch unzweifelhaft die Eisenbahn in vielen Beziehungen den Wasserstraßen überlegen ist — ich will hier hervorheben die größere Fähigkeit, sich an die Bodenbeschaffenheit und die einzelnen Produktionsstätten anzupassen, die schnellere Beförderung der Güter, die größere Unabhängigkeit von Witterungseinflüssen, die festen, über⸗ sichtlichen Tarifverhältnisse. — die Wasserstraßen haben einen Vorzug, der unter gegebenen Verhältnissen alle diese Dinge weit in den Schatten stellt: den Vorzug der Billigkeit der Transporte. Die Transportkosten
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können durch die weit geringeren Selbstkosten auf den Wasserstraßen 4
ermäßigt werden. Keine Argumentation, keine Rechenkunst kann das
bestreiten, daß eben die Wasserstraßen mit billigeren Kosten befördern können. Wenn das nicht der Fall wäre, wäre niemals eine Wasser- straße in die Höhe gekommen, dann wäre alles, was man gebaut hat,
unfruchtbare Experimente geblieben. Es ist aber anders gekommen.
Die Wasserstraßen haben sich ihre Bedeutung erworben und werden 5 1 es noch in viel größerem Maße in Zukunft thun; sie werden
namentlich in viel größerem Maße thun, wenn man so leistungsfähige Kanäle baut, wie dies in den Ihnen gemachten Vorschlägen vorgesehen
ist. Wenn irgendwo die Kanäle zu Grunde gegangen sind, so sin sie zu Grunde gegangen, weil sie von vornherein nicht leistungsfähig hergestellt waren, wie z. B. die Binnenwasserkanäle in England, oder aber, wenn sie von übermäßigem Kapital der Eisenbahnen mit Absicht und Konsequenz vernichtet oder aufgekauft worden sind.
Meine Herren, nicht nur die Thatsachen beweisen das, sondern auch ein Theil der Bedenken, die gegen den Ausbau weiterer Kanäle angeführt worden sind, und die im wesentlichen darauf hinausgehen: ja, durch die Wasserstraßen und ihre billigen Transportkosten schafft ihr uns die fremde Konkurrenz ins Land, und es tritt innerhalb des Landes eine Verschiebung zwischen den einzelnen Produktionsstätten ein. Meine Herren, wenn diese Bedenken ausschlaggebend sein sollen, dann müssen wir überhaupt keine Verkehrswege bauen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Denn in mehr oder minder starkem Maße tritt das überall ein. Wenn Sie eine Chaussece durchs Land ziehen, so wird derjenige benachtheiligt, der davon unberührt bleibt, und derjenige be⸗ vortheilt, durch dessen Hof die Chaussee hindurchgeht. (Sehr richtig! links.) Mit den Eisenbahnen ist es noch in höherem Maß so, und gerade so liegt es natürlich auch bei den Wasserstraßen.
Nun steht die Sache doch wahrlich so. Der Osten der Monarchie, für den billige Frachten für viele landwirthschaftliche Produkte durchaus nöthig, ja geradezn eine Lebensfrage sind, hat es mit Recht aufs tiefste beklagt, daß man seinerseits die Staffeltarife aufgehoben hat, und ich habe nech keine Session im Landtag erlebt, wo diese Klage nicht wieder ertönt ist. Meine Herren, nun bietet Ihnen die Staatbregierung Wege, auf denen Sie Ihre Produkte noch billiger vom äußersten Osten bis in den äußersten Westen befördern können (hört, hört! im Zentrum), auf denen Sie Ihre Bedürfnisse viel billiger heranziehen können, als das jemals die Staffeltarife ermöglicht bäͤtten. Wird das Programm ausgeführt, so bietet eben der Rhein⸗ Weichsel⸗Kanal allen Provinzen mehr oder minder Vortheile zur Ver⸗
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lott den 1 de m Irnn 9 Cbarlo Seer
5 % mehr gezeigt, er hat soga
sendung ihrer Produkte tar.
Gewiß bedarf die Landwirthschaft — und darüber ist die Staats⸗ regierung ja vollständig im Klaren, wie auch der Herr Reichskanzler Ihnen hier erklärt hat — eines ausreichenden Zollschutzes, namentlich für Getreide. Aber die Landwirthschaft wird sich doch dieses Zoll⸗ schutzes nur in wirklich ausreichendem Maße bedienen können, wenn sie zugleich billige Verkehrswege bekommt, die es ihr ermöglichen, die inländischen und auch die ausländischen Märkte mit ihren Produkten zu beschickeu.
Die so häufig ausgesprochene Meinung, daß die Wasserstraßen die Einfuhr von landwirthschaftlichen Produkten in höherem Maße be⸗ günstigten, als dies ohne dieselben der Fall sein würde, ist auch nur zum theil richtig. Ich will aber darauf hier nicht weiter eingehen. Die Statistik weist nach, daß im allgemeinen die Ausfuhr über die Wasserstraßen nach der See größer ist als die Einfuhr. Aber es mag ja sein, daß das für Getreide, für Holz anders ist. Es wird sich Gelegenheit bieten, auf diesen Punkt noch näher einzugehen. — Man sollte überhaupt, meine ich, die Wasserstraßen nicht in erster Linie als für den großen Welthandel bedeutsam ansehen, sondern sollte sich vielmehr vergegenwärtigen, daß die Wasserstraßen in viel erheblicherem Maße den näher gelegenen Landestheilen zu Gute kommen als den ausländischen, der überseeischen Ausfuhr. Ihre Bedeutung ist eben vorzugsweise eine örtliche, darüber kann gar kein Zweifel sein. Wenn Sie die Leute befragen, die an unsern jetzt fertigen Kanälen und Wasserstraßen sitzen, so werden Sie dort übereinstimmend dieselbe Auffassung finden.
Daß das für die Wasserstraßen zu bringende Opfer ein großes ist, das wird niemand bestreiten. Ob es aber ein Opfer sein wird, das die Finanzkraft des preußischen Staats übersteigt oder außer Verhältniß steht zu den mit Recht zu erwartenden Vortheilen — meine Herren, das ist eine hochwichtige und für die Ent⸗ scheidung, die Sie treffen, durchaus bedeutsame Frage. Ich möchte hier auf dieselbe nicht eingehen, vielmehr dem berufenen Vertreter der Finanzinteressen, dem Herrn Finanz⸗Minister, die Beantwortung dieser Frage überlassen, wozu sich reichlich Gelegen⸗ heit im Laufe der Debatte bieten wird.
Ebenso wenig möchte ich hier die Frage beantworten, wie die Landeskulturinteressen bei dem Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf zu ihrem Rechte kommen. Auch hier möchte ich dem sachverständigen und berufenen Vertreter dieser Interessen, dem Herrn Landwirth⸗ schafts⸗Minister, das Wort überlassen.
Aus denselben Rücksichten muß ich auch darauf verzichten, die Frage hier zu erörtern, in wie weit der Ausbau der neuen Wasserstraßen zweckmäßig oder nothwendig ist, um die Wehrkraft des Landes zu heben.
Für mich erübrigt nur noch eine Frage, erübrigt nur noch, hier in diesem Moment ebenso wie im Jahre 1899 mit allem Ernst, der dieser Seite der Sache zukommt, hinzuweisen auf die immer wachsende Nothwendigkeit, eine Entlastung der Eisenbahnen, namentlich in den großen Industriezentren und in erster Linie in dem rheinisch⸗west⸗ fälischen Industriebezirk, zu erreichen. Der Verkehr in diesem Bezirk wächst in ungeahnten Dimensionen. Ich habe schon gesagt, daß der Durchschnitt der Steigerung des Güterverkehrs 5 % beträgt. Wenn wir diese prozentuale Steigerung zu Grunde legen, so kommen wir schon für die nächste Zeit, ich will sagen, für die nächsten 15 Jahre, zu Ziffern, von denen man sagen muß: wenn diese Menge von Verkehr in dem Industrierevier bewältigt werden soll, so sind dazu Maßnahmen nöthig, die eine entschiedene Entlastung des Reviers herbei⸗ führen, und diese Entlastung kann nach unserer Ueberzeugung, ins⸗ besondere auch nach meiner, des Eisenbahn⸗Ministers, Ueberzeugung, auf keinem anderen Wege herbeigeführt werden — am allerwenigsten durch die sogenannten Güterbahnen wie durch den starken Bruder, den Kanal.
Meine Herren, ich will Ihnen Zahlen vorführen, aber nur wenige, um Sie nicht zu ermüden. Die Steinkohlenförderung inkl. Koks und Briquets hat in den Jahren 1892 bis 1900 jährlich um 5 % zu⸗ genommen, und es ist mit aller Sicherheit anzunehmen, daß im nächsten Dezennium und darüber hinaus diese Steigerung mindestens anhält. Es sind so viele neue Schächte in der Abteufung begriffen, es sind so viele neu projektiert, daß das Ober⸗Bergamt, mit dem wir in Ver⸗ bindung getreten sind, uns schon ganz bestimmte Ziffern angeben konnte, wie groß die Förderung im Jahre 1905 sein wird. Im Jahre 1892 betrug die Förderung 36 847 000 t, im Jahre 1900 58 000 000 t. Wenn die Berechnung des Ober⸗Bergamts richtig ist — und daran ist kein Zweifel —, so werden wir im Jahre 1905 bereits auf nahezu 77 000 000 t in der Förderung gestiegen sein. Das macht in fünf Jahren eine Steigerung von rund 19 000 000 t. Meine Herren, wenn man das auf den Arbeitstag vertheilt nach dem Grundsatz, den die Erfahrung seit langen Jahren bestätigt hat, daß von der Förderung % durch die Eisenbahnen abgefahren werden, so macht das eine Steigerung von rund 5000 Wagen am Tage. Dazu kommen noch diejenigen Wagen, die für andere Güter in dem Revier gestellt werden müssen, die man etwa auf 4000 Wagen täglich beziffert.
Sie sehen also, wir kommen schon 1905 zu Ziffern, die mit den gegenwärtigen Einrichtungen überhaupt nicht mehr zu bewältigen sind. Darüber sind wir uns auch vollständig klar, daß wir die Ausbildung der Eisenbahnanlagen in dem Revier auf das Gifrigste fortzusetzen haben. Wir können uns nicht darauf verlassen, was nach 10 oder 15 Jahren uns der Kanal abnehmen wird, sondern wir werden bis dahin den Verkehr voll aufrecht erhalten müssen. Aber all’ Ding hat seine Grenzen, und auch wir werden nach den 15 Jahren an der Grenze angekommen sein, wo in dem Kohlenrevier an Eisen⸗ bahnanlagen überhaupt nichts mehr anzulegen ist.
Meine Herren, ich habe mir hier eine Uebersicht geben lassen aus dem Jahre 1900 — ich habe Ihnen nur die Ziffern von 1898 und die berechneten von 1905 genannt —, ich will aus dieser Uebersicht für das Jahr 1900, die klar, ziffermäßig bis auf den letzten Wagen, vor mir liegt, Ihnen einiges zur Bestätigung mittheilen. Es sind im Jahre 1900 für jeden Arbeitstag an offenen Wagen 22 331 gestellt worden. Mit diesen Durchschnittszahlen können wir aber leider bei der Eisenbahnverwaltung nicht rechnen, sondern wir müssen uns darauf gefaßt machen, daß in einzelnen Perioden des Jahres diese Zahlen ganz erheblich, um 10 bis 12 %, über⸗ schritten werden. Wir haben ferner den Zahlen, die ich Ihnen mitgetheilt habe, noch hinzuzufügen die leeren Wagen, die in den 24 Stunden in das Revier gehracht werden müssen, um am anderen Morgen, wenn die Schicht beginnt, wieder auf der Zeche zu stehen.
Meine Herren, wenn Sie sich diese Ziffern vorstellen, so kommen so 6 8 E“
schwindelnde Verhältnisse zu Tage, wie sie nirgendwo, in keinem Theile der Erde, weder in England noch in Amerika irgendwie auch nur an⸗ nähernd wieder vorkommen; und wie es dem Eisenbahn⸗Minister dabei zu Muthe ist, das brauche ich nicht weiter auszuführen. Er bedarf der Hilfe und wird sich die Hilfe schaffen, so lange es irgend geht; aber auf die Dauer bedarf er einer anderen Hilfe, und die kann ihm nur der Kanal bringen.
Ich bin auch fest davon überzeugt, daß der Landtag der Monarchie ebenso von der Verantwortung in dieser Frage, die er trägt, durch⸗ drungen ist, wie die Staatsregierung durchdrungen ist von der Ueber⸗ zeugung, daß wir in unserer Verkehrspolitik an einem Wendepunkt stehen, der entscheidend ist für unsere ganze künftige Entwickelung, für die künftige Entwickelung unserer Verkehrswege und für die künftige Entwickelung des Wirthschaftslebens unseres Landes.
Meine Herren, ich kann zum Schluß nur betonen, daß die Staats⸗ regierung fest und durchaus einmüthig die Ueberzeugung hegt und vertritt, daß der vorliegende Gesetzentwurf in allen seinen Theilen des Landes Wohlfahrt und Kraft mächtig fördern und heben wird, daß aber von allen Ihnen in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen wasserbaulichen Unternehmungen dem Rhein⸗Elbe⸗Kanal die größte Bedeutung zuzumessen ist. (Bravo! links.)
Abg. Dr. am Zehnhoff (Zentr.): Die Kanaldebatten, die vor zwei Jahren hier stattgefunden, haben zu einem positiven Ergebniß nicht geführt, nicht zum wenigsten infolge der im Mangel der mensch⸗ hche Erkenntniß begründeten Thatsache, daß die Menschen sich gegen⸗ seitig nicht den guten, sondern den bösen Willen unterstellen. Beide Theile haben Femeint die Zukunft werde ihnen Recht geben. Ich habe damals als Berichterstatter der Kommission fungiert und glaube, als objektiver Berichterstatter und als objektiver Beurtheiler der damaligen Vorlage zu dieser Bemerkung berechtigt zu sein. Ehe ich mich zur Vorlage selbst wende, ich an dem beigegebenen Kartenmaterial bemängeln, daß zwischen den Wasserstraßen für Schiffe von 400, 600 und 1000 t Tragfähigkeit kein Unterschied ge⸗ macht ist, sodaß wir von der Leistungsfähigkeit der vorhandenen und der projektierten Wasserstraßen kein klares Bild bekommen. Der Minister legt uns ein Programm für 15 Jahre vor, d. h. wohl⸗ verstanden für 15 Kanaljahre. Die Kriegsjahre zählen doppelt, die Kanaljahre nur halb; es handelt sich für die Ausführung mindestens um 30. bürgerliche Jahre. Wer sich auf dieses Kanalprogramm fest⸗ legt, der billigt nicht nur die Linien, die darin stehen, sondern auch die Beiseiteschiebung aller, die nicht darin stehen, auf 30 bürgerliche Jahre. Stimme ich dieser Vorlage zu, wie sie ist, so heißt das: Lebt wohl, alle Kanalpläne, die ich habe, vielleicht auf Nimmerwiedersehen. Die jetzige Vorlage erfordert 50 % Geldopfer mehr als die frühere; nach meiner Meinung ist die Vorlage keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung derjenigen von 1899. Sie verbindet zwei Dinge, welche nichts mit einander gemeinschaftlich haben. Hätte die Vor⸗ lage vorgeschlagen, Wasserstraßen da, wo ü fehlen, zu bauen, aber Eisenbahnen dort, wo von Wasserstraßen kein Vortheil erwartet werden kann, so wäre das volkswirthschaftlich zu verstehen gewesen. Die Vor⸗ lage will die natürlichen Stromgebiete der ganzen Monarchie durch ein Wasserstraßennetz in Verbindung bringen, heißt es in der Be⸗ gründung. Dieser Plan ist aber in der Vorlage gar nicht durch⸗ peführt; der zußerste Osten ist mit dem äußersten Westen nicht ver⸗
unden, die Wasserstraßen jenseits des Rheins sind ignoriert. Dieser Punkt erscheint meinen politischen Freunden ganz besonders gefährlich; der Erxistenz des linken Rheinufers wird in der Vorlage überhaupt nicht gedacht. Es stehen 8S. nicht gegenüber der Osten mit seiner Landwirthschaft und der Westen mit seiner Industrie; daß der Westen auch Landwirthschaft hat, ist völlig übersehen. Es giebt eine doppelte Noth der Landwirthschaft in Preußen, eine im Osten, eine im Westen; darauf ist auch hier im Hause schon vor zwei Jahren hingewiesen worden. Wir im Westen sind im höchsten Maße darüber enttäuscht, daß die Vorlage keinerlei Zusagen enthält über die Anlage von Nebenbahnen, wie sie längst und nicht bloß etwa in meinem Wahlkreise Schleiden⸗Malmedy⸗Montjoie als eine Nothwendigkeit verlangt worden sind. Die linksrheinischen Abgeordneten würden also ganz entschieden ihre Pflicht vernachlässigen, wenn sie der Vorlage so, wie sie ist, zustimmen würden. Für die Mosel hat sich selbst ein Ausonius begeistert, die Königliche Staatsregierung thut es nicht. Für die Mosel⸗Kanali⸗ sierung ist vor zwei Jahren so Bündiges aus unserer Mitte ausgeführt worden, daß die Regierung nichts Stichhaltiges dagegen einwenden konnte. Wir hätten also erwarten sollen, daß die Mosel⸗Kanalisierung entweder in dieser Vorlage selbst schon einen Platz gefunden hätte oder aber daß bestimmte Zusagen in dieser Richtung gemacht worden wären. Ich verweise nur auf den billigeren Bezug der Minette⸗Erze und auf die unzweifelhafte Bedeutsamkeit dieser Kanalisierungsanlage für die Landesvertheidigung. Mit vollem Ernst muß ich namens meiner Kollegen betonen, daß wir auf der Kanalisierung der Mosel bestehen müssen und von der Staatsregierung bündige Garantien dafür ver⸗ langen, ehe wir uns auf die Vorlage einlassen können. Meine sämmt⸗ lichen politischen Freunde sind ferner dafür, daß die Lippe kanalisiert wird; die weitaus überwiegende Mehrzahl giebt dieser Anlage den Vorzug vor der Emscherthallinie. Die Kanalisierung der Lippe ent⸗ spricht einzig und allein dem Grundgedanken des sepes
nicht separat behandelt werden, denn sie gehort zu dem Fundamental⸗ programm des Gesetzes, die schiffharen Flüsse mit einander zu ver⸗ binden. Die Lippe muß jetzt ihr Wasser hergeben für den Dortmund⸗ Ems⸗Kanal. Von seiten interessierter Gewerkschaften ist bdereits dargethan worden, daß die Emscherthallinie eine Schädigung des Nationalvermögens bedeuten würde. Der Dortmund⸗Ems⸗Kanal müß doch auch in dem ihm nunmehr aufgedrungenen Wettkampf die größte Unterstützung seitens der Staatsregierung erfahren; davon ist aber bis keine Rede, obwohl feststebt, hbd⸗ sell den Emshäfen durch den Mittel⸗ land⸗Kanal ganz wesentlicher ruch geschehen wird. Andererseits ist die Lippe die Mutter des Dortmund⸗Ems⸗Kanals, ohne sie kann dieser nicht existieren; sie hat also eine Prioritat vor dem Kanal, der sich bloß als Eindringling darstellt. Ueber dies alles wird in der Kom⸗ mission, an welche die Vorlage verwiesen werden muß, näher zu reden sein. Wie sich die weitaus überwiegende Mehrzahl meiner
reunde schließlich zu ihr stellen wird, wird nz von der Stellung der Regierung zu den von mir hervorgehobenen Punkten abhängen. Die Lage der Regierung ist jetzt ungünstiger als am lusse der Berathung vor zwei Jahren. Damals lag die Aller⸗ höchste Genehmigung der Berüchsichtig Schlesiens vor, und damals war von dem Großschiffahrtswege Berlin— Stettin nicht die Rede. Die Oberschlesier verlangen volle Schadloshaltung, und zwar im Gesetz; das ist für sie conditio sine qua non. Run hat die Regierung die Wasserstraße Berlin. Stettin vorgeschlagen, weil Stettin, der größte Seehafen Preußens, dem tbewerb r; und Lübecks nicht mehr gewachsen sein würde. Hier wird also ein pationales Interesse verfolgt; der preußlsche Hafen Stettin soll aus Staatsmitteln Förderung erfahren — der Konkurrenz nichtpreußischer Handelsemporien. Ganz im egensatz daan wird die Wasserstraße nach dem Rhein ihren kolossalen Koften im Wesentlichen außemwreußischen Häfen. Rotterdam und anderen, zu gute kommen. Welcher Widerspruch! Nun sell der Großschiffahrtsweg Berlin —Stettin in der sogenannten Westlinie ge⸗ leitet werden, wo doch der Finow⸗Kanal schon ist; die Ostlinie hat man ihrer großen Kosten wegen verworfen. obwohl ca wirtbschaftlich dech geboten gewesen wärt, in erster Linte Landes⸗ theilen, welche den Vortheil von durchgehenden Wassewerkehrelinten überbaupt nicht haben, diesen zuzuwenden. Ueber die Einzelheiten wird sich im Plenum nicht ausführlich sprechen ; das ₰ L. die 1. on. eh Cwaf) Ich habe ah g. Graf zu Limburg⸗ rum 8 das Bedenken gegen die Vor — nicht zusammen⸗ rige Dinge berührt und und Dem ein organisches Ganzes
legt, die auseinander gehalten werden müßten. Es sind zu unter⸗ scheiden die Vorschläge der Vorlage, welche das Landeskulturinteresse, und diejenigen, welche die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes fördern Es wäre foörderlicher gewesen, wenn man uns eine Anzahl verschiedener Vorlagen vorgelegt hätte, und man wird sich in der Kommission überlegen müssen, ob man die Vorlage nicht trennen soll. Was die im Landes⸗ kulturinteresse vorge üsgens Teggadnen betri
2v 1 Maßz en betrifft, so sind meine Freunde mit den te⸗ 2 een Vorschlägen einverstanden. Wir glauben, daß langgehegten Wün
8 hen durch dieselben entsprochen werden kann; aber wir finden es hart, daß den Interessenten von den Kosten ein so roßer Theil übertragen werden soll. Die Zustände an der unteren Oder sind durch die Fehler bei den technischen Maßnahmen, die der Schiffahrt nützen follten, herbeigeführt worden. Meine Freunde haben Jahre lang Klagen in dieser Hinsicht geführt und die Maßnahmen verlangt, die man jetzt vorschlägt. Damals sagte aber die Regierung, daß meine Freunde Unrecht hätten und die Dinge nicht verständen. Was ist aber jetzt das Resultat? Die Regierung er⸗ kennt in den Motiven an, daß meine Freunde damals Recht hatten. Unter diesen Umständen ist es hart, wenn die Anlieger so große Lasten tragen sollen für Dinge, die im Interesse der Schiffahrt ausgeführt worden sind. Ich weise auch darauf hin, daß die Interessen an der Odermündung nicht berücksichtigt worden 8 Die Spree⸗Interessenten sind mit der Vorlage zufrieden, sie haben aber das Bedenken, daß ihre Lage dadurch erschwert wird, daß das Spreewaldwasser zu ihnen herunkerkommt. Auch die F. interessenten fürchten Schäden von der Havelregulierung, wenn nicht auch zugleich eine Regulierung der Elbe stattfindet. Wir haben uns vor zwei Jahren jgegen den Kanal aus ganz anderen Gründen aus⸗ gesprochen, als die Regierung meint. Durch den Kanal würde eine solche Verschiebung der wirthschaftlichen Verhältnisse im Lande herbeigeführt werden, daß eine ganze Reihe von neuen Maß⸗ nahmen nothwendig sein würde, um dafür wieder einen Ausgleich herbeizuführen. Was den Berlin⸗Stettiner Kanal betrifft, so haben wir den Wunsch, Stettin zu helfen. Wir erkennen an, daß Stettin durch den Bau des Nord⸗Ostsee⸗Kanals und des Elbe⸗Trave⸗Kanals eschädigt worden ist, und daß man ihm womöglich helfen muß. Wir aben die Folgen, als man diese Kanäle baute, vorausgesehen. Man wollte den Städten an der Ostsee dadurch helfen, sie sollten in dieselbe Lage kommen, wie Hamburg und Bremen, und große Ausfuhr haben. Das Umgekehrte ist der Erfolg gewesen; Stettin ist in seinem Handel benachtheiligt worden, das früher von der Ostsee abgesperrte Hamburg hat eine Verbindung mit derselben erhalten. Es ist chwer, bei wirthschaftlichen Maßnahmen vorauszusehen, was die Folgen sind. Jeder spricht seine Ueberzeugung als Evangelium aus, und nachher kommt ein Resultat heraus, das gerade das Gegen⸗ theil bringt von dem, was erwartet wurde. In Bezu auf den Berlin⸗Stettiner Kanal sind wir im Zweifel, ob durch dessen Herstellung der Stadt Stettin wirklich geholfen wird. Man kann solche Maßnahmen nur treffen, wenn man bestimmt überzeugt ist, daß sie ihren Zweck wirklich erfüllen. Wir haben aber den Eindruck bekommen, daß, wenn auch der Kanal gebaut wird, er der Stadt Stettin nicht wesentlich helfen kann. Wir wollen uns in der Kommission eingehend darüber unterhalten. Solche große Maßnahmen zu treffen, ohne daß man enau weiß, was sie helfen werden, ist viel verlangt. Die Oder⸗ eichsel⸗Wasserstraße ist eine Angelegenheit theilweise der Landes⸗ kultur, theilweise des wirthschaftlichen Interesses. Wir haben darüber dasselbe wie vorhin zu sagen. Nach der Regulierung der Netze sind aber Ueberschwemmungen an der unteren Oder zu befürchten. Bei der Regulierung der oberen Oder sagte man, die Interessenten an der unteren Oder verständen nichts von der Sache. Aber die Interessenten haben doch Recht behalten: die Schiffahrt ist gefördert, die Landeskultur dagegen geschädigt worden. Wir werden also die Oder Weichsel⸗Wasserstraße in wirthschaftlicher Beziehung genau prüfen und auch prüfen müssen, ob derselben nicht überhaupt die 1 Be⸗ denken gegenüberstehen, wie den anderen durchgehenden Kanälen, und ob wir dafür stimmen können. Unsere Bedenken gegen den Rhein⸗ Elbe⸗Kanal sind durch das inzwischen Geschehene nicht beseitigt, sondern verstärkt worden. Die Kompensationen können das Bedenken nicht beseitigen, daß große wirthschaftliche Verschiebungen im Lande ein⸗ treten, einzelne Gegenden gefördert, andere große wirthschaftliche Kreise der Monarchie dagegen benachtheiligt werden, und daß dann eine unüber⸗ sehbare Kette von Forderungen an die Regierung herantreten wird, die Folgen wieder zu beseitigen. Wir sind bereit, alle Forderungen für Verbesserungen am Dortmund⸗Ems⸗Kanal zu bewilligen; denn wir erkennen an, daß bei einem so ausgezeichneten und komplizierten Maschinenwerk alles für die Sicherheit des Verkehrs gethan werden muß. Wir haben aber doch kein unbedingtes Vertrauen zu den Technikern. Das richtet sich nicht gegen die Tüchtigkeit der Herren, aber die Techniker haben es mit einem so schwierigen und gefährlichen Material zu thun, daß die Folgen sehr schwer zu übersehen sind. Man könnte nur wünschen, daß es möglich wäre, mit apodiktischer Bestimmtheit die Er⸗ folge vorauszusagen. Es erscheint uns ungemein zweifelhaft, ob es möglich sein wird, den Dortmund⸗Rhein⸗Kanal durch ein rain zu führen, welches nach der Ansicht der Techniker im Laufe der Zeit sich erheblich senken muß; und da die Senkungen uncleic sein werden, ist der ganze Kanal dadurch gefährdet. Wi man den Dortmund⸗Rhein⸗Kanal bauen, so muß man wenigstens bis zur Weser bauen. Da wir entschlossen sind, keinesfalls den Mittelland⸗Kanal anzunehmen, so muß ich sagen, daß dadurch auch der Bau des Dortmund⸗Rhein⸗Kanals bedeutend er⸗ t wird. Sewohl gegen den Dortmund⸗Rhein⸗Kanal wie den Rbein⸗Elbe⸗ K spricht das große wirthschaftliche Be⸗ dadurch Rotterdam in großartiger Weise auf die Beine — wd; es ist auffällig, daß die Argumente in der Vorlage für den Berlin⸗Stettiner Kanal, durch den man Stettin helfen will, die Konkurrenz auf den anderen Wasserstraßen zu überwinden, ebenso auch für Rotterdam passen. Wenn wir den Dortmund.⸗Rhein⸗Kanal bauen, so sind damit eigentlich die großen Ausgaben für den Dortmund⸗Ems.⸗Kanal umsonst ausgegeben, und die Stärkung der ausländischen Konkurrenz wird vermehrt, wenn wir auch den Mittelland⸗Kanal bauen und die Weser kanalisieren. Man hat nun von der militärischen Seite der Frage ge⸗ sprochen. Gegenüber der Tbhatsache, daß unsere Frahion stets ohne jedes Zögern in diesem Punkte alles bewilligt hat, muß ich fest⸗ stellen, daß uns bei diesem Gegenstand der milltärische Standpunkt nicht der ausschlaggebende ist. 1 von Proviant, Waffen und Kriegsmaterial in wir zu, dazu aber braucht man nicht erst m. Was die Operationsbasis betrifft. so erinnere ich Ausspruch des Grafen Moltke, daß die Operat das ist. Ein allein kann niemals eine Handelt es sich um militärische Bauten Einzel⸗
bezahlen; nur in wirthschaftli sunen die Kosten Davon, Sench dee zu den K. gaben beitragen sollte, ist nie die Rede gewesen, also können wir nicht glauben. daß bei den entscheidenden Instanzen der strategischen Bedeu⸗ tung des Kanals ausschlaggebendes Gewicht
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