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thunlichst zu beseitigen. Ich habe auch
Körperverletzung sowie wegen gefährlicher
haben und daß die Häuser⸗ und Hüttensteuer bei diesen Aufständen immerhin auch genannt worden ist, d. h. die Eingeborenen, welche zu einem Aufstand bereit waren, haben sich zunächst geweigert, die Häuser⸗ und ö zu bezahlen, aber das Vorgehen gegen die Eingeborenen zügich der Einziehung der Häuser⸗ und Hüttensteuer ist durchaus nicht der Grund für Ausbruch der Unruhen “ — so wird wenigstens in den mir vorliegenden Berichten durchgehend ausgeführt. Es handelt sich hier zunächst um einen Strafzug gegen den Häuptling Matschemba im Bezirk Mikindani. Aber gerade hier war die Häuser⸗ und Hütten⸗ steuer noch nicht zur Erhebung gelangt, sondern der Aufstand hat sich entwickelt aus der Weigerung dieses Häuptlings, auf die Verhandlungen mit den Behörden des Schutzgebiets bezüglich der Bezahlung dieser Hers und Hüttensteuer einzugehen. Der ö hat sich allen ersuchen, mit den Behörden über die Frage der Häuser⸗ und Hüttensteuer zu verhandeln, zu entziehen gewußt; schließlich ist er in eine Opposition zur Regierung selbst getreten, hat seine Krieger versammelt, und es ist nichts Anderes übrig geblieben, um größeres Unheil zu verhüten, als eine militärische Expedition gegen diesen Häuptling in die Wege zu leiten. Diese Expedition ist auch in kürzester Zeit zu Ende geführt worden, und es ist dann seitens des Herrn Gouverneurs Liebert das zuständige Bezirksamt angewiesen worden, alles zu thun, um die Spuren des Aufstandes zu beseitigen und geregelte Verhältnisse wieder herbeizuführen. Eine weitere Steuerrevolte, um die es sich handelte, ist im Rufidschi⸗ Distrikt unterdrückt worden. Wie gering diese gewesen ist, geht daraus hervor, daß ein einziger Unteroffizier mit einer Anzahl von Askaris genügt haben, diese Angelegenheit in kürzester rist aus der Welt zu schaffen. Auch hier, wird in dem ericht erwähnt, habe die Steuerverweigerung nur ein Symptom gebildet, habe aber keinesfalls im ursächlichen Zusammenhange mit dem Ausbruche des Aufstandes gestanden. Was nun die gegen den Herrn Gouverneur von Liebert gerichteten Angriffe der hiesigen Presse anlangt, so bin ich dem Herrn Abg. Dr. Hasse außerordentlich dankbar, daß er bereits diesen Angriffen gier im Hause entgegengetreten ist. Es gereicht aber auch mir zur besonderen Genugthuung, hier aus⸗ führen zu können, daß diese Angriffe durchaus grundlos befunden worden sind, insbesondere, daß diese Angriffe nichts mit dem Rücktritt des Herrn Generals von Liebert von seinem Posten als Gouverneur in Ost⸗Afrika zu thun gehabt haben, daß Herr von Liebert vielmehr aus eigenem An⸗ triebe in die Armee zurücktritt, wo ihm ein höheres Kommando zu⸗ gedacht ist, und daß die Kolonialverwaltung den verdienten Beamten, dem sie großen Dank schuldet, nur ungern gehen sieht. Es ist dann auch des Aufstandes am Kilimandscharo und der Hinrichtung von 19 Häuptlingen gedacht worden. Inzwischen ist der stellvertretende Gouverneur von Estorff an Ort und Stelle gewesen, und aus dem Bericht des Herrn von Estorff geht hervor, daß es sich hier um Zustände gehandelt hat, die eine andere Behandlung seitens des Bezirksamtes überhaupt nicht gestattet haben. Wenn dann gesagt worden ist, daß in Ost⸗Afrika zu viel regiert würde, zu viel Verordnungen erlassen würden, so ist mir vor einiger Zeit eine Zusammenstellung über die Verordnungen, die in Britisch⸗ Ost⸗Afrika) und diejenigen, die in der gleichen Zeit von unserer Re⸗ gierung erlassen worden sind, vorgelegt worden. Danach ist die Summe der Verordnungen, die in Britisch⸗Ost⸗Afrika erlassen worden sind, weit größer als bei uns. Selbstverständlich ist die Kolonialverwaltung der Ansicht, daß es außerordentlich wünschenswerth wäre, daß das vnfmännische Element gegenüber dem Element der Beamten und Militärs sobald als möglich in die Majorität gelangt; aber auch das hängt mit der wirthschaftlichen Entwickelung des Landes zu⸗ sammen, die dadurch aufgehalten ist, daß es an den nöthigen Unter⸗ lagen zur Zeit noch fehlt. Was die Frage der Sklaverei anlangt, so gebe ich dem Herrn Abg. Bebel vollkommen zu, daß der Artikel der „Ostafrikanischen Zeitung“ in Dar⸗es⸗Saläm, der ihm aufgefallen ist, mir ganz bestimmt nicht minder aufgefallen ist wie ihm, und daß ich, der ich damals in meine Thätigkeit eben eingetreten war,
mir die Frage vorlegte, ob denn so etwas dort wirklich ge⸗
schehen sein könnte. Ich bin dann darüber unterrichtet worden, daß
es sich hier ganz zweifellos um eine mißverständliche Berichterstattung
handeln müßte. Diese Jumben⸗Versammlungen sind bestimmt, die
Verwaltungsgrundsätze den Eingeborenen zu erklären, und es kann si hier um weiter nichts gehandelt haben, als daß ein Versu gemacht worden ist, Auswüchse, die der Sklaverei, wohl⸗ verstanden der Haussklaverei, immer och anhaften mögen,
araus Veranlassung enommen, einen Erlaß nach Dar⸗es⸗Saläm zu richten, in dem ich besonders darauf aufmerksam mache, daß unter allen Umständen auch der Anschein vermieden werden müsse, als ob es sich bei der
— um eine gesetzliche Einrichtung handeln könne. Was die V
rage des Herrn Abg. Bebel bezüglich des Hauptmanns Kannenberg
anlangt, so kann ich ihm mittheilen, daß dieser wegen vorsätzlicher
Körperverletzung mit tödtlichem beee. und gleichzeitiger schwerer
fährli Körperverletzung, alles begangen an Beamten in Veranlassung der Ausübung seines Amts, mit Dienstentlassung und drei Jahren Gefängniß bestraft worden ist. Es handelt sich hier um eine mehr oder weniger unverständliche
Sache. Hauptmann Kannenberg ist ein wissenschaftlich hochgebildeter
Mann, der sich hauptsächlich um die Erforschung der ostafrikanischen Sprachen während seiner dortigen Thätigkeit bemüht hat. Bei Ge⸗ legenheit seiner Besprechungen mit verschiedenen Häuptlingen über diese Frage hat er geglaubt, auf einen solchen Widerstand bei diesen
nuptlingen zu stoßen, daß er sich für berechtigt gehalten hat, diesen
ziderstand durch Ruthenhiebe zu brechen. Bei dieser Gelegen⸗ heit sind diese Mißhandlungen, wegen deren seine Verurtheilun frfolgt ist, eingetreten. Hauptmann Kannenberg verbüßt seine Strafe im Gefängniß von Harburg. Was die Anregung des Herrn Abg.
sse anlangt, das Schutzgebiet von Ost⸗Afrika thunlichst von Sansibar oszulösen, die Abhängigkeit von ihm aufhören zu lassen und zu diesem Zwecke von Rupienwährung zur Markwährung überzugehen, so kann ich nur wiederholen, was 18 in der Sitzung der Budgetkommission bereits gesagt habe, daß ich dies zum Gegenstand einer eingehenden i. mit den betreffenden Handelskreisen machen werde. Abg. Dr. Freiherr von fertling (Zentr.): Unsere Wünsche in Bezug auf die Sklavereizustände in Ost⸗Afrika gehen noch weiter als die der Verwaltung; wir wünschten, daß die Sklaverei da, wo sie noch besteht, zur Aufhebung gebracht würde. Vor Jahren haben wir bereits einen Antrag Groeber eingebracht, der im Sinne einer allmählichen Beseitigung der Haussklaverei die Stellung der Haus⸗ sklaven selbständiger zu machen empfahl; es möchte vielleicht, wenn in diesem Sinne noch nichts geschehen ist, die Wiederholung dieses An⸗ trags angezeigt erscheinen.
Abg. Bebel: Auf meine Frage, wie hoch der Tagelohn sei, hat mir der Kolonial⸗Direktor nicht geantwortet. Die 55 Millionen um⸗ öe-. nur die direkten Aufwendungen für Ost⸗Afrika; wenn man die ndirekten Fülvendagen dazu rechnet, kommen mindestens 70 —80. Millionen heraus. Ob die deutsche Verwaltung zur Vermehrung der Bevölkerung beigetragen hat, möchte ich sehr bezweifeln. Außer den Straferpeditionen haben auch die Hungersnöthe, welche die Heuschrecken⸗ schwärme veranlaßten, große Menschenopfer gekostet. Das System
der Steuereintreibung hat zu Aufständen geführt, das steht trotz der Miittheilungen des Kolonial⸗Direktors fest; die Methode der Steuer⸗
eintreibung ist ganz verfehlt. 1
Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel: Ich möchte dem Herrn Abg. Bebel bloß noch die Daten mittheilen, die ich auf den Arbeitslohn in Ost⸗Afrika beziehen. Der Arbeitslohn in Ost⸗Afrika ist allerdings sehr 8e an der Küste und im Innern.
8* Fir die Finziehung der Häuser⸗ und Hüttensteuer kommt aber Küs
uptsächlich das Küstengebiet in Betracht, und hier beträgt tägliche Arbeitslohn ½ bis ½ Rupie, das sind etwa
45 bis 70 ₰. Was die Frage anlangt, wie die Haus⸗ stlaverei sich fortsetze, so kann ich darauf nur antworten, daß die Haussklaverei sich eben durch die Geburt fortsetzt. Und was die Ver⸗ mehrung der Einwohnerzahl anlangt, so ist diese eingetreten, nachdem mit der deutschen Okkupation die Sklavenjagden aufgehört haben und
bg. ven Vollmar (Soz.): Im günstigsten Falle müssen also die Bewohner an der Küste 8 bis 10 Tage Frohnarbeit leisten. Es hat ja gewiß niemand daran gedacht, daß die Haussklaverei an einem einzigen Tag beseitigt werden könnte; aber die Voraussetzung war doch, daß, wenn man schon glaubt, die vorhandenen Haussklaven weiter Sklaven sein zu lassen, doch auf deutschem Gebiet kein Sklave mehr geboren wird. Wenn jeden Tag in unserem Schutzgebiet Sklaven geboren werden, dann wollen wir doch nicht mehr davon reden, daß wir die Sklaverei bekämpfen. Sklavenhandel und Sklavenraub bekämpfen wir offiziell; so lange aber die Haussklaverei weiter blüht, so lange wird der Anreiz zum Sklavenhandel und Sklavenraub auch weiter bestehen. Wenn man Gegner der Sklaverei ist, soll man diese Dinge doch nicht beschönigen. Erklären Sie doch lieber direkt, Sie hätten sich überzeugt, die Sklaverei sei nicht zu beseitigen, und Sie müßten offen dafür eintreten; dazu werden Sie freilich nicht den Muth haben. Die Gegnerschaft unserer Partei gegen die Kolonialpolitik läßt uns keineswegs den Zuständen und Vorgängen in den Kolonien gleichgültig gegenüber stehen. Das A und O in der Verwaltung ist der Mangen an richtig ausgebildetem Personal. Die Auskunft des Direktors in der Kommission hat uns nicht befriedigt; er meinte, die kurze Dienstzeit in den Kolonien könnte nicht eine lange Vorbereitungszeit in der Heimath zur un⸗ bedingten Voraussetzung haben. Es kommen also die Leute ganz ununterrichtet dahin; sie können sich die Kolonialverwaltung nicht zum Lebenszweck machen, sondern betrachten sie als einen ö enden Aufenthalt. Da haben wir also von den Nationen, die vor uns kolonisiert haben, nichts gelernt, namentlich nicht von dem Vorbilde der Engländer. Es müssen an die Beamten die strengsten Anforde⸗ 1 gestellt werden, sie dürfen ihr Amt nicht allein als einen Sport ansehen.
Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode (d. kons.): Auch wir betrachten die endliche Abschaffung der Sklaverei als eins der Hauptziele der Kolonisationen; aber es handelt sich eben um das Tempo, wie auch Herr von Vollmar zugegeben hat. Kann er uns ein praktisches Mittel angeben, wie man die Haussklaverei zum Aufhören bringen kann? Es giebt doch dort noch zahlreiche Dörfer, in welche noch nie ein Europäer oder gar ein Mit⸗ glied unserer Schutztruppe hingekommen ist; dort werden also auch immer noch Sklazen geboren. Eine bloße Verbotsverfügung würde entweder ignoriert oder sofort einen Aufstand hervorrufen, und um diesen zu unterdrücken, brauchten wir mehr Truppen, als wir je dahin schicken können. Das wäre der Ausgang eines Schrittes zur sofortigen Beseitigung der Haussklaverei. Stimmen Sie lieber für die Herstellung von Eisenbahnen!
Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel:
Ich möchte nur einige Worte dem Herrn Abg. von Vollmar erwidern. Ich glaube, ich bin von ihm in der Budgetkommission nicht ganz richtig verstanden worden. Ich habe dort von den Schwierig⸗ keiten gesprochen, welche sich der Ausbildung der Kolonialbeamten vor allem deshalb in den Weg stellen, weil man nicht voraus⸗ sehen kann, wie lange ein solcher Beamter in den Kolonien überhaupt anwesend sein wird, ob er nicht sehr bald durch die klimatischen Einflüsse bewogen werden wird, die Kolonie wieder zu verlassen. Der Schluß aber, den ich aus diesem Vordersatze ziehen wollte, war nicht der, daß man den kolonialen Beamten nicht eine besondere Ausbildung geben wollte, sondern daß eine besondere koloniale Ausbildung wohl wünschenswerth ist, daß aber die Ent⸗ sendung in weitere Kolonien am besten nicht vor der Entsendung in unsere Kolonien stattfände, sondern später, wo es sich herausgestellt haben wird, daß wir es mit einem geeigneten Kandidaten für unseren Kolonialdienst zu thun haben. Das war wenigstens der Gedanke, dem ich in der Budgetkommission Ausdruck geben wollte. Ich selbst bin ganz bestimmt der Ansicht, daß es außerordentlich nützlich sein würde, mit der Zeit zu einer besonderen Ausbildung auch der Kolonial⸗ beamten zu kommen. Abg. Bebel: Was die Eisenbahnen an der Sachlage ändern sollen, weiß ich nicht. Wenn die Kinder die Haussklaverei fortsetzen, wird die Haussklaverei verewigt. Wir müssen dafür sorgen, daß in den Kolonien dasselbe Recht gilt wie bei uns, daß die Kinder der Sklaven von der Geburt an freie Leute sind. Ich bin erstaunt, daß die Verwaltung jene Erklärung als etwas ganz Selbstverständliches abgegeben hat. b
Abg. von Kardorff (Rp.): Rechtlich haben wir das Bestehen der Sklaverei nicht anerkannt; rechtlich sind die Geborenen freie Leute. Was wir aber thatsächlich weiter thun, ist eine andere Sache; es lassen sich Jahrtausende alte Zustände nicht ohne Weiteres aus der Welt schaffen. Die Negerstämme werden selbst die Wohlthat unserer chaft darin empfinden, daß sie von Sklavenraub und Sklavenhandel befreit sind. Da haben wir auch das Recht, den Leuten zur Einführung der Zivilisation, zum Wegebau und dergleichen eine niedrige Steuer aufzuerlegen; wenn sie die nicht bezahlen, dann werden sie eben eingesperrt.
Ueber die Besoldung für die Schutztruppe (1 671 180 ℳ; 45 240 ℳ mehr als im Vorjahre) berichtet der Abg. Prinz von Arenberg.
Die Ausgabe wird ohne Debatte bewilligt, ebenso der Rest der Ausgaben.
Unter den einmaligen Ausgaben werden 250 000 ℳ von den geforderten 398 000 ℳ für Bauten gestrichen. Zur Fortführung der Eisenbahn Tanga — Muhesa bis Korogwe werden als dritte und letzte Rate 950 000 ℳ und zur Fortsetzung der Bahn bis Mombo als erste Rate 1 550 ℳ b Die Budgetkommission beantragt, nur 950 000 zur Foriführung der Eisenbahn Tanga — Muhesa bis Korogwe als dritte und letzte Rate zu bewilligen. 2 000 000 ℳ als erste Rate werden zur Herstellung einer Eisenbahn von Dar⸗es⸗Salaàm nach Mrogoro gefordert. Die Kommission schlägt die Streichung dieser Position und fol⸗ gende Resolution vor:
Den Reichskanzler zu ersuchen, behufs Erbauung einer Eisen⸗ bahn von Dar⸗es⸗Salam nach Mrogoro entweder auf Grund eines mit einem Privatunternehmer abgeschlossenen Vertrags oder mit Hilfe des Privatkapitals auf annehmbarer Grundlage dem Reichstage eine Vorlage zu machen.
Abg. Dr. Hasse (nl.): Ich glaube, daß die Kommission zu radikal bezüglich der Fortsetzung der Bahn bis Mombo zu Werke legan en ist. Man hätte wenigstens eine kleinere Rate bewilligen sollen. Ich will hoffen, daß das im nächsten Jahre nachgeholt wird.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Ich bin der gleichen Meinung. Die Ablehnung der Fortsetzung bis Mombo in der Kommission ist auch nicht aus prinzipiellen Gründen erfolgt, denn darüber war man sich einig, daß die Bahn bis Korogwe überhaupt eine Fortsetzung haben müsse. Nach einer mir gewordenen Mittheilung wäre die Fortsetzung dieser Linie im Panganithale sehr leicht. Die Kaffeeplantagen in Usambara haben jetzt zum ersten Male einen Ertrag gegeben, und von nun an haben wir mit steigenden Erträgen zu rechnen. Gerade in diesem Theile von Usambara liegen die Arbeiterverhältnisse am allergünstigsten, und es sind dort auch Kommunikationen ins Gebirge zu den dortigen reichen Holzbeständen vorhanden. Die Betriebskosten dgher Bahn werden sehr bald gedeckt sein. Die Nichteinstellung eines Betrages in den diesjährigen Etat wird eine ernste Erschwerung des Bahnbaues überhaupt zur Folge haben; eine Unterbrechung des einmal im Gange befindlichen Bahn⸗ baues muß nothwendig nachtheilig für diesen sein. Dem Versuch, einen Vermittelungsantrag zu stellen, widerstehe ich wegen der schlechten Besetzung des Hauses und weil auch manche Freunde der Fortführung wegen der Ablehnung der Linie nach Mrogoro sich nicht für den An⸗ trag erklären würden. Ich bitte, die Ermittelungen, ob der Bahnbau bis Korogwe nur noch ein halbes Jahr dauern wird, möglichst zu be⸗
8
benbnut Ordnung und Ruhe ihren Einzug in das Schutzgebiet ge⸗
schleunigen, damit vielleicht noch in dem Nachtrags⸗Etat in dieser Session nachgeholt werden kann, was jetzt versäumt wird. 8
Abg. Richter (fr. Volksp.): Was den Kaffeebau haben bis jetzt alle Statistiken erwiesen, daß die Fortsetzung dies Kaffeebahn nichts weniger als verlockend ist. Die Anschläge, die zofe uns behufs eehen eines Ueberschusses vorgelegt hat, basier darauf, daß der Oberbau felbst 100 Jahre vorhalten soll; denn es ü bloß 1 pCt. Verschleiß angenommen. Das Terrain muß doch wohl sumpsig sein; denn in der Kommission wurde ein an den Ab Dasbach gerichteter Brief eines Missionars verlesen, worin es heißt. daß er, wenn die Bahn nicht bis Mombo weitergeführt werde 8t seinem Hause mehrere Stunden bis an den Hals im Wasser müßte. Man hat auch noch erklärt, die Bahn müsse auch schon deswen 8 weitergeführt werden, weil die Bahn bis Korogwe schon im fertig sei und dann die Arbeiter und Beamten entlassen werden müßten. In der Kommission ist aber nur gesagt worden da Korogwe im Juli erreicht wird; daß damit die Bahn noch nicht ferti ist, versteht sich von selbst. Wozu die Eile, welche Herr Arendt 1 fürwortet? Man hat in Afrika für solche Dinge mehr 1 als irgend anderswo. Die Wirthschaft des Nachtrags⸗Etats der sich nicht verallgemeinern; sie zerstört die Uebersichtlichkeit des Etatz und setzt eine Prämie auf die nicht rechtzeitige Fertigstellung desselben
. Dr. Arendt: Ich habe den Wunsch nach einem
Nachtrags⸗Etat damit begründet, daß es ernsten Schaden für die Reichsfinanzen haben kann, wenn der Bau plötzlich unterbrochen wird Vom finanziellen Standpunkt aus sprechen die Verhältnisse also für mich. Der erwähnte Missionar hat nicht erklärt, daß der Weg, den er jetzt nach seiner Missionsstation machen muß, auf dem Wege na Mombo liegt. Das Planum der Strecke von Korogwe nach2 Kombo ist, wie ich höre, schon fertiggestellt.
Damit schließt die Diskussion.
Vize⸗Präsident Dr. von Frege⸗Weltzien will zunächst ü die Forderungen des Etats abstimmen laffen! G Abg. Rechter macht darauf aufmerksam, daß von keiner Sein die Wiederherstellung des Titels in seiner Gesammtheit beantragt worden sei und daß daher nur der Antrag der Kommission zur Y stimmung kommen könne.
„Abg. Dr. Hasse: Bisher ist man allerdings so verfahren. Der Präsident kann aber auch anders verfahren, und in diesem Falle sprechen sogar Gründe dafür, daß er anders verfährt.
Abg. Richter bezweifelt darauf die Beschlußfähigkeit des Hauses.
Vize⸗Präsident Dr. von Frege⸗Weltzien (der sich inzwischen mit dem Präsidenten Grafen von Palleftren besprochen): Nachdem von keiner Seite die Wiederherstellung beantragt ist und auf die ver⸗ schiedenen Wünsche, welche ich berücksichtigen mußte, von seiten der betreffenden Redner bei späterer Gelegenheit zurückgekommen werden wird, verzichte ich darauf, zunächst die Position des Etats zur Ab⸗ stimmung zu bringen. .““
Abg. Richter: Dann ziehe ich meinen Zweifel zurück.
Darauf wird entsprechend dem Kommissionsantrage 8 schlossen.
Zu der von der Kommission abgelehnten Forderung von 2 Millionen für eine Bahn von Dar⸗es⸗Salàm bis Mrogoro erklärt der
Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel: Es wird das hohe Haus interessieren, zu hören, daß den gesetzgebenden Körperschaften unmittelbar ein Gesetzentwurf, betreffend die Uebernahme einer Zinsgarantie des Reiches für das Anlagekapital einer Eisenbahn von Dar⸗es⸗Salam nach Mrogoro, zugehen wird.
Ueber die Kommissionsverhandlungen referiert der Abg. Prinz von Arenberg.
Die von der Kommission vorgeschlagene Resolution schläagt der Vize⸗Präsident Dr. von Frege⸗Weltzien zum Vertagen vor und sofort über die Position selbst abzustimmen, dere Streichung von der Kommission beantragt ist. Dagegen a⸗ hebt sich kein Widerspruch.
Abg. Gamp (Rp.) zur Geschäftsordnung: Ich hatte mich um Wort gemeldet und verzichte hiermit auf das Wort.
Ohne Abstimmung wird die Position für abgelehnt erklär.
Abg. Dr. Arendt wünscht ausdrückliche Abstimmung, damit diejenigen, welche in erster Linie für die Herstellung der Wähn ans Reichsmitteln seien, dies zu erkennen geben könnten.
Dieser Einspruch wird als verspätet zurückgewiesen.
„Von der Forderung von 118 000 ℳ zur Bereitstellung eines eisernen Bestandes an Ausrüstungsgegenständen für die Schutztruppen werden 58 000 ℳ abgesetzt. füh Bei dem Etat für das Schutzgebiet von Kamerun ührt der
Abg. Schrempf (d. kons.) darüber Klage, daß die Regierung die Eingeborenen zum Zusammenwohnen in geschlossenen vnseh zwinge, um den Pflanzumgsgefelschaften gefällig zu sein, obwohl Gegend zu solchen Pflanzungen keineswegs durchweg gerignet sei, und fährt dann fort: Die Behandlung der Leute auf dm Plantagen ist hart, die Ernährung ungenügend, die unendli gering. Mit solchen Mitteln wird man eine tüchtige Arbeiterbevölkerung nicht heranziehen. 2 Weiße hat das Recht, Arbeiter anzuwerben, und 3
sich in den Dörfern der Eingeborenen mit Gewalt oder us et,
um sie zur Arbeit zu verwenden. Was im einzelnen vorgchamen ist, sind Dinge, die in einer deutschen Kolonie nicht v. sollten. Nicht einmal die Behandlung der Weißen, der Aufeher, auf den Plantagen ist eine angemessene und anständige; sie werden jämmerlich bezahlt, sie kommen in ein ungünstiges Klima, werden aber nicht entlassen, wenn es ihnen nicht zuträglich ist, sondem müssen erst das Reisegeld von 450 ℳ abarbeiten, wenn sie nicht etwa wegen ungenügender Arbeitsleistung einfach auf der Straße liegen wollen. Weit ungenügender noch ist die Be⸗ handlung der Schwarzen; Rohheitsausbrüche der scheußlichsten Art werden gegen sie begangen. Ich stelle mein Material dem Kolonial⸗ Direktor zur Verfügung. Namentlich auf sittlichem Gebiete sind unerhörte Dinge vorgekommen. Einem Häuptling ist unter Todes⸗ androhungen eins seiner Weiber abgenommen worden. Man dringend wünschen, daß die Regierung verheirathete Beamte hinaus⸗ schickt; so, wie unter dem Regime des Herrn von Puttkamer kann nicht weitergehen. Ich würde unendlich bedauern, wenn die Ein⸗ geborenen schließlich zu dem Klageruf kämen: Hätten wir doch nie die schwarz⸗weiß⸗rothe Flagge gesthen. — 882 Int Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen 2.
Dr. Stuebel: Ich wäre dem Herrn Abg. Schrempf nutur lich sehr dankbar, wenn er mir das Material zur 2
tellte, damit ich in die Lage käme, die nöthigen in dieser Sache anzustellen. Im übrigen sind Herrn Abgeordneten zwei der allerschwierigsten Fragen der Kot politik hier berührt worden: die Frage der Plantagenwirthschaft un die Frage der schwarzen Arbeiter. Der r bgeordnete doch von der Kolonialverwaltung jedenfalls dieselbe gun 2 Stellung, gegenüber den Deutschen, die in der Plantag 2 wirthschaft in Kamerun beschäftigt find, erwarten, als er sie von — egenüber den Se erwartet. Es wird also sich immerhin 2 andeln, die richtige Mitte zu finden, die die Interessen der eim⸗ Seite mit den Interessen der anderen Seite thunlichst aussöhnt. — kann aber die Versicherung geben, daß ich es mir jedenfalls sein lassen werde, jeden Reicstan, der in Kamerun zu Tage ge Ein⸗ sein und insbesondere sich auf eine schlechte Behandkung der C geborenen beziehen sollte, abzustellen. veaun be⸗ „Der Etat wird nach dem Antrage der Kommissionren willigt mit einem Abstrich von 13 000 ℳ an der ertraorpin Forderung von 53 000 ℳ für den eisernen Bestand a rüstungsgegenständen für die Schutztruppe.
Der Etat für Togo wird ohne Debat
mbetrifft, so
Es folgt der Etat für das südwestafrikanische Schutz⸗ gebiet. bel stellt die Frage, wie es mit den Grund⸗ Beeheräfts in Südwest⸗Afrika stehe, insbesondere ob es und Bodenv 1 8 b ör sei, daß 2 ℳ für den Quadratmeter hätten bezahlt werden mässen Ferner wünsche er zu wissen, wie es mit der Einfuhr deutscher mMeldchen stehe. Nach einer ihm gewordenen Mittheilung hätten die Aach Südwest⸗Afrika ausgewanderten Mädchen keine erfreulichen Er⸗ fahrun gen gemacht. Ein Theil sei schon wieder zurückgekehrt, einige, F sich verheirathet hätten, seien bereits wieder geschteden. Wie sehe es weiter mit der Invalidenrente der nach Südwest⸗Afrika be⸗ b Arbeiter? Endlich bedürfe die außerordentlich auffallende Be⸗ unndigung des Prinzen Prosper Arenberg der “ Der Prinz fi wegen Mordes ursprünglich zum Tode, dann zu 15 Jahren Zucht⸗ haus verurtheilt, später aber zu 15 Jahren Gefängniß begnadigt worden. Diese Begnadigung sei um so auffallender .. (Glocke des ten). 8 reäfizemteh., Graf von Ballestrem: Die Begnadigung ist ein Recht der Krone. J habe bisher eine Kritik zugelassen, wenn das Begnadigungsrecht allgemein hier besprochen wurde, aber die Kritik eines speziellen Begnadigungsakts des Kaisers kann ich nicht zulassen.
Abg. Bebel fortfahrend: Ich möchte erwidern, daß bei ver⸗ sciedenen Militärprozessen, z. B. wegen Duells, hier auch an einzelnen Begnadigungsfällen Kritik geübt worden ist. b 8 räüident Graf von Ballestrem: In den früheren Fällen hat e8 sih um Prinzipienfragen gehandelt, nicht um einen speziellen Fall. Ich muß den Herrn Redner dringend ersuchen, von jeder Kritik eines peziellen Begnadigungsakts hier abzusehen. u
Abg. Bebel: Dann bin ich allerdings genöthigt, zu schweigen, aber ich hoffe, daß auch dieses Schweigen im Lande verstanden wird.
Direktor der Kolontalabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel: Ich möchte die Anfragen beantworten, die der Herr Abg. Bebel an mich gestellt hat, zuerst in Bezug anf die Eigenthümerschaft des Grund und Bodens in Swakop⸗ mund. Das Eigenthum des Grund und Bodens in Smaroh. mund gehört der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwest⸗ Afrika, und zwar als Rechtsnachfolgerin aus den Lüderitz⸗Verträgen. Die Regierung hat über diesen Grund und Boden in keiner Weiser zu verfügen. Die Preise, die gefordert werden, werden von der deutschen Kolonialgesellschaft für Südwest⸗Afrika gefordert. Was die Frage an⸗ langt, inwieweit die Arbeiter Invalidenrente nach Maßgabe des deutschen Gesetzes beziehen oder nicht, so habe ich zu erwidern, daß das deutsche 11“ in Südwest⸗Afrika nicht gilt, daß aber die Verwaltung grundsätzlich allen Denen, die in Deutsch⸗ land eine solche Invalidenrente bekommen würden, dieselbe auch in Südwest⸗Afrika zugebilligt hat und auch weiter zubilligen wird. Was endlich die Frage der Einwanderung von Mädchen in Südwest⸗Afrika anlangt, so steht die Kolonialverwaltung dieser Einwanderung vollkommen fern. Es ist die Deutsche Fülanialgce ese welche aus einem Fonds, der ihr dazu zur Ver⸗ fügung steht, die Einwanderung nicht nur von Mädchen, sondern auch von Männern und Familien nach Südwest⸗Afrika leitet. Daß aus Anlaß von Einwanderung von Mädchen unerfreuliche Verhältnisse in Südwest⸗Afrika sich gezeigt haben sollen, daß insbesondere von solchen Mädchen Selbstmord geübt worden ist, ist uns in der Kolonial⸗ verwaltung vollkommen unbekannt geblieben, ich will aber gern Ver⸗ anlassung nehmen, aus den hierüber gemachten Mittheilungen eine bezügliche Anfrage an das Gouvernement in Windhoek zu richten.
Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Bebel werden die fortdauernden Ausgaben nach den Beschlüssen der Kom⸗ mission bewilligt, an den sächlichen und vermischten Ausgaben werden demgemäß 140 000 ℳ abgesetzt und die betreffende Position auf 2944 880 ℳ ermäßigt.
Im Extraordinarium sind im Ganzen 136 000 ℳ an den Neuforderungen zu Vermehrung der Artillerie und für Munitionsreserve und eisernen Bedarf an Ausrüstungs⸗ “ abgestrichen. Auf Anregung des Abg. Dr. Hasse agt der
3 Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel die Vorlegung einer kartographischen Darstellung der Besitzverhältnisse in Südwest⸗Afrika noch vor der dritten Lesung des Etats zu.
Apg. von Vollmar kommt auf die Frage zurück, was geschehen soll, wenn die Buren in unsere südafrikanische Kolonie eindringen. Mit dieser Möglichkeit allein habe die Regierung die Forderung einer Vermehrung der artilleristischen Ausrüstung der Schutztruppe motiviert; diese Begründung reiche aber nicht entfernt aus. .
Die Abgg. Dr. Arendt und Dr. Hasse erklären die Ein⸗ wanderung von Buren für sehr wünschenswerth, werden aber für Bewilligung nach dem Kommissionsbeschlusse stimmen. Bei der Frage, die Kolonie in wirklichen Vertheidigungszustand zu setzen, könnten auch andere Faktoren als die Buren in Frage kommen.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.): Die Forderung von 321 000 % „Für Vermehrung der Artillerie und Schaffung einer Reserve der Artillerie⸗ und ö ist lediglich motiviert durch das „Juteresse der Schlagfertigkeit der Truppen“. Das ist allerdings sehr auffällig und unzulässig. Ich halte auch den Zuzug von Buren sehr erwünscht und bitte die Position abzulehnen.
Abg. von Vollmar: Die Verstärkung der Artillerie in dieser Kolonie, entgegen dem Verfahren in anderen Kolonien, ist und bleibt ein höchst auffallender Vorgang, hinter dem entweder eine neue Liebhaberei steckt, oder für den man die Gründe nicht laut werden lassen will.
Direktor der Kolonialabtheilung im Auswärtigen Amt Dr. Stuebel: Die Kolonie soll in jedem Fall für ihre Ver⸗ theidigung selbst sorgen können. Bei der militärischen Prüfung dieser Frage hat sich eine Verstärkung der Artillerie als das Zweck⸗ mäßigste erwiesen. vS 11“ .
Das Haus beschließt gegen die Stimmen der Sozial⸗
demokraten und Freisinnigen nach dem Antrage der Budget⸗ kommission. . Die Etats für die Schutzgebiete Neu⸗Guinea, Karo⸗ linen, Palau⸗Inseln und Marianen und Samoa werden ohne Debatte bewilligt, das Etatsgesetz ebenfalls ohne Debatte in zweiter Lesung angenommen, ebenso die auf die Kolonialverwaltung bezüglichen Ausgabepositionen im Etat des Auswärtigen Amtes, darunter auch der Afrikafonds von 200 000 ℳ Iöu“ .
Schluß gegen 5 ¾ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag
2
3 Uhr. (Etat des Reichs⸗Eisenbahnamts.)
s Preußischer Landtag. aus der Abgeordneten. 45. Sitzung vom 11. März, 11 Uhr. 8 Die Berathung des Etats des Ministeriums der keinsees. Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegen⸗ eiten wird im Kapitel „Elementar⸗Unterrichtswesen“ bei den Ausgaben für die Schulaufsicht fortgesett 1 bg. Faltin (Zentr.) weist auf die Sittenlosigkeit der Jugend in Oberschlesien hin und führt sie auf das Schulsystem zurück, die Kinder in einer ihnen nicht verständlichen fremden Sprache zu unter⸗ richten. Wie solle der Religionsunterricht Erfolge haben, wenn er den polnischen Kindern in deutscher Sprache ertheilt werde. Diese Methode müsse von allen verständigen Menschen verurtheilt werden. Daß dabei e Sozialdemokratie Fortschritte mache, sei nicht zu verwundern. Der Minister behaupte, daß keine Uebelstände hervorgetreten seien, welche eine Aenderung des Svystems nothwendig machten. Daß Uebel⸗ stände bestehen, erkenne der Minister an, aber dennoch wolle er v4 am Spstem a sanister der se sich auf das S e
unter Staatsinteresse sei aber doch die Sorge für die Gesammtheit der Staatsangehörigen zu verstehen. Die nationalpolnische Gefahr in Oberschlesien sei ein Phantom. Er bitte den Minister, die Frage nochmals zu erwägen und eine Aenderung des Spstems eintreten zu lassen. Ein großer Theil der oberschlesischen Bevölkerung könne weder Fh deutsch noch richtig polnisch sprechen wegen des verkehrten Schul⸗ systems. Der ganze katholische Klerus Oberschlesiens habe sich gegen dieses System erklärt. An Besoldungen für 319 Kreis⸗Schulinspektoren im Haupt⸗ amte sind im Titel 26 1 501 300 ℳ ausgeworfen, d. h. 48 700 ℳ mehr als im Vorjahr. Es sind acht neue In⸗ spektionen in Aussicht genommen in Eschweiler (Reg.⸗Bez. Aachen), Bochum (evang. Stelle), Bochum (kathol. Stelle), LI (Reg.⸗Bez. Königsberg), Stutthof (Reg.⸗Bez. anzig), Itzehoe (Reg.⸗Bez. Schleswig), Recklinghausen (Reg.⸗ Bez. Münster) und Charlottenburg.
52 Remunerationen für Kreis⸗Schulinspektoren im Neben⸗ amt sind im Titel 29 370 000 ℳ ausgeworfen, d. h. 22 340 ℳ weniger als im Vorjahre infolge der Errichtung der haupt⸗ amtlichen Kreis⸗Schulinspektionen.
Die Kommission hat von den neuen acht Stellen nur die beiden in Bochum und die in Charlottenburg bewilligt, die übrigen fünf Stellen gestrichen und beantragt, in dem Titel 26 den entsprechenden Betrag abzusetzen und dafür in Titel 29 wieder 22 340 ℳ zuzusetzen. 8 Die Kommission beantragt ferner: die Regierung zu ersuchen, im nächsten Etat eine wesentliche Verstärkung des Fonds im Titel 29 vorzunehmen, damit die im allgemeinen als unzureichend zu erachtende Remuneration für neben⸗ amtliche Wahrnehmung der Kreis⸗Schulinspektion angemessen erhöht und zugleich die Möglichkeit geschaffen werde, in geeigneten Fällen kleinere nebenamtliche Schulaufsichtsbezirke neu zu bilden.
Berichterstatter Abg. Winckler (kons.) begründet eingehend die Anträge der Kommission. In dieser sei zunächst festgestellt und be⸗ mängelt, daß die Unterrichtsverwaltung den im vorigen Jahre bei Titel 29 zugesetzten Betrag von 22 340 ℳ zu der gewünschten Er⸗ höhung der ganz unzulänglichen Remuneration der nebenamtlichen Kreis⸗ Schulinspektoren nicht verwendet habe. Der vorliegende Etat mache diese Erhöhung wieder rückgängig und fordere zugleich die Gehälter u. s. w. für acht neue hauptamtliche Kreis⸗Schulinspektionen. Fünf davon seien die im vorigen Jahre abgelehnten Stellen in Eschweiler, Itzehoe, Preußisch⸗Holland, Stutthof und Recklinghausen; hier solle die neben⸗ amtliche Inspektion durch die hauptamtliche ersetzt werden. Außerdem sollten drei bisher schon hauptamtliche Inspektionen (Bochum evan⸗ gelisch, Bochum katholisch und Charlottenburg) getheilt werden. In der Kommission seien bezüglich des Verhältnisses der haupt⸗ amtlichen zur nebenamtlichen Führung der Aufsicht die⸗ selben prinzipiellen Grundsätze erörtert wie im vorigen Jahre. Besonderes Gewicht sei diesmal auf die Erhöhung der Remuneration für nebenamtliche Wahrnehmung der Aufsicht gelegt. Deren Unzulänglichkeit sei in der Kommission überhaupt nicht stritten worden. Die Minderheit derselben habe sich nur gegen den Theil der eingebrachten Resolution gewendet, welcher auf eine gelegent⸗ liche Neubildung nebenamtlicher Aufsichtsbezirke gerichtet sei. Die Mehrheit der Kommission habe jedoch dieser Resolution zugestimmt, habe ferner die im vorigen Jahre abgelehnten fünf Stellen wiederum abgelehnt, dagegen die übrigen drei neugeforderten bewilligt.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt: Meine Herren! Die heute zur Berathung stehende Angelegenheit hat das hohe Haus am 13. März v. J. bereits beschäftigt. Ich habe
damals die Erklärung abgegeben, wie ich grundsätzlich damit ein⸗ verstanden sei, daß thunlichst die Verbindung des geistlichen Amts mit dem Kreisschulinspektorate aufrecht erhalten werde, daß also ein grund⸗ sätzlicher Unterschied zwischen der Auffassung, welche die Mehrheit des hohen Hauses vertritt, und dem Standpunkt der Unterrichtsverwaltung nicht vorhanden sei. Ich habe ferner betont, daß ich den von gewisser Seite angedeuteten Gegensatz zwischen den hauptamtlichen und nebenamtlichen Kreisschulinspektoraten nicht anzuerkennen vermöchte und zu den haupt⸗ amtlichen Kreisschulinspektoren das unbedingte Vertrauen hege, daß sie ganz gewiß gewillt seien, den christlichen Geist der Volksschule zu erhalten. Diesen Standpunkt vertritt die Unterrichtsverwaltung fortgesetzt. Ich habe ihn in der Kommission geltend gemacht und bekenne mich auch heute noch rückhaltlos zu derselben.
Die in dem vorliegenden Etat geforderten Summen für die Ein⸗ richtung neuer Kreisschulinspektorate beruhen auf einer wohlbegründeten Erwägung der Regierung. Ich habe in der Kommission sowohl im vorigen Jahre bezüglich der jetzt erneuerten Anträge wie auch in diesem Jahre hinsichtlich der vorjährigen und der drei neugestellten Anträge ausdrücklich erklärt, daß es sich um Ausnahmefälle handelt, in denen die Regierung nicht anders könnte, wenn sie nicht gewichtige unter⸗ richtliche, und namentlich technisch⸗unterrichtliche Interessen gefährdet sehen wollte.
Nun, meine Herren, wende ich mich zu dem Antrage der Herren von Heydebrand und Genossen, nach welchem eine wesentliche Ver⸗ stärkung der Fonds unter Kapitel 121 Titel 29 vorgesehen werden soll, damit die im allgemeinen als unzureichend zu erachtenden Re⸗ munerationen für nebenamtliche Wahrnehmung der Kreisschulinspektion angemessen erhöht werden könnten, und zugleich die Möglichkeit ge⸗ schaffen werde, in geeigneten Fällen kleinere nebenamtliche Schul⸗ aufsichtsbezirke zu bilden. Meine Herren, Sie werden schon aus dem Vortrag Ihres Herrn Referenten entnommen haben, daß ich bereit bin, eingehend und wohlwollend zu prüfen, inwieweit dem Wunsche der Herren Antragsteller auf Erhöhung der Entschädigungen für nebenamtliche Kreisschulinspektionen entsprochen werden kann. Ich habe diese Erklärung in der Budgetkommission umso unbedenklicher abgeben können, als ich ohnehin die Absicht hatte, auf Grund des mir mitgetheilten Materials zu erörtern, inwieweit die bis⸗ herigen Entschädigungen für nebenamtliche Wahrnehmung der Kreisschulinspektion unzureichend seien und ob es sich aus Billigkeitsrücksichten empfehle, auf eine Erhöhung dieser Re⸗ munerationen Bedacht zu nehmen. Ich konstatiere auch hier, daß die Frage im Sinne der Herren Antragsteller ein⸗ gehend geprüft werden soll, und ich hoffe, daß die zur Erhöhung der als unzureichend befundenen Entschädigungen erforderlichen Mittel demnächst zur Einstellung in den Etat gelangen können.
Was den zweiten Theil des Antrages betrifft, so wird die Unter⸗ richtsverwaltung bereit sein, demselben unter den in dem Antrage selbst enthaltenen Voraussetzungen Folge zu geben. Ich behalte mir im übrigen vor, bei den einzelnen Forderungen noch die Stellung der Regierung hinsichtlich der thatsächlichen Voraussetzungen, unter denen diese Forderungen gestellt sind, eingehend zu begründen. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Die Er⸗ klärung, die der Minister eben abgegeben hat, lautet wesentlich ent⸗ egenkommender als die, welche wir in der Kommission gehört haben. Sie enthält ein prinzipielles Entgegenkommen auf unsere in der Kommission näher dargelegten Wünsche, was ich mit Genugthuung
stati Daß dabei gleichzeitig die Unterrichtsverwaltung auch d
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reinen Interessen der Schule im technischen Sinne wahrnehmen kann und soll, versteht sich von selbst und ist mit dem vom Minister ver⸗ tretenen prinzipiellen Standpunkt vollkommen vereinbar.
Abg. Ernst (fr. Volksp.) erklärt sich für die Bewilligung der gestrichenen Stellen. Die Schaffung der neuen hauptamtlichen Stellen liege im Interesse der Schulaufsicht. Es sei in den in Frage kommenden Fällen auch eine Entlastung geboten. Durch die Ver⸗ mehrung der Bevölkerung, besonders in den Industriebezirken, werde die Schulaufsicht immer schwieriger, sodaß sie nicht mehr im Neben⸗ amt von den Geistlichen wahrgenommen werden könne.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): An den in Betracht kommenden acht Stellen hat die nebenamtliche Schul⸗ aufsicht versagt; zwingende Gründe des Schulinteresses sprechen für die Umwandlung der Stellen in hauptamtliche. Der Schulinspektor soll die Lehrer pädagogisch leiten und führen. Wenn der Geistliche seinen eigentlichen Beruf voll erfüllen will, ist es ihm nicht möglich, nebenbei auch noch die Schulaufsicht wahrzunehmen; je tüchtiger er in seinem Amte ist, desto weniger Zeit hat er für die Schulaufsicht. Die weiteren Ausführungen des Redners bleiben unverständlich; er tritt für die Bewilligung sämmtlicher acht neuen Stellen ein.
Ein Regierungskommissar erklärt namens der Finanz⸗ verwaltung, daß diese prinzipielle Gründe gegen den Antrag Heydebrand nicht habe, daß sie sich aber weitere Verhandlungen mit der Unterrichts⸗ verwaltung vorbehalten müsse. . Abg. Hackenberg (nl.): Eine höhere Remuneration der Kreis Schulinspektoren mag an sich wünschenswerth sein, aber in der Kom⸗ mission waren die Antvagfteller sich über die Höhe der gegenwärtigen Remunerationen selbst nicht klar, sie berechneten sie durchschnittlich auf 180 ℳ, während sie thatsächlich 400 ℳ beträgt. Es würde dem Amt als Ehrenamt nicht entsprechen, wenn ein Kreis⸗Schulinspektor im Nebenamt sich über die Höhe der Remuneration beklagen würde. Aber merk würdig ist es schon, daß nur eine Erhöhung für das Nebenamt, nich für das Hauptamt beantragt wird. Die Entschädigung für die neben amtlichen Inspektoren beträgt pro Schulklasse jährlich 10,80 ℳ für die hauptamtlichen nur 10,77 ℳ im Durchschnitt. Es fragt sich doch, ob durch eine Erhöhung der Remuneration erreicht werden kann, daß der nebenamtliche Kreis⸗Schulinspektor der Schulaufsicht mehr Sorgfalt widmen kann. Bei den geforderten acht neuen Stellen besteht die Schwierigkeit, daß die nöthigen Personen für das Nebenamt überhaupt nicht mehr gefunden werden können. Soweit der Antrag von Heydebrand eine bestimmte Tendenz hat, können wir ihm unsere Zustimmung nicht geben. Unsere grundsätzliche Stellung will ich nach den eingehenden Erörterungen im vorigen Jahre nicht von neuem darlegen. Die Kreis⸗Schulinspektion erfordert ein solches Maß von Zeit und Arbeit, daß sie auf die Dauer im Nebenamt nicht wahrgenommen werden kann. Ferner meinen wir, daß das Dienstverhältniß zwischen der leitenden und der beaufsichtigenden Persönlichkeit in der Schule einen ganz eigenartigen Charakter hat, wie es bei dem Dienstverhält⸗ niß anderer Kategorien von Beamten nicht vorhanden ist. Mit dem Abhängigkeits⸗ und Unterordnungsverhältniß des Untergebenen zum Vorgesetzten ist hier rein nichts gethan. Beide müssen gemeinsam für die Schule arbeiten. Wenn wir aus diesen Gründen prinzipiell für die Fachschulaufsicht eintreten, so glauben wir damit nicht das Band zwischen der Kirche und der Schule zu lösen. Wir wollen vielmehr ein neues Band zwischen Schule und Kirche knüpfen und Geistliche und Lehrer dahin bringen, daß sie in gegenseitigem Vertrauen mit einander arbeiten für die höchste, idealste Aufgabe des Volkslebens. Es handelt sich bei diesen Forderungen der Regierung aber garnicht um grundsätzliche Fragen, sondern um praktische Verhältnisse, die eine Lösung fordern, um Noth⸗ stände, denen abgeholfen werden muß. Wir erkennen die Forderungen der Regierung als billig und gerecht an; die Regierung hat die Noth⸗ wendigkeit in der Kommission klar nachgewiesen. Durch die Ab⸗ lehnung verhindert man, daß den Kindern eine Erziehung zu theil wird, die wir jedem Kind im Volke wünschen. Es dient zu nichts Gutem, wenn unter der Flagge der Kirche diese ge⸗ rechten Forderungen abgelehnt werden und die Regierung sagen muß, wir können die Verantwortung für die gesunde Fortentwickelung des Volksschulwesens nicht mehr tragen.
Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler bemerkt, daß der in der Kom⸗ mission angestellte Vergleich der Höhe der Remunerationen für die hauptamtlichen und für die nebenamtlichen Stellen sich nicht auf die gesammte Aufwendung für die Schulaufsicht bezogen habe. .
Berichterstatter Abg. Winckler stellt fest, daß die Antragsteller in der Kommission nicht die Höhe der nebenamtlichen Remuneration auf 180 ℳ berechnet haben, sondern daß nur ein Kommissionsmitglied ausgeführt habe, daß in einem einzelnen Falle die Remuneration bis auf diese Höhe heruntergehe, daß aber auch der Durchschnitt nicht für genügend gelten könne. Die Regierung habe dann mitgetheilt, daß der Durchschnitt 400 ℳ betrage. “
Abg. von Bülow⸗Bothkamp (kons.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zur Bewilligung der Stellen für Itzehoe und Reckling⸗ hausen.
Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) erklärt sich grundsätzlich gegen die weltliche Schulinspektion. Die Kreis⸗Schulinspektion im Hauptamt habe absolut keine Verbindung mit der Kirche. Mit Vorliebe mache man solche Männer zu Kreis⸗Schulinspektoren, die bei der Kirche schlecht angeschrieben sind. Es sei auch schon vorgekommen, daß katholische Schulen durch evangelische Inspektoren beaufsichtigt worden eien. 1 Abg. Ehlers (fr. Vgg.) weist das Verlangen des Zentrums, nur geistliche Kreis⸗Schulinspektoren zuzulassen, als einen einseitigen Standpunkt zurück. Der Redner findet es überhaupt dgenthämle daß die Mehrheit des Hauses sich einer Regierung gegenüber, die sich ihr doch so entgegenkommend erweise, so ablehnend verhalte.
Abg. Kopsch (fr. Volksp.) tritt für die Bewilligung der acht neuen Stellen ein und giebt der weltlichen Schulaufsicht vor der geist⸗ lichen grundsätzlich den Vorzug. Er bestreitet die Behauptung des Abg. Sittart vom Sonnabend, daß die liberalen Lehrer gegen die katholischen gehässig vorgingen.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Ich erblicke in den Erklärungen, die von den verschiedenen Seiten des hohen Hauses heute abgegeben worden sind, ein dankenswerthes Entgegenkommen gegenüber den wohlbegründeten Forderungen der Königlichen Staatsregierung insofern, als der prin⸗ zipiell ablehnende Standpunkt, der noch in der Kommission den an⸗ zelnen Seiten mit voller Entschiedenheit betont wurde, nun werigtdens theilweise verlassen ist. Aber ich bedauere, meine Herren, der diesem Entgegenkommen nicht noch die weitere, und rar⸗ Ansicht nach, unbedingt nothwendige Konsequenz gezogen eaden daß sämmtliche Vorschläge der Königlichen Stantkregerange auf rein sachlichen Erwägungen beruhen und derem Begrüändumg aach mehrfach als vollkommen zutreffend anerkannt werder it — aadardiert werden müssen.
Wenn der Herr Abg. Dittrich in scinc Armfrrungen erkonnen läßt, daß ein Theil der von ihm dertrcernen Frakttom sih auf diesen prinzipiell ablehnenden Standdunke
dann die prinzipiell ablehnende
Fraktion nicht. Sie bedcutet niches anderes, als das
rein sachlichen Erwägungen dersluhen. Dueser Standdunkt mag — sich ein konsequenter scinz rndem du