1901 / 39 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Feb 1901 18:00:01 GMT) scan diff

drückliche Genehmigung 8 Polizeibehörde zu erfolgen hat, be⸗

Für die Bejahung spricht der Umstand, daß es sich bei dieser Vorschrift nicht und sicher nicht ausschließlich Um jeden

stehen bleiben würde.

um das Rechtsgebiet der Gewerbepolizei handelt...

Zweifel in dieser Beziehung auszuschließen, ist die Aufrecht

erhaltung der theaterpolizeilichen Bestimmungen der Landesgesetze

vorgesehen.

Meine Herren, in diesen Motiven ist in der That der springende

1 Es handelt sich nicht um eine der Gewerbepolizei, sondern die Theaterzensur ist ein Theil der allgemeinen Ordnungs⸗ und Sittenpolizei, und hierfür ist

Punkt der ganzen Sache bezeichnet.

nicht das Reich nach Art. 4 der Reichsverfassung zuständig; die Zu⸗ ständigkeit beruht bei den Einzelstaaten. Speziell in Preußen ist die Zuständigkeit begründet in dem § 10 II 17 A. L.⸗R., der besagt: 18 Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe P. Ordnung und zur Abwendung der dem Publiko 8 8 8. weseras desselben drohenden Gefahren zu treffen, ist Hierauf bemerkte der Abg. Müller: uu Geltung dieser Norm ist im höchsten Maße Mit Verlaub, das Gegentheil ist der Fall. Dieser § 10 II 17 ist die Basis des ganzen Polizeirechts in Preußen; er ist von allen Gerichten, vom Oberverwaltungsgericht Wund von den sonstigen Gerichten, als unzweifelhaft zu Recht bestehend bezeichnet. und gerade das Oberverwaltungsgericht hat diesem § 10 erst in einer langen Praxis die eigentliche Ausgestaltung gegeben, die auch die Grenzen der polizeilichen Befugniß bestimmt und andererseits die Machtvollkommenheit der Polizeiautorität. 8 8 Dann schließt der Abg. Dr. Müller weiter: Selbst wenn aber diese Bestimmungen noch zu Recht bestünden, so würde diese lex prior generalis durch die Spezialbestimmung des Artikel 27 der preußischen Verfassungsurkunde abrogiert sein, welche in Absatz 2 die Einführung der Zensur verbietet. 8 Durch diese Bestimmung durch den Artikels 27 —, so fährt der Abg. Dr. Müller dann wörtlich fort C1“ wird die vollständige literarische Produktion von der Theaterzensur frei gemacht; dagegen haben das Kammergericht und das Ober⸗ verwaltungsgericht verstoßen. 8 Es ist eine starke Behauptung, daß zwei oberste preußische Gerichtshöfe gegen die Verfassung verstoßen hätten. So stark die Behauptung ist, so unrichtig ist sie auch; denn daß die Behauptun unrichtig ist, das ergiebt ein Blick auf den Art. 27 der Verfassun 8 der in dem hier fraglichen Alinea 2 sagt: 8 8 Die Zensur darf nicht eingeführt werden; jede andere Be⸗ sschhränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung. 8 Also der ganze Absatz 2 des Art. 27 handelt lediglich von der Preßzensur, nicht aber von der Theaterzensur. Dann geht der Herr Abg. Dr. Müller ein auf den Absatz 1 dieses Artikels 27 der preußischen Verfassungsurkunde. Ich bemerke auch diese ausführlichen Erörterungen über die Auslegung des Art. 27 der preußischen Verfassungsurkunde beweisen, wie . die EIöX des Reichstags gehört. (Sehr richtig!) Zu em Absatz es Art. 27 der preußis Ve * dann der Abg. 8₰ Müller 1161X“X“ 8 Aber, meine Herren, die Hauptsache liegt in dem Absatz 1 Hier heißt es ich muß es wiederholen —: Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift u. s. w seine Meinung frei zu äußern. ““ Nun bat sich die preußische Zensur stets auf den Standpunkt gestellt, daß der Autor in seinem Werke unmittelbar zum Volke spricht, daß die Schauspieler, die Personen in seinem Stücke ge⸗ wissermaßen nur das Mundstück des Autors selbst sind. Meine Herren, ist diese Anschauung der preußischen Zensur ich befämpfe die Zensur hier mit ihren eigenen Kampfmitteln die richtige dann kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Art. 27 Absatz 1 der preußischen Verfassungsurkunde verletzt ist. . 1 Meine Herren, es ist mir erstaunlich, daß der Herr Abg. Dr. Müller, der eine so geringe Neigung zur preußischen Feufnr hat, so genau weiß, was in der Seele der preußischen Zensur vorgeht. Thatsächlich ist die Auffassung auch unzutreffend Meines Wissens ist nirgends die Auffassung vertreten worden, daß

soviel ich weiß, die Strafverfolgung den Staatsanw f , die sanwaltschaften und nicht der Polizei und dem Minister des Innern.

Gegentheil. Er sagt:

der Sache zu verhüten.

Sie übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der S auwaltschaft. zug der Staat

an den Amtrichter erfolgen.

die Pflicht auferlegt, strafbare Handlungen zu erforschen.

Dr. Müller sagt: 8 Ich bin der Anschauung, daß das Reichs⸗Justizamt alle Interesse daran hat, aus diesem Anlaß die Stellung der Staats anwaltschaft und zu gleicher Zeit auch den Willen der ganzen Reichs gesetzgebung, des Gerichtsverfassungsgesetzes sowie der Strafprozeß ordnung zu wahren und Front zu machen gegen einen Partikularismus der meiner Meinung nach von jeher der allergefährlichste ve. Das ist der preußische Partikularismus.

Berliner Kriminalpolizei, und dann hält er es für nöthig, Front zu machen gegen den preußischen Partikularismus. Meine Herren r kennen keinen preußischen Partikularismus in dem Sinne, daß wir ung etwas vindizieren wollen, was uns nicht zusteht. Meine Herren Preußen hat die größten Opfer für die Allgemeinheit, für das Deutsche Reich gebracht (sehr richtig! rechts) und wird nichts davon zurück⸗ nehmen, aber gegen das Bestreben gewisser Theile der Linken, im Reichstage de omnibus et quibusdam aliis, was nicht 8 zu⸗ ständigkeit des Reiches, sondern zu der der Einzelstaaten Gde Gericht zu sitzen gegen ein solches Bestreben werden wir allerdings Front machen. (Bravo! rechts.) 5 8 Meine Herren, ich gehe nun über zu den thatsächlichen An⸗ führungen des Herrn Abg. Dr. Müller, die die Nothwendigkeit eiher Aufhebung der Theaterzensur beweisen sollen. Ich kann es mir aber nicht versagen, vorher noch mit einigen Worten Jauf eine andere Be⸗ des Herrn Abg. Dr. Müller einzugehen, und auf Be⸗ eiraxres die der Herr Abg. Richter hier bei der ersten Lesung ge⸗ Der Herr Abg. Dr. Müller hat nämlich den einen der Zzensoren des Polizei⸗Präsidiums, den Regierungsrath Dumrath unter Namens⸗ nennung in die Diskussion hineingezogen und hat Folgendes gesagt: Was hat man nun zur Abhilfe gethan? Man hat einen in

den Kanal gefallenen, aus demselben als Regierungsrath wieder aufgetauchten Landrath (Heiterkeit) aus Westpreußen zum Zensor gemacht. (Heiterkeit.) Der Herr hat kein leichtes Amt. V le man auf ihn kommt, diese Frage hat der Herr Kollege Richter bereits im preußischen Abgeordnetenhause aufgeworfen; denn er hat, soviel bekannt wurde, seine Kunststudien nur in Marienwerder und Strasburg in Westpreußen gemacht, aber das mußte er sich sagen, daß die allerschärfste Kritik hier in Berlin an ihm geüb werden würde. Er mußte sich bei Antritt seines Amtes die Worte Treitschke’s vorhalten: Die Zensur ist tvrannisch durch und durch. Das Amt

des Zensors ist zu allen Zeiten so gehässig gewesen, daß Zensoren fast nur aus schlechten Menschen bestanden baben. (Heiterkeit links.) Ich gehe nun keineswegs so weit, daß ich sager daß der Herr Regierungsrath Dumrath ein schlechter Mensch sei im Gegentheil, ich halte ihn bloß für einen bedauernswerthen

haupt der preußische Minister des Innern mit de

1 22 r Strafverfolgung zu thun? Wie verträgt sich denn das mit den Bestimmungen des § 153 des Gerichtsverfassungsgesetzes Eund den §§ 156, 158, 159 161 der Reichs⸗Strafprozeßordnung? Nach der R.⸗St.⸗P.⸗O. liegt,

Nun, der § 161 der Reichs⸗Strafpro f §] zeßordnung, auf den der Herr Abg. Dr. Müller ausdrücklich Bezug nimmt, sagt genau das

Die Behörden und die Beamten des Polizei f its 1 b zei⸗ und Sicherheits⸗ hiegtss haben strafbare Handlungen zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung

Erscheint die schleunige Vornahme richterlich b her Unter⸗ suchungshandlungen erforderlich, so kann die Uebersendung unmittelbar

Also es ist in diesem Paragraphen den Polizeibehörden geradezu

at st Ich wäre aber auf diese ganze Sache nicht eingegangen, wenn der Herr Abg. Dr. Müller an seine Betrachtungen nicht eine weitere Bemerkung ge⸗ schlossen hätte, die doch einer kurzen Widerlegung bedarf. Der Abg.

ino Hor 5 7 8 ; 8

8 Meine Herren. der Herr Abg. Dr. Müller bespricht in einem 88 die Thertexolket⸗ die zur Zuständigkeit der Bundesstaaten ge 8 nächsten Athemzuge bespricht er eine interne dienstprag⸗ matische Anordnung des preußischen Ministers des Innern über die

nichts bekannt ist und daß ich es ablehnen muß, in dieser irgendwie die Initiative zu ergreifen; gerade weil der 5 griffen ist, werde ich ihn in seiner Stellung belassen. (B nnnte n Dann hat der Herr Abg. Müller den Herrn Lauff 89 ket ob sönlich ganz unbekannt ist, in die Diskussion gezogen 84 B. 8 zwischen ihm und dem Zensor des Polizei⸗Präsidiums her vülehe verweise die ganze Erzählung einfach in das Gebiet der Mehl Nun komme ich zu den thatsächlichen Ausführungen 82 Abg. Müller, von denen ich vo her schon sprach. Herr . Her zunächft die Streichung einzelner Stellen hervorgehoben düler die bis in das Jahr 1895 und 1891 zurückreichen, olle K vrhno die ihren Heiterkeitserfolg nun schon oft genug erzielt haben. Er melen Streichungen aus späteren Stücken erwähnt, und ich will ihm 8 nem s⸗ beitreten, daß man bei einzelnen der Streichungen vielleicht herzig verfahren ist. Aber ich frage mit Recht: was könn lmag kleinen Ungeschicklichkeiten, die Streichung eines Wortes zu 88 8 zu wenig, für die Frage der Aufheb * Theaterzensur ö“ U de Dann sagt der Herr Abg. Müller: nach unkontrolierbaren ies nachrichten sind im September vorigen Jahres 16 Stücke üer gewesen. Das kann den Anschein erwecken, als ob im Nr. tember 16 Stücke verboten worden seien, und da halte ich 8 b für verpflichtet, festzustellen, daß diese Zahl von 16 sich s anderen Zeitraum bezieht. Ich habe im vorigen e. durch die „Berliner Korrespondenz“ die Zahlen be,che 2 lassen, um die übertriebenen Gerüchte zu widerlegen, in e.- Maße Stücke verboten worden seien, und dabei ht sih 18 geben, daß in dem Zeitraum vom 1. Januar vorigen G hn bis zu dem Tage der Veröffentlichung, nämlich bis Anfang 8* * von 216 neu eingereichten Stücken nur 16 verboten ere e g. seit dem Oktober ist ein Verbot überhaupt nicht mehr ergangen. Sr Gegentheil, es sind 2 früher beanstandete Stücke freigegeben Nun geht der Herr Abg. Müller auf einzelne Stücke über 1 bespricht das Verbot der „Macht der Finsterniß“. Ich kann ün darin beitreten und habe schon früher erklärt, daß ich die Aufbehun des Verbo s, die seitens des Ober⸗Präösidenten erfolgt ist, bilige vehe ich es auch erklärlich finden kann, daß das Polizei⸗Prästding Bedenten getragen hat, das Stück zuzulassen. Der Herr Abg. Müll weist dabei auf einen Punkt hin, der in der That viele miflih Seiten hat, nämlich auf die Verschiedenheit der Gestaltun in der Monarchie. Er weist darauf hin, daß in Berli ein Stück erlaubt ist, das in anderen Städten nicht gestattet 5 Aber diese Disparität läßt sich nicht vermeiden; denn es würde di fehlerhafteste Einrichtung von allen sein, wenn man die ganze Zenju von Berlin aus regulieren wollte. Es kommen bei derselben vvic persönliche und lokale Verhältnisse in Betracht, die nur die Ertliche Polizeibehörden richtig zu würdigen in der Lage sind. Was, an üen erstklassigen Berliner Bühne von hervorragenden Schauspielern 1 ernster Weise und vor einem literarisch gebildeten Publikum dar⸗ gestellt, unbedenklich ist, das kann unter Umständen, auf einer Bühne zweiten und dritten Ranges, vor einem minder gebildeten Publikun und in aufreizender Weise dargestellt, vom Standpunkt der Sitten⸗ und Ordnungspolizei bedenklich sein. Also ich glaube, man kann nicht sagen: weil etwas in Berlin erlaubt ist, ist es auch überall in der Monarchie erlaubt. Es kommt da die Verschiedenheit der Zu⸗ stände mit in Betracht. Ich will dem Herrn Abg. Müller gegen⸗ über bemerken, daß das Verbot der „Macht der Finsterniß“ das für Kiel ausgesprochen war, inzwischen seitens des Ober⸗ Präsidenten aufgehoben ist. . Der Herr Abg. Müller hat dann verschiedene andere Stücke be sprochen, wie den „Außenseiter“ und den „Ausflug ins Sittliche“ Ich halte es für meine Pflicht, mich einer Erörterung darüber zu 29. halten, nachdem die zuständigen Verwaltungsgerichtshöfe ihrerseits in dieser Sache entschieden haben. Ueber „Die gestrengen Herren“ habe ich schon mein Urtheil abgegeben. Ich halte in der That das Verbeot nicht für richtig, und ich hatte bereits in meiner früheren Veröffent lichung vom 5. Dezember 1899 angeordnet, daß, wenn die Tendenz vom sitten⸗ und ordnungspolizeilichen Standpunkt aus einwandefrei und nur einzelne Stellen bedenklich sein sollten, man im Wege der Verhandlung mit den Autoren versuchen sollte, diese Stellen zu be⸗ seitigen und nicht das ganze Stück zu beanstanden.

die Verpflichtung, sich vorher zu⸗ informieren, soweit das möglich ist.

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zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Sta

Berlin, Donnerstag, den 14. Februar

ea- (Fortsetzung aus der Ersten Beilage)..

ges war dem betreffenden Theaterleiter bekannt oder es mußte bekannt sein, und zum Ueberfluß, um die Betreffenden vor haden zu bewahren, hat der Chef der Polizei in Dortmund, der dber Bürgermeister, die betreffenden Theaterleiter ausdrücklich uf das Bestehen dieser Vorschrift hingewiesen. Trotzdem hat der Leiter des einen Theaters darauf bestanden, daß noch bei dem Regierungs⸗Präsidenten angefragt wurde wegen Zulassung des Stücks, obgleich er sich sagen konnte und mußte, daß die Zulassung mmöglich war. Der Bericht des Ober⸗Bürgermeisters war am Abend um 9 Uhr in Arnsberg eingegangen, und am nächsten Morgen itt die Depesche in Dortmund eingetroffen, die selbstverständlich dahin lautete, daß das Stück nicht zugelassen werden könne. Das ist Mit⸗ zags dem betreffenden Theaterleiter mitgetheilt, und am Abend stellt er sich vor das Publikum seines Theaters hin und erklärt, daß nach soeben telegraphisch eingegangener Mittheilung des Regierungs⸗Präsi⸗ denten das Stück untersagt worden sei! Es ist überhaupt gar kein Stück untersagt worden, sondern es handelt sich lediglich um die Innehaltung dieser zu Recht bestehenden Polizei⸗Verordnung. Nach dem mir vorliegenden Bericht hat das bessere Publikum auch Zweifel in die Erklärung gesetzt und theilweise unter Ausrufen des Unwillens: „es ist ja doch Schwindel!“ das Theaterlokal verlassen. Zur Beurtheilung der ganzen Sache bemerke ich noch, daß der Theaterleiter sofort ein vorbereitetes Konzertprogramm zur Ausführung gebracht und die vorher gedruckten Programme vertheilt hat. (Hört, hört! links.) Meine Herren, und aus einem solchen Vorgehen macht der Herr Abg. Müller der Theater⸗ polizei den Vorwurf: „Das ist die Theaterpolizei in Deutschland!“ Ich meine, wer von einer so hohen Warte wie vom Reichstage aus so schwere Anklagen gegen eine staatliche Einrichtung schleudert, hat

(Sehr richtig!)

Es ist sogar seitens mehrerer Zeitungen eine Berichtigung erfolgt, es ist der Sachverhalt klargestellt worden, und der Herr Abg. Müller bat es nicht für nöthig gehalten, von diesen Berichtigungen Notiz zu nehmen.

Ich kann mir dabei eine allgemeine Bemerkung nicht versagen. Obgleich die Unglaubhaftigkeit dieser ganzen⸗ ich will nicht sagen, von welcher Seite in die Presse lancierten Nachrichten doch auf der Hand lag, obgleich sich doch jeder sagen mußte, daß ein Mann wie der Ober⸗Bürgermeister von Dortmund, wie ein Königlicher Regierungs⸗Präsident nicht ein Stück wie „Maria Stuart“ verbieten konnte, weil es nicht ernst genug sei trotz aller dieser Momente bat diese Notiz Aufnahme in einer großen Anzahl von unseren angesehenen und ernsten Blättern gefunden. Ich kann nur die Bitte an die ernste Presse von der rede ich nur richten, bei Auf⸗ nahme derartiger Notizen recht vorsichtig zu sein. Ich glaube, sie würde sich dadurch ein großes Verdienst um unsere Zustände er⸗ werben.

Meine Herren, wir haben das Licht der Oeffentlichkeit nicht zu scheuen, und wo im einzelnen Mängel und, wie z. B. im Sternberg⸗ prozeß, schwere Mißstände zu Tage getreten sind, können wir nur dankbar sein, wenn in alle Winkel hineingeleuchtet wird. Aber gerade wegen des großen Einflusses, den die Presse hat, müßte sie doch, glaube ich, auch unterscheiden zwischen einzelnen Verfehlungen und der Verderblichkeit des ganzen Systems; sie müßte wegen ein⸗ zelner Mißgriffe nicht immer sofort Steine auf die ganze Einrichtung schleudern. Es wird von der Polizei immer erneut ein großes Maß von Leistungen verlangt. Die Aufgaben der Polizei wachsen von

Tag zu Tage, und das Publikum verlangt mit Recht, daß die Polizei diesen ihren Aufgaben gewachsen sei. Ist dies aber der Fall, so, muß ich

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sagen, hat man beialler Kritikder einzelnen Verfehlungen doch das Interesse,

aufzustellen; das ist aber im letzten Moment nicht gelungen.

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mit der General⸗Intendantur bezw. dem Herrn Minister des König⸗ lichen Hauses, dem Chef der General⸗Intendantur, hat man sich der Richtigkeit dieser Anschauung nicht verschlossen. Demgemäß sind die beiden Stücke abgesetzt worden. Warum es erst möglich gewesen ist, diese Absetzung im letzten Moment zu verfügen, entzieht sich meiner Kenntniß. Soviel ich weiß, hat man versucht, ein anderes Programm Ich muß nun vollkommen zugeben, daß die Frage, ob diese Polizeiverordnung von 1898 in der Form aufrecht zu erhalten ist, durchaus zu trennen ist von der Anerkennung der Korrektheit des Vorgehens des Polizei⸗Präsidenten, eine Anerkennung, die übrigens auch bei der ersten Etats⸗ berathung der Herr Abg. Richter ausgesprochen hat. Man kann, glaube ich, darüber verschieden denken, ob diese enge Fassung der Polizeiverordnung aufrecht zu erhalten ist oder nicht. Ich glaube, wir werden alle darüber einig sein, daß eine so ernste Darbietung, wie ein Stück aus dem Messias und auch aus dem Parzifal, an sich dem religiösen Charakter dieses Tages nicht widerspricht; aber anderer⸗ seits, meine Herren, ist nicht zu verkennen, daß, wenn man solche Konzertaufführungen mit verschiedenen einzelnen Stücken zuläßt, dann der Kreis der Theater und Konzertlokale, die an diesem Tage die Pforten öffnen und derartige Darbietungen bringen werden, sehr wesentlich erweitert wird. Während jetzt im allgemeinen die Theater und Konzertlokale geschlossen sind, werden dann zahlreiche Theater dazu übergehen, ein derartiges Programm zu bringen; und daß dadurch die Ruhe des Feiertages unter Umständen beeinträchtigt werden kann, liegt auf der Hand. Ich meine, man kann darüber verschieden denken, ob man die jetzige ganz strenge Vorschrift aufrechterhalten oder sie in dem Sinne erweitern will, daß überhaupt geistliche Darbietungen, wie auch die Oratorien, gestattet sein sollen. Ich habe zunächst einen Bericht des Ober⸗Präsidenten in Potsdam über die ganze Frage erfordert und werde mich demnächst auch mit den betheiligten kirchlichen Instanzen in Verbindung setzen, ehe eine Entscheidung nach dieser Richtung ge⸗ troffen wird.

Der Herr Abg. Müller ist sodann von dem Gebiete der ernsten Musik auf das Gebiet wie er sich ausdrückt der harmlosen Vorstellungen der anständigen heiteren Muse gekommen, und hat behauptet, daß auch auf diesem Gebiet die Polizeiverwaltung sich unzulässiger Beeinträchtigungen schuldig gemacht habe. Er führt in dieser Beziehung (Seite 1025 des stenographischen Berichts) Folgendes an: .

Meine Herren, nicht nur auf dem Gebiete des ernsten Theaters, nicht nur auf dem Gebiete der Musik macht der preußische Zensor die allermerkwürdigsten Sachen, sondern auch bei ganz harmlosen Vorstellungen der anständigen heiteren Muse. Ich habe hier das Material von einem der bedeutendsten und beliebtesten und, wie mir gesagt wurde von ganz glaubwürdigen Personen von einem ganz hochanständigen Humoristen Deutschlands.

Dieser „ganz hochanständige Humorist Deutschlands“ hat also dem Herrn Abg. Müller mitgetheilt, er habe hier in einem Theater eine Parodie auf die „Versunkene Glocke“ von Gerhart Hauptmann singen wollen, und das Kapitalverbrechen, das er hier begangen habe, habe darin bestanden, daß er bei dem Vers:

rin

Von der Stirne heiß MRinnen muß der Schweiß verdächtig geschmunzelt habe. (Heiterkeit.)

Nun, meine Herren, wie verhält sich in Wirklichkeit die Sache? Dieser ganz hochanständige Humorist wurde bei einer Revision des betreffenden Konzertlokals dabei getroffen, daß er ein von der Polizeibehörde nicht genehmigtes und wegen seines den sittenpolizeilichen Rücksichten widersprechenden Inhalts auch nicht der Genehmigung fähiges Lied gesungen hat. Er wie auch der Leiter des betreffenden Konzertlokals

Gebiet“ bei diesem Kapitel, auf die Zensur der Tingeltangel, und er bemerkt hinsichtlich der Theaterzensur Folgendes:

Der bisherige Zustand zeigt aber, daß die Zensur gegenüber dem Tingeltangel gar keinen, aber auch nicht den geringsten Werth hat. Gerade bei den Tingeltangels kommt es am allermeisten an auf Ort, Zeit, Art des Vortrages, auf jede einzelne Geberde, auf das Mienenspiel des Vortragenden u. s. w. Hier kann nur repressives Vorgehen nützen, um so mehr als wirkliche Obscönitäten, wie sie bei derartigen Tingeltangels minderer Güte vorkommen, fast immer improvisiert werden.

Meine Herren, wenn Sie wüßten, wie die Dinge sich thatsächlich

verhalten, wenn Sie wüßten, daß jeden Monat 100 derartige Dinge bei dem Polizei⸗Präsidium eingereicht werden, und daß ein wahrer Berg von Schmutz aus diesen Dingen bei dem Polizei⸗Präsidium zurückgehalten wird, so werden Sie die Auffassung, daß man nur repressiv vorgehen könne, nicht billigen. über die Bühne der Tingeltangel gehen lassen? Sollen wir ruhig zusehen, daß die Bevölkerung und namentlich die Jugend, die hin⸗ kommt, vergiftet wird? Sollen wir Angriffe auf Ordnung und Sitte gestatten und uns nachher damit begnügen, daß der Betreffende mit 6 bestraft wird? mann setzen und bewirken, daß der Betreffende vom Podium herunter⸗ geholt wird, nachdem die Obscönität vorgefallen ist?! Das ist eine Unmöglichkeit. repressiv, sondern präventiv zu wirken. Aufgabe, die öffentliche Ruhe und Ordnung zu erhalten, und nicht erst einzutreten, wenn die öffentliche Ruhe und Ordnung bereits zer stört worden ist.

Sollen wir alle Obscönitäten

Oder sollen wir in jedes Lokal einen Schutz

Nein, meine Herren, bei uns hat die Polizei nicht Wie § 10 sagt, ist es ihre

Also, meine Herren, ich glaube, daß der Herr Abg. Müller den

Beweis, daß die vorgekommenen Einzelfälle die Nothwendigkeit der Auf⸗ hebung der Theaterzensur erwiesen, nicht geführt hat. Ich verkenne

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garnicht, daß Mißgriffe vorgekommen sind; aber die kommen überall vor, und die sind hier am ehesten möglich, wo es an festen Normen

fehlt, wo die Entscheidung von⸗ dem diskretionären und pflicht⸗

mäßigen Ermessen der einzelnen Beamten abhängt. Ich muß aber noch einige Bemerkungen hinzufügen, die positiv darzulegen bestimmt sein sollen, daß wir in der That von der Theater⸗ zensur nicht absehen können. Es sprechen dafür äußerliche und inner liche Gründe. Zunächst der äußerliche Grund, meine Herren, wie denn die Theater sich gestalten sollten, wenn die Theaterpolizei beseitigt würde, in welche Lage die Theater kämen, wenn alle Augen blick über ihnen die Möglichkeit schwebte, daß ein Polizeibeamter wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit plötzlich die Vorstellung schlösse. In dieser Beziehung ist ein, wie mir scheint, sehr richtiger Artikel in früherer Zeit im „Berliner Börsen⸗Courier“ ent⸗ halten gewesen, den ich Ihnen vortragen zu dürfen, um die Erlaubniß bitte; er ist nicht sehr lang. In diesem Artikel wird gesagt:

Lebhafter als je seit dem Bestehen dieser Einrichtung ist in den letzten Tagen von der Theaterzensur die Rede. Aus all den Schwierigkeiten und Verlegenheiten, die der Gegenstand der Re⸗ gierung sowohl wie den Dichtern und Bühnenleitern be⸗ reitet, ist ein Ausweg nicht so leicht zu⸗ finden, wenigstens für diejenigen nicht, die mitten in der Prarxis unseres Kunstlebens stehen. Die Theoretiker haben diesen Aus⸗ weg schnell gefunden. Er ist sehr einfach, ist sicher und verbeißt das goldene Zeitalter des Kunstideals. Sie fordern kurz und gut die Abschaffung der Zensur. Der Dichter soll unbeengt und unbeirrt im Reiche des Ideals wie in dem der Wirklichkeit seine Stoffe suchen, seine Gestalten verkörpern, seine Ideen zur Geltung bringen können; die Kunst soll sich frei und fessellos entfalten.

Diese Forderung nach der gänzlichen Abschaffung der Zensur

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Sodann spielt der Abg. Müller einen Haupttrumpf ’1 8 . Haup pf aus, indem er den Vorgang in Dortmund erwähnt. Er sagt woreich; Etwas Tolles ist in Dortmund geschehen. Da hat man namlich nach der Presse am Todtensonntag „Maria Stuart“ verboten und zwar mit der klassischen Motivierung, weil das Stück nicht ernst genug sei. b-L dann fort darzulegen, was an demselben Todtensonntag in 2 erlin und anderen Orten für Stücke gegeben seien, und schließt Müller, die er im Reichstage gemacht SAn mit erhobener Stimme, mit Emphase im stenographischen Berccht 8 Die Zensur rastet nicht; sie hat bereits ein ganz neues Gebiet ist 8. fett gedruckt —. 8 ergriffen; sie hat sich auf das Gebiet der Musik begeben. uen das ist die Logik der Theaterpolizei in Deutschland! Und dann hat Herr Müller die Bußtagsaufführung im Opernhause Lg. b-2.n konstatiere ich, daß der Fall einer Besprechung nnterzogen. Auch diese Sache ber 2 . —668ö lichen Theat su nichts zu thun. Auch hier handelt es sich richtig!), und daß w tweilen 5 meb. überhaupt nichts zu thun hat, und n eaterzensur garnichts ze Wun. Au⸗ 7 Rechtsauffassung 8 Der gut thun, uns der übereinstimmenden die wahre Kultur zu finden ist, daß es nicht auch in Wef zweitens, daß die Erzählungen, wie sie durch die Presse gegangen und wie im Dortmunder Fall, um die Beobachtung der Vorschriften über gerichts anzuschlies 2 werwaltungsgerich ts und des Kammer⸗ Leute giebt, die Anspruch auf Bildung haben? 3 E- Westpreußen von dem Herrn Abgeordneten wiedergegeben sind, vollkommen falsch die äußere Heilighaltung der Sonn⸗ und Festtage. Die Polizei⸗ eSeee e 9* 6bere Bedeutu ng beizulegen als der welche sachlichen Momente —ne. dazu 89* aber weiter: waren. Ich will Ihnen gleich darlegen, welches der Sachverbalt verordnung ist vom 19. März 1898 datiert. Ju dieser Polizei⸗ Meine Herren, dann hat der *. 8 tüchtigen und pflichttreuen Beamten in dieser Weife F ist. Es ist überhaupt ein polizeiliches Verbot garnicht a⸗ verordnung ist lediglich zugelassen die Aufführung ven geistlichen nächsten Situngen eine Erkursion fein Abg. Dr. Müller in einer der Diskussion zu ziehen? Man weiß ja garnicht 8 - â. sondern 88 handelt sich um die Innehaltung der aft Musikwerken (Oratorien), womit gemeint ist nicht eine konzertmäßige meinem pflichtmäßigen 6, bi gemacht welches lediglich, hat Herr Stockmann im Reichstage mit Recht hervor zboh 8 IE“ Ober⸗Präsidialverordnung vom 24. Jurt Darbietung, sondern lediglich die Aufführung geschlossener geistlicher Rechtes ist und nich ae terber gehrt, preußischen in welchem Grade der einzelne Beamte bei den ei 2E. 897 über die äußere Heilighaltung der Sonn⸗ und Festtage. Gett⸗ Musitstücke. Die Sache ist historisch zu erklaͤren, rgree bat näͤmlich i F-Aö,N nA Reichetages gehert. Er betheiligt ist. Die Maßnahmen werden von Eag, v lob ist Westfalen noch ein Land, in dem von beiden Konfessienen an diesen Tagen die Theater⸗ und Konzertlokale gänzlich geschlossen einet Etörte eren Sitzung die Berliner Kriminalpolitei von dem Ober⸗Regierungsratb und dem Polizei⸗Präsidenten ferenten, Werth darauf gelegt wird, daß diese Festtage ihres rellgibs⸗sittlichm sind und geichlossen sein sollen und man nut dieienigen wanioen Berliner eg; und einen Erlaß von mir bhinsichtlich der Der letztere allein benw. sein Hücemae. 422—⸗ getroffen. Charakters nicht entkleidet werden. Infolge dieser Verordnung don Konzertlokale, in denen berkömmlich Oratorien aufgeführt wurden, auch mehrfach , en In diesem Erlaß, der hier ja zeichnet, ist der Verantwortliche Ebensowen ig —ℳ ist nach § 12 am Todtensonntag überhaupt jede theatralische wie Sing⸗Akademie, ich glaube auch Philharmonie und außerdem theilungen gemacht worden, wie sch de . tragenden Rath angreifen kann wegen der Handlung seines Gbee Vorstellung verboten, ohne daß irgend eine Ausnahme zugelassen iüt cinige Kirchen, von diesem Verbot hat erimieren wollen. Demgemäß ö— 8 AEg. kann man den Regierungsrath angreifen wegen der 1 2 hat der Polizei⸗Präsident zu⸗ bandeln sich für verpflichtet erachtrt, und —Eereer —— des Polizei⸗Präsidenten. Ich frage ferner: was würden das umsomehr, als er wiederholentlich Privattheatern gegenüber diese —e. 12 Herren sagen, wenn man sie in dieser Weise persönlich in die seine Auffassung vertreten hat und cs für eine Frage der —e zöge, an einer Stelle, wo sie außer stande sind, sich Billigkeit erachtet hat, dus, was er seiner Zeit den Privattheatern EE1IA1“*“ *. vetbch her 2 Ich darf hinzufügen, daß noch kürzlich in gegenüber gefordert dat auch bei den Kömiglichen Se zu ESEeI1“ vliner Blatt, in einem liberalen Blatt, im „Börsen⸗Courier“, verlangen. Diese seine Rechtsauffassung süber die Auslegung der Per. E11614“* 8 * mit E1 gegen die Theater⸗ ordnung von 27 4 bw. * und Le. Der b . we lichkeit Regierungs umrat verwaltungsgericht in letzter Instanz gebilligt worden. Der Polizer⸗ v v 184 82 1 8— 99. 2 5 Gcschfte Ianb ei K ,— —₰ Präsident hat eine geraume Zeit vor der Anfführung darauf hin⸗ 24 82* 2 3* g ist, daß Regierungerath Dumtath eine Veränderung e daß das Programm, das das Königliche Opernbaus für den 8 evenern peege Füe enc. 88. rreö en & 22 F-A. -5ö-A 8 1“ aaS 11q“*“ ordnung von entspräche, un der mün Verhandlu

16.

r gn⸗ des Autors wären. Ich Mann. Und das fühlt er augenscheinlich in dieser sehr ür falsch halten: denn gerade die Art de vrekären Stell s 1—

Darstell iebt Stücke die eigentl en Stellung als Zensor von Berlin; e si e. Eu“ und es wird jetzt einen großen literarischen Beistand 8v 22 1 riebene Wort, sondern das Werk leider weiß kein Mensch i en *

wie cs D 2 2 2 3 Mens im ganzen Deuts der Sen v Le” ze v sondern der „große Unbekannte“ ist. Es wäre im 5ee, n. Maeb n e e ebracht werden soll, der Zensur teressant zu erfahren, wer eigentlich d ische Fu N enas navm hg aAbag A dvun, I— w ee⸗ 3 gw. ren, gentlich der ästhetische Führer des Herrn anze Inten n, Verfassungs⸗ Regierungsraths Dumrath ist. Sollt irkli öni veke 1 - . g . Sollte es denn wirklich der König⸗ .— den Absatz 1 des Artikels 27 der liche Hauptmann Joseph Lauff sein, der bekannte ——— sungsur imputiert, ist meines Erachtens seinen Ahnungen? 0 Ich glaube also, meine Herren, daß dns Meine Herren, nun frage ich: was hat die Hereinzie 8 See e 2 122.2g 42 v. 4 Dr. Müller persönlichen Momente, die Nennung des enens des ader gegen die preußische Verfassung verstößt, Gewerbeordnung Dumrath mit dieser ganzen Sache zu thun? Glaubt man denn, daß b V g schuldig geblieben ist (sehr in Fürth, wo meines Wissens der Herr Abg. Müller allei 7 n

wird nur von zwei Faktoren nicht gestellt werden, nämlich erstens nicht von den dramatischen Dichtern und besonders zweitens nicht von den erfahrenen Bühnenleitern.

wurden darauf in eine Ordnungsstrafe von 30 genommen; beide Strafen wurden anstandslos bezahlt. Bei der nächsten Revision des⸗ selben Lokals wurde wiederum konstatiert, daß ein nicht genehmigtes

und auch nicht genehmigungsfähiges Stück von den Betreffenden vor⸗ Wenn von Staatswegen wirklich eine Feindseligkeit gegen das getragen wurde. Es wurde gegen ihn und den Leiter des Lokals Theater bestehen könnte, wenn wirklich irgend eine Regierung den die gleiche Strafe ausgesprochen, und die Strafe wurde ebenfalls be⸗ wichtigen Kulturfaktor, den die Schaubühne bedeutet, so sehr ver⸗ zahlt. Als dann bei einer dritten Revision die Beamten des Polizei⸗ kennen und unterschätzen würde, um ihr Hindernisse entgegenzu⸗ präsidiums wieder in das Lokal kamen, fanden sie, daß die Parodie stellen, dann könnte sie dem Theater als Strafe gewähren, was auf die „Versunkene Glocke“ gesungen wurde, eine Parodie, die ebenfalls man als Gunst verlangt, nämlich die vollkommene Abschaffung der nicht zur Genehmigung eingereicht war. Es wurde infolge dessen dem Zensur.

betreffenden Humoristen das weitere Auftreten in dem Lokal verboten Diejenigen, die eine solche Abschaffung verlangen, ahnen nicht, und dem Inhaber des Lokals angedroht, daß die Vorstellung polizeilich daß sie das Theater des Blitzableiters berauben wollen, den es unter den geschlossen werden würde, wenn das Auftreten dem Verbot zuwider erfolge.

herrschenden Gesetzen und Zuständen kaum entbehren kann. Wird für Darauf ist der betreffende Humorist zum Polizei⸗Präsidium gekommen und die Bühne die Präventivzensur beseitigt, dann bildet eine Theater⸗ hat gebeten, das Verbot wieder rückgängig zu machen; er hat an⸗

vorstellung für die Polizei wohl einfach eine öffentliche Versamm erkannt, daß er gefehlt habe, und hat versprochen, daß er sich in Zu⸗ lung im Sinne des Vereins⸗ und Versammlungsrechts. Die an kunft innerhalb der Grenzen des polizeilich Erlaubten halten wolle. gekündigte Aufführung ist die „Tagesordnung“, die Darsteller sind Das ist also der Humorist, der dem Herrn Abg. Müller das Material die „Vortragenden“. Die Versammlungen würden dann der geliefert hat! polizeilichen Ueberwachung unterliegen. Wie schützt sich nun ein

Nun, meine Herren, soll es diesem Humoristen verboten worden Bühnenleiter vor der Gefahr, daß mitten in der Aufführung der sein, diese Parodie auf die „Versunkene Glocke“ zu singen, weil er unter beaufsichtigende Pelizeibeamte sich von seinem Sitz erbebt, den Schmunzeln gesungen habe: von der Stirne heiß rinnen muß der Helm aufsetzt und, die Bühnenhandlung unterbrechend, in den Saal Schweiß. Ich habe diese Parodie auf die ⸗„Versunkene Glocke“ hier, ich bineinruft; „Im Namen des Gesetzes erklaͤre ich die Versammlung lege sie zu Ihrer Kenntniß ver, und Sie werden mit mir anerkennen, für geschlossen. Ich fordere die Anwesenden auf, sich ruhig aus daß cs eine ganz gemeine Zote ist. Auf Grund eines solchen dem Saal zu entfernen!“ So lange also öffentliche Versammlungen Materials wird gegen die Theatewolizei der Vorwurf erhoben, daß noch irgend welchen Einschränkungen, irgend einem Aufsichtsrecht sie Darbietungen der anständigen heiteren Muse verhindert

unterliegen, wird das zensurfreie Theater von den Gefahren des habe. Dieses Stück ist überhaupt gar nicht zur Zensur eingereicht, Vereins⸗ und Versammlungsrechts empfindlicher bedroht sein als und es ist infolge dessen auch gar leine Beanstandung erfolgt. Aber von der derzeitigen Zensur. das Stück hätte nicht genehmigt werden dürfen, weil es den sitten⸗ Aber, meine Herren, diese Auffassung, der auch der bekannte und ordnungspolizeilichen Rücksichten widerspricht. Ich meine, der Schriftsteller und frübere Bühnenleiter Herr Blumenthal in einem Herr Abg. Müller hätte gut gethan, sich nicht bleoß das Material satirischen, aber sehr wahren Artikel kürzlich beigetreten ist, berührt von der interessierten Scite geben zu lassen, sondern den Sachverhalt

dech nur das Acußere der ganzen Sache, und ich meine. noch mehr festzustellen, ehe er so schwere Vorwürfe gegen das Polizei⸗Präsidium als diese äußere Rücksicht, so wichtig sie ist, sprechen die inneren Rück⸗ und die Theaterpolizei erhob.

sichten dafür, die Theaterpolizei aufrecht zu erhalten. Zunächst darf Dann kommt der Herr Abg. Müller auch noch auf das „niedrigste] ich die Frage aufwerfen ist denn in Preußen, spezell in Berlin irgend

die ganze Organisation hochzuhalten und nicht ihre Wirksamkeit und ihr Ansehen in der Oeffentlichkeit durch derartige Ausstellungen zu beeinträchtigen.

Ich glaube, wir müßten alle dahin wirken, die Mängel, die sich im Hause zeigen, auszubessern, nicht aber das Ge⸗ bäude selber, in dem wir alle wohnen, einzureißen.

Ich komme dann wieder auf die Ausführungen des Herrn Abg.

ein

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