1901 / 49 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Feb 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Bekanntmachung.

ASeine Majestät der König haben mittels Aller⸗ höchsten Erlasses vom 21. Februar d. J. die Einberufung des Provinzial⸗Landtages der Provinz Sachsen zum

7. März d. J. nach Magdeburg zu genehmigen geruht. Die

Eröffnung des Landtages wird an diesem Tage

1 Uhr im Rathhaussaale zu Magdeburg erfolgen. Magdeburg, den 23. Februar 1901. Der Königliche Kommissarius, Ober⸗Präsident der Provinz Sachsen. von Boetticher.

Mittags

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Februar. Das „Armee⸗Verordnungs⸗Blatt“ veröffentlicht in einer

gestern ausgegebenen Sondernummer folgende Allerhöchste

Kabinets⸗Ordre, betreffend die Anlegung von Trauer

zu Ehren des verstorbenen Generals der Kavalleri

von der Goltz, General⸗Adjutanten Seiner Majestät des

Kaisers und Königs:

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Grafen

Um das Andenken Meines verstorbenen General⸗Adjutanten, des Generals der Kavallerie Grafen von der Goltz zu ehren, welcher lange Jahre hindurch zu Meinem in Gott ruhenden Herrn Großvater in nahen Beziehungen gestanden hat, bestimme Ich hierdurch, daß die Offziere des Husaren⸗Regiments Koönig Wilhelm I. (1.2 Nr. 7, à la suite dessen der Verewigte geführt wurde, drei Tage Trauer anlegen. Außerdem hat eine Abordnung des genannten Regiments, bestehend aus dem Regiments⸗Kommandeur, einem Ritt⸗ meister und einem Leutnant, an der Beisetzung theil zu nehmen. Ich beauftrage Sie, Vorstehendes sogleich der Armee bekannt zu machen.

9

Homburg v. d. Höhe, den 23. Februar 1901.

An den Kriegs⸗Minister.

heinisches)

Wilhelm.

Die Sitzung der vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths für Handel und Verkehr, für Justizwesen, für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen hielten

heute eine Sitzung.

Der Regierungs⸗Assessor von Schultz in Frankfurt a. O. ist der Königlichen Regierung zu Liegnitz zur weiteren dienst⸗

lichen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungs⸗Assessor Dr. von Rappard in Gotha ist dem Landrath des Landkreises Essen, Regierungsbezirk Düsseldorf, zur Hilfsleistung in den landräthlichen Geschäften

zugetheilt worden.

Cronberg, 25. Februar. Seine Majestät der Kaiser traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag um 1 Uhr wieder hier ein, um an der Frühstückstafel im

Schlosse Friedrichshof theilzunehmen. Bei der

*

afel sa

Seine Majestät der König von Großbritannien und Irland zur Rechten Seiner Majestät des Kaisers, zur Linken Allerhöchstdesselben hatte Ihre Königliche Hoheit die

Prinzessin Friedrich Carl von Hessen Platz genommen:

neben

Seiner Majestät dem König saßen Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Griechenland und Seine Hoheit der Prinz Friedrich Carl von Hessen. Nach aufgehobener Tafel

bn Seine Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher noch Ihrer

Najestät der Kaiserin Friedrich einen kurzen Besuch

abgestattet hatte, um 3 ¾¼ Uhr mit dem Gene

ral⸗Adju⸗

anten, Generalleutnant von Kessel nach Homburg v. d. H.

zurück; 20 Minuten später begab sich Seine

Majestät

der König von Großbritannien und Irland mit Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin von Griechenland

und seinem

olge ebenfalls nach Homburg, um Seiner Majestät dem Kaiser einen Gegenbesuch abzustatten. Kurz vor

6 Uhr kehrte Allerhöchstderselbe hierher zurück. An der Abend⸗

tafel nahmen Seine Majestät der König mit seinem Gefolge

und der Hofstaat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich theil. Professor Renvers reiste heute Abend wieder nach

Berlin ab. Württemberg.

Die Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Königs

ist gestern im ganzen Lande festlich beg

aangen worden. In

Stuttgart hatten, wie der „Schwäb. Merk.⸗* berichtet, sämmt⸗

liche Staats⸗, Königlichen und städtischen Gebäude, sowie zahl⸗ reiche Privathäuser zur Feier des Tages reichen Flaggenschmuck gleichzeitig

angelegt. Um 8 Uhr früh fand Foses Wecken statt: a

ertönte das Geläut der Glocken

Schloßgarten aufgestellte Batterie einen Salut ab. fand in allen Kirchen Gottesdienst und dann in der Gewerbe⸗ balle große Parole⸗Ausgabe statt, bei wel der 9— auf Seine

leutmnant von Neidhardt ein dreifaches Rajestät den König ausbrachte. STachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Die erste Session des XXIX Beim.

Minister Fes Rothe in Weimar eröffnet worden.

* berichtet, am Sonntag durch den

er Kirchen und feuerte eine im

Spater

tages ist, wie die

= Staats⸗ 9

*

ETreiherr von Rotenhan wurde zum Präsidenten, . Schöͤnemann zum ersten und der Abg. Müller zum zweiten

Vize⸗Präsidenten gewählt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht, wie „W.

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meldet, ein Kaiserliches Handschreiben an den Erz⸗ herzog Franz Ferdinand, in welchem Höchstdemselben die

vollste Anerkennung und der wärmste Dank

Kaisers

die Uebernahme des Protektorats über die Betheiligung österreichischen Länder an der Pariser Weltausstellun

Förderung des patriotischen

Produktion ausgesprochen wird. Ein weiteres schreiben des Kaisers an den Minister⸗Präsidenten von Koerber drückt der Oberleitung der österreichischen Aus⸗

stellung und sämmtlichen Funktionären das

Handels⸗Minister und dessen Vorgän chließlich sämmtlichen Ministern, welche mit ihren

und die

bewerbs der einheimischen

Hand⸗

vollste Lob,

8 sowie Zirkungs⸗

kreisen an den Auosstellungsarbeiten betheiligt waren, lobende WBW v

Anerkennung auzg.

Großbritaͤnnien und Irland.

Dem Unterhause ist gestern, wie „W. T. B.“ meldet, eine Vorlage, betreffend einen Nachtragskredit von 1 018 731 Pfund S ter Hsg zur Bestreitung weiterer Staats⸗ ausgaben bis zum 31. März d. J., zugegangen. Von diesem Betrage sind 20 000 Pfund Sterling für die Kosten der Reise des Herzogs und der Herzogin von Cornwall Sund York in die Kolonien vorgesehen.

Ueber den Verlauf der gestrigen Sitzung des Unter⸗ ha uses berichtet „W. T. B.“:

Der Unter⸗Staatssekretär des Aeußern Lord Cranbourne er⸗ widerte auf eine Anfrage, daß es dem Parlament unbenommen sei, jederzeit, ohne Benachrichtigung an die Regierungen, welche an der Brüsseler Konferenz theilgenommen haben, einen Zoll auf Zucker zu legen, da die britischen Vertreter ihrer Regierung volle Freiheit des Handelns gewahrt hätten. Der Staatssekretär für Indien Lord Hamilton erklärte, der General Gaselee habe berichtet, die Haltung und Mannszucht der indischen Truppen in China seien ausgezeichnet. Nach der Befreiung der Gesandtschaften sei es den britischen Truppen ver⸗ boten worden zu plündern, und strenge Maßregeln seien getroffen worden, um diesem Befehle Nachdruck zu geben. Gewisse Werth⸗ sachen, die der chinesischen Regierung gehörten und die in de Sommerpalast zurückgelassen worden seien, befänden sich gegenwärtig in Händen der britischen Behörden. Der General Gaselee sei instruiert worden, diese Werthsachen zur Rückerstattung aufzubewahren, sobald der Friede geschlossen sei. Afhmead Bartlett fragte an, ob das russisch⸗chinesische Abkommen bezüglich der Mandschurei Be⸗ stimmungen darüber enthalte, daß der dortige chinesische General seine Truppen auflösen und alles Kriegsmaterial den russischen Militärbehörden ausliefern solle, daß ein russischer Resident, ausgerüstet mit aller Vollmacht zur Oberaufsicht, in Mukden seinen Wohnsitz aufschlagen solle, daß das Zollwesen in der Mandschurei Rußland unterstellt werden solle, daß keiner anderen Macht daselbst eine Handels⸗Konzession ein⸗ geräumt werden solle, und daß dem Ausbau der transsibirischen Bahn durch die Mandschurei kein Widerstand entgegengesetzt werden dürfe. Der Unter⸗Staatssekretär des Aeußern Lord Cranbourne erwiderte, die Regierung habe keine amtliche Kenntniß von den Bestimmungen des erwähnten Abkommens. Aus den Informationen, welche die Re⸗ gierung besitze, gehe hervor, daß das Abkommen die meisten der an⸗ 9 8 akter hätten; darüber seien dem britischen Botschafter in St. Petersburg von seiten der russischen Regierung mündliche Ver⸗ sicherungen gegeben worden. Ashmead Bartlett fragte weiter an, ob durch ein formelles schriftliches Dokument nicht mehr Sicherheit würde geboten werden, erhielt aber keine Antwort auf seine Anfrage. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain theilte mit, die Lage der niederländischen Bahn in Transvaal werde von der Kommission unter⸗ sucht, welche zur Prüfung der von der Transvaalregierung ertheilten Konzessionen eingesetzt worden sei. Bis der Bericht dieser Kommission vorliege und berathen sei, könne über diesen Punkt keine Mittheilung gemacht werden. Das Haus setzte sodann die Debatte über die Adresse fort. Lambert brachte einen Antrag ein, der die Ver⸗ öffentlichung der Verhandlungen der wegen der Uebergabe von Truppen in Süd⸗Afrika eingesetzten Untersuchungsgerichte verlangt. Der Staatssekretär des Kriegsamts Brodrick sagte, zweifellos habe das Land mit großem Bedauern die Uebergabe 12. Truppenkörper wahrgenommen. Es seien wegen 20 verschiedener Operationen 99 gerichtliche Untersuchungen vorgenommen worden; 10 Offiziere seien entlassen oder pensioniert worden, und in anderen Fällen ien ebenfalls die Schuldigen bestraft worden. Indessen zweifle „ob die Veröffentlichung der Verhandlungen militärisch vortheil⸗ ft sein würde. Lord Roberts habe empfohlen, wenn das Unter⸗ uchungsgericht einen klar erwiesenen Fall gegen einen Offtzier fest⸗ gestellt habe, solle derselbe vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Dis Regierung erkenne die Verpflichtung an, eine allgemeine Unterfuchund über den ganzen Krieg abzuhalten, wenn eine solche gewünscht werde, dieselbe könne aber nicht abgehalten werden, ehe der Krieg dem Wesen nach seinen Abschluß erreicht habe. Es könne aber noch nicht gesagt werden, daß der Krieg diesen Abschluß erreicht habe. Kein Offizier, welchen Dienstgrad er auch bekleide, werde, wenn er schuldig hefunden worden sei, nach seiner Rückkehr von Süd⸗Afrika wieder angestellt werden, es müßte denn eine direkte Empfehlung von dem General Kitchener oder dem Feldmarschall Roberts für ihn sprechen. Die Regierung sei entschlossen, gegen diese Vergehen scharf vorzugehen. Wenn aber eine rasche Bestrafung der Schuldigen eintrete, so werde ebenso eine prompte Belohnung der in diesem Kriege erworbenen Ver⸗ dienste eintreten. Die in dem Kriege gewonnene Erfahrung müsse zu großen Reformen in der Organisation und Ausbildung des Heeres führen. Nach weiterer Debatte Lambert schließlich seinen Antrag

Fruankreich. X“

Der Ministerpräsident Waldeck⸗Rousseau, welcher der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beiwohnte, wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, beim Betreten des Saales von den Abgeordneten der Linken mit Beifall begrüßt. Die Kammer berieth zunächst das Budget und lehnte die vom Senat bei dem Kapitel „Appellhöfe“ beschlossenen Aenderungen mit 510 gegen 20 Stimmen ab. Darauf wurde das gesammte Budget mit 469 gegen 43 Stimmen angenommen. So⸗

a nahm die Kammer die Berathung des Vereins⸗ gelszes wieder auf. Nach verschiedenen Bemerkungen des dinister⸗Präsidenten Waldeck⸗Rousseau, Ribot s und Brisson's wurde Artikel 9, welcher von der Vertheilung des Vermögens im Fall der Auflösung von Vereinen handelt, einer Kommission uͤberwiesen und die Sitzung sodann geschlossen.

Der Senat nahm das Budget in der von der Deputirten⸗ kammer beschlossenen Fassung an. Damit ist das 1901 endgültig genehmigt. Der Senator Guérin fr gr welche Maßregeln die Regierung zu treffen gedenke, um die Interessen und Rechte der Inhaber der äußeren portugiesischen Schuld zu wahren. Der Minister des Aeußern Delcassé erinnerte in seiner Erwiderung daran, unter welchen Umständen die französischen Gläubiger Portugals eines Theiles der ihnen e Einnahmen willkürlich beraubt worden seien.

ie im Widersp mit allen Gepflogenheiten getroffenen

eführten Bestimmungen enthalte, daß dieselben aber einen provisorischen Char

8 —.,— 892

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Maßnahmen hötten sehr lebhafte und sehr berechtigte Proteste habe energische

orgerufen. Die französische Regi 8 hen an Portugal Frichtet dazu ten, Verhandlungen zu cröffnen. Der Minister ging s nn auf den Vorschlag eines Coavenio ein und bedauerte, daß ein solcher Akt, welcher für die französischen Gläubiger einen Schritt zu ihrer Befriedigung bedeutet haben 2 icht ratifisiert worden sei. Das gegenwärtige portugiesis⸗ Kabinet sabe wider alles Erwarten beschlossen, der Angel t keine Folge zu geben. Diese unerwartete und schwer eifliche Haltung habe eine peinliche Erregung in Deutschland, England, Belgien und Fraakreich hervor⸗

erufen. Frankreich habe gleich den anderen Ländern sich in

eehr scharfen Ausdrücken beschwert. Es sei ihm darauf ge⸗

antwortet worden, Portugal bedauere aufrichtig, daß es dem

Seo. 29. geben können, 2 aber * nanzielle Lage ihm dies gegenwärtig zur icht acht heer Gleichzeitig habe die portugiesische Regierung e⸗

stehen gegeben, baß wenn in nächster Zeit die sinanzielle

Lage des Landes sich gebessert haben sollte, die Verhan lungen wieder aufgenommen werden könnten. Der Minist

d⸗

setzte dann auseinander, welche Schritte weiter gethan und welche Anstrengungen gemacht worden seien, um die Interessen der französischen Gläubiger sicherzustellen, und erklärte, er werde niemals zulassen, daß denselben ein neuer Nachtheil erwachs Er nehme im Gegentheil an, daß er bei Portugal eine Zurücknahme der bis jetzt getroffenen, auf eine Be⸗ einträchtigung der Gläubiger hinauslaufenden Maßnahmen durchsetzen werde. In Lissabon sei es allgemein be⸗ kannt, daß er Mittel in den Händen habe, um si Gehör zu verschaffen, und daß er nicht zögern werde, nöthigen⸗ falls von solchen Gebrauch zu machen. Der Senator Guérin dankte dem Minister, beklagte es, daß Portugal nicht darauf eingegangen sei, seine Finanzen einer auswärtigen Kontrole zu unterwerfen, und brachte darauf eine Tages⸗ ordnung ein, welche besagt: der Senat vertraut, daß die Regierung mit Energie das Interesse des in Portugal an⸗ gelegten französischen Kapitals wahren werde, und geht zur Tagesordnung uͤber. Diese Tagesordnung wurde angenommen. Der Radikale Pourquéry de Boisserin hat in der Deputirtenkammer einen Antrag eingebracht, wonach der Dienst im aktiven Heere zwei, in der Reserve acht und in der Landwehr sechs Jahre dauern soll. In Friedenszeiten sollen die Soldaten nach einjährigem Dienst beurlaubt werden; die⸗ jenigen, welche mit 27 Jahren noch nicht verheirathet sind, sollen zur Ableistung des zweiten Dienstjahres einberufen werden. Freiwillig weiterdienende Soldaten sollen nach sieben Jahren ein Recht auf Zivilanstellung haben und nach zehn Jahren eine Pension von 200 bis 350 Francs erhalten.

Rußland.

Der deutsche Botschafter Graf von Alvensleben ist,

wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, mit seiner Gemahlin heute in-St. Petersburg eingetroffen und auf dem Bahnhofe von den Herren und Damen der Botschaft und des Konsulats empfangen worden. Der preußische General der Infanterie

von Werder ist gestern in St. Petersburg angekommen und

im Winterpalais abgestiegen. Italien.

Der Papst empfing, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern den preußischen Gesandten beim Päpstlichen Stuhl Freiherrn von Rotenhan, welcher ihm seine Glückwünsche zum Jahres⸗ tage semer Krönung aussprach.

Spanien.

Im dem gestern abgehaltenen Ministerrath gab, wie „W. T. B.“ meldet, der Minister⸗Präsident Azcarraga einen Ueberblick über die politische Lage und erklärte, bei der Er⸗ öffnung des Parlaments werde es einen harten Kampf geben. Die Minister haben bereits ihre Entlassung gegeben, Azcarraga wird das Entlassungsgesuch heute der Königin⸗

Regentin überreichen. 11““ 8

8 8 Portugal. 8 1“ „Einer in Madrid eingetroffenen Depesche aus Oporto zufolge dauern dort, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, die

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antiklerikalen Kundgebungen fort. Die Polizei zer⸗ streute verschiedene Gruppen von Manifestanten und nahm

vier Verhaftungen vor. Rumänien. Die Deputirtenkammerlehnte gestern, wie, erichtet, nach einer stürmischen Debatte mit gegen 74 Stimmen ein von dem Abg. Hiotu beantragtes Ver⸗ trauensvotum für die Finanzpolitik der Regierung ab. Der Antrag war gestellt worden, nachdem der Minister⸗

Präsident Carp erklärt hatte, daß eine Verständigung der

Regierung mit dem Delegirten⸗Comité der Kammer in Bezug auf die Steuerfrage nicht erzielt worden sei.

Amerika.

Wie die „Times“ aus Ottawa meldet, hat das Unter⸗ haus gestern mit 59 gegen 50 Stimmen den Antrag der Regierung angenommen, die Debatte über die Frage der Ge⸗ währung von Prämien an die Rübenzucker⸗Industrie zu ver⸗ tagen.

Dem „W. T. B.“ wird aus Washington gemeldet,

daß das Repräsentantenhaus gestern im Einklang mit dem Senat die im Marine⸗Etat vorgesehenen Posten, betreffend den Bau von zwei Schlachtschiffen und zwei Kreuzern, gestrichen habe. 1“

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Asien. ..“

üi 2 e“ I11“ Dem „Standard“ wird aus Schanghai vom 25. d. M. telegraphiert: Nach glaubwürdigen Meldungen aus Singanfu 8

sind die Prinzen Tuan und Tschuang sowie der Herzog

Lan und der General Tungfuhsiang nach Ningsia, eiwa

300 Meilen nordwestlich von Singanfu und 10 Tagereisen von Lantschaufu, geflüchtet.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird, dem „W. T. B.“ zu⸗ 19;, aus St. Petersburg vom gestrigen Tage gemeldet: In der südlichen Mandschurei find wiederum Wirren ausgebrochen; es zeigen sich Sendlinge von Borer⸗Vereinen, denen sich nesch⸗ Marodeure und Soldaten, die von den regulären chinesischen Truppen desertierten, anschließen. Außer der sogenannten Schutzwache, der seit kurzem die Uniform des Grenzwach⸗Korps verliehen wurde, verbleiben bis auf weiteres als ständige Besatzung in der Mandschurei: 4 ostsibir sche Infanterie⸗Regimenter, 2 Bataillone Festungs⸗Artillerie, 3 ostsibirische Feld⸗Artillerie⸗ Abtheilungen, 1 Reiter⸗Division, 1 Sappeur Kompagnie Den Oberbefehl über die russische Truppenmacht in der andschurei übernimmt der General Lenewitsch. Der Stab wird von

ikolsk nach Ninguta, also weit nach Süden in der Mandschurei verlegt. „F11“

n ö.

8 Das „Reuter sche g 2 vê2 Marques vom gestrigen Tage: vortugiesische Transvport⸗ schiff „Benguella“ werde heute mit 6292 urenflüchtlingen, welche sich Portugiesen bei Komatipoort im letzten Sep⸗ tember heben hätten, nach Lissabon in See gehen. Es befänden sich unter diesen Fluͤchtlingen der General Vienaar und die Kommandanten Devilliers und Kock. Alle seien ledig. Mit den verheiratheten Männern, ihren Frauen und Ki werde das Transportschiff „Zaire“ ungefähr am 6. März abgehen. Der Unterhalt während ihres Auf auf perhspiefischen koste der portu⸗ giesischen Regierung 80 Millionen Reis. Fünf holländische Spione, die versucht hätten, durch die britischen Linien zu ge⸗ langen, seien an der ftet worden. Sie

sich jetzt in Lourengo Marques im Gefängniß

würden sich mehren, wenn er genauer erführe, was er vor si

Aus Pretoria vom 25. d. M. erfährt dasselbe Bureau,

daß Botha mit 2000 Mann dem ihn verfolgenden General

French in der Richtung auf Komatipoort entkommen sei. ³. Das „Reuter sche Bureau“ meldet ferner aus De Aar vom gestrigen Tage, daß de Wet und der Präsident Steijn vorgestern auf ihrem Rückzuge die Eisenbahn zwischen Krankuil und Orange River Station überschritten hätten. Das Wasser des Flusses sei am 24. d. M. um 5 Fuß gestiegen; den eingegangenen Berichten zufolge gehe noch heftiger Regen nieder, was, wie man glaube, dem Feinde das Ueber⸗ schreiten des Flusses unmöglich mache. Der Feind werde dicht von der berittenen Infanterie des Obersten Thorneycroft verfolgt. Verschiedene andere Kolonnen seien auf dem Marsche gegen de Wet.

Der „Daily Telegraph“ meldet aus De Aar, daß de Wet sich gestern dicht bei Petrusville befunden habe. Die britischen Truppen bildeten von Orange River Station bis Norvalspoint einen Kordon.

Parlamentarische Nachrichten.

Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗

und des Hauses der Abgeordneten befinden sich

in der Dritten Beilage. In der heutigen (56.) Sitzung des Reichstages, her der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Reichs⸗

haushalts⸗Etats für 1901 bei dem Etat für die Ver⸗

waltung des Reichsheeres, und zwar bei dem Titel „Gehalt des Kriegs⸗Ministers“ fortgesetztt. 1

Den Bericht der Budgetkommission erstattete der Abg. Graf von Roon (d. kons.). Nach ihm nahm bei Schluß des Blattes der Abg. Gröber (Zentr.) das Wort.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (36.) Sitzung, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen beiwohnte, die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1901 im Etat der Eisenbahn⸗ verwaltung bei den dauernden Ausgaben fort.

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Funck (fr. Volksp.), Dr. Böttinger (nl.), Goldschmidt (fr. Volksp.), der Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen und der Ministerial⸗Direktor Wehr⸗ mann.

Kunst und Wissenschaft.

Der Forschungsreisende Gentil ist, einer Meldung des „W. T. B.“

aus Bordeaux zufolge, vom Congo kommend, gestern Vormittag in

auillac eingetroffen und bei der Ankunft im Namen des französischen

Kinisters der Kolonien und der Geographischen Gesellschaft begrüßt

worden. Gentil, welcher sich einer ausgezeichneten Gesundheit er⸗

freut, erwiderte dankend auf die von den Vertretern des Ministers und der Gesellschaft gehaltenen Begrüßungsansprachen.

Technik.

ie Wildenschaft der Technischen Hochschule z

itdem sie sich in verschiedene Abtheilungen organisiert

äußerst thätig und auch in ihrer Thätigkeit erfolgreich.

. ihrer Abtheilung für Scozialwissenschaft hielt vor wenigen ochen, bei der ersten Jahresfeier, der Geheime Regierungs⸗ rath Professor Riedler einen geistvollen Vortrag über „Volks⸗ wirthschaftliche Wirkungen und Aufgaben der Technik“, und zur Zeit hat die Abtheilung für Amateurphotographie in der Aula der Hochschule eine höchst sehenswerthe Ausstellung solcher hotographien veranstaltet. Mit der 533 Nummern umfassenden sstellung ist eine Preisvertheilung verbunden, an der laut Pro⸗ gramm nur Studierende und Heospitanten der Hochschule theil⸗ nehmen. Das Preisrichteramt haben einschließlich des derzeitigen Rektors, Geheimen Bauraths, Professor Wolff sieben Lehrer an der Technischen Hochschule übernommen, während die kostbaren Preise, u. a. ein Vergrößerungsapparat mit Spiritusglühlicht und ein Doppelanastigmat ꝛc., von zahlreichen Gönnern und Förderern, darunter die ersten optischen Institute und Hersteller photographischer Apparate, gestiftet worden sind. Die Ausstellung ist nach über⸗ einstimmender Ansicht der Kenner ein schoöner Erfolg. Ohne Anspruch an eine erschöpfende Aufzählung aller verdienstlichen Leistungen möchten wir folgende Bilder hervorheben, die, oweit sie im Wettbewerb beieitigt sind, natürlich nicht den amen des Ausstellers, sondern nur ein Kennwort tragen: Nr. 2 „Waldweg“ Nr. 29 „Vespervause“, Nr. 39 „Erntezeit“, Nr. 55 Rügen, Strand“, Nr. 62 „Erntefuhrwerk“, Nr. 76 „Villa am Wasser“ Nr. 86 „Burgruine“, Nr. 100 „Waldlichtung“, Nr. 119 „Am Bach“, Nr. 125 „Frühling in Werder“, Nr. 127 „Winter“, Nr. 141 Mondlandschaft bei Templin“, Nr. 166 „Thauwetter im Park von Schönhausen“ Nr. 199 „Marmolata (Gletscherbild), Nr. 202 und 207 „Bilder aus Westfalen“, Nr. 375 „Ernte“, Nr. 409 „Aus des heiligen römischen Reiches Streusandbüchse“, Nr. 443 „Erlen“, Nr. 458 Morgenfrieden⸗, Nr. 517 „Herbstmorgen“, Nr. 537 „Mauerblümchen“. Wie aus Vorstehendem ersichtlich, sind die Landschaftsbilder am stärksten vertreten. Auch Kennworte, wie „Von de Waterkant“, zSpreewald“, Mondlicht“, Natur und Geist“, „Schön ist, Mutter Natur Deiner Erfindungen Pracht!“ lassen darauf schließen, daß die Landschaft und nächst ihr die Reize der ruhenden und bewegten, im Sonnenschein oder Mondschimmer erglänzenden See von den jungen Amateuren mit Vorliebe für die Aufnahme gewählt werden. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß auch zwei der Lehrer an der

Technischen Hochschule, die Professoren Dr. Miethe und Dietrich natürlich außer Wettbewerb mit vorzüglichen Photographien an der usstellung betheiligt sind. Leider tragen nicht alle von den Studierenden ausgestellten Landschafts⸗, Städte⸗ und Architekturbilder die Be⸗ eichnung dessen, was sie darstellen. Sammelnamen wie „Thüringen“, Pechweiz. können dem Beschauer nicht genügen; sein Genuß und sein 1n h hat.

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Handel un Gewerbe

.In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank wurde zunächst die neue Wochenübersicht vom 23. d. M. vorgetragen. Im Anschluß daran bemerkte der Vorsitzende, Präfident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirkliche eheime Rath Dr. Koch, daß die Lage der Reichsbank sich seit der letzten Sitzung vom 19. d. M. wesentlich nbessert habe. Die Anlagen seien um 48 Millionen ark gefallen, während dies im Jahre 1900 nur um 11 Millionen, im Jahre 1398 nur um 10 Millionen ge⸗ schehen sei und im Jahre 1800 sich Seeaesse⸗ Steigerung um

8

26 Millionen gezeigt habe. Das Metall sei um 23 Millionen gegen nur 16 im Vorjahre, 7 im Jahre 1899 vermehrt, die steuerfreie Notenreserve um 54 Millionen gegen 27 bezw. 47 in den beiden Vorjahren. Der Privat⸗ diskont bleibe niedrig, nämlich 3 ⅞, obschon die Reichs⸗ bank einen nicht unerheblichen Betrag von Reichsschatz⸗ anweisungen an der Börse begeben habe. Die Anspannung am Schlusse des laufenden Monats werde voraussichtlich nicht sehr beträchtlich sein. Es erscheine danach jetzt zulässig, mit einer Diskontherabsetzung vorzugehen, zumal auch die Bank von England ihren Diskont abermals um ein halbes Prozent ermäßigt habe. Indessen sei immerhin Vorsicht geboten, denn die fremden Wechselkurse seien keineswegs niedrig, im Gegen⸗ theil am 23. d. M. eine Kleinigkeit gestiegen. Auch sei die Anlage noch immer 58 Millionen höher als im Vorjahre, 159 Millionen höher als 1899, und ein Geldbedarf des Reichs werde vielleicht von neuem hervortreten. Das Direktorium beabsichtige daher nur eine Ermäßigung um ein halbes Prozent. Nach kurzer Diskussion erklärte sich der Zentralausschuß mit der Herabsetzung des Diskonts auf vier ein halb, des Lombardzinsfußes auf fünf ein halb Prozent einstimmig einverstanden. Nachdem noch einige Gattungen von Schuldverschreibungen zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen worden waren, wurde die Sitzung geschlossen.

Rach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 23. Februar 1901 betrug der gesammte Kassenbestand 947 257 000 (1900: 894 462 000, 1899: 942 541 000) ℳ, d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 19 243 000 (1900 + 11 575 000, 1899 + 24 948 000) Der Metallbestand von 913 037 000 (1900: 857 958 00), 1859: 906 945 000) allein hat zugenommen um 23 649 000 (1900 + 16 160 000, 1899 + 28 663 000)0 Der Bestand an Wechseln von 675 029 000 (1900: 680 738 000, 1899: 580 316 000) zeigt eine Abnahme um 25 099 000 (1900 2 549 000, 1899 + 34 161 000) und der Bestand an Lombardforderungen mit 60 609 000 (1900: 72 608 000, 1899: 72 103 000) einen Rückgang um 6 144 000 (1900 7 200 000, 1899 8 083 000) Auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also eine Verminderung um 31 243 000 (1900 9 749 000, 1899 + 26 078 000) erfolgt. Die Position „Sonstige Aktiva“ weist eine Zunahme von 1 969 000 nach. Auf passiver Seite ist der Be⸗ trag der umlaufenden Noten mit 1 047 446 000 (1900: 1 006 052 000, 1899: 1 013 068 000) der Vorwoche gegenüber zurückgegangen um 35 147 000 (1900 16 204 000, 1899 22 037 000) ℳ, und die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) erscheinen mit 560 692 000 (1900: 518 460 000, 1899: 503 623 000) höher um 10 121 000 (1900 + 23 414 000, 1899 + 81 888 000)

(Weitere Nachrichten über Handel und Gewerbe“ s. i. d. Vierten 8 i. * * Beil 9 . Del age.)

Theater und Musik. Theater des Westens.

Als letzte der in Aussicht genommenen Neuheiten des Parif er

Operetten⸗Ensembles ging am Sonnabend v. W. „La demoiselle de chez Maxim“ von Gardel⸗Hervé in Scene, eine Parodie auf den von seinen zahlreichen Aufführungen im hiesigen Residenz⸗Theater her genugsam bekannten Schwank „Die Dame von Maxim“, dessen Original nicht minder oft auch in Paris gegeben worden ist, und zum Schluß das einaktige Lustspiel „Le Klophte“ von Abraham Dreyfus. Das erstgenannte Stück lehnt sich in⸗ sofern an sein Vorbild an, als es die handelnden Personen stets in Lagen versetzt, welche denen des letzteren entgegengesetzt sind, und so ein Durcheinander schafft, dessen Einzelheiten der komischen Wirkung zwar nicht entbehren, aber hinter der des Originals doch etwas zurückbleiben. Durch besonders kecke und dabei dennoch graziöse Gestaltung der Titel⸗ rolle zeichnete sich namentlich Mlle. Marçay aus, welche hier im Gegensatz zu der „Crevette“ des Originals „Grenonille“ genannt war. Ihr Partner, Mr. Landrin löste seine Aufgabe gleichfalls recht befriedigend. Dasselbe gilt auch von den anderen, bereits von den bis⸗ herigen Gastspielabenden als tüchtige schauspielerische Kräfte bekannten Vertretern der Hauptrollen, den Damen Lacombe, Doré und Magali, sowie den Herren Debrav, Moret, Bourster, Andrès,. Morreaur und Prad, welche auch sammt den übrigen Mitwirkenden ein flottes Zu⸗ sammenspiel boten. Mlle. Méaly trat diesmal nur während des Schloßfestes im zweiten Akt auf, wo sie mehrere in ihrer charakteristischen Art vorgetragene Gesangseinlagen bot und wie immer stürmischen Beifall erntete. Auch Mr. Samarv trug bei derselben Gelegenheit einige belustigende Humoresken vor und erzielte mit deren gewandter Wiedergabe reichen Applaus.

In dem darauffolgenden Einakter befanden sich die mit den Damen Margçay und Magali sowie den Herren Samary, Prad und Morreauxr besetzten Rollen gleichfalls in den besten Händen, und das gut besetzte Haus zollte der Darstellung ebenso warme An⸗ erkennung wie dem im frischen Plauderton geschriebenen Stück, g⸗ Inhalt in recht geschickt aufgebauten, sich zwischen zwei Pärchen abspielenden Zank⸗ und Versöhnungsscenen gipfelte. Füemlic zog sich infolge dieser Zugabe die Vorstellung wiederum allzusehr in die Länge.

Konzerte.

Am Montag voriger Woche gaben Fräulein Gertrud Zinnow (Gesang) und Herr Max Menge (Violine) gemeinsam ein Konzert im Saal Bechstein. Sie leisten beide recht Lüchtiges und lassen, in Anbetracht ihres noch jugendlichen Alters, noch Besseres für später erhoffen, sobald sie zu einer noch reiferen Auffassung vorgedrungen sein werden. eer Mangel der letzteren zeigte sich namentlich in den Vorträgen des Herrn Menge. Bei aller Anerkennung der saubern Technik und seines natürlichen, warmen Empfindens macht sein Spiel doch keinen voll befriedigenden Eindruck. Recht lobenswerth spielte er indessen die Chaconne von Bach. Fräulein Zinnow hat einen recht umfangreichen, wohlklingenden und gut gebildeten Mezzosopran, sie forciert nur zuweilen die tiefen Töne ein wenig. Mit einer Arie aus „Samson und Dalila“ von Saint⸗ Sauns und dem reizvollen „Willst Du Dein Herz mir schenken“ von Bach erntete sie besonders reichen Beifall.

In demselben Saal gab am Dienstag das „Holländische Trio“ der Herren Bos, van Veen und van Lier sein viertes und letztes Konzert, welches als „Slavischer Abend“ bezeichnet war. Den Anfang bildete das Trio 616giaque in D-moll (op. 9) von S. Rach⸗ maninoff, dem Andenken P. Tschalkowski's gewidmet, das in Berlin zum ersten Mal aufgeführt wurde. Das hochinteressante Werk, welches technisch an die drei Instrumente, namentlich an das Klaypier, bedeutende Anforderungen stellt, enthält eine eigenartige, leiden⸗ schaftliche Musik, voll kühnster Harmonie und ohne strenge Innehaltung gebräuchlicher Formen oder theoretischer Gesetze, ist aber trotzdem, oder vielleicht gerade infolge dessen, recht wirkungsvoll. Die Gedanken⸗

ülle, Erfindungskraft und das tonsetzerische Können des Komponisten ind bewundernswerth, und einen geraädezu ergreifenden Eindruck macht ie Trauermelodie zu Anfang und Ende des großzügig angelegten Trios. Die Wiedergabe desselben war voll Schwung und tiefem Empfinden. Alsdann folgt das „Dumky’⸗Trio in Eemoll (op. 90) von Anton Dvoruük, sowie das schöne Cis-moll-Trio (0p. 100) von Pbälice Scharwenka. Das leider nur kleine Auditorium zollte den arbietungen der trefflichen Künstler reichen Beifall.

Den mannigfachen, den Manen Verdis's gewidmeten früheren Veranstaltungen schloß sich am Mittwoch eine Gedächtnißfeier des Philharmonischen Hrchesters in der Philharmonie an.

1 1 Diese berlief in der würdigsten Weise, und das ausverkaufte Haus gab Zeugniß von der allgemeinen Antheilnahme und Verehrung, die man dem dabhingeschiedenen Meister und seinen Werken zollt. Nach dem vom Orchester vorgetragenen Trauermarsch aus Beethoven’s Symphonie „Eroica“ hielt Herr Professor Dr. Reimann eine Ge⸗ dächtnißrede ähnlichen Inhalts und von gleich nachhaltigem Eindruck, wie die unlängst in der Sing⸗Akademie gehörte, deren bei dieser Gelegenheit hier bereits Erwähnung geschehen ist. Das Orchester bot

demnächst die Bearbeitung eines Bach'schen Präludiums, eines Chorals

und einer Fuge, und dann ausschließlich Verdi'sche Musik: das Vor⸗ spiel zu „Alda' und die Begleitung zu den Gefängen der Solisten, der Damen Hedwig Kaufmann und Hilda Salomon sowie des Herrn Gustav Friedrich. Ihre Leistungen waren durchweg vortrefflich und fanden, wie überhaupt die ganze Veranstaltung, reichen Beifall. In der Sing⸗Akademie gab an demselben Abend ein Gesangs⸗ Terzett, bestehend aus den Damen Ellen Förnsen (Sopran), Elise Graziani (Mezzosopran) und Margarete Heilbron (Alt), unter Mitwirkung des Violinisten Herrn Issay Barmas ein Konzert, zu welchem sich ein ziemlich großer Zuhörerkreis versammelt hatte. Die einzelnen Stimmen des Terzetts harmonierten zwar gut miteinander, doch beeinträchtigte eine Allen gemeinsame Neigung zum Tremolieren einigermaßen die Rein⸗ heit der Intonation. Im übrigen zeigten sich die Damen als musikalisch gut beanlagte Sängerinnen, welche mit ihren nur mäßigen Stimmmitteln gut hauszuhalten verstanden. Ihr Vortrag würde freilich genußreicher sein, wenn er noch etwas sorgfältiger aus⸗ gearbeitet wäre. Doch gefielen ihre Darbietungen dem Publikum so gut, daß sie sich zu einer Zugabe verstehen mußten, welche auch dem mitwirkenden Geiger, dessen künstlerisches Können bereits unlängst eingehender gewürdigt worden ist, nicht erspart blieb. Ebenfalls am Mittwoch fand im Beethoven⸗Saal ein Konzert des Ehepaars Sigrid Sundgrén⸗Schnéevoigt (Klavier) und Georg Schnsevoigt (Violoncello) statt. Das Programm enthielt Beethoven’'s Sonate op. 102 Nr. 2 (D-dur) für Pianoforte und Violoncello, ferner Werke von Chopin, Tschafkowski, Sibelius und Liszt. Herr Schnéevoigt zeigte sich auf seinem Instrument als der hervorragende Künstler, als welcher er bereits hier bekannt ist. Sein Ton ist äußerst wohlklingend, gesangreich und ausgiebig, die Technik von großer Sicherheit. Seine Gattin begleitete mit feinem Verständniß und zeigte auch in ihren Solovorträgen viel musikalisches Empfinden. Sie verfügt zwar über einen weichen Anschlag und gute Fingerfertigkeit, aber es mangelt ihr zuweilen die erforderliche physische Kraft. Die Sonate Nr. 6 in A-dur von Boccherini für Klavier und Violoncello, desgleichen die „Allemande“ von Corelli wurde von dem nicht in sehr großer Zahl erschienenen Publikum besonders dankbar aufgenommen.

Im Saal Bechstein konzertierten an diesem Tage die Damen Amalie Gimkiewicz (Gesang) und Fanni Merten (Klavier). Die erstgenannte ließ wegen einer Indisposition um Nachsicht bitten und vermochte daher auch nicht ihre Altstimme und den erstrebten Ausdruckk im Vortrag ganz zur Geltung zu bringen, machte aber ungeachtet dessen mit ihren Dar⸗ bietungen sonst einen recht sympathischen Eindruck. Fräulein Merten bekundet in ihrem Klavierspiel zwar fleißiges Vorstudium und hat es auch bereits zu nennenswerther Geläufigkeit bei kräftigem und dabei doch angenehmem Anschlag gebracht, ihrem Vortrag mangelt es aber an Temperament und künstlerischer Reife.

Herr Emil Fischer, dessen musikalisches Können bereits bei dem von ihm am 31. v. M. mit Frau Lilli Lehmann gemeinsam veran⸗ stalteten Konzert gebührend gewürdigt worden ist, gab am Donnerstag im Beethoven⸗Saal einen recht genußreichen Lieder⸗Abend. Wiederum errang er bei dem Vortrag Löwe'scher Balladen den größten Beifall der zahlreichen Zuhörerschaft, wenn es auch freilich diesmal scheinen wollte, als fehle dem Sänger bisweilen ein tieferes Charakterisierungsvermögen und die wünschenswerthe Innerlichkeit. Der Gesammteindruck war jedoch ein gleich guter wie der frühere. Einen gewandten Begleiter hatte er in Herrn Reinhold L. Hermann, der bei einigen Solovorträgen indessen allzusehr das Virtuosenhafte betonte und auch hinsichtlich technischer Einzelheiten nicht durchweg befriedigen konnte. Frau Irma Saenger⸗Sethe bewies wiederum in ihrem an dem⸗ selben Tage in der Sing⸗Akademie mit dem Philharm onischen Orchester unter Herrn Rebisek's Leitung gegebenen Konzerte, daß sie unter den in jüngster Zeit bekannt gewordenen Geigerinnen eine der bedeutendsten ist. Sie spielte das selten gehörte Es-dur- Konzert von Mozart, das Konzert in D-dur (op. 35) von Tschalkowski und das in A-moll (Nr. 5 op. 37) von Vieuxtemps. Das Fesselnde an ihrem Spiel ist weniger die Tonschönheit, die noch gewinnen könnte, als der aus ihm sprechende musikalische Sinn und das hinreißende Temperament. Ihr Erfolg war daher ein wohlverdienter. Gleichfalls am Donnerstag veranstaltete im Saal Bechstein Herr Arthur Hochmann einen Klavier⸗Abend, welcher nur schwach be sucht war. Die Aufstellung des Programms verrieth viel Geschick, weniger aber die Durchführung desselben. Der Anschlag war infolge des jugendlichen Ungestüms des Pianisten bisweilen noch etwas hart, der Ton stellenweise trocken und spröde, und nur die technische Seite des Spiels vermochte das Publikum zu lebhafterem Beifall hinzureißen. Auch als Komponist war sein Name auf dem Programm vertreten, doch waren die vorgetragenen Werke, wenn sie auch von Begabung zeugten, recht belanglos.

Am Freitag sübrie die Sing⸗Akademie in ihrem Saale Martin Blumner’'s Oratorium „Abraham“ auf, ein Werk des früheren langjährigen, bewährten Leiters derselben, welches im Jahre 1858 entstanden ist, i. J. 1860 hier zum ersten Mal aufge führt wurde und jetzt seine siebente Wiederholung erlebte. Diese, von dem Nachfolger des Komponisten, Herrn Musikdirektor Georg Schumann, sorgsam eingeübt und feinsinnig geleitet, zeigte von neuem, daß die Blumner’sche Tonschöpfung sich ihren beachtens werthen Platz unter den Musikwerken bis auf unsere Zeit erhalten hat. Trotz der vielfachen Wandlungen, denen gerade die Geschmacks⸗ richtung in der Tonkunst im Laufe der Jahre unterworfen gewesen ist, machte das zu Gehör gebrachte Oratorium keinen veralteten Eindruck. Seine groß angelegten, fein herausgearbeiteten Chöre mit ihrer mächtigen Stimmenentfaltung verfehlten auch bei dieser trefflich gelungenen Aufführung ihre ergreifende Wirkung nicht. Leider standen die mitwirkenden Solisten bis auf Frau Geller⸗Wolter und Herrn van Eweyk nicht ganz auf der Höhe ihrer Aufgaben. Der Ge sammteindruck war jedoch trotzdem ein vortrefflicher, und um einen wahren Kunstgenuß reicher verließ die zahlreiche Zuhörerschaft den Saal. An seinem an demselben Tage im Beethoven⸗Saal veranstalteten zweiten Klavier⸗Abend spielte Herr Conrad Ansorge außer der Phantasie und Fuge in G-moll von Bach in der Liszt'schen Ueber tragung zwei Impromptus von Schubert (op. 90), in CEmoll und in G-dur. Bei letzterem überraschte das lebhaft genommene Tempo⸗ aber mögen auch Einzelheiten im Spiel die verschiedensten Ansichten herausfordern, im Großen und Ganzen ist jedem der von Herrn Ansorge wiedergegebenen Tonwerke warm pulsierendes Leben eingehaucht, jeder seiner Vorträge richtet sich direkt an das Gemüth und nimmt den Zuhörer gefangen. Der Künstler ist ein Dichter am Flügel, das de fundete er mit dem „Erlkönig“ von Schubert, den er wiederholen mußte. Er weiß stets etwas Besonderes zu sagen, darum lauschte auch an diesem Abend manch bedeutender Virtnose seiner ausdrucks⸗ vollen Tonsprache. Liszt, so aufgefaßt, wie die U-mell-Sonate unter diesen Händen erstand, wirkt⸗ auch beute noch zündend. In einer Arietta und Gavotte und im Rondo trionfante tam auch Konstantin Bürgel einmal wieder im Konzertsaal zu Wort.

In der Sing⸗Akademie gaben am Sonnabend Frau Sophie Röhr⸗Prajnin (Gesang) und Herr Adolf Rebner (Violine ein Konzert, welches eine zahlreiche Jubhorerschaft aufzuweisen hatte und in seiner Art als eines der besten in dieser Saison bezeichnet werden konnte. Die Dame, welche eine wobhlllingende, ausgiebige Sopran.⸗ stimme besitzt, sang mit kunstlerischer Vollendung die Arie „Hallelnja“ aus „Esther“ von Händel. Den französischen Gesaͤngen gab die Konzert berin den ihnen gebuͤhrenden Ansdruck und fand damit solchen Beifall, daß shreine Zugabe nicht erspart blieb. Herr Rebner, der sich als ein G ersten Ranges erwies, spielte zuerst das ungarische Komnzert von Joachim und heigte desonders in der Romanze große Wärme vn

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