1901 / 56 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1901 18:00:01 GMT) scan diff

nommen. Der Auskunftsuchende wendet sich sowohl an den Konsul als an die Handelskammer, und wenn beide eine verschiedene Aus⸗ kunft geben, ist der Konflikt da, wie auch Konflikte von fremden Handelskammern mit den eigenen Konsulaten nicht ausgeblieben sind. Ein ferneres Bedenken besteht z. B., wenn Auskunft ertheilt werden soll über die Kreditwürdigkeit einer Person oder Firma; diese wird sehr viel schwerer von einem Gremium gegeben als von einem Einzelnen. Wir glauben, wie schon gesagt, daß wir auf dem richtigen Wege sind, wenn wir nicht eingreifen in die Kolonien, indem wir ihnen gewissermaßen zwangsweise Handelskammern auferlegen, sondern wenn wir durch die Ausgestaltung des Instituts des Handels⸗Attachés den aufgetretenen Bedürf⸗ nissen genügen und so den Konsuln eine wirkliche kommerzielle Kapazität zur Seite gestellt wird. Ich möchte deshalb bitten, die Resolutiou wenigstens in dieser Form, wenn irgend möglich, nicht annehmen zu wollen. Natürlich würden wir bereit sein, die An⸗ gelegenheit erneut in Erwägung zu ziehen. Sollte die Resolution, dem Antrage des Herrn Vorredners entsprechend, an die Budget⸗ kommission verwiesen werden, so wird Ihnen an einer Reihe von Beispielen noch näher gezeigt werden können, daß gegen die Institution vielfache Bedenken stehen.

Abg. Frese (fr. Vgg.) erklärt sich ebenfalls gegen die Handels⸗ kammern im Auslande.

Abg. Münch⸗Ferber bleibt bei seinen Behauptungen und bittet

Annahme der von ihm vorgeschlagenen Resolution, indem er auf

Nutzen der deutschen Handelskammer in Brüssel hinweist.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen:

Meine Herren! Auch nur zwei Worte! Zunächst möchte ich die Zahlen, welche ich gegeben habe, aufrecht erhalten, daß es zur Zeit nur sieben englische und zwei amerikanische Handelskammern giebt. Diese Zahlen beruhen auf amtlichen Berichten.

Wenn ich von Kolonien im Auslande gesprochen habe, so habe ich selbstverständlich nicht von unserem deutschen Kolonialbesitz ge⸗ sprochen, sondern von den Kolonien unserer Deutschen in den ver⸗

schiedenen fremden Handels⸗ und Hafenplätzen.

Was Brüssel betrifft, so will ich nicht leugnen, daß vielleicht die Handelskammer dort gut gewirkt hat. Wir sind aber im Begriff, dort ein volles Berufskonsulat zu errichten. Es wird sich zeigen, ob dieses nicht auch im stande sein wird, dieselbe Thätigkeit vie die dortige Handelskammer zu entwickeln, ohne damit meinerseits den Mitgliedern dieser Handelskammern zunahetreten zu wollen. Die Frage, ob es nützlich ist, Handelskammern im Auslande zu gründen, ist kürzlich literarisch von einem Schweizer behandelt worden. Dieser verbreitet sich insbesondere über die Handelskammern in Konstantinopel und führt aus, wie es immerhin merkwürdig sei, daß gerade einige derjenigen Länder, die Handelskammern dort haben, im Handel zurückgehen, während der Handel Deutschlands, das keine Handels⸗ kammer besitze, außerordentlich zunehme. Er drückt sich am Schlusse folgendermaßen aus:

„Fragen wir uns aber erst, ob ein solches Institut dem chweizerischen Handel nach der Levante förderlich sein könnte, so

sehen wir uns veranlaßt, diese Frage auf das bestimmteste zu

verneinen.“ Die Resolution wird der Budgetkommission überwiesen und nach 6 ½ Uhr die weitere Berathung auf Mittwoch

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 41. Sitzung vom 5. März, 11 11M“M“

Die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegen⸗ heiten wird bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ fortgesetzt.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.) bittet den Minister, auf eine gesetz⸗ liche Aenderung der Vorschriften über die Baulasten der Kirchen⸗ emeinden, übe welche verschiedene Entscheidungen des Ober⸗ Verwaltungsgerichts und des Reichsgerichts vorlägen, hinzuwirken. Auf die gestrige Verhandlung eingehend, betont der Redner, daß seine Partei gleiches Recht für alle Konfessionen, also auch für die evangelische, wolle. Die Gründung des Evangelischen Bundes habe dem Zentrum den Gedanken nahe gelegt, einen katholischen Bund zu schaffen. Der verstorbene Abg. Windthorst habe aber davon abgerathen; der gemeinsame Feind, so habe er gemeint, sei der gewaltsame Umsturz. Es sei der Katholische Volksverein für anz Deutschland gegründet worden und die Erfahrungen hätten Windthorst glänzend Recht gegeben. Von nationalliberaler Seite sei von einer programmatischen rklärung des Kultus⸗Ministers gesprochen worden. Davon sei keine Rede; der Minister habe gesprochen, wie es seine Pflicht gewesen, und in seinen Worten habe nicht die Zu⸗ muthung an die Nationalliberalen gelegen, daß sie katholisch werden müßten. Von einer vollständigen Revision der tirch⸗ lichen Geseße und der Kreis⸗Schulinspektion habe er in der Rede des Ministers nichts gehört. Der Abg. Sattler habe Gras wachsen hören, wo keines wachse, leider. Wir erstreben, fährt der Redner fort, kein Phantasiebild, sondern wünschen je nach den konkreten Verhältnissen eine Besserung. Herr Sattler sprach von den großen Schätzen der katholischen Kirche. Ich möchte wissen, wo diese liegen. Meint er etwa die Bisthümer? Wir schließen uns nicht ab mit einer chinesischen Mauer; das thut auch die Wissenschaft nicht, das thun wir alle nicht außer den Logen. Die Hierarchie der katholischen Kirche liegt offen zu Tage, die Hierarchie der Logen nicht. Hat man etwa wegen der Internationalität der Logen an den Erlaß eines Logen⸗

esetzes 8524 Ich sehe nicht ein, worin die Gefahr der „aus⸗

fündischen Oberen’ liegen soll. Die Generalate der Nichtkranken⸗ pflegeorden haben allerdings ihren Sitz in Rom, sie sind aber auch in Deutschland vertreten, und die Sberen sind meist Deutsche. Die katholische Kirche ist keine Gefahr für den Staat. Die Minister können ruhig schlafen. Es giebt andere Gefahren: den Unglauben und den sozialen Umsturz. Die christlichen Konfessionen müssen diese Gefahr einmüthig bekämpfen. Der Hechinger Fall fordert gebieterisch eine Aenderung des Ordensgesetzes. Warum sollen Evangelische von der Pflege in einer Küchenanstalt ausgeschlossen sein, die ihnen in Kranken⸗ häusern anstandslos gewährt werden kann? Proselytenmacherei zu treiben, liegt uns dur aus fern. Wir beschweren uns nur darüber, daß katholischen Schwestern verboten wird, was den evangelischen erlaubt ist. Das hat Mißstimmung hervorgerufen. Der Vater⸗ landische Frauenverein in Schlesien wollte für die Kinderbewahr⸗ anstalten auch Graue Schwestern heranziehen in Gegenden, wo die Katholiken überwiegen. Die Sache ist daran gescheitert, daß man den Grauen Schwestern nicht evangelische Kinder anvertrauen wollte. Der Abg. Sattler meinte, die katholischen Orden seien im Gegensatz zu den Diakonissen gefährlich wegen der Macht der Kirche. Das mu ich entschieden bestreiten. Im Interesse der Staaten liegt es viel⸗ mehr, daß sich die Zahl dieser krankenpflegenden Engel vermehre.

Sollen sie aber ihre baritative Thätigkeit voll entfalten, so E11e“ 8

müssen sie frei sein. Es ist gestern von den polnischen Ver⸗ hältnissen in Posen die Rede gewesen. Abg. von Zedlitz hat den H.⸗K.⸗T.⸗Verein in Schutz genommen. Ich laube, daß die Thätigkeit dieses Vereins außerordentlich 8es ist. Be⸗ streiten muß ich auch, daß die deutschen Katholiken gegenwärtig mit Hilfe der polnischen Geistlichkeit polonisiert werden. Man wende sich doch, wenn untergeordnete Organe der Kirche sich verfehlen, an den Erzbischof, der wird sicherlich Remedur schaffen. Die deutschen Katholiken haben vielmehr Veranlassung, sich über die Regierung zu beklagen, z. B. in der Unterrichtsfrage. Die Verbannung der polnischen Sprache aus dem Religionsunterricht war einer der ersten Akte des Kulturkampfes; er hat die Agitation hervorgerufen, über die man sich jetzt in Oberschlesien beschwert. Der da⸗ malige Kultus⸗Minister war schlecht berathen, und der Erfolg war, daß bei Kontrolversammlungen die Soldaten polnisch sprachen, weil man in die betreffenden Gegenden Lehrer geschickt hatte, die kein Wort polnisch verstanden. Die Regierung ist also selbst schuld an den unerquicklichen Verhältnissen in Oberschlesien. Die Regierung wirft alle polnischen Vereine in einen Topf, mögen sie nun nationale Ziele oder harmlose wirthschaftliche Zwecke verfolgen. Sieht die Regierung nicht, daß die Sozialdemokratie stets vorwärts schreitet? Dieser können doch nur Vereine entgegentreten, die ent⸗ gegengesetzte Ziele verfolgen. Das wird aber den Polen verwehrt. Der Minister möge nach dieser Richtung im Staatsinteresse Wandel schaffen. Auch die Ertheilung des Religionsunterrichts ist nicht eine Frage der Parteipolitik, sondern des Staatsinteresses. Der Minister hat gestern von Untersuchungen gesprochen, die er in Ober⸗

schlesien hat anstellen lassen. Soweit ich ihn verstanden habe, be⸗ zogen sich aber die ungünstigen Resultate, die man festgestellt hat, nicht auf die Ertheilung des Religionsunterrichts. Ich möchte ihn darüber um eine Erklärung bitten; namentlich möchte ich wissen, ob die Seelsorger zur Ertheilung des Religionsunterrichts ausreichen. Diese ganze Frage müßte aus dem Streit des öffentlichen Lebens entfernt werden. Die Sprache darf weder von den deutschen, noch von den polnischen Geistlichen als Kampfmittel Henec werden.

Abg. Dr. Beumer (nl.): Ich habe vor allen Dingen den Wunsch, daß das Gehalt des Ministers endlich bewilligt wird. Darum verzichte ich darauf, Dr. Porsch zu antworten. Nur in Bezug auf den katholischen Bund möchte ich sagen, daß ich die Haltung des Abg. Windthorst sehr begreiflich finde. Das Zentrum hatte eben einen katholischen Bund nicht nöthig. Auf dem Gebiet der Schulhygiene koͤnnte mehr geschehen, z. B. in Bezug auf das Tragen der Schulbücher und das Tragen eines Korsetts. Die Zahl der Bücher hat sich sehr vermehrt, das Tragen der Bücher erzeugt eine schiefe Haltung. Es müßte entweder das Tragen der Tornister auf dem Rücken für Knaben und Mädchen obligatorisch gemacht oder in den Klassenzimmern müßten Schränke angebracht werden, in denen die Schüler die Bücher aufbewahren, die sie zu Hause nicht brauchen. Das Tragen der Korsetts der jungen Mädchen wird merkwürdigerweise von den Aerzten nicht mit dem Eifer bekämpft, den man erwarten sollte. Nur unvernünftige Mütter können ihre Kinder mit einem Korsett zur Schule schicken. Es besteht in Berlin ein Verein für Reformkleidung. Der Minister würde ein gutes Werk thun, wenn er dieser Frage seine ganze Aufmerksamkeit zuwendete und das Tragen der Korsetts in den Schulen natürlich auch das der Lehrerinnen, denn böse Beispiele verderben gute Sitten verböte. Wir reden so viel von Ansteckungsgefahr, und dabei wirbeln die Damen auf den Straßen mit ihren Schleppen Milliarden von Bacillen auf. Die Schleppen mögen im Salon getragen werden, auf der Straße ist dies schädlich und gemeingefährlich, gegen diese Ge⸗ meingefahr helfe uns der Minister. 8

Geheimer Regierungsrath Dr. Waetzoldt: Die Schädigungen durch das Tragen des Korsetts sind der Unterrichtsverwaltung seit langem bekannt, und die Verwaltung ist bestrebt, das Tragen des Korsetts einzuschränken. Aber wir können es den Müttern nicht verbieten, ihre Kinder mit Korsetts in die Schule zu schicken, werden jedoch versuchen, auf diesem Gebiet weiter zu helfen, und sind dem Vorredner für seine Anregungen dankbar. ]

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) beruft sich auf die Ver⸗ fassung, nach der die Religionsgesellschaften den Religionsunterricht felbi zu leiten hätten. Daraus folge, daß diese Religionsgesellschaften einen Einfluß auf den Religionsunterricht haben müßten und daß sie den Unterricht so ertheilen könnten, daß die Kinder den Unterricht verstehen. Das sei nur in der Muttersprache möglich. Daß die Kinder in Posen Deutsch verständen, sei unrichtig. Dem widersprächen die polnischen und die deutschen Seelsorger. Der Religionsunterricht in Oberschlesien zumal sei durchaus ungenügend. Die Ernennung eines polnischen Erzbischofs in Posen verdanke man nicht etwa bloß der Regierung, sondern dem Vatikan, der gefunden habe, daß unter dem deutschen Vorgänger die Interessen der Kirche nicht genügend gewahrt worden seien. Herr Bachem habe gestern sicherlich das Beste der Polen gewollt; aber der Ton, in dem er gesprochen habe, würde in der polnischen Heimath leicht falsche Auffassungen veranlassen können. Bei den scharfen Maßregeln der Regierung gegen die Polen könne man sich nicht darüber wundern, daß in der polnischen Presse auch ein scharfer Ton herrsche, wenn dieser auch nicht zu billigen sei. In Bezug auf Oberschlesien müsse man doch bedenken, daß dieser Landestheil bis 1201 unter polnischer Herrschaft gestanden, dann verschiedene Wandlungen durchgemacht habe und erst seit 1740 unter preußischer Herrschaft stehe. Während dieser ganzen Zeit sei die Bevölkerung polnisch geblieben. Seit 1873 sei der polnische Unterricht in Oberschlesien verhindert, und seitdem bestehe auch die Beun⸗ ruhigung unter der oberschlesischen polnischen Bevölkerung. Von einer „großpolnischen“ Agitation könne keine Rede sein; diejenigen, welche diesen Ausdruck so oft gebrauchten, wüßten eigentlich garnicht, was sie damit meinten. Bei einigen Leuten beständen allerdings Wünsche nach Vereinigung aller polnischen Provinzen, aber geschürt werde diese Bewegung nicht. In Oberschlesien hätten die Polen bei den Wahlen stets den Standpunkt des⸗ Zentrums vertreten und die Zentrumskandidaten unterstützt. In Ermland sei allerdings 1893 ein polnischer Kandidat dem Zentrumskandidaten ent⸗ egengestellt worden; aber der polnische Kandidat sei von der preußi⸗ schen Zentralleitung geradezu unterstützt worden; der jetzige Regierungs⸗ Präsident von Heydebrand könne darüber interessante Dinge erzählen. Ein polnischer Fanatismus gegen die Deutschen bestehe nicht; von einer polnischen Gefahr zu reden, sei geradezu lächerlich. Bedauerlich sei die gestrige Ablehnung des Wunsches des Herrn Glowatzki seitens des Kultus⸗Ministers. Eine Beruhigung unter der polnischen Be⸗ völkerung könne nicht emntreten, ehe die preußische Regierung ihr System ändere. Der Wunsch der Polen sei eine friedliche Ent⸗ wickelung.

Abg Freiherr von Plettenberg (kons.): Ich bedauere die An, riffe des Zentrums auf den Evangelischen Bund, dessen Mitglied ich bin. Der Bund will mit der katholischen Kirche in Frieden leben und ist nur genöthigt, auf Angriffe der Katholiken zu antworten. Der Bund will mit den Katholiken zusammenwirken zu christlichem Leben und zur Bekämpfung des Unglaubens. Halten Sie daher, meine Herren vom katholischen Bekenntniß, Frieden!

Abg. Hackenberg (nl.): Wir und das Zentrum müssen darauf verzichten, uns gegenseitig zu überzeugen; wir können. hier nur den beiderseitigen Standpunkt vertreten. Das Zentrum, hieß es auf dem Katholikentag, sei das stehende Heer, das katholische Volk bilde die Reserven, die auf dem Katholikentag alljährlich zusammenberufen würden. Das deutet, wenn nicht auf einen Kriegszustand, so doch auf einen bewaffneten Frieden. Die Kirche darf vom Staate nichts verlangen, was er nicht gewähren kann. Hätte die Kirche die volle gewünschte Freiheit, dann könnte von einer Freiheit des Staats nicht mehr die Rede sein. Im Mittelalter hatte die Kirche viele Aufgaben, welche der moderne Staat auf sich genommen hat und nehmen mußte. Deshalb sind wir so eifrig bedacht, die Rechte des Staats zu wahren. Man spricht von Parität. Nach katholischem Glauben giebt es eine evangelische Kirche überhaupt nicht, sie ist nur eine „sogenannte“ Kirche. Daher ist auch ein Unterschied zwischen den evangelischen Diakonissen als einer Einrichtung der evan⸗ gelischen Kirche und den Ordensschwestern als einer Einrich⸗

tung der katholischen Kireche vorhanden. Wenn es auf Parität im Staate ankommt, hat sich die evangelische Kirche eigentlich mehr zu beklagen als die katholische. Von den Konservativen hätte ich eine entschiedene Ablehnung der Einladung des Herrn Bachem, aus dem Evangelischen Bunde auszuscheiden, erwartet. Für so groß hätte ich die Freundschaft zwischen Zentrum und Konservativen doch nicht ge⸗ halten, daß Herr Bachem eine solche Einladung ergehen lassen konnte. Herr von Plettenberg hat den Evangelischen Bund doch etwas zu unschuldsvoll angesehen. Bei der religiösen Zersplitterung müssen wir Evangelische in diesem Bund das uns Gemeinsame zu vereinen suchen, namentlich angesschte der vorzüglichen Organisation der katholi⸗ schen Kirche. Auch in der evangelischen Kirche giebt es noch manches zu bessern. Der Bund will sich auf den Boden des gemeinsamen Volkslebens stellen, aber er muß auch die Einrichtungen der evangeli⸗ schen Kirche vertheidigen. Wir müssen alle des Wortes gedenken: „Lasset uns in der Liebe stehen.“ .

Abg. Dr. Porsch: Das Zentrum als politische Partei hat sich nie die Aufgabe gestellt, Einrichtungen der evangelischen Kirche an⸗ zugreifen; es will der evangelischen Kirche gewähren, was es für die katholische verlangt. Wir verwehren auch den Evangelischen nicht, sich in einem Vereine zusammenzuschließen, wir beklagen uns nur über die Angriffe des Evangelischen Bundes auf die katholische Kirche.

Darauf wird die Diskussion geschlossen. Das Gehalt des Ministers wird bewilligt.

Berichterstatter Abg. Win ckler (kons.) empfiehlt die Bewilligung der neu geforderten vierten Rathsstelle für die Medizinal⸗Abtheilung.

Das Haus bewilligt diese Forderung.

Bei dem Titel „Gehalt des Direktors der wissenschaft⸗ lichen Deputation für das Medizinalwesen“ erklärt auf eine Anregung des Abg. Dr. Martens (nl.) der

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Sie werden aus den Ausführungen Ihres Herrn Referenten bei dem vorhergehenden Titel entnommen haben, daß in Bezug auf die Zugehörigkeit der Medizinal⸗Abtheilung zu dem einen

g 2 4 oder anderen Ressort noch Verhandlungen schweben. Es ist dies eine Frage, die schon wiederholt hier im Hause bei anderen Gelegenheiten zur Sprache gekommen ist. Sie werden es verstehen, wenn ich bei der gegenwärtigen Sachlage ein Definitivum in der Leitung der Geschäfte der wissenschaftlichen D.-putation nicht habe herbei⸗ führen können. Sie werden mir ebenso Recht geben, wenn ich es mir versage, nähere Gründe dafür anzugeben, weshalb ich aus dem Provisorium die Konsequenz gezogen habe, eine grundlegende Aenderung in der Leitung der Geschäfte der wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen bei der gegenwärtigen Lage nicht eintreten zu lassen. Ich glaube im übrigen mit vollem Rechte erklären zu können, daß die geschäftliche Handhabung und Leitung der wissenschaftlichen Deputation eine völlig sachgemäße und den von dieser Deputation zu erreichenden Zielen durchaus förderliche ist, und daß auch die ärztlichen Mitglieder dieser Deputation in dieser Auffassung mit mir vollkommen übereinstimmen.

Bei den Ausgaben für die Meßbildanstalt giebt

Abg. Wetekamp (fr. Volksp.) eine ausführliche Darlegung der Vorzüge des Meßbildverfahrens, das alle Bauwerke in vollkommener Naturtreue mit richtigen Maßverhältnissen wiedergebe und ein viel besseres Studium der Bauwerke ermögliche, als es durch bloße Zeich⸗ nungen geschehen könne. Das gesammte Material der Meßbildanstalt müsse in einem Denkmälerarchiv der Oeffentlichkeit zum Studium zur Verfügung gestellt werden. Die Meßbildanstalt habe schon 497 Bau⸗ werke mit 7000 Platten aufgenommen. Es fei aber unbedingt nöthig, die Etatsmittel der Anstalt zu verstärken, damit sie mehrere Gruppen von Mitarbeitern zu Aufnahmen hinausschicken könne..

Geheimer Ober⸗Regierungsrath von Bremen erklärt, daß mit dem Meidenbauer'schen Meßbildverfahren zunächst ein Versuch gemacht werden sollte, daß aber nun schon längst diese Anstalt vom Extra ordinarium auf das Ordinarium übernommen sei und daß di Regierung die Entwickelung der Sache mit Aufmerksamkeit weiter verfolge. 1““ 3 8

Das Kapitel „Ministerium“ wird bewilligt, ebenso das Kapitel „Evangelischer Ober⸗Kirchenrath“.

Bei dem Kapitel „Evangelische Konsistorien“ bittet

Abg. Graf von Warten sleben (kons.) um die Errichtung einer dritten General⸗Superintendentur in der Provinz Sachsen.

Bei dem Kapitel „Evangelische Geistliche und Kirchen“ regt

Abg. Dr. Weih e-⸗Herford (kons.) eine Erhöhung der Bezüge der Superintendenten an. 8 11“] 5

Ministerial⸗Direktor D. Schwartzkopff erklärt, daß die Regie⸗ rung in dieser Sache, bei der es sich hauptsächlich um die Fuhrkosten und die Gebühren handle, bereits mit dem Ober⸗Kirchenrath sich in Verbindung gesetzt habe. E11“ 2

Abg. von Heim burg (kons.) bespricht namens der betheiligten Abgeordneten Nassaus einen lange egete nassauischen Wunsch umd seit vielen Jahren wiederholten, aber stets vom Minister abschlägik beschiedenen Antrag der Synode Wiesbaden, die Kosten, des Prediger⸗Seminars Herborn und das Gehalt des General⸗Superinten denten auf die Staatskasse zu übernehmen. Die derzeitigen Ungerechtigkeiten bei der Auseinandersetzung zwischen Studien⸗ und Kirchenfonds rechtfertigten diesen Wunsch, auch könne nassauische Kirche die sich ständig mehrenden Ausgaben, die in letzt Zeit noch durch die Fürsorge für die Wittwen und Waisen und d Ruhegehaltsordnung der Geistlichen gewachsen seien, nicht mehr leiste Es wäre hohe Zeit, daß dem alten nassauischen Wunsche Rechnung getragen werde.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Aehnliche Verhältnisse, wie sie von dem Herrn Vorredner bezüglich der Besoldungsverhältnisse des General⸗Super intendenten in Wiesbaden dargelegt sind, bestehen auch in Pommern Schleswig⸗Holstein und Hannover. Was Wiesbaden speziell betrifft, so liegt ein neuer Beschluß der Bezirkssynode von Wiesbaden vor, der die Angelegenheit von neuem in Anregung bringt. Sie unterliegt zur Zeit einer sorgfältigen Prüfung, es sind aber noch weitere Ver⸗ handlungen erforderlich. Eine bestimmte Aussicht über das Ergebnit dieser Verhandlungen vermag ich zur Zeit nicht zu eröffnen. Ebense liegt es bezüglich des Predigerseminars in Herborn. Auch da sind de Verhältnisse so, daß nach altem Herkommen die Anstalt aus kird⸗ lichen Fonds erhalten wird. Eine Abänderung dieses Zustandes muß der Erwägung vorbehalten bleiben.

Bei dem Kapitel „Bisthümer“ regt b

Abg. Freiherr von E natten (Zentr.) wiederum die Er richtung konfessioneller Friedhöfe im Rheinlande an.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt⸗

Meine Herren! Ich will dem Herrn Vorredner in dem ironischen Ton, in dem er die ganze Sache zunächst behandelte, indem er von Ballspielen und Versenkungen gesprochen hat, nicht folgen. Dagegen muß ich ganz entschieden Verwahrung einlegen, daß er die unteren Behörden verdächtigt hat, sie ließen sich in ihren gutachtlichen Aeußerungen durch diejenige Auffassung bestimmen, von der sie wüßten. daß sie in den oberen Behörden herrschte. Meine Herren, ich glaub⸗ daß selten eine so schwere Verdächtigung (Glocke des Präsidenter der Loyalität und Pflichttreue der unteren Behörden ausgesprochen worden ist, wie in diesem Falle. (Glocke des Präsidenten.)

1 v 8

8 82

Ich möchte dem Herrn Minister be⸗ wnicht gehört habe, sonst hätte ich sie ich nicht im Hause.

Angelegenheiten Dr. Studt,

ident von Kröcher: ich Verdächtigung chtigungen dulde

Minister der geistlichen fortfahren

merken, daß gerügt; Verdä⸗

rage ich, kennt der Herr Vorredner den Stand der Ver⸗ Er hat hier Schlüsse gezogen, die ihm eigentlich nur ßigen Gang der Dinge bekannt sein könnten. Diese sind aber, wie ich nun noch näher Die Informationen, von welcher Seite sie auch dem zugegangen sein mögen, sind nach dieser Richtung rscheinlich nur vage Vermuthungen. zu ziehen, wie er es gethan hat, scheint mir nicht berechtigt. Sie werden sich entsinnen, daß mein Herr Amts⸗ rhandlungen, denen er hier bei⸗

handlungen? aus dem aktenmãä darlegen werde, durchaus unzutreffend. Herrn Vorredner Daraus so positive

Meine Herren, vorgänger in einer der letzten Etatsve wohnte, die Erklärung abgegeben hat, hinsichtlich der sogenannten linksrheinischen Kirchhofsfrage ständen die betheiligten Ressorts, das Kinisterium des Innern, vor einer seiner Ueberzeugung nach juristisch unlösbaren Aufgabe. Es hatten die sorg⸗ attgefunden, es waren die weitläufigsten Ver⸗ um den thatsächlichen Zustand und die Mein Herr Amts⸗ eachtet hier rund erklären müssen, daß es der einen praktisch brauchbaren entwurf dem hohen Hause vorzu⸗ Meine Herren, ich habe mich, nachdem im vorigen Jahre der Ihnen angenommen war, redlich bemüht, einen neuen

Kultus⸗Ministerium und das 9

fältigsten Erwägungen st handlungen geführt worden, che Seite der Angelegenheit festzustellen. vorgänger hat dessenung Königlichen Staatsregierung nicht gelungen sei, und rechtlich einwandsfreien Gesetz

Antrag von

Verhandlungen, eingehender Möglichkeit bot, Ihres Antrages entsprechende Gesetzesvorlage zu weiteren Erörterungen, die sich daran geknüpft haben, dat wieder zu der Ueberzeugung geführt, daß hier kaum lösbare Die Erörterungen schweben noch, und ich cht zu zweifeln, der meinerseits dahin die Angelegenheit thunlichst gefördert und zu günstigen Abschluß gebracht werden soll um so weniger bestimmen, als ich von der abei noch abhängig bin. Aber, meine Herren, ich muß bei dieser die Unterstellung ebenfalls entschieden Verwahrung 1 Ministerium des Innern die Tendenz herrschte, che zu Fall zu bringen. Das andere die vorliegenden Schwierig⸗ 3 Der seitens des Herrn Vorredners gerade auch in dieser Beziehung ausgesprochene Verdacht entbehrt Begründung.

Ueberzeugung Intentionen

haben in der

Schwierigkeiten vorliegen. bitte, an dem guten Willen ni

Den Zeitpunkt kann ich aber Mitwirkung anderer Ressorts

Veranlassung gegen einlegen, als ob in unter allen Umständen die Sa Ressort ist vielmehr ebenso wie ich bestrebt, keiten zu lösen der thatsächlichen

Abg. Roeren (Zentr.) bemerkt, ehn Jahren alljährlich zur isnahmezustand im Rhein rrschaft bestehe, beseitigt werde.

ätten einen Anspruch auf einen frranzösische Einrichtungen h.

Bevölkerung

daß diese Frage nun schon seit gebracht werde, ohne daß der Beginn der französischen Die konfessionellen Minderheiten eigenen Begräbnißpl st gegen den Wi Leichtigkeit aufgehoben, an diesem alten ber bedauerlicher Weise

and, der seit dem

abe man selbst derspruch der mit größter Reest aus der franz mmit Zähigkeit fest.

Abg. Pleß (Ze Erledigung der Frage verantw

sischen Zeit halte man a

ntr.) macht den Bureaukratismus für die langsame

Minister der geistlichen ꝛc. Ang 1 Herr Vorredner hat wieder auf die breiten Schultern des preußischen Bureaukratismus einen Vorwurf abgeladen, den ich nicht Es handelt sich, wie ich vorhin betont habe, Ich habe das Wort „unüber⸗ nicht gebraucht, sondern habe nur auf die außerordentlichen Schwierigkeiten hingewiesen, die die Gebiete nach den neuesten Erörterungen bietet. zCorredner gewissermaßen die Annahme ausgesprochen, nfessionelle Rücksichten die Regierung in ihrem Vor⸗ Meine Herren, ich glaube über diesen Verdacht Im übrigen bitte ich doch, wenn der verantwortliche Ressortchef von dieser Stelle aus erklärt, daß er den redlichen Willen habe, die vorhandenen Schwierigkeiten baldthunlichst zu beseitigen, auch dieser Versicherung vollen Glauben zu schenken.

on (nl) erkennt die Be

genheiten Dr. Studt:

unerwidert lassen kann. um erhebliche juristische Bedenken. vwindliche Schwierigkeiten“ Sache auf

hat der Herr V

als ob einseitig ko gehen bestimmten. erhaben zu sein.

Abg. von Eyne

b on. rn rechtigung de an, daß konfessionelle Fried

höfe für die konfessionellen tet ebenfalls um Vorlegung eines darauf im Interesse des konfessionellen Friedens. übertrieben zu werden. die Evangelischen am ünschten, wie die

Minderheiten

bezüglichen Gesetzentw

Die Schwierigkeiten Abg. Lück

schienen im Ministerium hoff (freikons.) Rhein in demselben Maße konfessionelle Friebhöfe w Katholiken.

chaffner (nl.) nimmt in dieser Fra tellung ein;

1 einigen weite Biebrich (nl) und Dr.

affner ni ge die entgegengesetzte in Nassau wünsche man keine konfessionellen Friedhöfe.

ren Bemerkungen der Abgg. Wolff⸗ Bachem (Zentr.) wird das Kapitel

Bei dem Kapitel ist eine Mehrforderung von 6000 Ausbildung altkatholische

Berichterstatter Abg. W 6000 zu streichen. fordert gewesen und d sei geltend gemacht, daß gezwungen würden, die zu betrachten und ihnen zuzuerkennen; s Bewilligung von

Altkatholische Geistliche und Kirchen“ behufs Verwendung zur r Theologen eingestellt.

inckler beantragt, die mehrverlangten Betrag sei schon vor zwei amals abgelehnt worden. In der Kommission Altkatholikengesetz die K noch als Glieder ihrer Kirche Rechte am katholischen Kirchenve s Zustand dauere, diesem Titel Verwahrung

Altkatholiken rmögen u. s. w.

widert worden, die Regierung wo Anerkennung der Altkatholiken durchaus sich lediglich um die Befriedigung der kirchlichen b res Klerus: eine Schlußfolgerung auf das Gesammtverhältn Kirche sei nicht zulä an der vor zwei 2 lage festgehalten und die

Abg. Dr. Friedberg ionsgesellschaft

lle den Katholiken eine bestimmte nicht aufzwingen, es handele esetzes und um die Holiken für die aus dieser Etatsforderung ömisch⸗katholischen

Ausführung des Al⸗ Bedürfnisse der Altkat

der Altkatholiken zur r. ie Mehrheit der Kommission habe dagegen hren vertretenen prinzipiellen Auffassung der Sach⸗ Forderung abgel

ie Altkatholiken sind eine an⸗ es ist nur ein Gebot der Vorbildung ihrer Gerade vom Standpunkt des Zentrums aus Grund, diese Mehrforderung zu verweige Seminar begründet katholizismus und Katholizismus nebenein Kultus⸗Minister Katholiken

erkannte Re

lan w Gerechtigkeit, daß ihr die

Theologen gewährt werden. besteht nicht der geringste Wenn ein altkatholisches

mehr in Bonn Alt⸗ ander gelehrt zu werden.

entgegengekommen.

würde ich mich zufrieden geben; aber das lehnt die Forderung lediglich aus Aerger über das Altkatholikengesetz ab. Die Konservativen haben in dieser Frage wieder einmal das Bedürfniß, mit dem Zentrum Arm in Arm zu gehen, was allerdings der katholisierenden Richtung unter den Konservativen entspricht. Die⸗ jenigen, welche die altkatholische Kirche auf sich selbst verweisen wollen, müßten überhaupt alle Forderungen im Etat für kirchliche Zwecke streichen. Die Verhältni e haben sich historisch entwickelt und müssen danach berücksichtigt werden. Sollte die Mehrforderung abgelehnt werden, so bitte ich den Minister, wieder eine Professur in Bonn mit einem Altkatholiken zu besetzen. 1

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Herr Friedberg hat meine Freunde schon oft in dieser Weise angegriffen, sodaß mich ein paar Mal mehr nicht rühren können. Eine solche Art, Andere zu kritisieren, erreicht gewöhnlich den entgegengesetzten Erfolg, als man erzielen will. Ich will nicht in derselben Weise wie Herr Friedberg sprechen, sondern ebenso ruhig wie vor zwei Jahren die Stellung meiner Freunde kennzeichnen. Ein Theil meiner Freunde wird für die Mehrforderung stimmen, allerdings aus anderen Gründen als Herr Friebberg. Wenn wir der Meinung wären, daß es eine Frage der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit wäre, ob den Altkatholiken diese Forderung bewilligt wird, so würden wir nicht einen Augenblick mit der Bewilligung zaudern. Aber die Altkatholiken haben nur zu fordern, was im Altkatholikengesetz steht, und das wird ihnen bewilligt. Sonst könnten auch noch andere Religionsgemein⸗ schaften, wie z. B. die Altlutheraner, ähnliche Forderungen stellen. Die große Mehrzahl meiner Freunde stimmt gegen die Bewilligung. Es handelt sich für uns nicht um eine große prinzipielle Frage. Denn wenn die Etatstitel so gefaßt werden, daß kein Zweifel sein kann, daß die Altkatholiken nicht Mitglieder der katholischen Kirche sind, dann ist alles Verletzende für das Zentrum beseitigt. Ich bitte aber

den Minister, auf keinen Fall die altkatholische Professur in Bonn wiederherzustellen, denn das würde nur Oel ins Feuer gießen. 1s Abg. Dr. Porsch: Wir müssen es grundsätzlich ablehnen, den Altkatholiken aus Staatsmitteln etwas zu gewähren. Wenn die Alt⸗ katholiken aus den Taschen der Katholiken Mittel haben wollen, be⸗ trachten sie sich als Glieder der katholischen Kirche, und in anderen Fällen betrachten sie sich nicht als solche. Wären die Altkatholiken Glieder der katholischen Kirche, so müßten ihre Theologen auch bei römisch⸗katholischen Professoren hören, und das könnte ihnen doch niemand zumuthen. Beim Beginn des Kulturkampfes hat man sich ja dagegen gesträubt, daß altkatholische Kinder katholischen Religionsunterricht besuchen sollten. Ich weiß nicht, ob wir Katholiken in Preußen uns alles gefallen lassen sollen. Nach dem Altkatholiken⸗ gesetz gelten die Altkatholiken zu Unrecht noch als Glieder der katholischen Kirche. Daß sie sich einmal als solche betrachten und das andere Mal nicht, diese Inkonsequenz müssen wir beseitigen. Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt

Meine Herren! Ich glaube dem Wunsche dieses hohen Hauses zu entsprechen und auch der von mir zu vertretenden Sache zu dienen wenn ich mich auf die viel umstrittene prinzipielle Frage der Alt⸗ katholikengesetze, welche auch hier im Abgeordnetenhause in früheren Jahren zu größeren Debatten Veranlassung gegeben hat, nicht einlasse. Ich darf aber daran erinnern, daß sich die Verhältnisse, wie Sie auch aus dem Vortrage des Herrn Referenten entnommen haben werden, seit der Etatsberathung vor zwei Jahren wesentlich geändert haben. Damals handelte es sich darum, den Altkatholiken die Einrichtung eines Semi⸗ nars zu ermöglichen zur Ausbildung ihrer Geistlichen. Von römisch⸗ katholischer Seite wurde dies deswegen hauptsächlich angefochten, weil noch ein Zustand bestand, der das römisch⸗katholische Gewissen zu bedrängen und zu manchen Mißständen Veranlassung zu bieten vielleicht geeignet war. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, diese Schwierigkeit dadurch zu be⸗ seitigen, daß ich an zuständiger geistlicher Stelle die Erklärung abge⸗ geben habe, es würden in Zukunft die altkatholischen Professuren der katholisch⸗theologischen Fakultät zu Bonn nicht mehr besetzt werden. Von den drei seiner Zeit dort vorhanden gewesenen Professuren sind zwei durch Tod erledigt, die dritte ist durch einen Herrn besetzt, der sich aus Gesundheitsrücksichten mehr und mehr von seiner Lehrthätigkeit zurückziehen muß. Nun steht die altkatholische Gemeinschaft also vor der Nothwendigkeit, auf andere Weise für die »Heranbildung ihrer jungen Geistlichen zu sorgen. Ich habe die Gelegenheit gern benutzt, um einen Modus zu schaffen, der als ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber den Wänschen der betheiligten katholischen geistlichen Behörden und auch der katholischen Laienwelt betrachtet werden kann und meines Erachtens auch betrachtet werden muß. Wenn so eine veränderte Sachlage geschaffen worden ist, dann fallen, wie schon von seiten des Herrn Grafen Limburg⸗Stirum hier betont worden ist, wesentliche Bedenken fort, die vor zwei Jahren dazu geführt haben, die Position von 6000 zu bekämpfen. Ich glaube hiernach voraussetzen zu dürfen, daß, abgesehen von dem prinzipiellen Standpunkt, den der Herr Abg. Porsch soeben namens der Zentrumsfraktion er⸗ klärt hat, doch wohl eine Mehrheit der Versammlung sich mit dem Vorschlage der Regierung aus den Gründen einverstanden erklären kann, die ich soeben darzulegen die Ehre hatte. Dieselben bedeuten, wie ich nochmals hervorhebe, ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber den Wünschen der betheiligten katholischen Kreise und in ihrem Sinne eine erhebliche Besserung gegenüber dem bisherigen Zustande.

Nun muß ich noch kurz auf eine Bemerkung eingehen, die der Herr Abg. Porsch am Schlusse seiner Ausführungen gemacht hat. Er wies auf die erheblichen Uebelstände und Unbilligkeiten hin, welche sich aus der den Altkatholiken eingeräumten Benutzung von katho⸗ lischen Kirchen ergeben. Meine Herren, ich erkenne an, daß der be⸗ stehende Zustand zu manchen Unzuträglichkeiten führt. Ich habe es daher, wie in meiner früheren Amtsthätigkeit, so auch gegenwärtig, für meine Pflicht erachtet, da, wo ein Eingreifen der Behörden überhaupt thunlichist, eine Aenderung des Zustandes herbeizuführen. Das gilt nament⸗ lich auch von Breslau. Ob die bezüglichen Schritte bald zu einem günstigen Ergebnisse führen werden, weiß ich allerdings nicht. Ich kann aber versichern, daß es mir zur Freude gereichen würde, wenn auch in anderen Fällen, wo Härten vorliegen, die bessernde Hand zu ihrer Beseitigung angelegt werden könnte.

Nach diesen Erklärungen glaube ich, meine Herren, die Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß die Vorlage der Königlichen Staats⸗ regierung die Mehrheit des hohen Hauses finden wird.

In namentlicher Abstimmung wird die Mehrforderung mit 150 Stimmen gegen 123 Stimmen abgelehnt; für die Be⸗ willigung stimmen außer den Freikonservativen und den National⸗ liberalen auch ein Theil der Konservativen und die Mehrheit der Freisinnigen.

Um ½ 5 Uhr wird die weitere Berathung bis Mittwoch 11 Uhr vertagt. .

treffenden Grund für des Zentrums finden,

Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ . Maßregeln.

Zufolge Beschlusses des Internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel ist die für Herkünfte von dem Golf von Smyrna angeordnete 24stündige Beobachtung aufgehoben und durch eine ärztliche Untersuchung ersetzt worden. Die Untersuchung findet im ersten türkischen, mit Sanitätsarzt versehenen Hafen statt und hat sich auf jeden Einzelnen der Passagiere und Mannschaft zu erstrecken. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 45 vom 21. v. M.)

Kapstadt, 4. März. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus“. Heute sind vier neue Pestfälle zur Anzeige gekommen. Die Kranken sind zwei weiße und zwei farbige Personen. Ein anderer, an der Pest verstorbener Eingeborener, dessen Erkrankung nicht gemeldet worden war, ist aufgefunden. Mit der Impfung der Bewohner wird fortgefahren. (Vgl. Nr. 54 d. Bl.)

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Handel und Gewerebe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten

Nachrichten für Handel und Industrie’.) Bergwerksbetrieb in Portugal. Unter allen natürlichen Hilfsauellen Portugals nehmen die Minen den ersten Platz ein. In vielen Bezirken finden sich Ab⸗ lagerungen von Eisen, Antimon, Kupfer, Zinn und Kohle. Diese Minerale, die in einigen Theilen des Landes sogar im Ueberfluß vorhanden sind, können bei zweckmäßiger Ausbeutung eine Quelle erheblichen Wohlstandes für Portugal werden. Insgesammt sind bisher 560 Konzessionen für Bergwerksbetriebe auf einer Ge⸗ sammtfläche von rund 110 320 engl. Aecres ertheilt worden. Davon entfallen 512 Konzessionen für eine Fläche von 67 386 Acres auf Metallerzminen, 29 mit 18 340 Acres auf Kohlenlager, 12 mit 22 700 Acres auf Eisen⸗ und Kohlenminen, 7 mit 1894 Aecres auf Ablagerungen von Asphalt, Graphit, Asbest u. s. w. Aber die kon⸗ zessionierten Minen sind noch wenig bearbeitet, zum großen Theil sogar unberührt geblieben, ungeachtet des Umstandes, daß nur wenige von ihnen tiefer Bohrungen benöthigen und im Gegentheil viele reiche Lager bequem Jahre hindurch ausgebeutet werden können, bevor erhebliche Aufwendungen für das Abteufen nothwendig werden.

Thatsächlich in richtigem Betriebe befinden sich zur Zeit nur die Kupferbergwerke von San Domingos und Tinoca, die Kohlenminen von Pejao, Buarcos, Passal de Bairo und San Pedro da Cova die Mangangruben von Freiral, Ferragudo und Cerro das Camas Freixras, die Zinnminen von Bracal und Malhada, die Eisenerz gruben von Ayres und San Bartholomeo und die Antimonminen von Fapada do Padre und Valle de Achas. In diesen Werken ist die Produktion verhältnißmäßig gering, und nur etwa 8000 Personen sind im Ganzen in den Betrieben beschäftigt.

Von finanziellen Schwierigkeiten abgesehen, steht Portugals Wachsthum als Mineralproduzent ein schweres Hinderniß in dem großen Mangel an Verkehrserleichterungen entgegen. Fast alle Minen liegen im Innern, ziemlich entfernt von den Eisenbahnen und der See. Die Verschiffung von Erzen nach den Hauptmärkten ist daher mit großen Unkosten verknüpft, und so lange der Mangel an Verkehrs⸗ mitteln bestehen bleibt, wird zweifellos an den weiter im Inlande gelegenen Minen nur wenig gethan werden. Indessen ist dort ein

solcher Erzreichthum vorhanden, daß sich das Anlegen von Schienen⸗ strängen nach den Hauptbahnlinien oder dem Meere bezahlt machen würde.

Im letzten Jahre wurden Portugals Eisenminen einer sorg⸗ fältigen Untersuchung durch Ingenieure unterzogen, weil einige unter⸗ nehmende Portugiesen den Plan gefaßt haben, Hochöfen zu bauen und so den Grundstein zu einer einheimischen Eisenindustrie zu legen. Eine Fülle von Eisenerz ist vorhanden und leicht zugänglich, die Lager sind reich genug, um eine ausgedehnte Industrie nicht nur zur Befriedigung des inländischen Bedarfs, sondern auch zur Arbeit für den Erxport viele Jahre hindurch mit Rohstoff zu versorgen. Auch Kohle ist reichlich zur Hand, denn San Pedro da Cova allein besitzt Anthracitlager von 4000 Acres Umfang, und der Weichkohlen⸗ vorrath von San Pedro wird auf 11 500 000 Tons geschätzt. Außer⸗ dem giebt es in Leiria ein großes Lager von Braunkohle, deren Brauchbarkeit schon erprobt ist, ferner können die Stückkohlen⸗Minen von Cabo⸗Mondege, deren Reichthum unschätzbar sein soll, mit Leichtigkeit 80 100 000 Tons jährlich ausbringen. Von anderen für die Stahlindustrie brauchbaren Mineralien sind Kalkstein und Manganerze in Menge und guter Beschaffenheit im Land vorhanden. (The Engineering and Mining Journal.)

Konkurse im Auslande. Rumänien. Stoianof in Constantza. Anmeldung der Forderung bis März 1901. Termin für die Verifikation: 30. März 1901.

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Zwangsversteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin gelangten die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Gropiusstr. 7, dem Zimmermeister P. Anders gehörig. Mit dem Baargebot von 181 000 blieb Kaufmann J. H. R. Schäffer, Hallesches Ufer 12—13, Meistbietender. Händelstr. 10, Ecke Lessingstr.,, dem Kaufmann Ad. Jacobsen gehörig. Nutzungswerth 11 110 Mit dem Baar⸗ gebot von 206 000 biieb Kaufmann M. Bejach, Hohenzollernstr. 1 Meistbietender.

Tägliche Wagengestellung für K. ohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 5. d. M. gestellt 16 059, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 4 In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 5959, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In dem für 1900 vorliegenden Geschäftsbericht der Schlesi schen Immobilien⸗Aktien⸗Gesellschaft zu Breslau wird ein Reservefonds von 360 000 = 10 % des Aktienkapitals nachge⸗ wiesen, während der Dispositionssonds durch Zuführung von 60000 (gegen 90 000 im Vorjahre) auf 600 000 gebracht werden soll. Nach verschiedenen Abschreibungen wird der Netto⸗Ueberschuß auf 546 087 angegeben, wovon 11 ½ % Gesammtdividende gezahlt und 8nn (gegen 22 503) auf neue Rechnung vorgetragen werden sollen.

Vom rheinisch⸗westfälischen Kohlen⸗ und Koks⸗ markt berichtet die „Rh. ⸗Westf. Ztg.“, daß die zum zweiten Male im laufenden Jahre eingestellt gewesene Rheinschiffahrt auf die Ver⸗ sendungen, namentlich was Kohlen betrifft, wiederum sehr störend eingewirkt hat und die Kohlenvorräthe am Oberrhein sowie in Süd⸗ deutschland inzwischen nahezu ganz aufgezehrt worden sind. n den Magazinen der Ruhrhäfen haben sich dagegen inzwischen so be⸗ deutende Vorräthe angesammelt, daß zur Zeit dort nur noch sehr kleine Mengen Kohlen aufgenommen werden können. Die Eisen⸗ industrie hat bisher einen stärkeren Bedarf an Brennstoff nicht ent⸗ wickelt, die Abrufungen blieben vielmehr im Großen und Ganzen auf derselben Höhe wie in den Vormonaten; nur auf einigen Werken

mehrfach auf verschiedenen Zechen auch weiterhin wegen Mangels an Absatz Feierschichten eingelegt werden mußten, ist es zu allgemeinen Arbeiterenklassungen auf denselben bisher kaum gekommen. ie Er:·

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neuerung der Ende d. M. ablaufenden Kohlenabschlüsse hat auc in

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hat der Kohlenverbrauch jüngst noch weiter abgenommen. Obwohl