1901 / 44 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Feb 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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es nur angängig ist. Das ist auch in diesem Jahre geschehen. Auch in diesem Jahre haben uns die betheiligten Provinzen, die einen be⸗ sonderen Werth auf die Beschleunigung agronomischer Vermessungen legen, wirksam unterstüctzt, auch hinsichtlich der Kosten, und ich glaube, daß wir in der That die bisherige Beschleunigung des Tempos in verstärctem Maße werden fortsetzen können.

Was die Tiefsohrungen anbelangt, so haben wir dafür einen Fonds von 250 000 im Ordinarium, andererseits einen besonderen Fonds von 150 000 im Extraordinarium. Wir haben mit diesen Mitteln bisher ausgereicht, und sie werden auch für eine verstärkte Bohrthätigkeit ausreichend sein. Wir theilen vollständig die Auf⸗ fassung des Herrn Vorredners, daß es dringend erwünscht ist, im Osten unserer Monarchie mit solchen Bohrungen vorzugehen, die ge⸗ eignet sind, genauere Aufschlüsse über die geologischen Lagerungen und die etwa dort vorhandenen Mineralwerthe an Salz und Kohle uns zu verschaffen. Wir haben die Absicht, und es ist die Anordnung bereits in diesem Sinne ergangen, daß nunmehr eine Tiefbohrung bei Heilsberg stattfinden soll, die zunächst den Zweck hat, orientierend über die geologische Lagerung der Schichten zu wirken. Man will dann mit den Tiefbohrungen zurückgehen bis auf die Steinkohlenschicht und eventuell bis zu einer Teufe von 2000 m vorgehen, um genau zu ersehen, wie die Lagerung der Schichten namentlich in der Provinz Ostpreußen sich verhält. Nach dem Ergebniß dieser Bohrung wird es sich richten, ob, an welchen Orten und in welchem Maße man mit weiteren Bohrungen vorgeht. Für jetzt reichen unsere Fonds für diese Vermehrung der Bohrthätigkeit aus. Sollte sich in der Folge die Nothwendigkeit herausstellen, weitere Mittel anzufordern, dann bin ich gern bereit, mich dieserhalb mit dem Herrn Finanz⸗Minister in Verbindung zu setzen. Ich zweifle nicht, in diesem Punkt das erforderliche Entgegen⸗ kommen zu finden.

Damit kann ich den Antrag Schultz wohl verlassen und mich nun zu den Aeußerungen der Herren Vorredner, der Abgg. Gothein und Fritzen, wenden. Die beiden Herren haben die Unterlagen unseres Etats in Zweifel gezogen, und namentlich von Herrn Gothein ist der dringende Wunsch ausgesprochen, daß die Regierung doch nicht mit einer Steigerung der Kohlenpreise vorgehen, sondern eher auf eine Herabsetzung bedacht sein möge. Meine Herren, daß ich selbst in dieser Beziehung nicht fiskalisch denke, werden Sie aus meinem bis⸗ herigen Verhalten wohl erkannt haben. Als in Oberschlesien die Preise im August des letzten Jahres heraufgesetzt worden sind, bin ich dieser Heraufsetzung nicht gefolgt. Ich habe Ihnen bei der ersten Berathung des Kohlenantrages auseinandergesetzt, welche Summe von unerträglichen Folgen das für mich gehabt hat. Ich bin thatsächlich mit Anforderungen oberschlesischer Kohle über⸗ schüttet worden dergestalt, daß diese Forderungen nur zu einem ge⸗ ringen Bruchtheil haben berücksichtigt werden können, auch die Forde⸗ rungen der Genossenschaften, die sich gemeldet haben, nur zu einem geringen Bruchtheil berücksichtigt werden konnten, weil wir eben nicht in der Lage sind, soviel Kohlen fördern zu können, um alle diese An⸗ forderungen zu decken. Aber diejenigen, die diese Kohlen anfordern, sind nicht etwa solche, die keine Kohlen bekommen können, sondern die haben bisher die Kohlen von den Privatgruben bezogen und ziehen es jetzt vor, die billigeren Kohlen aus den Staatsgruben zu beziehen. Aber die überschütten uns mit Bestellungen, sodaß wir solchen An⸗ forderungen nicht gerecht werden können.

Nun werden Sie selbst zugeben, daß es mit einer gerechten Ver⸗ theilung der Kohle nicht gut vereinbar ist, wenn nur ein ganz beschränkter Theil die billigen fiskalischen Kohlen bekommt, und die anderen darauf hingewiesen sind, die theureren Privatkohlen zu nehmen. Ich gehe deshalb von cer Meinung aus, daß eine billige und gerechte Vertheilung dieses so höchst werthvollen Materials im Lande eine gewisse Ueberein⸗ stimmung der Preise unter den Gruben erfordert, und deshalb habe ich die Absicht, diese Uebereinstimmung bis zum 1. April mindestens für Oberschlesien wiederherzustellen. Ich habe auch die Hoffnung, das zu erreichen, sei es im Rahmen des Syndikats, worüber die Verhand⸗ lungen noch schweben, sei es außerhalb dieses Rahmens in der Weise, daß auch die Privatgruben mir entgegenkommen und die Preise ent⸗ sprechend herabsetzen. Wie weit sie sie herabsetzen werden, bin ich zur Zeit zu übersehen nicht im stande. Das alles bezieht sich aber auf Kohle mit Ausnahme der Kokskohle, also speziell derjenigen Kohle, die für die Eisenindustrie bestimmt ist. Bei dieser liegt die Sache anders. Hier ist mir ein Antrag zugegangen seitens der oberschlesischen Eisenwerke, der darauf gerichtet ist, daß gerade die für die Eisen⸗ industrie bestimmte Kohle entsprechend herabgesetzt werden möchte. Ich bin über diesen Antrag ohne weiteres zu urtheilen und hier eine Erklärung abzugeben, nicht im stande. Ich habe den Antrag an die zuständigen Behörden abgegeben mit dem Auftrag, sich darüber zu äußern, namentlich unter Vergleich der gegenwärtigen Lage der Eisenpreise. Ob es angezeigt ist, jetzt mit einer Ermäßigung nach der Richtung hin vorzugehen, darüber muß ich mir eine Entschließung noch vorbehalten.

Nun komme ich zu den Ausführungen des Herrn Abg. Fritzen. Derselbe meint, wir hätten unsere Preise zu hoch angesetzt. Dasselbe führte hier auch der Abg. Gothein aus, und beide Herren scheinen an⸗ zunehmen, wir würden unsererseits den Etat, wie wir ihn hier auf⸗ gestellt haben, nicht erreichen. Meine Herren, wenn ich die positive Ueberzeugung aussprechen sollte, daß wir den Etat nicht erreichen, so würde ich sagen müssen, die besitze ich auch nicht. Es ist sehr wohl möglich, daß wir den Etat nicht erreichen, aber Sie müssen auch bedenken, der Etat ist im August v. J. aufgestellt, da lagen die Verhältnisse anders als jetzt, und wir können nicht fortgesetzt im Laufe der Etatsvorarbeiten die Anschläge, die einmal zu Grunde liegen, wieder ändern. Das ist absolut unmöglich. Sollten wir nun den Etat nicht erreichen deshalb, weil die Marktlage für die Kohlenpreise sich senkt und der Fiskus dann selbstverständlich dieser sinkenden Marktlage sich würde anschließen müssen, so würde ich das im Interesse von Handel und Industrie dankbar begrüßen. Ich nehme gar keinen Anstand, das offen aus⸗ zusprechen, wenn wir auch dem gegenüber einen Ausfall im Etat haben würden, der sich vielleicht bis zu der Höhe erstrecken könnte, wie der Herr Abg. Fritzen es ausgesprochen hat. Indessen, meine Herren, von einer absoluten Sicherheit kann in dieser Beziehung doch nicht die Rede sein.

Ich glaube, die Herren unterschätzen die Vorsicht, mit der damals bei der Aufstellung des Etats vorgegangen ist. Ich möchte mir in dieser Beziehung erlauben, zunächst für Oberschlesien diejenigen Preise anzugeben, die wir in dem letzten Quartal bei den Kohlen erreicht haben. Da hat sich ergeben: für die Königsgrube 7,689 ℳ; wir haben angesetzt 7,50 ℳ, also erheblich niedriger als die Preise des letzten Quartals,

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bei Köni sin Luise war der Erlös des letzten Quartals 8,371 ℳ, wir haben angesetzt 8 ℳ, Bielschowitz⸗Grube 8,125 ℳ, wir haben an⸗ gesetzt 8 Man kann nicht sagen, daß die Preisbemessung, die im August v. J. stattgefunden hat, eine besonders unvorsichtige gewesen ist. Ich glaube, wir sind dabei noch ziemlich vorsichtig zu Werke ge⸗ gangen, obgleich ich nicht dafür garantieren werde, daß wir die ein⸗ gestellten Preise erreichen werden. Bei Saarbrücken liegt die Sache so, daß wir im letzten Quartal erzielt haben für Kohle 12,02 ℳ; für Koks 21,01 Die Preise, die wir eingestellt haben, sind 10,50 für Kohle, also 1 ½ weniger, für Koks 18 ℳ, also 3 weniger. Man kann auch hier nicht sagen, daß wir in der Aufstellung unseres Etats unvorsichtig gewesen sind.

Ich kann mich also dahin resümieren, meine Herren, es ist sehr möglich, daß wir die Höhe des Etats, wie wir sie veranschlagt haben, nicht erreichen, man kann uns aber einen Vorwurf, daß wir unvor⸗ sichtig gewesen sind in der Aufstellung des Etats, nicht machen. Erreichen wir die Höhe des Etats nicht, so beklage ich es meiner⸗ seits nicht. Mir stehen die Interessen von Handel und Industrie unendlich viel höher als die Erreichung des etatsmäßigen Solls. (Bravo!)

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Der Etatsaufstellung liegen Voraussetzungen zu Grunde, die durch die Lage der Verhältnisse gerechtfertigt werden. Es ist allerdings möglich, daß der Etatsvoranschlag nicht erreicht wird, aber das würde nicht viel zu bedeuten haben. Die heutigen hohen Kohlenpreise, welche der Etats⸗ aufstellung zu Grunde liegen, entsprechen nicht den normalen Ver⸗ hältnissen. Werden die Preise durch die Verhältnisse auf den normalen Stand herabgedrückt, so kann dies nur erwünscht sein. Soll die Kohle wirklich der Regulator unseres Erwerbslebens sein, dann muß dafür gesorgt werden, daß die Preise für Kohlen und Roheisen nicht auf künstlicher Höhe erhalten, sondern den normalen Verhältnissen angepaßt werden. Der Redner verbreitet sich über die Kohlenpreissteigerung in der letzten Zeit. Zum Schluß kommt er auf die neulichen Bemerkungen des Ministers über den Kohlenhandel zurück. Wenn der Minister den Kohlenhandel als ein „nothwendiges Uebel“ bezeichnet, so habe damit nicht gemeint sein sollen, daß der Handel der Industrie oder dem Ackerbau nicht gleichwerthig sei. Das sei eine Ausbeutung der Worte des Ministers. Diesem habe es sicher fern gelegen, den Handel irgendwie herabsetzen zu wollen. Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat in seinen Ausführungen

u. a. auch auf den bekannten, durch den „Vorwärts“ veröffentlichten Brief des früheren Abg. Bueck Bezug genommen und hat aus der Aeußerung, die in diesem Brief mir bezüglich der Klagen der Arbeiter in den Mund gelegt ist, seinerseits Schlußfolgerungen gezogen. Dieser Umstand giebt mir Veranlassung, auf diesen Brief auch zurück⸗ zukommen; hierzu werde ich übrigens auch noch durch einen anderen Grund, über den ich mich demnächst aussprechen werde, veranlaßt. Der frühere Abg. Bueck ist General⸗Sekretär des Zentralverbandes der Industriellen. Dieser Zentralverband der Industriellen wie über⸗ haupt die Industrievereine bilden für den Handels⸗Minister ein durch⸗ aus nothwendiges und unentbehrliches Organ, um sich über die Ver⸗ hältnisse der Industrie zu informieren. Ich muß mich in zahlreichen Fragen, die sich über alle möglichen Gebiete er⸗ strecken, bei den einzelnen Fachvereinen über die Geschäftstechnik der einzelnen Fabrikationen informieren. Da kann ich mich selbst⸗ verständlich nur an die Vereine der Arbeitgeber wenden; bei den Arbeitnehmern, den Arbeitervereinen, kann ich diese Information nicht finden. Daher erklärt es sich, daß das Handels⸗Ministerium zu der Gesammtheit dieser Vereine in einem sehr lebhaften Rapport steht. Wenn in einem einzelnen Fall, wo es sich darum handelt, die be⸗ sonderen Bedingungen und Voraussetzungen der geschäftlichen Pro⸗ duktion einer bestimmten Fachrichtung klar darzulegen, uns die geeigneten Persönlichkeiten, an die wir uns wenden könnten, nicht direkt bekannt sind, so wenden wir uns an den Verein und bitten ihn, uns geeignete Sachverständige zu nennen. Es ist das das natürliche procedere, das mir als Minister für Handel und Gewerbe obliegt, und davon kann ich nicht abgehen. Wenn ich solche Herren zu mir bitten lasse oder sie empfange, so liegt das vollständig in meiner Aufgabe. Nun ist seiner Zeit, als ich in mein gegenwärtiges Amt eingetreten bin, Herr Bueck zu mir gekommen und hat, wie eine Reihe von anderen Personen, mich aufgesucht, um mich zu begrüßen. Ich kann solche Besuche nicht ablehnen, namentlich wenn ich die Herren von früher her kenne, muß ich sie empfangen. Ich habe bei solchen Besuchen die Gewohnheit: ich rede nicht viel, ich höre aufmerksam zu; die meisten Besucher, die kommen, haben auch nicht das Bedürfniß, viel von mir zu hören, sie haben vielmehr das Bedürfniß, mir ihre eigenen Ansichten vorzutragen. Dann höre ich aufmerksam und wohlwollend zu. Ich habe wiederholt die Erfahrung gemacht, daß die Besucher geneigt sind anzunehmen, ich wäre mit ihren Ausführungen einverstanden, wenn ich nur keinen Anlaß genommen habe, sie zu korrigieren. Ob sich hieraus erklärt, daß Herr Bueck zu einer Auffassung über meine Ansicht gelangt ist, die nicht ganz zu⸗ treffend ist, will ich dahingestellt sein lassen. Es mag auch sein, daß ich selbst mich nicht deutlich genug ausgesprochen habe; es mag auch sein, daß Herr Bueck nicht genau zugehört hat. Das kann ich nach 4 ½ Jahren nicht mehr beurtheilen. Ich entsinne mich der Details der Unterhaltung gar nicht mehr; ich habe ihr eine Bedeutung überhaupt nicht beigemessen.

Aber in zwei Punkten muß ich der Auslegung entgegentreten, die auf Grund des Bueckscheu Berichtes in öffentlichen Blättern meine angeblichen Aeußerungen gefunden haben. Man hat mir die Auf⸗ fassung unterstellt, als ob ich der Meinung sei, die staatliche Fürsorge für das Wohl der Arbeiter wäre bereits als abgeschlossen zu betrachten. Wie man mir das unterstellen kann, verstehe ich nicht; ich meine so⸗ gar, auch aus dem Bueckschen Brief könnte man dazu keinen Anlaß nehmen. Mir liegt eine solche Auffassung natürlich ganz fern. Zu den hervorragendsten Aufgaben meines Ressorts gehört die Fürsorge für die gewerblichen Arbeiter ebensowohl, wie für die gewerblichen Betriebe. Seit meinem Eintritt in mein Amt bin ich mit diesen Fragen beschäftigt gewesen: Arbeiterschutz, Vermehrung der Gewerbe⸗ aufsicht, Arbeiternachweis, Fürsorge für die Wohnungen; gerade die Wohnungsfrage, die voraussichtlich in dieser oder der nächsten Session das hohe Haus noch beschäftigen wird, ist seit jener Zeit Gegenstand der eingehendsten Fürsorge meines Ressorts. Eine Kommission, an deren Spitze der Unter⸗Staatssekretär Lohmann steht, ist seit mehreren Jahren beschäftigt gewesen, das Material auf diesem Gebiet zu sammeln, zu ordnen, Vorschläge zu machen; die sind niedergelegt in einem großen Bericht an das Staats⸗Ministerium, und dieser Bericht bildet die Grundlage, nach der wir demnächst die Vorlagen

machen werden, die in der Thronrede in Auessicht gestellt sind. bu

Meine Herren, den Gedanken, daß ich die Fürsorge für die Arhes als abgeschlossen betrachtete, muß ich vollständig und weit von e. abweisen. 8 * Ein anderer Punkt ist es auch, auf den ich Bezug nehmen muß Ich soll mich über den Unter⸗Staatssekretär Lohmann in einer Wess geäußert haben, als ob dieser Herr der Selbständigkeit der Meinun vollständig entbehre und überall da, wo man ihn in scharfer Weise anfäfs nachgäbe. Dabei soll ich mich auf den Minister von Berlepsch * zogen haben, meinen Amtsvorgänger. Dieser hat mir geschrieben und mir gesagt, daß diese Auffassung ihm gänzlich fern läge und durchauz nicht der hohen Meinung entspräche, die er von dem Unter⸗Staats sekretär Lohmann habe. Mit dieser Meinung bin ich vollkommen ein⸗ verstanden. Ich kann mir den Irrthum des Bueck nur so erklären. der Herr Minister von Berlepsch hat mir, als ich in mein Amt trat. eine Kritik der sämmtlichen Beamten der Verwaltung gegeben, wie das ja in der Natur der Sache liegt, und vorzugsweise hat er mir auch den Unter⸗Staatssekretär, den höchsten Beamten der Verwaltung an das Herz gelegt, hat mir seine vortrefflichen Eigenschaften gerühnt und mir gesagt, wenn ich etwa finden sollte, daß er in einzelnen Fragen anderer Ansicht wäre als ich, so hätte ich durchaus nicht zu be⸗ fürchten, daß daraus Schwierigkeiten sich ergeben würden; denn er wäre ein so gewissenhafter, ein so treuer Beamter, daß er wohl wissen würde, in solchen Fällen seine Auffassung der des leitenden Chess gegenüber zurückzustellen. Diese Auffassung, meine Herren, habe ich aller Wahrscheinlichkeit nach Herrn Bueck mitgetheilt, und mag er sie dann vielleicht in der Weise subjektiv aufgefaßt und wiedergegeben haben, wie es hier in seinem Briefe ausgesprochen ist. Ich habe mich aber für verpflichtet gehalten, gerade diesen Punkt richtig zu stellen, und ich bitte Sie, zu entschuldigen, wenn ich deshalb Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch genommen habe.

Nun komme ich auf den zweiten Punkt in der Rede des Herrn Vorredners zurück. Das ist die bekannte Aeußerung von dem noth⸗ wendigen Uebel. Meine Herren, ich habe ja, wie ich die Aeußerung verstanden habe, an dem zweiten Tage der Berathung über den Kohlenantrag, wie ich glaube, in so genügender und unzwei⸗ deutiger Weise dargelegt, daß kein Mensch daran zweifeln kann, was ich unter diesem Ausdruck verstanden habe. Ich habe nichts Anderes darunter verstanden, als daß die Verwaltung bestrebt sein müsse, ihre Kohlen, soweit wie möglich, direkt an die Konsa⸗ menten zu bringen, daß es lihr aber leider nicht möglich wäre, in solchen Zeiten, wo Kohlen im Ueberfluß vorhanden sind, überall die Konsumenten zu finden, und daß es deshalb für sie eine Noth⸗ wendigkeit wäre, für diesen Zweck sich der Vermittelung der Händler zu bedienen. Daß aber mit dem Handel, namentlich mit den Zwischenhandel, Uebelstände, Mißstände verbunden sind, das ist ja gerade der Grund des ganzen Kohlenantrags, der Grund, warum vir uns damit beschäftigen jetzt im Plenum und auch in der Kommissien, und nur insofern habe ich die Meinung ausgesprochen, der Handel sei unbedingt eine Nothwendigkeit, und, soweit er mit Uebelständen ver⸗ bunden sei, sei er ein nothwendiges Uebel. Die Bedeutung dieser Redensart liegt also nur darin, daß die Verwendung der Händler für die Verwaltung nichts Anderes ist als eine unerwünschte Nothwendig keit. Eine Beleidigung habe ich damit nicht beabsichtigt. Eine un⸗ richtige Meinung von der Bedeutung des Handels kann mir unmöglich unterstellt werden. Denn, meine Herren, an demselben Tage, im un mittelbaren Anschluß an die von mir gemachte Aeußerung, habe ich ja die großen Verdienste des Kohlenhandels hervorgehoben. Wie sollte ich da dazu kommen, den Kohlenhandel als solchen als ein noth wendiges Uebel zu bezeichnen! Ich glaube, jetzt diesen Gegenstand ver lassen zu können; denn wer jetzt meine Aeußerung noch mißversteht der will sie mißverstehen, und dem kann ich nicht helfen. (Bravo! rechts.)

Abg. Gamp (fr. kons. lschwer verständlich!): Der Resolution ders Abg. Schultz⸗Bochum kann ich nur zustimmen. Es müssen die Tief bohrungen unbedingt fortgesetzt werden, damit wir noch reichen Kohlenschätze gewinnen. Was die jetzigen Kohlenpreise betrifft, se sind dieselben entschieden zu hoch und schädigen dadurch Landwirth. schaft und Industrie. Ich möchte der Bergverwaltung anheim geben eingehend zu prüfen, ob es unter den gegenwärtigen kritischen Ver hältnissen angezeigt erscheint, die hohen Kohlenpreise weiter bestehen 2 lassen, oder ob es nicht wünschenswerth wäre, durch Verein

rungen die Kohlenpreise generell zu erniedrigen,

Abg. Schmeißer sfr. kons.) erklärt sich ebenfalls für die Re solution Schultz und giebt eingehende Darlegungen über die geologi schen Verhältnisse der norddeutschen Tiefebene und die Tiefbohrungen ist aber im Zusammenhang auf der Tribüne nicht zu verstehen. Gs seien oft schwere Fehler gemacht worden, wenn man bei Eisenbahn und anderen Bauten mit schweren Fundamenten keine Geologen zu Rathe gezogen habe, und es sei dadurch oft eine große Verschwendundg des Nationalvermögens erfolgt. Er hoffe deshal „daß man sich bein Bau des Mittelland⸗Kanals die Erfahrung mit dem Dortmund⸗Ems Kanal zu Nutze mache und Geologen zur Untersuchung des Boden heranziehe. 8

Abg. von Brockhausen (kons.): Auch meine Freunde stehe⸗ dem Antrag Schultz sehr sympathisch gegenüber. Die Kohlenfrag hat eine so hohe politische und soziale Bedeutung, daß man nicht nun die fiskalischen Interessen, Lerses die allgemeinen Rücksichten auf das ganze Volk wahren muß. Wenn der Etat der Einnahme nicht erreicht wird, so würden wir darin kein Unglück sehen. Wegen de Wichtigkeit der Kohlenfrage ist gerade der 15 Freunde Korn gestellt worden. Sobald der Kommissions 92 über Antrag vorliegt, werden wir die Kohlenfrage weiter behandeln um sie ganz objektiv prüfen können. In Oberschlesien ist der Fiskus an der Kohlenförderung mit betheiligt, im Saargebiet fe allein. Wenn der Fiskus im Herbst die Preise vom Sommer fet gehalten hat, so kann man darüber streiten. Aber die 2 28 noch hinaufzusetzen, ware falsch. Die Preise der fiskalischen Kobls in Oberschlesien haben sich in den Jahren 1898 und 1899 meist etwa bößer Febelg, als die der Privatkohlen, weil die Kobl

er Wollte der Fiskus jetzt seine Preise heraufsetzen, so würd er nur erreichen, daß die vatkohlengruben ihre hohen Preij ije festhalten. ie der Industrie und Landwirthschaf verlangen aber eine Preisherabsetzung. Dazu ist der Fieka in Oherschlesien auch vollkommen in der Lage. Wenn der Staat seinen Einfluß geltend t, auch ohne ein Syndikat so werden die Privatgruben seinen Wänschen folgen. Ich hoffe, desß diese Frage, welche schon im pergangenen Jahre mit etwas mek Wohlwollen von der Staatsregierung hätte behandelt werden und 1. eingehenden Untersuchungen hätte führen müssen, nunmehr durch unsen Kommissionsberathungen und die Plenarverhandlung geklärt wird Interesse unseres ganzen wirthschaftlichen Lebens.

Hoyermann (nl.) wünscht, daß auch Gewerkscha

Anbaurecht gewährt werde. In dieser Beziehung liege ein

(Schluß in

werden. Ich bitte ferner, die Vermessungen wie bisher durch die

dafür eingetreten, daß die Händler zugelassen werden möchten, und

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Die Sache liegt ja so, daß das sogenannte Ge⸗ naschaftsrecht nicht für diejenigen Gebiete gilt, in denen der Grund⸗ zenthümerbergbau besteht, in denen die Berggerechtsame nicht ver⸗ liehen wird, sondern in denen der Grundeigenthümer selbst das Recht hat, den Abbau vorzunehmen. Bisher ist man immer von der Voraus⸗ stzung ausgegangen, daß das Gewerkschaftsrecht als nothwendige Grundlage ein dingliches Recht voraussetze, und daß es in den Gegenden des Grundeigenthümerbergbaues, wo der Grundeigenthümer das Recht pachtweise auf eine bestimmte Zeit zu übertragen pflegt, nicht wohl erreichbar sei, eine solche dingliche Grundlage zu schaffen. an dieser Beziehung hat das Bürgerliche Gesetzbuch eine gewisse Hand⸗ vabe gegeben, die die Möglichkeit bietet, doch eine solche dingliche Unterlage zu finden, nämlich durch das sogenannte Erbbaurecht. Das ist ein Recht, das nicht bloß auf den Bau über der Oberfläche, sondern auch auf den Ausbau unter der Oberfläche sich bezieht. Es ist Gegenstand der Erörterung inner⸗ halb des Ministeriums, ob es nicht vielleicht möglich wäre, unter Benutzung des Begriffs des Erbbaurechts eine dingliche Grundlage zu schaffen, die es ermöglichen würde, auch das Gewerkschaftsrecht auf die Gebiete des Grundeigenthümerbaurechts zu übertragen. Die Sache bat aber ihre juristischen Schwierigkeiten und würde insofern nur von einem unvollkommenen Effekt sein, als die bereits bestehenden Rechts verhältnisse nicht dadurch berührt werden. Infolge dessen muß ich mir die Entschließung in dieser Frage noch vorbehalten; sie unterliegt, wie gesagt, der Erwägung, die noch nicht abgeschlossen ist.

Abg. von Kessel (kons.): Meine Fraktion ist vollkommen ein⸗ verstaden mit dem Antrag Schultz und verkennt auch den Werth der geologischen Forschung und Vermessung für die Landwirthschaft nicht. Damit aber im Osten in den landwirthschaftlichen Gegenden die Forschungen beschleunigt werden können, mache ich den Vorschlag, daß der Staat solchen Privaten, die der staatlichen Vermessung vor⸗ greifen wollen, eine Unterstützung zu theil werden läßt. Dann könnten auch die Privatgeologen für die Dienste des Staats herangezogen

Vermittelung der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft vornehmen zu lassen.

Abg. Gothein: Ich mache dem Staat keinen Vorwurf daraus, daß er seine eigenen Bergwerke zu vermehren bestrebt ist, aber ich⸗ wünschte, daß die Bohrungen auch mehr wissenschaftlichen Zwecken dienstbar gemacht werden. Er darf anderen Bergwerken, welche Bohrungen vornehmen wollen, das Handwerk nicht verderben. Die ußerung des Ministers vom „nothwendigen Uebel“ ist von vielen eiten im Hause mißverstanden worden. Es lag mir fern, als ich sie zuerst mißverstand, damit dem Minister einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ich wollte ihm vielmehr Gelegenheit geben, seine Aeußerungen klarzustellen. Er hat damals die Gelegenheit leider nicht benutzt. In meiner schlesischen Heimath hat man mir von gewisser Seite unterlegt, daß ich die Aeußerungen des Ministers

chtlich mißverstanden habe, um einen Angriff daraus gegen ihn

rzuleiten. Nun sagt der Minister, er habe nicht vom Handel, dern von den Händlern gesprochen. Ich kann mir nicht denken, der Handel unabhängig von den Händlern stattfinden sollte,

n müßte denn Automaten aufstellen können. Der Minister hat

er Aeußerung heute gerade eine persönliche Spitze gegeben. Er

die Händler als nothwendiges Uebel bezeichnet, die zu dem kus in Beziehung stehen. Sie haben ja daraus die Konsequenzen ogen, die Firma Wollheim hat den Vertrag gekündigt. Ich hätte

gewünscht, daß der Minister einen anderen Ausdruck gewählt e. Herr Gamp hält nur den Kleinhandel für ein nothwendiges bel. Ich habe anerkannt, daß Manipulationen vorgekommen sind, lche mit der Marktlage nicht vereinbar waren, aber darum hat man Kleinhändler doch nicht als nothwendiges Uebel zu bezeichnen. e stimmt denn das mit der Mittelstandspolitik? Der Klein⸗ maler ist absolut nothwendig, aber kein Uebel. Der Minister agt, wie er nur so, mißverstanden werden konnte. Ist er iclich ganz unschuldig daran? In Handelskreisen nennt in den Minister jeßzt den Minister gegen den Handel. h erinnere an das Börsengesetz, das Waarenhaussteuergesetz, 2 Zusammensetzung des Wirthschaftlichen Ausschusses ac., obei überall die Interessen des Handels zurückgesetzt worden sind. zn der Militärverwaltung wird der Handel von allen Submissionen r die Lieferung des Heeresbedarfs ausgeschlossen, und nur die Pro⸗ genten werden zugelassen; daher müssen z. B. für Drahtstifte die schsten Syndikatspreise gezahlt werden. Der Minister für öffent⸗ he Arbeiten geniert sich nicht, für die Eisenbahnmateriallieferung die ändler zuzulassen. Angesichts der Haltung des Ministers wundert aan sich garnicht, wenn der Handelsstand ihn den „Minister gegen andel und Gewerbe“ nennt, statt Minister für Handel und Gewerbe. der Minister möge gegenüber dem Handel ebenso verfahren wie die nderen Verwaltungen.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld: 68 Meine Herren! Es ist ja sehr schwer, auf die Ausführungen des derrn Vorredners näher einzugehen. Daß er über mich und meine gerwaltung ein ungünstiges Urtheil hat, habe ich allerdings daraus ntnommen; dabei bin ich aber auch gern bereit, mich zu beruhigen. Wenn er mir Vorwürfe gemacht hat wegen meiner Börsenpolitik, dann müssen wir abwarten, was er in dieser Beziehung bei dem

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Handel⸗ und Gewerbe⸗Etat zu sagen hat; hier scheint es mir nicht ge⸗ der Arbeiter ist das beste Mittel, zum sozialen Frieden zu

ignet zu sein, auf meine Börsenpolitik näher einzugehen.

Was dann die Frage der Bildung des Wirthschaftlichen Aus⸗ chusses betrifft, sa liegt die lediglich in der Hand des Reiches; ich habe keine Einwirkung darauf, die Zusammensetzung ist seitens der

Reichsregierung ge⸗ n. Wenn der Herr Vorredner nicht befriedigt gesprochen, daß ich mein Interesse und meine Fürsorge für die Ar⸗ b 1 t - e beiter doch durch meine eigene Amtsthätigkeit bethätigen möchte und darum bandelt, über die Geschäftstechnik der einzelnen Betrede mch

so mag er sich an die Reichsregierung wenden.

Die Waarenhaussteuer, meine Herren, soll ich mich darüber in dieser Beziehung auf die Zukunft verwiesen. Ich erlaube mir zu-u in . nächst, ihn meinerseits auf die Vergangenbeit zu verweisen. Ich bdin die sachverständigen Informationen erhalte, und nicht an die Ardemer

noch verbreiten? Wir haben so lange darüber geredet; das hätte keinen 1 f * 2 3 bereits 4 ½ Jahre im Amt und glaube in der That auch für dat, was Wenn os sich ader um Dinge dandelt, in denen anch Ardeum der

Sinn. Haben Sie an dem Waarenhaussteuergesetz etwas auszusetzen, dann X —e EEEEE. bringen Sie es doch bei dem Etat desjenigen Ministers vor, der es ein⸗ er einerseits betonte, meinerseits schon manches gethan zu 1 8 . Fürsorge für die Arbeiter ist in dieser Zeit⸗ nicht still gestanden. Auf die Arbeiter chenze wie an die Arbeitgeber. In eder Sckrion der

dem Gebiet des Arbeiterschutzes sind fortgesetzt Maßreogeln und An.] Kohlenfallkommösfion sind Arbeiter vertreten. die bei der Thötägbrit ordnungen getroffen, die den Zweck haben, die Sicherbeit und Gsund⸗

Nun hat der Herr Abg. Gothein mir besonders zum Vorwurf beit der Arbeiter in ihrem Betriebe zu gewädrleisten. Bei allen Xr .sdiesen Fragen habe sch meinerseith mitgewirft, und na genug

sclöf e und mich weigerte, sie zuzulassen. Durchaus unrichtig! Ich ist die Anregung damm ven m ausgegangen. Amch für die

gebracht hat; ich habe es ja garnicht eingebracht. Also, meine Herren

ich glaube, ich habe keinen Anlaß, auf die Details der Rede des Herrn

Vorredners einzugehen.

gemacht, daß ich die Händler von den Submissionen überhaupt aus

innerhalb der Grenzen der besonderen Bedürfnisse des hetheiligten Ressorts ist mir das, auch von dem Herrn Kriegs⸗Minister, zugesichert worden. Ich selbst schließe keineswegs die Händler von den Sub⸗ missionen aus.

Was den Fall anbetrifft, den der Herr Abg. Gothein angeführt hat, so liegen ganz konkrete spezielle Verhältnisse vor. Ich bin leider nicht in der Lage, darüber nähere Angaben zu machen, weil der Fall nicht durch meine Hände gegangen ist; es ist auch keiner der Herren da, die darüber informiert sind. Aber das geht aus dem eigenen Vor⸗ trage des Herrn Abg. Gothein doch hervor, daß es sich um konkrete Verhältnisse gehandelt hat, die bestimmend gewesen sind, derjenigen Firma den Zuschlag zu ertheilen, die für die dortige Verwaltung die geeignetste gewesen ist. Und dann, das thut man immer, bei jeder Submission behält man sich immer die Auswahl unter den drei besten Submittenten vor, und zwar wählt man diejenigen, die für die Verwaltung die bequemsten und vortheilhaftesten sind. Ich weiß also nicht, was ich im Detail auf die Aeußerungen des

N

Herrn Vorredners antworten soll.

Wenn er im übrigen sich dahin resümiert, ich hätte mir in der öffentlichen Meinung den Titel des Ministers gegen Handel und Gewerbe erworben, ja, meine Herren, das ist ein so verjährter, alter Witz (Heiterkeit! Sehr richtig! rechts), mit dem der Herr Vor⸗ redner selbst hier schon einmal debütiert hat, und ich glaube, er hätte jetzt davon absehen können, ihn noch einmal zu gebrauchen. (Heiter⸗ keit.) Hier nun noch einmal wie heißt es auf dem „noth⸗ wendigen Uebel“ herumzutreten nach den ausführlichen Darlegungen, die ich gemacht habe, verschmähe ich. (Bravo! rechts.) Den Herrn Vorredner würde ich sofort hier in der Sitzung berichtigt haben, und es thut mir leid, daß ich es nicht gethan habe. Ich habe nur deshalb davon abgesehen, weil ich auf das äußerste erstaunt war über die Auslegung, die meinen Worten unterstellt wurde. Ich habe das Stenogramm abwarten wollen, ehe ich die Berichtigung vornahm, und deshalb habe ich es am folgenden Tage gethan. (Bravo! rechts.)

Abg. Ißmer (fr. kons.): Ich mache darauf aufmerksam, daß nicht so schnell an eine Herabsetzung der Kohlenpreise gedacht werden kann. Die Produzenten können nicht sofort jeder Konjunktur folgen, weil längere Abschlüsse vorliegen, und auch die Löhne nicht so schnell sich ändern können. Die Selbstkosten der Gruben sind um 30 % ge⸗ stiegen. Die Kohlenindustrie und die Eisenindustrie gehören eng zu⸗ sammen; wenn es der Eisenindustrie gut geht, geht es auch der Kohlen⸗ industrie gut, und umgekehrt. Gewiß wird deshalb wieder eine Herabsetzung der Kohlenpreise nöthig sein und eintreten, aber die Be⸗ wegung kann nicht so schnell einsetzen, sondern sich nur allmählich entwickeln. Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Dr. Sch ultz⸗ Bochum wird die Debatte geschlossen und der Antrag Schultz⸗ Sieg an die Budgetkommission überwiesen.

Die Einnahmen des Etats werden bewilligt. b Zu den dauernden Ausgaben und zwar den Betriebskosten der Bergwerke bemerkt Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.): Im vorigen Jahre hat mein Freund Hirsch den Antrag gestellt, daß zur Grubenaufsicht behufs Vermeidung von Unglückssällen auch Arbeiter als Assistenten heran⸗ gezogen werden mögen. Ich frage den Minister, inwieweit die Re⸗ gierung auf diesem Gebiet etwas gethan hat. Seit dem Amtsantritt des Ministers glaubt man ein langsameres Tempo in der Sozial⸗ politik zu verspüren. Der Minister hat heute feierlich das Gegen⸗ theil erklärt. Ich würde mich freuen, wenn Herrn Bueck durch zahlreiche Thatsachen bewiesen würde, wie sehr er den Minister mißverstanden hat. Im gesammten preußischen Bergbau hat die Zahl der tödtlich Verletzten 1899 983 gegen 1094 im Jahre 1898 betragen. In den staatlichen Gruben ist das Verhältniß viel ungünstiger. Es wäre wirklich wünschenswerth, daß man endlich Arbeiter zur Aufsicht mit heranzieht. Ich möchte ferner fragen, wie weit die Arbeiten der Kommissionen zur Untersuchung des Stein⸗ und Kohlenfalles gediehen sind. Der Minister sollte sich auch einmal bei den Arbeiterverbänden unterrichten, dann würde er finden, daß er sich mit seiner Ansicht über den Werth der Auskünfte von Arbeitervertretungen im Irrthum befindet. Die Bergarbeiter⸗ Organisation ist ein Faktor, mit dem man selbst nach Ansicht der „Kölnischen Volkszeitung“ rechnen muß. Die Forderung einer acht, stündigen Arbeitszeit unter Tage ist durchaus berechtigt. Der Staat müßte mit der Einführung der achtstündigen Arbeitszeit vorangehen. Wenn ich nicht die allgemeine Einführung des Achtstundentages in der gesammten Industrie empfehle, so ist er doch gerade beim Bergwert nöthig. Die Bergarbeiterverbände verlangen ferner das gänzliche Verbot der Frauenarbeit auf der Grube und bei den Nebenarbeiten. Diese Arbeit ist ungeeignet für den weiblichen Organismus. u dieser Ueberzeugung kommt man, wenn manadie Frauen in eigent Hümlicher Kleidung auf den Bergwerken arbeiten sieht. Man will die Löhne der Bergarbeiter als hoch hinstellen. Ist das so viel, wenn . B. eine Arbeiterin in Oberschlesien nach der amtlichen Statistik jährlich 279 Lohn erhält? Die Arbeiter unter Tage erhalten in Ober⸗ schlesien 896 bezw. 827 ℳ, die Arbeiter über Tage 705 In anderen Landeskbeilen, im Westen, sind die Löhne allerdings ctwas höher. Als ausreichend kann man die Löhne keineswegs bezeichnen. Wenn aber erst die Getreidezölle erhöht sind, werden die Löhne auf keinen Fall mehr ausreichen für den Lebensunterhalt. Der Minister hat Gelegenheit gerade beim Bergbau, zu zeigen, daß er ein Minister für Sozialreformen ist. Die Befriedigung der berechtigten Wünsche

Je mehr man dem Arbeiter entgegenkommt, desto mehr werden au die Streiks außer Anwendung kommen. Minister für Handel und Gewerbe Brefeld: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat den Wunsch aus⸗

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Herr Vorredner schon erwähnt hat. Es sind die Einfahrer

eingeführt worden. Ich habe eine Kommission niedergesetzt für die Untersuchung des Stein⸗ und Kohlenfalles, um ihren Ursachen nach⸗ zugehen und wirksame Fürsorge zur Verhütung zu treffen. Ich habe meinerseits die Sprachenverordnung erlassen, die den Zweck gehabt hat, in den Kohlenrevieren dafür Sorge zu tragen, daß nicht solche Arbeiter zugelassen werden, die der deutschen Sprache nicht genügend mächtig sind. Ich habe dafür Sorge getragen, daß in Oberschlesien die private Bergpolizei beseitigt worden ist; durch Verhandlungen mit den be⸗ theiligten Berechtigten ist mir in der Beziehung das Zugeständniß gemacht worden, daß die private Bergpolizei, über die gerade vielfach geklagt wurde, beseitigt werden konnte. So, glaube ich, ist in der That schon manches geschehen, was wohl hätte in diesem Sinne an⸗ erkannt werden können. Im übrigen bin ich ganz mit dem Herrn Vorredner einverstanden, daß meine Aufgabe nach dieser Richtung noch nicht abgeschlossen ist.

Was nun die Frage der Arbeiterdelegirten anbetrifft, so⸗ habe ich hier im Hause erklärt, daß ich durchaus nicht abgeneigt wäre, ja sogar die Absicht hätte, bei den Staatswerken einen Versuch zu machen mit der Einführung von Arbeiterdelegirten, aber erst dann, wenn die Ein⸗ richtung der Einfahrer wirksam geworden sei und sich bewährt habe. Nun haben wir die Einfahrer erst im Laufe dieses Jahres zum größeren Theil angestellt. 15 davon sind im vorigen Jahre, 35 im Laufe dieses Jahres angestellt worden. Die Berichte, die darüber eingegangen sind, sowohl von den Aufsichtsbeamten, wie von der Grubenverwaltung, sind durchaus günstig. Sie lauten dahin, daß infolge dessen sehr viel Mängel zur Anzeige kämen und die Sicherheit des Grubenbetriebes sich verbessert hätte. Auch die Werksverwal⸗ tungen äußern sich im allgemeinen günstig über diese Ein⸗ richtung. Diejenigen nur, die minder damit zufrieden sind, sind die unteren Werksbeamten, zum theil auch sogar die Arbeiter, und zwar aus dem einfachen Grunde wohl, weil es ihre eigenen Ver⸗ sehen und Fehler sind, die durch die Einfahrer aufgedeckt werden. Was die Arbeiter anbetrifft, so äußern sie sich verschieden: einige sind damit einverstanden, andere wieder weniger —, wie ja überhaupt die betheiligten Arbeiter gegen alle neue Einrichtungen naturgemäß etwas mißtrauisch sind. Ich glaube aber, dies Mißtrauen wird sich im Laufe der Zeit auch überwinden lassen.

Nun, meine Herren, stehen wir vor der Frage der Arbeiter⸗ delegirten. Da habe ich selbstverständlich Veranlassung genommen, die Bergbehörden zur Aeußerung aufzufordern, wie sich die Einfahrer bewährt hätten, und ob jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, versuchs⸗ weise auf den Staatswerken mit der Einführung von Arbeiter⸗ delegirten, die den Einfahrer zu begleiten hätten, vorzugehen. Die Berichte sind dahin ausgefallen, daß dringend gebeten wird, diese Frage noch auszusetzen, und zwar aus dem Grunde, weil es durchaus nothwendig wäre, daß die Einfahrer zunächst noch mehr mit den besonderen Aufgaben in den einzelnen Gruben, für die sie überwiesen sind, vertraut werden. Es liegt das in der Natur der Dinge. Diese Einfahrer sind früher Werksbeamte gewesen, jetzt werden sie Aufsichtsbeamte, haben also eine andere Thätigkeit. Sie sind früher in ganz anderen Gruben als Werksbeamte gewesen, jetzt kommen sie in ein ganz anderes Gebiet und müssen sich erst orientieren über die Besonderheit der Gruben, über die Lage der Flötze, des Gesteins u. s. w. Erst wenn sie sich darüber informiert haben, werden sie in der Lage sein, ihre Aufgabe vollkommen übersehen zu können, und erst dann wäre für meine Ver⸗

gegeben, sie durch die Begleitung von Arbeiterdelegirten in Anfpruch

wie ich mir die Sache gedacht habe, auf den Staatswerken don den Arbeiterausschüssen zu bestimmen sein. Wie Sie wissen, haben wir überall die Arbeiterausschüsse eingeführt. Ich würde den Arbeiter⸗ ausschüssen das Recht geben, den Einfahrer durch ecinen oder zwei Arbeiterdelegirte begleiten zu lassen. Se habe ich mir die Sache gedacht. Für dieses Jahr ist mit Rücksicht auf die Be⸗ denken, die die Bergbehörden erhoben haben, die Sache aber noch nicht auszuführen gewesen.

Dann hat der Herr Vorredner eine aänze Menge von Sachen zur Sprache gebracht, auf die ich mit Worten eingehen muß. Zunächst hat er von der Kohlenfallkommission gesprochen. Diese Kohlenfallkommission hat natürlich einc sehr weite Aufgabe, weil sie die Aufgabe hat, alle einzelnen Gruben zu untersuchen und bei jeder einzelnen Grube festzustellen, welche besonderen Bedingungen für Ver⸗ unglückungen durch Stein⸗ und Kohblenfälle vorhanden sind. Das ist eine sehr lang andauernde Untersuchung, die jetzt abgeschlossen ift. Die sämmtlichen einzelnen Scktionen, auf die die Untersuchung der⸗ theilt worden ist, haben ihre Thätigkeit beendet, und ihre Arbciten sind zusammengestellt worden. Auf den 26. März ist die Gesammt heit der Kommission cinberufen worden, um die Resultate zu ver⸗ gleichen und bestimmte Vorschläge zu machen. Das ist die geschäft liche Lage. in der sich die Sache befindet. 8

Der Herr Vorredner ging weiter von der Ansicht aus, daß. wenn

an die Arbeitgeber wendete. (Zuruf des Abg. Goldschmidt⸗ Does baben Sie gesagt!) Das habe ich durchaus nicht gesagt: dann n Sie mich gänzlich mißverstanden. Ich habe nur gesagt, wenn s..h

im informieren, dann wende ich mich an die Arbeitgeber, wenl er:

sachverständige Keuntuiß zu besitzen scheinen, dann wende ich mic an

bin verschiedene Male schon, auch bei dem Herrn Kriegs⸗Minister, Bergverwaltung ist Verschiedenes gescheden wat anch der

waltungen, auf deren Gutachten ich mich stützen muß, die Möglichket

zu nehmen. Diese Arbeiterdelegirten würden nach meiner Ansicht.

es sich um sachverständige Informationen handele, ich mich ledlüch

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