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frreiheit auf den deutschen Strömen
S 1111“ zu unserer Verfügung, weil sie vereisen; und der Kriegs⸗Minister hat in der Kommission 1899 erklärt: natürlich nehme ich eine Eisenbahn lieber, aber ich nehme auch einen Kanal. (Ruf: Hat er nicht gesagt!) irr Minister von Miquel nennt es in⸗ konsequent, wenn wir seit Jahrzehnten für die Schiff barmachung der Flüsse Millionen ausgegeben haben und jetzt für Kanäle kein Geld bewilligen wollen. Wir sind immer für die Verbesserung der natürlichen Schiffahrtsstraßen eingetreten; wir haben aber auch immer auf die Nothwendigkeit hingewiesen, Schiffahrts⸗ abgaben zu erheben, weil das Opfer des Staates nicht ein⸗ seitig gebracht werden dürfe. Nun wissen wir ja, daß internationale Verträge im Wege stehen; aber wir richten auch heute an die Regierung die Bitte, sich die Beseitigung dieser Bestimmungen an⸗ elegen sein zu lassen. Im Widerspruch damit steht es übrigens, daß ei der Kanalisation der Weser solche Abgaben doch in Aussicht ge⸗ nommen sind. Warum geht man in dieser Richtung nicht au auf dem Rheine vor? Andererseits ist es mir sehr fraglich, ob die Schiffer auf der Weser einfach gezwungen werden können, für ihre kleinen Schiffsgefäße demnächst eine Abgabe zu zahlen für Einrichtungen, von denen sie selbst kaum einen Vortheil haben. Handelte es sich wirklich um produktive Ausgaben, so würden wir dafür zu haben sein. Wir halten sie aber geradezu für perniziös bei unserer Finanzlage. Der Abg. Wiemer sagte: Publica salus suprema lex! Auch uns ist dieser Grundsatz heilig, und Sie werden sich bei der Weiterberathung der Vorlage davon überzeugen, wie ernst wir es gerade mit diesem Grundsatz nehmen. B
Abg. Ehlers (fr. Vgg.): Wir waren vor zwei Jahren bereit, die damalige Vorlage durchzusetzen; wir waren für den damals beantragten Kanal, weil wir ihn für nützlich hielten, aber nicht aus gewissen Nebengründen, wie das gestern der Herr Finanz⸗Minister anndeutete. Wir haben sogar über den Rahmen unserer Partei hinaus alles gethan, was wir für nützlich hielten, um auch bei anderen Parteien Propaganda für die Vorlage zu machen. Das ist uns allerdings nicht sähe gut bekommen, und Herr von Miquel hat gestern gemeint, wir seien etwas unvorsichtig gewesen. Wir sind hier überhaupt leider immer viel zu früh dabei, die Vorlagen der Regierung zu unter⸗ stützen; es scheint, als ob wir nach den gemachten Erfahrungen aus den verschiedensten Gründen in dieser Hinsicht vorsichtiger werden müssen. Ich kann aber nunmehr hier nicht die Motive verschweigen, die wir schon vor zwei Jahren verrathen haben. Wir halten dieses Kanalunternehmen für einen wirthschaftlichen Segen für unser Vater⸗ land. Dabei können etwaige finanzielle Bedenken nicht durchschlagend sein, zumal wir das, was Her Minister von Miquel gestern in finan⸗ zieller Beziehung über die Vorlage gesagt hat, nur voll unterschreiben können. Wir sind auch der Meinung, daß die Kanäle kein über⸗ wundener Standpunkt sind, sondern daß auch hier noch immer das alte Wort gilt: „Das Beste ist das Wasser!“ Wenn auch die Entwickelung der Eisenbahnen eine schöne und rasche war, so haben wir doch übersehen, daß dieses Verkehrsmittel allein nicht genügte. Es mußte seine Ergänzung finden in dem Ausbau der lange vernach⸗ lässigten natürlichen und künstlichen Wasserstraßen. Wenn die Eisen⸗ bahnverstaatlichung die Folge hätte, daß nur aus rein fiskalischen Inter⸗ essen die Weiterentwickelung der Verkehrsmittel aufgehalten würde, und zwar lediglich zu dem Zweck, die Ueberschüsse für den Finanz⸗Minister nicht einzuschränken, so wäre die Verstaatlichung der Eisenbahnen ein großes Unglück für den Staat. Für die uns jetzt vorliegende, er⸗ weiterte Vorlage stimmen wir; ob wir aber nach den von vielen Seiten in Aussicht gestellten Veränderungen noch dafür stimmen werden, will ich vorläufig nicht verrathen. Wir thäten ei entlich wohl besser, zuerst gegen die Vorlage zu sprechen, um ihr das Odium zu nehmen, daß sie von vornherein von den Freisinnigen acceptiert wird. Wenn meine Freunde in Danzig und Königsberg die Vor⸗ lage lediglich nach ihren Lokalinteressen beurtheilen wollten, so würden sie sagen: Uns thut man mit dem Nichtbauen des Kanals nichts zu Leide. Aber für meine Freunde wie für mich, der ich Abgeordneter für den gganzen preußischen Staat bin, sind nicht Lokalinteressen allein maßzebend, sondern die volkswirthschaftlichen Interessen des ganzen Vaterlandes. Der Herr Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums scheint eine sehr feste Zuversicht zu der rechten Seite des Frnss zu haben, da er uns links als quantité négligeable betrachtet; ich kann das nur bedauern. Er hat uns vorgeworfen, wir hätten ihn in den Verdacht gebracht, er sei vor zwei Jahren egen den Kanal gewesen. Wir haben uns Herrn Minister von
88 Miquel für den Kanal zur Verfügung gestellt, und ich selbst habe
immer gesagt, er sei ein energischer und entschiedener Freund des Kanals. Seine gestrige Rede ist gewiß in der Absicht gehalten worden, den Kanal durchzubringen. Ob Fürst Bismarck die Kanalvorlage eingebracht hätte, kann ich nicht beurtheilen; jedenfalls wäre sie, wenn er vor zwei Jahren Minister⸗Präsident gewesen wäre, nicht so schnell in der Versenkung verschwunden. Die Vorlage hat entschieden eine hohe politische Bedeutung, nicht bloß eine wirthschaftliche. Wie kann man das bestreiten, da die Herren rechts doch Verschiedenes anführen, was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Kanal⸗ unternehmen steht? Das kommt schon bei der Frage der Kom⸗ pensationen zum Ausdruck. Ueber die Wendung, welche die Kom⸗ pensationsfrage jetzt genommen hat, bin ich überrascht. Die Mehrheit der Kommission drängte vor zwei Jahren selbst darauf, immer neue so⸗ genannte Kompensationen in die Vorlage hineinzunehmen. Jetzt, nach⸗ dem die Staatsregierung einige solcher Kompensationen in die Vorlage hineingebracht hat, wird dies dankbar anerkannt; es wird ihr aber vorgeworfen, daß sie erst jetzt mit der Regulierung der Vorfluth⸗ verhältnisse komme; man sagt auch, man werde diese Gaben vielleicht
annehmen, aber den Mittelland⸗Kanal gebe es trotzdem nicht. Diefe egierung, wie wir 1899 gethan hätten, dadurch entgegenzukommen, daß wir
— wird uns auch diesmal verhindern, der es beinahe ch 1 das Theilstück Dortmund-—Rhein bewilligen; denn damit wäre das
Schicksal des Mittelland⸗Kanals besiegelt. Wie gesagt, wir hätten das 1899 beinahe gethan, wenn uns nicht noch im letzten Augen⸗ hlick ein Artikel des Herrn von Zedlitz in der „Post“ gewarnt hätte. Aus den perschiedensten Gründen sind wir hier der Vorlage gegenüber in einer eigenthümlichen Lage, und es ist vielleicht am besten, wenn wir überhaupt nicht viel Redens von uns machen. Ueber den militä⸗ rischen einer leistungsfähigen künstlichen Wasserstraße sind wir vor zwei Jahren in der Kommission von Vertretern der Militär⸗ verwaltung so gründlich belehrt worden, daß ich die Wirkungslosigkeit dieser Argumente auf die Rechte nicht recht begreife. Herr von Pappen⸗ heim verweist die angebliche Verquickung der Vorlage mit den Getreidezöllen in das Gebiet der Ammenmärchen. Herr von Zedlitz hat aber gestern gesagt, daß die Vorlage erst in Betracht zu ziehen sei, wenn der erhöhte Zollschutz für die Landwirthschaft verbürgt sein werde. Der Kanalbau dauert 15 Jahre. Die neuen delsverträge sind dann doch schon wieder abgelaufen, und welche utien haben Sie dann? Sie müßten dann schon in die Verfassung einen Artikel etwa des Inhalts aufnehmen: der Getreidezoll darf niemals unter — ich will einmal sagen 7,50, ℳ ermäßigt werden. Man spricht auch von der Aufhebung des Artikels 54 der Reichsverfassung, welcher die Abgaben⸗ aarantiert. Diese Frage geht doch den Reichstag und den Bundesrath an. Die Rechte kann also 29* mehr sagen, sie hätte die Vorlage nur nach wirthschaftlichen und nicht nach politischen Gründen beurtheilt. Graf Limburg hat unver⸗ blümt von einer b für gewisse Güter auf den Eisenbahnen, füͤr andere auf den Kanälen gesprochen. Ich muß besorgen, daß aus einer Vorlage, welche die hülcieree Absicht der Hebung des Ver⸗ kehrswesens verfolgt, eine von Kompensationsvorlagen wird, welche das entgegengesetzte Interesse verfolgen. Ich nehme auch des⸗ bhalb keinen Anstand, mich denen anzuschließen, welche bedauern, daß die Vorlage wiedergekommen ist; wir hätten gewünscht, sie wäre n wieder eingebracht worden. ich wird in der Kommission
Sache recht rasch erledigt werden. 8E sher. verss elet): ANäme
broute für
Dr. Schultz⸗Bochum (nl. die M Ahnaffichnns und der Mafurische Kanal
enthalten, so würde ich ihr unbedingt ich hoffe, da 8 b ahsehbarer Zeit möglich 1 seis Sea a. eneen,che kee Fegne
abzuschließen, und daß es auch dann noch gelingen wird, Dach und Fach zu bringen. Nun hat aber Herr am erklärt, die
Emscherthal⸗Linie sei ein Eindringling, die Lippekanalisierung habe die
Priorität. Ich erkläre aufs entschiedenste, daß wir auch für die Lippe⸗ kanalisierung durchaus eintreten. Die Emscherthal⸗Linie ist aber dazu berufen, das eminente Interesse des rheinisch⸗westfälischen Stein⸗ kohlenbeckens zu fördern. Täglich führen über 20 000 Doppelwagen die Kohlen von dort aus; diese Wagen nehmen, hintereinander aufgestellt, die Länge von 16 km ein. Das Kohlenrevier wird zur Zeit nur von Eisebahnen durchzogen, und zwar von einem so engmaschigen etz, daß es nicht dichter gezogen werden kann. Im Gegentheil beengen die Eisenbahnanlagen den Betrieb bereits in einer Weise, daß wir nicht mehr die erforderliche Bewegungs⸗ freiheit haben, daß uns vielmehr nur eine leistungsfähige Wa erstraße helfen kann. Die Gefahr, daß in dem Gebiet der Emscherthal⸗Linie der Boden infolge des Bergbaues sich senken werde, ist nicht vor⸗ handen. Der Bergbau mit Versatz, wie er dort betrieben wird, bietet Schutz gegen Bodensenkungen und auch gegen Stein⸗ und Kohlen⸗ jall. In meiner Kindheit war die Ruhr angefüllt mit Kohlenschiffen. Dieses Transportmittel wurde dann durch die Eisenbahn verdrängt. Aber schon in den 60er Jahren begann man sich nach einem neuen Verkehrsmittel umzusehen. Ich bitte die Herren von der Rechten, uns doch die Vorlage bewilligen zu wollen. Hier darf von keinem Gegensatz zwischen Osten und Westen die Rede sein. Die Ursachen der Verstimmung zwischen Osten und Westen beruhen nur auf Mißverständnissen und irrthümlicher Auffassung der Verhältnisse. Der größte Theil der Einnahmen des Bergbaues fließt in die Taschen unserer Bergarbeiter; für jeden Tag wird im westlichen Revier eine Million Mark Löhne an sie bezahlt. Ich hoffe, daß die Annahme der Vorlage über ihre hohe wirthschaftliche Bedeutung hinaus ein Friedenswerk darstellen wird.
Abg. Stengel (fr. kons.): Ich kann die Vorlage objektiv beur⸗ theilen, da ich weder zum Westen noch zum Osten gehöre. Daß der Vorredner mit Wärme für die Vorlage eintritt, begreife ich, aber die Petition der Gewerkschaft „Deutscher Kaiser“ verdient doch auch Be⸗ rücksichtigung. Die Bergbehörde muß die Verhältnisse dort genau prüfen. Mindestens in beschränktem Maße werden Bodensenkungen immer noch vorkommen. Nach den Moctiven der Vorlage selbst sind im unteren Theil der Emscher Senkungen zu erwarten, die zu einer seeartigen Erweiterung der Emscher führen können. Wir werden die Gründe der Regierung für den Rhein⸗Elbe⸗Kanal von neuem sorgfältig und objektiv prüsen. Ich freue mich, daß in der Vorlage selbst das Wort „Kompensationen“ nicht vorkommt. Die Meliorationsarbeiten haben auch mit dem Kanal eigentlich nichts zu thun, durch sie sollen seit langem bestehende Bedürfnisse befriedigt werden. Mit den vorgeschlagenen Flußregulierungen an der Spree, Oder und Havel kann ich einverstanden sein. Wir werden in der Kommission prüfen, ob diese Seite der Vorlage nicht ab⸗ getrennt werden kann. Ebenso sind wir für den Großschiffahrtsweg Stettin—Berlin, behalten uns aber die nähere Prüfung vor. Jeder Kanalbau zieht seine Konsequenzen nach sich: das Reich baute aus politischen Gründen den Kaiser Wilhelm⸗Kanal: dadurch wurde Hamburgs Handel begünstigt gegenüber Lübeck und Stettin; Lübeck ermannte sich und erbaute den Elbe⸗Trave⸗Kanal, und nun können wir Stettin nicht im Stich lassen, sondern müssen seinen Absatz nach dem Hinterlande verbessern. Der Unterschied zwischen den Kanalfreunden und den Kanalgegnern liegt gerade darin, daß wir meinen, daß der Rhein⸗Elbe⸗Kanal nicht von so großer Wichtigkeit für das gesammte Wohl des Staates und für das gesammte wirthschaftliche Leben ist. Der Einfluß des Rhein⸗Elbe⸗Kanals auf die wirthschaftliche Entwickelung des Vaterlandes wird nicht so großartig sein, daß wir gegenüber den großen Bedenken in wirth⸗ schaftlicher und finanzieller Hinsicht die Verantwortung für diesen Kanal mit übernehmen könnten. Freilich würde der Kanal dem rheinisch⸗westfälischen Industriebezirk nützen und allen Gebieten, durch die er geht, Vortheil verschaffen. Aber da das sicherste und schnellste Verkehrsmittel die Eisenbahnen sind, üben die künst⸗ lichen Wasserstraßen, die mit hohen Abgaben belastet sind, nur einen beschränkten Einfluß auf einen schmalen Streifen Landes zu ihren beiden Seiten aus. Je mehr Sie aber die Abgaben erhöhen und die Eisenbahntarife ermäßigen, desto mehr schwindet der Einfluß des Kanals. Wir hoffen, daß die Eisenbahntarife noch weiter herunter⸗ gehen können. Unter den jetzigen Verhältnissen würde jeder, der vom Rhein⸗Elbe⸗Kanal 40 km entfernt wohnt, besser thun, seine Kohlen frisch von der Grube durch die Eisenbahn zu beziehen, als über den Kanal. In der großen Kanalpolitik, welche mit der Vorlage ihren An⸗ fang nimmt, wird es kein Halt geben, und der Staat wird weiter⸗ schreiten müssen, sodaß er in der Befriedigung anderer Bedürfnisse wird karg sein müssen. Wie dürfte er sich weigern, in anderen Gegenden auch Kanäle zu bauen, wenn die Leute glaubten, sie könnten ihnen nützen? Und den Gegenden, denen durch Kanäle nicht ge⸗ holfen werden kann, wird er durch Herabsetzung der Eisenbahn⸗ tarife helfen müssen. Damit muß der Staat umsomehr rechnen, jemehr sich die Hoffnungen, welche man an das Kanalsystem knüpft, bewahrheiten. Die 53 Millionen Einnahmeausfall dieser Eisenbahnen werden also nicht reichen. Man wird bei Zeiten daran denken müssen, neue Einnahmen zu schaffen. Mag auch die Finanz⸗ lage so günstig sein, daß wir das Unternehmen wagen können, so kommt es doch darauf an, ob die Konsequenzen nicht zu groß werden. Unsere Finanzen werden eng berührt durch das Lwerbliche Leben. Jede Aenderung spürt der Staat in seinen Finanzen. Nicht nur die Schulden des Reichs, sondern auch die des preußischen Staates sind in unaufhaltsamem Wachsen. Seit 1892 sind die preußischen Staatsschulden von 6,06 Milliarden auf 6,6 Milliarden gestiegen. (Rufe links: Neue Anlagen!) Gewiß sind neue Anlagen dafür geschaffen, aber es sind nicht immer glänzende Kapitalsanlagen, wie z. B. der Dortmund⸗Ems⸗Kanal und andere wasserwirthschaft⸗ liche Dinge. Unsere Finanzen sind nicht mit denen anderer Staaten, die nicht fortwährend Neuanlagen zu machen haben, zu vergleichen. Die französischen Eisenbahnen werden in geraumer Zeit kostenlos an den französischen Staat übergehen; wenn wir alle Jahre neue Millionenschulden machen, so stehen wir mit unseren Eisenbahnen den französischen nicht günstig 1,—— Wir werden auch bald unseren Personeiversesr n mehr bewältigen können. Auch den Betrieb der Kanäle wird der Staat schließlich in die Hand nehmen —2 Das wird eine gewaltige Last für den Staat werden. Der Redner zieht zum Vergleich die Kanalverhältnisse Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika heran. Ein großer Theil der Kanäle habe dort trotz vollständiger Abgabenfreiheit sich nicht bewährt und der Verkehr sich nicht ge⸗ hoben; in Amerika sei eine ganze Reihe von Kanälen sogar abandonniert und zugeschüttet worden. Der Redner kommt An auf den* Dortmund⸗Ems⸗Kanal zu sprechen. Er habe ich das Vergnügen gemacht, die 7 der Vorlage über diesen Kanal von 1886 cinmal wieder durchzulesen. Welche hohen Erwartungen seien damals an den Kanal geknüpft worden, und in wie geringem Maße hätten sie sich Ut! Obwohl der Kanal 1893/94 häͤtte fertig sein müssen, sei er, u genommen, auch heute noch nicht fertig. 8 seien dort große Feahrthbindernüsse entstanden, die wegen der hohen Kosten nicht werden könnten, wie vom Ministertisch erklärt worden sei. beute Morgen habe er im Berliner Tageblatt“ gelesen, daß eine Strecke des Kanals F- Undichtigkeit vollstandig trockeng werden müsse und daß Störung voraussichtlich 14 Tage dauern werde. Man habe zwar 1886 nicht von einer Rentabilität gesprochen, aber der Verkehr auf dem Kanal sei auch im vorigen Jahre noch über alle Maßen schlecht ge⸗ wesen. 1— den Rhein⸗Wesch Kanal man nun noch eine ganz in Aussi men. gn der Be⸗
dung von 1886 gestanden, der Dortm Kanal
ein ganz selbständiges wirthschaftliches Werk. Hr die
hältnisse kannten, meinten aber, wenn erst der E
baut werde, der Dortmund⸗Ems⸗Kanal veröden. in man sehr sanguinisch E wolle, so könne man aber tens annehmen, daß der Dortmund⸗Ems⸗Kanal noch einmal dahin kommen seine Unterhaltungskosten decken. Auf die Verhältnisse im eet übergehend, spricht der Rerner — Einführung groößerer für die e im
Kohlen aus:
Ruhrgebiet erforderten außerordentliche Maßregeln; ebenso müßten dort, wo die Verhältnisse ähnlich liegen, größere Waggons von 20 — 30 b eingeführt werden. Alle Einzelfragen wünden ja in der Kommission ausführlich geprüft werden; hoffentlich würden dort die Gründe der bmre Regierungsvertreter für die Vorlage größere Ueberzeugungs⸗ raft haben als vor zwei Jahren; aber solange seine Ueberzeugun nicht erschüttert sei, daß der Kanal ein finanziell sehr bedenkliches Unternehmen sei, fühle er sich verpflichtet, seine Meinung hier offen vorzutragen. Der Staat habe die große Aufgabe, die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen aufs höchste zu steigern; bei unseren geographischet Verhältnissen sei ein Kanal immer nur eine Aushilfe. Die Eisenbahnen müßten doch den ganzen Verkehr bewältigen, wenn die Kanäle vereist seien. Der Redner schließt mit den Worten: Herr von Eynern hat gesten auf den Kaiserlichen Ausspruch hingewiesen: „Unsere Zukunst liegt 8 dem Wasser!“ Das ist ein sehr schönes und richtiges Wort, aber unsere Zukunft liegt nicht auf den seichten Wassern von Binnen⸗ kanälen, denen das Wasser künstlich zugeführt werden muß, sondern auf den ewig wogenden, völkerverbindenden Meeren, die uns in den Stand setzen, unseren Theil am Welthandel zu erlangen. Dazu be⸗ dürfen wir aber einer großen, starken Flotte, deren Erhaltung dauernde finanzielle Opfer erfordert. Deshalb müssen wir unsere Finanzen fürsorglich behandeln und dürfen uns nicht auf Unternehmen ein⸗ lassen, von denen wir nicht wissen, wohin und wie weit sie führen, 1 18 möglicherweise die Erfüllung viel wichtigerer Kulturaufgaben schmälern.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen: Meine Herren! Auch ich bin der Meinung, daß das Wort Seiner Majestät des Kaisers: unsere Zukunft liegt auf dem Wasser — sich zunächst auf den alles umfluthenden Ozean bezieht, daß aber dieses Wort nur dann Wahrheit werden kann für die Lande, wenn die Binnenwasserstraßen in genügendem Maße ausgebaut sind. (Bravo!l links.) An der Rede des Herrn Abg. Stengel hat mich besonders gefreut, daß selbst der Herr Abg. Stengel doch nicht ganz die Möglichkeit ab⸗ geschnitten hat, in der Kommission noch zum Kanalfreund bekehrt zu werden. (Heiterkeit.) Daß diese Auffassung überhaupt bei der gegen wärtigen Vorlage mehr allgemein hervorgetreten ist, ist in meinen Augen doch schon eine große Errungenschaft und hoffentlich auch ein günstiges Prognostikon. Meine Herren, dann möchte ich mir gestatten, auf die Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Stengel zunächst mit einem Wort zu ant⸗ worten, welches im Jahre 1882 der Herr Abg. Windthorst bei der Kanaldebatte gebraucht hat. Mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten werde ich mir gestatten, ganz kurz die Stelle vorzulesen. Aber das kann ich nicht leugnen, wenn ich eine Reihe von Be⸗ merkungen aus der heutigen Debatte mir vergegenwärtige, dann werde ich zurückversetzt in die Zeit, wo die ersten Projekte der Köln Mindener Eisenbahn ausgegeben wurden. 8
(Sehr gut! links.) ö1“ Da war eine solche Masse von Zweifeln und Bedenken, da wurden so viele wesentliche Interessen verletzt, da waren die Grundbesitzer, durch deren Land sie geführt werden sollte, in schrecklicher Lage,
(hört, hört! und Heiterkeit links) 8 daß schließlich niemand glaubte, daß das Unternehmen ausführbar sei. Jetzt fahren alle mit Vergnügen von Minden nach Köln und die Aktien stehen vortrefflich. Damals wurde gerade diese Eisen⸗ bahn genau so angesehen und beurtheilt wie jetzt der Kanal;
(hört, hört! links) man fand, daß es viel richtiger wäre, an ihrer Statt eine größere Zahl von Chausseen und Vizinalwegen zu bauen,
(sehr gut! und Heiterkeit links) das würde für den Verkehr vollständig genügend sein. Das ist in Münster und überall ebenso gedacht. Ich habe damals die Sache sehr sorgfältig zu prüfen Veranlassung gehabt und bekenne es meinestheils, daß ich so zweifelhaft wurde, daß ich mich gefragt habe, ob man Aktien zeichnen solle, und schließlich die Frage ab⸗ lehnte. Ich habe es nachher bedauert, ich wäre reich geworden.
(Heiterkeit.)
Meine Herren, diese Rede kann heutzutage genau so wieder gehalten werden (sehr richtig! links, Widerspruch rechts); sie ist so charakteristisch für die gegenwärtige Situation, daß ich es mir nicht habe versagen können, sie hier zu reproduzieren.
Ueberhaupt, meine Herren, das Studium der alten Verhandlungen von 1882 und 1886 ist außerordentlich lehrreich. Auch diejenigen Herren, die damals hier gesessen haben, haben sich genau so geäußert. Lesen Sie nur mal nach, was der damalige Führer der Konservativen, der Herr Abg. von Rauchhaupt, über die Kanäle gesprochen hat, was Herr von Haugwitz über die Kanäle gesagt hat! Das ist genau das⸗ selbe, was die Staatsregierung heute Ihnen vorführt, ganz genau dasselbe, und es ist ja die Folge dieser Auffassung gewesen, daß mit einstimmigen Resolutionen im Abgeordnetenhause und im Herrenhause die Staatsregierung aufgefordert worden ist, den Rhein⸗Elbe⸗Kanal so schleunig als möglich zu bauen. (Abg. von Eynern: Hört! hört!)
Meine Herren, Sie sind doch inkonsequent; Sie verdammen die Kanäle, aber Sie wollen eine Ausnahme machen mit dem Groß⸗ schiffahrtsweg von Berlin nach Stettin. Der hat all die Untugenden nicht wie die anderen Kanäle! (Heiterkeit links.) Und warum nicht? Das ist nicht gesagt, darüber kann man also nur Vermuthungen haben. Wenn wir den Großschiffahrtsweg bauen, den ich ja dringend befürworte, tritt nach meiner Ansicht ganz dasselbe Moment in Kraft, was der Abg. Stengel und auch der Abg. Freiherr von Zedlitz hier angeführt haben: dann tritt die schreiende Ungerechtigkeit für das ganze Land ein, daß nun die Leute an dem Großschiffahrtsweg billiger fahren können als andere Leute. (Sehr richtig! links. — Wieder⸗ holtes „Sehr richtig!“ rechts.) Und die Weichsel⸗Oderstraße wollen Sie ja auch bauen! Das ist auch ganz dasselbe. (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, haben Sie jemals daran gedacht, wenn eine Nebenbahn gebaut wurde, dann den Leuten, die seitwärts saßen, eine Entschädigung zu geben, entweder in baar oder indem Sie Ihnen die Transportkosten vom Hof bis an die Eisenbahnstation bezahlten, oder in einer anderen Weise? Ich glaube nicht, daß jemals früher ein derartiger Gedanke bei der Ausbildung des irgendwo gefaßt worden ist. (Sehr gut! links.) In die Wirtlichkeit ist wenigstens dieser Gedanke niemals übersetzt worden, und er wird auch in Zukunft niemals in die Wirklichkeit übersetzt werden; es wird weder der Staatbregierung noch dem Land⸗ tage einfallen, diese Konsequenzen zu ziehen. Wenn wir das gewollt hätten, und wenn das unsere Pflicht und Schuldigkeit gewesen wäre, dann hätten wir das von vorneherein thun müssen, hätten
wir das bei jeder Eisenbahn, bei jeder Chaussee und bei allen
früheren Kanälen und Wasserstraßen ebenfalls thun müssen. Das ist niemals angeregt worden, ist auch niemals geschehen und wird auch in Zukunft ganz positiv nicht geschehen. Ich betrachte das auch nur als ein Schreckbild, aber als ein Schreckbild, das aus seiner gespenster⸗ haften Natur niemals heraustreten wird. Wenn die Kanäle gebaut werden, so wird sich die Sache einfach genau so entwickeln wie bisher. Wir werden weder genöthigt noch willens sein, unsere Eisenbahntarife darum zu werfen, um der Eisenbahn die Konkurrenz⸗ möglichkeit zu erhalten. Das wäre ein Unglück; denn wir wollen ja, daß ein Theil des Verkehrs an Massengütern auf die Kanäle übergeht. Wir haben nicht zwei Seelen in der Brust, die uns veranlassen könnten, nachdem wir die Kanäle gebaut haben, nun wieder durch Tarifermäßigungen einen Theil des Verkehrs auf di Eisenbahnen zurückzuziehen. Das wird ganz gewiß nicht geschehen. 88 Der Abg. Stengel und, wenn ich nicht sehr irre,
18“
ebenfalls der
der Abg. Freiherr von Zedlitz haben heute bezw. gestern die Be⸗
merkung gemacht, aus meinem einleitenden Vortrage hätte man er⸗ sehen können, daß ich von der Voraussetzung ausgegangen wäre, wenn nun das Programm des vorliegenden Gesetzentwurfs ausgeführt wäre, dann sei für die nächsten 15 oder 30 Jahre alles geschehen — die Herren waren im Zeitraum verschiedener Meinung —, was überhaupt hätte geschehen können. Meine Herren, wenn Sie das unkorrigierte Stenogramm meiner Rede nachzulesen die Güte hätten, so würden Sie daraus ersehen, daß ich das nicht gesagt, sondern ausdrücklich hinzugefügt habe: wenn dieses Programm ausgeführt und in einigen Linien, die zur Zeit noch nicht liquid sind, ergänzt worden ist — das steht ausdrücklich drin und das habe ich auch ausdrücklich gesagt —, dann werden wir allmählich auf die Höhe kommen, die wir erklimmen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben auf dem Weltmarkt, um unsere innere Entwickelung so zu fördern, wie es für alle Wirthschafts⸗ zweige durchaus erstrebenswerth ist. Also daraus kann ein Vorwurf gegen die Vorlage nicht hergeleitet werden. Die Vorlage ist nur das⸗ jenige, was wir jetzt schon dem Landtage als ein abgeschlossenes Unter⸗ nehmen vorlegen konnten. Ich habe auch ausdrücklich das Bedauern ausgesprochen, daß wir noch nicht in der Lage wären, den masurischen Seenkanal mit aufzunehmen, und habe auf die Gründe hingewiesen, die das verhindert haben.
Der Abg. Stengel hat nun dem Rhein⸗Elbe⸗Kanal nicht die Bedeutung zugesprochen, die die Kanalfreunde und die Staatsregierung demselben zuschreiben. Gründe dafür hat der Abg. Stengel nicht angeführt, außer einem meines Erachtens etwas schmalen Grund. Er hat nämlich das allgemeine Wort ausgesprochen: Kanäle haben über⸗ haupt nur ein ganz schmales Verkehrsgebiet. Woraus der Abg.
Stengel das folgert, ist mir auch unklar gewesen; wenigstens hat er Gründe hierfür nicht angegeben. Er hat nur gesagt, daß erfahrungs⸗ mäßig von den Kanälen nur einzelne an denselben gelegene große Städte und Produktionsgebiete Vortheile hätten. Meine Herren, Kanal und schiffbarer Fluß ist in der Beziehung genau dasselbe, das eine ist eine Wasserstraße und das andere ist eine Wasserstraße, und Sie werden doch nicht leugnen können, daß die großen schiffbaren Ströme Rhein, Weser, Elbe, Oder, Weichsel bis tief ins Land hinein von der aller⸗ größten verkehrswirthschaftlichen Bedeutung sind. (Sehr richtig! links.) Glauben Sie denn, meine Herren, dieser Rhein⸗Elbe⸗Kanal würde, so mitten durch das Land gezogen, nun auch isoliert bleiben? Er geht ja durch die gesegnetsten Theile unseres mittleren Deutschlands, durch die Provinzen Glauben Sie denn nicht, daß von allen Seiten Zubringer zu diesem Verkehrswege sehr bald sich finden würden, Zubringer auf dem Wasser und Zubringer auf der Schiene? Wir sehen darin einen der Haupt⸗ vortheile dieser großen Verkehrsstraße, daß sie ein Rückgrat bildet, und daß an dieses Rückgrat rechts und links sich die anderen Verkehrswege anschließen werden. Die bloße Durchfahrtsstraße bliebe, so würde ich vielleicht dem Abg. Stengel Recht geben können
würde allein nicht die großen Vortheile für das Land nach sich ziehen und vielleicht auch nicht mal die fertigen, wenn wir nicht, wie ich das bereits auch neulich schon ausgeführt habe, der Ansicht wären, daß diese Wasserstraßen nicht
Rheinland und Westfalen, Hannover und Sachsen.
wenn es dabei
großen Kosten recht⸗
in erster Linie als Durchgangswege, sondern als Wege anzusehen sind,
die im wesentlichen und an erster Stelle eine örtliche Bedeutung haben, die dem örtlichen und Nahverkehr und Güteraustausch ebenso dienstbar werden als dem großen Durchgangsverkehr. Wir machen diese Erfahrung bei all den künstlichen Wasserstraßen, die wir in den letzten 10, 12 Jahren gebaut haben, daß gerade der örtliche Verkehr dort ganz außerordentlich gehoben wird. Das wird in demselben Maße bei der Rhein⸗Elbe⸗Straße der Fall sein, und in demselben Maße werden sich die Zubringer von rechts und links per Schiene und per Wasser schon einfinden.
Der Herr Abg. Stengel hat nun allerdings noch einen
zweiten Grund angeführt, den ich hier auch zu bemerken und zu beantworten nicht vergessen will. der Wasserstraße, also von dem Kanal, jeder besser per Es kommt ganz darauf an, wohin er fahren will oder woher er Güter beziehen will. Aber selbst wenn das der Fall wäre — was ich bestreite —, so würde das doch voraussetzen, daß jeder nun einen Bahnhof hat. Leider ist das im Deutschen Reiche und auch in unserem sehr entwickelten preußischen Staate noch nicht der Fall, sondern die meisten Leute müssen noch mit der Fuhre an den Bahnhof fahren, und wo sie mit der Fuhre an den Bahnhof fahren, da können sie auch mit der Fuhre an den Kanal fahren. Also der Einwand mit den 40 km stimmt nicht. Die meisten Gütertransportkosten werden sich überhaupt zusammensetzen erstens aus einer Eisenbahnfracht, weitens aus einer Wasserfracht und drittens aus einer Eisenbahn⸗
Er sagt: 40 km von entfernt bezieht schon
Bahn. Meine Herren, ich bestreite das.
Das ist ganz natürlich, ebenso wie es bei den Eisenbahnfrachten
der Fall ist; denn es sitzt eben nicht jeder an einem Bahnhof, und es
auch nicht jeder an einem Hafen. Und in einer Beziehung hat
die Wasserstraße sogar noch einen großen Vorzug vor dem Schienenwege:
kann mir meine Station überall anlegen (sehr richtig!),
wenigstens an den allermeisten Stellen anlegen. Wir haben das bei den neuen Kanalstrecken gesehen: möͤchte hier gern eine Anlegestelle haben, dann haben wir gesagt: gut, ofort wird das gemacht, Du kannst hier verladen; es wird ein kleiner Einschnitt in die Uferkante gemacht, und der Gutsbesitzer verladet nun und empfängt seine Sachen dort.
„Ziegelei, Mühle u. s. w. findet dort ihre natürliche —2 findet dort ihre natürliche Ladestelle, ohne viel Kosten an
und
wenn der Gutsbesitzer sagte, ich
Jede kleine landwirthschaftliche
ohne viel Kosten in der Verladung. Die u6“ 8 8 8 “]
1.““
es wäre ja also der Main⸗, Ostsee⸗Kanal und die rasch gestiegen seien. Aber da müßte man doch bedenken, daß das nur Theile größerer Wasserstraßen seien. Meine Herren, der Rhein⸗GElbe⸗
das auf der Eisenbahnstation möglich ist.
die Wasserspeisung erhoben werden. (Zuruf rechts: Oder⸗Spree⸗
Kanal!) — Der Oder⸗Spree⸗Kanal hat jederzeit Wasser genug; dort
haben wir die schönsten Wasserstände gehabt. Ich erinnere mich
etwas Gedrucktes in dieser Beziehung vorgebracht hat. (SHeiterkeit. Zuruf rechts: Berliner Tageblatt!) — Jawohl, ist auch gedruckt. (Große Heiterkeit.) Aber es ist noch lange nicht alles wahr, was da gedruckt ist. (Große Heiterkeit.) Davon sind Sie ja alle überzeugt. (Heiterkeit.) Aber, meine Herren, dieses Mal ist es wahr, Herr Abg. Stengel! (Heiterkeit.) Bekanntlich friert es im Winter, und wenn die Kanäle gefroren sind und die Ströme auch keine Schiffahrt haben wegen des Eisstandes, dann sieht man den großen Vorzug der künst⸗ lichen Wasserstraßen vor den natürlichen Wasserstraßen; dann sieht man mal nach, wie es in Sohle und Wandung aussieht; dann werden Stellen, an denen man Undichtigkeiten vermuthet, trocken gelegt und repariert. Daraus einen Strick gegen die Kanäle zu drehen, ist meines Er⸗ achtens vollständig unmöglich. (Sehr richtig! links.)
Ich gehe sogar noch weiter. Wir bekommen jedes Jahr — gestern habe ich noch das Schreiben bekommen — vom Auswärtigen
repariert werden. Sie werden infolgedessen für den Verkehr ge⸗ schlossen, von da bis da. Das ist ja ganz genau richtig und unbe⸗ streitbar. Das habe ich auch in meinen einleitenden Worten schon gesagt: Die Schiene ist viel unabhängiger von den Witterungs⸗ einflüssen (hört, hört! rechts) wie das Wasser; das ist ja ganz klar;
der Wasserverkehr doch stärker gestiegen ist als der Schienenverkehr weil man eben der großen Transportgefäße halber sich auf den Wasserstraßen ganz anders einrichten kann mit seinem Bedarf und mit seiner Versendung, als das auf dem Schienenwege der Fall ist. (Zuruf rechts.) Und wenn der Abg. von Eynatten gesagt hat: die Ruhrkohle — er hat jedenfalls die gewöhnliche Förderkohle, die Kleinkohle ge⸗ meint — also wenn diese Kleinkohle zwei Monate gelegen hat, so ist sie so und soviel Prozent weniger werth, so hat er den Prozentsatz in seiner etwas sanguinischen Weise nach meiner Auffassung erhöht. (Heiter⸗ keit.) Aber, meine Herren, das stimmt wohl für die Kohlen, die ich auf die Erde schütte, die von allen Seiten der Luft zugänglich sind; das stimmt aber nicht für die Kohlen, die in die großen Transport⸗ gefäße der Wasserstraße geschüttet werden. (Abg. von Eynern: Sehr richtig!) Dort sind sie eben von drei Seiten her schon von der Luft abgeschnitten, und oben werden sie meistentheils auch noch gedeckt, wenigstens dann, wenn es sich um eine längere Lagerung des be⸗ treffenden Schiffes handelt. Also auch dieser Grund trifft m. E. nicht zu, sondern die Schiffsgefäße sind gerade für den Winter und die Zeit, in der auch an die Eisenbahnen einmal die Mahnung tritt, daß sie auch vor der Witterung und den Elementen sterblich sind, dazu berufen, sich Vorräthe zu sammeln. Glauben Sie denn, daß wir die sogenannte Kohlennothsperiode hier in Berlin so gut über⸗ wunden hätten, wie wir sie überwunden haben, wenn nicht in den Schiffen so große Kohlenmengen hier gelagert hätten ( sehr richtig! links), oberschlesische Ruhr⸗ und englische Kohle? Das ist eben der große Vorzug des Wassertransports, daß man mit ganz anderen Transport⸗ gefäßen arbeiten und rechnen kann. — Ich sehe schon Herrn von Pappenheim, daß er das benutzen wird, um mir seine großen Wagen auf der Eisenbahn zu empfehlen. (Heiterkeit.) Darüber können wir uns vielleicht in der Kommission auch noch näher unter⸗ halten.
Der Herr Abg. Stengel ist dann darauf gekommen, daß er sagt: ihr führt uns immer als ideale Kanalländer Frankreich und Amerika
an. Meine Herren, ein ideales Kanalland ist Frankreich keineswegs,
sondern nach unserer Auffassung ein sehr unideales Kanalland.
Ich habe nur gesagt, daß Frankreich die Aufgabe, neben der Entwickelung der
Schienenwege
auch die Wasserstraßen zu entwickeln, sehr früh begriffen hat.
Aber in der Wahl der
Dimensionen und Konstruktionen der Wasserstraßen hat es sich eben vergriffen. Frankreich hat viel zu enge Kanäle gebaut, die durchaus nicht in der Weise prosperieren konnten, weil es infolge dieser geringen Dimensionen und infolge der Gestaltung des Landes, die für Wasser⸗ straßen weit ungünstiger ist als diejenige unseres Landes, genöthigt gewesen ist, mit einer unendlichen Zahl von Schleusentreppen immer herauf⸗ und herunterzusteigen; jede Schleuse vermehrt natürlich die Selbstkosten in hohem Maße.
Amerika hat zum großen Theil denselben Fehler gemacht. In
Amerika liegen aber infolge der ganz eigenthümlichen — echt ameri⸗ kanischen uns. Amerika hat keine Staatsbahnen; es hat Privatbahnen, die, wie Sie aus der Zeitung vwissen, waltig, bis aufs Messer und Blut bekämpfen, zu Zeiten sich wieder vertragen. Aber überall da, wo sie vom Wasser bedroht sind, haben sie natürlich eine sehr energische Konkurrenz aufgenommen. Aber trotzdem ist in Amerika doch die Ueberzeugung wieder in die Vorder⸗ hand gekommen, daß es mit den Schienen allein nicht zu machen ist. Sie sind dort eben dabei, wieder großartige Wasserkanalprojekte aus⸗ zuarbeiten und in die Hand zu nehmen.
Verhältnisse die Dinge doch etwas anders wie bei zu Zeiten sich ge⸗
Dann hat der Herr Abg. Stengel weiter ausgeführt: nicht zu leugnen, daß die gebauten Kanäle, der Oder⸗Spree- und auch der Nord⸗
kanalisierte Oder in ihren Verkehren
Kanal steht auch nicht allein in der Welt
lehnt sich an
vollzieht sich meist in viel einfacherer und viel billigerer Weise, als
Meine Herren, nun die Wasserspeisung. Ich meine, mit dem Wasser müßte die Kommission eigentlich gespeist werden (Heiterkeit); denn in dem Plenum läßt sich das wirklich kaum mit der Gründlich⸗ keit erledigen, wie das nothwendig ist. Wir werden Ihnen den Beweis führen müssen — Sie haben das Recht, das zu ver⸗ langen —, daß die Wasserspeisung für alle Zeiten und alle Ihnen vorgeschlagenen Projekte vollständig gesichert ist. Das ist der Fall, und dieser Beweis wird Ihnen mit Leichtigkeit geführt werden. Nach meiner ganz unmaßgeblichen Auffassung möchte es zweckmäßiger sein seitens der Kanalgegner, dieses Bedenken fallen zu lassen; denn nach meiner Erfahrung ist es niemals zweckmäßig, Bedenken aufzustellen, die einem sofort vom Gegner aus der Hand geschlagen werden können, und das ist im höchsten Maße der Fall mit den Bedenken, die gegen
daran, daß der Herr Abg. Stengel auch die Wasserhaltungsfähigkeit beim Dortmund⸗Ems⸗Kanal wesentlich bemängelt hat und sogar
Amt ein Schreiben, worin uns mitgetheilt wird: Jetzt kommt die Periode, wo die französischen, belgischen und holländischen Kanäle
aber das hindert doch nicht, daß trotz dieses mißlichen Umstandes
alle unsere größeren Wasserstraßen im Lande an, das erklärt ja sein große Bedeutung; er kann also ebenso gut wie jeder der angeführten anderen Kanäle als ein Theil einer großen Wasserstraße angesehen werden. Es gelten also für ihn dieselben Entwickelungsbedingungen, wie für die von dem Herrn Abg. Stengel angeführten bereits vollendeten Kanäle.
Aber kein guter Freund ist von jeher der Abg. Stengel von dem Dortmund⸗Ems⸗Kanal gewesen, und ich muß auch sagen, so ganz un⸗ berechtigt ist ja seine Kritik nicht. Ich habe seiner Zeit hier schon gesagt, als es sich zum ersten Mal um die Erweiterung unserer Wasserstraßen handelte, daß es mir mindestens zweifelhaft sei, ob es richtig gewesen, gerade an dem Ende anzufangen. Aber es ist an dem Ende angefangen worden, weil man der festen Zuversicht war und nach den Beschlüssen des Landtages in beiden Häusern auch sein konnte, daß der Dortmund⸗Ems⸗Kanal kein Torso bleiben, sondern bald seinen Anschluß nach Westen und Osten finden würde. Wenn das damals ausgeführt worden wäre, so wären wir längst über die Kinderkrankheiten bei dem Dortmund⸗Ems⸗Kanal hiweggekommen. (Sehr richtig! links.) Der Dortmund⸗Ems⸗Kanal hat ja mit be⸗ sonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eben weil er ein Torso ist, hat er auch nicht in das natürliche Wasserspeisungsnetz eingeschaltet werden können, was sofort geschlossen wird, wenn wir den Rhein⸗Elbe⸗ Kanal bauen. Sowie das geschieht, werden sich auch die Verhältnisse auf dem Dortmund⸗Ems⸗Kanal erheblich bessern. Daß der Verkehr zur Zeit noch nicht groß ist, keine Rente bringt, daß er die Unterhaltungskosten noch nicht bezahlt, das ist ja ohne weiteres zuzugeben. Aber ich bitte, zu beachten, daß wir in der Beziehung auch bei den neuen Kanälen erheblich vorsichtiger geworden sind. Wir haben ja dort die Betheiligten für die Unterhaltungs⸗ und Verwaltungskosten herangezogen, wir sind ja sehr viel weitergegangen; wir können also die Zeit der ersten Entwickelung ruhig mit ansehen.
Ferner hat der Herr Abg. Stengel bemerkt, die Kosten des Dort mund⸗Ems⸗Kanals seien sehr viel größer geworden und die Bauzeit eine viel längere, als ursprünglich in der Regierungsvorlage vorgesehen. Auch das ist durchaus richtig; aber daß die Kosten größere geworden sind, das liegt zum theil daran, daß der Kostenanschlag, der damals vorgelegt wurde, schon einige Jahre alt war und, wie die Ausführung nun auf Grund dieses Kostenanschlags erfolgen sollte, sich die ganzen wirthschaftlichen Verhältnisse außerordentlich geändert hatten. Es waren die Löhne, es waren alle Materialien sehr viel theurer geworden; zweitens aber dadurch, daß mit Bewilligung des Landtages die Dimensionen des Kanals vergrößert wurden. Das hat natürlich auch erhebliches Geld gekostet. Aber ich bin vollständig mit dem Herrn Abg. Stengel dar⸗ über im Einverständniß, daß man derartige Ueberschreitungen nach Mög⸗ lichkeit vermeiden muß, und ich habe auch die Ueberzeugung, daß das bei dem vorliegenden Gesetzentwurf zutreffend ist. Die Kostenanschläge sind mit aller Sorgfalt aufgestellt, wiederholentlich geprüft, auch jetzt noch geprüft worden, und wir sind der Meinung, daß mit den vor⸗ geschlagenen Kosten auch die Projekte ausgeführt werden könnten. Das setzt natürlich voraus, daß nicht etwa im Laufe des Baues aus dem Lande selbst heraus und befürwortet von der Vertretung des Landes, noch allerhand Dinge dem Projekt hinzugefügt werden. Das ist allerdings nicht veranschlagt und kann nicht veranschlagt werden.
Meine Herren, der Herr Abg. Stengel hat ferner ausgeführt, daß auch der Kanal jetzt noch nicht fertig wäre, und hat sich bezogen auf lästige Schlingen, die die Schiffahrt in den unteren Theilen hemmten. Meine Herren, diese lästigen Schlingen liegen garnicht im Kanal, sondern in der Ems unterhalb des Kanals. Sie sind auch nicht lästig für die Kanalschiffe, sondern lästig für Seeschiffe, Torpedo⸗ fahrzeuge u. s. w., kurz und gut für alle Schiffe von längeren
können, wie das die Kanalschiffe weit eher können.
Meine Herren, damit kann ich wohl meine Antwort auf die Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Stengel schließen, indem ich auch meiner⸗ seits hoffe, daß wir uns mit ihm in der Kommission nach gründliche und unbefangener Prüfung aller Verhältnisse verständigen werden. Ich möchte nur noch einige Worte zu den Bemerkungen de
Herrn Abg. von Pappenheim hinzufügen. Herr von Pappenheim hat sehr schön und seite allmählich in überlassen sei — ich verwaltung überlassen sei — und die Eisenbahnen jetzt ihr behagliches Dasein im Schatten führen müssen. Meine Herren, ich glaube, der Herr Finanz⸗Minister wird anderer Ansicht sein wie Herr von Pappenheim, und ich selbst bin auch der Ueberzeugung, daß diese stief⸗ mütterliche Behandlung der Eisenbahn nicht zutrifft. in der Beziehung auf die Etats und sonstigen Vorlagen beziehen, die in den letzten Jahren aus der Eisenbahnverwaltung hervorgegangen sind. Her⸗ “ von Pappenheim hat dann gemeint, der Einfluß des Staats auf die Tarifbildung, . entwickelung und, wie er meint, zum Segen des Landes ausüben konnte und bisher ausgeübt hatte, würden zum theil verloren gehen, würden voraussichtlich auch verloren gehen bezüglich der Staats⸗ eisenbahnen, zum theil, weil die Staatseisenbahnen influenziert würden möchte ich erwidern, daß der Staat ja auch bezüglich der künstlichen Wasserstraßen die Bildung der Abgaben vollständi und auch nicht willens ist, diese Abgabetarifierungen, selbst wenn er sich dazu entschließt, einem Privatunternehinen den Ausbau eines Kanals zu überlassen, aus der Hand zu geben; er würde damit ein Hoheitsrecht vergeben, das er überhaupt nicht vergeben kann. ich habe Einfluß der die Schienenwege doch ordentlich überschätzt wird. Stunde nicht weiter eingehen. Dinge in voller Ausführlichkeit in der Kommisston zu behandeln sind, und die Staatsregierung ist jederzeit bereit, alle und jede Anskunft in voller Klarheit zu geben, die bezüglich der allgemeinen und der einzelnen Fragen seitens der Kommission gewünscht wird. (Bravo! links.)
poetisch ausgeführt, daß die meinem Ministerium nehme an, er
Sonnen⸗ der Bauverwaltung meint, der Wasserbau⸗
8 G
Ich kann mich
die Herrschaft, die er damit über die Verkehrs
durch das Vorgehen auf den Kanälen. Darauf
g in der Hand hat
ausgeführt, daß der schädliche und des Wasserstraßenverkehrs auf direkt und indirekt ganz Ich will hierauf bei der vorgeschrittenen Ich möchte glauben, daß alle diese
vorher schon Wasserstraßen
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
Dr. von Miquel:
Der Herr Präsident hat, um Zeit zu gewinnen, gewünscht, daß
ich, wenn ich überhaupt noch reden wollte, cs Ueber jetzt thun follte. Gehorsam, wie immer, dem Regenten dieses Hauses, will ich, auf der
anderen Seite aber doch dem wahrscheinlich vorhandenen Wunsche des Hauscs entsprechend, kurz sein. 8 b
111““
Dimensionen, die sich in dem Fahrwasser nicht so leicht durchschlängeln
außerr.