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amt des Innern hat ja selbstverständlich als die Behörde, der die
ganze Sozialpolitik, die ganze Wirthschaftspolitik zufällt, auch seinen erheblichen Theil an den Vorarbeiten geleistet. Das ist aber nicht in dem Sinne zu verstehen, daß das Reichsamt des Innern den Tarif mit Begründung ausgearbeitet und dann dem Reichs⸗Schatzamt zur Nachprüfung übergeben hätte, sondern die beiden Aemter haben von jeher in vollkommener Eintracht, nie in Zwietracht, einander in die Hände gearbeitet. Es ist ein fortwährender Verkehr zwischen den beiden Aemtern gewesen, und jedes hat gewissermaßen sein Körnlein zu jeder einzelnen der zahlreichen Tarifstellen beigetragen. Gegen⸗ wärtig liegen die Sachen, wie ich Ihnen soeben sagte, im Reichs⸗ Schatzamt so, daß die letzte fertigstellende Hand an die Arbeit gelegt wird, und ich hoffe, daß in sehr kurzer Frist die Sache an andere Instanzen, welche auch zu befragen sind, abgegeben werden kann. Ich hoffe ferner, daß diese Instanzen den Zolltarif auch in kürzester Frist an den Bundesrath gelangen lassen werden. Zu welchem Tag dies geschehen wird, weiß ich nicht. .
Außerdem möchte ich gerade mit Bezug auf den Artikel des „Berliner Tageblatts“ einen Irrthum zerstören, der wahrscheinlich durch das Mißverständniß irgend eines Zeitungsberichterstatters hinein⸗ gekommen ist. In dem Artikel hat gestanden, die Begründung, die im Reichsamt des Innern aufgesetzt worden wäre, sei ungenügend gewesen, und das Reichs⸗Schatzamt hätte sie deshalb so gut wie von neuem ausarbeiten müssen. Das ist nicht richtig. Wenn zwei Aemter einander Stoff zutragen, so ist es selbstverständlich, daß jedes den Stoff, den das andere ihm bringt, erst gründlich durch⸗ arbeiten muß, und so ging es auch mit dem Stoff, den das Reichs⸗ amt des Innern uns, dem Reichs⸗Schatzamt, gebracht hat. Von irgend welcher — wie, wenn ich nicht irre, der Zeitungsartikel lautete — Unbrauchbarkeit des Stoffes ist kein Wort wahr. Der Stoff ist überwältigend groß, und er erfordert infolge dessen eine umständliche, eine gewissenhafte, eine zeitraubende Sichtung.
Was schließlich den Zutritt von Berichterstattern des „Berliner Tageblatts“ zu Reichsämtern betrifft, so kann ich für mich die Ver⸗ sicherung abgeben, daß meine Beziehungen zum „Berliner Tageblatt“ dieselben sind wie zu den anderen Berliner Zeitungen: ich lese sie, so⸗ weit meine Zeit es erlaubt, jeden Vormittag, aber ich habe weder einen Berichterstatter des „Berliner Tageblatts“ in dieser Angelegenheit überhaupt empfangen, noch hat, soweit mir bekannt, irgend einer der Beamten des Reichs⸗Schatzamts dem „Berliner Tageblatt“ Aufflärungen gegeben, die ja in diesem Falle, wie ich eben angeführt habe, that⸗ sächlich unrichtig gewesen wären.
Abg. Dr. Paasche (nl.): Wenn auch nur die Hälfte von dem rauenvollen Bilde, das Herr Böckel von der deutschen Finanzwirth⸗ schaft entrollt hat, der Wahrheit entspräche, müßte ja der Kredit des Deutschen Reiches draußen gleich Null sein. Sich darüber aufzuhalten, daß das Reich die ersten Ausgaben für die China⸗Expedition aus den bereiten Mitteln entnommen hat, ist doch thatsächlich überflüssig. Herr Böckel verlangt das Aufhören der Anleihewirthschaft und ein anderes System. Mit solchen Reden ist es nicht gethan, man muß auch die anderen Wege angeben. Wir haben auf Schuldentilgung gedrungen, und wollten jährlich 50 Millionen in den Etat dafür einsetzen, aber die Freunde des Herrn Böckel haben dagegen gestimmt. Für Be⸗ amtengehälter, für Berücksichtigung der Invalidenansprüche einzu⸗ treten, sind die Herren immer die ersten. Wenn Sie so gewaltig an dem Anleihesystem kritisieren, müßten Sie auch in dieser Richtung sparsam sein. Sorgen Sie aber wenigstens dafür, daß solche neuen Steuern angenommen werden, die leicht durchgeführt werden können; das ist aber nicht so leicht, als über Mizwirthschoft der Finanzen zu wettern.
Abg. Speck (Zentr.): Wir bedauern Ss wie Herr Böckel
die traurige Finanzlage des Reiches, aber wir machen dafür den Schatz⸗ sekretär nicht verantwortlich. Freiherr von Thielmann hat uns zwar über den Stand der Dinge Aufklärung gegeben wegen des Zolltarifs, aber wann der Reichstag sich damit zu beschäftigen haben wird, hat er uns nicht gesagt, weil er selbst nicht genaun wissen kann, wie lange eit die verbündeten Regierungen zur Nachprüfung gebrauchen werden. dner befürwortet mit Ruͤcksicht auf die im Lande hervor⸗ getretenen Klagen die vermehrte Ausprägung von Zehnmart⸗ stücken und die Ausprägung der Fünfzigpfennigstücke in anderer
Ferm. Die Ausprägung von Denkmünzen, wie sie die Novelle zum Münzgesetz zulasse, sollte auch auf die künstlerische Form fördernd einwirken; damit sei es aber vor der Hand nichts, wie die neuen Denkmünzen bewiesen, die sich als würdiges Pendant den neuen Briefmarken anreihten. Sei der Kunstwerth der neuen Denkmünzen chen fragwürdig, so gelte dasselbe von der Ausführung. Der Ruhm
ünchens, in diesem Punkt an der Spitze Deutschlands zu marschieren, werde in absehbarer Zeit nicht gefährdet werden können. Schließlich A; Redner nach dem Stande der Vorbereitung des Saccharinsteuer⸗
etzentwurfs.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Freiherr von Thielmann:
b Meine Herren! Der Herr Abg. Speck hat an letzter Stelle wieder die Frage nach dem Saccharinsteuer⸗Gesetzentwurf gestellt, welche, wenn ich mich nicht irre, ich bei der ersten Berathung des Etats schon einmal beantwortet habe. Die Verhältnisse haben sich im großen Ganzen seitdem nicht geändert, d. h. der Gesetzentwurf ist im Reichs⸗Schatzamt fertiggestellt, aber andere Instanzen, denen ein Einfluß auf diesen Entwurf einzuräumen ist, haben noch nicht zu einer Einigung gelangen können. Ich kann Ihnen auch den Kernpunkt dieser Meinungsverschiedenheit mit⸗ theilen: es ist ein vielleicht theoretischer Streit, der aber doch große praktische Bedeutung ausüben kann. Die Einen sagen: wenn strengste Verkehrsbeschränkungen eingeführt werden, so genügt eine verbältnißmäßig nicht zu hohe Steuer. Die Anderen sagen: der Verkehr mit solchen Dingen, die unbemerkt möchte ich sagen von Hand zu Hand geben können, läßt sich beim besten Willen nicht so kontrolieren, nehmen wir lieber eine hohe Steuer! Dieser Wider⸗ streit ist noch nicht ausgeglichen; ich hoffe, daß er in Bälde aus⸗ geglichen wird, kann aber zu einer weiteren Beschleunigung im gegen⸗ wärtigen Zeitpunkt nichts thun, weil, wie gesagt, die Arbeit im Reiches⸗ Schatzamt bereits fertiggestellt ist, soweit es vor Beilegung dieser prinzipiellen Differenzen geschehen konnte.
Sodann wünschte der Herr Abgeordnete von mir — ich weiß nicht ob er etwas zu hören wünschte; jedenfalls wünschte er mir etwas zu sagen über die seinem Geschmack nicht entsprechende Aus⸗ führung der preußischen Denkmünzen. Meine Herren, über Geschmack läßt sich streiten. (Heiterkeit.) Ich bin der letzte, der seiner Vater⸗ stadt München ctwas Unverbindliches sagen möchte; denn ich habe selber viele Interessen in Bavern und bin mit der Münchener Künstlerwelt persönlich ganz gut bekannt; ich stelle sie sehr hoch und stelle die künstlerischen Leistungen Münchens in den letzten Jahren außerordenklich heoch. Aber, meine Herren, über den Geschmack läßt sich streiten, und eine große An⸗ zahl anderer Deutscher, die nicht Abgeordnete und nicht Münchener
(na! nal!) in einem solchen Grade, daß den Wünschen nach solchen Denkmünzen, die in Höhe von einer Million Stück an Zweimartk⸗ stücken und 100 000 Stück an Fünfmarkstücken geprägt worden sind, nicht genügt werden konnte. Also, ich glaube, diese Frage mag bis zur nächsten Prägung einer Denkmünze für einen anderen Bundesstaat auf sich beruhen; aber sollte Bayern bei einer späteren Gelegenheit dieser Bundesstaat sein, so zweifle ich nicht, daß die Bayern sicher Gutes auf diesem Gebiete leisten werden.
Was das Fünfzigpfennigstück, das Schmerzenskind unseres Münz⸗ wesens, betrifft, so hoffe ich in 14 Tagen von der hiesigen Münze einen neuen Probestempel geliefert zu bekommen. Ich habe mich alsbald nach der Verabschiedung der Münznovelle im vorigen Jahre an verschiedene Künstler gewendet und habe sie ersucht, Entwürfe zu machen, die eine leichtere Erkennbarkeit und leichte Unterscheidbarkeit des Fünfzigpfennigstücks von dem Zehnpfennigstück gewähren. Wie der hiernach geschnittene Probestempel sich bewähren wird, bleibt abzuwarten.
Von Zehnmarkstücken waren, wie der Herr Abgeordnete bereits anführte, in den Vorjahren 1898/99 42 Millionen Mark geprägt worden. Daß diese 42 Millionen nicht ganz gereicht haben, ist auch von mir anerkannt worden, und ich habe alsbald nach Verabschiedung der Münznovelle dem Bundesrath einen Antrag auf weitere Ausprä⸗ gung von 20 Millionen Mark vorgelegt. Von diesen 20 Millionen sind 5 Millionen bereits ausgeprägt, 5 Millionen befinden sich gegen⸗ wärtig in Prägung, die übrigen 10 Millionen sollen alsbald nach⸗ folgen. Fernere 5 Millionen sind aus abgenutzten Stücken umgeprägt worden, sodaß wir im Laufe des Jahres, wie ich vermuthe, eine weitere Vermehrung von 25 Millionen in Kronen haben werden. Ich sage aber gern zu, daß, wenn der Diskont die jetzige günstigere abfallende Richtung beibehält, ich dem Bundesrath noch fernere An⸗ träge auf weitere Ausprägnng von Kronen unterbreiten werde.
Abg. Dr. Oertel: Hinter der Saccharinvorlage könnte doch mehr Dampf gemacht werden; es würde doch sehr angehen, beide Forderungen zu vereinigen, möglichst hohe Steuer⸗ und möglichst starke Verkehrsbeschränkungen, das würde uns und dem Zentrum sehr an⸗ genehm sein. Daß der Staatssekretär die Prägung der neuen Denk⸗ münzen leidlich oder hübsch fand, war mir neu. Innerhalb des Hauses werden es wohl nur wenige sein, welche mit ihm übereinstimmen. Die meisten haben das Bild des ersten preußischen Königs mit der Kaiserin verwechselt, und erst die Existenz des Schnurrbarts klärte über den Irrthum auf. Nur Ungeschmack oder Mißgeschmack könnte diese Münzen geschmackvoll finden. Dem Mißmuth des Publikums über das Fünfzigpfennigstück habe ich schon bei der Münzgesetznovelle Ausdruck gegeben. Unser gutes altes, leider zu Grabe getragenes Zweieinhalbgroschenstück sollte in irgend einer Form seine Auferstehung feiern. Ich habe nicht das Un⸗ mögliche von dem Staatssekretär verlangt, daß er mir ganz genau den Zeitpunkt angeben sollte, wann der Zolltarif an den Reichstag kommt, und ich bin daher von seiner Auskunft befriedrigt. Sehr erfreut bin ich, von ihm zu vernehmen, mit welcher Eintracht die beiden in Betracht kommenden Reichsämter Hand in Hand arbeiten; ich habe nie daran gezweifelt, aber für seine bestimmte Erklärung in dieser Beziehung kann ich nicht umhin, meine besondere Befriedigung auszusprechen. Das „Berliner Tageblatt“ hat seine Nachricht offenbar nicht von wohlunterrichteter Seite erhalten, wohlunterrichtet war es nur darüber, wie man am besten die Leser hinters Licht führt.
Abg. Werner (Reformp.): Ich finde die Denkmünze auch nicht schön. Die Finanzlage ldes Deutschen Reichs hat Herr Böckel mit Recht als mißlich bezeichnet; daß der deutsche Kredit im Auslande nicht erschüttert ist, wissen wir sehr gut. Aber die Finanzlage wird sich noch weiter verschlechtern; man braucht ja nur auf China hinzuweisen. Ohne neue Steuern wird man nicht auskommen, Schaumwein⸗ und Saccharinsteuer genügen nicht. War Herr Paasche etwa nicht dabei, als es galt, für die Kriegsveteranen den Ehrensold zu fordern? Und hat nicht 2*q er es dem Staatssekretär sehr übel gedeutet, als er nichts heraus⸗ rücken wollte? Dasselbe gilt für die Forderungen von Gehaltsauf⸗ besserungen für Beamte; auch da sind die Nationalliberalen gerade so dabei wie wir. Wir bedauern auch, daß für Kunst und Wissenschaft sowie für die Landwirthschaft in den Reichs⸗Etat fast garnichts ein⸗ gestellt wird. Was das Bessermachen anbetrifft, so ist gerade Herr Paasche ganz hervorragend befähigt, uns diejenigen neuen Steuern an⸗ zugeben, welche das Reichsbudget wieder ausgleichen können.
Abg. von Kardorff (Rp.): Ich habe schon früher vorgeschlagen, die Nickeistücke entweder zu durchlochen, oder den Rand halbmond⸗ förmig auszubuchten, dann hätte man eine gründliche Unterscheidung von den silbernen Funfzigpfennigstücken. Dieses Silberstück zur Unter⸗ cheidung in anderer Gestalt auszuprägen, bietet zu große Schwierig⸗ teit. Die Ausprägung von Fünsundzwanzigpfennigstücken verbietet sich, weil sie zu leicht mit Markstücken würden verwechselt werden können.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.): Bezüglich der Denk⸗ münzen schließe ich mich dem Urtheil des Abg. Oertel an. Der Vor⸗ schlag der Ausprägung von Fünfundzwanzigpfennigstücken hat etwas Bestechendes. Die alten Zweieinhalbgroschenstücke waren thatsächlich sehr beliebt. Bei der Verathung r Münznovelle hat sich aber gezeigt, welche Schwierigkeit diesem Vorschlage gegenübersteht.
Abg. Kirsch (Zentr.): Daß die neuen Denkmünzen einem Be⸗ dürfniß entsprochen haben, wird niemand bestreiten. — Publikum verlangt nach Abwechselung und hat sich um diese Münzen gerissen. Die Prägung bei den Zweimarkstücken ist nun aber wirklch nicht besonders geschmackvoll ausgefallen. Für solche Ausprägungen eignet sich überhaupt das Fünfmartstück seines größeren Umfanges wegen besser.
„Abg. Speck: Dem Wunsche der Ausprägung einer E. e zwischen Fünfzig⸗ und Zehnpfennigstück sind wir schon bei der Be⸗ rathung der Münznovelle entgegengetreten. Der Verkehr hat auch kein Bedürfniß nach einer solchen Münze, wie eine Umfrage des 8 des Deutschen Handelstages ergeben hat. Die Antisemiten
aben im Bewilligungseifer sich hier im Hause stets an die Spitze
gestellt. Dem Vorschlage des Herrn Kollegen Oertel, den Verkehr mit Saccharin möglichst einzuschränken und die Steuer recht hoch zu normieren, können wir nicht folgen. Wir wollen nicht das Zucker⸗ svndikat noch durch eine Reichssteuer besonders unterstützen.
Damit schießt die Diskussion. Das Gehalt des Staats⸗ sekretärs wird bewilligt, desgleichen die uübrigen Besoldungen, die allgemeinen Fonds und die Ausgaben für die Reicho⸗ kommissariate, sowie die Einnahmen.
Die Etats der Reichsschuld und des Rechnungshofes werden ohne Debatte erledigt. 8 Zum Etat für die Verwaltung der Eisenhahnen liegt folgender, von den Abgg. Schlumberger, Dr. Paasche und ossen (nl.) gestellter Antrag vor:
„den Reichskanzler zu ersuchen, im Interesse einer schnelleren, den wirthschaftlichen Verhältnissen des Landes ents — Ver. vollständigung des Eisenbahnnetzes von Elsaß⸗Lothringen dahin wirfen zu wollen, daß ein Gesetz über Kleinbahnen und Privat⸗ ascie tahnes thunlichst bald in den Reichslanden eingeführt und 5 8 dceae faalnn ₰ Pflicht gemacht werde, An⸗
üsse an bestehende Re Fisenbahnen, ie Ueber⸗ . hrungen möglichft zu erleichtern.“ 11“ UMeber die Verhandlungen der Kommission, inshesondere über die Aenderung der D⸗Wagen und sonstige Betriebo⸗
verbesserungen und die Tarifreform, berichtet der Möller⸗ Duisburg inl.). fref 8 Abg. Möller
sind, haben die Denkmünze ihrem Geschmack entsprechend gefunden
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samkeit und Plusmacherei habe auch zu dem beklagenswert b bei Offenbach geführt. Diese Gefahren gingen 88 nüchben ngläcg D⸗Züge an. Es müsse Aufgabe des Reichstages sein, dahin zu wirken 88 solche Unfälle bei allen Zügen sich verminderten. Gerade aus 8 dritten Wagenklasse zögen die Verwaltungen die höchsten Einnahmen Die Gasbeleuchtung erhöhe die Explosionsgefahr; man habe deshalh in vielen außerdeutschen Staaten zur elektrischen Beleuchtung ge⸗ Die deutschen Eisenbahnen und die Reichs⸗Eisenbahnen träubten sich gegen diese Neuerung, weil damit die Rente g. schmälert würde; wenigstens könne man einen anderen Grund nicht ersehen; sie hätten diese Beleuchtungsart nur für die Postwagen eingeführt. In der Konstruktion der D⸗Wagen selbst liege eine weitere Gefahr für das Publikum, namentlich in den schmale Gängen; auch hier scheine ein falsches Sparsystem sich jeder Abhilf hindernd in den Weg zu stellen. Von einer Herabminderung der Tarife wolle man andererseits nichts wissen. Fürdie Einführung der vierten Wagenklasse sei in Süddeutschland keine Stimmung vorhanden. Eine Herabsetzung der Personentarife sei aber, wenn man die Einnahmen der Reichs⸗Eisenbahnen in Betracht ziehe, möglich, ohne daß der normale Zins⸗ fuß einen Abbruch erführe. Die Sozialdemokraten hätten von jeher auf die Ueberbürdung der Eisenbahnbeamten, namentlich derjenigen im Betriebsdienste, hingewiesen. Da keine Abhilfe in Aussicht gestellt werde, müßten sie das Thatsachenmaterial ergänzen, um zu zeige daß es auf dem bisherigen Wege nicht weiter gehe. Nehme man Alles in Allem, so sehe man an dem Sparsystem alle Bestrebunge in dieser Richtung ebenso wie diejenigen, welche auf eine Tarifreform ge⸗ richtet seien, scheitern. Das Streben nach einer süddeutschen Eisen⸗ bahngemeinschaft sei nur erklärlich, wenn man diese Plusmacherei⸗ wirthschaft in Norddeutschland und den Reichslanden im Auge brhen AöApg. Riff⸗Straßburg (fr. Vgg.) legt an der Hand des Jahr für Jahr gesteigerten Betriebsüberschusses der Reichs⸗Eisenbahnen dar, daß Verkehr und Wohlstand in den Reichslanden in stetem Fortschritt begriffen seien. Die Rentabilität der Reichs⸗Eisenbahnen erreiche mindestens 5 %, übersteige diesen Satz sogar etwas, obwohl in dem Anlagekapital die ungeheuren Summen enthalten seien, welche die Reichs⸗Eisenbahnverwaltung im strategischen Interesse zum Bau zu verwenden genöthigt gewesen sei. Diese besonderen Ausgaben gehörten doch eigentlich nicht in den Etat der Reichsbahnen sondern des Reichsheeres. Kürze man das Anlagekapital um diese Summen, so steige die Rentenziffer entsprechend; zu reinen Verkehrs⸗ zwecken überschreite das Anlagekapital sicher nicht den Betrag von 400 Millionen. Die Rente stelle sich entschieden als zu hoch dar; außer in Preußen werde in keinem deutschen Staat eine so hohe Rente herausgeschlagen. Das rühre von der Ueberspannung des rein gewerblichen Prinzips bei der Verwaltung der Reichs⸗ Eisenbahnen her. In Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden ständen die Renten nicht über 4 ½ %. Das höchste Gesetz sei also offenbar, einen möglichst hohen Gewinn aus den Reichs⸗Eisenbahnen dem Reichsfiskus zuzuführen. Daraus ergebe sich die traurige Konsequenz, daß weder an den Personen⸗ noch an den Gütertarifen das geringste ermäßigt werde. Man vertröste die Reichsländer immer wieder auf die schwebenden Verhandlungen. In der Reichs⸗ verfassung sei dem Reiche die Kontrole über das Tarifwesen zuge⸗ wiesen und als Aufgabe des Reichs auch die Herhabsetzung der Tarife ausdrücklich betont. Trotz alledem habe man gegen die Zeit von 1873/74 erhöhte Farifsätze. Die Einnahme be⸗ trage jährlich 93 Millionen; das Gesammtbudget der Reichs⸗ Eisenbahnen übertreffe das Gesammtbudget der Reichslande Wum 20 Millionen. In Eisenbahnangelegenheiten aber habe die Landesverwaltung auch nicht ein Wort mitzureden. Dem formellen Recht möge dieser Zustand entsprechen, der Billigkeit entspreche er keineswegs. Der Schwerpunkt der Fentralverwatkung der Reichs⸗ Eisenbahnen müsse nach Straßburg gelegt werden. Redner geht dann auf die besonderen Wünsche und Ansprüche der Stadt Straßburg, speziell auf die Frage der Niveauübergänge, ausführlich ein und be⸗ mängelt, daß trotz des unhaltharen Zustandes der gegenwärtigen Bahnverkehrsanlagen keine Abhilfe erfolge, weil von der Stadt ein zu hoher Beitrag zu den Kosten von der Verwaltung verlangt werde.
VVon der Budgetkommission sind folgende Resolutionen in Vorschlag gebracht:
a. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß der Gepäcktarif auf den Reichs⸗Eisenbahnen herabgesetzt werde, ohne die in Aussicht stehende allgemeine Reform des Gepäcktarifs ab⸗ zuwarten;
b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, derselbe wolle Er⸗ mittelungen darüber anstellen, wie hoch sich die Ausfälle für die deutschen Reichs, und Staatsbahnen belaufen würden, wenn der Tarifsatz für die beurlaubten Militärpersonen (Mannschaften und Unteroffiziere) auf den Satz von 0,01 ℳ für das Kilometer ermäßigt würde, und dem Reichstage noch im Laufe der Etatsverhandlung das Ergebniß der Ermittelungen mitzutheilen.
Abg. Schlumberger: Seit 25 Jahren wartet man vergeblich auf eine Reform der Personen⸗ und Gütertarife. Die jetzigen Güter⸗ tarife haben der oberelsässischen Industrie ganz empfindliche Verluste beigebracht. Ich entspreche einem bestimmten Auftrage der Industriellen mit meinem Antrage, dessen Inhalt Gegenstand der Forderung des Landesausschusses seit dessen Bestehen gewesen ist. Die Geduld hat auch ihre Grenzen. (Die weiteren Ausführungen des Redners wurden im Zusammenhang auf der Tribüne nicht mehr verstanden.) 4—„f
Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:
Meine Herren! Ich bin den beiden letzten Herren Rednern sehr dankbar für die freundliche und warme Anerkennung, welche sie der Verwaltung der Reichseisenbahnen gewidmet haben. Ich weiß ja recht wohl in aller Bescheidenheit, daß, wenn diese Anerkennung im Anfang der Rede kommt, dann am Ende der Rede gewöhnlich noch einige Bedenken geltend gemacht werden. Um so größer ist aber mein Dank, den ich hier ganz besonders warm aussprechen möchte gegenüber dem Herrn Abg. Schlumberger, daß er, einer der größten Arbeitgeber, der von je her ein Muster eines auf das Wohlergehen und die Zufriedenbeit seiner Arbeiter bedachten Fabrikherrn gewesen ist, hier offen anerkannt hat, daß auch die Reichs⸗Eisenbahnverwaltung ihre Arbeiter und Beamten so besoldet, wie es der verständige Fabrikant und Gewerbsmann nicht besser machen könne, und daß auch im übrigen die Reichs⸗Eisenbahn⸗ verwaltung ihre Arbeiter und Beamten musterhaft behandelt. Ein derartiges Zeugniß aus einem derartigen Munde ist ein Trost gegen⸗ über all den unberechtigten Angriffen, die von anderer Seite nicht bleß gegen die Reichs⸗Eisenbahnverwaltung, sondern überall, wo der Staat als Betriebsunternehmer auftritt, geschleudert werden. (Sehr gutt! rechtt) Ich wende mich zuerst zu den Ausführungen des Herm Abg. Riff Der Herr Abg. Riff hat anerkannt, die Entwickelung, welche die Reichseisenbahnen genommen haben, zum großen Theil auf die folge der Ver⸗ waltung zurückzuführen seien. Er hat nur be⸗ t, daß diese Erfolge nicht im vollen Maße dem Lande wieder zu gute kommen, einmal da⸗ durch, daß die Tarife nicht ermäßigt worden seien, und zweitens da⸗ durch, daß das Land nicht betheiligt worden sei an den Revenüen der Reichseisenbahnen, die in Elsaß⸗Lothringen betrieben werden.
In Bezug auf die Tarife hat der Herr Abg. Riff besonders her⸗ vorgehoben, daß nun seit so und so viel Jahren jährlich das
der Reform der Personentarife bier angeschnitten würde, aber cin irgendwie nennenswerthes Ergebniß sei nicht zu verzeichnen gewesen. cs sei die Frage bisher immer negativ beantwortet worden. Zu meinem Bedauern bin ich nun auch, wenigstens in der Hauvptsache auch heute nicht in der Lage, ihm sagen zu können, daß die Tarif
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reform bezüglich des ts ir erheblichen Fort⸗
schritt gemacht hätte, weder einen Fortschritt in den Verhandlungen, die die füddeutschen Eisenbahn⸗Verwaltungen unter sich gepflogen haben, noch auch nach der Richtung, daß nun zwischen Süddeutschland und Norddeutschland irgend ein Weg gefunden worden sei bis zur Gegenwart, der eine Vereinheitlichung der Tarife soweit wie dies überhaupt mög⸗ in Aussicht stellen würde. Die Schwierigkeiten, welche der sogenannten Tarifreform im Personenverkehr entgegenstehen, sind hier schon so oft erörtert worden, daß ich es mir, glaube ich, versagen darf, bier nochnsals ausführlich darauf zurückzukommen. Sie beruhen im wesentlichen auf die Verschiedenartigkeit der Formen, in denen der Personenverkehr im Süden und im Norden sich bewegt, und ins⸗ besondere ist es die in Norddeutschland eingeführte vierte Wagenklasse, elche von Norddeutschland nicht aufgegeben werden wird, dagegen in Sübdeutschland keinen Beifall findet, die eine Vereinigung der Per⸗ zmentarife zu einem einheitlichen System außerordentlich erschwert. Meine Herren, daneben besteht aber andererseits in sehr weiten Krisen, nicht bloß der Regierungen, sondern auch der Landesvertre⸗ zungen, ein Zweifel darüber, ob es wirthschaftlich und finanziell richtig ist die Reform der Tarife mit einer Verbilligung der Personentarife zu beginnen. (Sehr richtig! rechts.) Und, meine Herren, Reform ist nur der fremde Ausdruck für Ermäßigung (sehr richtig! rechts), denn an der Reform hat eigentlich niemand ein großes Interesse außer den Bahnverwaltungen selbst. Ich habe hier wiederholt ans⸗ geführt, daß allerdings die Bahnverwaltungen an einer Vereinfachung und Vereinheitlichung der Personentarife ein großes Interesse haben. Der Einzelne hat aber im Großen und Ganzen, wenn nicht geradezu unvernünftige Einrichtungen bestehen, eigentlich nur ein Interesse daran, daß er billig fährt.
Nun möchte ich darauf aufmerksam machen, daß in Preußen augenblicklich der Tarifsatz, der auf einen Personenkilometer fällt, der billigste in ganz Dentschland ist. Er beträgt im Jahre 1899 auf den Personenkilometer 2,65 ₰, auf den Reichseisenbahnen 3 ₰, auf den bayerischen Eisenbahnen 3,20 ₰, in dem für den Personenverkehr wegen der Dichtigkeit der Bevölkerung sehr günstig situierten sächsischen Staatseisenbahnnetz 2,87 ₰, Württemberg 2,80 ₰, badische Eisenbahnen — trotz Kilometerhefte — 3,13 ₰, und in der Gesammtheit aller deutschen Eisenbahnen 2,75 ₰. Aus diesen wenigen Zahlen ersehen Sie, meine Herren, daß einmal der Durchschnittssatz verhältnißmäßig ein billiger ist, und zweitens, daß die Tarife weder in Elsaß⸗Lothringen noch auf den preußischen Bahnen höher stehen als auf den anderen deutschen Bahnen. Im Gegentheil, wie gesagt, die preußischen Sätze sind die allerbilligsten. Es beruht das wesentlich auf der immer mehr steigenden Benutzung der vierten Wagenklasse, die ja von einem der Herren Vorredner als „menschenunwürdig“ be⸗ zeichnet ist, die aber, wenn wir sie abschaffen wollten, jedenfalls eine außerordentliche Mißstimmung im ganzen Lande erregen würde. (Sehr richtig! rechts.) Denn von Menschenunwürdigkeit kann namentlich, nachdem die Wagen vierter Klasse mit Bänken versehen worden sind, gar keine Rede sein. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, auf kurze Entfernungen sind gerade die Wagen vierter Klasse besonders geeignet, dem Arbeiter, dem Bauersmann, der auf den Markt geht, oder kleinen Geschäftsleuten u. s. w. besondere Vortheile zu bieten (sehr richtig! rechts) dadurch, daß sie all ihr Handwerkszeug, ihre Marktwaaren und was sie sonst mit sich führen, in dem Wagen unterbringen können. (Sehr richtig! rechts.) Wenn wir sie in Norddeutschland noch nicht hätten, müßten wir sie im all⸗ gemeinwirthschaftlichen Interesse schleunig einführen.
Meine Herren, der Herr Abg. Riff hat als Grund für die Be⸗ rechtigung, daß man dem Lande Elsaß⸗Lothringen auch einen Theil des Verdienstes der Reichseisenbahnen zukommen lassen müsse, an⸗ geführt, daß ein großer Theil der Bahnen in Elsaß⸗Lothringen im strategischen Interesse gebaut wird und daher nur ein geringes Verkehrsinteresse hätte. Ich möchte wirklich die Preisfrage aufstellen, ob in Elsaß⸗Lothringen eine Bahn genannt werden könnte, die das Land heute missen möchte, ob eine Bahn nur als solche bezeichnet werden könnte, die nur strategische Interessen berücksichtigt; ich glaube, diese Preisaufgabe könnte man mit einem iemlich hohen Preis ausstatten, ohne in Gefahr zu gerathen, sein Vermögen zu schädigen. Der Herr Abg. Riff hat dann ferner als Grund angeführt, daß das Land zu den Bahnen auch sehr nennenswerthe Beiträge geleistet habe und schon aus diesem Grunde berechtigt erscheine, das Land auch an den Revenüen theil⸗ nehmen zu lassen. Meine Herren, es ist nirgendwo ein Land so billig zu seinen Verkehrsmitteln gekommen wie Elsaß⸗Lothringen. (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Was aus Landesmitteln zugesteuert worden ist, beträgt im Ganzen 8,6 % desjenigen, was das Reich ge⸗ gegeben hat (hört! hört! rechts); also wenn wir wirklich dieses Revenüenexempel aufmachen wollten, so würde für das Land wahr⸗ scheinlich sehr wenig herauskommen.
Der Herr Abg. Riff hat dann als ein Haupthinderniß der Ent⸗ wickelung der Verkehrsverhältnisse in Elsaß⸗Lothringen in richtigen Bahnen hingestellt, daß die Verwaltung hier in Berlin zentralisiert sei und die Zentralverwaltung nicht in Straßburg liege. Ich möchte dem Herrn Abg. Riff zunächst erwidern, daß das nicht genügt; nach meiner Kenntniß müßte dann eine Zentralverwaltung nach Straßburg, eine Zentralverwaltung nach Metz und eine Zentral⸗ verwaltung entweder nach Colmar oder nach Mülhausen gelegt werden. Vielleicht vertrügen sich Ober⸗ und Unter⸗Elsaß einigermaßen, aber die Interessen von Lothringen und vom Elsaß find, was die Verkehrs⸗ bedürfnisse betrifft, jederzeit ganz verschieden gewesen. Man hat mit Eifersucht darüber gewacht und ich halte es auch für ganz be⸗ rechtigt —, daß nicht einer mehr bekam als der andere; aber in eine Hand es zu legen, und zwar in die Hand eines Interessenten, das würde, glaube ich, bei den anderen doch sehr erhebliche Bedenken hervorrufen; da ist die nichtinteressierte, absolut frei dastehende Zentral⸗ verwaltung jedenfalls sehr viel unbefangener. Meine Herren, daß die Sache sich überhaupt nicht ausführen läßt, ist klar, wenn man die Geschichte der Entstehung der Reichseisenbahnen sich vergegenwärtigt, sich vergegenwärtigt, ans welchen Gründen das Reich auf die Eisen⸗ bahnen die Hand legen mußz, das brauche ich hier auch wohl nicht auszuführen. Das Land Elsaß⸗Lothringen hat in Bezug auf die Entwickelung seiner Verkehrsverhältnisse jedenfalls sehr glücklich abgeschnitten, viel glücklicher, als das in manchen anderen Theilen unsercs großen Vaterlandes der Fall ist.
Ich möchte hier noch auf ein Moment zurückkommen, was den
in Bezug auf die Leistungen dieser einzelnen füddeutschen
Bahnen anbetrifft, b der Herr Abgeord
Er hat angeführt, daß Elsaß⸗Lothringen ungefähr eine Rente von 5 % erzielt, während die Rente der übrigen süddeutschen Staaten ver⸗ hältnißmäßig und absolut geringer ist. Das ist richtig. Aber die trockenen Zahlen, wie die Statistik sie bringt, sind in diesem Falle doch nicht maßgebend und zum Vergleich geeignet; denn sie berücksichtigen nicht, unter welchen Verhältnissen der Verkehr in den einzelnen Ländern sich entwickelt. Während Elsaß⸗Lothringen einen großen Massen⸗ verkehr hat, von Kohlen von der Saar und von Erzen und Eisen aus Lothringen und Luxemburg, ist das in Baden und Württemberg ja bekanntlich in weit geringerem Maße der Fall; dahingegen ist in Baden namentlich der Personenverkehr, der große internationale Personenverkehr und ebenso der Lokalverkehr außerordentlich entwickelt. Aus dem Massenverkehr kommt aber der überwiegende Theil der Einnahme der Reichs⸗Eisenbahnen. Es ist dieser Vergleich daher meines Erachtens nicht maßgebend.
Weiter, meine Herren, haben die Herren Abgg. Riff und Schlum⸗ berger sich beklagt, daß das Land Elsaß⸗Lothringen in den Angelegen⸗ heiten der das Land durchziehenden Bahnen nicht mit⸗ spreche, und der Herr Abg. Schlumberger hat noch hinzugefügt, daß auch die Interessenten nicht mitzureden hätten, sondern daß in unbewußter bureaukratischer Neigung, wie Herr Schlumberger sich sehr höflich ausdrückte, die General⸗Direktion in Straßburg und das Reichs⸗ amt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen alles auf diesen Ver⸗ kehr Bezügliche nach ihrem eigenen Ermessen anordne. Das muß ich entschieden bestreiten. Ich kann mich berufen auf meine Erfahrungen als Minister der öffentlichen Arbeiten in Preußen und kann Sie ver⸗ sichern, daß die Interessenten in den Reichslanden in einer so aus⸗ giebigen Weise gehört werden, wie das manchmal mit der schleunigen Erledigung dieser Angelegenheit nicht recht verträglich ist. Wir würden längst schon in Mülhausen, Colmar, Straßburg und Metz und an verschiedenen anderen Orten mit den Eisenbahn⸗ umbauten in voller Ausführung oder fertig sein, wenn zufällig diese Orte in einer preußischen Provinz lägen. Dahingegen ist die wirklich große Rücksichtnahme auf alle Wünsche, die uns in Elsaß⸗ Lothringen entgegengetragen werden, nicht nur hier von seiten der Herren Abgeordneten, sondern auch aus den Städten und Land⸗ gemeinden heraus, hervorzuheben. Wir haben das auch für unsere Pflicht gehalten, immer wieder über diese Wünsche und Bedenken mit den Interessenten zu verhandeln, denn auch ich bin der Ueberzeugung, daß es eine ganz unleidliche Bureaukratie wäre, wenn die Eisenbahnverwaltung von dem Glauben beherrscht würde, sie verstände und wüßte das alles besser. Sie muß ihre Kraft daraus entnehmen, daß sie in fortwährender Berührung mit den Interessenten, mit der Kommunal⸗, Provinzial⸗ und Landesregierung bleibt. Wir haben ja in Preußen eine ganze Reihe von Eisenbahnen, die durch andere Bundesstaaten durchgehen ich will als Beispiel die thüringi⸗ schen Staaten erwähnen —, wir verständigen uns in allen Fragen durchaus freundschaftlich, und wenn hier noch einmal die alte Mythe und Legende wieder aufgewärmt ist, von dem Streit zwischen Sachsen und Preußen, so kann ich nur mich auf das be⸗ ziehen, was ich im preußischen Landtage schon gesagt habe. Es zeugt ich will mich parlamentarisch ausdrücken — für eine große Naivetät im Glauben, wenn jemand noch irgendwie auf derartige Zeitungsartikel einen Werth legt, nachdem von den kompetenten Stellen und von rechts und links ausgeführt worden ist, daß das Alles durchaus aus der freien Luft gegriffen ist. (Sehr richtig! rechtsl) Ich darf mich dann wohl noch zu einzelnen Punkten wenden, die der Herr Abg. Schlumberger be⸗ rührt hat. Er hat zunächst angeregt, die Reichs⸗Eisenbahn und die Postverwaltung möchten sich darüber verständigen, daß sier frankiert antworten auf solche Briefe, die ihnen frankiert zugehen. In der Beziehung bestehen für die Verwaltung ganz bestimmte Vor⸗ schriften, die sie aus ihrem eigenen Ermessen nicht ändern kann. Es würde das sofort ein Monitum der betreffenden Ober⸗Rechnungs⸗ behörde zur Folge haben. Wir kommen, soweit die bestehenden Vor schriften es erlauben, schon entgegen, und zwar aus der Rücksicht, daß in sehr vielen derartigen Korrespondenzen nicht bloß das Interesse des betreffenden Adressaten behandelt wird, sondern auch ein öffent⸗ liches Interesse, und in diesem Falle wird Milde gehandhabt und die Freimarke auf den Brief geklebt.
Der Herr Abg. Schlumberger hat dann ferner getadelt, daß wir mit der Reparatur des Betriebsmaterials zu weit gingen. Er war der Meinung, daß es sehr viel zweckmäßiger sei, neue Lokomotiven und Wagen zu beschaffen, als die alten Rosse immer wieder nen auf⸗ zufrischen in den Werkstätten. Diese Auffassung ist auch vollständig die meinige. Wenn aber der Herr Abg. Schlumberger aus dem von ihm herbeigezogenen statistischen Material den Beweis bringen will, wir verlängerten jetzt künstlich die Lebensdauer der Lokomotiven und Wagen, weil wir das Dreifache mit dem Material leisten, so ist das ein Trugschluß, denn wir haben jetzt viel leistungsfähigeres Material, als wir früher hatten. Unsere Lokomotiven ziehen mehr, sie sind stärker gebaut, sie können länger laufen, ohne Reparaturen zu beanspruchen, und wir nutzen die Lokomotiven besser aus, weil wir von dem System, jeder Lokomotive ein besonderes Personal zu geben, schon seit Jahren abgckommen sind, und die Lokomotiven im Feuer mehrfach mit neuem Personal besetzen. Das thun wir aus der Erkenntniß, daß eine künstliche Verlängerung der Lebensdauer des Be⸗ triebsmaterials aus ökonomischen Gründen und aus Sicherbeitsgründen nicht zweckmäßig, vielmehr es vorzuziehen ist, daß man das, was eine Lokomotive überhaupt in Summa leisten kann, viel besser zusammen⸗ drängt auf einen kurzen Zeitraum und sie dann als altes Eisen verbraucht als durch fortgesetzte Reparaturen die Lebensdauer verlängert. Was für Lokomotiven gilt, das gilt auch für die W. Die Wagen werden jetzt auch viel stärker gebaut. als es früher der Fall war, namentlich, als das früher in den Reichslanden der Fall war. Die Reichslande haben ihren Betrieb mit außererdentlich schwachem und leichtem Material angetreten; man glaubte damals, mit sehr go⸗ ringem Eigengewicht ökonomisch gut zu verfahren; die Erfahrung lehrte aber das Gegentheil. Diese leichten Wagen waren die richtigen Druͤckeberger in den Werkstätten: kaum waren sie beraus, so mußten sie wieder hinein, deshalb war ein größerer Reparaturstand und infolge dessen auch ein größerer Wagenbestand nothig als bei dem jetzigen hand⸗ und takrfesten Material.
Herr Schlumberger kann sich alse berudigen wir selder sind Feinde von fortwährendem Flicken und Reparicren. Freilich giebt es verüdergeden Zeiten, wo die Verkehrosteigerung cinerscitsz und die Schwiertgkeit.
neucs Material in kurzen Terminen ven den Fahrikanten In kkemues
die Verwaltungen nöthigt, auch altes Material noch eine kurze Zeit im Dienst zu behalten.
Er beantragte sodann eine Resolution dahin, für Elsaß⸗
Lothringen ein Kleinbahngesetz in Aussicht zu nehmen und darin Be⸗
stimmungen zu treffen über die Anschlüsse der Klein⸗ und Neben⸗
bahnen an die Hauptlinien, über die Kreuzung der Kleinbahnen
mit diesen, über die Vertheilung der Kosten nöthiger Ueber⸗
oder Unterführung zwischen Haupt⸗ und Kleinbahnen, end⸗
lich über die Berechtigung des Landes, die Konzession
für Kleinbahnen zu ertheilen, bezw. die Regelung des Ver⸗
hältnisses zwischen Reich, Land und Interessenten wegen Aus⸗
führung und Konzessionierung von Kleinbahnen. Ich halte mit Herrn
Schlumberger es für zweckmäßig und wünschenswerth, in Elsaß⸗ Lothringen ähnlich vorzugehen wie in Preußen. Aber die Verwaltung der Reichseisenbahnen ist nicht die richtige Instanz. Und wenn er meinte, die seitens des Landes hierher nach Berlin gerichteten
Bemühungen wären zu keinem Ziel gekommen, es sei keine Antwort ertheilt, so kann ich hier nur sagen: mir ist von derartigen Bemühungen absolut nichts bekannt. (Hört, hört!) Dahingegen waren wir stets mit dem Herrn Statthalter in Ver⸗ bindung darüber, welche Bahnen in Elsaß⸗Lothringen auszuführen seien, und in welcher Rangordnung. Das ist noch ausführlich in allerletzter Zeit geschehen. Wir sind augenblicklich auch noch in Ver⸗ handlung darüber. Aber, in Elsaß⸗Lothringen geht es wie ander
wärts: man kann wohl ein allgemeines Programm aufstellen: die und die Bahnen möchte ich ausgeführt haben — da bekommt man ein Bouquet, einen reichen Segen von Bahnen — aber dann kommen schwierigere Akte. Erstens: in welcher Rangordnung? da sind sofort die größten Bedenken, und so würde es auch in Elsaß⸗Lothringen sein, da Elsaß und Lothringen sehr verschiedene Auffassungen über das zunächst Nöthige haben, und ganz mit Recht. Die zweite Schwierigkeit ist die: wie sieht es mit den Kosten aus? Auch hier habe ich schon aus der Rede des Herrn Schlumberger die Andeutung gehört, daß nun nicht etwa das Land Elsaß⸗Lothringen die Kosten bezahlen soll; nein, das Reich soll die Kosten tragen, und ich glaube, meine Herren, auch dieser Punkt, obwohl er im Reichs⸗ Schatzamt beziehungsweise beim Herrn Reichskanzler behandelt werden müßte, würde doch noch einige Schwierigkeiten im Gefolge haben. Herr Schlumberger hat zum Beweise, wie nothwendig es sei, daß in dieser Weise vorgegangen werde und dem Bedürfnisse in Elsaß
Lothringen nach neuen Verkehrswegen in reicherem Maße entsprochen werde, angeführt, daß wir in diesem Jahre nur — sage und schreibe — 6 km neue Bahnen bauen. Das ist richtig. Aber wir haben noch, glaube ich, etwa 50 Millionen zu verbauen an neuen Bahnen, und wir sind zur Zeit in einer Periode, in der Umbauten von großen Bahn⸗ höfen Summen in Anspruch nehmen, die doch einigermaßen berück sichtigt werden müssen bei dem Etat der Reichseisenbahnen und in zweiter Linie auch beim Gesammtetat des Deutschen Reichs. Wenn Sie bedenken, daß wir vor Ausgaben stehen von 29 Millionen für Metz, 19 für den Rangierbahnhof in Straßburg, 9 Millionen für die Verlegung der Bahn nach Kehl, also zusammen für Straßburg 28 Millionen, Mülhausen 6 Millionen, Colmar 4 900 000, alles Aus⸗ führungen, die ich auch mit den Herren Abgeordneten aus dem Reichs⸗ lande für dringend nöthig halte, die ungefähr in ein und dieselbe Zeit fallen, so wird es doch einigermaßen begreiflich, daß wir mit dem Bau der neuen Bahnen etwas zurückhaltend sein müssen. Es ist aber doch zufällig nur, daß ein so geringes Maß wie 6 km in diesem Jahre herauskommt; es werden im nächsten Jahre die Verhältnisse voraus sichtlich schon andere sein.
Ich kann auch nur mit dem dringenden Wunsche schließen, daß es der gemeinsamen Arbeit von Reichs⸗Eisenbahnverwaltung, Landes⸗ regierung und Interessenten gelingen möge, die Verkehrsentwickelung von Elsaß⸗Lothringen, diesen beiden gesegneten Ländern, nach Mög⸗ lichkeit zu heben und zu stärken. Und daß uns das gelingen möge, dazu kann auch der Reichstag ein gutes Theil mit beitragen, wenn er den von seiten der Reichsregierung gestellten Anträgen zustimmt.
Abg. Gamp (Rp.): Ich wiederhole nur den Ausdruck meiner oft ausgesprochenen Ueberzeugung, wenn ich sage, daß die preußische Eisen⸗ bahnverwaltung wohl die bestverwaltete ist, die es giebt. Es ist ja eigenthümlich, einen Etat der elsaß⸗lothringischen Bahnen hier zu he⸗ rathen; aber ich möchte nicht gern darauf verzichten, weil er die kinsig Gelegenheit giebt, die Herren aus den Reichslanden kennen zu lernen. J hoffe übrigens, daß die Herren sich auch an den übrigen Verhandl des Reichstages von jetzt ab mehr betheiligen. Wollen die Herren das Baukapital von 600 Millionen zahlen und dafür die Verwaltugg der Bahnen der Reichslande übernehmen? Herr Serf⸗ schüttelt den Kopf: das ist auch ganz natürlich, denn die Ergebniffe würden nicht entfernt dieselben sein wie jetzt. Bei der Regelung des Verkehrs muß sich selbstverständlich die preußische isen bahnverwaltung von anderen Gesichtspunkten leiten lassen wenn sie auch die reichsländischen Bahnen zu verwalten be⸗ rechtigt und verpflichtet ist. Wenn Herr Schlumberger auf die Mitwirkung der Volkevertretung in Preußen hinweist bei der Tariffrage, so überschätzt er die Rechte des preußischen Abgtordneten⸗ — Mitreden können wir, aber die Tariffestsetzung ist Sache der Kronc, und die Regi thut schlicßlich doch, was sie für das Richtige hält. In Preuß ukt sich der Staat durchschnittlich cine finanzielle üeehsgens der Kleinbahnen; dieselbe würde den Reichslanden n entgehen, wenn sie igt sind, größere Mittel für den Ausbau des Klei aufzuwenden. Die Sozialdemokraten schaden sich durch Hang . wic Herr Segitz sie gegen die Verwaltung gerichtet hat, nur selbst. Wenn Herr Segiß die Löhne für zu niedrig hält, sollte er auch angeben, welche Löhne die Privatindustric und sozlaldemokratischen Musterbetriche zahlen. Dasselhe gilt den Uecbertreibungen binsichtlich der Dienstgrit, wie über Angriffen gegen die angeb Plus 8 verwaltung. Ein zuverläffiges Ku nicht ersunden worden. Die Frage der noch gänzlich ungeklärt.
Abg. Dr. Paasche wendet sich die Ausführungen des Abg. Riff. Bei der Berechn . n don 5 % Abg. Riff von ganz willkürlichen Veraussetzungen aus. In ich keit kamen für das a te Kapital noch nicht ganz 4 % während man die ibe mit 4 % G die Reform der Tarise betreffc, so
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fadren ale — Student.. fuͤhren be daher micht, wie man Wagenklasse