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1 störung
verka
Gestern Vormittag empfing Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von 10 ½ bis 2 Uhr im Barbarossa⸗Saale der Residenz zur Entgegennahme von Glückwünschen und Adressen die Chefs es diplomatischen Korps, die in München anwesenden Standesherren, das Direktorium der Kammer der Reichsräthe, das Direktorium der Kammer der Abgeordneten, die obersten Hofchargen, die Staats⸗Minister, die Erzbischöfe, die Deputirten des Ober⸗Konsistoriums und des pfälzischen Konsistoriums, die Regierungs⸗Präsidenten, die Präsidenten und Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse und die Sekretäre der Landrathsvertre⸗ tungen, die Vorstände der Handels⸗ und Gewerbekammern, die Vorstände der Handwerkskammern, die Deputationen des Landwirthschaftsraths und des Bayerischen Landesfischerei⸗ vereins, der bayerischen Notariatskammern und der bayerischen Rabbiner.
Bei dem Empfange des diplomatischen Korps gab Seine Königliche Hoheit, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, gegen⸗ über dem preußischen Gesandten Grafen von Monts seiner Entrüstung über den gegen Seine Majestät den Kaiser gerichteten verabscheuungswürdigen Anschlag Aus⸗ druck. Höchstderselbe äußerte zugleich sein tiefes Be⸗ dauern darüber, daß durch diesen beklagenswerthen Pheüichetfal die Absicht Seiner Majestät, die Feier in München durch seine Anwesenheit zu verherrlichen, vereitelt worden sei. Der Prinz⸗Regent sprach jedoch zugleich seine aufrichtige Genugthuung darüber aus, daß der Kaiser sich entschlossen habe, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen als seinen Vertreter zu entsenden.
Bei dem Empfang der Staats⸗Minister, welche eine Adresse übergaben, überreichte der Prinz⸗Regent jedem Minister als Erinnerungszeichen an seinen 80. Geburts⸗ tag sein in einen kostbaren Rahmen eingefügtes Bild. Dieses trägt neben der eigenhändigen Unterschrift Seiner Königlichen Hoheit den Sinnspruch: „SZalus publica summa lex est“. Zugleich versicherte Seine Königliche Hoheit, unter dem Ausdruck herzlichsten Dankes für die ihm überreichte Adresse, die Minister wiederholt seines fortgesetzten Vertrauens und Wohlwollens und betonte dabei besonders, wie sehr er sich für die treue Mitarbeiterschaft der Minister zu Dank verpflichtet fühle, und daß er, um dieser Gesinnung auch nach außen einen ichtbaren Ausdruck zu verleihen, den Vorsitzenden im
inisterrath in den erblichen Grafenstand erhoben habe: eine Auszeichnung, die er, der Prinz⸗Regent, als einen Beweis seines Vertrauens zu dem Gesammt⸗Ministerium erachtet wissen wolle.
Um 5 Uhr Nachmittags fand, wie „W. T. B.“ meldet, in der Residenz ein großes Galadiner statt, an welchem das diplomatische Korps, die Standesherren, die Staats⸗Minister, die Erzbischöfe sowie sämmtliche Deputationen theilnahmen, welche in diesen Tagen von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten empfangen worden waren. Namens der Gäste brachte Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig in einem längeren Trinkspruch die Empfindungen und Glückwünsche zum Ausdruck, die das ganze bayerische Volk beseelten. Der Prinz⸗ Regent erwiderte mit Worten herzlichsten Dankes. Am Abend wurde dem Prinz⸗Regenten eine militär’sche Serenade dar⸗ gebracht, an die sich ein großer Zapfenstreich anschloß.
“] Baden.
Auf ein Telegramm, welches die der Städteordnung unterstehenden badischen Städte aus Anlaß des An⸗ schlages auf Seine Majestät den Kaiser an Seine Königliche Hoheit den Großherzog zur Uebermittelung an Seine Majestät den Kaiser gerichtet hatten, ist, wie „W. T. B.“ meldet, folgende telegraphische Antwort an den Großherzog eingegangen:
Tief bewegt durch den warmen Ausdruck herzlicher Theilnahme an dem durch Gottes Fügung gnädig verlaufenen Unfall, bitte ich Dich, den Stadträthen von Baden, Bruchsal, Freiburg, Heidelberg,
Karlsruhe, Konstanz, Laar, Mannheim, Pforzheim Meinen aufrichtigen
Dank übermitteln zu wollen. 8
Der Chef des Kultus⸗Departements im Großherzoglichen Staats⸗Ministerium, Wirkliche Geheime Rath von Pawel ist, wie die „Weim. Ztg.“ meldet, auf sein Ansuchen zur Dis⸗ position gestellt worden. 8 6 1b
Oesterreich⸗Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus ging, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sitzung zur zweiten Lesung der Vorlage, betreffend das Rekrutenkontingent, über. Der Abg. Forscht (Czeche) erklärte, man möge daraus, daß die Czechen die Rekrutenvorlage aus ihrem Vor⸗ gehen ausgeschaltet haben, nicht den Schluß ziehen, daß in der Haltung der böhmischen Abgeordneten ein totaler Wandel eingetreten sei. Es sei ausgeschlossen, an eine regel⸗ mäßige parlamentarische Thätigkeit zu denken. Die Czechen bildeten in Oesterreich einen mächtigen Schutzwall, welcher den Weg von Berlin nach Wien versperre. Sie würden in der Vertheidigung dieses Schutzwalls bis zum letzten Athem⸗ zuge ausharren. 1
Großbritannien und Irland. 8—
Im Oberhause brachte, wie „W. T. B.“ meldet, Lord Bragye gestern einen Gesetzesvorschlag ein, nach welchem der von den Herrschern Großbritanniens bei der Thronbesteigung in Bezug auf die katholische Religion abzulegende Eid abgeschafft werden soll. Im Unterhause fragte Edmund Robertson an, ob britische oder andere europäische Truppen bei Peking und Tientsin geplündert hätten und ob derartig geraubtes werth⸗ volles Eigenthum öffentlich verkauft worden sei. Der Staats⸗ ekretär für Indien Lord Hamilton erwiderte, soviel er wisse, ei in der von dem Fragesteller angegebenen Weise nicht geplündert und geraubt worden. Der General Gaselee habe im letzten August berichtet, daß bei den Truppen einiger verhündeter Mächte das Plündern geduldet worden sei. General Gaselee habe sich aber auf alle Weise 7 die britischen Soldaten zu verhindern, sich an dem Plündern und ebenso an der Zer⸗ von Privateigenthum zu betheiligen, und an⸗ eordnet, daß besonders ermächtigte Nachforschungs⸗ theilungen herrenloses Gut vorläufig an sich nehmen sollten und daß, wenn der rechtmäßige Eigenthümer nicht aufgefunden werden könne, das betreffende Eigenthum zu Gunsten aller rden solle Der Schatzkanzler Sir Michael Hicks
Beach beantragte die Wahl einer Kommission zur Prüfung der Angelegenheit der Zivilliste des Königs und fügte hinzu, die Regierung werde der Kommission ihre Vorschläge machen und die Kommission sodann hierüber Bericht erstatten. Den b⸗⸗ treffenden Vorschlägen werde die Zivilliste der Königin zu Grunde gelegt werden, und es würden diejenigen Abänderungen daran vorgenommen werden, welche sich erfahrungsgemäß als noth⸗ wendig erwiesen hätten. Es solle die Freigebigkeit des Par⸗ laments nicht mißbraucht werden, und die Vorschläge würden 2 geartet sein, daß sie sowohl den Ansprüchen der Krone wie denen
es Volkes gerecht würden. Der Vorschlag des Schatzkanzlers wurde von Sir Henry Campbell Bannerman befür⸗ wortet. John Redmond erklärte sich gegen den Vorschlag und sagte, er wolle mit diesem Einspruch gegen den vom König in Bezug auf die katholische Religion abgelegten Eid protestieren. Der E ste Lord des Schatzamts Balfour erklärte, Lord Salis⸗
zusetzen, welcher die Frage des Eides berathen solle. Die Re⸗ gierung werde nichts dagegen einwenden; er persönlich sehe . nicht ein, weshalb nicht ein gemeinsamer Ausschuß der beiden Häuser zur Berathung der Frage eingesetzt werden solle. John Redmond zog hierauf seinen Einspruch gegen den Vorschlag des Schatzkanzlers zurück, behielt sich aber vor, später auf die Eidesangelegenheit zurückzukommen. Der von Sir Michael Hicks Beach beantragte Ausschuß wurde hierauf ge⸗ bildet. Bei der sodann fortgesetzten Berathung des Armee⸗ Budgets lenkte Douglas die Aufmerksamkeit auf die An⸗ gelegenheit des Generals Sir Henry Colville, welcher von dem Oberbefehl in Gibraltar infolge seines Verhaltens bei Sannar Post und Lindley in Süd⸗Afrika abberufen worden sei, und beantragte eine neue Untersuchung. Der Staatssekretär des Kriegsamts Brodrick bekämpfte den Antrag und sprach sich schanh über die Haltung Sir Henry Colville’s bei Sannas Post aus, wo er geduldet habe, daß der Feind Geschütze er⸗ oberte; ferner warf er ihm vor, daß er die Neomanry in Lindley nicht befreit habe. Lord Roberts habe berichtet, daß Sir Henry Colville bei zwei Gelegenheiten Mangel an Unter⸗ nehmung und Urtheilskraft gezeigt habe; er stimme dem zu, daß Sir Henry Colville abberufen werde. Hierauf wurde die Debatte vertagt.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung des Vereinsgesetzentwurfs fort. Der Deputirte Abbé Gayraud fuhr, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner am Donnerstag begonnenen Redefort und widerlegte die Behauptungen des Deputirten Z6 vaes gegen die Jesuiten. Er verlas mehrere Briefe von Frauen⸗ Kongregationen, worin bestritten wird, daß ihnen Geld für den Vatikan abgepreßt worden sei. Der Redner erinnerte an die von den Kongregationen im Auslande geleisteten Dienste und versicherte, die Unterdrückung der Kongregationen werde unangenehme Folgen für das allgemeine Interesse na sich ziehen. Man habe weder das Recht, noch die Macht, no einen Grund zur Aufhebung der Kongregationen, ihr Vermögen werde zu Werken der Barmherzigkeit verwandt. Geyraud schloß mit der Erklärung, man dürfe nicht eine Zeit, in der auswärtige Verwickelungen entstehen könnten, wählen, um die Frage der Kongregationen aufzuwerfen. Der Deputirte Pelletan stellte die Behauptung auf, durch das Konkordat werde keineswegs das Bestehen der Kongregationen anerkannt; er brandmarkte deren Lehren und deren Versuche, Einfluß auf die Armee zu gewinnen,
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Fortsetzung der Berathung wurde auf heute Nachmittag 3 Uhr sei, der ihm mitgetheilt habe, daß der Präfekt heute zwischen herbeiführen werde. Die Gesellschaft habe sich entschlossen, Wie „Ritzau's Bureau“ aus Helsingfors meldet, ist und nicht nach St. Petersburg übergeführt werden sollten, von In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer er⸗ es formell für unrichtig, daß die italienischen Truppen in Italiener sei bewunderungswürdig gewesen; sie hätten niemals v Bei den Wahlen zu den Generalräthen der Pro⸗ Romero Robledo's, 17 Anhänger des Herzogs von Tetuan, wählt. Die Parteistellung von 8 Gewählten ist zweifelhaft. Arbeitgebern zu einem Zusammenstoß gekommen. Die Arbeiter und sein Sohn, verwundet und zwei Personen gerödtet sein gesteckt. Die telegraphis chen Verbindungen mit Manl eu sind Aus Konstantinopel meldet das Wiener „Telegr⸗ in der Frage der Konsular⸗Konpention zwischen der davon verständigt, daß er seinen Posten definitiv verlassen
und wies in letzterer Hinsicht auf eine Zusammenkunft des Generals Boisdeffre mit dem Jesuiten⸗General hin. Die vertagt. 1 In den Wandelgängen der Deputirtenkammer wurde mit⸗ getheilt, daß der Deputirte Dejeante gestern von dem Minister⸗Präsidenten Waldeck⸗Rousseau empfangen worden dem Direktor Coste der Gesellschaft von Montceau⸗les⸗Mines und den Vertretern des Arbeiter⸗Syndikats eine Besprechung Zugeständnisse zu machen. “ Rußland. der Antrag des finländischen Senats, wonach gewisse Finland betreffende Dokumente auch künftig dort aufbewahrt dem Kaiser abgewiesen worden. 8 klärte, wie „W. T. B.“ meldet, der Kriegs⸗Minister in seiner Beantwortung einer Interpellation des Abg. Chiesi China Mangel an Lebensmitteln gehabt hätten. Der Kriegs⸗ Minister fügte hinzu, die Haltung und Manneszucht der Plünderungen begangen. 1 üoe Spanien. vinzen wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, 232 Liberale, 191 Konservative, 20 Anhänger Gamazo’'s, 10 Anhänger 8 Karlisten, 28 Republikaner, 3 Mitglieder der liberalen Union, 5 Mitglieder der nationalen Union und 11 Unabhängige ge⸗ Nach Meldungen aus Barcelona ist es in der vorletzten Nacht in Manlieu zwischen ausständigen Arbeitern und griffen das Klubhaus der Fabrikanten an und gaben Schüsse ab, durch welche zahlreiche Personen, darunter der Alcalde sollen. 14 Personen, meist Gendarmen, sollen verletzt worden sein. Die Ausständigen hätten zwei Fabrikgebäude in Brand 1 unterbrochen. 8 9. Korresp.⸗Bureau“, daß gestern eine neuerliche Versammlung der Botschafter in der Ig Fer des Schiedsspruchs Türkei und Griechenland stattgefunden habe. Der türkische Gesandte in Madrid hat die Pforte werde, falls seine Reklamationen finanzieller Natur nicht binnen Wochenfrist erledigt würden.
bury werde im Oberhause ersucht werden, einen Ausschuß ein⸗
b.
Der Sekretär des Khedive Achmed Schefik Be mit der Mission, die zwischen dem Sultan und dem Fchollcher schwebenden Fragen zu ordnen, nach Konstantinopel gesandt Sec⸗, wird heute nach Egypten zurückkehren. Soviel verlautet, wäre di Mission in den wichtigsten Punkten, welche sie zum Gegenstand hatte, gescheitert, da die Pforte als Vorbedingung die Aus⸗ weisung des in Egypten als Flüchtling weilenden Schwagers des Sultans, Damad Mahmud Pascha’'s, gefordert habe. Der einzige, einer Regelung zugeführte Punkt betreffe die Ernennun eines neuen GroeKa von Egypten. 2
Amerika.
Der britische Botschafter in Washington, Lord Pa uncefote erhielt gestern die Antwort seiner Regierung in Betreff der Aenderungsanträge des Senats zu dem sogenannten H ay⸗ Pauncefote⸗Vertrage über den Nicaragua⸗Kanal und übermittelte diese Antwort alsbald dem Staatssekretär Hay. Wie das „Reuter’sche Bureau“ erfährt, läuft die Ant⸗ wort auf eine völlige Verwerfung der betreffenden Aenderungsanträge hinaus.
Nach Berichten des „Reuter'schen Bureaus“ aus Rio de Janeiro ergiebt das Rechnungsjahr 1900 im brasiliani⸗ schen Budget einen Ueberschuß von 26 762 Kontos Reis in Papier und 45 Millionen Francs in Gold, das ist etwa ein Gesammtüberschuß von 70 Millionen Francs. Während desselben Jahres wurden 34 000 Kontos Reis Papiergeld ver⸗ und 55 Millionen Francs als Depot nach Londan gesandt.
Nach einem Telegramm des „New York Herald“ aus Rio de Janeiro wird die brasilianische Flotte sorg⸗ fältig überwacht, da man eine Uzarchi he Erhebung befürchte.
Der amerikanische Gesandte C onger hat, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, Peking gestern mit e Ur⸗ laub verlassen. Alle Gesandten waren zum Abschied am Bahn⸗ hof erschienen. G
Die „Times“ erfährt aus Schanghai vom gestrigen Tage, aus glaubwürdiger Quelle werde gemeldet, Rußland habe der chinesischen Regierung bekannt gegeben, daß es, wenn das Mandschurei⸗Abkommen nicht bis zu einem nahen, von Rußland bezeichneten Datum werde, die Kon⸗ vention zurückziehen und härtere Bedingungen stellen werde. I1I11X“X“ erkläre, er sei machtlos, Widerstand zu eisten.
Nachdem die Session des japanischen Landtags bis zum 8. März verlängert worden war, um die Zustimmung der Pairs⸗ kammer zu dem von der Deputirtenkammer angenommenen Steuergesetze, welches sich auf die Deckung der in China ver⸗ brauchten Gelder bezieht, herbeizuführen, hat der Mikado, wie das „Reuter’'sche Bureau“ meldet, die Session nochmals um fünf Tage verlängert. Wenn es dem Kabinet Jto gelingen sülte, den Widerstand des Herrenhauses zu brechen, so bleibe nur die Wahl zwischen der Entlassung des Ministeriums und der zeitweiligen Aufhebung der Verfassung, da eine dritte Vexlängerung der Session des Landtages nach der Verfassung nicht zulässig sei. v1“
8 Alfrika. 11“ Der „Agenzia Stefani“ wird aus Aden vom 10. d. N. emeldet: Nachrichten aus Berbera zufolge hätten die Abes⸗
Fon er vor zehn Tagen den Scheikh Abdullahi in Harer⸗ 5 vollständig geschlagen. Die Somalis hätten viee Todte gehabt, doch seien auch die Verluste der Abessynier de⸗ trächtlich gewesen; die Abessynier hätten eine große Anzahl öu6 gemacht. Abdullahi solle in der Richtung auf Bohodle geflohen sein und von den Abessyniern verfolgt werden.
Aus Lourençgo Marques vom 11. d. M. erfährt das „Reuter'sche Bureau“, Botha sei vollständig bereit, sich zu er⸗ eben, und verlange einen Waffenstillstand, um mit de Wet in Verbindung zu treten. Man glaube, daß Botha auch in dem Falle sich ergeben werde, wenn de Wet dies nicht thun sollte. Die Eisenbahn zwischen LourençCo Marques und Pretoria se frei von Buren. Da letztere keine Munition für ihre Ar⸗ tillerie hätten, vergrüben sie nicht nur ihr schweres Geschüt, sondern auch die Pompon⸗ und Maxim⸗Geschütze.
Nach den letzten in Bloemfontein eingetroffenen Be⸗ richten soll de Wet fortgesetzt nordwärts marschieren, um N Eechenbalm in östlicher Richtung zu üverschreiten; wahrscheinlch sei er jetzt irgendwo westlich von Kroonstad. Viele frühen Feinde Englands in Bloemfontein, Brandfort und Kroort ätten sich jetzt den Engländern angeschlossen.
“ 69 Parlamentarische Nachrichten. G
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der Zen (47.) Sizung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr nte, Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten im Kapitel „Elementar⸗ Unterrichtswesen“ bei dem Fonds zu Beihilfen für die Schul⸗ unterhaltung an Schulverbände wegen Unvermögens, der mü 11 ℳ, d. s. 1 386 000 ℳ mehr als im Vorjahr, ar⸗
etzt ist, fort. 1 gef vbertzürfate Abg. Winckler skons.) berichtet, daß in ditem Mehr auch eine Erhöhung der Beihilfen für die Lehrerbeso an den bffengen mittleren Schulen um 20 000 ℳ und eiee Afr. höhung der Beihilfen für den Religionsunterricht konfeffioneller Minderbeiten um 20 000 ℳ einbegriffen seien, und beantragt die Des willigung der Mehrausgaben. 1
Abg Schmidt⸗Warburg (Zentr.) bittet den Minister, it diesem Fonds auch der Gemeinde Berleburg im Regierun Arnsberg eine Beihilfe zur Errichtung einer katholischen S. 2 8 gewähren. Für die katholischen Kinder sei dort jetzt recht mangelhaf
esorgt. . Veheimer ö3ö Brandi erwidert, daß unter 8 278 Kindern der Schule in Berleburg sich 29 katholische befän 2 für die ein katholischer Religionslehrer veshlt sei, sodaß für je genügend gesorgt sei. Schultechnische Gründe sprächen dafür, der ’ 8 meinde die mittelklassige Schule zu Fhalten, und das sei nur mög 2— wenn keine besondere katholische ule errichtet werde. — werde der Minister gern die Anregung noch einmal wohlwollend
Abg. Schwarze (Peutr) will die Besoldungsverhältnisse 8 Rektoratsschulen besprechen, wird aber von dem Präsidenten 822 Kröcher mit dem Bemerken daran verhindert, daß dies 95 57 Sache gehöre. Der Redner geht dann auf die S ulaufsich
r. Studt beiwohnte, die Berathung des 4
wiederum vom Präͤsidenten unterbrochen, der erklärt, daß 2 e Fat zu diesem Titel gehöre. V Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler erwidert, daß die Gehälter an Rektoratsschulen bereits geregelt seien; die Rektoratsschulen be⸗ en ven unter kleinen Verhältnissen an kleinen Orten, und die Ge⸗ seien unfühig, boöhere Gehälter aufzubringen. 1 mer Abg. Macco (nl.) spricht sich gegen die Errichtung einer be⸗ nderen katholischen Schule in Berleburg aus, sonst müßte auch eine Prhule für die 28 jüdischen Schüler errichtet werden. Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Schmidt⸗ Warburg wird der Fonds bewilligt. Bei dem Fonds zur Entschädigung von Elementarlehrern
und Lehrerinnen für die Theilnahme an amtlichen Kreis⸗
—
konferenzen wünscht . — 8 Abg. Ernst (fr. Vgg.) eine Erhöhung dieser Entschädigungen. Alsdann wird über den Fonds zur Förderung des
deutschen Volksschulwesens in den Provinzen Westpreußen und
Posen sowie im Regierungsbezirk Oppeln verhandelt.
(Schluß des Blattes.) “
“ 1““
Dem Reichstage sind Ergänzungen zu dem Gesetz entwurf, betreffend die Feststellung des Reichs haushalts⸗Etats für das Rechnungsjahr 1901, und zu dem Reichshaushalts⸗Etat nebst Anlagen, wie solche vom Bundesrath beschlossen worden sind, zugegangen.
—
Nr. 10 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, berausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 8. März, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat⸗Wesen; Entlassung; — Exequatur⸗Ertheilung. —*9 Militär⸗Wesen: Bestimmungen über die für Unterstützungen, welche den bedürftigen Familien von Theilnehmern der Erpedition nach Ost⸗Asien gewährt werden. — 3) Zoll⸗ und Steuer⸗Wesen: Verzeichniß der gemäß § 6 der Branntweinsteuer⸗ Befreiungsordnung zur Zusammensetzung des allgemeinen Branntwein⸗ Denaturierungsmittels ermächtigten Gewerbsanstalten. — 4) Marine und Schiffahrt: Erscheinen der amtlichen Liste der Schiffe der deutschen Kriegs⸗ und Handelsmarine für 1901. — 5) Polizei⸗Wesen: Aus⸗ weisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Kunst und Wissenscheftt.
† Von der ehemaligen Vereinigung der XI, die seit dem Be⸗ stehen der Sezession ihre Sonder⸗Ausstellungen hat eingehen lassen, haben vier Mitglieder in dem Kunstsalon von Keller und Reiner sich zu einer gemeinsamen Ausstellung wieder zusammen⸗ efunden: Ludwig von Hofmann, Walther Leistikow, Jacob Alberts und George Mosson. Die stärkste Persönlichkeit ist Ludwig von Hofmann, von dessen fleißigem Weiterarbeiten etwa achtzchn Bilder Zeugniß ablegen. Die Qualität dieser neuesen Werke des reichbegabten Malers ist recht ungleich. Sein ganzes Können in monumentalen Schöpfungen zusammen⸗ zufassen, ist ihm leider versagt geblieben. Aber seine kleineren Bilder und Studien lassen ahnen, was er auf großen Wandflächen zu leisten im stande wäre. Die Tendenz, die Formen zu vereinfachen, Stim⸗ mungen in dekorativer Geschlossenheit zu monumentalisieren, spricht sch überall aus. Selten entschließt sich der Künstler zur Durchführung einer Gestalten ins Einzelne hinein, wie z. B. in dem Hirtenknaben; meist giebt er, wie in der Tänzerin am Strande nur großkonturierte An⸗ deutungen, die aber durch seine üppig blühende Farbenphantasie Leben erhalten. Neben arkadischer Seligkeit und märchenhaftem Glanz und Schimmer (z. B. im Zaubergarten) vermag er auch die heiße Sinn⸗ lichkeit einer schwülen Sommernacht zu wunderbaren Farbengebilden zu verdichten, die sich am ehesten den poetischen Schöpfungen eines Hoffmannsthal oder Stephan George vergleichen lassen. In die welt⸗ remde, vornehme Sphäre seiner Einbildungskraft führt vielleicht am esten sein „Mythos“ benanntes Gemälde ein. Aber auch Motive der Alltagswelt umkleidet er gern mit einem Hauch von ekstatischer Poesie. Die Halbfigur einer Badenden sowie einige Meerbilder mögen dafür als Beispiele genannt sein. Deutschland verfügt zur Zeit 8 erlich über keinen Maler, dessen ganze Richtung stärker als die udwig von Hofmann's auf monumentales Ausgestalten dekorativer Aufgaben hindrängt. 1
Leistikow's Entwickelung bewegt sich in auf⸗ und absteigenden Kuwen. Den vortrefflichen Leistungen, die seine Kunst auf der letzten Ausstellung der Sezession repräsentierten, läßt sich fast keines der bei Keller und Reiner vorgeführten an die Seite stellen. Einzelnes deutet direkt auf Nachlassen der Kraft; die oft erprobten Stilisierungs⸗ effekte, durch die er der märkischen Landschaft für das moderne Auge neue Anziehung zu geben bestrebt war, versagen gelegentlich. Andere Bilder, wie die drei Meerveduten, entgehen bei allem w. nach Absonderlichem nicht dem Vorwurf der Oberflächlichkeit. Am glück⸗ lichsten ist der Maler in einer graugestimmten Dünenlandschaft und einer Dorfkirche im Schnee, deren lichte Haltung an die zarten Litho⸗ graphien Henry Rividre's erinnert.
George Mosson hat mehrere Porträts und Stillleben aus⸗ gestellt, aus denen das stets gleichbleibende Streben spricht, in derber Behandlung feine Effekte zu erreichen. Alberts setzt für seine Schilderungen aus dem friedlich⸗eintönigen Leben der Halligbewohner wie immer heimathliche Liebe ein, der Fleiß und die Schlichtheit seiner Malweise passen gut zu diesen Motiven: Interieurs der wohl⸗ häbigen, sauber geputzten Fischer⸗ und Schifferhäuser. Frischer wirken aber Alberts; Freit tbilder: die Dünen, blühende Hallig, Motiv aus Kärnten. Auch die Kreidestudien zu einzelnen Charakterköpfen ver⸗ dienen ihres kräftigen Vortrags wegen lobende Erwähnung.
Fheater und Musik.
Königliches Opernhaus.
In der gestrigen Aufführung der „Meistersinger von Nürn⸗ ber * sollte Herr Slezak als Gast die Partie des Walther von Stolzing singen. Für den erkrankten Künstler war aber ein anderer Gast, Herr her narini aus Hamburg eingetreten. Derselbe verfügt über gute nimmlich Mittel, welche namentlich für rein lyrische Partien geeignet erscheinen. Für die Wiedergabe einer so anspruchs⸗ vollen Aufgabe wie der gestrigen fehlt es seinem Organ an Glanz und Kraft, sodaß es im Ensemble zuweilen kaum zu hören war. Der Sänger muß sich außerdem einer deutlicheren Aussprache befleißigen.
eine Darstellung konnte dagegen befriedigen, wenn auch hier manches unfertig war. Die Besetzung der anderen Rollen war die bekannte vortrefflichhe. Berliner Theater.
Zur Feier des siebzigsten Geburtstages Ernst Wichert’'s
wurde gestern das fünfaktige Schauspiel „Die Fabrik zu Nieder⸗ ronne, eines der ältesten dramatischen Werke des Dichters, dessen Stoff
anntlich aus der Arbeiterbrwegung entnommen ist, zum ersten 1 al auf dieser Bühne gegeben. Obwohl das Stück inzwischen ber der Zeit theilweise überholt worden ist, machte es dennoch bei den festlich gestimmten Zuschauern, welche das Haus füllten, in seiner schlichten, natürlichen Sprache, den wirkungsvollen Volks⸗ drnen und charf umrissenen Charakterbhildern einen nachhaltigen Ein⸗ volff Namentlich aber gelang es der Darstellung, diese Vorzüge zur Bei en Geltung zu bringen, so daß lebhafter, sich immer erneuernder
eifall den greisen Autor und die Mitwirkenden wiederholt vor den
Vorhang rief. Von den letzteren gaben namentlich die en (Kommerzienrath Kettenring), Connard (Freiherr von Krain), Vehrlin (Werkführer) und Siebert (Arbeiter Flemming) ihre Rollen mit feiner Zeichnung dieser twpischen Charaktere, während es dem Spiel der Herren Tauber (Bureau⸗Vorstand) und Walden (Techniker) bisweilen an Temperament fehlte und ersterer außerdem noch etwas undeutlich sprach Die weibliche Hauptrolle, die der opfer⸗ muthigen Tochter des Fabrikherrn, wurde von Fräulein Pahlen glaubwürdig gestaltet und auch die durch die Damen Baumeister und Dassow besetzten, nächstwichtigen Rollen befanden sich in guten Händen. Inscenierung und Zusammenspiel verdienen volle Anerkennung.
Schiller⸗Theater.
Die Volksbühne in der Wallner⸗Theaterstraße feierte gestern Ernst Wichert's siebzigsten Geburtstag mit einer Wieder⸗ aufnahme seines erfolgreichsten Lustspiels in Schritt vom Wege“, das bekannflich ein Abenteuer eines jungen, auf der Hochzeits⸗ reise befindlichen Ehepaares behandelt, welches in übermüthiger Laune Geld und Legitimationspapiere fortwirft, um, von jeder Fessel befreit, in einem kleinen Badeorte sein Glück zu ver⸗ suchen und sich selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Fülle komischer Situationen und die treffliche Charakteristik der Badegäste und Honoratioren des Ortes, welche in dem jungen Ehemann den incognito reisenden Fürsten des Landes zu erblicken wähnen, während der Fürst selbst für einen Hochstapler gehalten wird, verfehlten wiederum ihre erheiternde Wirkung auf das zahlreiche Publikum nicht. Dazu trug auch das vortreffliche Spiel bei. Das junge Ehepaar wurde von Herrn Kaiser und Fräulein Wulf mit Temperament und in bester Laune gegeben, desgleichen der Fürst durch Herrn Otto Rembe. Die im Badeort anwesende Gesellschaft fand in den Damen Scholtz und Werner sowie den Herren Schmasow und Holthaus gut charak⸗
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terisierende Vertreter. Der Verfasser wohnte dem zweiten Theil der 1ℳ I11“
Aufführung bei. Theater des Westens.
Meyerbeer's große Oper „Die Hugenotten“ gelangte
gestern mit Frau Gertrud Roland in der Partie der Valentine zur Aufführung und erzielte in ihrer abgerundeten, bis auf geringe Einzelheiten wohlgelungenen Wiedergabe unter Kapell⸗ meister Sänger's bewährter Leitung einen anerkennenswerthen Erfolg. Frau Roland litt augenscheinlich unter einer gewissen Befangenheit, sie zeigte aber eine umfangreiche, helle Stimme, welche freilich bisweilen durch Forcieren des Tones einen etwas unedlen Klan erhält; auch der Ansatz war nicht durchweg ganz rein und sicher, jedo
erfreute sie durch eine Koloratur, die zwar ‚der Weiter⸗ bildung noch bedürftig, aber immerhin schon ganz annehmbar ist. Der Gesammteindruck ihrer Leistungen war im allgemeinen ein recht günstiger, wozu ihr dramatisch bewegtes Spiel wesentlich beitrug. Namentlich errang sie sich in der großen Scene mit Raoul wohlverdienten Beifall. Die anderen Mitwirkenden lösten ihre Auf⸗ aben gleichfalls befriedigend und es verdienen hierbei die Herren Aranyi (Raoul), Waschow (St. Bris) und Birkholz (Marcel), sowie Fräulein Warmersperger als Page, obwohl die sympathische Stimme
dieser gleichfalls als Gast auftretenden Sängerin noch die rechte
Schulung vermissen ließ, besonders erwähnt zu werden.
Konzerte. Das dritte Abonnements⸗Konzert der Herren Zajic und Grün⸗
feld, welches am Dienstag voriger Woche in der Sing⸗Akademie
stattfand, begann mit einem Trio von Georg Schumann, dem jetzigen Direktor der Sing⸗Akademie. Der Komponist hatte selbst den Klavierpart übernommen, und die drei Herren brachten das feinsinnige Werk in künstlerischer Meisterschaft zur Wiedergabe. Am interessan⸗ testen und eigenartigsten waren darin ein graziöses Scherzo und ein schwungvolles, freilich etwas auf den Effekt berechnetes inale. Der Geiger Herr Zazjic spielte dann mit seiner vollendet 1een Technik zwei Stücke aus älteren Werken und Herr Hofcellist Grünfeld erfreute u. a. durch den erwärmenden Vortrag eines Chopin’schen Prélude und eines Tartini'schen Adagios. Von der großen Vortragskunst des mitwirkenden Sängers Herrn Raimund von Zur⸗Mühlen wurde jeder Hörer wiederum mit fortgerissen und bis ins Innerste hinein ergriffen, namentlich bei dem in tiefstem Schmerz ausklingenden, leiden⸗ schafllichen Liede „Warum?“ von Tschaikowskvy.
Am Mittwoch fand in der Sing⸗Akademie ein gemeinsames Konzert von Fräulein Hedwig Ribbeck (Gesang) und Herrn F. della Sudda aus Konstantinopel (Klavier) statt. Die kleine Mezzosopranstimme der Dame ist im Forte nicht besonders klangvoll, die Vortragsart zwar gewandt, aber bisweilen nicht lebendig genug. Der Klavierspieler verfügt über eine bemerkenswerthe Technik und einen sympathischen, weichen Anschlag. Sein Piano ist besonders zart und der Vortrag meist von tiefem⸗Empfinden durchdrungen. Am besten gelang ihm die Wiedergabe französischer Stücke, weniger solcher von Chopin. Lebhafter Beifall lohnte seinen Darbietungen. — An demselben Tage gab das aus den Herren Hoffmann, Suk Redbal und Professor Wihan bestehende „Böhmische Streich⸗ quartett“ unter Mitwirkung des Königlichen Kapellmeisters Herrn Felir Weingartner im Beethoven⸗Saal sein letztes diesjähriges Konzert. Als erste Nummer spielten die Künstler das D. moll- Quartett von Weingartner, welches großen Anklang beim Publikum fand und dessen dritter Satz mit seiner wundervoll ge⸗ spielten Bratschenmelodie wiederholt werden mußte. Hierauf vereinigte sich Herr Weingartner mit den genannten Herren zu der ganz vollendeten Wiedergabe des Quintetts in Es-dur (op. 4⁴) von Schumann. Es war bewundernswerth, wie er sein Spiel dem Ensemble einzuordnen wußte und mit ihm zu einem organischen Ganzen verwuchs, aus dem kein Element ungehörig hervortrat. Den Schlus machte die überaus fein ausgearbeitete und doch, — wie es bei diesen Künstlern selbstverständlich ist, — temperamentvolle Interpretation des Schubert'schen A-moll⸗Quartetts, dessen Wiedergabe gleichfalls reichen Applaus entfesselte. — Ebenfalls am Mittwoch gab im Saal Bechstein Herr Martin Jacobi einen Lieder⸗Abend mit eigenen Kompositionen unter Mit⸗ wirkung von Frau Adelina Sandow⸗Herms. Das Programm enthielt Duette und Lieder. Herr Jacobi hatte den Bariton⸗Part selbst übernommen, es wäre aber für seine Kompositionen besser ge⸗ wesen, hätte er einem bewährteren Sänger die Ausführung desselben übertragen. Seine Stimme ist zwar nicht unsympathisch, aber bezüglich des Vortrags waren die von der bestens bekannten Sängerin zu Gehör gebrachten Lieder viel wirkungsvoller. Auch hinsichtlich der Begleitung wäre es vielleicht besser gewesen, dieselbe durchweg den ge⸗ schickten Händen des Herrn V. Bos zu überlassen. Im Ganzen ge⸗ fielen die Lieder dem ziemlich zahlreichen Publikum, obwohl ihnen eine besondere Ursprünglichkeit nicht zugesprochen werden kann. Auch im Saale des „Römischen Hofes“ wurde an diesem Abend konzertiert. Hier sang Fräulein Maria Romaneck aus Paris gleichfalls einige Lieder und Arien in deutscher, französischer und italienischer Sprache. Für ihre starke, im Forte etwas scharf klingende Stimme ist der Konzertsaal vielleicht nicht der geeignete Raum, zumal es ihrem Vortrag an Feinheit und Intimität mangelt. Dies kam namentlich in dem Peetischen Liede von Tornelius „Komm, wir wandeln zusammen im Mondschein“ zur Geltung, wogegen die weniger fein gezeichneten, fremdsprachlichen Gesänge von Massenet, Rotoli, Tosti, Lefebvre bei der Sängerin ein besseres Verständniß fanden. Fräulein Helene Obroüska sorgte durch einige Klavier⸗ vorträge für willkommene Abwechselung im Programm. Die Wieder⸗ abe des Menuettos und Allegrettos aus der Sonate op. 51 von
eethoven war eine recht anerkennenswerthe pignistische Leistung. In der Legende St. Framsoig von Liszt machte sich jedoch die Grenze ihres technischen Könnens zu sehr fühlbar. Kleinere Charakterstücke liegen der Dame entschieden besser, wofür die graziös vorgetragener Gavotte und Musette von E. d Albert den Beweis lieferte. 1
Das „Frankfurter Trio“ der Herren James Kwast (Klavier), Adolf Rebner (Violine) und Johannes hegar (Violoncello), dessen Leistungen bereits gelegentlich des ersten hiesigen Konzerts Ende Februar d. . besprochen wurden, brachte bei seiner
am Donnerstag veranstalteten zweiten Musikaufführung mit dem
Klaviertrio in F-moll op. 51 von Gustav Erlanger eine Neuheit zu Gehör. Dieselbe machte zwar keinen nachhaltigen Eindruck und trägt nur das Gepräge einer annehmbaren Salonmusik, bekundet jedoch immerhin musikalisches Empfinden und tonsetzerisches Können. Es fehlt dem Wer⸗ jedoch an Eigenart; die Themen sind bisweilen etwas ermüdend lang ausgesponnen, und auch im Ausdruck sich manchmal eine gewisse Einförmigkeit geltend. Immerhin machte aber die Komposition in ihrer trefflichen iedergabe im allge⸗ meinen keinen ungünstigen Eindruck und fand freundlichen Beifall.
In der Sing⸗Akademie gaben am Freitag die Damen Gertrud Richter (Gesang) und Lilli von Roy E(lavier) ein Konzert. Das Spiel der Letztgenannten war meist zu monoton und zeigte zu wenig Temperament, erschien jedoch im Piano ganz wirkungs⸗ 12 Fräulein Richter's freilich etwas scharfe Sopranstimme ist be⸗ sonders in der Mittellage, im Piano recht wohlklingend und besitzt eine ziemliche Beweglichkeit, der Polonaise aus „Mignon“ war sie aber noch keineswegs gewachsen. Wenn beiden Damen auch freundlicher Beifall zu theil wurde, so dürfte ihnen doch zunächst noch fleißiges Weiter⸗ studium anzurathen sein, um auf dem Konzertpodium festen Fuß zu fassen. — In der Philharmonie fand gleichzeitig der zweite populäre Lieder⸗ und Balladen⸗Abend des Kammersängers Herrn Eugen Gura statt. Die den großen Saal füllende Zuhörerschaft spendete dem Vortragsmeister und unerreichten Interpreten Löwe'scher Balladen wiederum sehr reichen, wohlverdienten Beifall und erzwang sogar die Wiederholung der Ballade „Prinz Engen“. Am Schlusse mußte sich der beliebte Künstler, obwohl er etwas ermüdet zu sein schien, zu zwei Zu⸗
aben entschließen. Die Begleitung am Klavier, welche von Herrn Ed. Beh mausgeführt wurde, verdient ganz besonders hervorgehoben zuwerden. — Fräulein Gertrude Peppercorn, die gleichfalls am Freitag im Beethoven⸗Saal einen Klavier⸗Abend gab, bekundete einen wohl⸗ gebildeten musikalischen Geschmack und zeigte eine recht tüchtige technische Durchbildung. Sie wußte durch ihre Vorträge das nicht allzu zahlreiche Auditorium bis zum Schluß zu fesseln. Sie versteht gesangreich zu spielen und besitzt große Kraft und Ausdauer, allein ihr Anschlag im Forte ist noch hart und unedel, sie braucht zu viel Pedal und verwischt theils dadurch, theils durch brüsken Wechsel im Tempo und in der Tonstärke vielfach feinere Nuancen. So schön daher der Vortrag der ersten beiden Sätze der Cis-moll- Sonate von Beethoven war, so wenig gelang ihr der dritte, der nicht nur an Kraft und Schnellig⸗ keit des Spiels, sondern auch an die Schönheit des Klaviertons die höchsten Anforderungen stellt. Am besten gelang der Vortragenden die sehr schwierige und nur selten gehörte A-moll-Etude von Chopin. — Im Saal Bechstein konzertierte an diesem Tage die Pianistin Fräulein Anna Winkelmann unter Mitwirkung des Königlichen Kammervirtuosen Herrn Felix Meyer (Violine). Wenn auch das Spiel der Dame, namentlich bezüglich einiger technischen Einzelheiten und der Auffassung, noch bisweilen die Anfängerin erkennen läßt, so bekundete es doch immerhin ein nicht unbedeutendes Talent, Aus⸗ drucksfähigkeit, warmes Empfinden, sowie gute, fleißig ausgenutzte Schulung und berechtigt, bei strebsamem Weiterstudium, wohl zu den besten Hoffnungen. Herr Meyer trug durch seine trefflichen Violin⸗ vorträge, von denen besonders Bach's „Ciaconna“ genannt sei, zur abwechselungsvollen Gestaltung des Programms bei und erntete, gleich der Konzertgeberin, reichen Beifall von seiten des gut besetzten Saales.
Am Sonnabend fand im Königlichen Opernhause der achte Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Felixr Weingartner's Leitung statt. Er wurde mit Haydn’s D-dur- Symphonie eröffnet, deren zierliches und reizvolles Gefüge in seiner ganzen neckischen, frischen Art außerordentlich stilgerecht zur Geltung gebracht wurde und allgemeinen Beifall hervorrief, welcher ei der feinsinnigen Wiedergabe des anmuthigen Menuetto seinen Höhepunkt erreichte. Ein Werk ganz anderen Stils ist die symphonische Dichtung „Mazeppa“, von Liszt, welche darauf folgte und deren sonst elementare Wirkung anfänglich etwas unter dem nachhaltenden Eindruck der unmittelbar vorausgegangenen phantasie⸗ vollen Tonschöpfung litt. Im weiteren Verlauf dieser stellenweise so überaus effektvoll instrumentierten Komposition kamen jedoch die Schönheiten derselben bei der virtuosen Durchführung zur vollsten Geltung. Die 7. Symphonie in A-dur von Beethoven beschloß den Abend und brachte die zu Anfang erzeugte sonnigeheitere Stimmung wieder in völliges Gleichgewicht. Ihre gewissermaßen idealisierten Tanzmelodien rissen in ihrer vollendeten Wiedergabe die Zuhörerschaft unwillkürlich mit sich fort, und das besonders temperament⸗ voll gespielte Finale rief einen wahrhaft stürmischen Applaus hervor. — Das Konzert des Geigers Herrn Friedrich Porges, welches ebenfalls am Sonnabend im Bechstein⸗Saal stattfand, brachte manches Erfreuliche, wenn auch gerade nichts künstlerisch Hervorragendes. Mit der trefflichen Wiedergabe der Sonate in G-moll von Tartini und namentlich der Ciaconna von Bach, dieses Prüfsteins und Lieblings⸗ stückes aller Geiger, nahm das Konzert einen guten Anfang. Für eine Romanze von Beethoven und ein Andante aus dem Violin⸗ konzert in Emoll von Mendelssohn hätte man sich einen etwas größeren Ton in der Kantilene gewünscht. Auch waren in diesem Konzert einige Unreinheiten und technischen Unfälle zu verzeichnen. Der mitwirkende Sänger, Herr Gustav Friedrich, entzückte durch seine weniger große als äußerst wohlklingende und wohl angewandte eeen Die zu Gehör gebrachten Schubert⸗Lieder: „An die Lever“, „Liebeslauschen“ und „Alinde“ waren ein Genuß für die Zu⸗ börer, die den Sänger mit reichem Beifall belohnten.
In der Sing⸗Akademie gab am Sonntag vor einer zahlreich versammelten Zuhörerschaft Herr Dr. Ludwig Wüllner seinen vierten und für diese Saison letzten Lieder⸗Abend, für welchen er sich die Vorführung von F. Schubert’s Lieder⸗Cvyelus „Die Winterreise“ (op. 89) als Aufgabe gewählt hatte. Ohne Zweifel hat er sie, abgesehen von zeitweiligem Detonieren, so gut gelöst, wie es überhaupt nur möglich ist; aber selbst des Künstlers außergewöhnliches Ausdrucksvermögen, seine ergreifende Darstellungskunst, die allerdings sporadisch bis zu einer gewissen Uebertreibung gelangte, und alle seine sonstigen, längst bekannten und anerkannten Vorzüge im Gesangsvortrage vermochten es nicht zu verhindern, daß sich bei der gar zu gleichartigen Charakter⸗ färbung der schier endlosen Liederreihe gegen Ende des Konzerts eine leichte Ermüdung der Zuhörer bemächtigte, wenngleich es andrerseits nicht an lebhaftem Beifall fehlte. Herr Professor Reimann unterstützte auch diesmal den Sänger am Klavier in tadelloser Weise.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Arthur Sullipan's Operette „Der Mikado⸗ in folgender Besetzung gegeben: Nanki Poo: Herr Philipp; Koko: Herr Lieban; Pooh Bah: Herr Berger; Pisb⸗ Tush: Herr Krasa; Bum⸗Pum: Frau Lieban⸗Globig; Pitti Sing: Fräulein Dietrich; Peep Boh: Fräulein Rothauser; Katisha: Frau Goetze; Mikado: Herr Knüpfer.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Ernst von Wildenbruch’'s Schauspiel „Die Tochter des Erasmus“ zum 45. Mal in Scene. — Am Freitag geht zum ersten Mal Moliöre’s Lustspiel „Die lächerlichen Preziösen“ („Les prücieuses ridicules-*) in Verbindung mit „Der Widerspenstigen Zähmung“ don Shakespeare (Petruchio: Herr Matkowsky, Katharina: Fräulein Poppe) in Scene.
Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater gelangt am Sonntag (Gutzkow’s Geburtstag) zu ermäßigten Prrisen „Uriel Acosta“ zur Aufführung.
Im Theater des Westens werden in der nächsten Zeit mehrere Gastspiele stattfinden. Zunächst wird die bekannte Künstlerin Fräulein Thea Dorré am Freitag in der Titelrolle der Oper „Carmen“ auftreten, und in der kommenden Woche wird Herr Nitkolaus Rothd⸗ mühl ein Gastspiel beginnen. Dasselbe wird mit Halévy’'8 Oper „Die Jüdin“ eingeleitet und mit der ldrischen Oper „Johaunn ven Lothringen“ von Joncières 8 werden, deren Erstau ebenfalls in der nächsten Woche stattfindet. b
Bei dem morgen, Mittwoch, Mittags 12 Uhr, in der Marten⸗ kirche stattindenden Orgelvortrag des Mufildirektors Otte Dienel kommen lediglich Kompositionen von Bach zu Geher.
Fräulein Margarethe Pfefferkorn aus Kopenhagen singt die