wesen ist; denn diese Voruntersuchung hat ihm Gelegenheit gegeben, den Verdacht, der auf ihm ruhte und gegen ihn gelenkt war, voll⸗ ständig zu widerlegen und seine volle Unschuld durch gerichtlichen Be⸗ schluß festgestellt zu sehen. Meine Herren, ich glaube, das ist ein sehr erfreuliches Resultat, das von uns allen nicht bedauert werden kann. Hätte die Voruntersuchung nicht stattgefunden, so wäre es un⸗ vermeidlich gewesen, daß Hoffmann in gewissen Kreisen noch länger unter dem Schatten eines gewissen Verdachtes gestanden hätte.
Nun, meine Herren, der Vorwurf, daß gegen den Schlächter⸗ meister Lewy nicht vorgegangen sei — darüber nur zwei Worte. Es besteht darüber allgemeines Einverständniß, daß von der Familie Lewy niemand der Thäter ist; das ist in dem Masloff'schen Prozesse un⸗ zweifelhaft festgestellt und wird von allen Seiten anerkannt, auch von antisemitischer Seite. Der Verdacht, der noch gegen ihn von anderer Seite vorgebracht wird, ist nur der, daß in seinem Keller die That verübt sein könne, daß er diese Räume zu einem Morde hergegeben habe, der als Ritualmord von denjenigen, die diesen Verdacht hauptsächlich vertreten, bezeichnet wird. Ja, meine Herren, nach dieser Richtung hin haben die eingehendsten Untersuchungen stattgefunden, sie finden fortgesetzt statt, und alles das, was nach der Richtung hin sich ergeben hat, ist zu einem Einschreiten nicht ausreichend gewesen.
Meine Herren, ich glaube hier einen Satz aus einer Nummer der Kreuzzeitung, die in der ganzen Angelegenheit eine sehr maßvolle und besonnene Haltung eingenommen hat, Ihnen vorlesen zu dürfen, einen kurzen Satz. Sie sagt in der Nummer vom 30. November vorigen Jahres:
„Die Zeugenvernehmungen, die auf der einen wie auf der anderen Seite vielfach auf sehr unsicherer Grundlage beruhen, haben zwar allerhand Verdachtsgründe ergeben, aber, soweit sich das übersehen läßt, keine solchen, daß gegen bestimmte Personen mit genügender Sicherheit hätte eingeschritten werden können. Die in Konitz oder auch sonst vielfach herrschende Ueberzeugung, daß die Thäter Juden gewesen seien und daß es sich um einen verbrecherischen Auswuchs des Blutaberglaubens handle, reicht vom Standpunkt einer un⸗ parteiischen Rechtsprechung für sich allein nicht aus; und diese eben sind nicht in genügendem Maße beigebracht worden.“
Meine Herren! So lag nach der Ansicht des Verfassers dieses Artikels die Sache am 30. November, so liegt sie noch heute, und ich glaube auch hente noch den Standpunkt vertreten zu dürfen, der hier zum Ausdruck gebracht worden ist, daß der Justizbehörde solange keine Mböglichkeit gegeben ist, gegen bestimmte Personen positiv einzuschreiten, als nicht stärkere thatsächliche Verdachtsgründe sich gegen sie ergeben
JZustiz⸗Minister Schönstedt: * 11“ 3u einer Berichtigung! Ich habe irrthümlicherweise den Kriminal⸗ kommissar Wehn genannt; es ist der Kriminal⸗Inspektor Braun ge⸗ wesen, der die Verhandlung gegen Hoffmann geführt hat.
Abg. von Czarlinski (Pole) bedauert, daß, wenn für den Minister bei der Ernennung der Notare das Interesse der Bevölkerung maßgebend sei, der Minister nicht in allen Theilen des Landes die Bedürfnisse der Bevölkerung zu kennen scheine. In den polnischen Landestheilen sei z. B. die Zahl der polnischen Anwälte und Notare verschwindend gering gegenüber der Zahl der deutschen. Die auch vom Minister anerkannten Uebelstände im Dolmetscherwesen und der Um⸗ stand, daß man sehr schwer Dolmetscher finde, die der polnischen Sprache mächtig seien, erklärten sich leicht, wenn man wisse, wie die polnische Muttersprache in den Schulen verdrängt und der polnische Privatunterricht erschwert werde.
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Mieiinn Herren! Gegen die Schlußworte muß ich auf das aller⸗ entschiedenste protestieren. Es werden in Preußen keine Menschen⸗ rechte, auch keine allgemeinen Staatsbürgerrechte vergewaltigt, auch nicht das Recht der Sprache; es wird lediglich nach den Gesetzen ver⸗ fahren, und wie bei allen Behörden, so auch bei den Gerichten, ist in der Provinz Posen nach dem Gesetz von 1876 die deutsche Sprache Geschäftssprache. Danach müssen die Polen sich richten.
Ich gebe zu, daß mancherlei Schwierigkeiten in der Praxis daraus entstehen, daß ein großer Theil der Bevölkerung der deutschen Sprache nicht genügend mächtig ist (Zuruf rechts: sein will!) ein anderer Theil auch nicht sein will. Es erwachsen daraus den Gerichten außer⸗ ordentliche Schwierigkeiten, und wenn jemand nach der Ueberzeugung des Gerichts der deutschen Sprache nicht mächtig sein will, während er sie genügend beherrscht, dann liegt darin eine Ungebühr, gegen die einzuschreiten durchaus gesetzlich zugelassen und geboten ist. Daß in dieser Beziehung aber nicht mißbräuchlich vorgegangen wird, dahin zu wirken ist die Justizverwaltung, soweit sie hier einzugreifen in der Lage ist, seit Jahren bestrebt; es werden alle Fälle, in denen auf Ungebührstrafen wegen Ablehnung der Auslassung in deutscher Sprache erkannt wird, sorgfältig von den vorgesetzten Behörden verfolgt, und es werden dar⸗ über regelmäßige Berichte erstattet. Wenn die Nachprüfung zu dem Ergebniß führt, daß ein nicht geeigneter Gebrauch gemacht sei von dem Ordnungsstrafrecht, so wird dies den betreffenden Gerichten be⸗ merklich gemacht. Wenn nun der Herr Abgeordnete selbst schon gesagt hat, daß die Fälle seines Wissens sehr selten geworden seien, so brauche ich darauf nicht näher einzugehen.
Was die Anstellung von Notaren in Posen angeht, so liegt mir eine statistische Uebersicht über die Zahl polnischer Notare nicht vor. Ich glaube aber im allgemeinen bemerken zu sollen, daß die Besetzung der Beamtenstellen in der Provinz Posen, also auch die Besetzung der Notariatsstellen, eine politische Frage ist; sie ist ein wesentliches Stück der polnischen Frage, und da wird verfahren nach nationalen Gesichtspunkten, die für das Staats⸗Ministerium in dieser Frage die Richtschnur bilden. Es mag sein, daß die Anwendung dieser Grundsätze der polnischen Be⸗ völkerung nicht gefällt, auch daß ihr daraus Unzuträglichkeiten er⸗ wachsen; aber da handelt es sich um Ausflüsse der polnischen Politik der Staatsregierung, von der ich glaube sagen zu dürfen, daß sie sich der Zustimmung der weit überwiegenden Mehrheit der gesammten preußischen und deutschen Bevölkerung erfreut. (Abg. Peltasohn: Sehr richtig!)
Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Ich muß meine Freunde vor etwa⸗
verlangen, auch nichtqua angeste 28. negjese wird erst akut, — mehr Fereher vorhan zu b el Stadträthe sin in in und Fgbüthg; Ge wird eben die titäat n. timmt. Um das in verhüten, verlangen verhäl äß Rücksichtnahme auf die K jon.
eine Anzahl von
wir nur einigermaßen berücksichtigt werden. Es ist doch unerhört, daß —
die Linke verlangt, daß wir für die jüdische Bevölkerung mehr als für uns selbst thun. Es ist mir nicht eingefallen, die Linke anzugreifen. Es wäre mir lieber gewesen, wenn diese ganze Diskussion in der ruhigen, sachlichen hen weitergeführt worden wäre, die Herr Peltasohn an⸗ efangen hat. Wenn die Herren links aber so lebhaft werden, önnen sie sich nicht darüber wundern, daß man vcheen darauf antwortet. Herr Barth sagt, das Zentrum habe doch sonst einen ge⸗ wissen Sinn für Parität gezeigt. Wo haben denn die Freisinnigen misen diesen Sinn für b gezeigt gegenüber den katholischen Be⸗ schwerden? Daß wir bei unseren Beschwerden Feuer und Flamme seien und jetzt versagten, wo es sich um jüdische Beschwerden handelt, ist unrichtig Es kann doch nicht von uns verlangt werden, daß wir die jüdischen Beschwerden anders behandeln als unsere eigenen. Ich berufe mich auf einen Brief von Forckenbeck an seine Frau, in dem es heißt, daß seine Kandidatur in einer engeren Versammlung sehr lebhaft bekämpft worden sei, weil er Katholik sei. Andere hätten aber gesagt, man könne ihn wählen, weil er „unbefangener“ Katholik sei. Am 10. März 1872 schrieb Forckenbeck an seine Frau, man erkundige sich, ob seine Kinder protestantisch seien. Die „Ger⸗ mania“ 1 damals, daß Forckenbeck nur dem Namen nach Katholik sei. In der Berliner Stadtverordneten⸗ Versammlung giebt es überhaupt keine Katholiken. (Abg. Goldschmidt meldet sich als solcher.) Nun, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Meine Frage war also berechtigt, wie denn die Herren in der Stadtverwaltung sich zu dieser Frage der Parität ver⸗ halten. Was die Anstellung der Notare betrifft, so muß allerdings die Möglichkeit geschaffen werden, daß man Vertrauensmänner einer eigenen Ueberzeugung zur Verfügung hat. Ich habe schon 1894 denselben Skandpunkt vertreten wie jetzt, d. h. an⸗ erkannt, daß der ideale Gesichtspunkt nicht strikte durchführbar sei. Was hat die Aeußerung, daß „jeder nach seiner Ueberzeugung Felig werden soll“, mit dieser Sache zu thun? Wird hier etwa die deligionsfreiheit angetastet? Gegen ein jüdisches Jesuitengesetz würde der Abg. Richter sich mit aller Energie verwahren, gegen die Auf⸗ hebung des alten Jesuitengesetzes aber hat er letzthin gestimmt. Von einem solchen Herrn nehmen wir keine Belehrung über Religions⸗ freiheit an.
Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Forckenbeck's Wahl spricht gegen die Behauptung, daß die Stadt Berlin unduldsam sei. Ob ein Stadtverordneter in Berlin katholisch, evangelisch oder jüdisch ist, danach wird in Berlin nicht gefragt. Herrn Werner antworte ich nicht in demselben Ton, um nicht die Versammlung auf das Niveau einer antisemitischen Radauversammlung herabzudrücken. Die Juden aben in den letzten Kriegen ihre Schuldigkeit gethan wie die Christen, auch als Offiziere. Den Konitzer Prozeß wollen wir hier nicht nachprüfen. Herr Werner bestritt, daß in der Broschüre von Ritualmord die Rede sei. Die ganze Einleitung handelt ja davon. Man schiebt das jetzt auf einen Blutmord aus abergläubischen Motiven zurück. Man spricht von einer Sekte. Sie können doch nicht die ganze jüdische Konitzer Bevölkerung beschuldigen, daß sie zu dieser Sekte gehört. Es haben Haussuchungen in Konitz wie in Berlin⸗ 8 es ist aber nichts herausgekommen. Die sofortigen Haus⸗ uchungen waren nach dem Str.⸗G.⸗B. nicht gut möglich. Fehler ngen ja gemacht worden sein. Ein jüdisches Verwirrungscomité giebt es nicht, wohl aber sind in Konitz antisemitische Treibereien schlimmster Art vorgekommen, die Erregung und Verwirrung hervor⸗ erufen haben. Das Nebenuntersuchungs⸗Comité hat eine suggestive Finwirkung auf die Zeugen ausgeübt. Die Presse hat die Affaire in antisemitischem Sinne ausgebeutet und die Rechtspflege zu beeinflussen esucht. Durch Vertheilung von Flugblättern und den be⸗ annten Bilderbogen ist die Konitzer Bevölkerung, namentlich die Landbevölkerung, zu Evxeessen aufgereizt worden. Die Konitzer behandeln die Juden als Ausländer; das ist eben der Boxerstandpunkt. Der Abg. Crüger meinte aber die Reden des Grafen Pückler, der u. a. von einem kleinen Revolutiönchen egen die Juden sprach. Graf Pückler ist freigesprochen worden. In Berlin kennt man ihn, aber in der Provinz müssen seine Reden ver⸗ hetzend wirken. Wie wäre es einem Sozialdemokraten ergangen, wenn er nur die Hälfte davon gesagt hätte. In Pommern wird sogar von einem Pastor eine ähnliche Sprache geführt. Diese ganze Hetze hat den Zweck und Erfolg gehabt, das Vertrauen in die Justiz zu zerstören. Vor den hehren Räumen der Justiz muß die Partei⸗ leidenschaft stillstehen.
Abg. Dr. Irmer (kons.): Auf Einzelheiten des Konitzer Falles einzugehen, habe ich keine Neigung. Was das Schimpfen anbetrifft, so gebührt Ihnen ohne Zweifel die Palme.
Präsident von Kröcher: Damit meinen Sie doch nicht Mit glieder des Hauses?
Abg. Dr. Irmer (fortfahrend): O nein; ich meine Leute außerhalb des Hauses. Ein Berliner Stadtverordneter wurde wegen ultramontaner Neigungen seiner sammtlichen Ehrenämter enthoben. Ich selbst gehöre u denen, die von der städtischen Verwaltung fern gehalten worden sag Ich gehe darauf aber nicht ein aus Schonung. Nicht wir
aben diese Sache zur Sprache gebracht, sondern Herr Peltasohn. Dem Vorschlag des Abg. von Eynern über die Grundsätze habe ich in meinem Antrage Rechnung getragen. Wir hatten anfangs nicht die Absicht, namentliche Abstimmung zu verlangen aus Schonung gegen die Linke, in der manche sitzen, die in dieser Frage anderer Amficht sind als die Herren Rickerk, Richter und Peltasohn. Wir wollten diesen keine Verlegenheiten bereiten. Wenn Sie (links) aber die namentliche Abstimmung beantragen, so werden wir ihr freudig zu⸗ stimmen.
Abg. Schmitz⸗Düsseldorf (Zentr.) weist darauf hin, daß ein Redakteur der „Frankfurter Zeitung“ zu 6 Monaten Gefängniß ver⸗ urtheilt worden sei, weil die Zeitung behauptet habe, der Groß⸗ herzoglich hessische Justiz⸗Minister habe keinen jüdischen Richter oder Notar angestellt. Die Herren Rickert u. s. w., führt er dann aus bätten besser geschwiegen, denn nach dem Bevölkerungsverhältniß ätten die Berliner Juden kaum auf neun Notare Anspruch.
ie Notare haben doch vielfach eine Vertrauensstellung, . B. bei milden Stiftungen; es ist also sehr am Platze, daß auf die Empfindungen der christlichen Bevölkerung Rücksicht genommen wird. In absehbarer Zeit könnte das christliche Notariat verschwinden, und das könnte eine Gegenbewegung, einen Antisemitismus hervorrufen, den wir Alle verabscheuen. Unser Toleranz⸗ antrag hat es mit der Religionsfreiheit zu thun; hier handelt es sich um ctwas ganz Anderes. raus, daß den Juden verfassungsmäßig die Aemter offen steben, folgt noch nicht, daß die Juden in jedem einzelnen Falle angestzullt werden Ich lebe mit jüdis K b. im besten Binvernehmen. In anderen Gemeinden ist a die Anstellung eines jüdischen Richters mit einem kräftigen Protest aufgenommen worden. Die Interessen der einzelnen Richter müssen binter den Interessen der Allgemeinheit zurücktreien. Wir leben ein⸗ mal in ristlichen Staat, und das Gros der Bevölkerung unterscheldet z0 chen christlicher und jüdischer Weltanschauung. Von einer —övv* ist keine Rede. Es ist weise von der Staatsregierung, 8. auf das religiöse Empfinden des Volkes E nimmt; thäte sie es nicht, so ware die Folge ein ungesunder
ntisemitismus. Wer verurtheilt nicht die antisemitischen Aus⸗ schreitungen? Wir werden für den Antrag stimmen. Dr. Sattler (nl.): Nicht die Bevölke iffer, sondern die bi nicht minder aber auch die Racfupe anf praktische uteressen soll bei der eeee Stellen d sein.
in finden wir, daß der Justiz⸗Minister nicht die ung ver⸗
letzt bat. Die von der Linken sollten konsequenter e dem 845 ein Mißtrauensvotum aussprechen und sagen, er die Verfassung verletzt habe. Die anderen Anträge verstehe ich nicht. Die Rechte hätte beantragen müssen, aust daß
Minister verfassungsmäßig gehandelt hat.
Ministers liegen 1.8. sondern nur der Grundsatz,
Berlin 8 — gE — gen ven n plötzli ntr gelöst werden.
— Antrag e.; A geändert Fnasn ist, so
für denselben stimmen, obwohl wir wünschten, daß er nicht gestellt 1
worden wäre.
Die Abgg. Dr. Irmer und Freiherr von Zedlitz und Neukirch haben inzwischen ihrem Antrag folgende Fassung gegeben: 1 1
„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: zu dem vom Herrn Justiz⸗Minister dargelegten Grundsatze, daß bei der Er⸗ nennung von Notaren auf das Bedürfniß der christlichen Bevölke⸗ rung in angemessener Weise Rücksicht genommen werden soll, seine Zustimmung auszusprechen.“
Die Abgg. Dr. Barth (fr. Vgg.) und Dr. Crüger (fr. Volksp.) stellen folgenden Antrag:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Erwartung auszusprechen, daß bei der Ernennung von Notaren das Gesammt⸗ interesse der Bevölkerung nach Maßgabe der Bestimmungen in Art. 1V und XII der Verfassungs⸗Urkunde zur Geltung kommt.
Abg. Dr. Barth: Unser Antrag soll einen Gegenstoß bilden gegen den Antrag der Konservativen, der seine Zustimmung zu den vom Justiz⸗Minister dargelegten Grundsätzen aussprechen will. Wir schieben das Bedürfniß der Gesammtbevölkerung in den Vordergrund zu den Interessen der christlichen Bevölkerung und ver⸗ weisen dabei auf die Artikel IV und XII der Verfassung.
Abg. Wilckens (kons.) dankt dem Minister namens der west⸗ preußischen Bevölkerung für dessen Erklärung, die das Vertrauen zur Justiz wieder herstellen werde. Die Unruhe der Bevölkerung sei um so begreiflicher, als auch der Skurzer Mord ie geblieben sei. Man befürchte die Wiederkehr Kheüsse Fälle. eine Anweisung für alle Fälle veranlassen.
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Meine Herren! Zu einer Anweisung an die Beamten der Staats⸗ anwaltschaft, wie der Herr Abgeordnete, der eben die Tribüne verläßt, sie wünscht, habe ich keine Veranlassung, weil ich es als selbst⸗ verständlich betrachte, daß, falls so schwere Verbrechen sich wieder⸗ holen möchten, die Behörden ohne weiteres ihre volle Schuldigkeit thun werden. Die Vorgänge in Konitz werden ja schon an und für sich dazu beitragen, daß jeder dazu berufene Beamte sich bemüht, zur Aufklärung des Verbrechens von vornherein nichts zu versäumen, was überhaupt innerhalb des Kreises seines Ermessens und seiner Einsicht liegt.
Abg. Dr. Kelch (fr. kons.): Der Antrag Barth geht davon aus, daß nicht das Interesse der Bevölkerung, sondern das der jüdischen Anwälte vertreten werden soll. Da aber das Interesse des Publikums uns höher steht, so werden wir gegen diesen Antrag stimmen. Der Redner geht dann auf die 2 wangserziehung ein. Es sei ein Fortschritt des neuen Gesetzes, daß Kinder gewissenloser Eltern eine gute Erziehung s an erhalten sollen. Im weiteren Verlauf der Rede wächst die Unruhe des Hauses derartig, daß nur noch Bruchstücke der Ausführungen zur Tribüne hinaufdringen. Der Redner scheint in Bezug auf das neue Gesetz eini e Wünsche zu äußern im Anschluß an die Verfügung des Ministers über die Ausführung des Gesetzes.
Von den Abgg. Dr. Irmer und Freiherr von Zedlitz und Neukirch ist der Antrag eingegangen: im Antrag 2 hinter dem Wort: „Notaren“ einzuschalten: „wie
isher“.
Die Diskussion wird geschlossen. Zur Geschäftsordnung verwahrt sich
Abg. Dr. Barth dagegen, daß der eben mitgetheilte Antrag in der Form eines Amendements in seinen Antrag eingeschmuggelt werde. Wenn Freiherr von Zedlitz etwas derartiges sagen wolle, so möge er es in einem selbständigen Antrage thun.
Präsident von Kröcher konstatiert, daß der letzte Antrag unter allen Umständen geschäftsordnungsmäßig zulässig sei.
Abg. Peltasohn versucht, in persönlicher Bemerkung eine Aeußerung des Justiz⸗Ministers richtig zu stellen, wird aber daran vom Präsidenten gehindert. Er erklärt schließlich, daß er sich von niemandem zu seiner Anfrage habe drängen lassen.
Abg. Dr. Irmer: Es wird mir mitgetheilt, daß der Abg. Barth seinen Antrag zurückgezogen habe. Ich nehme den Antrag wieder auf.
Abg. Dr. Barth: Ich habe unseren Antrag keineswegs zurück⸗ ezogen, sondern nur darauf hingewiesen, daß durch den Zehe antrag Frmer⸗Zedlitz unser Antrag in sein Gegentheil verkehrt worden ist. Wir halten unseren Antrag nach wie vor aufrecht, stimmen gegen den Zusatzantrag und, wenn dieser angenommen werden sollte, gegen den ganzen Antrag. 1
Der Titel „Gehalt des Ministers“ wied bewilligt und Pnachst der Zusatzantrag Irmer⸗von Zedlitz zu dem Antra Barth angenommen, mit diesem Zusatz dann der Antrag Barth selbst und schließlich der Hauptankrag J mer⸗von Zedlitz. Dafür stimmen die konservativen Parteien, das Zentrum und die Nationalliberalen.
Um 4 Uhr wird die weitere Berathung bis Montag 11 Uhr vertagt.
eer Minister sollte
XXIX. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsrathbh.
Vierte und letzte Sitzung: Freitag, den 8. Februar 1901. Der Vorsitzende Graf von Schwerin⸗Löwitz eröffnet die Sitzung
um 10 ½ Uhr. der Bericht der
1
Erster Gegenstand der Tagesordnung ist Kommission für die Bekämpfung der Maul⸗ und Klauen⸗ seuche. Ueher den Antrag der Kommission referiert Dekonomierath Steinmever⸗Danzig. Abänderungsanträge stellen die Herren von Stockhausen⸗Abgunst und von Arnim⸗Güterberg. In der Diskussion nehmen das Wort der Kommissar des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten Geheimer Ober⸗Regierungsrath Krönig, sowie die Herren von Stockhausen⸗Abgunst, Dr. Wien⸗Friedrichshagen, Amtosrath ven Schwarz⸗Hessen, Geheimer nomie Kraaz⸗Osmarsleben. von Arnim⸗Güterberg, Geheimer Regierungsrath Professor )r. Dam⸗ mann⸗Hannover und Domänenrath tich⸗Rostock. Mit den Anträgen von Stockhausen und von Arnim wird der Kommisssonsantrag hierauf in folgender Fassung angenommen:
er dansar e heene erklärt: 82 aa.
3 wergewicht Vorgehens gegen die die Landwi cha enegsch⸗ auf das schwerste sebveer ul, und Klauen⸗ ½ i wie vor auf Ergründung eines praktisch verwertb⸗
mmunisierungsverfahrens zu legen. An die Regierungen des Reiches und der 72—57 ist dieserbalb das Er u auch weiterhin Mittel zu stellen, mit deren hghe visfegschasge erforscht — — es sn
2 ange ein so eerfahren nicht ermittelt ist, Bekaͤmp “ M. men unentbehrlich, dem Charakter dieser Seuche und den örtl altnissen werden müssen. Bedingung für die erfolgreiche möglichft cinheitliche und kraftige
Als solche Maßregeln sind zu .
1) Verbote der Einfuhr
und Schwe
deren Rohstoffen und von Feran welche Tra geftot :8 Leheche Ländem und digg, a in Zeiten des Ni⸗
Zirkung ist deren
Abfuhrwegen und einer sichernden thierärztlichen Beaufsichtigung stellt werden; 8 unterstellt Viehverkehr zu Bahn und Schiff, wobei auf die Her⸗ ellung von Rampen mit undurchlässigem Boden thunlichst auf allen
bchnbofen Gewicht zu legen ist;
c. die zweckmäßige Einrichtung und scharfe Ueberwachung der Viehmärkte und viehmarktähnlichen Veranstaltungen; 2 — d. die allgemeine Einführung von Ursprungsattesten für den Marktverkehr und Viehhandel; 11“ 2 G
e. die schärfste Handhabung der Desinfektion der Händler⸗ und stställe und die Einwirkung auf zweckmäßige Einrichtung derselben;
f. die möglichste Einschränkung des Treibens von Handelsvie auf öffentlichen Wegen;
die Sammelmolkereien mit der Bestimmung, daß aus ihnen Magermilch und sonstige Milchrückstände dauernd nur abgegeben werden dürfen, nachdem sie zuvor einer die zuverlässige Ertödtung des Infeitionserregers garantierenden Temperatur ausgesetzt worden sind.
.“ und Schutzmaßnahmen beim Auftreten der Seuche in Inlande.
Plauakich dieser ist, wenn auch die bisher zur Bekämpfung der Seuche erlassenen Vorschriften im allgemeinen als ausreichend zu enchten sind, doch folgenden Gesichtspunkten vornehmliche Berück⸗ sihtigung zu schenken: 2 1“
f die Verzögerung oder Unterlassung der Anzeige ist strengstens zu estrafen;
8 b. das Einschreiten der Behörden bei dem Ausbruch der Seuche st möglich zu beschleunigen und das Interesse der landwirthschaftlichen Bevölkerung durch Verbreitung belehrender Schriften zu wecken;
c. die Polizeibehörden haben bei der Entscheidung über die Wahl de betreffenden Sperren (Stall⸗, Gehöfts⸗, Orts⸗, Bezirkssperre) die inlichen Verhältnisse zu berücksichtigen;
d. die Bestimmung des § 57 der Bundesraths⸗Instruktion, be⸗ effend die Absperrung seuchenverdächtiger Wiederkäuer und Schweine st auf kranke und der Ansteckung verdächtige Thiere auszudehnen;
e. die Abgabe von Milch und ihren Produkten aus Seuchengehöften st nur unter entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu gestatten;
f. in Zeiten der Seuchengefahr soll die Polizeibehörde berechtigt sein, unbefugten Personen das Betreten von Gehöften zu untersagen;
g. die Vorschriften des § 62 der Instruktion über die Weg⸗ schafnng des Düngers aus Seuchengehöften bedürfen der Aenderung;
h. die verseuchten Gehöfte sind von der Einquartierung frei zu lassen;
f j. nach dem Aufhören der Seuche sind die Thiere zu reinigen und möglichst zu desinfizieren;
k. Bereitstellung von Staatsmitteln zur Bekämpfung von akut auftretenden Seuchenausbrüchen.“
An zweiter Stelle steht auf der Tagesordnung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Wein, wein⸗ haltigen und weinähnlichen Getränken. Ueber denselben referieren die Herren Dr. Freiherr von Schorlemer⸗Lieser a. M. und Reichsrath Dr. von Buhl⸗Deidesheim. In der Diskussion sprechen die Herren Präsident Klein⸗Wertheim a. M., Grunelius⸗Kolbsheim, Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungsrath, Bezirks⸗Präsident Freiherr von Hammerstein⸗Metz und Oekonomierath Stockmayer⸗Lichtenberg. In der Abstimmung wird der Antrag der Referenten in folgender Fassung einstimmig angenommen:
„Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt, daß in dem von dem Königlich Preußischen Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium beschlossenen Ent⸗ wurf zu einem neuen Reichs⸗Weingesetz höchst beachtenswerthe Vor⸗ schläge enthalten sind, und empfiehlt dieselben bei der bevorstehenden Berathung des Gesetzentwurfs, betr. den Verkehr mit Wein, wein⸗ haltigen und weinähnlichen Getränken, im Deutschen Reichstag zur Beachtung.“ 1 1
Von dem Bericht der Kommission für das Eisenbahn⸗ tarifwesen, welchen Domänenrath Rettich⸗Rostock erstattet, nimmt die Versammlung Kenntniß.
Der Bericht, betreffend die Viehversicherung, wird von der Tages⸗ ordnung abgesetzt. K 1“
Der Vorsitzende Graf von Schwerin⸗Löwitz schließt hierauf die XXIX mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, die erhabenen Bundesfürsten und die freien Städte, in das die Anwesenden begeistert einstimmen.
Schluß der Sitzung 3 Uhr.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Türkei.
Der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel hat für erkünfte von dem Golf von Smyrna zwischen Neu⸗Phocea d Vourla (diese beiden Orte eingeschlossen) eine Beobachtungs⸗ narantäne von 48 Stunden nebst strengster Desinfektion der brsagiere und der Schiffsmannschaft angeordnet. (Vergl. auch „R⸗Anz.“ Nr. 32 vom 6. d. M.) “ E111“
Alle aus Konstantinopel kommenden Dampfer werden einer lstündigen Beobachtung unterworfen, mit Ausnahme derjenigen, dlche, wie die Postschiffe des rumänischen See⸗Schiffahrtsdienstes, nen rumänischen Staatsarzt an Bord haben, der während der erfahrt die bestehenden sanitären Bestimmungen ausführt.
Die rumänischen Postschiffe haben seit 18.,31. Januar d. J. eregelmäßigen Fahrten zwischen Konstanza und Kon⸗ antinopel wieder aufgenommen. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 30 4. d. M.)
„Kapstadt, 10. Februar. (Telegramm des „Reuter’schen Bureaus“.) isher sind insgesammt zehn pestverdächtige Erkrankungen meldet worden; erkrankt sind ein Weißer und neun Eingeborene. sind ische Maßnahmen getroffen, um den Krankhbeits ab⸗ grenzen. Ratten und Mäuse werden LSön. (Val. Nr. 35 d. Bl.)
London, 11. Febmar. (W. T. B.) Der „Standard“ meldet
Kapstadt vom 10. Februar: Nunmehr srrp in, Kapstadt Erkrankungen und 2 Todesfälle an Pest festgestellt worden.
e Handel und Gewerbe.
Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 7. Februar 2 der gesammte Kassenbestand 901 575 000 (1900: 850 438 000, 99. 631 000) ℳ, d. i. der Vorwoche über mehr 2187 900 (1900 + 8780 000, 1899 + 10 87. ). ℳ Der 8 von 867 190 000 (1900: 815 054 00)0, 1859: 8n85 000) ℳ allein hat zugenommen um 10764 000 + 10 471 000, 1899 + 12 275 000) ℳ Der Bestand wechseln von 737 222 000 (1900: 726083 000, 1899: 59060 000 ℳ eine Verminderung um 48 720 000 (1900 .211 000, 1 — 63 383 000) ℳ und der Bestand an den. r 8S 120 888. ℳ eine so um 900 — 6 335 300 000) ℳ Auf diesen beiden Anlagekonten zusammen
nn 89,8800p 1900 88544 09, —2 zu . Die Position Sonstige Aktiva“ von 14 519 000,ℳ auf. Auf vasserr te zeigt der Be⸗
Noten mit 1 131 721. (1900: 1 057 699 000,
000) ℳ der . gegenüber einen Rückgang um
(1900
EE— 2 .vchn.n d ℳ
98
S
1
8
um 9 645 000 (1900 — 28 073 600, 1899 — 32 678
(Aus den im Reichsamt des Innern usammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.)
Betheilung Deutschlands am Außenhandel der Kolonie Queensland im Jahre 1899: Die wichtigsten Länder waren an der Ein⸗ und Ausfuhr der Kolonie Queensland in den Jahren 1898 und 1899, wie folgt, betheiligt: 8 Ausfuhr X“ 8 1899 1898 1899
Werth in Tausend Dollars Großbritannien . . . . . 15 126 17 4722 21 180 20 795 Australische Kolonien . . . 7 194 7 226 30 510 34 200 Andere britische Kolonien . 1 339 1 459 491 1 082 Deutschland 1 096 1 471 689 Vereinig 8
Ameri 1 2 389 2 933 8 212 Andere Länder . 2 095 2 358 591 1 332 Zusammen 209 235 32 919 52 833 58 122.
Im Nachstehenden geben wir eine Zusammenstellung der wichtigsten 1899 eingeführten Waaren deutschen Ursprungs nach ihrem Werthe in Dollars und fügen den Gesammtwerth der Einfuhr bei jedem Artikel in Klammern bei:
Kleider und Putzwaaren 25 083 (722 564) — Waffen und Munition 36 354 (380 963) — Bier 45 124 (445 120) — Schuhe und Stiefel 17 179 (265 754) — Knöpfe, Borten, Bänder u. dergl. 19 437 (239 771) — Zement 76 543 (227 502) — Baumwollene Zeugwaaren 33 590 (1 960 147) — Messerwaaren und Eisenkurzwaaren 20 221 (800 133) — Cvankali 23 881 (291 499) — Posamentier⸗ und Mode⸗ waaren 46 628 (798 960) — Drogen 11 359 (355 383) — Thonwaaren 10 979 (138 184) — Fantasieartikel 26 280 (230 661) — Möbel 17 919 (233 298) — Glas⸗ und Glaswaaren 38 179 (160 011) — Handschuhe 17 890 (114 099) Strumpfwaaren 85 162 (328 865) — Musik⸗ instrumente 173 691 (237 440) — Eisen und Stahl 50 122 (2298 264) — Leder und Lederwaaren 16 902 (252 264) Maschinen 55 967 (1 065 18 — Nägel 52 915 (106 283) — Papier 28 781 (333 469 — Eisenbahnschienen und sonstiges Eisenbahnmaterial 140 06 (375 084) — Nähmaschinen 22 795 (82 913) Taback 21 009 (535 698) — Wollenwaaren 31 220 (844 342).
Von der Ausfuhr nach Deutschland ist nur die Ausfuhr von Fleisch und Wolle von Bedeutung. Es wurde 1899 nach Deutschland leisch im Werthe von 205 524 Doll. ausgeführt (bei einer Gesammt⸗ ausfuhr von Fleisch im Werthe von 5 642 287 Doll.) sowie Wolle im Werthe von 441 582 Doll. (bei einer Gesammtausfuhr von Wolle im Werthe von 14 688 077 Doll.). (Monthly Report of the Department of Trade and Commerce of Canada.)
8
Einfuhr von Waaren für unbestimmten Verkauf. Das unterm 23. Januar (a. St.) 1899 für Serbien erlassene Zollgesetz, welches in Uebersetzung im diesjährigen Januarheft des „Deutschen Handelsarchivs“ (Verlag der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, hierselbst, Kochstraße 68/71) mitgetheilt ist und im Wege des Buchhandels auch in Sonderabdrücken zum Preise von 0,40 ℳ bezogen werden kann, enthält über die Einfuhr von Waaren für unbestimmten Verkauf nachstehende Vorschriften:
Art. 69. Eine Waare, welche unter der Bedingung der theil⸗ weisen oder gänzlichen Zurücksendung zur Einfuhr gelangt, wird im Verzollungsverfahren als eine Waare für unbestimmten Verkauf betrachtet. .
Art. 70. Wenn Jemand beabsichtigt, eine vom Ausland ge⸗ brachte Waare für den unbestimmten Verkauf einzuführen, so ist der⸗ selbe verpflichtet, diese Absicht dem Zollamte, über welches er die Waare einführt, in der Deklaration anzumelden.
Die Verzollung einer derartigen Waare geschieht in gleicher Weise, wie sie für die übrigen vorgeschrieben ist, jedoch muß das Zollamt jedes Waarenstück mit einem Stempel, einem Siegel oder einer Plombe versehen.
Art. 71. Wenn der Eigenthümer eine derartig eingeführte Waare über das von ihm bei der Einfuhr bezeichnete Zollamt zurücksendet, so sind ihm nach erfolgter Feststellung der Verzollung und nach Be⸗ stätigung der Identität der Waare saämmtliche erlegten Abgaben, mit Ausnahme der Zollnebengebühren zurückzuerstatten.
Art. 72. Führt ein Figenthümer nur einen Theil der eingeführten Waaren aus, so sind ihm nur die Zollabgaben für diesen Theil zurück⸗ zuerstatten. 1
Art 73. Die Identität einer Waare wird einzig und allein durch den angebrachten Stempel, das Siegel oder die Plombe bewiesen; wo diese nicht vorhanden sind, kann weder die gezahlte Zollabgabe rückerstattet noch ein anderes Beweismittel angenommen werden.
Art. 74. Bei einem Disvpositionswechsel dergestalt, daß eine zur Einfuhr gelangte Waare nicht über das Einfuhrzollamt, sondern über ein anderes Zollamt zurückgeschickt werden soll, hat der Finanz⸗Minister die Genehmigung zu ertheilen.
Art. 75. Die Frist, während welcher eine solche Waare mit dem Anspruch auf Erstattung der erlegten Zollabgaben e werden kann, beträgt drei Monate. Diese Frist kann nicht verlängert werden.
Art. 76. Waaren, welche der Troscharina (Verzehrungssteuer) unterliegen, können nicht zum unbestimmten Verkauf eingeführt werden.
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3 Vereinigte Staaten von Amerika. 1“ Zolltarifentscheidungen. Jugendbücher (gedruckte Bücher mit einzelnen leeren Seiten) mit den zum Einkleben bestimmten lithographischen Bildern zusammen eingehend und in der Faktura mit einem Preise aufgeführt, sind zolltarifarisch als Ganzes anzusehen und nicht als „Bücher“ oder „Drucksachen- nach § 403 des e mit 25 % vom Weth, sondern als „Bücher mit farbigen lithographischen Drucken für Kinder“ oder als „Büchelchen — oder theil⸗ weise auf lithographischem Wege gedruckt“ nach § Tarifs mit 8 Cent für das Pfund zu verzollen. 1 Kryofin, in Bezug auf seine chemische Zusammensetzung, seine Eigenschaften und Verwendung 32 cetin verwandt (Formel: Cu Hn 0. N), unterliegt als medizin Präparat, * len Her⸗ stellung Alkohol verwandt wird, nach § 67 des Tarifs einem 55 Cent für das Pfund. Gelatinekissen zur Uebertragung von Manuskripten bebufs Vervielfältigung ( Fiser lachmh 8 nicht als mit
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Ueberzug oder als Gelatine, sondern als Gelatinefabrikat § 450 des Tarifs mit 35 % vom zu verzollen. 5. er,. A 8272—4 8 bei der Bear⸗ itung von ummiartikeln, die nur zum Einschmelzen geeignet gade vnterk een als Abfall nach § 463 des Tarifs einem Zoll von 10-qfch bl. fet fgeschnitt inigt und an der ge is asen, au itten, gereinigt und a Sonne ge⸗ trocknet, aber weder geb⸗ noch gepreßt, sind nicht als präparierte Fi Seesg. 5 * 8 8 6. nnsehen, sondern als rohe Fischblasen nach 8 rifs zo Flasflaß en mit Waaren, die einem ganz oder ☛ auf den Werth ndeten Zoll unterliegen, sind § 99 des Tarifs u dem Satze vnpf welcher auf ihren Inhalt anzuwenden ist. viese E st, so der Inhalt neben einem spezifischen ₰ einem thzoll unterliegt, dahin auszulegen, daß die Flaschen n. mit beiden Zollsätzen, sondern nur mit dem rthzoll
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Hochofenbetrieb in den Vereinigten Staaten im Jahre 1900.
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Juni 1900, 283 im Dezember 1899, 220 im Junj 1899 88 195 im Dezember 1898; die wöchentliche Produktionsfähigkeit dieser Oefen stellte sich in denselben Monaten auf: 228 846, 296 376, 296 959, 251 062 und 235 528 t. Im vergangenen Jahre be⸗ wegte sich die wöchentliche Produktionsfähigkeit der im Gange be⸗ findlichen Oefen für die einzelnen Monate in folgenden Grenzen: Januar 294 186 t, Februar 298 014, März 292 643, April 289 482, Mai 293 850, Juni 296 376, Juli 283 413, August 244 426, Sep⸗ tember 231 778, Oktober 223 169, November 215 304, Dezember 228 846. Hieraus ist zu ersehen, daß im Dezember sich die Pro⸗ duktion wieder gehoben hat. Die Vorräthe an verkauftem und unverkauftem Roheisen in den Vereinigten Staaten beliefen sich am Anfang des letzten Dezember auf 556 636 t, des November auf 641 466, des Oktober auf 670 531, des September auf 625 157, des August auf 504 341 und des Juli auf 421 038 t. Die Vorräthe haben demnach zuletzt merklich abgenommen. (The Chemical TPrade Journal.) 1.“ 8 8
Ergebniß der mexikanischen Volkszählung.
Die Volkszählung in Mexiko am 28. Oktober 1900 ergab eine Einwohnerzahl von 13 570 545, also eine Volksvermehrung um 938 118 Seelen seit dem Jahre 1895, in welchem 12 632 427 ermittelt wurden. Die bevölkertsten Staaten sind Jalisco mit 1 137 311, Guanajuato mit 1 065 317, Veracruz mit 960 570, Oaxaca mit 947 910, Michoacan mit 935 849, Mexiko mit 924 457 Bewohnern. Die bedeutendsten Zunahmen gegen 1895 haben aufzuweisen: Veracruz um 94 215, Mexico um 82 839, Durango um 76 169 (von 295 105 auf 371 274), Chihuahua um 64 233 (von 262 771 auf 327 004), Oaxaca um 63 001 Seelen. Zurückgegangen ist die Seelenzahl in Campeche um 3840 (von 88 121 auf 84 281), Aguascalientes um 2705 (von 104 615 auf 101 910) und Queretaro um 62 (von 228 551 auf 228 489).
(El Economista Mexicano.)
Entwickelung der Goldgewinnung in Canada.
Der Werth der Goldausbeute in Canada im Jahre 1900 beläuft sich auf annähernd 21 260 000 Dollar, während sie 1899 nur 13 775 000 und 1890 sogar nicht mehr als 1 149 776 Dollar ergab. Von der Menge des letzten Jahres wurden gewonnen im Yukon⸗ Distrikt für 16 000 000, in Britisch⸗Columbien für 4 202 473, in Neu⸗
Schottland für 617 604 und in Ontario für 420 444 Dollar. (The 8
Monetary Times, Trade Review etc. von Toronto.)
8 Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 16 164, nicht
rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 6005, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. “
Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin haben soeben den ersten Theil ihres Jahresberichts veröffentlicht, der neben Mittheilungen über die Wirksamkeit des Aeltesten⸗Kollegiums und die seinen Wirkungskreis berührende Gesetzgebung und Verwaltung (Wirthschaftspolitik) eine vorläufige Uebersicht über den Gang des Handels und der Industrie von Berlin giebt. Wir entnehmen dem Bericht zunächst die folgenden Ausführungen über die Grundzüge der wirthschaftlichen Lage im Jahre 1900: Seit dem Jahre 1895 hat eine stetig aufsteigende Linie des Gedeihens der deutschen Volkswirthschaft beobachtet werden können. Nach reichlich fünf Jahren ist diese aufsteigende Bewegung nun um die Mitte des Jahres 1900 zum Stillstand und zu einer Umkehr ge⸗ kommen, von der sich noch nicht übersehen läßt, wie lange sie dauern und wie tief sie gehen wird. Einstweilen war der Abfall in der Be⸗ schäftigung der Industrie im allgemeinen noch kein schroffer, da man das 85 mit reichlichen und guten Aufträgen angetreten hatte. Zweifellos trägt die wirthschaftliche Entwickelung der letzten Zeit viele der Züge, welche man als typisch in dem steten Wechsel magerer und fetter Jahre längst erkannt hat. In den Jahren des Aufsteigens, deren Reihe diesmal so ungewöhnlich lang war, hatte sich die Produktion außerordentlich vergrößert, ihre Hilfsmittel in Gestalt von Fabrikgebäuden, maschinellen Anlagen, Arbeitskräften u. s. w. erweitert. Man hatte auf großem Fuße eingerichtet. Um so empfindlicher mußte es werden, wenn der Verbrauch nicht parallel der Produktivkraft stieg oder gar zurückging. Schon ein Absatz, der vor einigen Jahren noch glänzend zu nennen war, mußte der erweiterten Produkronskraft ungenügend erscheinen. Dieses Hemmniß aber schuf sich die Industrie, namentlich die Groß⸗ industrie, selbst in der fortgesetzten Vertheuerung der Roh⸗ und Hilfs⸗ stoffe und der Halbfabrikate. Für die Fertigfabritate ließen sich bei den Verbrauchern nicht entsprechend höhere Hreise erzielen, ohne daß der Konsum sich einschränkte; Händler oder Fabrikanten solcher Fertigfabrikate oder auch beide Theile erlebten große Ent⸗ täuschungen an ihren theuer einstehenden Lagern. Die Händler hielten deshalb im weiteren Einkauf fertiger Waaren zurück, die Fabrikanten schränkten deren Herstellung und dem⸗ gemäß die Neuanschaffung der Materialien ein, und so erstreckte sich allmählich die Stockung auf die Massenindustrien der Roh⸗, Fife. stoffe und Halbfabrikate zurück. Je weiter sich eine Ueberspekulation ausdehnen will, desto straffer pflegt sich ein zwar elastisches, aber festes Band um sie zu legen in der Gestalt der B erung des Kapitals. Die größere Zahl von Umsätzen sowohl wie die höheren Preise erfordern eine größere Menge Geldes, als die Volkswirthschaft nach dem normalen Bedarf zur Verfügung hält, und demgemäß werden die Bedingungen der SHerabe des Geldes schwieriger. Auch dieses Symptom fehlte dieser Wirthschaftsperiode nicht. Zu den —— Gründen der Umtehr, die im Keim in jedem großen wirthschaftlichen Aufschwung liegen, kamen diesmal noch FHroe. äußere Umstände hinzu, die in gleicher — wirkten. Die Textilindustrie hatte ganz un⸗ erwartete ’ nde ihrer wichtigsten, in der Haupt⸗ sache vom lande zu henden Rohmaterialien Woll Uund Seide nach unten, der Baumwolle nach oben — als bachst unwillkommene Durchkrer 1
rungsverhält⸗
lationen zu beklagen; ferner störten —2 tte
nülce den Gang des Absatzes. — Die Trockenheit des Sommers hatte Mangel und Theuerung der Futtermittel zur Folge. Die deutschen Ströme und Kanäle litten im Sommer und Herbst an cinem außer. ordentlichen Wassermangel, der den Floß⸗ und Schiffstransport
mein erschwerte und vertheuerte, vielfach zur T
Schi nng. der Industrie
berrschender Kohlentheuerung doppelt werthvollen
der Gebirgsbäche entzog. Zu den bohen B. bobe ten, die ja beim 2 Rolle len. Der im Vorjahre
Reichs gegen die beiden füdafrik⸗ gleichfalls auf weiten wirthschaftlichen vorerwähnten Ma an S und theuerung, in der Absorption des sschen K A Marine, in der verminderten bmefa Waaren auch tanniens dem dauernden ciben Geldmarkte, in der Anf Kriegsbedarf des aber von g b same Straferpedition Staaten don
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